Wissenswertes zum Thema Wasserstoff und Brennstoffzellen

1 Einleitung: Rettet Wasserstoff das Klima?
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Teil 7.3 | Fahrzeugbetankung

7.3.1 Betankung mit gasförmigem Wasserstoff

Der Umgang mit komprimiertem Gas ist heutzutage Alltag. Die Betankung von Erdgasfahrzeugen ist bereits seit dem Ende des letzten Jahrhunderts Stand der Technik und wird mittlerweile an rund 1.000 Tankstellen deutschlandweit durchgeführt. Die Dauer zum Befüllen von Pkw-Gasbehältern beträgt etwa drei Minuten. Die maximale Durchflussmenge liegt bei drei Kilogramm pro Minute.

Die für den Tankvorgang mit GH2 verwendeten Kupplungen an den Zapfsäulen orientieren sich an der bereits bewährten Technik der Erdgastankstellen und sind einfach zu bedienen und sicher.

Im Vergleich zur Erdgastechnik (200 bis 350 bar) ist der Druck bei GH2 mit 700 bar deutlich höher. Technisch scheint bei diesem Druck vorerst das Ende der Fahnenstange erreicht: Ein Speicherdruck von 700 bar setzt einen Betriebsdruck von 1.000 bar und damit einen Prüfdruck von 1.500 bar voraus, was nach heutigem Ermessen das obere Ende der Drucktechnik bedeutet. Außerdem muss die Betankungseinheit in der Lage sein, einen höheren Druck als in den Tanks aufzubauen, damit eine vollständige Befüllung möglich ist und das Gas nicht wieder zurückströmt. Zudem steigt die Speicherdichte nicht linear zum Druck, so dass der Vorteil einer weiteren Steigerung des Drucks begrenzt ist.

Tab. 4: Vergleich der Speicherdichten

Medium LH2

GH2

700 bar

GH2

350 bar

relative
Energiemenge
100 % 58 % 35 %
spezifische
Energiemenge
8,49 MJ/l 4,93 MJ/l 2,95 MJ/l

Abb. 31: Betankung an einer Hamburger H2-Tankstelle
Betankung-HEW.jpg
Quelle: Hamburger Hochbahn

Der hohe Druck und die damit verbundene Wärmefreisetzung sind eine Herausforderung: Bei der Verdichtung des Gases während des Betankens wird Arbeit verrichtet, so dass die Gastemperatur bis auf 140 °C ansteigt. Kühlen sich Kraftstoff und Tank später wieder ab, nimmt dementsprechend der Druck im Inneren ab, so dass das Druckniveau danach niedriger liegt. Aus diesem Grund muss bis auf einen Druck von 850 bar betankt werden, damit anschließend noch 700 bar Speicherdruck übrigbleiben.

Wenn schnell betankt wird, besteht die Gefahr, dass die Temperatur zu schnell zu hoch wird. Im Innenraum von Fahrzeugen sind maximal 85 °C zugelassen. Deswegen muss auf einen entsprechenden Wärmeausgleich geachtet werden, wodurch die Betankung von 850 bar durchaus drei Minuten dauern kann. Um die Betankungszeit zu verkürzen, wird der Kraftstoff deshalb vorgekühlt. Aus diesem Grund ist es durchaus sinnvoll, gasförmigen Wasserstoff aus der Gasphase stationärer LH2-Tanks zu entnehmen, sofern diese vorhanden sind. Auf diese Weise erspart man sich die energieintensive Abkühlung des Gases und kann gleichzeitig kurze Betankungszeiten realisieren.

7.3.2 Betankung mit flüssigem Wasserstoff

Für flüssigen Wasserstoff sind Spezialkonstruktionen notwendig, damit der kryogene Kraftstoff sicher getankt werden kann. Bereits die Verbindungsherstellung (Ankuppeln des Tankstutzens) ist ein schwieriger Prozess, weil die tiefkalten Leitungselemente nicht mit Luft in Kontakt kommen dürfen.

Im Jahr 1992 dauerte die Betankung mitsamt An- und Abkupplung, Reinigung und Wärmeausgleich rund 18 Minuten. Bis Mitte des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts reduzierte sich die Betankungszeit auf drei Minuten. Mit konventionellen Kraftstoffen beträgt die Betankungszeit je nach Tankgröße ein bis zwei Minuten (max. Durchflussmenge an deutschen Tankstellen: 50 l/min).

Der LH2-Betankungsprozess läuft größtenteils vollautomatisch ab und beinhaltet viele automatisierte Sicherheitsvorkehrungen. Für die Nutzer ist der Vorgang unkompliziert: Die Verkupplung kann bei Umgebungstemperatur hergestellt werden. Nachdem die mechanische Verbindung hergestellt worden ist, wird ein Schleusenraum in der Tankkupplung mit Helium gespült und gereinigt. Erst danach werden die Ventile auf beiden Seiten der Kupplung gleichzeitig geöffnet. Vor dem Start des eigentlichen Betankungsablaufs wird neben der mechanischen auch eine elektrische Verbindung hergestellt, damit alle Komponenten geerdet sind und kein Funkenschlag stattfinden kann. Bevor die eigentliche Betankung vonstattengeht, wird mithilfe eines Druckstoßes mit Helium überprüft, ob das Tanksystem dicht und die Kupplung korrekt befestigt ist. Durch einen sogenannten Cold-Finger im Inneren der Zapfpistole fließt dann flüssiger Kraftstoff, während gleichzeitig das Gas in den stationären Tank zurückgeführt wird. Der Tank wird nur bis zu einem Füllgrad von 85 Prozent des Maximalvolumens befüllt. Ein restliches Gaspolster im Inneren ist notwendig, damit es bei einer Erwärmung nicht zu Flüssigkeitsdruck kommen kann.

Diese besondere Betankungstechnik führt dazu, dass es von außen nicht wahrnehmbar ist, wenn durch die Tankkupplung tiefkalter Wasserstoff mit einer Temperatur von -253 °C fließt. Das Metall kann problemlos während und auch nach der Betankung berührt werden, so dass direkt anschließend ein weiterer Befüllvorgang stattfinden kann.

Aus Sicherheitsgründen ist die Betankungsgeschwindigkeit begrenzt. Es dürfen maximal 66 Gramm Wasserstoff pro Sekunde befördert werden. Bei der Erstbetankung eines neuen Systems müssen vor dem Ankuppeln grundsätzlich sämtliche Leitungssysteme mehrfach mit einem Inertgas (Stickstoff) evakuiert und gespült werden. Luft oder Wasserdampf im System könnten sonst zu Vereisungen und damit zu Leitungs- und Ventilblockaden führen. Danach wird mehrmals mit GH2 gespült. Dazu wird erst warmes und dann kaltes Gas genommen, um das System herunterzukühlen. Durch jeden Spülvorgang reduziert sich die Menge der Verunreinigungen, bis kaum noch störende Moleküle vorhanden sind. Nach der Reinigung und der Abkühlung kann dann LH2 getankt werden.

Wenn am Tanksystem Wartungsarbeiten notwendig sind, muss es zunächst erwärmt und gereinigt werden. Dabei wird der oben beschriebene Reinigungsprozess umgekehrt. Warmes GH2 wird in diesem Fall zum Erwärmen der Komponenten und warmes Stickstoffgas zum Reinigen durch das System geleitet, bis der Wasserstoff auch in der letzten Ecke des Kraftstoffsystems ausreichend verdünnt ist und kein zündfähiges Gemisch mehr vorhanden ist.

Da dieses ganze Prozedere mit flüssigem, tiefkaltem Wasserstoff sehr aufwendig und somit teuer ist, konzentrieren sich die Arbeiten mittlerweile auf gasförmigen Wasserstoff. Im Nutzfahrzeugsektor könnte LH2 aber wieder ein Thema werden.

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