Wissenswertes zum Thema Wasserstoff und Brennstoffzellen

1 Einleitung: Rettet Wasserstoff das Klima?
Wsserstoffgewinnung 1

Teil 10.5 | Kraftwerksbetrieb

Neben dem niedrigen und mittleren Leistungsspektrum bietet sich auch in größerer Dimension der Einsatz von Brennstoffzellensystemen zur Strom- und Wärmeversorgung an. Einsatzgebiete für Brennstoffzellenkraftwerke im Leistungsbereich von mehr als 200 Kilowatt sind unter anderem Gewerbeimmobilien, Krankenhäuser, Hotelkomplexe, Hochhäuser, Industrieanlagen und Technologiezentren. Hauptkonkurrenten in diesen höheren Leistungsklassen sind Blockheizkraftwerke mit Gas- oder Dieselmotor und einer nachgeschalteten Dampfturbine. Deren elektrische Wirkungsgrade liegen bei über 40 Prozent, die spezifischen Investitionskosten sind mit etwa 500 Euro pro Kilowatt relativ niedrig, weshalb es schwer für Brennstoffzellen ist, hier mitzuhalten.

Um die Jahrtausendwende gab es Pläne, Brennstoffzellen zu bauen, die bis in den Megawattbereich reichen. Ein Modell einer Direktkarbonat-Brennstoffzelle sollte beispielsweise bis zu 17 MW leisten, blieb aber vorerst Theorie. Mittlerweile ist die Megawattklasse erreicht, insbesondere durch einen modularen Aufbau als Kombination mehrerer kleiner Brennstoffzellen.

Die Anfänge verliefen auch hier im Stop-and-go-Modus: Am aussichtsreichsten war lange Zeit die Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle (MCFC), eine Hochtemperaturbrennstoffzelle, die gut zur Kraft-Wärme- und Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWK und KWKK) geeignet ist. Neben Erdgas und Flüssiggas kann darin auch Biogas sowie Methanol eingesetzt werden. Ihr elektrischer Wirkungsgrad liegt bei 50 bis 52 Prozent zuzüglich der Nutzwärme, die bei 450 °C bereitgestellt werden kann, was für viele industrielle Anwendungen interessant ist.

Abb. 42: Das mit vielen Forschungsgeldern geförderte Hot Modul
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Quelle: MTU Onsite Energy

Mehrere Feldtests begannen um das Jahr 2000. Insgesamt mehr als 15 Geräte lieferten für über 100.000 Betriebsstunden Strom, Wärme, Kälte und auch Prozessdampf oder dienten als Notstromaggregat für Kliniken, Stadtwerke und Vulkanisierungsunternehmen. Ein System wurde zudem auf einem Schiff getestet, weil diese Technik auch auf Kreuzfahrtschiffen zum Einsatz kommen sollte. Trotz mehrerer Millionen an Fördermitteln brachte die Wirtschaftskrise zunächst das vorläufige Aus für die MCFC im Kraftwerksbetrieb. Teile des Bestands wurden im Mai 2012 an den früheren Kooperationspartner FuelCell Energy veräußert.

Ähnlich war es einige Jahre zuvor auch schon der Festoxid-Brennstoffzelle ergangen. Eine 100-kW Anlage lief ab 1997 zuerst in Westervoort, Niederlande, und ab 2001 im Technologiepark Meteorit in Essen. Die Anlage lief zuverlässig, der elektrische Wirkungsgrad lag bei 46 Prozent.

Es folgte unter anderem eine SOFC-GT-Anlage mit Gasturbine (220 kW). Der Betriebsdruck lag bei drei bar, so dass auch die Abluft bei 850 °C in der nachgeschalteten Turbine zur Stromerzeugung genutzt werden konnte. Auf diese Art setzte die Anlagesie fast 60 Prozent der im Erdgas enthaltenen Energie in Strom um. 2002 folgte noch eine 320-kW-Hybridanlage (SOFC-GT), bevor dann wegen Komplikationen die Weiterentwicklung stockte und schließlich abgebrochen wurde.

Abb. 43: Das Modell ONSI PC25C aus den 1990ern war lange Zeit das einzige Brennstoffzellen-Blockheizkraftwerk auf dem Markt.

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Quelle: HGC

Die phosphorsaure Brennstoffzelle (PAFC) schaffte es immerhin bis zur Marktreife in einem Blockheizkraftwerk – lange Zeit als einzige BZ-Technologie in dieser Größenordnung. In den USA wurden zwischen 1991 und 2002 rund 250 Anlagen hergestellt, 13 davon wurden in Deutschland installiert. Die Geräte konnten wahlweise mit Propan/Erdgas oder Biogas/Erdgas betrieben werden. Die Leistung betrug 200 Kilowatt bei einem elektrischen Wirkungsgrad von 40 Prozent (Gesamtwirkungsgrad: 85 Prozent). Die Anlagekosten lagen damals etwa bei 4.500 Euro pro Kilowatt. Die Produktion wurde dann aber aus Kostengründen eingestellt.

PEM-Brennstoffzellen in dieser Größenordnung gab es bisher nur sehr wenige. Je eine Anlage dieses Typs stand in Berlin, in Mingolsheim und in Oberhausen. Diese Niedertemperatursysteme lieferten eine elektrische Leistung von 212 Kilowatt und eine thermische Leistung von 240 Kilowatt bei einem Wirkungsgrad von etwa 75 Prozent.

Seit Mitte der 2010er Jahre nehmen derartige Brennstoffzellenkraftwerke aber wieder Fahrt auf. FuelCell Energy Solution, eine Tochter der FuelCell Energy (siehe oben), brachte die Technologie in Deutschland in den Einsatz. Im Jahr 2015 machte eine 250-kW-Anlage im Bundesforschungsministerium auf sich aufmerksam. In Mannheim ging 2016 die erste industrielle Megawatt-Brennstoffzelle (1,4 MW elektrische Leistung) in Betrieb, ebenfalls von FuelCell Energy. Mittlerweile ist dort auch ein größeres Modell mit 3,7 MW im Angebot, das auch für Multimegawattanwendungen skalierbar ist. Betrieben werden diese Anlagen mit Erdgas.

Das erste netzgekoppelte Brennstoffzellenkraftwerk in Deutschland steht seit Sommer 2020 in einem Industriegebiet in Laage bei Rostock. In Kürze sollen auch ein Elektrolyseur und eine Wasserstofftankstelle folgen. Das gesamte Industriegebiet ist ein Pilotprojekt für die Wasserstoffwirtschaft. Hinter dem Projekt steht der Energiedienstleister APEX.

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