Wissenswertes zum Thema Wasserstoff und Brennstoffzellen Teil 10.6.1

Teil 10.6.1 | Pkw

Im Pkw-Sektor gab es lange Zeit eine klare Aufgabenteilung zwischen den meisten Kfz-Firmen und den partnerschaftlich verbundenen Brennstoffzellenherstellern: Während die Fahrzeugunternehmen sich mit der neuen Antriebstechnik befassten, arbeiteten die BZ-Unternehmen an der Optimierung ihrer Stacks. Eins davon war die Firma Ballard Power Systems, die Geoffrey Ballard Mitte der 1980er Jahre in Vancouver gründete. Ballard hatte sich zunächst auf Brennstoffzellensysteme für die Anwendung in Fahrzeugen spezialisiert und arbeitet mit großen, weltweit agierenden Automobilkonzernen zusammen. Das Innenleben der Brennstoffzellen-Stacks war lange Zeit ein auch vor den Kfz-Technikern gut gehütetes Geheimnis, so dass das Aggregat häufig als „Black Box“ angeliefert wurde. Nur die Ein- und Ausgangsparameter wurden bekanntgegeben. Zunächst gab es nur sehr wenige Autofirmen, die Zeit und Geld in den Bau eigener Brennstoffzellen investierten, um unabhängig von der Zulieferindustrie zu sein und eigenes Know-how anzusammeln. Mittlerweile hat sich dies jedoch geändert. Fast alle Autokonzerne verwenden heute eigene Zellen. Ballard hat seinerseits ebenfalls seine Einsatzgebiete erweitert.

General Motors (GM) mit seinem damaligen deutschen Tochterunternehmen Opel betrachte die Brennstoffzelle früh als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Der amerikanische Automobilhersteller betrieb ab Ende der 1960er Jahre Forschungsprojekte mit dieser Technik. Ein Elektro-Van aus dem Jahr 1967 von GM ist der erste fahrbare Brennstoffzellen-Pkw. Er verfügte über ein 160-kW-AFC-System, das mit flüssigem Wasserstoff und flüssigem Sauerstoff versorgt wurde und mithilfe des Elektromotors 32 kW leistete.

Abb. 46: Der Elektrovan EV1 von GM aus dem Jahr 1967
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Quelle: General Motors

Nach längerer Entwicklungspause stellte General Motors im Jahr 1996 ein Antriebssystem für ein Brennstoffzellenauto auf der Basis des Elektrofahrzeugs EV1 vor (s. Abb. 46). Die Brennstoffzelle wurde damals mit Methanol angetrieben, das an Bord des Fahrzeugs reformiert wurde. Der Drehstrommotor verfügte über eine Leistung von 101 kW. Die 44 in Reihe geschalteten NiMH-Batteriemodule dienten als Leistungsreserve für den Hybridantrieb. Der EV1 verfügte über eine Reichweite von 450 km bei einem Verbrauch von 3 Litern Benzin-Äquivalent auf 100 km. Die Karosserie bestand aus einer Leichtbaustruktur mit einer ausgefeilten Aerodynamik und einer Rekuperationsanlage. Damit war eine Höchstgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern möglich.

Als Nachfolgemodell wurde 1998 zunächst ein methanolbetriebener Opel Zafira vorgestellt. Anschließend (2000 bis 2007) kamen vier Generationen der HydroGen-Modelle, die zu Anfang noch mit Brennstoffzellen von Ballard liefen. Im HydroGen3 setzte Opel noch auf flüssigen Wasserstoff, konzentrierte sich anschließend aber ganz auf Gasspeicher und selbst entwickelte Stacks. Vom Nachfolgemodell Opel HydroGen4 waren insgesamt 119 Fahrzeuge im Einsatz. 2014 meldete Opel, diese hätten zusammen über drei Millionen Meilen (4,8 Mio. km) zurückgelegt. Dann hörte man eine Weile nichts Neues. Im Jahr 2019 kündigte Opel an, das Modell Zafira Life in einer Brennstoffzellenvariante herausbringen zu wollen.

Abb. 47: Im NeCar1 füllte das BZ-System noch den gesamten Autoinnenraum
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Quelle: Daimler

Auch Daimler-Benz knüpfte in den 1990ern noch einmal an seine ersten Wasserstoffprojekte an. Ingenieure aus der Raumfahrtsparte des Konzerns entwickelten die Vision des Wasserstoffantriebs und bekamen 1991 von der Konzernleitung grünes Licht für einen Prototyp. Ende 1993 machte das NeCar (New Electric Car) seine erste Fahrt. Dabei setzte Daimler aber nicht mehr auf Hydridspeicher. Die fünf NeCar-Generationen verfügten über Wasserstoff oder auch Methanol als Energiespeicher. Dabei kamen Stacks von Ballard Power Systems zum Einsatz.

Ende 2018 stellte das Unternehmen – mittlerweile unter dem Namen Mercedes-Benz – den Brennstoffzellen-Batterie-Hybriden Mercedes GLC F-Cell vor, der in Kleinserie in einem Leasingpaket für ausgewählte Kunden erhältlich war. Bei der Reichweite blieb er jedoch an der 300-Kilometer-Marke hängen. Im Jahr 2020 erklärten die Schwaben jedoch, dieses Modell nicht weiter bauen und entwickeln zu wollen. Künftig heißt es: Batterien für die Pkw, Brennstoffzellen für Busse und Lkw.

Im Gegensatz zu diesen umfangreichen Aktivitäten war das Engagement von Volkswagen stets sehr viel bescheidener. Ähnlich zurückhaltend zeigt sich die angegliederte Tochter Audi. Weitere europäische Automobilhersteller, wie zum Beispiel die Allianz aus Nissan und Renault oder PSA Peugeot Citroën, sind in Kooperationen ebenfalls in diesem Bereich tätig, verfügen bislang aber über keine eigenen Modelle.

Führend in der Entwicklung von BZ-Fahrzeugen sind heute die asiatischen Automobilhersteller. Toyota forscht seit 1971 auf dem Gebiet alternativer Antriebskonzepte und arbeitet seit 1992 an Brennstoffzellen. Im Jahr 1996 präsentierte der damals drittgrößte, heute der größte Automobilkonzern der Welt, in Osaka seinen ersten FCHV-Prototypen (Fuel Cell Hydrogen Vehicle) auf Basis des fünftürigen RAV4. Anstelle eines Drucktanks besaß er einen Behälter mit einer speziellen Aluminiumlegierung, die Wasserstoff im Metallgitter einbinden kann (Metallhydridspeicher). Die hohen Erwartungen, die in diese Speichertechnik gesetzt worden waren, konnten allerdings nicht erfüllt werden, weil die gewichtsbezogene Energiedichte zu niedrig lag. So wurde der Nachfolger mit Methanoltank und On-board-Reformer ausgestattet. Spätere FCHV-Modelle verfügten dann über Wasserstofftanks und NiMH-Batterien.

Auch Hyundai machte mehrfach mit beispielhaften Entwicklungen und Demonstrationen auf sich aufmerksam. Dementsprechend waren 2020 zwei asiatische Modelle die einzigen Brennstoffzellen-Pkw, die man kaufen konnte: Der Hyundai Nexo (2018 vorgestellt) und der Toyota Mirai (2020 in 2. Generation vorgestellt). Beide kommen auf rund 500 km Reichweite.

Wissenswertes zum Thema Wasserstoff und Brennstoffzellen

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