Wissenswertes zum Thema Wasserstoff und Brennstoffzellen

1 Einleitung: Rettet Wasserstoff das Klima?

Teil 16.2 | Geschichte

Anfang 16. Jh.: Paracelsus gewinnt durch Umsetzung von Eisen mit Säuren ein brennbares Gas, wahrscheinlich Wasserstoff.

1766: Entdeckung des Wasserstoffs durch den englischen Privatgelehrten Henry Cavendish

1780: Grundstein der Wasserstofftechnologie: Luigi Galvani stellt die Theorie der Umwandlung von chemischer in elektrische Energie auf.

1783: Entdeckung der voltaischen Zelle durch Alessandro Volta: Zwischen zwei trockenen und einem nassen Konduktor wird Strom erzeugt.

5. Juni 1783: Die Brüder Montgolfier starten den ersten Ballon mit Heißluft. Der französische Naturforscher Alecandre Cesar Charles erfährt davon und lässt am

28. August 1783 einen Ballon mit Wasserstoff steigen, nichtwissend, dass die Montgolfiers Heißluft verwendet hatten. Charles erzeugt Wasserstoff, indem er durch Übergießen von Eisenfeilspänen mit Schwefelsäure im Fass unter dem Ballon 25 Kubikmeter Wasserstoff gewinnt.

1787: Lavoisier, Frankreich, tauft Wasserstoff als „hydrogène“ (griechisch: hydor = Wasser; genes = erzeugend) = Wasser-Bildner.

Um 1800 gelingt dem deutschen Chemiker Johann Wilhelm Ritter als einem der ersten Wissenschaftler die Elektrolyse von Wasser in einem U-Rohr.

1807: Rivaz baut das erste H2-Fahrzeug: Die Verbrennung von Wasserstoff befördert einen Kolben aufwärts, und das Eigengewicht zieht eine Zahnstange abwärts, die wiederum über eine Verzahnung das Fahrzeug antreibt.

1838: Entdeckung des Polarisationseffektes: Prof. Christian Friedrich Schönbein (1799-1868, Universität Basel) erzeugt in Versuchen Elektrizität aus der elektrochemischen Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff/Chlor.

1839: Erfindung der Brennstoffzelle: Sir William R. Grove (1811-1896, walisischer Richter, Freund von Schönbein) deutet den Polarisationseffekt als Umkehrung der Elektrolyse und erkennt das Potenzial zur Erzeugung elektrischer Energie. Er schaltet mehrere Elemente in Reihe und nennt diese Vorrichtung Gasbatterie.

1874: Jules Verne, der „Vater des technischen Zukunftsromans“, lässt in seinem Werk Die geheimnisvolle Insel den Ingenieur Cyrus Smith auf die Frage, womit die Menschheit nach Erschöpfung der natürlichen Brennstoffe heizen werde, sagen: „Ich denke, Wasser. […] Ja, allerdings das in seine Elementarbestandteile zerlegte Wasser, zerlegt durch Elektrizität, die bis dahin zur mächtigen und leicht verwendbaren Kraft erwachsen sein wird. Ich bin davon überzeugt, mein Freund, dass Wasser einmal als Brennstoff Verwendung finden wird, dass Wasserstoff und Sauerstoff, seine Bestandteile, zur unerschöpflichen und ganz ungeahnten Quelle von Wärme und Licht werden. Der Tag wird nicht ausbleiben, wo die Kohlenkammern der Steamer und die Tender der Lokomotiven statt Kohle diese beiden Gase vielleicht in komprimiertem Zustand mitführen werden, die unter den Kesseln eine enorme Heizkraft entwickeln. Also keine Angst! Solange diese Erde bewohnt ist, wird sie den Bewohnern das Nötige liefern, …“

1879: Der Franzose Augustin Muchot, Begründer der Solartechnik, versucht sich an der Gewinnung von Wasserstoff durch Wasserelektrolyse mit Strom, den er mit großen Brennspiegeln aus Sonnenenergie erzeugt.

1880: C. Westphal macht den Anspruch geltend, dass Brennstoffelemente einen höheren Wirkungsgrad als Wärmekraftwerke haben.

1898: Erste Verflüssigung von Wasserstoff vom britischen Chemiker und Physiker James Dewar in London

1901: Erstmalige Speicherung von Wasserstoffgas in Stahlflaschen von Ernst Wiss in Griesheim

1925: Der Wissenschaftler John B. S. Haldane veröffentlicht einen Aufsatz und schreibt: In vier Jahrhunderten werde Großbritanniens Energiebedarf von „langen Reihen metallener Windmühlen gedeckt, die Elektromotoren antreiben, welche ihrerseits Strom mit hoher Voltzahl an gigantische Elektrizitätshäuser liefern. In angemessenen Abständen werden große Stromstationen errichtet, in denen bei windigem Wetter die überschüssige Energie zur elektrolytischen Zersetzung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff genutzt werden wird. Die Gase werden verflüssigt und in großen, mit Vakuum ummantelten Behältern in wahrscheinlich unterirdischen Tanks gespeichert … in Zeiten der Windstille werden diese Vorräte entweder in Verbrennungsmotoren wieder zusammengesetzt und mit der entstehenden Energie Turbinen betrieben oder wahrscheinlicher durch Oxidation direkt Elektrizität erzeugt. Durch die rieseigen Vorratsbehälter für die verflüssigten Gase lässt sich die Windenergie speichern und für den Antrieb von Maschinen, Transportfahrzeugen, Heizung oder Beleuchtung verwenden.“ [Rifkin, 2002]

6. Mai 1937: Der Zeppelin Hindenburg verunglückt in Lakehurst, New Jersey, USA. 200.000 Kubikmeter Wasserstoff verbrennen innerhalb von 32 Sekunden. Die Verbrennungseigenschaften von Wasserstoff ermöglichen es, dass 62 der 97 Passagiere gerettet werden können. Als Erstes hatte sich die Umhüllung des Zeppelins infolge eines Funkenschlags durch elektrostatische Aufladung entzündet.

1940: Gaffron entdeckt die H2-Produktion mithilfe von Grünalgen.
In den 1950er Jahren beginnt die Arbeit an alkalischen Brennstoffzellen von Varta und Siemens.

1956: Erster Flugzeugprototyp mit flüssigem Wasserstoff, US-Amerikanischer Bomber B57

1959: Der amerikanische Physiker Francis T. Bacon stellt die erste praxistaugliche Brennstoffzelle zur kontrollierten Energiegewinnung vor (6 kW).

1959: Erster erfolgreicher Test mit einer Pratt and Whitney RL 10, einem Sauerstoff-Wasserstoff-Flugzeugmotor

1959: Entwicklung des ersten Straßenfahrzeugs, das mit einer Brennstoffzelle angetrieben wurde: Ein D-12-Traktor von der amerikanischen Firma für landwirtschaftliche Fahrzeuge Allis-Chalmers, der mit einer alkalischen Brennstoffzelle ausgestattet wird (15 kW).

1963: Wasserstoff wird in alkalischen Brennstoffzellen in der Raumfahrt für die Bordenergieversorgung und Trinkwasser eingesetzt (Gemini-Mission der NASA).

1965: Antrieb des Bootes eta von Siemens mit Wasserstoff

1967: General Motors entwickelt den ersten, fahrbaren Brennstoffzellen-Pkw, einen Elektro-Van mit einer AFC.

Ab 1968 wird Wasserstoff bei Apollo-Missionen (Mondflügen) und Space-Shuttle-Flügen eingesetzt. Das in den Brennstoffzellen entstehende Wasser dient zur Versorgung der Besatzung.

1975: Experimentierfahrzeug mit Wasserstoffantrieb von Mercedes-Benz mit Tieftemperaturhydrid

1977: City-Bus mit Wasserstoffantrieb von Mercedes-Benz mit Hoch- und Tieftemperaturhydrid

In den 1970er Jahren arbeiten Wissenschaftler aus Europa, der Sowjetunion, China und Japan an wasserstoffbetriebenen Maschinen und benutzen diese für neuentwickelte Raketen. Gleichzeitig arbeiten die USA an einem wiederbefüllbaren wasserstoffbetriebenen Space-Shuttle.

1979: In Europa wird der dreistufige HM7-Raketenmotor entwickelt und erfolgreich in die Europa-Rakete Ariane eingebaut. Die Ariane 5 benutzt Wasserstoff vom Start bis zur Landung.

1979: Der Amerikaner R. E. Billings aus Independence, Missouri, nutzt Wasserstoff für sein Haus, sein Auto und seinen Traktor. Er versorgt sich völlig autark mit Hilfe eines Klein-Wasserkraftwerks und einer Wärmepumpe.

1980: Der deutsche Physiker Reinhard Dahlberg regt die nach der Ölverteuerung 1979 entstandene Diskussion an, indem er sein Konzept solarer Wasserstoffplantagen in tropischen Regionen vorstellt.

1984-1988: Die Berlinflotte (Kombi-Pkw & Transporter von Mercedes-Benz) fährt insgesamt über 1 Mio. Kilometer.

1985: Siemens entwickelt eine AFC für den Elektromotor eines VW-Busses (17,5 kW) für das Kernforschungszentrum Karlsruhe und für das U-Boot U1 (100 kW).

1985/86: Olof Tegstroem baut sein H2-Demonstrationsprojekt WELGAS zur Energieversorgung eines Einfamilienhauses in Härnösand, Nordschweden, auf. Der Strom eines Windgenerators wird zum Heizen verwendet, ein Elektrolyseur wandelt einen Teil in Wasserstoff um, der außerdem einen umgerüsteten Pkw antreibt.

1986: Eine Explosion an Bord der Raumfähre Challenger kostet sieben Astronauten das Leben. Die Ursache war eine defekte Dichtung einer Hilfsrakete mit Festtreibstoff. Die austretende Stichflamme beschädigte den wasserstoffgefüllten Haupttank, so dass es zur Explosion kam.

1988: Bei dem umgebauten russischen Verkehrsflugzeug Tupolev TU 155 kann ein Triebwerk wahlweise mit flüssigem Erdgas oder flüssigem Wasserstoff betrieben werden.

1989: 100-kW-Anlage von Siemens für das U-Boot U1 der Bundesmarine

1989: Deutsch-russisches Entwicklungsprogramm Cryoplane mit einem wasserstoffbetriebenen Flugzeug (Airbus 310).

1991 Arbeiten am Demonstrationskraftwerk Neunburg vorm Wald. Ruhrgas Essen testet ein 200-kW-Brennstoffzellenaggregat (auf Erdgasbasis) auf seinem Betriebsgelände in Dorsten als Strom- und Wärmelieferant für die Bochumer Stadtwerke.

1992: Start des damals größten Photovoltaik-Wasserstoff-Komplettsystems Phoebus (Photovoltaik, Elektrolyse, Brennstoffzelle und Systemtechnik), eines autark arbeitenden Energieversorgungssystems mit Wasserstoff als Speichermedium für Solarstrom.

1994: Die ersten wasserstoffbetriebenen Busse fahren in Geel, Belgien.

1995: Versuche an einer DO 328 (wasserstoffbetriebenes Flugzeug)

1997: Ausrüstung des weltweit ersten Gabelstaplers mit PEM-Brennstoffzellenantrieb (10 kW) von Siemens

1999: Island verkündet, langfristig die erste Wasserstoffwirtschaft der Welt aufbauen zu wollen.

2000: BMW baut weltweit die erste Kleinserie (15 Fahrzeuge) von wasserstoffbetriebenen Pkw mit Verbrennungsmotor BMW 750 hL.

2000: Ein EU-Projekt mit 35 europäischen Firmen nimmt die Arbeiten am Wasserstoffflugzeugvorhaben Cryoplane wieder auf.

2002: Honda und Toyota verleasen die ersten Brennstoffzellen-Pkw an öffentliche Einrichtungen.

2002: Start der Clean Energy Partnership (CEP)

2003: Im Rahmen des CUTE- und des ECTOS-Projektes werden insgesamt 30 Brennstoffzellenbusse an zehn europäische Großstädte geliefert.

2004: Vaillant startet europaweiten Feldtest Virtuelles Kraftwerk

2008: Gründung der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW)

2008: Start des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff und Brennstoffzellentechnologie (NIP)

2008: Start des Praxistests Brennstoffzelle fürs Eigenheim Callux

2009: Gründung der H2 Mobility, einer Industrieinitiative zum Aufbau einer H2-Infrastruktur

2010: Weltwasserstoffkonferenz WHEC2010 in Essen

2011: SFC Energy verkauft sein 20.000. Brennstoffzellensystem an Reisemobilhersteller.

2011: Drei BZ-Autos von Daimler B-Klasse F-Cell umrunden die Welt.

2014: Toyota stellt mit dem Mirai den ersten Serien-PKW mit Brennstoffzelle vor.

2014: Brennstoffzellenheizung von Viessmann kommt auf den Markt. Geräte anderer Hersteller folgen.

2015: Energieautarkes Mehrfamilienhaus in Brütten, Schweiz, nutzt Wasserstoff als saisonalen Energiespeicher.

2016: Start von Phase II des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP)

2016: Erstflug eines wasserstoffbetriebenen Passagierflugzeugs, des Viersitzers HY4

2017: Der Katamaran Energy Observer startet zu einer sechsjährigen Reise über die Weltmeere.

2020: Erstes netzgekoppeltes Brennstoffzellenkraftwerk Deutschlands in Laage bei Rostock (Pilotprojekt)

2020: Das erste Kleinflugzeug in kommerziellem Maßstab mit Brennstoffzellenantrieb hebt im Projekt HyFlyer ab.

2020: Wasserstoffbusse kommen in die Anwendungsphase: Hamburg schreibt 50 Exemplare aus, Wuppertal ordert 10 und Köln 25 Fahrzeuge.

2020: Anfang des Jahres liegen 18 nationale Wasserstoffstrategien vor. Im Sommer folgen die Nationale Wasserstoffstrategie (NWS) in Deutschland und die Wasserstoffstrategie der EU im Rahmen des Green Deals.

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