Wissenswertes zum Thema Wasserstoff und Brennstoffzellen

1 Einleitung: Rettet Wasserstoff das Klima?
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Teil 2.4 | Ausweg Atomenergie?

In der Klimadiskussion tauchte in den vergangenen Jahren häufig die Atomenergie als vermeintlich sauberer Ausweg auf. In Kernkraftwerken finden keine klassischen Verbrennungsprozesse statt, auch wenn Begriffe wie „Brennstäbe“ und „Brennkammer“ dies nahelegen. Vielmehr werden die Atomkerne (in der Regel Uran) gespalten. Dabei werden große Energiemengen in Form von Wärme frei. Die Nutzung der Wärme folgt im Grunde dem gleichen Prinzip wie bei fossil befeuerten Kraftwerken, das heißt, die Wärme wird mithilfe von Turbinen in Strom umgewandelt. Auf den ersten Blick scheint die Technologie umweltfreundlich, da direkt in diesem Prozess weder CO2 noch Luftschadstoffe entstehen.

Die Kernenergie hat in Deutschland eine wechselhafte Geschichte. In ihren ersten Jahrzehnten erfuhr sie große politische Unterstützung auf nationaler und europäischer Ebene. Die Vorteile waren greifbar, Nachteile und Gefahren zunächst abstrakt. Der Streit über den Umgang mit dem Atommüll und mehrere große Unfälle leiteten dann Ende des 20. Jahrhunderts den Umschwung ein.

Im Jahr 2000 entschloss sich erstmals eine Bundesregierung, und zwar die rot-grüne unter Bundeskanzler Gerhard Schröder, aus der Kernenergie auszusteigen, was 2002 mit dem sogenannten Atomkonsens festgeschrieben wurde. Die Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel verlängerte 2010 zunächst die Laufzeiten der Kernkraftwerke, schwenkte jedoch nach dem Reaktorunglück in Fukushima, Japan, im März 2011 um und bekannte sich zum Atomausstieg. Die Technologie hatte keinen Rückhalt mehr in der Gesellschaft. Anfang der 2020er Jahre waren in Deutschland nur noch sechs Atomkraftwerke in Betrieb (Geplante Abschaltung von Grohnde, Brokdorf und Gundremmingen C Ende 2021, Abschaltung von Isar 2, Neckarwestheim 2, Emsland Ende 2022).

Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise sind auch aus der Klimaschutzbewegung immer wieder Stimmen für die Atomenergie als kleineres Übel zu vernehmen. Doch die grundsätzlichen Probleme derselben sind weiterhin nicht gelöst:

1.
Die Endlagerung des Atommülls ist nach wie vor offen. Die Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ hat von 2014 bis 2016 diskutiert und am Ende eine Kriterienliste vorgelegt. Im Herbst 2017 startete die Suche nach neuen, diesen Kriterien entsprechenden Endlagern, was bis 2031 dauern soll. Für die Kosten haben die Atomkonzerne gut 24 Milliarden Euro in einen Fonds eingezahlt. Für Mehrkosten haftet der Staat.

2.
Sicherheitsrisiken sind insbesondere veraltete Anlagen (z. B. das belgische AKW Tihange, das immer wieder mit Zwischenfällen Schlagzeilen macht), aber auch mögliche terroristische Anschläge auf Atomkraftwerke oder Transporte (z. B. von Drohnen ausgehend) und nicht zuletzt einfach menschliche Fehler (die z. B. zur Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 führten).

3.
Eine Wirtschaftlichkeit ist bei ganzheitlicher Betrachtung nicht gegeben. Das zeigen unter anderem die Verträge für das Kraftwerk Hinkley Point C in Großbritannien. Dem Betreiber EDF wird für 35 Jahre ein Strompreis von 92.50 £/MWh inklusive Inflationsausgleich, bezogen auf 2012, garantiert. Umgerechnet waren das im Bezugsjahr 2012 stattliche 11,4 Cent pro Kilowattstunde.

Viele Jahre gab es am deutschen Strommarkt Überkapazitäten. Mit dem Abschalten der letzten Atomkraftwerke wird sich das ändern. Verschiedene wissenschaftliche Szenarien zeigen, dass der Ausstieg aus der Kernenergie gleichzeitig mit dem Ausstieg aus den fossilen Energien durchaus möglich ist.

Früher war es vor allem die fossile Energiewirtschaft, die die Angst vor einer „Stromlücke“ in Form eines flächendeckenden Stromausfalls schürte. Nun hat sich der Wind gedreht. Dass es technisch möglich ist, mit einer Kombination aus Energiespeichern und dem Ausbau der erneuerbaren Energien den Strombedarf sicher zu decken, zweifelt kaum noch jemand an. Doch der Ausbau der Wind- und Solarenergie geht seit Jahren nur noch langsam voran. Gleichzeitig steigt im Verkehr und in der Wärmeversorgung der Stromeinsatz. Heute ist es daher die Erneuerbare-Energien-Branche, die vermehrt vor einer Stromlücke warnt.

Man darf eine solche Stromlücke allerdings auf keinen Fall mit einer Black-out-Gefahr verwechseln, auch wenn sich manchmal dieser Eindruck aufdrängt. Die Bundesnetzagentur überwacht ständig die benötigten Kraftwerkskapazitäten und Reserven. Kein Kraftwerk geht ohne eine vorherige Prüfung und Genehmigung durch die Bundesnetzagentur vom Netz. Die Gefahr einer Stromlücke besteht also vor allem darin, dass der Kohleausstieg verzögert wird.

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