Wissenswertes zum Thema Wasserstoff und Brennstoffzellen

1 Einleitung: Rettet Wasserstoff das Klima?
Thermoskanne

Teil 5.2 | Kryogenbehälter

Selbst bei hoher Komprimierung bleibt die Energiedichte von gasförmigem Wasserstoff (GH2) vergleichsweise gering. Es liegt also nahe, ihn in flüssiger Form zu speichern. Flüssiger Wasserstoff (Liquid Hydrogen, LH2) war bereits zur Jahrtausendwende als Pkw-Kraftstoff im Gespräch. Exemplarische Fahrzeugtanks fassten bis zu 120 Liter bzw. 8 kg flüssigen Wasserstoff bei 5 bar. Dies entspricht einem Benzinäquivalent von 32 Litern. Damit war zuletzt eine Reichweite von 300 Kilometern realisierbar. Solch ein LH2-Tank wog leer etwa 140 Kilogramm mitsamt allen Armaturen. Wegen des hohen Aufwands und der auftretenden Abdampfverluste (s. u.) hat sich LH2 für Pkw-Tanks aber nicht durchgesetzt. In den 2000er Jahren schwenkten nahezu alle Hersteller auf 700-bar-Druckspeicher um.

Jetzt kommt flüssiger Wasserstoff allerdings wieder als Energiespeicher für die Belieferung von H2-Tankstellen ins Gespräch. Außerdem prüfen einige Hersteller, ob LH2 als Kraftstoff für Wasserstoff-Trucks eingesetzt werden kann. Elementarer Vorteil ist die im Vergleich zu GH2 höhere Energiedichte, die für H2-Lkw eine größere Reichweite ermöglicht.

Wasserstoff gehört wie Helium, Sauerstoff, Stickstoff und Erdgas zu den kryogenen Medien: Das sind Substanzen, die erst bei sehr niedrigen Temperaturen flüssig werden. Die Speicherbehälter müssen daher angemessen gekühlt oder mithilfe einer speziellen Schicht isoliert werden:

Tanks für kryogene Medien bestehen, ähnlich wie eine Thermoskanne, aus einem Innen- und einem Außenbehälter. Der Raum zwischen den beiden Behältern ist zur Reduzierung des Wärmestroms evakuiert. Außerdem ist eine wenige Zentimeter dicke Isolationsschicht eingelegt. Sie besteht aus bis zu 70 Lagen Aluminiumfolie im Wechsel mit Glasfibermatten. Sie bewirkt einen Isolationsgrad entsprechend dem eines neun Meter dicken Styropormantels. Der für diese Tanks meistens verwendete Edelstahl wird im Gegensatz zu den meisten anderen Werkstoffen auch bei sehr niedrigen Temperaturen nicht spröde.

Trotz dieser optimierten Wärmedämmung gibt es immer einen Wärmeeintrag, so dass ein gewisser Prozentsatz des flüssigen Kraftstoffes verdampft. Weil ein Gas ein größeres Volumen einnimmt als eine Flüssigkeit, nimmt dadurch der Druck innerhalb des Behälters allmählich zu. Steigt der Druck so weit an, dass der maximale Betriebsdruck erreicht ist, öffnet das Sicherheitsventil und es wird Gas abgelassen (Abblasen = Blow-off oder auch Boil-off). Diese abgegebene Gasmenge wird auch als Abdampfverlust bezeichnet. Je besser die Isolierung ist, desto später muss das Sicherheitsventil in Aktion treten.

Wird Kraftstoff entnommen, sinkt der Druck im Inneren. Wird also ein mit LH2 betriebenes Auto regelmäßig gefahren, treten keine Abdampfverluste auf. Erst beim Parken des Fahrzeugs über einen längeren Zeitraum hinweg stellt das abdampfende Wasserstoffgas ein Problem dar. Mithilfe eines zusätzlichen Kühlmantels mit Flüssigluft wurde die Standzeit von etwa drei auf bis zu zwölf Tagen verlängert. Ganz verhindern konnte man die Abdampfverluste bisher aber nicht.

Abb. 21: LH2-Tank von 2003
LH2-Lindetank.jpg
Quelle: Linde

Der Betriebsdruck in vakuumisolierten Tanks beträgt in der Regel zwischen 1,2 und 3,5 bar. Der absolute Druck im Tankinneren kann von 0,05 bar (Evakuierung: -0,95 bar gegenüber dem Umgebungsdruck) bis 5 bar (Überdruck) schwanken. Die Betriebstemperatur variiert zwischen 21 und 25 Kelvin. Beim Reinigen mit flüssigem Helium können jedoch auch 4 Kelvin auftreten. Beim Trocknen mit heißem Stickstoffgas können andererseits auch 420 Kelvin erreicht werden. Die Tankkomponenten müssen also eine große Belastungsbandbreite abdecken.

Wesentlicher Bestandteil eines LH2-Kraftstofftanks ist das Druckregelsystem, das den Tankinnendruck möglichst konstant hält. Wird Kraftstoff entnommen, sinkt der Druck ab. Um eine kontinuierliche H2-Versorgung sicherzustellen, muss das Druckniveau wiederhergestellt werden.

Ein weiterer wichtiger Faktor beim Umgang mit kryogenen Medien ist die Sicherheit. Dazu gehört auch, dass die Behälterisolierung die Umgebung vor der extremen Kälte schützt. Ein Berühren tiefkalter Komponenten würde ansonsten sofort zu Verletzungen führen. Doch selbst der Luftkontakt mit tiefkalten Materialien ist problematisch. In der äußeren Umgebung würde der Wassergehalt in der Luft kondensieren (Nebelbildung) und gefrieren. Darüber hinaus würde sich der Luftsauerstoff bei Temperaturen unter 90 Kelvin verflüssigen, wodurch es in diesem Bereich zu einer ungewollten Anreicherung von Sauerstoff käme, so dass sich das Brandrisiko erhöhen könnte. Verfestigen würde sich Sauerstoff bei 50 K. Bei Stickstoff liegt der Siedepunkt bei 77 K und der Schmelzpunkt bei 63 K.

Sicherheitsversuche mit LH2-Fahrzeugtanks wurden bereits in den 1990er Jahren an doppelwandigen Tanks aus unterschiedlichen Materialien und mit unterschiedlichen Wandstärken durchgeführt. Selbst bei einem 70 Minuten dauernden Brandversuch mit durchgängig über 900 °C an der gesamten Tankoberfläche funktionierten die Sicherheitsvorrichtungen einwandfrei: Mit steigendem Druck im Inneren entwich der Wasserstoff durch die Sicherheitsventile und verbrannte langsam, ohne Explosion. Auch dem Aufprall stumpfer und spitzer Gegenstände, starkem Rütteln und Beschleunigungsversuchen mit bis zu vierfacher Erdbeschleunigung (4 g) hielten die Tanks stand.

Im unwahrscheinlichen Fall des Versagens der Sicherheitsvorrichtungen verhindern speziell dafür vorgesehene Sollbruchstellen das Bersten der Tanks. Das Sicherheitsprinzip basiert auf der Regel „Leck vor Bruch“. Der Ansprechdruck der Sollbruchstelle (ca. 25 bar) ist ausreichend weit entfernt vom maximalen Betriebsdruck (5 bar) und vom Berstdruck (100 bar).

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