Wissenswertes zum Thema Wasserstoff und Brennstoffzellen

1 Einleitung: Rettet Wasserstoff das Klima?
Wsserstoffgewinnung 1

Teil 4.2.6 | Mikrobiologische Herstellung: Von Natur aus grün

in so vielen Gebieten des täglichen Lebens der Fall ist, hat auch die Natur Wege zur Wasserstofferzeugung gefunden. Die biochemische Erzeugung ist nicht zu verwechseln mit der Erzeugung aus Biomasse (s. oben).

Sowohl unter den Grün- als auch unter den Blaualgen gibt es Arten, die Wasserstoff als Zwischenprodukt in ihrem Stoffwechsel produzieren. Sie nutzen dafür das Enzym Hydrogenase. Die Hydrogenasen der Grünalgen arbeiten in rasantem Tempo: Sie können bis zu 5.000 Moleküle H2 pro Enzymmolekül und pro Sekunde bilden. Im Labor konnten auf diese Weise aus einem Liter Algenkultur (chlamydomonas reinhartii) 250 Milliliter Wasserstoff pro Tag erzeugt werden. Stellt man den fleißigen Algen den menschlichen Bedarf gegenüber, sieht es allerdings ernüchternd aus. Um ein Einfamilienhaus mit Energie zu versorgen, wären 50 Kubikmeter Algenkultur nötig.

Zur Wasserstoffherstellung können im Grunde ganze Algenkulturen oder auch das isolierte Enzym genutzt werden – beide Methoden werden in verschiedenen Forschungszentren untersucht.

Pflanzen und Cyanobakterien gewinnen mithilfe der Photosynthese Energie aus Sonnenlicht. Die Photosynthese läuft in mehreren Stufen ab: Im ersten Schritt, dem Phytosystem I, werden Elektronen freigesetzt. Diese werden zu großen Teilen gleich wieder in andere Stoffwechselprodukte eingebaut. Einem Team der Uni Kiel ist es gelungen, das Enzym Hydrogenase so an das sogenannte Photosystem I einer Blaualge anzudocken, dass die Elektronen bevorzugt zur Wasserstoffproduktion eingesetzt werden. Die Hydrogenase wirkt dabei als Katalysator. Der Vorteil der Arbeit mit lebenden Algen anstatt mit isolierten Enzymen ist, dass deren Reproduktions- und Reparaturmechanismen dafür sorgen, dass die biologische Minifabrik dauerhaft funktioniert und sich sogar selbst vergrößert. Beim Einsatz des Enzyms im Reagenzglas müsse man dagegen die Verbindung zwischen Photosystem und Hydrogenase ständig künstlich erneuern, heißt es aus Kiel.

2 H2O   →  O2  +  4 e  +  4 H+  ← →   2 H2  +  O2

                    Photosynthese                                         Hydrogenase

Eine Schwierigkeit des Prozesses ist, dass Sauerstoff die Hydrogenase deaktiviert. Der Prozess funktioniert also nur unter Luftabschluss. Doch Sauerstoff entsteht bekanntlich auch durch die Photosynthese selbst (siehe Reaktionsgleichung). Bis Wasserstoff mithilfe von Hydrogenasen – durch Algen oder im Reagenzglas – im großen Stil produziert werden kann, wird es also wohl noch etwas dauern.

Abb. 18: Mikroalgen zur Biomasseproduktion in hängenden Gärten
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Quelle: ecoduna

Die Purpurbakterien der Art Rhodospirillum Rubrum dagegen können gewisse kohlenstoffhaltige Substrate umsetzen und pro Kilogramm Biomasse täglich bis zu drei Kubikmeter Wasserstoff erzeugen. Purpurbakterien können verblüffen: Sie betreiben wie Pflanzen eine Art Photosynthese, produzieren dabei aber keinen Sauerstoff (anoxygene Photosynthese). Viele Arten gedeihen nur unter Sauerstoffabschluss, zum Beispiel in den tieferen Schichten der Seen, und verarbeiten mithilfe des Sonnenlichts die organischen Substanzen, die zu ihnen hinunterschweben. Wenn sie zu viel Nahrung bekommen und zugleich unter Stickstoffmangel leiden, geben sie Wasserstoff ab, um das Innere ihrer Zellen im chemischen Gleichgewicht zu halten. Was in manchen Waldseen an die Oberfläche steigt, sind dementsprechend nicht nur Methan-, sondern auch Wasserstoffblasen. Eine Forschungsgruppe unter Federführung der Uni Stuttgart untersucht gerade, wie sich mithilfe der Purpurbakterien Wasserstoff aus Frucht- und Molkereiabfällen gewinnen lässt.

Wasserstoff kann auch aus Traubenzucker gewonnen werden. Dabei werden Enzyme aus Archaebakterien verwendet, die beispielsweise in glimmenden Kohlehalden oder Tiefseevulkanen vorkommen. Bei Temperaturen von etwa 60 °C reagieren die Enzyme in der Traubenzuckerlösung schnell genug, um zu bewirken, dass sich keine schmarotzenden Bakterien breitmachen können, dafür aber Wasserstoff entsteht.

Alles in allem kämpfen diese Verfahren aber noch mit dem Sprung aus dem Labor in die Praxis. Daneben gibt es noch viele Ansätze, bei denen Algen andere Rohstoffe erzeugen sollen, wie etwa Methan oder Öle, aus denen sich dann Kraftstoffe herstellen lassen. In Senftenberg (Brandenburg) gibt es beispielsweise ein Algen-Cluster zur Erforschung dieser Art der Energiegewinnung, bei dem das Kohlendioxid aus dem nahe liegenden Braunkohlekraftwerk den Algen als Nahrung dient.

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