Erprobung von BZ-Bussen und ihren H2-Tankstellen

Erprobung von BZ-Bussen und ihren H2-Tankstellen

Zwischenbilanz zur Analyse der Leistungsfähigkeit
Elektromobilität

Brennstoffzellenbusse (BZ-Busse) werden seit rund 20 Jahren erprobt. Mit europäischer Förderung laufen derzeit Demonstrationsprojekte mit rund 300 dieser Fahrzeuge. Die Leistungsfähigkeit der Busse und ihrer Wasserstofftankstellen wird auf der Basis von Betriebsdaten analysiert. Dieser Artikel möchte anhand ausgewählter Indikatoren eine Zwischenbilanz ziehen, inklusive Vergleichen mit den Ergebnissen bereits abgeschlossener Projekte. Insgesamt zeigen die Busse ein positiveres Bild als die Tankstellen.

Im Rahmen der Projekte JIVE und JIVE 2 (2017 bis 2024 bzw. 2018 bis 2025) sind die Busse an 16 Standorten in sechs Ländern im Einsatz (s. Abb. 2). Die örtlichen Flotten umfassen fünf bis 54 BZ-Busse. Zum Einsatz kommen einstöckige 12-m-Solobusse, Doppeldecker (in Großbritannien) sowie an einem Standort straßenbahnähnliche 18-m-Gelenkbusse. Die Wasserstofftankstellen wurden zum Teil aus einem weiteren Projekt namens MEHRLIN gefördert (Projektende: 30. Juni 2023).

Standorte der Projekte JIVE, JIVE 2 und MEHRLIN (Aberdeen, Auxerre, Barcelona, Birmingham, Bozen, Brighton, Emmen, Gelderland, Groningen, Region Köln, London, Pau, Südholland, Toulouse, Wiesbaden und Wuppertal) sowie Länder mit Beobachter-Regionen. Wegen einer Neuausrichtung beim Busbetreiber ist der Standort Wiesbaden nicht mehr aktiv.

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Zu den Aktivitäten im Arbeitspaket „Monitoring and Analysis“ gehören neben dem hier auszugsweise vorgestellten „Performance Assessment“ auch ein Umwelt- und Kostenvergleich zwischen BZ- und Batteriebussen [1] und die Dokumentation von „Best Practice“ [2].
Aus Gründen der Vertraulichkeit wurden die Ergebnisse so aggregiert, dass keine Rückschlüsse auf einzelne Standorte möglich sind, soweit die Informationen nicht ohnehin bereits öffentlich zugänglich sind.

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Stand Mitte 2023
Bis Ende Juni 2023 (Stand der Datenbasis im Folgenden) legten die Busse rund 13 Millionen Kilometer zurück. In über 63.000 Tankvorgängen wurden mehr als 1 Million Kilogramm Wasserstoff abgegeben.

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Verfügbarkeit der Brennstoffzellenbusse


Verfügbarkeit der Busse in JIVE/JIVE 2 im Vergleich mit früheren Projekten

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Abbildung 3 zeigt einen Vergleich der Verfügbarkeit in den größeren Projekten zur Erprobung von Brennstoffzellenbussen seit 2001. Die Kastengrafiken zeigen jeweils die Maximal- und Minimalwerte, die beiden mittleren Quartile und, als waagrechte Linie innerhalb des Kastens, den Median.

Die BZ-Busse bis 2009 in den Projekten CUTE und HyFLEET:CUTE waren noch nicht hybridisiert, das heißt, es gab keine Batterie zur Unterstützung der Brennstoffzelle und keine Möglichkeit zur Rückgewinnung von Bremsenergie. Da pro Standort stets zwei Monteure der Hersteller anwesend waren, um Probleme zu beheben, war die Verfügbarkeit der Fahrzeuge vergleichsweise hoch.

Kastengrafiken (Box-Plots) sind ein Werkzeug zur aggregierten grafischen Darstellung von Daten, die mehr Information vermitteln können als zum Beispiel Mittelwerte und Standardabweichungen. Der Median ist der zentrale Wert einer auf- oder absteigend sortierten Liste von Daten. Bei Werten von beispielsweise 90 % – 90 % – 85 % – 80 % – 60 % – 40 % – 10 % beträgt der Median 80 %, der Mittelwert dagegen 65 %. Die beiden mittleren Quartile umfassen das Viertel aller Werte über und unter dem Median und sind somit ein Indikator dafür, wie stark die zentrale Hälfte aller Werte um den Median streut.

Ein signifikanter Vergleich ist daher vor allem zwischen dem Projekt CHIC mit der ersten Generation hybridisierter BZ-Busflotten (2010 bis 2016) und JIVE/JIVE 2 (seit 2017/18) möglich. Abbildung 3 zeigt eine deutliche Verbesserung der Bus-Verfügbarkeit in den aktuellen Projekten. Einzelne Standorte erreichen mehr als 99 Prozent, während nicht alle an das Ziel von über 90 Prozent herankommen.

Ausfallzeiten werden zumeist nicht von Komponenten verursacht, die dem Brennstoffzellenantrieb zuzuordnen sind, sondern Auslöser sind häufig konventionelle Bauteile. Längere Ausfallzeiten entstanden zum Beispiel dadurch, dass ein Hersteller unter anderem die Halterungen für die Wasserstofftanks verstärken musste, da die Vibrationen in Bussen ohne Dieselmotor unterschätzt worden waren. Bei einem anderen Fabrikat mussten die Klimaanlagen getauscht werden.

Laufleistung
Die Busse haben gezeigt, dass 500 Kilometer pro Tag beziehungsweise ohne Zwischenbetankung zurückgelegt werden können. Geringere Laufleistungen resultieren aus den örtlichen Einsatzbedingungen, also nicht aus Beschränkungen, die sich aus dem Wasserstoff-/Brennstoffzellenantrieb ergeben. Ein Standort setzt die Fahrzeuge zum Beispiel als Vorfeldbusse auf dem Flughafen ein, wo kurze Wege zurückzulegen sind. Insgesamt erfüllen die Fahrzeuge die Erwartungen der Betreiber.

Spezifischer Kraftstoffbedarf


Entwicklung des spezifischen Kraftstoffbedarfs von Projekt zu Projekt. Seit CHIC sind die Antriebe hybridisiert.

Abbildung 4 zeigt, wie sich der Kraftstoffbedarf pro 100 Kilometer Laufleistung entwickelt hat. Von CUTE zu HyFLEET:CUTE wurde zunächst der nicht-hybridisierte Antrieb optimiert. Ein Effizienzsprung ergab sich durch die Hybridisierung im Projekt CHIC. Im Rahmen von JIVE/JIVE 2 werden noch einmal deutlich geringere Werte von bis zu 6,5 kg/100 km erreicht. Damit wird das Projektziel von 9 kg/100 km für Solobusse in der Regel deutlich unterboten, selbst von den Doppeldeckern. Auch die 18-m-Fahrzeuge unterschreiten das Ziel von 14 kg/100 km klar.

Der saisonale Einfluss der Umgebungstemperatur beziehungsweise der Einfluss des Heizenergiebedarfs auf den Kraftstoffverbrauch konnte bespielhaft für zwei Standorte ermittelt werden, deren Fahrzeuge keine Klimaanlage besitzen, die also ohne Energiebedarf für Kühlung im Sommer auskommen. Hier variiert der Kraftstoffverbrauch über das Kalenderjahr um ca. ± 1 bis 2 kg/100 km bzw. ± 15 bis 20 %.

Zwischenfazit
Aufgrund der positiven Erfahrungen mit den BZ-Bussen haben sich einige Standorte entschlossen, weitere Fahrzeuge dieses Typs zu beschaffen. Hervorzuheben ist hier der Regionalverkehr Köln, der über die 50 in JIVE beziehungsweise JIVE 2 geförderten Busse hinaus bereits Verträge für bis zu 100 weitere Einheiten geschlossen hat. Andererseits wurde die Erweiterung der Flotte an einem anderen Standort zurückgestellt, weil es erhebliche Probleme mit der Wasserstofftankstelle gab; mehr dazu im Folgenden.

Vertankte Wasserstoffmengen


Vertankte Wasserstoffmengen pro Quartal als Summe aller Standorte

Bis Mitte 2023 wurden an 18 Tankstellen mehr als 1 Million Kilogramm Wasserstoff abgegeben. Die zeitliche Entwicklung ist in Abbildung 5 dargestellt. Die Quartalswerte für 2020 sind gering, da – bedingt durch die Corona-Pandemie – erst wenige Fahrzeuge in Betrieb waren beziehungsweise gingen und die Laufleistungen häufig geringer waren als sonst üblich. 2021 begann ein deutlicher Anstieg, unterbrochen von einem Rückgang im ersten Quartal 2022. Letzterer war bedingt durch:

–    Probleme mit den Bussen an mehreren Standorten, insbesondere bedingt durch Nachrüstungen wegen der unerwartet starken Vibrationen

–    Probleme an mehreren Tankstellen, die in einigen Fällen den Busbetrieb länger zum Erliegen brachten

–    Steigende Energie- bzw. Wasserstoffpreise nach dem Angriff auf die Ukraine, weshalb einige Betreiber den Einsatz ihrer BZ-Busse reduzierten

Seit dem zweiten Quartal 2022 steigen die Werte wieder nahezu stetig, auch bedingt durch die Inbetriebnahme weiterer Busse. Die Tankstellen stoßen in der Regel nicht an ihre Kapazitätsgrenzen: Durch den unerwartet niedrigen spezifischen Kraftstoffbedarf der Busse und die zeitweise geringeren Laufleistungen als geplant sind einige der Tankstellen zeitweise erheblich unterausgelastet.

Verfügbarkeit der Wasserstofftankstellen


Verfügbarkeit der Tankstellen in JIVE/JIVE 2/MEHRLIN im Vergleich mit früheren Projekten

Das Mindestziel für die Verfügbarkeit der Wasserstofftankstellen in JIVE, JIVE 2 und MEHRLIN ist größer 98 Prozent, wobei 99 Prozent angestrebt werden. Dabei bleiben Zeiten der Nichtverfügbarkeit für planmäßige Wartung unberücksichtigt. Abbildung 6 zeigt, dass dieses Mindestziel von weniger als der Hälfte der Standorte erreicht wird (der Median liegt unter 98 %). Im Projekt CHIC waren die Tankstellen durchschnittlich deutlich verfügbarer, bei einem Zielwert von ebenfalls über 98 Prozent.

Die Ursachen für geringe Verfügbarkeiten lassen sich, aus der Perspektive der Betankungseinheit, in zwei Bereiche aufgliedern:

–    Externe Gründe bedeuten, dass die Wasserstofferzeugung vor Ort ausgefallen ist oder die Anlieferung von Wasserstoff nicht rechtzeitig erfolgt ist oder beides, so dass keine Betankungen möglich sind. Dies ist an zahlreichen Tankstellen zeitweise eingetreten.

–    Interne Gründe bedeuten, dass wegen technischer Probleme keine Betankungen möglich sind. Davon sind alle Tankstellen betroffen, wenn auch in deutlich unterschiedlichem Maße.

Dabei haben sich die wesentlichen Ursachen für Ausfälle von Wasserstofftankstellen für Busse aus internen Gründen in den letzten 20 Jahren kaum verändert. Sie umfassen insbesondere Probleme mit

–    Wasserstoffkompressoren

–    den Komponenten zur Betankung, insbesondere den Füllkupplungen mit ihren empfindlichen Infrarot-Sensoren zur Datenübertragung vom Bus an die Tankstelle

–    der Qualität bzw. Schnelligkeit des Hersteller-Services, d. h. Ausfälle wären teilweise vermeidbar gewesen oder dauern unnötig lange.

Hinzu kommen, nach dem Wechsel zu Typ-4-Tanks auf den meisten Bussen der aktuellen Generation, Herausforderungen bei der Vorkühlung des Wasserstoffs zur Gewährleistung einer hinreichend schnellen und vollständigen Befüllung, bedingt durch Softwareprobleme und fehlende anerkannte Betankungsprotokolle.

Die Partner des JIVE/JIVE 2/MEHRLIN-Konsortiums sehen die Gefahr, dass die breite Einführung von BZ-Bussen an einem Mangel an verlässlicher Betankungsinfrastruktur scheitern könnte.

Zusammenfassung

Die Erprobung der BZ-Busse und Wasserstofftankstellen in den Projekten JIVE, JIVE 2 und MEHRLIN wurde beziehungsweise wird durch eine Reihe externer Faktoren negativ beeinflusst. Dazu gehören die Corona-Pandemie, gestiegene Wasserstoffpreise und Probleme mit der Wasserstoffbelieferung.

Positiv ist festzuhalten, dass einige Standorte sich aufgrund guter Erfahrungen bereits vor Projektabschluss entschieden haben, ihre BZ-Bus-Flotte zu erweitern.

Die Busse zeigen insgesamt eine bessere Leistungsfähigkeit als die Fahrzeuge der Vorgängergeneration, auch wenn bislang nicht an allen Standorten die Zielwerte, wie eine Verfügbarkeit von mindestens 90 Prozent, erreicht werden. Insbesondere ist die in JIVE/JIVE 2 deutlich verbesserte Effizienz der Busse hervorzuheben.

Bei der Verfügbarkeit der Wasserstofftankstellen ist bisher keine generell positive Entwicklung zu erkennen. Ausfälle der Tankstellen wegen interner technischer Probleme haben im Einzelfall zu einem längeren Stillstand der lokalen BZ-Bus-Flotte geführt. Es ist bemerkenswert, dass auch nach rund 20 Jahren Erfahrung mit Tankstellen auf 350-bar-Druckniveau die Probleme mit einigen ihrer Komponenten nicht gelöst werden konnten.

Danksagung

Die Projekte JIVE und JIVE 2 werden von Clean Hydrogen Partnership (vormals Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking) im Rahmen der Zuwendungsvereinbarungen Nr. 735582 bzw. 779563 gefördert. Clean Hydrogen Partnership erhält Unterstützung aus dem Horizon-2020-Programm der Europäischen Union für Forschung und Innovation sowie von Hydrogen Europe und Hydrogen Europe Research. Das Projekt MEHRLIN wurde aus Mitteln der Connecting Europe Facility der Europäischen Union kofinanziert.

Die Ergebnisse wurden erstmals auf der Zero Emission Bus Conference 2023 vorgestellt.

Literatur

[1]        A. Zimmerer, S. Eckert und V. Roderer, Environmental Impacts and External Cost Benefits of Fuel Cell Buses. Comparison of Fuel Cell Buses with Battery Electric Buses, 2023. https://fuelcellbuses.eu/publications.

[2]        K. Buss, K. Stolzenburg, N. Whitehouse and S. Whitehouse, JIVE Third Best Practice and Commercialisation Report / JIVE 2 Second Best Practice Information Bank Report, 2022. https://fuelcellbuses.eu/publications.

AutorInnen:
Klaus Stolzenburg
Ingenieurbüro PLANET GbR, Oldenburg
k.stolzenburg@planet-energie.de
Katharina Buss
Ingenieurbüro PLANET GbR, Oldenburg
k.buss@planet-energie.de
Vanessa Roderer
Sphera Solutions GmbH, Leinfelden-Echterdingen
VRoderer@sphera.com
Stefan Eckert
Sphera Solutions GmbH, Leinfelden-Echterdingen
SEckert@sphera.com

 

Hyzon Motors: Sinnvoller Rückzug aus Europa

Hyzon Motors: Sinnvoller Rückzug aus Europa

Die Zahlen für das dritte Quartal und der Ausblick lassen für Hyzon Motors und seine 200-kW-BZ-Module für Lkw eine sehr spannende Zukunft erwarten. Die Serienproduktion wird in der zweiten Jahreshälfte 2024 beginnen. Die Aktivitäten werden an einem Standort in den USA konzentriert. Aus Europa zieht sich Hyzon mit einer eigenen Tochtergesellschaft zurück. Das ist der richtige Schritt, denn ein junges Unternehmen sollte sich auf den für das Unternehmen wichtigsten Markt konzentrieren, um die begrenzten Kapitalressourcen zielgerichtet einzusetzen.

Hyzon ist jedoch weiterhin auf der Suche nach einem Fulfillment-Partner in Europa, der die BZ-Stacks des Unternehmens hier eigenständig zum Einsatz bringt, vergleichbar mit der Partnerschaft mit Fontaine Modification in den USA oder solch einer wie Quantron mit Ballard Power. Hyzon konzentriert sich auf die USA und Australien/Neuseeland, wo kürzlich ein wasserstoffbetriebener Müllwagen an Remondis ausgeliefert wurde, wobei die Produktion der BZ-Module in den USA erfolgt, was angesichts der Subventionen auch sinnvoll ist.

Hyzon wird zudem von der Entwicklung der H2-Hubs profitieren, weil das MACH2-Projekt im Mittleren Westen in der Nähe der eigenen Produktionsstätte liegt und zu den Projekten des DOE gehört, die im Rahmen des sieben Milliarden Dollar schweren Wasserstoff-Hub-Programms gefördert werden (Zuschläge von jeweils einer Milliarde Dollar).

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Gleichzeitig gibt Hyzon bekannt, dass man sich mit der SEC auf eine Zahlung von 25 Mio. US-$ geeinigt hat, zahlbar in drei Raten innerhalb der nächsten Jahre. Damit ist dieses unsägliche Thema abgeschlossen, das auf dem Fehlverhalten des ehemaligen Vorstandes basiert (Bilanzskandal). Der Cashburn pro Monat kann massiv reduziert werden, und für den Hochlauf der Modulproduktion werden nur noch etwa fünf Mio. US-$ benötigt. Zum Ende des dritten Quartals sind noch 137,8 Mio. US-$ auf der Bank, bei einem Kapitalbedarf von 10 Mio. US-$ pro Monat.

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Mit dem Mutterkonzern und Mehrheitsaktionär Horizon aus Singapur konnte der IP-Lizenzvertrag bis 2030 verlängert und auch auf andere Aktivitäten ausgeweitet werden: So plant Hyzon, neue 300-kW-BZ-Singlestacks auch in die stationäre Energieversorgung von Rechenzentren und Krankenhäusern einzuführen. Ballard Power und Bloom Energy sind bereits in diesem Bereich aktiv.

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Parker Meeks, CEO von Hyzon, antwortete auf die Frage, warum sich sein Unternehmen ausschließlich auf Brennstoffzellen und nicht auf Elektrofahrzeuge konzentriere: „Die Erfahrung mit batterieelektrischen Lkw ist für viele eine, bei der die nutzbare Reichweite nicht das ist, was sie sich vorgestellt haben, vor allem, wenn es bergauf geht, was selbst im Los-Angeles-Becken der Fall ist. Wenn man die Gegend kennt, wenn man irgendwohin fährt, wo es eine große Entfernung gibt, muss man wahrscheinlich einen Hügel hinauffahren. Brennstoffzellen-Lkw verlieren nicht an Leistung, und das ist der entscheidende Faktor, der sie für den Schwertransport im Gegensatz zum Transport von Getränken besonders geeignet macht.“

Fazit: In den USA arbeitet Hyzon am Auf- und Ausbau der Kapazitäten, um die Produktion der 200-kW-BZ-Module hochzufahren. Die Partnerschaft mit Fontaine Modification legt nahe, dass hier ein großer Absatzmarkt entsteht, da Fontaine Lkw umbaut bzw. eigene Fahrzeuge umrüstet und Hyzon hier als Technologiepartner mit seinen BZ-Modulen perfekt zum Einsatz kommt. In diesem Zusammenhang können wir uns auch gut vorstellen, dass Fontaine respektive die Mutter Marmon Holdings sich direkt an Hyzon beteiligt. Es wird sicherlich Kapitalmaßnahmen (Neuemission von Aktien) geben, und da wäre der Einstieg eines strategischen Partners der ideale Weg.

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Ein hochspekulatives, sehr interessantes Investment. Hyzon eignet sich als Beimischung zu Ballard Power und Nikola Motors, wenn man diese drei Unternehmen gemeinsam dem Bereich Brennstoffzellen in Nutzfahrzeugen zuordnet.

Risikohinweis

Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 15. Dezember 2023

Was nu?

Was nu?

Liebe Leserinnen und Leser!

Die momentane Lage der Bundesregierung erscheint desolat: Das Bundesverfassungsgericht hat nicht wie erhofft mitgespielt – wenn auch mit denkbar knapper Entscheidung – und der Ampel eine 60 Mrd.-Euro-Lücke im Haushalt beschert.

Daraus könnte auch für die Energiewirtschaft eine desolate Lage erwachsen, denn viele Vorhaben, die über den geplanten Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanziert werden sollten, werden jetzt infrage gestellt, egal ob berechtigt oder nicht. Die Unsicherheit ist groß.

Dabei war die Situation schon vorher angespannt: Entscheidungen aus Brüssel lassen beispielsweise sehr lange auf sich warten. Dies betraf die RED II, die RED III und auch die IPCEI-Vorhaben – auch wenn die RED III am 31. Oktober 2023 veröffentlicht wurde. Wenn es gut läuft, könnte Ende des Jahres immerhin noch die 37. BImSchV auf den Weg gebracht werden – nach zwölf Jahren.

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Diese Warterei hat zahlreiche Investoren nicht gerade ermutigt, ihr Geld für Zukunftsprojekte zur Verfügung zu stellen. Die FID, die „Final Investment Decision“, steht insbesondere bei zahlreichen Elektrolysevorhaben noch aus, weil die Rahmenbedingungen für nicht ausreichend sicher erachtet werden.

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Nicht ohne Grund haben sich zahlreiche Unternehmen an der Ausschreibung der Important Projects of Common European Interest (IPCEI – wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse) beteiligt. Sie setzen damit auf Staatsgelder, die ihr eigenes finanzielles Risiko schmälern sollen.

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Der Preis, den sie für diese „geschenkten“ Staatsgelder bezahlen müssen, ist, dass sie sich an die Regeln des Geldgebers halten müssen. Dazu gehört auch, dass sie dann in Kauf nehmen müssen, wenn es in Brüssel mal wieder länger dauert.

Das laute Lamentieren hat somit durchaus etwas Scheinheiliges, denn schließlich hat sie niemand gezwungen, sich bei IPCEI zu bewerben. Sie hätten alle bereits viel früher anfangen können, aber eben auf eigenes Risiko. Jetzt aber sitzen einige von ihnen da und monieren, dass sich ihr ursprünglich geplantes IPCEI-Vorhaben in der beantragten Form gar nicht mehr rechne, dabei waren sie es selbst, die sich für diesen Weg entschieden haben.

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Immer wieder wird in diesem Zusammenhang davor gewarnt, in Deutschland angesiedelte Firmen könnten ins Ausland abwandern, dorthin, wo angeblich die Rahmenbedingungen besser sind. Vielleicht mag es einzelne Unternehmen geben, die diese Entscheidung tatsächlich treffen. Was dann genau deren Beweggründe sind, werden wir wahrscheinlich nie erfahren, doch es dürfte klar sein, dass solch ein Entschluss nicht allein von der Bearbeitungszeit in Brüssel abhängt, sondern multifaktoriell ist.

Und ja, das ein oder andere Projekt wird wahrscheinlich nie realisiert werden – aus welchen Gründen auch immer. Westküste100 ist solch ein Vorhaben. Als Reallabor habe es zwar wertvolle Arbeit geleistet, aber die „H2 Westküste GmbH wird keine positive Investitionsentscheidung für den geplanten Elektrolyseur treffen“, ist auf ihrer Homepage zu lesen. „Grund dafür sind insbesondere die gestiegenen Investitionskosten.“

Das mag den einen oder die andere schmerzen, denn eventuell droht solch ein Szenario auch noch weiteren Projekten. Aber ist es nicht besser, ein erkennbar unwirtschaftliches Vorhaben rechtzeitig zu stoppen als händeringend daran festzuhalten und es wider besseres Wissen durchzuziehen? Ist es nicht besser, die durch mittlerweile zwei Kriege und eine zwischenzeitliche Energienotlage veränderten Rahmenbedingungen anzuerkennen und neu zu kalkulieren?

Nur weil Westküste100 nicht weitergeführt wird, heißt es ja nicht, dass die Energiewende abgesagt wurde, dass wir jetzt doch nicht auf erneuerbare Energien und Wasserstoff umschwenken. Nur weil vereinzelt Firmen zukünftig woanders produzieren, bedeutet das ja nicht, dass hierzulande keine Wertschöpfung mehr stattfinden wird.

Die Bekenntnisse seitens der Politik sind da: Sowohl Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als auch zahlreiche Ministerpräsidenten der Länder hoben kürzlich nochmals die enorme Bedeutung insbesondere der H2-Projekte hervor. Zudem hat sich inzwischen in der Bundesrepublik eine Start-up-Szene breit gemacht, die mit neuen, innovativen Ideen auf den Markt drängt (s. S. 10). Hier sind Investoren gefragt, die deren Potentiale erkennen und jetzt auf eigenes Risiko – ohne Fördergelder – in Vorleistung gehen.

Ich möchte nicht schon wieder auf den US-amerikanischen E-Auto-Hersteller verweisen, aber es gibt sie – auch in Europa –, die Akteure, die mit etwas Fingerspitzengefühl oder viel Geld zum richtigen Zeitpunkt neue Technologien marktfähig machen können.

Die Energiewende ist eine Riesenherausforderung – für alle. Wer, wenn nicht Deutschland, könnte hier besser exemplarisch Wege aufzeigen und entsprechende Produkte anbieten. Statt aber die enormen Potentiale zu sehen, die in dieser weltweiten Umwälzung liegen, verharren viele hierzulande in der „German Angst“. Schlimm genug, dass dieser Begriff (laut Wikipedia „typisch deutsche Zögerlichkeit“) mittlerweile weltweit geläufig ist.

Die Devise sollte deswegen lauten: Potentiale erkennen und heben, um gemeinsam eine nachhaltige Zukunft zu gestalten.

Herzlichst
Sven Geitmann
HZwei-Herausgeber

 

H2-Variante des E-Mopeds „Pocket Rocket“

H2-Variante des E-Mopeds „Pocket Rocket“

Mit BZ-Range-Extender die Reichweite verdoppeln

 

Ein elektrisches Leichtkraftrad mit 150 km Reichweite und Betankung in unter einer Minute? Dass dies mit Brennstoffzelle und Wasserstofftank als Range Extender machbar ist, zeigt die gemeinsame Studie „Pocket Rocket H2“ der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und der SOL Motors GmbH aus Böblingen.

Elektrofahrräder, Elektroroller und E-Scooter sind bereits Teil des Stadtbildes geworden. Bei kleinen Motorrädern, sogenannten Leichtkrafträdern, ist der Aufbau im Elektrosektor gerade im Gange. Mit einem auffälligen Design kommt im Herbst dieses Jahres die Pocket Rocket des Start-ups SOL Motors auf den Markt.

Die batterieelektrische Version gibt es in zwei Varianten mit Höchstgeschwindigkeiten von 45 km/h oder 80 km/h. In beiden Fällen liegt die Reichweite bei 50 bis 80 km und es dauert etwa drei Stunden, bis die Batterie an einer Haushaltssteckdose aufgeladen ist. Nutzt man die Pocket Rocket für die tägliche Fahrt zur Arbeit, reicht das in der Regel völlig aus.

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Allerdings gibt es auch Fälle, in denen man sich eine möglichst kurze Ladezeit und eine hohe Reichweite wünscht. Beispielsweise kann man sich einen Einsatz von Leichtkrafträdern im Katastrophenschutz vorstellen; neben einer hohen Reichweite wird hierfür eine durchgehende Verfügbarkeit gefordert. Bedingungen, die ein Brennstoffzellenfahrzeug erfüllt.

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E-Fahrzeuge: Batterie oder Brennstoffzelle?

Die große Mehrzahl der Elektrofahrzeuge weltweit, vom e-Scooter bis zum leichten Nutzfahrzeug, ist heutzutage batterieelektrisch angetrieben. Die Brennstoffzelle kommt dann ins Spiel, wenn sowohl große Leistungen als auch große Energiemengen gefragt sind. Typische Beispiele sind schwere Nutzfahrzeuge, Züge, Schiffe oder Flugzeuge. Durch die Aufteilung in Wasserstofftank und Brennstoffzelle sind bei einem BZ-Antrieb Energie(menge) und Leistung entkoppelt. Auch für kleinere Fahrzeuge ergeben sich bei einem Brennstoffzellenantrieb mehrere Freiheitsgrade für die Systemauslegung.

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Bei einem Brennstoffzellenantrieb kann man nicht ganz auf die Batterie verzichten, da sie zum Starten des Systems und zur Rekuperation benötigt wird. Im Zusammenspiel mit der Brennstoffzelle gibt es verschiedene Varianten für die Auslegung der Batterie: Wenn die gesamte Antriebsleistung von der Batterie bereitgestellt wird, dient die Brennstoffzelle lediglich als Range Extender. Quasi das Gegenteil davon wäre ein reiner Brennstoffzellenantrieb mit kleiner Starterbatterie, welche die Bremsenergie zwischenspeichern kann. Wenn beide Leistungsquellen zusammenarbeiten, spricht man von einem Hybridbetrieb.

Vor diesem Hintergrund stand im Projekt Pocket Rocket H2 zunächst die Auslegungsfrage im Fokus, da vergleichbare Fahrzeuge (noch) nicht auf dem Markt sind. Ausgangspunkt für die Berechnungen war der WLTP-Zyklus, der zusammen mit den Fahrzeugdaten der Pocket Rocket (Variante mit maximal 45 km/h) Leistung und Energie aus Abb. 2 liefert. Daraus resultierte die Entscheidung für eine Brennstoffzelle als Range Extender.

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Bild: Ermittelter Leistungs- und Energiebedarf der Pocket Rocket (Variante mit 45 km/h max.) aus dem WLTP-Zyklus

Als Range Extender wird die Brennstoffzelle lediglich dazu verwendet, die Batterie zu laden. Damit wird praktisch nicht in die Regelung des batterieelektrischen Fahrzeugs eingegriffen. Als Range Extender muss die Brennstoffzelle lediglich eine Leistung von bis zu 1.000 W liefern; Spitzenlasten werden durch die Batterie abgedeckt. Gleichzeitig wird die Reichweite nur durch die Größe des Wasserstofftanks begrenzt. Für Brennstoffzellen in der Leistungsklasse bis 1.000 W genügt eine einfache Luftkühlung, ab rund 2,5 kW wäre eine aufwändige Wasserkühlung nötig. Als Range Extender kann die Brennstoffzelle mit konstanter Leistung betrieben werden und gleichzeitig die Batterie vor Tiefentladung schützen. Beides erhöht die Lebensdauer dieser Komponenten.

Einziger Nachteil der gewählten Konfiguration: Die Batterie muss so groß ausgelegt sein, dass auch mehrere Kilometer mit Leistungen über 1.000 W, z. B. bei Bergfahrten, möglich sind.

Demonstrator im Labor

Im Projekt wurde das System aus Batterie und BZ-Range-Extender als Labormuster aufgebaut. Dazu wurde ein PEM-Brennstoffzellensystem der Hydrogen Air Technologies Ltd. eingesetzt (Abb. 3).


Bild: Kompaktes BZ-System mit 1.000 W Dauerleistung. Rechts im Bild sind die Ventilatoren für die Luftkühlung zu sehen. Der Schlauch zwischen den Ventilatoren dient zum Purgen mit Stickstoff.

Das System mit seinen 65 Zellen wird mit einfachen, drehzahlgeregelten Ventilatoren luftgekühlt und liefert die beschriebene maximale elektrische Leistung von 1.000 W. Die Spannung variiert, abhängig von der Leistung, zwischen 65 V (Leerlauf) und 35 V (maximale Leistung). Es handelt sich um ein sogenanntes Dead-End-System, d. h., es wird nur so viel Wasserstoff zugeführt, wie auch verbraucht wird.

Im Dead-End-System sammelt sich auf der Wasserstoffseite (Anode) durch Diffusion relativ schnell Stickstoff an, der über ein Spülventil abgelassen werden muss (purgen). Purgen verringert den Wirkungsgrad des Systems, da auch unverbrauchter Wasserstoff ausgetragen wird. Das untersuchte Brennstoffzellensystem hat bei 1.000 W einen Wirkungsgrad von etwa 35 Prozent. Umgerechnet auf den Wasserstoffverbrauch entspricht dies 85 g Wasserstoff pro Stunde.

Elektrische Verschaltung

Der Einsatz des Brennstoffzellensystems als Range Extender erlaubt eine sehr einfache elektrische Verschaltung. Wie in Abbildung 4 dargestellt, muss lediglich ein DC-DC-Wandler die Ausgangsspannung der Brennstoffzelle auf die Ladeschlussspannung der Batterie anpassen. Die Batterie kann dann kontinuierlich mit konstanter Spannung geladen werden. Die Regelung der Brennstoffzelle passt deren Ausgangsleistung an den aktuellen Ladestrom an. Das Steuergerät des Antriebs bleibt von dem Ladevorgang durch die Brennstoffzelle unberührt.


Bild: Verschaltung der elektrischen Komponenten der Brennstoffzelle (BZ) als Range Extender

Durch das Brennstoffzellensystem kann die Batterie bei gleicher Motorleistung von 2,5 kWh auf 0,35 kWh verkleinert werden. Die Reichweite wird dann prinzipiell nur durch das Tankvolumen, sprich die Menge an Wasserstoff im Tank, begrenzt. Der Leistungsbedarf mittels WLTP-Zyklus ergibt zusammen mit dem Systemwirkungsgrad einen Wasserstoffverbrauch von ca. 200 g auf 100 km. Mit 1 kg Wasserstoff könnte die Pocket Rocket in der Brennstoffzellenversion also 500 km weit fahren!

Sorgenkind Wasserstoffdrucktank

Leider ist die Speicherung von Wasserstoff für mobile Anwendungen noch unbefriedigend. Wasserstoff ist rund 14-mal leichter als Luft. Um also signifikante H2-Mengen zu speichern, muss dieser komprimiert werden. Aber selbst bei einem Druck von 700 bar nimmt 1 kg Wasserstoff ein Volumen von fast 40 Liter ein. Zusätzlich bringt ein 700-bar-Drucktank, der 1 kg Wasserstoff speichert, ein Gewicht von rund 24 kg auf die Waage. Umso erstaunlicher, dass die Pocket Rocket H2 gegenüber dem batterieelektrischen Fahrzeug nur etwa 2 kg schwerer wird – und das bei doppelter Reichweite.

Durch die Verkleinerung der Batterie von 2,5 kWh auf 0,35 kWh verringert sich deren Gewicht von rund 14 kg auf nur noch etwa 2 kg. In Summe ergeben sich etwa 16 kg, die sich auf Brennstoffzelle (4 kg), Tank (9 kg), Batterie (2 kg) und weitere Komponenten (1 kg) wie DC-DC-Steller und Verbindungskomponenten verteilen. Der H2-Drucktank ist dabei nicht nur die größte, sondern auch die schwerste Komponente. Das liegt vor allem an den hohen Sicherheitsanforderungen für den Einsatz im Straßenverkehr.

Hochdrucktanks für Wasserstoff bestehen heutzutage aus einem Kunststoffliner, der mit in Epoxydharz getränkten Kohlefasern umwickelt ist. Um die gewünschten Anforderungen, wie zum Beispiel einen 2,35-fachen Berstdruck, zu erreichen, ist die Kohlefaserschicht mehrere Zentimeter dick. Fertigungsbedingt können so nur runde oder zylindrische Tanks hergestellt werden. Für die Unterbringung am Rahmen der Pocket Rocket würde man sich allerdings flexiblere Tankgeometrien wünschen, die aktuell allerdings jeden Kostenrahmen sprengen würden.

Zum Abschluss des Projektes wurde in einem CAD-Modell die Unterbringung der Komponenten des Range Extenders am Rahmen der Pocket Rocket untersucht (Bild 5).


Bild
: Studie zur Anordnung der einzelnen Komponenten des BZ-Range-Extenders am Rahmen der Pocket Rocket H2. Den größten Bauraum nehmen die Drucktanks für Wasserstoff ein.

Die Batterie, die sich in der batterieelektrischen Variante im oberen Querrohr befindet, ist nun deutlich kleiner und könnte in eines der V-Rohre wandern. Wasserstoff würde in dieser Variante in zwei Tanks, sowohl im Querrohr als auch in einem separaten Tank, gespeichert. Allerdings ließen sich im oberen Tank bereits fast die gesamten 350 g Wasserstoff speichern, die für eine Verdopplung der Reichweite benötigt werden. Der zweite Tank würde nur zum Einsatz kommen, wenn Wasserstoff bei „nur“ 350 bar gespeichert werden soll. Übrigens dauert die Betankung mit 6 kg Wasserstoff bei Pkws vier Minuten. Die Pocket Rocket H2 wäre also in etwa 14 Sekunden wieder vollgetankt.

Fazit und Ausblick

Im Projekt Pocket Rocket H2 wurde gezeigt, wie sich durch Brennstoffzelle und Wasserstofftank die Reichweite eines Leichtkraftrads verdoppeln lässt. Statt langer Ladezeiten lässt sich das „Wasserstoffmotorrad“ in kürzester Zeit betanken. Überraschend ist, dass trotz relativ schwerem H2-Tank das Gesamtgewicht der Pocket Rocket in der BZ-Variante reduziert werden kann, da die Batterie deutlich kleiner ausgelegt wird. Schließlich stellt die elektrische Verschaltung als Range Extender einen minimalen Eingriff in das Regelungssystem dar und eignet sich besonders für die „Nachrüstung“ von batterieelektrischen Fahrzeugen. An der DHBW Horb wurden die Projektergebnisse bereits auf die Auslegung von Transportdrohnen mit Brennstoffzellenantrieb übertragen.

In einem Nachfolgeprojekt werden Laboraufbau und Pocket Rocket zu einem echten Wasserstoffleichtkraftrad zusammengeführt. Das Projekt „Pocket Rocket H2“ wurde im Rahmen der Innovation Challenge 2021 vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg gefördert.

ICM Innovation Challenge

Der Innovationscampus Mobilität der Zukunft, eine gemeinsame Initiative des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universität Stuttgart, stärkt mit seiner ersten Innovation Challenge Mobilität und Produktion den direkten Austausch mit der Industrie. Das schnelle und unkomplizierte Förderformat für explorative Innovationsvorhaben hat im November 2021 Wirtschaft und Wissenschaft zusammengebracht, um sieben Forschungsfragen in den Feldern Mobilität und Produktion gemeinsam zu lösen. Die Challenges kamen von innovationsorientierten Unternehmen, die Lösungsansätze von den teilnehmenden Hochschulen und die Förderung im schnellen und kompakten Förderformat vom InnovationsCampus. Das neuartige Förderformat ist speziell auf kleine Unternehmen zugeschnitten: In der Ausschreibungsrunde 2021 wurden Konsortien von Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit mehr als 900.000 Euro gefördert.

Autor:
Prof. Dr. Volker P. Schulz, Volker.Schulz@dhbw-mannheim.de
Kai Tornow, DHBW Mannheim
Prof. Wolf Burger, DHBW Stuttgart
Manuel Messmer, SOL Motors GmbH

Nikola Motors Auf dem richtigen Weg

Nikola Motors Auf dem richtigen Weg

Auf dem richtigen Weg – als Startup im H2-Markt der Zukunft

Gab es bislang vor allem fallende Notierungen bei der Aktie von Nikola Motors, scheint nun die Kursänderung einzusetzen. Die fallende Kurse gehen unter anderem auf das Konto der Shortseller, die massiv gegen das Unternehmen an der Börse spekulieren; kurzfristig gab es mehr als 200 Millionen leer verkaufter Aktien. Grund für Optimismus liefert die Kommentierung der Bilanzpressekonferenz über das 3. Quartal, die Nikola – in meinen Worten – auf dem richtigen Weg sieht. Das Unternehmen hat circa 250 Millionen US-$ an Liquidität im 3. Quartal eingesammelt und verfügt nun über 705 Millionen US-$ an Kapitalzugang. Der Schaden über zurückgerufene batterieelektrische Lastwagen wird mit 61,8 Millionen US-$ (warranty reserve) beziffert. Damit werde man nach Angaben des Unternehmens nicht nur das Problem beheben, sondern auch Batterien eines noch unbenannten Zulieferers einsetzen, die gegenüber dem Vorgängermodell Vorteile haben. Zudem werden die Lkw mit weiteren Features ausgestattet, die dem Fahrer mehr Möglichkeiten im Einsatz geben, zum Beispiel den Lkw bereits ferngesteuert via Handy-App auf die Fahrt vorzubereiten (Heizung im Winter, Klimaanlage im Sommer u.a.), bis der Fahrer angekommen ist. Die batterieelektrischen Lkw werden nach der Umrüstung im 1. Quartal wieder den Weg zum Kunden finden.

„Orders up, Cashburn down and Cash up“

Es liegen 277 Absichtserklärungen für den Kauf von wasserstoffbetriebenen Lkw vor. Im laufenden 4. Quartal sollen davon 30 bis 50 ausgeliefert werden und zwischen elf und 19 Millionen US-$ an Umsatz generieren. Bei den batterieelektrischen Lkw konnte zwischenzeitlich – trotz vormaliger Rückrufaktion – ein Einzelauftrag über 47 e-Lkw gewonnen werden. In den kommenden zwei Jahren setzt Nikola darauf, im Durchschnitt 250 – 300 Lkw beider Gattungen pro Quartal auszuliefern. Der Cashburn (Kapitalabfluss) wird bei 100 Millionen US-$ im Quartal gesehen, wobei im laufenden Quartal noch die finanziellen Einflüsse aus der Rückrufaktion der batterieelektrischen Lkw einzubeziehen sind (61,8 Millionen US-$, davon aber nur circa 38 Millionen US-$ Netto-Kapitalabfluss). Und je besser die Skalierung in der Produktion der Lkw erfolgt, umso kostengünstiger können diese produziert werden, was eine gute Gewinnmarge erwarten lässt. Man bedenke: Geld wird in der Zukunft vor allem mit Strom und Wasserstoff verdient und nicht per se mit der Hardware, dem e-Lkw. Nikola steht ja erst am Anfang seiner (Erfolgs-)Story.
Hotspot Kalifornien

Nikola konzentriert sich aus guten Gründen auf den US-Bundesstaat Kalifornien, da es hier nicht nur die besten Förderungen gibt (bis zu 408.000 US-$ pro Lkw), sondern Logistiker unter hohem Zeitdruck stehen, ihre dieselgetriebenen Lkw durch CO2-freie Antriebe (Batterie oder Brennstoffzelle/Wasserstoff) zu ersetzen. Bereits ab 2024 dürfen nur neu zuzulassende Lkw in kalifornischen Häfen zum Einsatz kommen, wenn sie batterieelektrisch oder mit Hilfe von Wasserstoff-Brennstoffzellen angetrieben werden. Wir sprechen von über 30.000 Lkw allein in diesem Segment – eine perfekte Steilvorlage für Nikola Motors. Sich in der Anfangsphase auf Kalifornien zu fokussieren, ist somit genau der richtige Schritt. Allein hier fahren über drei Millionen Lkw auf der Straße, und bis 2030/35 sollen es nur noch e-Lkw sein. In diesem Lkw-Segment ist die Konkurrenz für Nikola auf Jahre hinaus überschaubar. Der Blick auf die bereits genehmigten Gutscheine (Voucher) für e-Lkw stimmt positiv: 96 Prozent der Gutscheine des HVIP-Programms (HydrogenVoucherIncentiveProgramme) gehen auf das Konto von Nikola für wasserstoffbetriebene Lkw und 50 Prozent für batterieelektrische. Eindrucksvoll!

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Rechtsstreit gegen Firmengründer Milton gewonnen: 165 Millionen US-$ winken
Der langwierige Rechtsstreit gegen Firmengründer Trevor Milton wurde gewonnen. Dieser muss nun 165 Millionen US-$ (am 20.Oktober fiel das Urteil) an Nikola zahlen, wobei darin auch Rechtskosten enthalten sind, die Nikola vorstrecken musste und nun zurückerhält. Hier sei der Hinweis angebracht, dass es noch keine Aussage darüber gibt, wann das Geld fließt (könnte Nikola Aktien von Milton eventuell einziehen?) und Nikola selbst noch einen Teil dessen an die Börsenaufsicht SEC weiterzahlen muss, da man ja einen Vergleich über die Zahlung von 125 Millionen US-$ erzielt hat und diesen selbst erfüllen muss. Fließen diese 165 Millionen US-$ indes zeitnah, kommt dies der Liquiditätssituation von Nikola natürlich sehr entgegen, da die SEC-Zahlungen über die kommenden Jahre verteilt sind.

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Ziele klingen ambitioniert – sind aber realistisch

Aktuell kann Nikola pro Jahr 2.400 Lkw beider Varianten produzieren. Um profitabel zu sein, bedarf es einer Absatzmenge von 1000 Lkw im Jahr 2024 und 1500 Lkw in 2025. Diese Ziele gelten aus Unternehmenssicht als realistisch, wenn Nikola 250 bis 300 Lkw im Quartal ausliefert. Meines Erachtens wird es da auch manchen Großauftrag geben und Absichtserklärungen wie der Letter of Intent mit Anheuser Busch (800 Lkw) in den Auftragsbestand fließen.
Fazit: Nikola ist auf einem guten Weg, sich als First Mover bei CO2-freien Lkw in den USA zu positionieren – erst in Kalifornien, später über die gesamten USA verteilt und parallel dazu auch in Kanada, wo ebenfalls große Förderbeiträge von bis zu 380.000 Can-$ pro Lkw winken. Umfassende Förderprogramme wirken wie ein Turbo, weil Lkw-Käufer dem Druck der Regulatorik entsprechen können und finanziell große Anreize erhalten. Der Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur erfolgt in Eigenregie und wird durch Unternehmenspartner wie Volterra (EQT) finanziell begleitet. Zudem erhält es einen Schub durch ein sieben-Milliarden-US-$-Programm der Regierung Biden, mit dessen Hilfe sieben Hydrogen-Hubs in den USA errichtet werden sollen. Die Börse wird nicht umhin kommen, Nikola als Startup in diesem neuen Markt mit Vorschusslorbeeren zu bewerten, denn die Perspektiven könnten besser nicht sein: Zur richtigen Zeit im richtigen Markt. Das Management-Team von Nikola gilt als ausgezeichnet, wobei CEO Girsky darauf hinwies, dass bei ihnen Top-Manager arbeiten, die es sich eigentlich nicht nötig hätten, für ein Startup tätig zu sein. Sie empfänden aber große Freude dabei, ihr Wissen einzubringen und die Visionen des Unternehmens zu realisieren.
Meine Vision: Was wäre, wenn Nikola Motors in zwei bis drei Jahren über 10.000 e-Lkw jährlich produziert und diese vor allem mit eigens erzeugtem Wasserstoff und Strom betrieben werden? Wo steht Ihrer Meinung nach dann der Aktienkurs, auch wenn zwischenzeitlich weitere 100, 200, 500 Millionen neuer Aktien zur Eigenkapital-Finanzierung ausgegeben werden? Der aktuelle Aktienkurs spiegelt viel Skepsis und wenig Zukunftsfantasie. Aber das wird sich ändern.

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Am Rande: In einem Forum von Nikola bei Facebook wurde eine mobile Wasserstoff-Tankstelle der Nikola-Tochter HYLA auf einem Betriebshof von Pilot Flying J gesehen. Anlegerlegende Warren Buffet hat hier elf Milliarden US-$ für 80 Prozent investiert. Das Unternehmen betreibt über 800 Betriebshöfe verteilt über die USA mit einem Umsatz von 40 Milliarden US-$ und ist auch im Energiehandel tätig. Mit General Motors hat man eine Kooperation über mehrere tausend e-Ladestationen. Wasserstofftankstellen würden sich da auch gut machen, oder? Von Nikola?!

Ein Landkreis wird zum H2-Pionier

Ein Landkreis wird zum H2-Pionier

Ein früherer Sportfernsehsender hat einmal mit dem Slogan „Mittendrin statt nur dabei“ für sich Werbung gemacht. Wären diese Worte deswegen nicht urheberrechtlich blockiert, könnte der Kreis Düren überlegen, sie für sich zu reklamieren. Denn noch mehr mittendrin im Rheinischen Revier zu liegen, ist nicht möglich. Die drei Braunkohletagebaue Inden, Hambach und Garzweiler befinden sich wenigstens zu großen Teilen innerhalb des Kreisgebietes. Was die Geschwindigkeit angeht, mit der Ideen für eine saubere Energietechnologie umgesetzt werden, ist der Kreis Düren nicht nur mittendrin, sondern ganz vorne mit dabei. Wasserstoff spielt dabei von Anfang an eine Schlüsselrolle.

Das größte kreiseigene Projekt ist der Umstieg der kompletten Bahn- und Bus-Flotte auf grünen Wasserstoff. Der nachhaltige Kraftstoff soll ab Anfang 2025 mit einer 9-MW-PEM-Elektrolyse direkt vor Ort hergestellt werden. Darüber hinaus werden derzeit immer mehr Wasserstoffprojekte überdurchschnittlich schnell sichtbar, die dem Kreis dabei helfen, sein Ziel, bis 2035 klimaneutral zu sein, zu erreichen (s. S. 26). Sie taugen außerdem auch als gutes Vorbild für andere. Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff im industriellen Maßstab, wie sie bei Jülich entstehen, gibt es noch nicht viele. Laut der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien IRENA waren weltweit 2021 nur vier Prozent des hergestellten Wasserstoffs grün.

„Wir brauchen Pioniere, die vorangehen“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing, als er im Mai 2023 Förderbescheide über 81,6 Mio. Euro überreichte. Das Geld fließt unter anderem in den Aufbau der Elektrolyse, in die Anschaffung von 17 H2-Triebwagen, die bis 2026 die bisherigen Dieseltriebwagen ersetzen sollen, und in die Installation einer H2-Zugtankstelle auf Kreisgebiet. In einem anderen Projekt rüstet der Kreis die Flotte der Rurtalbus GmbH um. Aktuell fahren fünf H2-getriebene Busse durch den Kreis. Bis Ende des kommenden Jahres sollen 20 weitere über die Straßen des Kreises rollen.

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Die Pionierleistung im Kreis Düren sieht Minister Wissing vor allem darin, dass nicht nur mit Wasserstoff angetriebene Züge auf die Schiene gesetzt werden, sondern die klimaneutrale Produktion des grünen Wasserstoffs gleich mit realisiert wird. „Wasserstoffprojekte sind wunderbar. Aber wo soll der grüne Wasserstoff herkommen? Klug ist es, wenn man diese Frage direkt beantwortet und sagt: Am besten ist, wenn wir ihn selbst herstellen.“

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Vor den Fördergeldern angefangen

Dass ein solches Vorzeigeprojekt schon jetzt im Kreis Düren sichtbar wird, liegt daran, dass Landrat Wolfgang Spelthahn (s. Abb. 3) sehr früh angefangen hat, die Zukunft mit der Nutzung von Wasserstoff zu planen. Die 2020 im Strukturstärkungsgesetz festgelegten 14,8 Mrd. Euro Fördergelder für den Strukturwandel im Rheinischen Revier, der den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung bedeutet, standen noch gar nicht in Aussicht, als er das Ziel formulierte, den Kreis Düren zu einer H2-Modellregion zu machen. „Wir haben schon früh die Vorteile von grünem Wasserstoff erkannt und mit Weitblick in die Zukunft investiert. So konnten wir uns einen erheblichen Vorsprung aufbauen“, sagt Landrat Spelthahn.

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2020 hat der Bund den Ausstieg aus der Braunkohle bis 2038 beschlossen und die Förder-Milliarden zugesagt. Ein Jahr später war der damalige NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart im Kreis Düren zu Besuch. Damals bezeichnete er das Rheinische Revier als „größtes Klimaschutzprojekt der Welt“. Die Aussage steht bis heute faktisch auf solidem Fundament: Das Rheinische Revier ist das größte Abbaugebiet für Braunkohle in Europa und damit zwangsweise ein großer Emittent für klimawirksame Gase wie CO2.

Was Pinkwart (FDP) nicht wissen konnte: Die schwarz-grüne Nachfolgeregierung sollte die Schlagzahl im Strukturwandel ein Jahr später noch einmal deutlich verschärfen. Nicht 2038 wird die letzte Braunkohle in Deutschlands Westen gefördert, sondern schon 2030.

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Danach ist viel Kritik lautgeworden, beispielsweise aus der Industrie. Die bemängelt, dass der Ausstieg zu schnell sei, weil der Aufbau der neuen Technologien zu langsam funktioniere. So weigerte sich die Industrie- und Handelskammer Köln im Frühsommer, den sogenannten Reviervertrag 2.0 zu unterzeichnen. Beweggrund war eine einfache Rechnung: Um die mit dem Braunkohleausstieg wegfallende Energie auszugleichen, müssten im Revier 1.500 Windräder zusätzlich aufgebaut werden. Aktuell dauere es laut IHK Köln viel zu lange vom ersten Plan für ein Windrad bis zur Inbetriebnahme, nämlich sieben Jahre. Die Schlussfolgerung: Nicht nur die energieintensive Industrie im und um das Revier herum fürchtet um die Versorgungssicherheit.

Schon jetzt sichtbar

Aus diesem Szenario sticht der Kreis Düren mit seinen H2-Aktivitäten heraus. Denn ein Großteil der Projekte, die im Revier trotz alldem schon jetzt sichtbar werden, sind dort beheimatet. Der Solarpark mit einer Leistung von bis zu 9,2 MW, der einen Großteil der grünen Energie für die Elektrolyse liefern soll, ist schon installiert. Die 18.200 Solarmodule erreichen eine Leistung, mit der knapp 3.000 Haushalte versorgt werden können. Die CO2-Ersparnis pro Jahr liegt bei 4.604 Tonnen.

Die gewonnene Energie reicht allerdings nicht, um dauerhaft die angestrebte Zahl von 162 Kilogramm Wasserstoff pro Stunde bei angepeilten 4.000 bis 5.000 Volllaststunden pro Jahr herzustellen. Deswegen plant der Kreis, weitere regenerative Quellen zu nutzen. Errichtet und betrieben wird der Elektrolyseur von der HyDN GmbH, einer Gesellschaft, an der die Beteiligungsgesellschaft Kreis Düren mbH und die Messer Industriegase GmbH aus Bad Soden beteiligt sind.

Zeigen, was Wasserstoff kann

Ein wichtiges Anliegen des Kreises ist es, den Menschen zu zeigen, was Wasserstoff kann. Seit Ende 2022 ist ein sogenannter Kommandowagen bei der Rettungsdienst Kreis Düren AöR (Anstalt öffentlichen Rechts) mit Wasserstoffantrieb im Fuhrpark. Mit ihm, einem Hyundai Nexo, fahren die Führungskräfte zu ihren Einsätzen. Außerdem ist das Notwendigste an Bord, um Unfallopfer zu versorgen.

Noch in diesem Jahr soll auch ein erster Rettungswagen mit Wasserstoffantrieb in Dienst gestellt werden. Das Fahrzeug wird eine Spezialanfertigung, für die mehrere Unternehmen zusammenarbeiten. „Wenn wir einen mit Wasserstoff betriebenen Rettungswagen auf die Straßen im Kreisgebiet bringen, dann sehen die Menschen, dass diese Antriebsform in der alltäglichen Praxis funktioniert. Das sendet genau das richtige Signal an die Öffentlichkeit“, schilderte Landrat Wolfgang Spelthahn bei der Unterzeichnung der Absichtserklärung (Letter of Intent) für die Fertigung des H2-Rettungswagens.

Die Vorteile von Wasserstoff liegen laut Spelthahn auf der Hand: Anstelle der längeren Ladezyklen für Elektrofahrzeuge wird Wasserstoff getankt. Rund acht Minuten dauert der gesamte Vorgang bei diesem Fahrzeug. Die Reichweite ist höher als bei einem batteriegetriebenen Rettungswagen. Kurzum: Der Rettungswagen steht länger und flexibler zur Verfügung. Erst recht mit dem Aufbau der Wasserstofftankstellen im Kreisgebiet. Die erste in direkter Nähe zur Autobahn A4 wurde im September 2022 eröffnet und befindet sich seit dem Sommer im Gewerbegebiet „Im Großen Tal“ in Düren im Regelbetrieb.

Dass der Kreis auf Wasserstoff setzt, wird auch im sogenannten Welcome-Center in Düren sichtbar. Teil des Welcome-Centers ist ein H2-Infozentrum. Dieses bietet ab Oktober 2023 eine frei zugängliche Ausstellung, in der auf interaktive Art und Weise das Thema Wasserstoff von den Grundlagen über die Wertschöpfungsketten bis hin zur Anwendung aufgezeigt wird.

Eine H2-Messe fördert das Netzwerk

Eine weitere Botschaft transportiert der Kreis Düren einmal im Jahr auf seiner Wasserstoffmesse, die im August 2023 zum dritten Mal stattfindet: Ein Akteur allein kann zwar viel erreichen, aber die Energiewende mit Wasserstoff als wesentlicher Schlüsseltechnologie gelingt nur, wenn viele gemeinsam daran arbeiten. Die H2-Messe in der Jülicher Kulturmuschel bringt Expertinnen und Experten zusammen und bietet auch Bürgerinnen und Bürgern umfassende Informationsmöglichkeiten. Neue Ideen, Netzwerke und Kooperationen entstehen. Am Vorabend der eigentlichen Messe verleiht der Kreis den „Hygo“. Der Wasserstoff-Preis in den Kategorien Young Researchers, Start Up Innovation und Hydrogen Champion zeichnet Persönlichkeiten aus, die die Energiewende vorantreiben und dabei Wasserstoff als Energieträger der Zukunft im Fokus haben.

Von Anfang an Bestandteil dieser Ausstellung ist das Forschungszentrum Jülich. Die Grundlagenforschung, die hier zum Beispiel zur Elektrolyse oder zur Brennstoffzelle betrieben wird, findet seit vielen Jahren weltweit Beachtung. Das Forschungszentrum gehört zu den großen Triebfedern im Strukturwandel im Rheinischen Revier. Das wird ganz besonders an seinem jüngsten Institut deutlich.

Seit knapp zwei Jahren befindet sich das Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) im Aufbau, das im sogenannten Brainergy Park bei Jülich wächst, einem Gewerbepark, dessen Versorgungsinfrastruktur nach dem neuesten Stand der Technik angelegt wird. Der Kreis Düren, der am Rand des Gebiets mit Partnern seine PEM-Elektrolyse aufbaut, gehört zu den Gesellschaftern des Parks. Das INW betreibt Grundlagenforschung zu den Themen Speicherung und Transport von Wasserstoff. Es bildet aber auch den Kern eines Clusters, in dem Forschungsergebnisse direkt in die Anwendung gebracht werden sollen.

Das Helmholtz-Cluster Wasserstoff (HC-H2) ist das größte Förderprojekt beim Strukturwandel im Rheinischen Revier mit einem Volumen von etwas mehr als einer Milliarde Euro. Und es ist das größte H2-Infrastrukturprojekt in Deutschland. Es soll eine Sogwirkung entwickeln und mit dem eigenen Wachstum auf über 500 Mitarbeitende dafür sorgen, dass sich in der Umgebung weitere Firmen ansiedeln, die mit Wasserstoff in die klimaneutrale Zukunft gehen wollen.

„Es hilft sehr, dass wir im Kreis Düren in einer Region angesiedelt sind, die so schnell ist, wenn es darum geht, Wasserstoff in die Anwendung zu bringen“, sagt INW-Direktor Andreas Peschel. „Es bringt das Thema Wasserstoff stark voran, wenn die Menschen beispielsweise sehen, wie Züge mit Wasserstoff rollen und Rettungswagen fahren.“

AutorInnen: Guido Jansen, Forschungszentrum Jülich GmbH, Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) / Anne Schüssler, Kreis Düren

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