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Wie entwickelt sich die türkische Energiewirtschaft?
Manchmal reicht der Gang aufs Dach, um sich einen Überblick über die wesentlichen Anlagen für Energiewende und Klimaschutz zu verschaffen: Auf dem Technologiezentrum der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) stehen 26 Männer und Frauen, überwiegend Fachleute für erneuerbare Energien aus dem türkischen Izmir, zwischen Solarmodulen, roten Stahlflaschen mit Wasserstoff und einer Pilotanlage zur CO2-Aufnahme aus der Luft. Alles stößt auf lebhaftes Interesse und wird fotografiert, auch der Blick zum nahegelegenen Forschungswindpark. Die Delegation der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK) erfährt hier in Hamburg-Bergedorf, wie die Freiluft-Komponenten mit den Anlagen im Gebäude zusammenwirken – etwa mit dem Elektrolyseur und der Methanisierungsanlage – wie in einer Art Miniatur-Wunderland der Energiewende.
Nicht, dass es solche Anlagen nicht auch in der Türkei gäbe; zumal das Land seit Anfang diesen Jahres eine eigene Wasserstoffstrategie hat. Auch dort ist das Ziel, die heimische Industrie mit Hilfe des flüchtigen Elements zu defossilisieren. Aber die Systemintegration und Prozessoptimierung in Hamburg beeindrucken die Ingenieure aus Izmir sichtlich und so fragen sie beim Austausch mit HAW-Wissenschaftlern detailliert nach.
Die Informationsreise der Gäste aus der drittgrößten Stadt der Türkei zu den wichtigsten Erneuerbare-Energien-Projekten und -Unternehmen in der Metropolregion Hamburg dient neben dem fachlichen Austausch auch der Anbahnung von gemeinsamen Energiewende-Projekten. Die Region um Izmir will eine Drehscheibe für erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff werden. Ähnlich wie das hanseatische Pendant prägen Hafen, Industrie und Handel die an der Ägäis gelegene Stadt samt Umgebung. Weitere Städte und Regionen in der Türkei, die sich für Wasserstoff in Position bringen wollen, sind zum Beispiel Istanbul, Antalya und die südliche Marmara-Region.
Im Januar 2023 präsentierte das Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen der Türkei die Strategien für den Ausbau von Wasserstofftechnologien – mit Fokus auf grünem Wasserstoff. Bis zum Jahr 2030 soll eine Kapazität von zwei GW erreicht werden, bis 2035 sollen es fünf GW sein und 70 GW bis 2053. Das ist am Anfang ziemlich wenig. Wahrscheinlich werden die Ziele noch erhöht. Die Türkei will Wasserstoff nämlich nicht nur lokal herstellen, um die eigene Industrie zu dekarbonisieren, sondern: „Der Überschuss an grünem Wasserstoff soll exportiert werden.“ So teilte es die AHK auf Nachfrage mit.
Deutsch-türkische Zusammenarbeit
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der türkische Energieminister Fatih Dönmez unterzeichneten passend dazu bereits im Oktober 2022 in Berlin eine Absichtserklärung „zur vertieften Zusammenarbeit im Bereich grüner Wasserstoff“, wie ein Sprecher des BMWK erläutert. „Die Vereinbarung wurde anlässlich des vierten Deutsch-Türkischen Energieforums abgeschlossen, einer wichtigen Plattform für den Dialog zwischen Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft beider Länder im Klima- und Energiebereich.“
Um die Türkei beim Klimaschutz zu unterstützen, stellt Deutschland über die KfW Kredite in Höhe von 200 Mio. Euro zur Verfügung, die „über türkische Partnerbanken dem Markt verfügbar gemacht werden sollen und insbesondere zur Förderung von EE und Energieeffizienz in der Türkei eingesetzt werden. Über die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) werden weitere 20 Mio. Euro für verbesserte Finanzierungskonditionen besonders innovativer Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung gestellt“, so das BMWK.
Abb. 3: Besichtigung des Elektrolyseurs im CC4E
Größtes Solarkraftwerk Europas
Und weil zur Herstellung von grünem Wasserstoff Ökostrom notwendig ist, will die Türkei ihre Windenergiekapazitäten auf knapp 30 GW bis 2035 erhöhen. Im Solarenergiebereich ist ein noch stärkerer Anstieg geplant: Von 9,4 GW (2022) auf rund 53 GW im Jahr 2035. Relativ unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit ging Anfang Mai in der zentraltürkischen Provinz Konya das größte Solarkraftwerk Europas (inklusive Kleinasiens) in Betrieb. Mit einer Leistung von 1,35 GW gehört es auch zu den größten weltweit. Rund drei Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr soll die Photovoltaik-Anlage in Karapınar liefern; genug für den Bedarf von zwei Millionen Menschen in der Türkei, teilt das Unternehmen Kalyon PV mit.
Mit Hilfe von Sonne, Wind, Wasser, Geothermie und Biomasse könnte das Land seinen Strombedarf in Zukunft komplett selbst decken, heißt es in einer Analyse der türkischen Wasserstoff-Gesellschaft (NHA). Zudem solle grüner Wasserstoff dazu beitragen, erst die eigene Industrie zu dekarbonisieren, insbesondere in den Bereichen Stahl, Zement und Düngemittelproduktion, um dann schließlich den weltweit begehrten Grundstoff und Energiespeicher auch exportieren zu können.
Deutsche Kooperationspartner gesucht
„Für deutsche Unternehmen bieten sich Potenziale in den Bereichen Know-how, Projektentwicklung und Technologielösungen“, so die AHK Türkei. Wie groß die Potenziale in dem südosteuropäischen Land tatsächlich sind, das immerhin mehr als doppelt so groß wie die Bundesrepublik ist, zeigt bereits ein Blick auf den derzeitigen Stand der erneuerbaren Energien: Denn trotz seiner Größe und trotz guter Windbedingungen ist die installierte Leistung an Windkraftanlagen mit 11,4 GW (im Jahr 2022) noch relativ gering. Eine Chance also für die deutsche Windenergieindustrie, um mit türkischen Partnern ins Geschäft zu kommen? Ja, heißt es aus der Delegation, und damit meinen die Teilnehmer nicht nur große Anlagenhersteller, sondern auch kleinere und mittelgroße Unternehmen, Zulieferer und Dienstleister.
„Mit der Ankündigung der Ausbauziele für Offshore-Wind gewinnt der türkische Windmarkt neue Dynamik und Bedeutung für den Export deutscher Technologie und Know-how“, bestätigt Jan Rispens, Geschäftsführer des Branchennetzwerks Erneuerbare Energien Hamburg (EEHH), das rund 240 Unternehmen aus Norddeutschland zu seinen Mitgliedern zählt. „Seit vielen Jahren ist die Türkei ein wichtiger Windmarkt für deutsche und Hamburger Unternehmen.“ So seien beispielsweise Nordex, TÜV Nord und EnBW entweder durch eigene Niederlassungen oder Joint-Ventures mit türkischen Geschäftspartnern dort aktiv.
Doch die Umstellung von konventionellen auf erneuerbare Energien wird dauern. In den vergangenen Jahren hat das Land enorm viel Geld für die Einfuhr fossiler Rohstoffe ausgegeben, vor allem Erdgas und Öl. „Rund 97 Milliarden US-Dollar kostete der Import von Energie allein im letzten Jahr“, sagt Yıldız Onur, Handelsattaché im türkischen Generalkonsulat in Hamburg und Begleiterin der Izmir-Delegation. Damit seien die Kosten im Vergleich zum Vorjahr um beinahe 90 Prozent gestiegen. Schon aus wirtschaftlichen Gründen sei es daher sinnvoll, mehr auf Eigenproduktion von Energie zu setzen, um weniger abhängig von Importen zu sein.
Abb. 4: Methanisierungsanlage im CC4E
Nähe zu Russland
Dazu gehört für die Regierung Erdoğan bekanntlich auch Atomkraft. Ende April weihte der Staatspräsident das erste AKW des Landes ein, gebaut vom russischen Staatskonzern Rosatom, weshalb auch Kreml-Chef Wladimir Putin per Video an der Zeremonie teilnahm. Die fand übrigens am selben Tag statt, als in Deutschland und anderen Ländern die Wahllokale für die im Ausland lebenden Türken zur Stimmabgabe öffneten. Erdoğan hatte bei der AKW-Einweihung zugleich den Ausbau der Atomkraft angekündigt sowie die Ausbeutung neuer Gasvorkommen.
Das Oppositionsbündnis CHP war zwar nicht prinzipiell gegen Atomenergie, und auch nicht gegen die Suche nach neuen Gasfeldern im Schwarzen Meer. Allerdings kritisierte es die Abhängigkeit von Russland und wollte stattdessen auf „türkische Technologie“ setzen. Neue Kohlekraftwerke sollten jedoch nicht gebaut werden. Laut ihrem Programm setzte die CHP auf eine grüne Energiewende in allen Sektoren, auch in der Landwirtschaft.
Obwohl das Land am Bosporus mit der Wahl im Mai 2023 die alte Regierung bestätigt hat – am grünen Wasserstoff wird wohl trotzdem kein Weg vorbeiführen. Davon ist zumindest der Unternehmer Ali Köse überzeugt, nicht zuletzt wegen des Green Deal der Europäischen Union und dem Instrument des „Carbon Border Adjustment Mechanism“ (CBAM), wodurch in Zukunft Ausgleichszahlungen für CO2-Emissionen fällig würden. Köse ist Gründungs- und Vorstandsmitglied im türkischen Wasserstoffverband H2DER und CEO der Firma H2Energy Solutions. Das erklärte Ziel seiner Firma lautet, die Türkei „fit“ für grünen Wasserstoff zu machen und diesen nach Deutschland zu exportieren. Beispielsweise arbeitet das Unternehmen an einem H2-Mobilitäts-Projekt in Istanbul.
Auch andere Unternehmer aus diesem Bereich sondieren den Markt in der Türkei, so Köses Beobachtung. Sie vernetzen sich und bauen Partnerschaften auf. Noch fehlen allerdings die Rahmenbedingungen, um Planungssicherheit für Investoren zu schaffen. Und noch hemme die Bürokratie sogar den Ausbau von Dachsolaranlagen. „In der Türkei sind weniger Dächer mit PV belegt als in Deutschland“, sagt Ali Köse, der regelmäßig zwischen beiden Ländern pendelt. „Dabei lässt sich hier aufgrund der Sonneneinstrahlung mit jedem Megawatt an installierter PV-Leistung ungefähr doppelt so viel Strom generieren wie in Deutschland.“
Seit August 2023 wird der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV) e.V. wieder allein von Werner Diwald vertreten. Thorsten Kasten, der vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. entsendete Vertreter, schied Ende Juli aus dem DWV-Vorstand aus und gab somit auch seinen Posten als gleichberechtigter zweiter Vorstandsvorsitzender ab. Gemäß Mitteilung des DWV sind damit die Restrukturierungs- und Professionalisierungsmaßnahmen der vergangenen zwei Jahre nunmehr abgeschlossen.
DVGW und DWV waren in den vergangenen Jahren zeitweise aufeinander zugegangen, um enger miteinander zu kooperieren (s. HZwei-Heft Jan. 2019), was unter anderem in einem „erfolgreichen Aufbau der Geschäftsstelle“ sowie eines „schlagkräftigen Teams“ in Berlin mündete, wie es vom DWV hieß. Es werde auch weiterhin eine Zusammenarbeit zwischen den Verbänden geben, ist zu hören. Aber die ursprünglich anvisierte engere Kooperation ist mit dem Ausscheiden Kastens endgültig vom Tisch.
Gastbeitrag von Karl-Heinz Remmers, Photovoltaik-Pionier
Solarenergie wie auch Wasserstoff üben auf die Öffentlichkeit bereits seit langer Zeit eine hohe Faszination aus. Beiden werden global große Chancen und die Lösung der Energiefragen zugeschrieben. H2 wird dabei in der aktuellen öffentlichen Diskussion sogar eine Lösungskompetenz in allen Bereichen zugetraut. Wie steht es um diese Lösungen? Woher kommt der grüne Strom dafür? Und wie können (grüner) Wasserstoff und Photovoltaik das große gemeinsame Potenzial noch schneller heben?
Als wir 1992 mit der Planung und dem Bau von Solaranlagen begannen, war die Faszination für H2 und Solar bereits sehr groß. PV-Anlagen waren aber sehr teuer. Sie wurden in Deutschland nur von Enthusiasten gekauft, und auch diese Käufe waren von (massiven) Förderungen abhängig. Diese (verlorenen) Förderungen kamen und gingen, ebenso immer neue Pilot- oder Vorzeigeprojekte. Global einigermaßen stabil liefen nur die Märkte in der Raumfahrt (Kosten egal) und Off-Grid, wo es passte. Netzgekoppelte Photovoltaik kam in der Skalierung der Produktion nicht voran, und so blieben die Anlagen teuer und quasi ohne Relevanz für die Energieversorgung.
In der Photovoltaik hat sich seit dem Jahr 2000 (globaler PV-Markt damals: 200 Megawatt), maßgeblich durch den massiven globalen Impuls des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes, eine Massenanwendung entwickelt. Für 2023 wird ein globaler Markt von über 380 Gigawatt an Neuinstallationen erwartet. Diese neu installierte Leistung wird global eine Strommenge erzeugen, die den gesamten heutigen deutsche Strombedarf decken könnte.
PV-Kraftwerke haben die niedrigsten Stromerzeugungskosten aller Neuanlagen. Seit dem Jahr 2000 sind diese um 95 Prozent gefallen. Bis 2035 wird eine Verzehnfachung des globalen PV-Marktes erwartet – bei weiteren Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen. All dies wurde durch die Schaffung eines Marktes in den früheren Phasen ermöglicht, die mittlerweile auch in Deutschland vollkommen subventionsfreie solare Stromerzeugung ermöglichen.
Aus unserer Sicht haben wir bisher keinen vergleichbaren Ansatz, um die entsprechenden (nötigen) Skaleneffekte im H2-Bereich sicher und für die Industrie planbar umzusetzen. Zwar gibt es überall H2-Regionen, Pilotprojekte, erste Marktplätze und viel medialen und politischen Goodwill. Geht es dann aber um den Markt für neuen Wasserstoff, wird es schnell schwierig oder gar unmöglich. Es ist nicht verwunderlich, dass von den ganz großen (z. B. Stahlwerken, die mit der Umstellung auf die H2-Strecke begonnen haben) bis zu den mittelständischen Abnehmern zögerlich oder gar nicht gekauft wird.
Dem einen fehlen die sicheren Mengen, die anderen wollen nicht die derzeit nötigen hohen Preise zahlen. Denn es ist zu erwarten, dass H2 billiger wird. Hinzu kommt, dass nahezu jeden Tag von irgendwelchen – in der Realität nicht absehbaren – H2-Importen geträumt wird. Oder von der „Brücke“: blauer Wasserstoff nebst CCS. Preisschilder klebt bislang allerdings keiner an diese potenziellen Quellen.
Der massive Erfolg der Photovoltaik war einst, dieses Henne-Ei-Problem durch das EEG gelöst zu haben: Es gab für die jeweiligen Erzeuger (egal welcher Größe) eine gesicherte Abnahme über den nötigen Amortisationszeitraum nebst Preisgarantie. Die Käufer des Stroms zahlten hingegen die jeweiligen Marktpreise. Da die Förderung stark degressiv war, wurde der gewünschten Kostenreduktion Rechnung getragen bzw. diese massiv vorangetrieben.
Heute ist diese Förderung kaum noch oder nicht mehr nötig, sie wird zudem nun in vielen Bereichen und Ländern über Ausschreibungen den Marktverhältnissen angepasst. Über ähnliche Systeme für den H2-Hochlauf wird in der EU diskutiert, bzw. EU-Ausschreibungen sind angekündigt. Wie für den Solar- und Windbereich könnten für den H2-Bereich mit der Schaffung von H2-Börsenpreisen als Referenz ebenfalls CFDs (Contracts for Difference) eingeführt werden.
Warum ist das ein entscheidendes Thema?
Wer heute in eine Elektrolyse (nebst Speicherung etc.) investiert, kann sich sicher sein, in drei bis fünf Jahren wesentlich günstigere und effizientere Geräte erwerben zu können. Auch wird sich die Zuverlässigkeit weiter verbessern. Damit werden absehbar sowohl CAPEX als auch OPEX massiv sinken, oder einfacher gesagt der Preis pro kg H2. Ohne eine sichere Abnahme zu dem heute nötigen Preis ist das Projekt schnell bankrott.
Umgekehrt wird sich z. B. der H2-Einkäufer eines Stahlwerks oder auch eines Stadtwerks sicher weigern, heute einen langfristigen H2-Einkauf zu unterschreiben, wo doch klar ist, dass in den kommenden Jahren die Preise massiv sinken werden. Wird diese Hürde z. B. durch „verlorene“ Zuschüsse bzw. Einmalförderungen zu überbrücken versucht, kann nach deren Einsatz eine Pleite oder die Einstellung des Elektrolysebetriebs drohen, da die Förderung ja „verloren“ ist.
Zudem hat diese Variante in der Vergangenheit große Schwierigkeiten in der richtigen Ausgestaltung der Förderung gezeigt. Vor allem aber war sie stets von der jeweiligen Haushaltslage der Förderer abhängig.
Ein „H2-CFD“ oder ein ähnliches Instrument kann eine große Akteursvielfalt anreizen und sowohl die schnelle Marktausweitung als auch ein höheres Innovationstempo fördern.
Anwendungen werden „konstruiert“
Waren wasserstoffbetriebene Pkw noch vor 15 Jahren die einzige aussichtsreiche Technologie für reale Reichweiten über 100 km, so hat die technologische Evolution der Batteriespeicher diese schon heute, also vor ihrer massenhaften Anwendung, verdrängt. Und das, obwohl die Entwicklung der batteriebasierten Fahrzeuge ebenso wie von deren Batterien erst am Anfang steht.
Bereits 2025 dürften auch in Deutschland batteriebasierte Elektrofahrzeuge billiger zu haben sein als ihre verbrennerbasierten Schwestermodelle. Ob man diese Realität mag oder nicht, der sprichwörtliche Zug ist abgefahren. Sieht man sich die Entwicklung auch bei den Lkw an, wird auch hier das Rennen wohl zugunsten der Batterien ausgehen.
Wie es bei den jeweiligen Kategorien der Nutzfahrzeuge oder Schienenfahrzeuge ausgehen wird, ist noch offen. Allerdings haben auch all diese Kategorien in den Hunderten von Millionen neuer Batterien, die jedes Jahr global in den Markt kommen, einen mächtigen Gegner. Denn diese Batterien puffern auch die Netze und machen „Massenladungen“ möglich. Und eine Elektrifizierung von Bahnstrecken mittels banalen Fahrdrahts ist auch ein veritabler Gegner, wenn es um Kosten für Anschaffung und Betrieb geht, denn ein Batterie- oder H2-Zug ist kein Selbstzweck.
Mir erscheint es wichtig, nicht an Anwendungen, die einfach wirklich nicht groß rauskommen, festzuhalten, da es die Menschen frustriert, wenn diese versprochenen Technologien dann einfach nicht kommen. Auch ist das Verheizen von Wasserstoff in uralten Brennwertgeräten so unsinnig und teuer, dass die H2-Branche sich hier dringend von der genau dies propagierenden Erdgasbranche distanzieren sollte, um die eigene Glaubwürdigkeit und vor allem auch die Deutungshoheit über die eigene Technologie zu behalten.
Anwendungen wie die Produktion von H2-basiertem Flugbenzin oder Schiffstreibstoffen sowie die gesamten weiteren stofflichen Anwendungen sind ebenso wie die ebenfalls neu zu definierenden Speicheranwendungen von H2 ein so gigantischer kommender Markt, dass man darüber auch nicht zu trauern braucht.
Warum gilt es die Speicheranwendungen von Wasserstoff neu zu definieren?
Es gibt in den diversen Langzeitszenarien der Forschungsinstitute für die Regierungen kein Szenario, welches die nun bereits anlaufende Welle von Millionen (bidirektionaler) Speicher in Fahrzeugen sowie den bereits heute sehr kostengünstigen mittelgroßen und großen dezentralen Speicher berechnet. Ab 2024 wird deutschlandweit wohl kein Solarpark mehr realisiert, der nicht einen eigenen Speicher enthält, um Energie auch nachts zu verkaufen – ohne die Notwendigkeit von Förderungen.
Millionen kleinerer Speicher kommen hinzu, die alle vor Ort die vorhandenen realen Netzmöglichkeiten massiv erweitern. Die internationalen Entwicklungen beschleunigen sich noch schneller als die PV einst. Batteriespeicher werden in kurzer Zeit Solar „über die Nacht“ und „den Wind in die Flaute bringen“ – über Stunden, dann Tage, dann Wochen. Und das massenverfügbar für wenige Cent/kWh. Dies wird alle bisherigen Szenarien für H2 als Speicher massiv verändern.
Es geht auch ohne Stromnetz
H2-Produktion kann auch im Gigawattmaßstab „offgrid“ realisiert werden, sofern der Abtransport des Produktes (H2 oder auch E-Fuels) verlässlich und kostengünstig möglich ist. Das ist ein sehr interessanter Aspekt, der überall auf der Welt machbar ist, mit jeweils unterschiedlichen Anteilen von Solar- und Windenergie (oder, wo sinnvoll verfügbar, anderen erneuerbaren Energien). Diese ergänzen sich vor Ort und können speichergeschützt sehr hohe Laufzeiten für die Elektrolyse ohne den kostspieligen und zeitraubenden Anschluss an das Verbundnetz ermöglichen. Denn ihr Endprodukt ist nicht Strom, sondern H2-basierte Stoffe. Projekte in diesem Stil gibt es in verschiedenen Ländern, und auch für Deutschland ist dies eine realistische Variante geworden.
Von kostspieligen „Brückentechniken“ distanzieren
In einer aktuellen Verbands- und medialen Diskussion wird CCS als Brückentechnik zur Erlangung von blauem H2 aus Erdgas bis zu Beginn der 2030er-Jahre in der Bundesrepublik ernsthaft diskutiert. Hier wird eine Technologie, die nach Jahrzehnten politischer Diskussion noch im Prototypstadium steckt, in eine schlicht nicht machbare Zeitschiene geschoben. Und das ohne jede Diskussion über die Gesamtkosten einer solchen Variante, sofern sie dann (irgendwann) großtechnisch verfügbar ist.
Schließlich ist CCS auch seit den Nullerjahren immer wieder als Option für Kohlekraftwerke verkauft worden und kam nie – aus Kostengründen. Hinzu kommt, dass alle Probleme mit der Versorgungssicherheit, den Kosten und der Endlichkeit von Erdgas bei solchen Gedankenspielen bestehen bleiben. CCS ist eine gefährliche, substanzlose Ablenkung von dem dauerhaften und schnell skalierbaren Technologiepfad der erneuerbaren Elektrolyse in der EU.
Chancen werden unterschätzt
In der Öffentlichkeit vergeht kaum ein Tag, an dem nicht alle möglichen Ideen für die H2-Wirtschaft diskutiert werden. Es ist fast schon egal, wo Bundeskanzler oder Minister auf Reisen sind, fast immer geht es um den Import von H2. Natürlich zum „H2-Schnäppchenpreis“, wobei weder Kosten noch Preise überhaupt thematisiert werden. Bereits heute bestehende, massive politische Spannungen und Risiken potenzieller Lieferländer werden völlig ausgeblendet. Es ist schon erschreckend, wie wenig im politischen und medialen Umfeld die eigenen Potenziale in der EU und vor allem die Kosten der Optionen für H2 diskutiert werden. Daher will ich mal einen „Bierdeckel“-Vergleich machen, auch zu H2-Mindestkosten:
Wenn ich H2 „in der Wüste“ produzieren will, muss ich …
– (höhere) Kosten als in der EU für Elektrolyseure, Anlagenbau, Sicherheit etc. bezahlen.
– Meerwasser entsalzen (CAPEX-Kosten und Stromverbrauch).
– Wind und Sonne auch mit Mindestkosten von 1,5 Cent/kWh ansetzen, mit Batteriestabilisierung für hohe Auslastung der Elektrolyse darüber, die Preise werden aber in der Regel über den osten liegen.
– die Verluste durch die Abwärme berechnen (20 bis 40 % des eingesetzten Stroms), da thermische Energie in dem Klima vor Ort nicht genutzt werden wird.
– den Aufwand u. a. der Kompression für den Transport berechnen.
– die Kosten für Pipeline oder Tankertransport und deren Verluste im Betrieb ansetzen.
– einen kalkulatorischen Risikoansatz für instabile Regionen ansetzen.- …
Wenn ich H2 in Deutschland bzw. in der EU produzieren will, muss ich …
– geringere Kosten als in der Wüste für Elektrolyseure, Anlagenbau, Sicherheit etc. bezahlen.
– Wasser bezahlen.
– Wind und Sonne eher mit 4 bis 7 Cent/kWh Kosten ansetzen, auch hier etwas mehr für Stabilisierung, wobei vermiedene Abregelungen aus dem Stromnetz den Preis senken können.
– die Abwärme in eine Fern- oder Prozesswärme geben. Dann hätte ich 20 bis 40 % weniger Stromkosten, weil diese als Wärme verkauft werden können – oder ebenfalls „abschreiben“.
– den Aufwand u. a. der Kompression für den Transport berechnen.
– einen direkten Verbrauch vor Ort oder kurze Wege per Tanker/Pipeline (geringere Verluste und Kosten) gewährleisten.
– keine Risikoansätze für instabile Region einrechnen.- …
Ich glaube abschließend, dass eine Verfeinerung obiger „Bierdeckelberechnung“ mit realen Zahlen, die die zu erwartenden massiven Kostendegressionen berücksichtigen, erforderlich wäre. Vor allem, um auch (endlich) zu realistischen Einschätzungen darüber zu kommen, was grüner H2 2030/2040 kosten kann und welche Preise sich darauf basierend einstellen – in der EU und außerhalb –, abseits von abseitigen Schlagworten wie „H2 ist der Champagner der Energiewende“ oder „Mit H2 in Zukunft günstig heizen“.
Als sich „nur“ vier Bundesministerien um Wasserstoff gekümmert haben, war die Koordinierung schon schwer genug – inzwischen sind es sechs Ministerien, die sich auf Bundesebene mit der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie beschäftigt haben – plus Bundeskanzleramt. Diese breitflächige Beteiligung so vieler verschiedener Ressorts beweist endgültig, dass Wasserstoff zum Kernelement der Energiewende geworden ist.
„Wasserstoff wird als vielfältig einsetzbarer Energieträger beim Erreichen unserer ambitionierten Energie- und Klimaziele eine Schlüsselrolle einnehmen.“ Mit diesem Statement bekennt sich die Bundesregierung zu der herausragenden Bedeutung von Wasserstoff bei der zukünftigen Energieversorgung sowie beim Kampf gegen die Klimakrise. Nicht ohne Grund wurde jetzt bereits drei Jahre nach der Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) im Juni 2020 eine Neuauflage dieses Papiers verabschiedet, um die Inhalte und Ziele an die geänderten Rahmenbedingungen anzupassen.
Mit der Fortschreibung der NWS, die im Juli 2023 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, hat die Bundesregierung nach eigenen Worten „einen kohärenten Handlungsrahmen für die gesamte H2-Wertschöpfungskette – von der Erzeugung über den Transport bis zur Nutzung sowie Weiterverwendung – geschaffen“. Sie will damit wirtschaftliche Planungssicherheit schaffen, die Grundlage für zukünftige Investitionen ist, damit der angestrebte Markthochlauf von grünen Wasserstofftechnologien gelingen kann.Gleichzeitig erinnert sie daran, dass der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ ist, zu deren Erfolg „alle Stakeholder ihren Beitrag leisten müssen“.
„Wasserstofftechnologien sind nicht nur ein wichtiges Werkzeug für den Klimaschutz. Sie können neue Industriezweige mit vielen zukunftsfähigen Arbeitsplätzen und großen Exportchancen entstehen lassen. […] Die NWS soll somit auch dazu beitragen, dass der Industriestandort Deutschland seine starke Position bei Wasserstofftechnologien behält und weiter ausbaut.“
Bundesregierung
Konkrete Ziel definiert
Die erklärten Ziele bis 2030 sind insbesondere ein beschleunigter Markthochlauf von Wasserstoff sowie die Sicherstellung einer ausreichenden Verfügbarkeit von Wasserstoff und seiner Derivate. Dementsprechend wurde die bislang angepeilte Elektrolysekapazität von 5 GW auf mindestens 10 GW erhöht. Der restliche Bedarf wird durch Importe gedeckt, wofür noch eine gesonderte Importstrategie entwickelt werden soll. Zudem soll eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut werden. Bis 2027/2028 soll mit Hilfe von Fördergeldern aus Brüssel ein H2-Startnetz mit mehr als 1.800 km auf den Weg gebracht werden. Dieses wird teils umgewidmete Erdgasleitungen sowie neu gebaute Wasserstoffleitungen beinhalten. Es wird Bestandteil des europaweit geplanten European Hydrogen Backbone sein, der H2-Pipelines mit einer Gesamtlänge von ca. 4.500 km umfasst.
Darüber hinaus sollen verschiedene Wasserstoffanwendungen in unterschiedlichen Sektoren etabliert werden – im Stromsektor, in der Industrie, bei schweren Nutzfahrzeugen sowie im Luft- und Schiffsverkehr. Dafür sollen geeignete Rahmenbedingungen (Planungs- und Genehmigungsverfahren, einheitliche Standards und Zertifizierungssysteme) geschaffen werden. Erklärtermaßen will Deutschland bis 2030 zum Leitanbieter für Wasserstofftechnologien werden.
„Wir haben das Ambitionsniveau nochmals deutlich gesteigert.“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
„Wasserstoff ist das noch fehlende Puzzleteil der Energiewende. Er ist die große Chance, Energiesicherheit, Klimaneutralität und Wettbewerbsfähigkeit zu verbinden.“
Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger
„Der Weltmarkt für Wasserstoff muss fair sein und damit anders, als es die fossile Weltwirtschaft je war.“
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze
Von der ursprünglichen Herangehensweise, ausschließlich grünen Wasserstoff finanziell mit Steuermitteln zu fördern, hat sich die Bundesregierung jetzt verabschiedet, was erwartungsgemäß insbesondere von der Gaslobby begrüßt wurde. Auch andersfarbiger Wasserstoff soll jetzt Fördergelder bekommen können, allerdings nur in begrenztem Maße und unter bestimmten Voraussetzungen, die im Kleingedruckten spezifiziert wurden.
So heißt es in der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie: „Die Nutzung von grünem und, soweit in der Markthochlaufphase notwendig, kohlenstoffarmem blauem, türkisem und orangem Wasserstoff wollen wir auf der Anwendungsseite in begrenztem Umfang unter Berücksichtigung von ambitionierten THG-Grenzwerten, einschließlich der Emissionen der Vorkette sowie der Erhaltung des gesetzlichen Ziels der Klimaneutralität, auch fördern.“
Bettina Stark-Watzinger, die Bundesministerin für Bildung und Forschung, nannte dies eine „pragmatische und technologieoffene“ Entscheidung, dass zunächst „alle klimafreundlichen Wasserstoffsorten“ eingesetzt werden sollen. So werde Deutschland auf dem Weg zur Wasserstoffrepublik vorangebracht.
Ihre Kollegin, Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze, ging noch einen Schritt weiter, indem sie sagte: „Wo Wind- und Sonnenstrom für Wasserstoff produziert wird, wird gleichzeitig die Energiewende vor Ort vorangetrieben und die lokale Bevölkerung mit Strom versorgt. Und wo Meerwasser für Wasserstoff entsalzt wird, wird auch die nächste Stadt mit Trinkwasser versorgt. Aus Entwicklungsperspektive ist dabei klar: Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist nicht nur die beste Wahl für die Umwelt, er führt als günstige heimische Energiequelle auch zu besserer Entwicklung im Globalen Süden. Wir werden daher unsere Partnerländer dabei unterstützen, mit ihrem fairen Anteil am neuen Weltmarkt für Wasserstoff zu partizipieren.“
Bestehende Strukturen bleiben
Damit dies alles gelingen kann, wird auf die bestehenden Institutionen zurückgegriffen. So wurde bereits eine „Lotsenstelle Wasserstoff“ eingerichtet, die die Möglichkeit bietet, sich telefonisch oder per Mail bei Förderfragen beraten zu lassen. Der Ausschuss der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre für Wasserstoff fungiert als Entscheidungsgremium der NWS und ergreift falls erforderlich korrigierende Maßnahmen. Er trifft sich anlassbezogen nach Bedarf, was in der Vergangenheit nur selten der Fall war. Zentrales Organ ist der Nationale Wasserstoffrat (NWR), ein unabhängiges, überparteiliches Beratungsgremium mit 26 hochrangigen Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Unterstützt wird dieser von der Leitstelle Wasserstoff.
Die NWR-Vorsitzende Katherina Reiche erklärte: „Es ist ein wichtiger Meilenstein, dass die Bundesregierung die Nationale Wasserstoffstrategie ambitioniert fortsetzt. […] Nur mit Wasserstoff können wir Wertschöpfungsketten erhalten und dafür sorgen, dass Schlüsselindustrien in Deutschland bleiben. […] Unternehmen investieren nur dann, wenn sie langfristige Planungssicherheit haben. Wir müssen daher bereits jetzt über das Jahr 2030 hinausblicken. Nach Prognosen des NWR steigt der Bedarf an Wasserstoff und Wasserstoffderivaten bis zum Jahr 2045 auf 964 bis 1.364 Terawattstunden. Der Inflation Reduction Act der USA und ähnliche Regelungen weltweit werden den Aufbau von umfassenden Wertschöpfungsketten in industriellem Maßstab beschleunigen. Angesichts der rasanten Fortschritte anderer Staaten sollte sich die Bundesregierung davon verabschieden, ausschließlich auf Leuchtturmprojekte zu setzen. Wichtiger ist es, effektive Anreize für die schnelle Skalierung der Wasserstoffwirtschaft und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zu schaffen.“
Zum teilweise heftig geführten Diskurs über den Einsatz von Wasserstoff im Wärmesektor teilte der NWR mit, er befürworte die kommunale Wärmeplanung als entscheidendes Planungsinstrument der Wärmewende. Für eine erfolgreiche Wärmewende würden aus seiner Sicht alle Technologieoptionen, Wärmepumpe, Wärmenetze, erneuerbare Wärme und Wasserstoff benötigt. Somit sollten alle Technologien als gleichberechtigte Erfüllungsoption im Gebäudeenergiegesetz verankert werden und beim Ausbau der Infrastruktur Berücksichtigung finden.
Weiter erklärte der NWR, es bedürfe einer stringenten Ausbildung der notwendigen Fachkräfte, sowohl auf Hochschulebene als auch im Bereich der beruflichen Bildung und Weiterbildung.
Kritik und Verbesserungsvorschläge
Während die Bundesregierung die NWS-Fortschreibung durchaus stolz präsentiert, hält die Opposition das 34-seitige Papier erwartungsgemäß für wenig gelungen. CDU-Vize Andreas Jung erklärte gegenüber dem Tagesspiegel: „Wasserstoff ist so entscheidend für Wirtschaft und Klimaneutralität, da bräuchte es jetzt einen Doppel-Wumms.“ Seine Kritik, die Regierung agiere „halbherzig“ und würde eine „dirigistische Zuteilung“ betreiben, verläuft allerdings im Sande, weil durchaus ambitionierte Ziele angepeilt werden und mit der NWS letztlich nur ein Rahmen gesetzt wird – ohne technologische Vorgaben.
So soll beispielsweise auch noch in diesem Jahr ein „Wasserstoffbeschleunigungsgesetz“ auf den Weg gebracht werden, um analog zu den bisherigen LNG-Terminals „weitere Terminals nur für Wasserstoff oder dessen Derivate“ installieren zu können. Eine „nationale Hafenstrategie“ soll dafür die entsprechenden Knotenpunkte der künftigen Wasserstoffwirtschaft definieren.
Jorgo Chatzimarkakis, CEO von Hydrogen Europe, sieht Deutschland damit auf einem guten Weg, in „neun Jahren die breite Nutzung von grünem Wasserstoff in der Industrie und im Wärmesektor“ realisieren zu können. Dennoch hält er konkrete Verbesserungsmaßnahmen für erforderlich, so wie beispielsweise eine bessere Integration von H2 Global in die EU-Wasserstoffbank, um so von den Hebeleffekten der EU-Ausschreibungsverfahren profitieren zu können sowie Abnahmeverträge für übergangsweise verstaatlichte Unternehmen, wie Uniper, die zur Versorgungssicherheit beitragen können.
Weiter hält der deutsch-griechische Verbands-Chef beispielsweise eine Verkürzung der IPCEI-Genehmigungszeiten auf EU-Ebene und auch auf Bundesebene für erforderlich. Und er schlägt die Initiierung eines „EU Tax Credit Clubs“ für Wasserstoff-Besteuerung für notwendig – quasi als Antwort auf den Inflation Reduction Act der USA, der in vergleichbarer Form in der EU aufgrund der Steuergesetzgebung nicht eingeführt werden kann.
An der NWS 2.0 haben mitgewirkt: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie das Auswärtige Amt und das Bundeskanzleramt.