von Eva Augsten | Dez. 20, 2024 | 2024, Deutschland, Energiewirtschaft, Entwicklung, Markt, Meldungen, News, Wasserstoffwirtschaft
Die MAN-Tochterfirma Quest One, ehemals H-Tec Systems, feierte Ende September 2024 die Einweihung ihres Gigahub im Norden Hamburgs. Sie will in großem Maßstab flexible PEM-Elektrolyseure mit meterhohen Stacks herstellen.
Es war einer dieser Erfolgsmomente der Energiewende, bei denen alle gern auf der Bühne stehen und dessen Bedeutung man leicht am Promi-Faktor erkennen kann. An erster Stelle stand natürlich Bundeskanzler Olaf Scholz. In Hamburg-Rahlstedt sei er schon lange nicht mehr gewesen, sagte Scholz. Dabei war er dort zur Schule gegangen. „Dass man mit Wasserstoff Flugzeuge antreiben kann, haben wir damals aber noch nicht gelernt. Das war höchstens ein Thema für Forscher“, erzählte Scholz in der nagelneuen Fabrikhalle von Quest One.
Aus der Hamburger Politik waren sowohl der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher als auch die Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard erschienen – normalerweise kommt nur einer von beiden zu Feierlichkeiten. Aus Berlin kamen der Parlamentarische Staatssekretär Michael Kellner aus dem Wirtschafts- und Klimaschutzministerium und Till Mansmann, Beauftragter für grünen Wasserstoff des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Vom Quest-One-Mutterkonzern MAN Energy Solutions und dessen Mutterfirma Volkswagen waren jeweils die Aufsichtsratschefs angereist, Gunnar Kilian und Hans Dieter Pötsch.
Der Anlass des ganzen Rummels: Das Unternehmen Quest One, das am Tag zuvor noch H-Tec Systems hieß, will im Nordosten von Hamburg eine Elektrolyseurherstellung im Gigawatt-Maßstab starten.
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Die PEM-Elektrolyse wird groß
Die Firmengeschichte von Quest One ist gleichzeitig eine Geschichte der Skalierung der PEM-Elektrolyseure. Die PEM-Elektrolyse läuft bei mäßigem Druck und mittleren Temperaturen, sie bietet daher einen guten Kompromiss zwischen Effizienz und Flexibilität. Damit ist sie die Technologie der Wahl, wenn es darum geht, Wasserstoff mithilfe der unsteten Energiequellen Wind und Sonne zu erzeugen. Doch im Vergleich zur Alkali-Elektrolyse hat sie Jahrzehnte der industriellen Skalierung nachzuholen.
Die H-Tec Wasserstoff-Energie-Systeme, wie Quest One bis Ende September hieß, begann 1997 damit, Mini-PEM-Elektrolyseure herzustellen. Diese waren vor allem dazu gedacht, Schulkindern das physikalische Prinzip der Elektrolyse nahezubringen. Mit Wasserkraft betriebene alkalische Elektrolyseure erzeugten zu jenem Zeitpunkt schon seit Jahrzehnten in Norwegen und Ägypten zehntausende Kubikmeter Wasserstoff stündlich für die Düngemittelproduktion. Dass Wasserstoff ernsthaft zu einer Speichertechnologie für Solar- und Windstrom werden könnte, glaubte damals aber höchstens eine Handvoll Visionäre.
Seither sind nicht nur die erneuerbaren Energien deutlich günstiger geworden. Auch die PEM-Technologie hat kräftig aufgeholt. Im Jahr 2010 kaufte das norddeutsche Energiewende-Unternehmen GP Joule die H-Tec. Die Elektrolyseure wuchsen auf einige hundert Kilowatt, immerhin tauglich für kleine Anwendungen. 2019 stieg MAN Energy Solutions ein und H-Tec brachte den ersten Megawatt-Elektrolyseur auf den Markt: neun Stacks à 110 kW, jeweils so groß wie eine Bierkiste, mitsamt den zugehörigen Peripheriesystemen, anschlussfertig montiert in einem 40-Fuß-Container, – eine praktische Lösung für kleine Windparks und einzelne Wasserstofftankstellen.
Erfolgsmoment der Energiewende: Kinder drückten symbolisch den Startknopf für die Elektrolyseurfertigung von Quest One.
Gigawatt-Pläne für grünen Wasserstoff
Um Stahlwerke, Düngerhersteller und Raffinerien mit Wasserstoff zu beliefern, reicht das noch lange nicht, ebenso wenig für das Ziel von 10 GW Elektrolyseleistung, das die Ampel-Bundesregierung seinerzeit für 2030 ausgegeben hatte. Das ist die Dimension, in der auch Quest One mitmischen will. Das soll schon der neue Name deutlich machen. Er solle nicht nur aussagen, dass Klimaschutz die wichtigste aller Aufgaben sei, sondern auch, dass das Unternehmen mit grünem Wasserstoff aus seinen Elektrolyseuren ein Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen vermeiden wolle, erklärte Robin von Plettenberg, CEO der Quest One bei der Eröffnungsfeier.
Die rund 800 Gäste applaudierten kräftig. Überhaupt wurde bei der offiziellen Inbetriebnahme des Gigahub mit Buzzwords und Pathos nicht gegeizt. Über die Leinwand flackerten Bilder von ausgedörrten Böden, reißenden Fluten, brennenden Wäldern, gefolgt von einer Sanduhr – und dem quecksilbrig glänzenden, donutförmigen Logo von Quest One. Das Projekt sei „Teil von etwas ganz Großem“, sagte von Plettenberg.
Von Handarbeit zur Serie
Bisher bietet die Produktionshalle vor allem Platz für große Pläne. Der Reinraum mit der eigentlichen Fertigung verschwand am Eröffnungstag fast komplett hinter der riesigen Video-Leinwand. Doch Innovationen zeigen sich nicht immer in großen Maschinen. Während man Solar- und Batteriefabriken mit dem nötigen Kleingeld heute schlüsselfertig kaufen kann, hat sich Quest One mit jedem Fertigungsschritt, der in Rahlstedt automatisiert und zuverlässig läuft, ein Stück technologisches Neuland erobert.
Dabei hilft das ebenfalls am Gigahub angesiedelte Forschungs- und Entwicklungszentrum. Bis vor Kurzem fügten die Mitarbeiter zum Beispiel die Elektrolysezellen noch in stundenlanger Handarbeit zu Stacks zusammen. Bei diesem Schritt ist absolute Präzision angesagt, denn die winzigen Wasserstoffmoleküle können durch die kleinste Fuge entweichen und so den ganzen Stack unbrauchbar machen. Als Quest One Ende September seine Einweihung feierte, war es bereits gelungen, diese Aufgabe an Roboter zu delegieren. Sie erledigen die Arbeit in einem Viertel der Zeit. Weniger als eine Stunde braucht es mittlerweile, um einen Stack zu produzieren.
Nun, da das automatisierte Handling läuft, traut sich Quest One auch, von einer neuen Generation von Megawatt-Stacks zu sprechen. Drei Meter hoch und drei Tonnen schwer sollen sie sein, heißt es. Ende 2026 soll die Halle weitgehend voll sein, dann soll die Produktion der Megawatt-Stacks laufen. Mit solchen Stacks könnten auch Projekte jenseits der 100-MW-Marke mit PEM-Elektrolyseuren besser umsetzbar werden. Im Laufe des Jahres 2026 will sich Quest One in die Richtung bewegen, die in der Pressemitteilung angekündigt ist – hin zu einer Fertigungskapazität von 5 GW jährlich.
Einige Monate nach der Einweihung ist bei Quest One Alltag eingekehrt. Für die Büros stehen noch einige Ausbauarbeiten an. In den Reinräumen läuft hingegen die Serienfertigung. In der riesigen Halle stehen statt Bistrotischen und Stühlen nun Regale, um die Stacks zu lagern. Sie werden an den Stammsitz der Firma nach Augsburg geschickt, wo sich die Fertigung für die Elektrolyseure befindet.
Damit diese Elektrolyseure wirklich sauberen Wasserstoff erzeugen können, muss aber auch außerhalb der Fabrik noch einiges passieren. Wind- und Solarparks müssen gebaut und finanziert werden, ebenso wie Netze und Speicher für den Wasserstoff.
Schon bei der Einweihung zeigte die Paneldiskussion nach dem feierlichen Knopfdruck, dass die Anwesenden sich der Herausforderungen sehr bewusst waren. „Die richtige Arbeit geht jetzt erst los“, fasste es Jürgen Klöpffer, Finanzchef von MAN Energy, zusammen.
von Michael Nallinger | Dez. 19, 2024 | 2024, Energiewirtschaft, Markt, Meldungen, News, Wasserstoffwirtschaft
„Der Wasserstoff kann kommen, das Gasverteilnetz ist bereit“
Die Bedarfe an Wasserstoff sind sowohl in Kommunen als auch in der Industrie umfassend vorhanden. Nun werden in diesem Umfeld die Planungen hinsichtlich einer Umsetzung dieser Marktbedürfnisse konkreter. Als Initialzündung dafür gilt der kürzlich beschlossene Aufbau eines H2-Kernnetzes (s. S. 18). Angesichts der Versorgungssituation ist jedoch klar, dass sich der Fokus zunehmend auf das Verteilnetz richten muss, was auch auf dem DVGW-Kongress deutlich wurde.
„Das Transformationstempo mit dem Ziel, den Wasserstoffhochlauf zu beschleunigen, muss aufrechterhalten, wenn nicht sogar erhöht werden“, betonte Prof. Dr. Gerald Linke Mitte September 2024 auf dem DVGW-Kongress in Berlin. Zudem forderte der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches weitere regulatorische Maßnahmen, die über die bereits erfolgten politischen Beschlüsse hinausgehen, etwa was das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz, die Importstrategie oder das Wasserstoffkernnetz betrifft.
Ähnlich sieht dies Stefan Dohler. Der Präsident des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und Vorstandsvorsitzende der EWE AG in Oldenburg unterstrich die Aufbruchstimmung unter anderem mit Blick auf den gestarteten Aufbau der Elektrolysekapazitäten sowie die im vergangenen Sommer auf den Weg gebrachten Klimaschutzverträge für die Industrie: „Wir müssen dranbleiben und dürfen das Momentum nicht verlieren.“ Dohler beobachtet hier im Versorgungsgebiet der EWE eine sehr hohe Nachfrage nach Wasserstoff.
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Prof. Linke, DVGW: „Um den Wasserstoffhochlauf in Deutschland zu beschleunigen, muss der Fokus beim Ausbau der Wasserstoffinfrastrukturen stärker auf die Verteilnetze gelegt werden.“
Quelle: Bildschön GmbH/Vollmeyer
Diese Einschätzung teilt der DVGW-Präsident und Vorstandsvorsitzende der ESWE Versorgung in Wiesbaden, Jörg Höhler: „Wir müssen Druck auf dem Thema lassen.“ Dabei favorisiert Höhler einen möglichst breit angelegten Ansatz. Es gehe nicht darum, sich für Strom oder Wasserstoff in der Energieversorgung zu entscheiden, nein, man benötige beides. Gemeinsam mit den Energieversorgungsunternehmen Mainova und Entega erarbeitet ESWE eine Machbarkeitsstudie zum Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur im Rhein-Main-Gebiet – ein Projekt, das in der Zwischenzeit mit dem Innovationspreis Neue Gase ausgezeichnet wurde. Allerdings fordert auch Höhler klare Vorgaben und Unterstützung für die Verteilnetzbetreiber bei der Umstellung der Gasnetze auf Wasserstoff.
Portfolio CO2-freier Energieträger vonnöten
Dieser Appell stößt anscheinend auf offene Ohren bei der Bundesnetzagentur (BNetzA). „Die All-Electric-World ist ein volkswirtschaftlich ineffizienter Weg. Wir brauchen daher ein Portfolio CO2-freier Energieträger“, konstatierte Dr. Markus Doll auf der Veranstaltung. Für den Leiter Anlagen und Netzbetrieb bei der BNetzA ist klar, dass es zur konsistenten Planung der jeweiligen Infrastrukturen eines gemeinsamen Zielbilds bedarf. Ziel müsse eine über die Energieträger integrierte Netzentwicklung sein, betonte Doll in Berlin.
Als Initialzündung zur Lösung des Henne-Ei-Problems des Wasserstoffsektors sieht er den Beschluss zum Aufbau des rund 9.000 km langen H2-Kernnetzes. Dieses mittlerweile von der BNetzA genehmigte Vorhaben betrachtet man bei der Bonner Behörde als „Basis und Übergang in den zyklischen Prozess zur Netzentwicklungsplanung Wasserstoff/Erdgas“. Für den BNetzA-Experten Doll sind die nächsten Schritte klar: Für die CO2-freien Energieträger werden entsprechende Infrastrukturen benötigt. Dabei gibt es hinsichtlich der Einspeisung von Wasserstoff in die Netze laut Doll zwei Voraussetzungen. Einerseits ist der Einsatz dort sinnvoll, wo er volkswirtschaftlich effizient ist, und andererseits dort, wo keine anderen Dekarbonisierungsalternativen vorhanden sind. Im Konzert der klimaneutralen Gase spielt Biomethan nach der Einschätzung Dolls vor allem regional eine Rolle.
Hinsichtlich der benötigten Speicher, insbesondere der für Wasserstoff geeigneten Kavernenspeicher, hofft er, dass sich diese „aus dem Markt“ entwickeln werden. Er versprach jedoch eine entsprechende Berücksichtigung der Regulierungsbehörde bei der Netzentwicklungsplanung (NEP).
Wasserstoff in die Fläche bringen
Dr. Thomas Gößmann bezeichnet es als Mammutprojekt, parallel die Gasinfrastruktur zu erhalten und diejenige für Wasserstoff aufzubauen. Auf der Veranstaltung in Berlin erläuterte der Chef von Thyssengas am Beispiel von Nordrhein-Westfalen, wie sich Wasserstoff in die Fläche bringen lässt. Dazu sollen insgesamt sechs regionale Cluster als Potenzialregionen entlang der Hauptstränge des Kernnetzes entwickelt werden: Köln, Ruhrgebiet, Mittlerer Niederrhein, Niederrhein, Bentheim-Westmünsterland sowie Münster-Hamm. Diese Schwerpunktregionen sind aus Sicht von Thyssengas besonders geeignet als Keimzellen für die Entwicklung hin zu einer integrierten H2-Infrastruktur. Ein großes Augenmerk sollte nach der Einschätzung Gößmanns zudem auf den Aufbau grenzüberschreitender Kapazitäten gelegt werden. Diese ermöglichten eine breite Diversifizierung der Bezugsquellen.
Auch bei schwaben netz befindet man sich bereits mitten im Aufbau einer Umstellungsstrategie. Konkret sind die Aktivitäten in drei Großprojekte gegliedert. Projekt 1 beschäftigt sich mit dem Gasnetztransformationsplan. Wo befinden sich Kopplungspunkte zum H2-Kernetz? Wo und wann wird man auf Wasserstoff umstellen? Das sind die Fragen, denen man dort nachgeht. Ein weiteres Projekt ist die Zielnetzplanung: Die H2-Bedarfe großer Ankerkunden im Netzgebiet sowie Netzbereiche, die sich kosteneffizient transformieren lassen, sind die Herausforderungen, die der Netzbetreiber dort adressiert. Und das dritte Vorhaben ist ein Pilotprojekt zur Versorgung mit Wasserstoff. Konkret geht es um ein Gebiet mit mehreren Wohneinheiten, das mit Wasserstoff aus einer Chloralkali-Elektrolyse in einem Industriepark versorgt werden soll.
Diese Aktivitäten stoßen bereits heute auf ernsthaftes Interesse. Der Technische Geschäftsführer von schwaben netz, René Schoof, berichtet von „signifikanten“ Wasserstoffbedarfen seitens Industrie und Kommunen in Bayerisch-Schwaben mit Blick auf die Erreichung der Klimaziele 2030. Eine gemeinsame Web-Abfrage von bayernets, schwaben netz sowie der IHK Schwaben erbrachte hier konkrete Zahlen. Insgesamt wurde für das Jahr 2030 ein H2-Bedarf mit einer Leistung von 1.903 MW gemeldet. Dabei ist sich der Geschäftsführer sicher, dass eine reine Elektrifizierung der Energieversorgung viele überfordern würde. „Wir müssen auch den kleinen und mittleren Unternehmen die Chance geben, die richtige Lösung für sich zu finden“, unterstrich Schoof in Berlin.
Großer Zuspruch für Umstellung auf Wasserstoff
Dass sich die Gasnetzbetreiber auf breiter Fläche mit Umsetzungsszenarien beschäftigen, zeigt auch der diesjährige Gasnetztransformationsplan (GTP). Dabei handelt es sich um das zentrale Planungsinstrument für die Transformation der Gasverteilnetze hin zur Klimaneutralität. Nach dem Start 2022 stieg im dritten Planungsjahr die Anzahl der teilnehmenden Gasverteilnetzbetreiber auf 252. So deckt der GTP nun Gasleitungen mit einer Gesamtlänge von 450.000 km ab und erreicht 381 von 401 deutschen Landkreisen.
Abb. 3 a-c: Im Rahmen des Gasnetztransformationsplans (GTP) analysieren die Netzbetreiber die Bedarfe ihrer Kunden bis ins Jahr 2045
Im Rahmen des Gasnetztransformationsplans (GTP) analysieren die Netzbetreiber die Bedarfe ihrer Kunden bis ins Jahr 2045
Quelle: GTP 2024, DVGW/VKU)
Die Tendenz ist deutlich: Die Mehrheit der rund 1.100 durch die GTP-Teilnehmer versorgten Kommunen plant den langfristigen Einsatz klimaneutraler Gase sowohl in der Industrie als auch in Privathaushalten. (Lediglich zwei Prozent der Kommunen sprachen sich gegen den Einsatz in der Industrie aus, sieben Prozent lehnten einen solchen für Privathaushalte ab.) Und auch zwei Drittel der über 3.500 befragten Industrie- und Gewerbekunden sehen einen zukünftigen Bedarf an Wasserstoff, von den Großkunden ab 10 Mio. kWh sogar über 80 Prozent und davon ein Viertel bereits bis 2030.
„Umfangreiche Studien des DVGW und seiner Institute zeigen, dass die deutschen Gasverteilnetze mit volkswirtschaftlich vergleichsweise geringen Kosten technisch sicher für die Verteilung von Wasserstoff ertüchtigt werden können. Dies muss jetzt angegangen werden“, fordert DVGW-Chef Linke. Für die technische Umstellung bietet der DVGW mit verifHy die zentrale Plattform zur schnellen und komfortablen Überprüfung der Wasserstoffeignung von Gasnetzen und der verwendeten Produkte, Komponenten und Materialien an. Per Knopfdruck lassen sich zuverlässige Informationen zur H2-Readiness abrufen. verifHy unterstützt die Gasnetzbetreiber dabei, ihre Infrastrukturen auf die Eignung für Wasserstoff zu überprüfen. Die Datenbank soll so zum zentralen Beschleuniger für die H2-Netzumstellung werden.
Unproblematische Umstellung bei Avacon
Dass eine Umstellung auch in der Praxis möglich ist, hat man bei Avacon Netz nachgewiesen (s. HZwei-Heft Okt. 2022). Torsten Lotze aus dem Assetmanagement Gas/Wasserstoff verweist auf acht erfolgreiche Pilotprojekte mit PE- und Stahlnetzen im Rahmen des DVGW-Projektkreises „Wasserstoff in der Gasverteilung“. Die Netzbetreiber haben dort aufgrund der vorab durchgeführten Analysen keine Bauteile ausgetauscht. „Die oberirdische Überprüfung von erdverlegten Leitungen vor und nach der Umstellung bestätigte jeweils die technische Dichtheit“, berichtet Lotze. Während des Betriebs seien keine technischen Auffälligkeiten aufgetreten.
Eine Integritätsbeurteilung erfolgte vorab gemäß den DVGW-Merkblättern G407 (Umstellung von Stahlrohren bis 16 bar Betriebsdruck) sowie G408 (für PE-Rohre bis 16 bar Betriebsdruck). Die Materialien seien „safe“. Man habe in den Netzen nichts gefunden, was tatsächlich kritisch sei, betont Manager Lotze.
Mit diesem Wissen ist man in der Lage, bereits die nächsten Schritte zu gehen. „Wir können jetzt schon Netze bewerten und einen Umstellungsfahrplan aufstellen“, bilanziert der Avacon-Mitarbeiter. Dieser Plan sieht fünf konkrete Schritte vor:
- Bestandsaufnahme und Dokumentation der aktuellen Netzstruktur, Materialien und Betriebsbedingungen
- Netzanalyse, Materialanalyse und Bewertung der Wasserstoffbeständigkeit
- Ersatzmaßnahmen bei unvollständiger Dokumentation
- Technische Anpassungen
- Umstellung
Auf dieser Basis hat der Netzbetreiber den Avacon-Gasnetztransformationsfaktor (GTF) entwickelt. Konkret bewertet dieser, wie gut ein Gasnetz oder einzelne Komponenten in ein zukünftiges dekarbonisiertes Energiesystem überführt werden können. In der Integritätsbeurteilung werden eine H2-Bewertung sowie eine Bewertung der Sicherheit, des Zustands und des Datenbestands jeweils als Kennzahl dargestellt. Über den GTF lasse sich sofort sagen, wo hier das Gesamtnetz steht und wo einzelne lokale Abschnitte stehen, erläutert Lotze. Angesichts dieser Erkenntnisse und erzielten Fortschritte überrascht das Fazit des Avacon-Experten nicht: „Der Wasserstoff kann kommen, das Gasverteilnetz ist bereit.“
Klar ist: Das H2-Kernnetz erreicht nicht alle industriellen und gewerblichen Gasabnehmer mit Prozesswärmebedarf.
Quelle: Studie Prozesswärme – woher kommt die Energie? DVGW, DBI, DMT
Verteilnetz von besonderer Bedeutung
Bereit sind offensichtlich auch die Industriekunden: Laut dem H2-Marktindex (s. Infokasten) schätzen 76 Prozent der Marktakteure die Bedeutung von klimaneutral erzeugtem Wasserstoff für die zukünftige Energieversorgung in Deutschland als hoch und sehr hoch ein. Ein wichtiges Einsatzgebiet ist dort die Prozesswärme mit Temperaturen zwischen 100 und 1.500 Grad Celsius. Dieser Bedarf lag in den vergangenen Jahren bei rund 200 TWh. Das entspricht fast einem Zehntel des Endenergiebedarfs (Referenzjahr: 2020) von 2.318 TWh und einem Fünftel des Gasbedarfs in Deutschland.
Eine im Auftrag des DVGW erstellte Studie hat über 5.600 Industriestandorte hinsichtlich ihrer Versorgungssituation erfasst. Das Ergebnis zeigt die Bedeutung des Verteilnetzes: 27 Prozent der untersuchten Standorte sind weniger als einen Kilometer vom geplanten H2-Kernnetz entfernt und könnten direkt darüber versorgt werden. 78 Prozent des Gasbedarfs für Prozesswärme werden allerdings in einer Entfernung von über einem Kilometer zu diesem Netz entstehen. Zur Versorgung dieser Standorte wird daher ein wasserstofffähiges Verteilnetz benötigt. „Um den Wasserstoffhochlauf in Deutschland zu beschleunigen, muss der Fokus beim Ausbau der Wasserstoffinfrastrukturen stärker auf die Verteilnetze gelegt werden. Ihnen kommt eine besondere Bedeutung zu“, bringt DVGW-Chef Linke die Situation auf den Punkt.
Der H2-Marktindex – Barometer für den Markthochlauf
Der H2-Marktindex dient dazu, die Wahrnehmung von Marktakteuren bezüglich der Entwicklung eines Wasserstoffmarkts in Deutschland zu ermitteln. Zielsetzungen sind dabei die Abbildung der Wahrnehmungen von verschiedenen Stakeholdern, die Identifikation von Herausforderungen und möglichen Problemfeldern sowie das Erfassen relevanter Indikatoren zur Messung des Fortschritts des Wasserstoffmarkthochlaufs. Der H2-Marktindex umfasst die vier Themenfelder Innovationsumfeld, politisch-regulatorischer Rahmen, Infrastrukturausbau und Marktentwicklung. Die Indexergebnisse werden auf einer Skala von 0 (negativ) bis 100 (positiv) abgebildet.
Zur Erhebung des H2-Marktindexes 2024 wurde eine Online-Befragung von Stakeholdern der Wasserstoffwirtschaft durchgeführt. Insgesamt sind 311 indexrelevante Rückmeldungen in die Auswertung eingeflossen. Durchgeführt wurde die Befragung vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln gGmbH (EWI) im Auftrag des DVGW, des Verbands der Chemischen Industrie e.V. (VCI), des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) und der Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl).
Autor: Michael Nallinger
von Monika Rößiger | Dez. 16, 2024 | 2024, Deutschland, Energiewirtschaft, Meldungen, News, Wasserstoffwirtschaft
Um seine „Rolle in der globalen Wasserstoffwirtschaft“ zu stärken ist Enertrag, Entwickler und Produzent erneuerbarer Energien, seit Herbst 2024 auch in der Hansestadt vertreten. In der neuen Niederlassung möchte Enertrag zur Dekarbonisierung der Logistik- und Schifffahrtsbranche beitragen. Und: „Wir wollen nicht nur die Schifffahrt, sondern auch zahlreiche weitere Industrien mit grünem Wasserstoff versorgen“, verkündete der Vorstandsvorsitzende Gunar Hering vor mehr als 80 geladenen Gästen bei der feierlichen Eröffnung der neuen Räumlichkeiten. Diese nehmen die oberste Etage des historischen Laeiszhofes ein, eines reich verzierten Klinker-Prachtbaus im Zentrum der Hansestadt.
Hamburg als Zentrum der Windenergie in Deutschland wird künftig auch ein wichtiger Standort für die Wasserstoffwirtschaft sein. Das zeigen die seit vergangenem Jahr laufenden Bauarbeiten für den 100-Megawatt-Elektrolyseur in Moorburg und für das H2-Industrienetz der Hansestadt (s. HZwei-Heft, April 2024). Damit bietet der Hafen „ideale Voraussetzungen, um als Drehscheibe für den Import und Export von Wasserstoff sowie dessen Derivaten zu fungieren“, fuhr CEO Hering fort. In enger Kooperation mit der Reederei F. Laeisz, der Stiftung H2Global und weiteren Nachbarn im Laeiszhof wolle Enertrag die Infrastruktur für den Handel und die Nutzung von grünem Wasserstoff vorantreiben.
Nikolaus Schües, CEO der F. Laeisz Gruppe, die eigene Schiffe für den Transport von Ammoniak betreibt, unterstrich die Bedeutung der maritimen Logistik für die Energiewende. Der Aufbau einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Energieversorgung könne nur in sektorenübergreifender Zusammenarbeit gelingen: „Die Schifffahrt ist dabei ein wichtiges Bindeglied, nicht nur als Transporteur, sondern auch als Nutzer von wasserstoffbasierten Energieträgern.“ Das traditionelle Schifffahrtsunternehmen, das im Frühjahr 2024 sein 200-jähriges Bestehen feierte und früher unter anderem Salpeter, Bananen und Weizen transportierte, setzt für die Zukunft auf grünes Methanol und grünes Ammoniak. Und plant, Teile seiner Flotte auf diese Energieträger umzustellen.
CEO Gunar Hering mit Finanzsenator Andreas Dressel und dem Reeder Nikolaus W. Schües (v. l.)
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Enertrag wiederum kümmere sich um die Herstellung und Verfügbarkeit der Wasserstoffderivate. Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens mit mehr als 1.100 Mitarbeitern auf vier Kontinenten verweist auf die langjährige Erfahrung in der Herstellung von grünem Wasserstoff, zum Beispiel im Verbundkraftwerk Uckermark, das Enertrag seit 2011 betreibt.
Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel freute sich über den Neuzugang in der Stadt. In einem Grußwort an die künftigen Nachbarn, die nur einen kurzen Fußweg vom Rathaus entfernt residieren, sagte er: „Unsere Stadt bietet gute Rahmenbedingungen und Investitionsmöglichkeiten auch und gerade im Bereich großer Wasserstoffprojekte.“ Insofern sei Enertrag ein Gewinn für Hamburg, um den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft hier und in Deutschland voranzubringen.
von Claas Hülsen | Dez. 4, 2024 | 2024, Energiespeicherung, Energiewirtschaft, Entwicklung, Europa, Meldungen, News, Wasserstoffwirtschaft
Neue DNV-Studie analysiert Produktion und Export
Eine neue Studie des Beratungsunternehmens DNV untersucht das H2-Exportpotenzial aus Schweden, Finnland und dem Baltikum sowie alternative Transportrouten nach Deutschland und Zentraleuropa. Die Studie zeigt dabei auf, ob es im Ostseeraum ein ausreichendes Potenzial für die Produktion von Wasserstoff für den Export gibt, wie wirtschaftlich dieser Wasserstoff produziert werden kann und wie die Länder in der Region von der Entwicklung eines H2-Netzes sowie dem entsprechenden Handel mit Wasserstoff profitieren können. Für den groß angelegten Export von Wasserstoff können gesamteuropäische Pipelinesysteme eine entscheidende Rolle spielen, weshalb die Studie auch eine vergleichende Analyse möglicher Pipelinerouten enthält.
Für die Dekarbonisierung zentraler Industriebereiche in Zentraleuropa und insbesondere in Deutschland ist die Beschaffung von günstigem grünem Wasserstoff in den kommenden Jahren eine wichtige Herausforderung. Insbesondere die Stahlindustrie und die Grundstoffchemie sind von der Verfügbarkeit von günstigem Wasserstoff abhängig. Eine heimische Herstellung von Wasserstoff kommt dabei schnell an ihre Grenzen. Sie konkurriert hierbei mit der Dekarbonisierung der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien bei gleichzeitig steigenden Strombedarfen durch die Elektrifizierung wesentlicher Wirtschaftsbereiche – beispielsweise in der Mobilität –, zum anderen sind die heimischen Gestehungskosten für Wasserstoff in Deutschland teilweise deutlich höher als in anderen Regionen der Welt.
Insofern werden wesentliche Mengen von Wasserstoff importiert werden müssen. Während für große Distanzen der Seetransport teilweise die einzige Option darstellt, stellt für mittlere Distanzen der pipelinegebundene Transport eine kosteneffiziente Variante dar. Der Transport über Pipelines hat insbesondere den Vorteil, dass erzeugter Wasserstoff in Reinform vorliegt und keine Transformationsverluste, wie beispielsweise bei einem Tankertransport in Form von Ammoniak, auftreten. Strategisch ist es für den Aufbau der H2-Importketten für Europa und Deutschland zudem wichtig, stabile und auch in Krisenfällen belastbare Partnerschaften aufzubauen, um nicht in ähnliche Situationen wie die Unterbrechung der Gasversorgung aus Russland im Zuge des Ukrainekriegs zu kommen.
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Insofern ist es im Interesse aller Beteiligten, sich auch innerhalb Europas nach möglichen naheliegenden Bezugsquellen umzuschauen. Verschiedene Pipelinekorridore werden in diesem Zusammenhang derzeit diskutiert und auch als sogenannte „Projects of Common Interest (PCI)“ von der EU gefördert.
Diesbezüglich hat DNV im Auftrag von Gascade in den vergangenen Monaten das Potenzial eines Wasserstoffbezugs aus Schweden, Finnland und dem Baltikum untersucht. Hierbei wurde auf der Basis vorliegender energiepolitischer Zielsetzungen der genannten Länder zunächst abgeschätzt, wie groß ein mögliches Exportportpotenzial aus dem Ostseeraum sein kann. Zum anderen wurde ermittelt, zu welchen Kosten dieser Wasserstoff bereitgestellt werden kann und welche Transportrouten aufgrund der geographischen Produktionspotenziale sinnvoll sein werden.
Die Länderanalysen, die die Basis der Untersuchung bilden, legen dabei ein differenziertes Bild der Pläne der einzelnen Staaten in zwei Szenarien vor. In diesen Szenarien wird jeweils der geplante Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Eigenbedarf an Strom und Wasserstoff ermittelt. Dabei wird in einem optimistischen Szenario je Land jeweils von einem ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien für die meisten Länder unter Anwendung von Daten aus dem TYNDP 2022 ausgegangen. Dieser Ausbau wird jeweils kombiniert mit einem entsprechend, gemäß der jeweiligen H2-Strategie des Landes, ambitionierten Ausbau der jeweiligen H2-Nutzung. Das konservative Szenario ist demgegenüber in allen Komponenten weniger ambitioniert.
Die im jeweiligen Szenario verbleibenden Energiemengen (nach Abzug der Inlandsnachfrage von der Stromproduktion) werden für einen Export von Wasserstoff vorgesehen. Es ist zu beachten, dass diese Energie auch für den Export als Strom über neu gebaute Verbindungsleitungen vorgesehen werden könnte. Diese Alternative wird in dieser Studie jedoch nicht weiter berücksichtigt. Im Überblick ergibt sich hieraus das folgende Bild bezüglich des vorhandenen Exportpotenzials in den beiden Szenarien:
Bei dem in der Studie verwendeten konservativen Szenario zeigt sich, dass insbesondere Finnland im Jahr 2050 einen erheblichen Stromüberschuss erzielen kann, der zur Produktion von grünem Wasserstoff für den Export genutzt werden könnte. Der schwedische Stromüberschuss wird hingegen über den gewählten Zeitraum kontinuierlich abnehmen und das Land im Jahr 2050 keinen Überschuss mehr aufweisen. Dies liegt an den moderaten staatlichen Ausbauzielen in Schweden bei gleichzeitigem Voranschreiten der innerstaatlichen Elektrifizierung.
Insgesamt ergibt sich nach dem konservativen Szenario ein Potenzial von etwa 70 TWhel im Jahr 2050, das aus der Region bezogen werden kann, wobei Finnland die Hauptquelle für den Überschuss darstellt. Dieser ausgewiesene Überschuss auf Basis der niedrigeren Ambitionen ist recht gering, vor allem weil Schweden aufgrund der eigenen Elektrifizierung der Industrie und des heimischen Wasserstoffverbrauchs 2050 keinen geringen Überschuss ausweist. Dennoch leistet die Windenergie in den Ländern einen signifikanten Beitrag: Es ist davon auszugehen, dass Onshore-Windstrom mit einem Anteil von etwa 40 bis 50 % (SE) und 70 bis 80 % (FI) an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Zeitraum 2030 bis 2050 die Hauptquelle des Überschusses sein wird. Danach folgt die Offshore-Windkraft mit einem Anteil an der EE-Stromerzeugung, der bis 2050 auf 10 bis 20 % (SE) bzw. etwa 5 % im Jahr 2030 und 11 % im Jahr 2050 (FI) steigt.
Im optimistischen Szenario hingegen ist die Entwicklung in beiden Ländern ausgewogener. Schweden weist in diesem Szenario das höchste Überschusspotenzial im Jahr 2030 aus, das sich dann jedoch aufgrund der Elektrifizierung bis 2040 halbiert, danach aber stabil bleibt. Für Finnland wird ein noch stärkerer Anstieg als im konservativen Szenario prognostiziert. Im Zeitverlauf könnte dementsprechend das folgende Gesamtpotenzial für überschüssigen Strom zur Erzeugung von grünem Wasserstoff aus der Region erreicht werden: 2030: 16 TWhel, 2040: 90 TWhel, 2050: 119 TWhel.
Auch in diesem Szenario bleibt Finnland der größte Überschuss-Stromerzeuger und würde etwa 30 TWhel mehr als im konservativen Szenario produzieren. Hinzu kommt ein kleines Potenzial aus den baltischen Staaten und Polen.
Für die nachfolgende Analyse der Pipelineverläufe wurde diese Analyse je Szenario nicht nur auf Länderebene vorgenommen, sondern auf Regionalebne differenziert – Basis dafür bildeten die bestehende und geplante Verteilung von EE in den einzelnen Landesregionen.
Berechnung der H2-Erzeugungskosten
Die Analyse der Gestehungskosten ist wichtig, da ein Export von Wasserstoff nur dann als Geschäftsmodell sinnvoll ist, wenn die Kosten auch im Vergleich zu anderen möglichen Herkunftsregionen wettbewerbsfähig sind. In dieser Hinsicht sind die nivellierten Wasserstoffkosten (LCOH) der üblicherweise verwendete Leistungsindikator. In einem zweiten Schritt wird daher je Region eine Berechnung der Erzeugungskosten für grünen Wasserstoff durchgeführt. Verglichen werden pro Region die LCOH für unterschiedliche Erzeugungstechnologien, für die die jeweiligen regionalen Kapazitätsfaktoren zugrunde gelegt werden.
Für die Berechnung der Wasserstoffgestehungskosten (LCOH) werden zudem zwei mögliche Konzepte in der Studie überprüft. Zunächst wird als Option 1 angenommen, dass der Elektrolyseur direkt gekoppelt mit erneuerbaren Ressourcen betrieben wird, um grünen Wasserstoff zu erzeugen. Alternativ wird dann auch ein anderer Ansatz für die Region analysiert, bei dem der Strom aus dem Stromnetz bezogen wird – was regulatorisch unter bestimmten Umständen, die in den Delegated Acts der EU vorgegeben werden, auch die Erzeugung von grünem Wasserstoff möglich macht. In diesem Fall prüfen wir, ob die Einspeisung aus erneuerbaren Energien in den untersuchten Gebieten über 90 % liegt, wie es für eine Ausnahme von den RED-III-Kriterien in Bezug auf Punkte wie PPA für erneuerbare Energien, Zusätzlichkeit und zeitliche Korrelation erforderlich ist, und bewerten dann den Wasserstoff entsprechend unter Zugrundelegung der Stromkosten aus dem Netz.
Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass die Erzeugungskosten über das direkt gekoppelte Konzept hoch erscheinen. Sie liegen je nach Region zwischen 6,15 EUR/kg und 18,75 EUR/kg (s. Abb. 2). Dies erscheint im Vergleich zu den Erzeugungskosten in Südeuropa für direkt gekoppelte Anlagen hoch, so dass es zu diesen Produktionskosten fragwürdig ist, dass sich ein Export wirtschaftlich etablieren kann.
Abb. 2: Stromgestehungskosten von Wasserstoff für direktgekoppelte Onshore-Windelektrolyse im Jahr 2030 für alle analysierten NUTS2-Regionen
Aufgrund des sehr hohen Anteils an EE in den skandinavischen Regionen und des zusätzlich ebenso niedrigen spezifischen CO2-Anteils je kWh (durch die Kombination Wasserkraft, Kernenergie und EE) kann aber angenommen werden, dass für die relevanten Gebotszonen in Finnland und Schweden die Ausnahmeregelungen des REDIII Delegated Act zum Tragen kommen, so dass Elektrolyseure die Energie aus dem Netz beziehen können. Hierdurch ändert sich das Bild im Bezug auf die LCOH signifikant – insbesondere, da die Elektrolyseure nun eine sehr viel höhere Volllaststundenzahl erreichen können und so die Kapitalkosten im Verhältnis zur erzeugten Wasserstoffmenge reduziert werden. Auf diese Weise werden LCOH zwischen 2,5 EUR/kg und 4,5 EUR/kg erreicht.
Da diese wiederum über die Zeitachse abhängig von den Stromkosten im jeweiligen Land sind, wurden diese Strompreise aus der DNV-Strompreisprognose für Finnland und Schweden zugrunde gelegt. Aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung in beiden Ländern steigt die Nachfrage nach Strom zwischen 2030 und 2050 an – was zunächst zu steigenden Strompreisen und damit auch steigenden LCOH führen wird. Langfristig wird sich aus Sicht von DNV der Strompreis jedoch moderat entwickeln, so dass die LCOH für 2050 bei etwa 2,5 EUR/kg eingeschätzt werden (s. Abb. 3).
Abb. 3: LCOH Schweden und Finnland bei Netzentnahme 2030 bis 2050
Als Ergebnis der Kostenanalysen ergab sich somit, dass in Skandinavien aufgrund der spezifischen Systemsituation sehr attraktive Produktionskosten für Wasserstoff erreicht werden. Dies zeigte sich auch bereits in diesem Jahr bei den Pilotauktionen der Europäischen Wasserstoffbank.
Exportkorridore nach Zentraleuropa
Im letzten Teil der Analyse wurden aufgrund der ermittelten regionalisierten Exportpotenziale schließlich mögliche Exportkorridore nach Zentraleuropa bewertet. Dabei haben wir für die Analyse die derzeit in den Netzentwicklungsplänen beschriebenen Korridore (European Hydrogen Backbone) zugrunde gelegt und diese im Hinblick auf das regionalisierte Exportpotenzial aus dem ersten Teil der Untersuchung hinsichtlich ihrer Kosten und Kapazitäten sowie ihrer strategischen Routenführung verglichen. Die nachfolgende Abbildung zeigt die fünf untersuchten Varianten, für die jeweils zu Vergleichszwecken ein identischer Startpunkt in Finnland nahe der Stadt Turku gewählt wurde und das ermittelte regionalisierte Exportpotenzial zugrunde gelegt wird.
Abb. 4: Fünf analysierte Fälle für den (gleichzeitigen) Einsatz der Onshore- und Offshore-Pipeline-Routen
Beide Routen schließen an das geplante finnische Onshore-Wasserstofftransportnetz an, das aus dem Norden Finnlands kommen wird.
Onshore-Route
Die Onshore-Route beginnt mit einer Verbindung von Turku nach Helsinki, wo der finnische Meerbusen von einem Offshore-Pipeline-Segment durchquert wird, das Helsinki mit Tallinn verbindet. Von dort aus wird der Wasserstoff über eine neu gebaute Pipeline durch Estland und Lettland transportiert, bis man in Lettland auf einen etwa 100 Kilometer langen Abschnitt einer wiederverwendeten Erdgaspipeline trifft. Die Gesamtlänge der Onshore-Route beträgt etwa 2.000 km. Zur Berechnung der Wasserstofftransportkapazität gehen die European-Hydrogen-Backbone-Reports von folgenden Annahmen für die verschiedenen Pipelinesegmente aus:
- Neubau von 36-Zoll-Pipelines (50 bar), Nennkapazität von 4,7 GWH2, Kapazitätsfaktor 100 %
- Wiederverwendete 36-Zoll-Pipelines (50 bar), Nennkapazität von 4,7 GWH2, Kapazitätsfaktor von 75 %
- Neubau von 48-Zoll-Pipelines (80 bar), Nennkapazität von 16,9 GWH2, Kapazitätsfaktor 75 %
Die umgewidmeten Abschnitte weisen im Vergleich zu den anderen Rohrleitungsabschnitten einen geringeren Betriebsdruck und damit eine geringere Transportkapazität auf. Diese Segmente stellen somit einen Engpass für Transportkapazitäten dar. Sofern keine Booster-Kompressoren eingesetzt werden, um die Strömungsgeschwindigkeit nach Möglichkeit vorübergehend zu erhöhen, bestimmt diese Einschränkung die Transportkapazität der gesamten Route.
Dies führt zu einer Transportkapazität von 30,9 TWhH2/Jahr, basierend auf der Vollauslastung innerhalb der oben angegebenen Grenzen der Kapazitätsfaktoren und den Teilen des Netzwerks mit der niedrigsten Kapazität (75 % * 4,7 GWH2 = 3,6 GWH2). Wenn die Gesamtstrecke auf eine Transportkapazität von 4,7 GWH2 ausgebaut werden kann, können insgesamt 41,2 TWhH2/Jahr transportiert werden. Bei dem erwarteten Kapazitätsfaktor für finnische Onshore-Windenergie von 40 % beträgt die Transportkapazität einer 4,7 GWH2-Verbindung 16,5 TWhH2/Jahr.
Beim Vergleich mit der erwarteten Größenordnung des Überschusses aus Finnland ergibt sich, dass die Onshore-Route die erwartete Wasserstofftransportkapazität aus dem Überschuss aus Finnland nur im optimistischen Szenario (8,6 TWhH2/Jahr) für 2030 decken kann. Nach dieser Zeit reicht die Onshore-Route allein nicht mehr aus, um ausreichende Transportkapazitäten bereitzustellen.
Nach Veröffentlichung der DNV-Studie kündigte das Konsortium „Nordic-Baltic Hydrogen Corridor“ an, dass es die ursprünglichen Pläne zur Nutzung von Pipelineabschnitten bestehend aus wiederverwendeten Erdgaspipelines aufgeben und – aus Gründen der Transportkapazität – versuchen werde, 48-Zoll-Neubauleitungen über die gesamte Landtrasse vorzusehen. Dies bedeutet, dass die Landroute tatsächlich über eine größere Transportkapazität verfügen wird, als in dieser Studie prognostiziert, sofern die neuen 48-Zoll-Pipelines realisiert werden können.
Offshore-Route
Die Offshore-Route beginnt alternativ mit einer Verbindung von Turku zur Insel Åland. Von dort führen eine oder mehrere Pipelines mit einer Länge von etwa 760 Kilometern durch die Ostsee zur dänischen Insel Bornholm. Von dort führen wiederum eine oder mehrere Pipelines zum deutschen Festland. Die Gesamtlänge einer einzelnen Pipelinetrasse beträgt etwa 1.000 km. Die Gesamtlänge, einschließlich einer doppelten Pipelinetrasse, beträgt etwa 1.900 km. In der Studie wurden diesbezüglich sowohl die Kosten für eine einfache als auch für eine doppelte Trasse analysiert.
Bei einem maximalen Betriebsdruck von 80 bar ist aufgrund der in der Pipeline induzierten Druckverluste eine Wasserstoffrekomprimierung entlang der 760 km langen Strecke von Åland nach Bornholm erforderlich. In diesem Fall muss die Offshore-Route eine Verbindung zur schwedischen Insel Gotland herstellen, um dort eine Rekomprimierung durchzuführen und/oder eine Verbindung zu lokalen Angebots- und Nachfragezentren herzustellen.
Zur Berechnung der Wasserstofftransportkapazität gehen die European-Hydrogen-Backbone-Reports von folgenden Annahmen aus:
- Neubau von 48-Zoll-Pipelines (80 bar)
- Nennkapazität von 16,9 GWH2
- Ein Kapazitätsfaktor von 75 %, was einer tatsächlichen Kapazität von 111,0 TWhH2/Jahr
- Unter der Annahme eines Kapazitätsfaktors von 40 % (entsprechend finnischer Onshore-Windenergie) entspricht dies einer tatsächlichen Kapazität von 59,2 TWhH2/Jahr.
Alternativ wurde die Möglichkeit einer einzigen optimierten Offshore-Pipeline untersucht, die so dimensioniert ist, dass sie in der Lage ist, den erwarteten Überschuss für alle untersuchten Szenarien und Jahre zu transportieren. Bei dieser Pipeline wurde zusätzlich eine Verbindung zwischen der Insel Bornholm und der polnischen Küste im Bereich Niechorze-Pogorzelica vorgesehen, um dort eine Verbindung mit dem landseitigen Wasserstoffnetz herzustellen. Die Optimierung sieht entsprechend eine Dimensionierung der einzelnen um die 780 km langen Pipeline derart vor, dass sie 65 TWhH2/Jahr bei einem Kapazitätsfaktor von 40 % plus X transportieren kann. Ziel der Optimierung ist also, dass eine einzige Pipeline in allen analysierten Szenarien ausreicht, um den überschüssigen Wasserstoff aus Finnland zu transportieren.
Ergebnisse der Optimierung
Die Berechnung erfolgte auf Basis der Norm ASME B31.12, Option A. Daraus ergab sich ein Betriebsdruck von 170 bar und daraus resultierend eine Wandstärke von 60.13 mm. Dies liegt außerhalb des standardisierten Bereichs der auf dem Markt erhältlichen Pipelinewandstärken, ist aber in der Branche nicht beispiellos. Beispielsweise weist die Langeled-Pipeline, die zwischen Großbritannien und Norwegen verläuft, ähnliche Designspezifikationen auf. Die nachfolgende Tabelle fasst die erforderlichen Spezifikationen zusammen.
Tab. 1: Spezifikationen der 780 km langen Pipeline von den Ålandinseln nach Bornholm
Quelle: DNV
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Offshore-Route den erwarteten Wasserstofftransportbedarf aus dem Überschuss aus Finnland in den folgenden Szenarien decken kann:
- Einzelne (nicht optimierte) Pipeline (59.2 TWhH2/Jahr): Alle Szenarien werden erfüllt, außer dem optimistischen Szenario 2050 (62.4 TWhH2/Jahr).
- Duale (nicht optimierte) Pipelines (118.4 TWhH2/Jahr): Alle Szenarien werden erfüllt.
- Einzelne (optimierte) Pipeline (65.0 TWhH2/Jahr): Alle Szenarien werden erfüllt.
Techno-ökonomische Analyse
Nachfolgend sind die Ergebnisse der verschiedenen Pipeline-Routen-Optionen zusammengefasst:
Tab. 2: Nivellierte Kosten des Wasserstofftransports für die analysierten Pipeline-Routen
- Fall 1: Nur Onshore-Route: Die Gesamtinvestitionskosten betragen rund 5,8 Milliarden Euro, aber mit 1,37 Euro/kg H2 ist sie auf der Grundlage der nivellierten Kosten des Wasserstofftransports die teuerste Option.
- Fall 2: Nur Offshore-Route – einzelne Pipeline: Die Gesamtinvestitionskosten sind ähnlich wie bei Fall 1, aber die nivellierten Kosten des Wasserstofftransports sind mit 0,40 Euro/kg H2 weitaus günstiger.
- Fall 2 (Opt): Nur Offshore-Route – einzelne Pipeline (optimiert): Die Gesamtinvestitionskosten sind ähnlich wie in Fall 2, aber die nivellierten Kosten des Wasserstofftransports sind mit 0,39 €/kg etwas niedriger.
- Fall 3: Nur Offshore-Route – doppelte Pipeline: Nivellierte Kosten von 0,40 €/kg. Die Gesamtinvestitionskosten betragen jedoch rund 11,8 Mrd. € – doppelt so viel wie in Fall 2.
- Fall 4: Onshore-Route und Offshore-Route – einzelne Pipeline: Die Gesamtinvestitionskosten sind ähnlich wie in Fall 3, aber die gewichteten durchschnittlichen nivellierten Kosten sind mit 0,61 €/kg höher.
Obwohl Offshore-Pipelines etwa 1,5-mal teurer sind als Onshore-Pipelines mit gleichem Durchmesser, sind sie aufgrund der unterschiedlichen Gesamttransportentfernung zwischen den Onshore- und Offshore-Routen (1.000 km bzw. 2.000 km) in Kombination mit dem größeren Gesamtdurchmesser und Druck (und damit der Transportkapazität) der Offshore-Routen eine kostengünstigere Option für den Transport von überschüssigem Wasserstoff von Finnland nach Mitteleuropa. Aus Sicht der Diversifizierung und der Entwicklung der Wasserstoffproduktion in den baltischen Staaten bietet eine zusätzliche Onshore-Route jedoch eine höhere Versorgungssicherheit.
Schlussfolgerungen
Die Option, Wasserstoff aus dem Ostseeraum zu beziehen, ist für Mitteleuropa wirtschaftlich und strategisch interessant. Niedrige Produktionskosten in Verbindung mit einer innereuropäischen Produktion können die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie fördern und würden Europa weniger abhängig von Importen machen. Für viele Endanwendungen ist die Möglichkeit der Gewinnung von reinem Wasserstoff (und nicht von Derivaten wie Ammoniak) attraktiv, da sie effizienter ist und die Kosten für Umwandlungsprozesse vermeidet.
Eine Kombination aus Offshore- und Onshore-Pipelines kann die Versorgung diversifizieren, da ein ausreichendes Wasserstofferzeugungspotenzial vorhanden ist, wenn das Potenzial für überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien genutzt wird. Eine optimierte Offshore-Pipeline wäre jedoch das kostengünstigste Transportmittel nach Mitteleuropa.
Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass ein strategischer Dialog zwischen den Ostseeanrainerstaaten und den von Wasserstoffimporten abhängigen Ländern der EU (insbesondere Deutschland und Polen) initiiert werden sollte. Ziel sollte es sein, eine gemeinsame Strategie und Vision für ein Wasserstoffnetz im Ostseeraum zu entwickeln, die die bisherigen Überlegungen in der Diskussion um ein europäisches Wasserstoff-Backbone weiterentwickelt und die Pläne für den EE-Ausbau, die Pipelineplanung und die industrielle Nutzung konkretisiert. Aufgrund der vielen zu berücksichtigenden Aspekte wäre ein multinationales Abkommen für eine solche Wasserstoffproduktion und den Netzausbau erstrebenswert.
Autoren: Claas Hülsen, Daan Geerdink, Daniel Anton, DNV Energy Systems Germany GmbH, Hamburg
Claas.Huelsen@dnv.com
von Victoria Kubenz | Nov. 25, 2024 | 2024, Deutschland, Energiewirtschaft, Entwicklung, Meldungen, News, Wasserstoffwirtschaft
Daten als Schlüssel für eine grüne Wasserstoffwirtschaft
Grüner Wasserstoff gilt als eines der Schlüsselelemente zur Erreichung der globalen Klimaziele[i] – aber auch als eine mögliche Alternative zu Gas, was die Dringlichkeit eines schnellen Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland und Europa einmal mehr erhöht. Zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft sind jedoch nicht nur innovative Technologien für Produktion, Transport und Nutzung erforderlich. Es bedarf digitaler Lösungen für eine höhere Effizienz, für die Vorhersage von Wasserstoffangebot und -nachfrage, für die Überwachung des Transports und der Speicherung sowie für die sichere Nutzung von Wasserstoff in den verschiedenen Anwendungsgebieten. Allerdings werden die dafür benötigten Daten bislang kaum bzw. unzureichend unter den potenziellen Marktteilnehmenden ausgetauscht. Gründe dafür sind vor allem fehlendes Vertrauen und die Angst vor Wettbewerbsnachteilen. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt HyTrust will nun durch die Etablierung eines Datentreuhandmodells in der Wasserstoffwirtschaft diesen Herausforderungen begegnen.
Daten spielen eine entscheidende Rolle in der Wertschöpfung von Unternehmen und sind von großer Bedeutung für den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen. Sie dienen als Informationsgrundlage für fundierte strategische Entscheidungen und zur Steuerung von internen Unternehmensprozessen, bieten aber auch großes Potenzial bei der Interaktion über die Unternehmensgrenzen hinweg. Sie ermöglichen zum Beispiel Effizienzsteigerungen, die Koordination der Zusammenarbeit mit Partnern und Kunden sowie die Erschließung von Innovationspotenzialen.
Das Teilen von Daten in Wirtschaft und Forschung ist grundlegend für die Entwicklung von Lösungen für gesellschaftliche Probleme und gilt als wesentlicher Treiber für Innovation und Wettbewerb. Trotz der steigenden Verfügbarkeit von Daten ist zu beobachten, dass sie bisher selten über organisatorische Grenzen hinweg genutzt werden. Dies liegt vor allem am mangelnden Vertrauen der Unternehmen, der Angst vor Know-how-Verlusten sowie vor Wettbewerbsnachteilen[ii]. Weitere Hindernisse sind ein fehlender organisatorischer Rahmen für den sicheren Datenaustausch und unklare Geschäftsmodelle[iii]. Unternehmen erkennen zwar zunehmend den Wert von Daten, aber viele scheitern an der effektiven Nutzung dieser Ressource[iv].
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Doch was passiert, wenn Unternehmen die Digitalisierung und den Datenaustausch vernachlässigen? Die Antworten finden wir in den Lehren aus der jüngeren Wirtschaftsgeschichte:
Dort finden sich Unternehmen wie Kodak, Quelle und Nokia – einstige Giganten in ihren Branchen. Kodak, ein Pionierunternehmen in der Fotografie, verschlief den Übergang zur Digitalfotografie trotz frühzeitiger technologischer Vorreiterschaft. Quelle, ein traditionsreiches Versandhaus, unterschätzte die aufkommende Bedeutung des Onlinehandels und musste schließlich Insolvenz anmelden. Nokia, einst führend in der Mobilfunkbranche, verpasste den Trend hin zu Smartphones und verlor seine marktbeherrschende Position im Bereich der smarten Mobiltelefone an aufstrebende Konkurrenten.
Diese Unternehmen ignorierten nicht nur die aufkommenden digitalen Trends, sondern scheuten auch vor notwendigen Veränderungen zurück. Ihre Trägheit und das Festhalten an alten Geschäftsmodellen führten letztendlich zu existenziellen Krisen. Expertinnen und Experten erklären diese Zurückhaltung damit, dass etablierte Unternehmen lieber auf Strategien setzen, mit denen sie vertraut sind und die sich bisher gut bewährt haben. Daher erwarten Fachleute ein weiteres Wachstum bei geringen Veränderungen – wenig Innovation, kaum Investitionen und weitere Gewinne.
Zudem kommt die oberste Entscheidungsebene in etablierten Unternehmen oft nur zögerlich in Gang, wenn es um die Planung und Strategie für die Digitalisierung geht. Dies führt dazu, dass diese Unternehmen oft nicht rechtzeitig auf Trends setzen und dort ein Klima der Angst herrscht, in dem Scheitern nicht toleriert wird. Diese Faktoren behindern den Innovationsprozess und führen zu kurzfristigem Denken. In Deutschland herrscht ein mittelmäßiger Digitalisierungsgrad vor. Im europäischen Vergleich befinden wir uns auf dem dreizehnten Platz. Vorreiter sind die skandinavischen Staaten und die Niederlande[v].
Dabei spielen Digitalisierung und Datenaustausch in Deutschland eine entscheidende Rolle für den Systemumbau der Energieversorgung hin zu einem nahezu vollständig erneuerbaren Energiesystem und fungieren als Enabler dieses Übergangs. Sie sind somit mehr als nur ein unterstützendes Hilfsmittel (Facilitator), insbesondere im Bereich der Strom- und Wasserstofferzeugung und -nutzung. Studien zur klimaschutzkompatiblen Entwicklung unseres Energiesystems betonen Wind- und Solarenergie als wesentliche Pfeiler der zukünftigen Stromerzeugung. Modellrechnungen zeigen, dass zur Erreichung der Klimaziele eine große Anzahl von Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen, stationären Batteriespeichern, Elektrolyseuren und anderen technischen Anlagen benötigt wird. Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs (Haushalte, Unternehmen, öffentliche Einrichtungen) aus erneuerbaren Energien kommen[vi]. Das bedeutet einen enormen Zubau an Solar- und Windkraft-Anlagen.
Hinzu kommt ein Ausbau der Produktion von grünem Wasserstoff bis 2030 auf eine Kapazität von zehn Gigawatt[vii]. Ein bedeutender Anteil dieser Anlagen wird volatile und nicht regelbare erneuerbare Energien zur Stromerzeugung nutzen, was einen Paradigmenwechsel vom bisherigen zentralen Kraftwerksmodell hin zu einem flexibleren System erfordert. Dieses komplexe Zusammenspiel erfordert eine zeitlich angepasste Energienutzung, eine stärkere Kopplung der Sektoren sowie den temporären Einsatz flexibler Erzeugungsanlagen und verschiedener Speichertechnologien[viii].
Gleichzeitig besteht eine Herausforderung in der saisonalen Balance von Angebot und Nachfrage bei der Integration von Strom aus Photovoltaik und Windenergie. Lösungsansätze wie die Erzeugung und Rückverstromung von Wasserstoff sowie die Nutzung großer Speicherkraftwerke werden hier diskutiert. Die Einbindung einer Vielzahl an dezentralen Verbrauchs- und Erzeugungseinheiten als aktiven Marktteilnehmenden ist entscheidend für den kurzfristigen Ausgleich im Energiesystem[ix]. Von ihr hängen die (Kosten-)Effizienz und Umweltfreundlichkeit des Gesamtsystems sowie die Liquidität der Märkte ab.
Die Einführung echtzeitfähiger und resilienter Digitalisierungskonzepte, die eine reaktive Netzführung ermöglichen, ist ein weiterer Schritt zur Entwicklung von Flexibilitätspotenzialen. Allerdings bestehen gegenwärtig noch digitale Lücken, da die Prozesse zur dynamischen Anpassung von Stromangebot und -nachfrage häufig zeitaufwendig und papierbasiert sind. Eine vollständige Ende-zu-Ende-Digitalisierung und ein datenbasierter Informationsaustausch sind erforderlich, um diese Abläufe effizienter und effektiver zu gestalten.
Einblicke in digitale Lösungen
Produktion von grünem Wasserstoff: Hier werden insbesondere die Herausforderungen der volatilen Verfügbarkeit erneuerbarer Energien und der Produktionskosten adressiert. Digitale Lösungen wie automatisierte Energiemanagementsysteme können eine prädiktive Produktionsplanung unterstützen, indem sie Parameter wie Stromverfügbarkeit, Strompreise und Wasserstofflast kontinuierlich analysieren. Predictive Maintenance reduziert Ausfallzeiten und maximiert die Verfügbarkeit der Anlagen durch vorausschauende Wartungsarbeiten.
Wasserstofftransport: Nach der Produktion muss der Wasserstoff zu den Verbrauchern transportiert werden. Dies erfordert jedoch nicht nur die Überprüfung und Anpassung bestehender Infrastrukturen, sondern auch eine Dynamisierung dieser. Smart Grids ermöglichen eine dynamische Anpassung des Wasserstoffflusses in Echtzeit, was zu einer effizienten Verteilung und Nutzung führt. Energiemanagementsysteme können genutzt werden, um die Integration von Energie aus Wasserstoff in bestehende Energieinfrastrukturen zu ermöglichen, indem sie Netzbelastungen ausgleichen und Energieverluste minimieren. Digitale Logistikplattformen koordinieren den Wasserstofftransport und verbessern die Effizienz der Lieferkette, wobei regulatorische Vorgaben und die Nachverfolgbarkeit der Zertifizierung von grünem Wasserstoff berücksichtigt werden.
Wasserstoffspeicherung: Die Speicherung von Wasserstoff ist entscheidend für die Versorgungssicherheit. Eine intelligente Planung der Speicherkapazitäten mit Hilfe digitaler Technologien (wie zum Beispiel Energiemanagementsystemen) kann die Kosten senken, indem sie die Effizienz der Nutzung durch automatisierte Be- und Entladevorgänge maximiert und Energieverluste minimiert. Handelsplattformen bieten Transparenz über Bestände und Nachfrage, während Simulationsprogramme oder digitale Zwillinge verschiedene Speicherszenarien modellieren, testen und optimieren können.
Wasserstoffnutzung: In der Anwendung von grünem Wasserstoff sorgen auf Echtzeitdaten basierte KI-gestützte Steuerungssysteme für eine effiziente und bedarfsgerechte Nutzung von grünem Wasserstoff in verschiedenen Anwendungen, wie zum Beispiel in industriellen Prozessen oder im Bereich Mobilität. Hier werden bereits existierende Cloud-Computing-Anwendungen genutzt, die eine optimale Steuerung ermöglichen. Außerdem gibt es zunehmend Potenzial für neue Geschäftsmodelle, wie zum Beispiel Mietmodelle für Elektrolyseanlagen, welche auf Datenqualität basieren und die Flexibilität erhöhen. Start-ups spielen eine wichtige Rolle bei der Adressierung von Herausforderungen in der Wertschöpfungskette, indem sie innovative Lösungen anbieten.
Entwicklung eines Wasserstoffmarktes: Digitale Lösungen könnten regionale und globale Marktplätze verknüpfen und den Handel über verschiedene Plattformen ermöglichen. Blockchain-basierte Smart Contracts können Handelsabwicklungen automatisieren und absichern, wodurch Vertrauen und Sicherheit erhöht werden. Big-Data-Analysen unterstützen die Preisbildung und die Entwicklung von Marktstrategien durch die Auswertung umfangreicher Marktdaten.
Nachvollziehbarkeit und Zertifizierung: Zertifizierung und Nachvollziehbarkeit der Herkunft des Wasserstoffs dürften aktuell zu den meistdiskutierten Themen zählen. Digitale Ansätze können hier Lösungen bieten, wie zum Beispiel die Blockchain-Technologie. Sie gewährleistet die Nachverfolgbarkeit der gesamten Lieferkette von grünem Wasserstoff, von der Produktion bis zur Endnutzung. Digitale Zertifikate und Supply-Chain-Management-Tools sorgen zudem für Transparenz und Vertrauen in die Herkunft und Qualität des Wasserstoffs. Durch die Nutzung digitaler Technologien wird die gesamte Lieferkette effizienter und nachvollziehbarer gestaltet, was die Akzeptanz und Verbreitung von grünem Wasserstoff fördert.
Forschungsprojekt HyTrust[x]
Datentreuhandmodelle (DTM) gelten als eine vielversprechende Methode, um den organisationsübergreifenden Datenaustausch und die wirtschaftliche Datenverwertung zu fördern. Ein Datentreuhänder fungiert als Intermediär[xi], der als neutrale Vertrauensinstanz und Datenverwalter agiert und sich für einen fairen Interessenausgleich zwischen Datengebern und Datennutzern einsetzt[xii]. Ziel eines Datentreuhandmodells ist es, einen vertrauenswürdigen Rahmen mit geeigneter Infrastruktur für den kontrollierten Austausch von Daten über Unternehmensgrenzen hinweg bereitzustellen. Diese Modelle sollen die Datensouveränität und individuelle Kontrolle über den Datenaustausch stärken, indem Datengeber festlegen können, welche Daten zu welchem Zweck und in welcher Form für welche Akteure zugänglich gemacht werden dürfen[xiii].
Datentreuhandmodell, Quelle: Eigene Darstellung, Fraunhofer IMW
Für den Markthochlauf von grünem Wasserstoff spielen Datentreuhandmodelle eine entscheidende Rolle, indem sie das Potenzial bieten, die Bereitschaft zum Teilen von Daten zu erhöhen und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren der Wasserstoffindustrie zu erleichtern. Durch die Verbesserung des Datenzugangs können beispielsweise Wertschöpfungsketten im Kontext der Wasserstoffwirtschaft besser koordiniert und Innovationspotenziale erschlossen werden.
Außerdem stärken Datentreuhandmodelle die Datensouveränität und -sicherheit, indem sie Datengebern ermöglichen, den Zugriff auf ihre Daten genau zu definieren. Die zentralisierte Datenverwaltung und -bereitstellung fördert das Vertrauen und erleichtert den sicheren Austausch von Daten zwischen nationalen und internationalen Akteuren wie Wasserstoffproduzenten und -abnehmern sowie Netzbetreibern.
Trotz der Potenziale gibt es Bedenken und Herausforderungen im Zusammenhang mit Datentreuhandmodellen. Eine verbesserte Datenverfügbarkeit ist nicht automatisch garantiert, insbesondere wenn Datenerfassung und -bereitstellung weiterhin komplex sind. Zudem könnte die Einführung eines Datentreuhandmodells als zusätzliche bürokratische Hürde wahrgenommen werden, die den Prozess der Datennutzung erschwert. Unternehmen und Organisationen könnten auch aufgrund noch offener Haftungsfragen zögern, ihre Daten in einem zentralisierten Modell zu teilen.
Die konkreten Mehrwerte und passenden Anwendungsfälle für Datentreuhandmodelle im Wasserstoffmarkt sind im Status quo noch nicht vollständig definiert. Darum erforschen wir in unserem Projekt, wie Datentreuhandsysteme in der aufkommenden Wasserstoffwirtschaft für verschiedene Anwendungskontexte genutzt und ausgestaltet werden können. Das Forschungsteam entwickelt im Rahmen dieses Projekts tragfähige Geschäfts- und Betriebsmodelle für Datentreuhänder und adressiert technische Aspekte zur Umsetzung des Datentreuhandmodells. Dabei werden die Bedenken und Herausforderungen bei der Einführung eines solchen Modells berücksichtigt und die rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen an Datentreuhänder mit einbezogen.
Mögliche Use Cases für Datentreuhandmodelle
Nachvollziehbarkeit und Zertifizierung: Ein Datentreuhandmodell (DTM) wäre bei der Etablierung des Wasserstoffmarktes sinnvoll, da es die Nachvollziehbarkeit und Zertifizierung im Wasserstoffmarkt verbessern kann. Durch ein solches Modell werden Transparenz und Vertrauen geschaffen, was den Marktzugang aus dem Ausland erleichtert und den Nachfragern klare Informationen über nationale und internationale Akteure, Angebote, Speicherung und Nachfrage liefert. Ein neutraler Non-profit-Verband könnte als Datenverwalter fungieren, ohne direkt in die H2-Wertschöpfungskette involviert zu sein. Dadurch würde die Neutralität des Zertifizierungsprozesses gewährleistet.
Planung von H2-Erzeugung und -Abnahme im Hochlauf: Für eine effiziente Planung der Wasserstoffproduktion und -abnahme ist ein Datentreuhandmodell von entscheidender Bedeutung. Es ermöglicht die Erfassung und Analyse von Daten zu Produktionskapazitäten, Speicherkapazitäten, Nachfrageprognosen und importierten Mengen. Diese Daten sind essentiell für die Optimierung der Netzplanung und die Abstimmung von Angebot und Nachfrage. Ein DTM kann Unternehmen dabei unterstützen, Prozesse zu optimieren und den Wasserstoffmarkt effektiv zu gestalten.
Durch Datentreuhandmodell unterstützte Regulatorik: Die Entwicklung einer praxisnahen und sinnvollen Regulatorik im Wasserstoffmarkt wird durch ein Datentreuhandmodell erleichtert. Dieses ermöglicht die systematische Erfassung und Auswertung von Bedarfen und Anforderungen der Akteure sowie die Umwandlung dieser Informationen in regulatorisch relevante Daten. Auf diese Weise können regulatorische Entscheidungen auf fundierten und aktuellen Daten basieren, was zur Schaffung eines stabilen und verlässlichen Marktumfelds beiträgt.
Netzüberwachung: Für die sichere und effiziente Netzüberwachung im Wasserstoffmarkt ist ein Datentreuhandmodell unerlässlich. Es ermöglicht die sekundengenaue Überwachung von Ein- und Ausgängen im Netz sowie die Erfassung und Analyse von Netzdaten. Dadurch können Netzinseln identifiziert, Engpässe vermieden und eine kontinuierliche Versorgung mit Wasserstoff gewährleistet werden. Ein DTM unterstützt die Offenlegung und Analyse von Netzdaten, was für die Sicherheit und Stabilität des Wasserstoffnetzes von großer Bedeutung ist.
Insgesamt zeigt sich, dass ein Datentreuhandmodell im Wasserstoffmarkt eine zentrale Rolle bei der Verbesserung von Transparenz, Planungssicherheit, regulatorischer Unterstützung und Netzüberwachung spielt. Es fördert Vertrauen zwischen den Marktteilnehmern, erleichtert die Entwicklung einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft und trägt zur Schaffung eines effizienten und zuverlässigen Marktes für grünen Wasserstoff bei.
Die digitale Transformation ist kein Luxus, sondern eine notwendige Bedingung für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen in der vernetzten Welt von heute. Das lässt sich am Beispiel des Hochfahrens des Wasserstoffmarktes und am Design der Wertschöpfungsketten eingängig aufzeigen. Durch den effektiven Einsatz von Datentreuhandmodellen und digitalen Technologien entlang der Wertschöpfungskette können Unternehmen den Übergang zu einer grünen Wasserstoffwirtschaft erfolgreich gestalten und so einen Beitrag dazu leisten, den nachhaltigen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft voranzutreiben.
[i] BMWK (2020): https://www.bmwk-energiewende.de/EWD/Redaktion/Newsletter/2020/07/Meldung/direkt-erklaert.html
[ii] BDVA Position Paper (2019): Towards a European data sharing space. Enabling data exchange and unlocking AI potential.
[iii] European Commission (2018): Study on data sharing between companies in Europe. https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/8b8776ff-4834-11e8-be1d-01aa75ed71a1/language-en
[iv] Bitkom (2023): https://www.bitkom.org/sites/main/files/2023-05/Bitkom-ChartsDatenoekonomie.pdf
[v] Statista (2022): Digitalisierungsgrad der EU-Länder 2022 | Statista
[vi] Bundesregierung (2024): So läuft der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland. So läuft der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland | Bundesregierung
[vii] Bundesregierung (2023): Neue Gigafabrik für Wasserstoff-Zukunft. Neue Fabrik für Wasserstoff-Elektrolyseure | Bundesregierung
[viii] Digitalisierung und Energiesystemtransformation – Chancen und Herausforderungen (2018) 7288_Henning.pdf (wupperinst.org)
[ix] Strüker J., Weibelzahl M., Körner M.-F., Kießling A., Franke-Sluijk A., Hermann, M. (2021): Dekarbonisierung durch Digitalisierung – Thesen zur Transformation der Energiewirtschaft. wi-1290.pdf (uni-bayreuth.de)
[x] Fraunhofer IMW; Projekt HyTrust (2023): https://www.imw.fraunhofer.de/de/forschung/data-mining/PlattformbasierteWertsch/forschungsprojekte/hytrust.html
[xi] Blankertz, A.; von Braunmühl, Patrick; Kuzev, Pencho; Richter, Frederick; Richter, Heiko; Schallbruch, Martin (2020): Datentreuhandmodelle. Stiftung Neue Verantwortung. https://www.stiftung-nv.de/de/publikation/datentreuhandmodelle
[xii] Kühling, Jürgen LL.M Prof. Dr. (2021): Der datenschutzrechtliche Rahmen für Datentreuhänder. Zeitschrift für Digitalisierung und Recht (ZfDR). https://rsw.beck.de/zeitschriften/zfdr
[xiii] BDR (2019): Der Datentreuhänder – Centrust Platform der Bundesdruckerei. Bundesdruckerei. https://www.bundesdruckerei.de/de/Newsroom/Aktuelles/Vertrauen-durch-Datentreuhaender
von Eva Augsten | Nov. 4, 2024 | 2024, Energiewirtschaft, Meldungen, Wasserstoffwirtschaft
Statkraft, Europas größter Erzeuger erneuerbarer Energien, kann bei seinen Plänen zum Aufbau eines Wasserstoff-Produktionsstandorts im niedersächsischen Emden voraussichtlich auf die Unterstützung durch die Europäische Union setzen. Das Unternehmen wurde ausgewählt, einen Zuwendungsbescheid über eine Fördersumme von bis zu 107 Millionen Euro für sein Projekt bestehend aus einer 200-MW-Elektrolyse und einem 50-MW-Wärmepumpensystem zu verhandeln. Damit könnten jährlich bis zu 20.000 Tonnen erneuerbarer Wasserstoff und bis zu 50.000 MWh grüne Wärme erzeugt werden. Bereits heute beliefert Statkraft Industriekunden in Emden mit Fernwärme aus der dortigen Biomasse-Anlage. Die Förderzuwendung stammt aus dem EU-Innovations-Fonds, mit dem die Entwicklung von innovativen Technologien zur Senkung von Treibhausgasemissionen in Europa gefördert wird.
„In Emden schlagen wir das erste Kapitel unserer ambitionierten Wasserstoffpläne in Deutschland auf“, sagt Helge-Jürgen Beil, Vice President Hydrogen bei Statkraft in Deutschland. „Wir wollen ein wichtiger Player im deutschen Wasserstoff-Markt sein und freuen uns sehr, dass wir in diesem für uns bedeutenden Projekt mit einer Förderung durch die EU rechnen dürfen.“ Statkraft hat bereits mehrere Absichtserklärungen mit potenziellen Abnehmern für grünen Wasserstoff und grüne Fernwärme in Emden unterzeichnet. Das Unternehmen wird nun in die Verhandlungen des Zuwendungsbescheids mit der EU einsteigen.
Derweil schreitet Statkraft auch bei seinem Wasserstoff-Pilot-Projekt, der Entwicklung eines 10-MW-Elektrolyseurs zur Herstellung von grünem Wasserstoff am Standort Emden für den lokalen Verkehrssektor, voran. Voraussichtlich noch in diesem Jahr soll eine Investitionsentscheidung für den Bau der Pilotanlage getroffen werden, mit der Wasserstofftankstellen in der Region versorgt werden sollen.
Wie in Emden verfolgt Statkraft auch an anderen Unternehmensstandorten die nachhaltige Strategie, bereits existierende Infrastruktur und das Know-how seiner hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für seine grünen Wasserstoffpläne zu nutzen.
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Grüner Wasserstoff für die Industrie
Im ersten Schritt sollen aus Emden heraus bis zu 20.000 Tonnen erneuerbarer Wasserstoff für die Dekarbonisierung der Industrie bereitgestellt werden. Später kommen dann jährlich bis zu 50.000 MWh Fernwärme hinzu. Die Abwärme aus der Elektrolyse wird mithilfe mehrerer Groß-Wärmepumpen effizient auf ein nutzbares Niveau angehoben und in das örtliche Fernwärmenetz eingespeist.
Der erzeugte Wasserstoff soll über das Wasserstoffkernnetz zu Kunden bundesweit transportiert werden. Durch das eigene, große Portfolio von Erneuerbare-Energie-Anlagen in Deutschland kann Statkraft eine hohe Auslastung des Elektrolyseurs für eine grüne Wasserstoffherstellung sicherstellen.