EU-Rechnungshof: H2-Strategie braucht „Realitätscheck“

EU-Rechnungshof: H2-Strategie braucht „Realitätscheck“

Prüfer halten Ziele für unklar und unrealistisch

Die EU hat sich in ihrer Wasserstoffstrategie für das Jahr 2030 zu hohe Ziele gesteckt. Zu diesem Fazit kommen die Prüfer des EU-Rechnungshofes in einem im Juli 2024 veröffentlichten Sonderbericht. Sie fordern nun eine Anpassung der Strategie und ein besseres Controlling.

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Im Sommer legte der Europäische Rechnungshof einen Sonderbericht mit dem Titel „Die Industriepolitik der EU im Bereich erneuerbarer Wasserstoff“ vor. Auf 124 Seiten (inklusive Anhänge) durchleuchten die Prüfer dabei die bisherigen Pläne, Rechtsvorschriften und Maßnahmen der Europäischen Kommission. Dabei geht es unter anderem um deren mangelnde Konsistenz. Schon bei der Zieldefinition der EU-Pläne monieren die Prüfer viele Unklarheiten und Widersprüche: So ist in der EU-Wasserstoffstrategie die Rede von 40 GW bis 2030 installierter Elektrolyseleistung, mit denen 4,4 Mt Wasserstoff erzeugt werden sollen. Laut einer Arbeitsunterlage zum REPowerEU-Plan soll diese Elektrolyseleistung hingegen 6,6 Mt Wasserstoff liefern. Mit dem Produktionsziel von 10 Mt für das Jahr 2030 passt keiner der Werte zusammen.

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Die Prüfer führen zudem eine Reihe von Nachfrageschätzungen für das Jahr 2030 an. Auf Basis der EU-Regulierungen ergeben sich dabei Mengen zwischen 3,8 und 10,5 Mt. Die meisten liegen jedoch deutlich unter 10 Mt. Für einen Großteil der im REPowerEU-Plan vorgesehenen 20 Mt (10 Mt aus Europa, 10 Mt aus Importen) gebe es demnach keine Abnehmer.

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Auch die Herleitung der Ziele steht für die Prüfer auf zu schwachen Beinen: Für das 40-GW-Ziel sehen sie im Wesentlichen ein Papier des Branchenverbandes Hydrogen Europe als Quelle. Das in der ersten EU-Wasserstoffstrategie festgelegte Produktionsziel von 10 Mt sei hauptsächlich am Bedarf für fossilen Wasserstoff aus dem Jahr 2020 abgeleitet.

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Im Markt zeige sich die Unsicherheit vor allem in Form des altbekannten Henne-Ei-Problems: Kein Industrieunternehmen setzt auf Wasserstoff, wenn dieser nicht sicher verfügbar ist. Und niemand will in teure Infrastruktur investieren, bevor die Kundschaft bereitsteht. „Ein Teufelskreis“, folgert der EU-Rechnungshof in seiner Pressemitteilung. Nötig wären staatlich gestützte Investitionen. Doch wie teuer der Umstieg auf Wasserstoff werden könnte und wie viel öffentliches Geld dafür verfügbar sei, überblicke die Kommission ebenfalls nicht komplett, so die Prüfer. Selbst die verfügbaren EU-Fördermittel für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft ließen sich nur schätzen, denn sie seien über mehrere Programme verstreut. Auf 18,8 Mrd. Euro für den Zeitraum 2021 bis 2027 kommen die Rechnungsprüfer.

Nicht alle ziehen an einem Strang
Dass die Mitgliedsstaaten unterschiedliche Ambitionen haben, die nicht immer mit denen der EU übereinstimmen, macht es nicht leichter. Der Rechnungshof hat vier Länder ausgemacht, in denen nach jetzigem Stand fast 80 Prozent der Elektrolyseurkapazität installiert werden sollen: Deutschland, Spanien, Frankreich und die Niederlande. Dort sei der Anteil der schwer dekarbonisierbaren Industriezweige hoch und die Wasserstoffprojekte vergleichsweise weit gediehen. Zugleich fließe ein Großteil der EU-Förderung in diese Länder.

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Dafür, dass das Wasserstoffpotenzial der gesamten EU ausgeschöpft werde, gebe es hingegen keine Garantie – ebenso wenig dafür, dass dieser Wasserstoff dann in die Länder mit hoher industrieller Nachfrage komme. Nur wenige der möglichen Exportländer hätten bereits Pläne dafür vorgelegt. Eine konkrete Importstrategie (s. S. 7) gebe es lediglich in Deutschland.

Die Prüfer attestieren der Europäischen Kommission allerdings auch viele richtige Schritte. Insbesondere habe sie binnen kurzer Zeit einen fast vollständigen Rechtsrahmen geschaffen. Damit habe sie für die rechtliche Sicherheit gesorgt, die für den neuen Markt nötig sei. Zudem habe sie alles in ihrer Macht Stehende getan, um die Genehmigungen zu beschleunigen.

„Welche Industriezweige will die EU behalten?“
Der Rechnungshof gibt der EU eine Reihe von Empfehlungen mit, die bis Ende 2025 umgesetzt werden sollen. Bereits die erste hat es in sich: Nach einem „Realitätscheck“ solle die Kommission „strategische Entscheidungen […] treffen, ohne neue strategische Abhängigkeiten zu schaffen“. Die Brisanz dieser Aussage verstecken die Prüfer allerdings in einer Klammer in einem Unterpunkt: „Welche Industriezweige will die EU behalten und zu welchem Preis?“ Dabei ist zu berücksichtigen: Die EU-Fördermittel sind begrenzt und die Kommission muss entscheiden, in welchen Teilen der Wertschöpfungskette sie die größte Wirkung entfalten. „Die EU sollte über den strategischen Weg zur CO₂-Neutralität entscheiden, ohne die Wettbewerbssituation ihrer Schlüsselindustrien zu beeinträchtigen oder neue strategische Abhängigkeiten zu schaffen“, sagt Stef Blok, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs. Dass es keinen perfekten Weg dafür gibt und es nicht um das Vermeiden von Importen per se geht, wird an den Formulierungen in der Pressemitteilung klar. Man müsse geopolitische Abwägungen bewusst treffen, präzisiert Blok. Zu vermeiden seien „sehr große Abhängigkeiten bei Grundprodukten“.

Die weiteren Empfehlungen sind deutlich technischer: Die Kommission soll einen Fahrplan festlegen und überwachen, sich einen Überblick über die nationale Finanzierung verschaffen, den Mitgliedsstaaten bei der Projektgenehmigung Dampf machen und sich besser mit der Industrie koordinieren.


Abb. 2: Stef Blok ist Mitglied des Europäischen Rechnungshofs und war für die Prüfung im Rahmen des Sonderberichts zuständig

Autorin: Eva Augsten
Sonderbericht: www.eca.europa.eu/ECAPublications/SR-2024-11/SR-2024-11_DE.pdf

Anm. d. Red.: Eine Zahl korrigiert am 13.09.2024

Wasserstoffhochlauf in Deutschland

Wasserstoffhochlauf in Deutschland

Baufortschritte sind sichtbar
„Aus Vergangenheit wird Zukunft“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, als er sich im August dieses Jahres in Hamburg über den Stand der Bauarbeiten für zwei IPCEI-geförderte Großprojekte informierte. In Begleitung der Hamburger Senatorin für Wirtschaft Melanie Leonhard sowie des Senators für Umwelt Jens Kerstan setzte Habeck gemeinsam mit Gabriele Eggers, kaufmännische Geschäftsführerin von Gasnetz Hamburg, symbolisch den großen Schraubenschlüssel an, während zugleich röhrende Bagger ein Gebäude auf dem Gelände des 2021 stillgelegten Kohlekraftwerks Moorburg abrissen.

Denn direkt an der Süderelbe wird nun Platz geschaffen für den sogenannten Hamburg Green Hydrogen Hub (HGHH), wo mit dem seit langem geplanten 100-Megawatt-Elektrolyseur eine der größten Wasserstofffabriken Deutschlands entsteht. Baubeginn ist 2025, sagte Christian Heine, Sprecher der Geschäftsführung der Hamburger Energiewerke, die den HGHH gemeinsam mit ihrem Konsortialpartner Luxcara realisieren. Parallel dazu hat Hamburg Gasnetz die Tunnelbohrer für das H2-Industrienetz (HH-WIN) im Einsatz, das im Hafen der Hansestadt mit einer Länge von anfangs 40 Kilometern angelegt wird. Später soll es auf 60 Kilometer ausgebaut und an den European Hydrogen Backbone angebunden werden.

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Hamburg will Tor zur Wasserstoffwelt werden
Beide Projekte sollen 2027 in Betrieb gehen und zusammen das Fundament für den Aufbau einer H2-Infrastruktur in Norddeutschland bilden. 10.000 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr soll der Elektrolyseur dann mithilfe des reichlich vorhandenen Windstroms produzieren. Dieser kann direkt bis zum 380-kV-Netzknoten übertragen werden, der am Standort Moorburg bereits vorhanden ist.

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„Luxcara ist in einige europäische Wasserstoffprojekte eingebunden“, sagte deren Geschäftsführerin Alexandra von Bernstorff anlässlich des Ministerbesuchs. „Aber keines begeistert mich so wie dieses hier.“ Denn hier gehe es wirklich voran. Während andere noch redeten und planten, werde in der Hansestadt gebaut, sagte auch Umweltsenator Kerstan. Seit vergangenem Jahr ist der Rückbau des Kohlekraftwerks in vollem Gange, an dessen Standort neben dem Elektrolyseur auch eine Gasübergabestation und eine Lkw-Verladestation entstehen. Von dort kann Wasserstoff per Trailer abtransportiert werden, um kleinere und mittlere Unternehmen im Hamburger Hafen zu versorgen, die nicht an das Gasnetz angeschlossen sind. Der Elektrolyseur soll dazu beitragen, den Hafen samt seiner Schwer- und Chemieindustrie zu defossilisieren, und perspektivisch auf bis zu 800 MW-Elektrolyseleistung ausgebaut werden, woran seitens der Industrie großes Interesse bestehe.

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4,6 Mrd. Euro von Bund und Ländern
HGHH und HH-WIN sind zwei der 23 großen IPCEI-Vorhaben in Deutschland, die mit insgesamt 4,6 Mrd. Euro an öffentlichen Geldern unterstützt werden. Weitere 3,3 Mrd. Euro sollen durch private Investitionen der beteiligten Unternehmen hinzukommen. Das Geld geht unter anderem in den Aufbau von 1,4 Gigawatt Elektrolyseleistung, rund 2.000 Kilometer Wasserstoffpipelines, 370 Gigawattstunden Speicherkapazität und in die Nutzung von flüssigen organischen H2-Trägern (LOHC). Entsprechende Terminals sollen auf diese Weise den Transport von etwa 1.800 Tonnen Wasserstoff pro Jahr ermöglichen.

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Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte am 15. Juli gemeinsam mit den Wirtschaftsministern von zehn Bundesländern in Berlin die Förderzusagen überreicht (s. HZwei-Heft Juli 2024). Die staatliche Unterstützung, die zu 70 Prozent vom Bund und zu 30 Prozent von den Ländern kommt, ist für Projekte der sogenannten Hy2Infra-Welle des Wasserstoff-IPCEI bestimmt. Die beihilferechtliche Genehmigung für die öffentliche Förderung hatte die EU-Kommission am 15. Februar erteilt.

Trotz des Baufortschritts in Moorburg bleibt für Industrievertreter die Unklarheit über den künftigen Wasserstoffpreis. Der muss noch verhandelt werden. Die Gespräche zwischen dem HGHH-Konsortium und den im Hafen ansässigen Unternehmen laufen bereits.

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Abb.: Symbolische Montage am Standort Hamburg-Moorburg: Vizekanzler Robert Habeck und Gabriele Eggers, kaufmännische Geschäftsführerin von Gasnetz Hamburg, greifen zum Schraubenschlüssel. Dahinter Christian Heine (Hamburger Energiewerke), Michael Dammann (Gasnetz Hamburg) und Umweltsenator Jens Kerstan.

hy-fcell 2024 – Abbildung der Wertschöpfungskette

hy-fcell 2024 – Abbildung der Wertschöpfungskette

Gibt es eine Schnittmenge zwischen Quantentechnologie und Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik? Diese Frage dürfen sich alle Besucherinnen und Besucher der diesjährigen hy-fcell stellen, da zeitgleich mit der International Hydrogen and Fuel Cell Expo and Conference auch die Quantum Effects, die Fachmesse und Konferenz für Quantentechnologien (s. Foto), stattfindet. Für die Messegesellschaft werden auf beiden Veranstaltungen Zukunftstechnologien thematisiert, die mit ihrer Innovationskraft grundlegende Weiterentwicklungen hervorbringen können. Ob es auch für das Fachpublikum Schnittstellen gibt (z. B. bei Quantensensorik), wird sich zeigen. Parallel finden zudem noch Messen für Instandhaltung, Klebtechnologie, Produktions- und Montageautomatisierung sowie Bildverarbeitung statt.

Für den Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), der unterstützend an der hy-fcell mitwirkt, liegt die Besonderheit dieses süddeutschen Branchentreffens in der Darstellung der Wertschöpfungskette der Brennstoffzellentechnologie. Gerd Krieger, Geschäftsführer der VDMA-Arbeitsgemeinschaft Brennstoffzellen, erklärte gegenüber HZwei, die hy-fcell sei „die Messe, um das Thema Industrialisierung der Produktion nach vorne zu bringen“, da den VDMA „die Handhabung der Brennstoffzellentechnik“ vorantreibe.

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Auf der Wasserstoffseite ist in diesem Jahr das Angebot der Investmentkapitalgesellschaft Senco Hydrogen Capital erwähnenswert, die bei der Beschaffung von Wachstumskapital für den H2-Mittelstand behilflich ist. In Stuttgart will der Dienstleister zeigen, welche Technologien zukünftig im Fokus stehen könnten und welchen Mehrwert Kapitalpartnerschaften bieten können, wenn mittelständische Unternehmen zusätzliches Kapital, beispielsweise zum Aufbau neuer Fertigungsstraßen, benötigen.

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Autor: Sven Geitmann

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THG-Quotenhandel für grünen Wasserstoff

THG-Quotenhandel für grünen Wasserstoff

37. BImSchV ermöglicht Zusatzerlöse für erneuerbare Kraftstoffe

Die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) ist ein politisches Klimaschutzinstrument, das in Deutschland eingesetzt wird, um die landesweiten Emissionen im Verkehr zu verringern und erneuerbare Energien in der Mobilität zu fördern. Sie ist die nationale Umsetzung der Vorgaben aus der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie und hat das Ziel, die Mindestanteile an erneuerbaren Energien im Verkehrssektor für das Jahr 2030 und darüber hinaus zu erreichen.

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Hohe THG-Emissionen im Verkehr sind auf die fossilen Kraftstoffe zurückzuführen. Aus diesem Grund sind Mineralölunternehmen bzw. die Inverkehrbringer fossiler Kraftstoffe dazu verpflichtet, ihre Emissionen um einen bestimmen Prozentsatz zu kompensieren und in emissionsärmere Alternativen zu investieren. Dieser Prozentsatz wird THG-Minderungsquote genannt und beträgt für das Jahr 2024 mindestens 9,25 Prozent. Er erhöht sich kontinuierlich bis 2030 auf einen Wert von 25 Prozent.

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Zur Erreichung dieser Ziele erlaubt das Bundesimmissionsschutz-Gesetz (BImSchG) bestimmten Erfüllungsoptionen wie beispielsweise Biokraftstoffen, Ladestrom oder strombasiertem Wasserstoff die Anrechenbarkeit über den Quotenhandel und ermöglicht somit attraktive Zusatzerlöse. Quotenverpflichtete Unternehmen vergüten Inverkehrbringern erneuerbarer Kraftstoffe die Emissionseinsparungen, erreichen ihre Ziele und verhindern damit die Zahlung einer Pönale von 600 €/t CO2. Für RFNBO (renewable fuels of non-biological origin) greift insbesondere die 37. BImSchV, für Ladestrom beispielsweise die 38. BImSchV.

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Erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs
Im März 2024 verabschiedete der Deutsche Bundestag eine Novellierung dieser für RFNBO zuständigen 37. BImSchV. Damit wird die Anrechnung einer großen Bandbreite unterschiedlicher strombasierter Kraftstoffe auf die THG-Quote ermöglicht, darunter auch grüner Wasserstoff. Die neue Verordnung greift allerdings erst für Kraftstoffe, die ab dem 1. Juli 2024 in Verkehr gebracht werden.

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Die Vorgaben gelten im Wesentlichen für die Produktion von RFNBO und damit unmittelbar für den Produzenten. Quotenberechtigt und damit anspruchsberechtigt für die Quotenerlöse ist allerdings nicht der Produzent, sondern der Inverkehrbringer der RFNBO, welcher in der Regel dem Betreiber der RFNBO-Tankstelle entspricht. Auch der Einsatz von RFNBO in der Raffinerie ist möglich. In diesem Fall gilt die Raffinerie selbst als Inverkehrbringer und ist damit quotenberechtigt.

Quelle: https://www.greentrax.de/blog/gruener-wasserstoff-thg-quote

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Grundsätzlich müssen zur Anrechnung von grünem Wasserstoff und RFNBO auf die THG-Quote die Strombezugskriterien erfüllt werden, die in der Delegierten Verordnung EU 2023/1184 festgelegt sind, sowie eine THG-Mindesteinsparung von 70 Prozent, berechnet nach den Vorgaben in der zweiten Delegierten Verordnung EU 2023/1185. Zur Nachweisbarkeit dieser Aspekte müssen die Anlagen zur Produktion inklusive möglicher Lieferanten in einem von der EU-Kommission anerkannten Zertifizierungssystem (bspw. REDcert EU oder ISCC EU) zertifiziert werden.

Erst nach erfolgreicher Zertifizierung kann das produzierte RFNBO angerechnet werden – vorausgesetzt, die Mindesteinsparung von 70 Prozent wird eingehalten. Diese Vorgaben gelten im Rahmen der deutschen THG-Quote für RFNBO, eingesetzt im Verkehrssektor, setzen aber ebenso die Standards für RFNBO, eingesetzt in anderen EU-Staaten und in anderen Endverbrauchssektoren (hier allerdings ohne die Möglichkeit von Quotenerlösen).

Nach Anerkennung der Zertifizierungssysteme für RFNBO durch die EU-Kommission können sich die relevanten Marktteilnehmer zertifizieren lassen. Vorher ist es nicht möglich, RFNBO zu produzieren und diese für die THG-Quote zu nutzen. Sogenannte Pre-Zertifizierungen sind zwar möglich und können gegebenenfalls den Zertifizierungsprozess beschleunigen, haben jedoch keine Rechtswirksamkeit in Bezug auf die 37. BImSchV und erlauben auch keine rückwirkende Anerkennung produzierter erneuerbarer Kraftstoffe.

Teilweise erneuerbarer Kraftstoff

Die Strombezugskriterien aus EU 2023/1184 sind eins zu eins in nationales Recht überführt worden und finden sich damit ebenfalls in der 37. BImSchV. Unterschieden werden muss zwischen vollständig und teilweise erneuerbarem Kraftstoff. Vollständig erneuerbarer Kraftstoff muss in der Regel alle Strombezugskriterien erfüllen (s. Abb. 2), inklusive Abschluss eines Green PPA , also eines Stromliefer- und Bezugsvertrages für erneuerbaren Strom, beispielsweise zwischen dem Betreiber eines Windparks und dem Betreiber des Elektrolyseurs. Teilweise erneuerbarer Kraftstoff muss diese Kriterien nicht erfüllen. Demnach muss zunächst geprüft werden, ob der Kraftstoff überhaupt vollständig als RFNBO im Sinne der Verordnung einzustufen ist.

Ein Elektrolyseur könnte beispielsweise Netzstrom beziehen und müsste entsprechend dem durchschnittlichen EE-Anteil lediglich Stromherkunftsnachweise entwerten, ohne die weiteren Strombezugskriterien zu erfüllen (hierbei dürfen jedoch keine biomassebasierten Herkunftsnachweise verwendet werden). In einem solchen Fall würde der durchschnittliche EE-Anteil des konsumierten Stroms in Deutschland (sog. RES-E) zwei Jahre vor dem Produktionsjahr herangezogen werden. Falls der EE-Anteil beispielsweise 50 Prozent betrug, könnten maximal 50 Prozent des so erzeugten Kraftstoffs als RFNBO anerkannt werden.

In der Praxis ist eine Produktion rein über diesen Strombezug in Deutschland jedoch nicht möglich, da der relativ hohe Emissionsfaktor für Netzstrom berücksichtigt und in der Regel die Mindesteinsparung von 70 Prozent verfehlt wird. Die Schlüsselung der Gesamtemissionen auf aus der Produktionsanlage ausgekoppelte Erzeugnisse wie zum Beispiel Wärme und Sauerstoff könnte hier Abhilfe schaffen, genau wie eine anteilige Produktion gemeinsam mit der Produktion von vollständig erneuerbarem Kraftstoff über die Nutzung eines Green PPA.

Eine Schlüsselung der Emissionen kann bei der elektrochemischen Produktion von Wasserstoff, Wärme und Sauerstoff beispielsweise anhand des ökonomischen Wertes der Erzeugnisse erfolgen. Sollten jedoch alle Erzeugnisse einen Energiegehalt aufweisen, müsste die Schlüsselung der Emissionen anhand des energetischen Anteils erfolgen. Hierdurch verbessert sich die THG-Bilanz des Wasserstoffs.


Übersicht der aktuellen Regulatorik

Vollständig erneuerbarer Kraftstoff
Neben teilweise erneuerbarem Kraftstoff kann auch vollständig erneuerbarer Kraftstoff produziert werden. Hierzu müssen je nach Szenario der Strombeschaffung die in Abb. 2 aufgeführten Kriterien erfüllt sein, wodurch sich 100 Prozent des erzeugten Kraftstoffes als RFNBO anrechnen lassen. Bei einer anteiligen Produktion mit Strom, der diese Kriterien nicht erfüllt, hätten wir entsprechend weniger als 100 Prozent (abhängig vom EE-Anteil im Stromnetz des jeweiligen Produktionsstandortes).

Beispiel
Ein Elektrolyseur bezieht seinen Strom zu 70 Prozent via Green PPA (Szenario 2 aus Abb. 2) und zu 30 Prozent via Spotmarkt inklusive Strom-HKN-Entwertung. Bei einem EE-Anteil von 50 Prozent im Netz wären demnach maximal 70 Prozent plus 15 Prozent, also 85 Prozent RFNBO, die restlichen 15 Prozent könnten als Low-Carbon Hydrogen vermarktet werden, sind aber nicht für die THG-Quote zu verwenden. Ob tatsächlich 85 Prozent als RFNBO gelten, entscheidet sich allerdings erst, wenn klar ist, ob für die Gesamtmenge die Mindesteinsparung von 70 Prozent eingehalten wurde.

Zur Berechnung dieser Mindesteinsparung und der THG-Intensitäten der verschiedenen RFNBO gibt die zweite delegierte Verordnung mitsamt Annex (EU 2023/1185) die Methode vor und legt somit auch den Ausgangswert für die Emissionseinsparungen fest, die im Rahmen der deutschen THG-Minderungsquote vermarktet werden können. Die für Deutschland zuständige 37. BImSchV verweist hierbei direkt auf die delegierte Rechtsverordnung.

Mehr Klarheit über die Erlöspotenziale
Grundsätzlich müssen sämtliche Emissionen des kraftstoffspezifischen Lebenszyklus erfasst werden (Well-to-Wheel-Betrachtung). Dies beinhaltet die Emissionen der Einsatzstoffe (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) wie beispielsweise Strom, aufbereitetes Wasser, Stickstoff oder Elektrolyte wie Kaliumhydroxid, die Emissionen durch die Produktion (bspw. Leckagen oder Abfallbehandlung) sowie die Emissionen durch Transport via Diesel-Sattelzug und Verteilung an der Tankstelle. Im Vergleich zu Kraftstoffen für Verbrenner-Fahrzeuge entstehen bei Nutzung keine zusätzlichen THG-Emissionen. Beim Wasserstoff entstehen jedoch bei Transport und Verteilung schnell kritische Mengen an Emissionen, da Diesel-Lkw für den Transport von Wasserstoff derzeit aufgrund rechtlicher Vorgaben noch nicht durch nachhaltige Antriebe ersetzt werden können und die Tankstellen in der Regel kein Green PPA nutzen dürfen, womit der Stromverbrauch für Verdichtungs- und Kühlungsleistungen mit entsprechend schlechtem Emissionsfaktor verrechnet werden muss. Aktuell gibt es noch keine Standardemissionswerte beispielsweise für die Verdichtung und Kühlung an Tankstellen oder für die Produktion über Elektrolyseure mit geringer Kapazität (etwa < 5 MWel).

Vorgaben für Emissionen der Einsatzstoffe
Bei vollständig als erneuerbar anerkanntem Wasserstoff beziehungsweise RFNBO wird der zur Produktion verwendete Strom mit einem Emissionsfaktor von 0 kg CO2/GJ angerechnet. Darüber hinaus werden aber auch Vorgaben für nur teilweise als erneuerbar anerkannten Wasserstoff gemacht. Hierbei wird grundsätzlich die durchschnittliche THG-Intensität von Netzstrom für das jeweilige EU-Mitgliedsland herangezogen, in dem die Erzeugungsanlage für Wasserstoff steht. Da alle RFNBO aber eine THG-Einsparung von mindestens 70 Prozent gegenüber der fossilen Referenz vorweisen müssen, ist aktuell eine Anerkennung mit den relativ schlechten Netzstrom-Werten nur unter bestimmten Bedingungen möglich, wie beispielsweise der Schlüsselung der Emissionen auf etwaige kommerziell genutzte Nebenprodukte wie Wärme und Sauerstoff oder eine anteilige Produktion unter Einhaltung aller Strombezugskriterien (via Green PPA). Neben Strom müssen darüber hinaus alle anderen Einsatzstoffe in die Emissionsberechnung einbezogen werden. Zur Erstellung zertifizierbarer Berechnungsmethoden und zur Bewertung der Nachhaltigkeitskriterien kann auch auf die Expertise spezialisierter Berater zurückgegriffen werden.

Diese so errechnete THG-Intensität des RFNBO (Einsatzstoffe, Produktion, Transport und Verteilung) darf nach Berücksichtigung der Mindesteinsparung maximal 28,2 kg CO2/GJ betragen, um für die THG-Quote anerkannt zu werden. Für den Quotenhandel ist es erforderlich, dass die sogenannte letzte Schnittstelle einen Nachhaltigkeitsnachweis für die jeweiligen produzierten und an Lieferanten übertragenen RFNBO-Mengen ausgibt. Nur die letzte Schnittstelle ist berechtigt, einen solchen Nachweis auszustellen. In der Regel ist dies der Produzent, der den Kraftstoff in der für den Einsatz im Verkehr erforderlichen Qualitätsstufe erzeugt.

Dieser Nachhaltigkeitsnachweis beinhaltet beispielsweise die Bestätigung, dass sämtliche Strombezugskriterien und THG-Vorgaben eingehalten werden. Auch muss die für den jeweiligen Verwendungszweck berechnete THG-Intensität des RFNBO aufgeführt sein. Hierzu greift die letzte Schnittstelle wiederum auf die THG-Intensitäten möglicher vorgelagerter Schnittstellen zurück und ergänzt diese um eigene Emissionen inklusive nachfolgendem Transport und Verteilung.

Voraussetzung zur Ausstellung solcher Nachweise ist das Vorliegen eines gültigen Zertifikats für die Produktionsstätte, das in einem der von der EU-Kommission anerkannten Zertifizierungssysteme ausgestellt sein muss. Nachhaltigkeitsnachweise und Zertifikate müssen zudem zur Nachweisführung in die Unions-Datenbank für RFNBO und ins Register der zuständigen Behörde des Umweltbundesamtes eingestellt werden. Beide Register sind derzeit noch im Aufbau.


Von der THG-Intensität zur THG-Minderungsmenge

Ausgehend von dieser produktionsspezifischen THG-Intensität des RFNBO kann anschließend die THG-Minderungsmenge für die THG-Quote berechnet werden. Die obige Abb. 3 geht von einem THG-Wert von 20 kg CO2/GJ H2 aus, womit sich eine rechnerische Minderungsmenge von fast 28 kg CO2 je kg H2 ergäbe (inkl. Dreifachanrechnung).

Diese Minderungsmenge reduziert sich jedoch mit der Zeit. Steigt die THG-Minderungsquote mit der Zeit an – wie es auch vom Gesetzgeber vorgesehen ist – so sinkt dadurch die Minderungsmenge durch grünen Wasserstoff, da auch dieser Wasserstoff die Reduktionsquote zu erfüllen hat. Abhängig von den erzielbaren Marktpreisen pro Tonne CO2 lassen sich die Zusatzerlöse durch grünen Wasserstoff herleiten: Bei einem Marktpreis von beispielsweise 130 € je Tonne CO2 (No-Cap-Quote) ließen sich damit 2024 Zusatzerlöse von etwa 3,60 € je kg H2 erzielen.

Zur Auszahlung der Quotenerlöse muss in der Regel vorab bei der für die THG-Quote zuständigen Biokraftstoffquotenstelle am Hauptzollamt die Quotenübertragung stattfinden. Spezialisierte Quotendienstleister können hier den Quotenhandel übernehmen, Quotenhandelsverträge zur Verfügung stellen sowie bei der Einhaltung von Formvorschriften und Antragsfristen unterstützen. Auch Handelsmodelle mit Indexpreis oder Festpreis für RFNBO können (auch über mehrere Jahre) nach Bedarf festgelegt werden und ermöglichen so sichere und prognostizierbare Quotenerlöse.

Autor: David Benjamin Pflegler, GT Emission Solutions GmbH, Kleve)

Grüner Wasserstoff auf hoher See

Grüner Wasserstoff auf hoher See

H2-Erzeugung auf schwimmenden Offshore-Windkraft-Anlagen

Wie man die Produktion von grünem Wasserstoff schon in wenigen Jahren stark hochfahren und diesen unabhängig vom Aufbau des H2-Kernnetzes zügig im Land verteilen könnte, erläuterte Jens Cruse, Schiffbauingenieur, Ende Januar dieses Jahres vor Fachpublikum in Hamburg.

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Autarke, schwimmende Windkraftanlagen, in europäischen Gewässern platziert, sollen das vor allem in der Industrie zur Defossilisierung benötigte Gas direkt auf der Plattform per Elektrolyse aus entsalztem Meerwasser herstellen und an die Trägersubstanz LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carrier – s. auch S. 23) binden. Shuttle-Tankschiffe, wie sie in der Ölindustrie seit langem üblich sind, könnten die wertvolle Fracht dann beispielsweise im Monatsrhythmus an Land bzw. in den nächstgelegenen Hafen transportieren.

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Jens Cruse, der sich nach Jahren in der Forschung mit einem eigenen Unternehmen selbständig gemacht hat, zählt die Vorteile der direkten H2-Erzeugung auf hoher See auf: „Durch so ein Modell lassen sich bis zu 50 Prozent der Investitionskosten sparen, weil weder Strom- noch Gasleitungen verlegt werden müssen.“ Auch entfalle der teure Netzanschluss, was die gesamten Prozesse beschleunige, denn man müsse nicht langwierige Genehmigungsverfahren abwarten. Auch die Betriebskosten verringern sich, wenn man nicht an ein Leitungssystem gebunden ist. Die sogenannten Offshore-H2-Generatoren sollen dort zum Einsatz kommen, wo viel Wind weht, und das beinahe rund um die Uhr.

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„Dafür muss man nicht bis Patagonien, Namibia oder Australien reisen“, sagt der Gründer und Geschäftsführer der Cruse Offshore GmbH. „Das haben wir in Europa direkt vor der Haustür, insbesondere vor den Küsten von Norwegen, Irland und Schottland.“ Die heutzutage noch relativ teuren Elektrolyse-Anlagen könnten dort das ganze Jahr über laufen, mit einem Maximum an frei zu erntender Windenergie.

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Auf jeden Fall kostengünstiger
Wasserstoff auf dem Meer zu erzeugen, indem man den Elektrolyseur in die Windkraft-Anlage integriert, würde sogar noch weniger Kosten verursachen als die Wasserstofferzeugung in einem Offshore-Windpark, der über ein Stromkabel mit der Anlage zur Wasserspaltung verbunden ist. Ein Vorteil der integrierten Lösung besteht auch darin, dass der Niederspannungs-Gleichstrom aus der Windenergieanlage direkt vom Elektrolyseur genutzt werden kann. Das spart schon mal die Umwandlung von Strom sowie die damit verbundenen Verluste ein. Der Transport von Wasserstoff via Pipeline ist bekanntermaßen kostengünstiger als die Weiterleitung des Stroms über Trassen. Durch eine direkte Verbindung des Elektrolyseurs mit der Windenergieanlage entfallen zusätzlich die Grundkosten, die man ansonsten etwa für eine Plattform auf See oder eine Landfläche zum Abstellen des Containers mit der Elektrolyse-Anlage einkalkulieren müsste.

Im Modell habe die schwimmende Anlage stärksten Belastungen getrotzt, erklärt Professor Moustafa Abdel-Maksoud, Leiter des Instituts für Fluiddynamik und Schiffstheorie an der Technischen Universität Hamburg (TUHH), der mit seinem Team Simulationen zur Optimierung der Anlage für extreme Wetterverhältnisse auf See und Tests im Wind- und Wellenkanal der TUHH durchgeführt hat. Nicht einmal eine mehr als 16 Meter hohe simulierte Welle habe die Funktionsweise des Systems beeinträchtigt. „Das System funktioniert einwandfrei, und es rechnet sich“, sagt Moustafa Abdel-Maksoud. „Wir sind technisch und wissenschaftlich in der Lage, das zu realisieren.“ Mit der innovativen Technik vermeide man zudem die Flächenkonkurrenz zu konventionellen Offshore-Windparks und sei für die H2-Produktion unabhängig von Überschussstrom.

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Technisch und ökonomisch machbar
Nach Jahren der Vorarbeiten und wissenschaftlichen Tests plant Cruse jetzt mit einem Konsortium den Bau einer 5-MW-Anlage, die Windkraft, Meerwasserentsalzung, Elektrolyse und H2-Speicherung in LOHC miteinander kombiniert. Das geschieht im Rahmen des dreijährigen Forschungsprojektes ProHyGen, das vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) unterstützt wird [1]. Dabei handelt es sich um ein Verbundvorhaben, an dem sich außer der Cruse Offshore GmbH und der TUHH auch die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der Maschinen- und Getriebebauer Renk und das auf die Verarbeitung von Rohöl-Derivaten spezialisierte Unternehmen H&R beteiligen.

Dass die Erzeugung von grünem Wasserstoff auf schwimmenden Anlagen ökonomisch und technisch machbar ist, darauf weist auch ein anderes, ebenfalls vom BMWK gefördertes Projekt des Fraunhofer ISE hin [2]. Dessen Konzept sieht ebenfalls den Transport des klimaneutralen Gases per Schiff vor, allerdings nicht an LOHC gebunden, sondern in Drucktanks gespeichert, in denen der Wasserstoff auf 500 bar komprimiert ist.

Der 5-MW-Prototyp von ProHyGen soll in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) zum Einsatz kommen. Das Fundament des geplanten H2-Offhore-Generators wird aus vier Auftriebskörpern (engl. floater) bestehen, die unter Wasser verbunden und mit Ballastwasser gefüllt sind. Als Material werden Stahlbleche wie beim Schiffbau verwendet. Einer der Körper trägt die Windkraftanlage, ein anderer beherbergt eine Anlage zur Entsalzung von Meerwasser sowie einen Elektrolyseur und eine Komponente zur Einspeicherung des Wasserstoffs in LOHC. Darunter befinden sich eine Drehboje und die Ankertrossen, mit denen der H2-Offshore-Generator am Meeresboden befestigt wird. Zwei weitere Auftriebskörper bestehen aus doppelwandigen Tanks, in denen die Trägerflüssigkeit LOHC gelagert wird. Das sind normale Öltanks. Auch sonst sei bei diesem Verfahren die bereits vorhandene Öl-Infrastruktur nutzbar, betont Cruse und verweist auf die Schienen und Wasserwege, welche schon heute die Industriehäfen mit industriellen Standorten verbinden. Hamburg zum Beispiel biete da beste Voraussetzungen, weil im Hafen ansässige Unternehmen der Schwermetall-Produktion bereits als potentielle Wasserstoff-Abnehmer infrage kämen. Außerdem können die Tanks mit dem an das Trägeröl gebundenen Wasserstoff per Zug oder Binnenschiff bis tief ins Hinterland weiterverteilt werden, so wie das derzeit noch mit fossilen Energieträgern geschieht. Dieses seit langem bewährte Transportnetz reicht bis in die europäischen Nachbarländer. Eine funktionierende Infrastruktur ist zudem ein wichtiges Kriterium für einen schnellen Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft.


Diese Skizze zeigt, wo die notwendigen Anlagen untergebracht sind

Investoren gesucht
„Nach der Erprobung des Prototyps soll die Anlage im Laufe des Jahres 2025 auf 15 MW hochskaliert und in Serie hergestellt werden“, erläutert Jens Cruse, der das Verfahren zum Patent angemeldet hat und für die industrielle Verwertung des Konzeptes zuständig ist. Das weitere Ziel des Verbundprojektes „ProHyGen“ ist die Planung von Offshore-H2-Parks im Gigawatt-Bereich. Wenn alles gut läuft, könnte mit der Installation des ersten 3-GW-Parks, der grünen Wasserstoff erzeugt, in der zweiten Hälfte des Jahres 2027 begonnen werden, so Cruse. „Dazu benötigen wir jedoch finanzstarke Partner, die diese zukunftsweisenden Innovationen begleiten möchten.“


Der in LOHC gebundene grüne Wasserstoff kann per Schiff an Land transportiert werden

Literatur:
[1] https://www.tuhh.de/fds/research/current/modular-ship-assist-1

[2] https://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2023/wasserstofferzeugung-auf-dem-meer-fraunhofer-ise-entwickelt-konzept-fuer-wasserstofferzeugung-auf-einer-offshore-plattform.html

LOHC könnten H2-Importe vereinfachen

LOHC könnten H2-Importe vereinfachen

FLÜSSIGER HOFFNUNGSTRÄGER

Viele der Technologien für den H2-Transport sind bislang noch nicht ausgereift. Forscher und Industrie arbeiten daran, eine sichere H2-Distribution über große Entfernungen zu entwickeln, auch weil Deutschland in großem Stil auf H2-Importe angewiesen sein wird. Neben Ammoniak haben flüssige organische Wasserstoffträger (LOHC) gute Chancen auf einen Einsatz in Projekten und der Industrie. Denn sie könnten die konventionelle Infrastruktur von Öltanks und Tanker nutzen.

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Das englische Kürzel LOHC steht für Liquid Organic Hydrogen Carriers. Dabei wird Wasserstoff chemisch und reversibel an eine flüssige organische Trägersubstanz gebunden. Das können beispielsweise Toloul, Benzyltoluol oder Dibenzyltoluol sein. Als LOHC werden organische Verbindungen bezeichnet, die Wasserstoff aufnehmen und wieder abgeben können und daher als Speichermedien für Wasserstoff verwendet werden können. Alle verwendeten Verbindungen sind unter Normalbedingungen flüssig und verfügen über ähnliche Eigenschaften wie Rohöl und dessen Derivate. Der Vorteil: LOHC kann in flüssiger Form in der bestehenden Infrastruktur genutzt werden.

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In der Regel wird Wasserstoff gasförmig bei hohem Druck von 700 bar oder in flüssiger Form und bei extremen Temperaturen von minus 253 °C in Spezialbehältern gespeichert und transportiert. Beide Wege sind jedoch technisch aufwändig und teuer. LOHC bieten hier eine reizvolle Alternative. Ein Vorteil: Eine direkte Nutzung von LOHC, beispielsweise in Brennstoffzellen zur Stromerzeugung, macht die Handhabung von Wasserstoff als Gas unnötig. „Die Technologie erlaubt deshalb eine besonders günstige und sichere Versorgung von mobilen und stationären Energieverbrauchern“, erklärt Daniel Teichmann, CEO und Gründer von Hydrogenious.

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LOHC könnte H2-Transporte über große Entfernungen vereinfachen

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TRÄGERMEDIUM WIEDERVERWENDEN
Diese Technologie verbraucht die fossilen Rohstoffe nicht oder nur marginal. Sie können wie in einem geschlossenen Kreislauf immer wieder eingesetzt werden. Der Prozess funktioniert dabei in zwei Phasen: Bei der Hydrierung wird der Wasserstoff in Gegenwart eines Katalysators an flüssige organische Wasserstoffträger gebunden, und bei der H2-Freigabe, also der Dehydrierung, wird das Gas unter Wärme und mit einem Katalysator wieder freigesetzt. Die beladene Trägerflüssigkeit kann bei Umgebungsdruck und ungekühlt gelagert werden. Für den Transport können daher konventionelle Öltanks und Tanker genutzt werden. Wenn der Wasserstoff freigesetzt wird, muss die entladene Trägerflüssigkeit jedoch wieder an den Ort der Beladung mit Wasserstoff zurückgeführt werden. Konkret heißt das: Das Schiff oder der Tanklaster würde vollgeladen im Kreis fahren.

LOHC sind deshalb eine große Hoffnung für den H2-Transport über lange Strecken. Das TransHyDE-Projekt auf Helgoland erforscht zum Beispiel die gesamte Transportkette von der Bindung von Wasserstoff an LOHC bis zur Trennung. Derzeit werden die Projekte nur experimentell oder kleinskalig umgesetzt.

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Fest steht steht jedoch, dass für jede Form der Speicherung und des Transports von Wasserstoff, Ammoniak, LOHC und weiteren wasserstoffbasierten Energieträgern auch geeignete Rahmenbedingungen nötig sind. TransHyDE analysiert daher den systemischen Rahmen und identifiziert Gestaltungsbedarfe. Die Ergebnisse münden dann in Handlungsempfehlungen. Diese enthalten unter anderem den Anpassungsbedarf bei Standards, Normen und Zertifizierungsoptionen von Wasserstoffspeicher- und -transporttechnologien.

Die LOHC-Technologie ist auch Bestandteil des Wasserstoffbeschleunigungsgesetzes der Bundesregierung: Denn die nationale Wasserstoffherstellung erfolgt sowohl durch Anlagen zur elektrolytischen Erzeugung von Wasserstoff als auch durch die Aufspaltung und Dehydrierung von Ammoniak und hydrierten flüssigen organischen Wasserstoffträgern. Der Koalitionsvertrag sowie die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie sehen die Verdopplung des nationalen Ausbauziels der Elektrolyseleistung von 5 auf mindestens 10 GW bis zum Jahr 2030 vor.

Aber das wird bei weitem nicht reichen. Deutschland wird H2-Importe benötigen. LOHC könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. So wurde die neue Nationale Hafenstrategie (NHS) in engem Zusammenspiel mit der Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie entwickelt. In der NHS geht die Bundesregierung davon aus, dass bis zum Jahr 2030 bis zu 70 Prozent des Wasserstoffbedarfs durch Importe gedeckt werden, die hauptsächlich per Schiff erfolgen werden.

TRÄGERMATERIAL BENZYLTOLUOL
Die LOHC-Technologie von Hydrogenious könnte für den Seetransport von Wasserstoff besonders interessant sein: Denn sie nutzt die bestehende Infrastruktur für flüssige Brennstoffe in den Häfen und kann mit Tankschiffen oder Lastkähnen transportiert werden. Dies ist ganz im Sinne der Nationalen Hafenstrategie, die darauf abzielt, nachhaltige Konzepte für die Wiederverwendung konventioneller Infrastruktur zu schaffen.

Hydrogenious setzt das schwer entflammbare Thermoöl Benzyltoluol als Trägermedium ein. Nach Einschätzung des Unternehmens gelingt so eine effiziente Speicherung, insbesondere in dicht besiedelten Hafengebieten (z. B. Rotterdam, s. S. 17). In LOHC gespeicherter Wasserstoff kann bei Umgebungstemperatur und -druck gehandhabt werden und hat ein mit Diesel vergleichbares Gefahrenpotenzial, beschreibt Andreas Lehmann, Chefstratege (neudeutsch Chief Strategy Officer) bei Hydrogenious LOHC.

Das Unternehmen sieht durch LOHC die Mängel der bestehenden Methoden behoben. Diese seien weniger entflammbar und billiger zu transportieren als flüssiger Wasserstoff, der hochexplosiv ist, stark verdampft und kostspielige Behälter und eine neue, spezielle Infrastruktur erfordert. Der zurückgewonnene Wasserstoff habe zudem eine hohe Reinheit, anders als nach der Rückverwandlung von Methanol.


Abb. 3: Dr. Patrick Schühle arbeitet zu LOHC an der Uni Erlangen-Nürnberg

Das Unternehmen Hydrogenious aus Erlangen beteiligt sich auch an verschiedenen Forschungsprojekten: Im Projekt LOReley wollen Fachleute aus Industrie und Forschung den Prozess der H2-Freisetzung, also die Dehydrierung, optimieren. „Um den Wasserstoff freizusetzen, braucht es Reaktionsbeschleuniger, also Katalysatoren, und Temperaturen von bis zu 330 Grad Celsius“, erklärt Forscher Dr. Patrick Schühle von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU, s. Abb. 3). Dem Prozess muss die ganze Zeit Wärme zugeführt werden. „Je weniger Wärme man für den Prozess bereitstellen muss, desto effizienter wird die gesamte LOHC-Technologie, weil man Energie spart.“

LORELEY ENTWICKELT PLATTENREAKTOR
Bislang wurde für die Dehydrierung ein Reaktor mit Rohren verwendet, in die wenige Millimeter große Pellets geschüttet wurden. Die Pellets bestehen aus porösem Aluminiumoxid, in welchem das eigentliche Aktivmetall Platin abgeschieden ist. Wird der mit Wasserstoff beladene LOHC mit den Pellets in Kontakt gebracht, setzt sich das H2 frei. Die Forscher im Projekt LOReley haben nun einen neuen Ansatz gewählt und setzen auf einen Plattenreaktor auf Basis von Wärmetauschern, die man sonst aus Heizungen, Kühlschränken oder Industrieanlagen kennt.

Einen weiteren Vorteil gegenüber dem bisherigen Vorgehen sehen die Wissenschaftler darin, dass der Katalysator fest mit der Platte verbunden ist. „Im Schüttreaktor können die Pellets aneinanderreiben, und so kann es sein, dass der Katalysator als Pulver abgerieben ist. Im Projekt LOReley haben wir jetzt eine katalytische Schicht entwickelt, die eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischem Abrieb und Vibrationen aufweist“, erklärt Chemieingenieur Schühle.


Abb. 4: In dieser Plattendehydrieranlage wurde Wasserstoff freigesetzt

Im Projekt haben die Fachleute das neue Katalysator-Reaktor-Konzept im Labor und in den Räumlichkeiten der beteiligten Firma Hydrogenious LOHC Technologies, einer Ausgründung der FAU, getestet. Rund 1.000 Stunden lief der neue Plattenreaktor stabil. Zudem zeigte sich, dass mit diesem innerhalb von 15 Minuten die Wasserstofffreisetzungsrate verdoppelt werden konnte. „Die Wärme wird nicht erst vergleichsweise langsam über das gesamte Volumen des Reaktors gebracht, sondern gezielt und direkt an die Katalysatorschicht“, sagt Schühle. Diese Flexibilität im dynamischen Betrieb ist in Gaskraftwerken oder in der Schifffahrt durchaus relevant.

Schühle und Kollegen haben ihren Ansatz in vergleichsweise kleinem Maßstab testen können. Der Reaktor bestand aus zehn Platten. Im nächsten Schritt muss der Demonstrator wachsen, um ihn im Realbetrieb an einem Standort einzusetzen, wo der Wasserstoff auch gebraucht wird. Erst dann könne man sagen, wie gut der Reaktor bei der Wärmeeffizienz im Vergleich zum Standardreaktor sei. LOHC bieten viele Chancen. Ob alle Hoffnungen erfüllt werden können, muss das LOReley-Projekt, aber auch die Technologie insgesamt erst noch zeigen.

Transport per Schiff um 20 Prozent teurer
Laut einer Analyse von Aurora Energy Research sind Transporte per Schiff nach Deutschland grundsätzlich mindestens um 20 Prozent teurer als ein Pipelinetransport: Demnach kommt verflüssigter Wasserstoff aus Spanien auf 4,35 Euro und aus Marokko auf 4,58 Euro pro Kilogramm. Bei einem Transport mittels flüssiger organischer Wasserstoffträger (LOHC) oder Ammoniak wären es aus Spanien rund 4,57 Euro pro Kilogramm und aus Marokko rund 4,70 Euro, einschließlich der Kosten für die Rückumwandlung in gasförmigen Wasserstoff in Deutschland. Für Importe aus Australien und Chile kommt generell nur der Schiffstransport infrage. Sie erreichen Wettbewerbsfähigkeit nur dann, wenn der Wasserstoff als Ammoniak transportiert wird. Dann liegen die Kosten demnach bei 4,84 bzw. 4,86 Euro pro kg. All diese Werte bewegen sich innerhalb der Spanne der Herstellungskosten in Deutschland. Es käme also auf den konkreten Einzelfall an, welcher Weg wettbewerbsfähig ist. Bei Wasserstoff aus den Vereinigten Arabischen Emiraten wäre der günstigste Transport ebenfalls der in Form von Ammoniak; mit 5,36 Euro pro Kilogramm wäre dieser aber im Vergleich zur heimischen Produktion nicht wettbewerbsfähig.