Elektrochemische Wasserstoffseparation

Elektrochemische Wasserstoffseparation

Patentiertes Verfahren als kostengünstige Alternative zur Elektrolyse

Der Erfolgskurs von Siqens begann mit speziellen Methanol-Brennstoffzellen. Dann kam die „Elektrochemische Wasserstoffseparation“ (EHS) hinzu, die auf den selbst entwickelten HT-PEM-BZ-Stacks beruht. Mit ihrer Hilfe lässt sich Wasserstoff aus Erdgas oder Abgasen aus Industrie und Müllverbrennung hochrein abtrennen. Der Hersteller sieht die EHS im Verbund mit den eigenen Brennstoffzellen auch als Lösung für das sogenannte Letzte-Meile-Problem.

Ob im südamerikanischen Dschungel oder auf 3.000 Metern Höhe in den Schweizer Bergen, in einer Forschungsstation in der Antarktis oder an einem Grenzposten im nördlichen Skandinavien – überall dort seien HT-PEM-Brennstoffzellen von Siqens im Einsatz, die Strom für Funk- und Messstationen oder Kameras liefern, wie Thomas Klaue, Geschäftsführer des 2012 in München als Start-up gegründeten Unternehmens, erklärt.

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Es gibt die speziellen Methanol-Brennstoffzellen aber auch an eher unexotischen Orten: So dienen sie an deutschen Autobahnbaustellen zur Beleuchtung oder in Windparks zur Hindernisbefeuerung. Die „Ecoport“ genannten BZ-Systeme bestehen aus Brennstoffzellenstacks mit einer Hochtemperatur-Polymer-Elektrolyt-Membran (HT-PEM) und einem Reformer. „Im Reformer wird aus Methanol reiner Wasserstoff gewonnen“, so der Ingenieur und promovierte BWLer Klaue. „Dieser Wasserstoff geht dann durch die HT-PEM-Brennstoffzelle. Unser System arbeitet allerdings mit industriellem Methanol, zu einem Bruchteil der Kosten, verglichen mit hochreinem Methanol.“

Damit unterscheiden sich diese Systeme deutlich von Direkt-Methanol-Brennstoffzellen (DMBZ), bei denen ein flüssiges Methanol-Wasser-Gemisch durch die BZ geleitet wird. Dabei müsse das Methanol so rein sein wie für medizinische Zwecke, was entsprechend teuer sei, erklärt Klaue, der seit Ende 2019 als CEO von Siqens fungiert. Wirkungsgrad und Leistungsbereich von DMBZ seien vergleichsweise gering, und niedrige Temperaturen vertrügen sie nicht gut. Andere Indirekt-Methanol-Brennstoffzellen mit PEM und Reformer gebe es zwar sowohl im Niedrig- als auch im Hochtemperatur-Bereich, doch die würden jeweils herstellerspezifische Methanol-Wasser-Gemische mit geringerer Energiedichte erfordern, so Klaue. Mit einem Verbrauch von 0,6 Liter Kraftstoff pro Kilowattstunde Strom sei Siqens Marktführer in Sachen Effizienz. Die Ecoports, laut Klaue „unser Brot- und Butter-Geschäft“, haben eine elektrische Leistung von 800 oder 1.500 Watt in der Spitze (Dauerbetrieb: 500 beziehungsweise 1.000 Watt).

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BZ als Ersatz für Dieselgeneratoren
Das seit langem in der Industrie verwendete Methanol kann ebenso wie andere flüssige Kraftstoffe kostengünstig transportiert und gelagert werden. Von daher eignen sich (Methanol-)Brennstoffzellen insbesondere für Gebiete ohne Anschluss an ein Elektrizitätsnetz und dort, wo eine unterbrechungsfreie Stromversorgung gewährleistet sein muss, etwa in der Notstromversorgung für kritische Infrastruktur. Bislang übernehmen meist Dieselgeneratoren diese Funktion, doch die werden künftig nach und nach durch Brennstoffzellen ersetzt werden, und das nicht nur wegen ihres erheblich geringeren CO2-Ausstoßes: Sie arbeiten auch leiser und sind frei von Feinstaub und Stickoxiden.


Ecoport 800

Die Nachfrage nach den patentierten Systemen, mit denen die süddeutsche Firma seit 2019 am Markt ist, steigt. So interessieren sich etwa Behörden, Betriebe oder Betreiber von Telekommunikationsanlagen für die Methanol-Brennstoffzellen von Siqens, die laut Klaue robust und zuverlässig und auch fernab der Zivilisation einsetzbar sind. Das gelte für alle Klimazonen, von minus 20 bis plus 50 Grad Celsius. Obendrein seien die Betriebskosten im Vergleich zu denen von Dieselgeneratoren um rund 75 Prozent geringer. In diesem Jahr rechnet das Münchner Unternehmen, das rund 30 Mitarbeiter beschäftigt, deshalb auch mit dem Verkauf von mehreren Hundert seiner HT-PEM-Brennstoffzellensysteme.

Dass die Notwendigkeit des Einsatzes von Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologien aus Gründen des Klimaschutzes steigt, steht heute außer Frage. Der Siqens-CEO betont jedoch: „Wir sind davon überzeugt, dass die Wasserstoffwirtschaft nur mit preislich wettbewerbsfähigen Lösungen ein Erfolg wird, insbesondere, was die Verteilung auf der Letzten Meile angeht.“

Methanol als Wasserstoffträger
Außer Brennstoffzellen bietet das Unternehmen seit 2022 eine sehr spezielle technische Lösung zur Herstellung von reinem Wasserstoff an: die Elektrochemische Wasserstoffseparation (EHS). Bei diesem patentierten Verfahren strömt das Feedgas durch einen HT-PEM-Stack, der auch im Ecoport genutzt wird, erklärt Klaue. „Der Stack mit den MEAs ist vergleichbar mit einem Sieb, das unter Spannung nur für die anodenseitig zu Protonen reduzierten Wasserstoffmoleküle durchlässig ist. Auf der Kathodenseite erhalten die Protonen die Elektronen zurück. Das Produkt ist hochreiner Wasserstoff.“ Mit dieser Methode kann Wasserstoff aus ganz unterschiedlichen Medien abgetrennt, gereinigt und aufbereitet werden. Das kann Erdgas sein oder Abgas, das in industriellen Prozessen oder bei der Müllverbrennung entsteht. Der Wasserstoff kann aber auch aus natürlichen Reservoiren wie Gaslagerstätten gewonnen werden.

Und weil Methanol ein guter Wasserstoffträger ist, lässt sich mit dem EHS-System auch das Problem der Letzten Meile umgehen: Aus dem über das Erdgasnetz transportierten Methanol wird Wasserstoff direkt vor Ort beim Verbraucher CO2-frei erzeugt. „In 10 Litern Methanol ist ungefähr ein Kilogramm Wasserstoff chemisch gebunden“, rechnet Thomas Klaue vor. Das sei mehr als in einer üblichen 70-Kilogramm-Druckgasflasche, die 50 Liter auf 200 bar komprimierten Wasserstoff enthält. Die Ausbeute betrage hier lediglich 0,8 Kilogramm. Statt also Wasserstoff wie bisher in Bündeln von schweren Stahlflaschen oder in Drucktanks per Trailer zu transportieren, könne man durch den Einsatz von Methanol-Brennstoffzellen viel Geld sparen.

Transport- und Speicherkosten machen derzeit noch den größten Anteil am Wasserstoffpreis aus. „Das gilt umso mehr, wenn der Einsatzort nur per Hubschrauber erreichbar ist“, ergänzt Klaue. „Das Verhältnis von Transportgewicht zu H2-Nutzgewicht ist beim Methanol zehn zu eins gegenüber hundert zu eins bei Druckgasflaschen.“

1 kg Wasserstoff für weniger als zwei Euro
Bei der EHS wird wie bei der Wasserelektrolyse Strom eingesetzt. Der Energiebedarf sei jedoch erheblich geringer: Pro Kilogramm Wasserstoff würden nur drei bis fünf Kilowattstunden Strom gebraucht; also etwa zehn Prozent des Stroms, der für die Elektrolyse benötigt wird. „Dabei entsteht Wasserstoff in Brennstoffzellenqualität zu einem Preis von weniger als zwei Euro pro Kilogramm.“ Die Technologie sei flexibel, skalierbar und könne an ein breites Spektrum von Gasen angepasst werden. So eine Anlage, die je nach Kapazität nur eine Fläche von ein bis zwei Quadratmetern einnimmt, lässt sich direkt ans Gasnetz anschließen.

Durch das EHS-Verfahren könnten mit drei Stacks gut 100 Kilogramm Wasserstoff pro Tag erzeugt werden, was für eine H2-Tankstelle ausreiche, so Thomas Klaue. Die modulare Bauweise erlaube auch mehrere Tonnen pro Tag, mit denen der Bedarf eines Industriebetriebs gedeckt werden könne. „Die elektrochemische Wasserstoffabtrennung ist in jedem Fall eine attraktive Alternative zu anderen H2-Technologien, da sie vergleichsweise wenig Energie verbraucht und eine hohe Selektivität für Wasserstoff aufweist“, so der CEO.

Nach einem ersten Pilotprojekt in Australien gibt es nun ein zweites in Deutschland: Im unterfränkischen Haßfurt wird Wasserstoff mittels EHS aus dem Erdgasnetz gewonnen. Die Stadtwerke der Kreisstadt sind als Pioniere bekannt, weil sie schon seit den 1990er-Jahren auf erneuerbare Energien setzen: Photovoltaik, Windkraft und Biogas von Landwirten aus der Region. Seit 2016 haben sie einen Elektrolyseur, um aus überschüssigem Windstrom Wasserstoff zu erzeugen.

Nun erschließen sie mithilfe der EHS-Technologie von Siqens das kommunale Gasnetz als Wasserstoffquelle. Das geschieht in Kooperation mit dem Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg und dem Institut für Energietechnik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden. Der aus dem Erdgas separierte Wasserstoff wird komprimiert und gespeichert und bei Bedarf über eine Brennstoffzelle in Strom umgewandelt.

Da viele Gasnetzbetreiber in Zukunft ihrem Erdgas grünen Wasserstoff beimischen wollen, könnten solche Lösungen zur Abtrennung und Aufbereitung des klimaneutralen Gases bald an Bedeutung gewinnen. „Durch die Trennung der Gase mittels EHS am Ort des Verbrauchs kann der Endkunde direkt mit hochreinem ‚grünen‘ Wasserstoff versorgt werden“, sagt Thomas Klaue. Also Wasserstoff in einer Qualität, wie sie für industrielle Prozesse oder Brennstoffzellen-Fahrzeuge benötigt werde. Aus diesem Grund plädiert Klaue auch vehement für die Erhaltung der Gasnetze.

Im Februar dieses Jahres appellierte er öffentlich an das Bundeswirtschaftsministerium, die Rückbaupläne nochmals zu überdenken; allein schon aus Kostengründen. „Außerdem wird das geplante H2-Kernnetz lange nicht in der Lage sein, das gesamte Land ohne großen Aufwand mit grüner Energie zu versorgen.“ Weil jedoch das bundesweite Gasnetz größtenteils wasserstofftauglich sei, solle die Infrastruktur für den künftigen Transport von grünem Wasserstoff genutzt werden, um Industrie und Gemeinden mit klimafreundlicher Energie zu versorgen.

Vielversprechende Herstellungsalternative

Vielversprechende Herstellungsalternative

Atmosphärische Plasmabeschichtung von Polymer-Bipolarplatten

In Zeiten globaler Sensibilisierung gegenüber ökonomischen, aber vor allem auch ökologischen Themenstellungen wächst auch das Bewusstsein für energieeffiziente Gesamtlösungsstrategien über die komplette Wertschöpfungskette sowie eine nachhaltige Nutzung verfügbarer Ressourcen. Bevor es zu einer gewinnbringenden Massenfertigung von Bipolarplatten kommen kann, sind im Produktentstehungsprozess eine ganze Reihe von Entwicklungen und Voruntersuchungen nötig, um den optimalen Wirkungsgrad in Abhängigkeit des Designs und der Ausführung zu bestimmen. Da dies nicht allein mithilfe von Simulationen geschehen kann, sind experimentelle Untersuchungen unumgänglich.

Mit den aktuell am Markt erhältlichen Beschichtungsverfahren ist die Prototypen-, Vor- und Kleinserienherstellung sehr zeit- und kostenintensiv. An diesen Punkt knüpft der von der ITW Chemnitz untersuchte Ansatz an, einen leicht in Form zu bringenden und kostengünstigen Grundwerkstoff mit einer geeigneten Beschichtung auszustatten, um somit energie-, zeit-, kosten- und materialeffizient Vor- und Kleinserienuntersuchungen durchzuführen.

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Mithilfe der in diesem Projekt umgesetzten Kombination aus günstiger additiver Grundwerkstoffherstellung und universal einsetzbarer Beschichtungstechnologie ist es möglich, verschiedene Bipolarplattendesigns flexibel und kostengünstig herzustellen, ohne die geforderten industriellen Parameter zu vernachlässigen. Im Ergebnis soll es durch die anvisierte wandlungsfähige Fertigungstechnologie möglich sein, eine Prototypen- sowie Vor- und Kleinserienfertigung energie-, zeit-, kosten- und materialeffizient zu gestalten und somit den Weg in die industrielle Praxis zu ebnen.

Beschichtungstechnik spielt eine große Rolle
Im Zuge der Untersuchungen wurde ein Niedrigenergie-Plasma genutzt, in welches definiert der genutzte Beschichtungswerkstoff in Form von Mikropartikeln zugeführt wurde. Dies ermöglicht eine stoffschlüssige Verbindung von Beschichtungswerkstoff und Substrat (s. Abb. 1). Durch die technologisch bedingte geringe thermische Belastung des zu beschichtenden Substrates ist es möglich, Materialkombinationen zu erzeugen, die auf den ersten Blick unrealistisch erscheinen (im vorgestellten Kontext ein Polymer als Substrat und Kupferpulver als Beschichtungswerkstoff). Ein weiterer Vorteil des eigesetzten Verfahrens besteht in der Anwendung unter atmosphärischen Bedingungen. Im Gegensatz zu Vergleichsverfahren wie physikalischer oder chemischer Gasphasenabscheidung sind eine vorherige Evakuierung und Arbeiten im Vakuum nicht nötig. Des Weiteren sind der hohe Flexibilisierungsgrad sowie die Möglichkeit der partiellen Beschichtung positiv hervorzuheben.

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Suche nach geeignetem Substratwerkstoff
Bei der Suche und Auswahl eines geeigneten Substratwerkstoffs waren diverse Herausforderungen zu beachten:

  • Die benötigte Temperaturbeständigkeit (sollte sich an Einsatztemperaturen von PEM-Brennstoffzellen von ca. 110 °C orientieren),
  • die leichte sowie variable Verarbeitung (Grundstruktur soll mittels selektiven Lasersinterns herstellbar sein, um hohe Designflexibilität zu gewährleisten),
  • die gute sowie kostengünstige Verfügbarkeit des Rohstoffes.

Es wurden mehrere potenzielle Substratwerkstoffe näher betrachtet und auf ihre Beschichtungseignung hin untersucht. Dabei wurden am Markt verfügbare Varianten auch dahingehend modifiziert, dass sie für die geplante Anwendung optimiert wurden. Nach umfassenden Untersuchungsreihen, bestehend aus Beschichtungsversuchen, optischen Analysen, Oberflächenmessungen, simulativen Studien sowie thermischen Nachbehandlungsuntersuchungen hinsichtlich Temperaturbeständigkeit, fiel die Wahl auf einen glasfasermodifizierten Polybutylenterephthalat (PBT). Dieser Werkstoff wurde durch gezielte Hinzunahme von Glasfasern dahingehend modifiziert, dass alle geforderten technischen Parameter erreicht werden. Darüber hinaus weist der modifizierte PBT die besten Beschichtungseigenschaften auf.

Von der Idee zum industrienahen Flow-Field-Design
Eine der großen Herausforderungen innerhalb der Untersuchungen war die Entwicklung eines industrienahen Flow-Field-Designs unter Beachtung der materialspezifischen sowie technologischen Grenzen der genutzten Verfahren. Dabei mussten zum einen die Herstellungsgrenzen des selektiven Lasersinterns unter Berücksichtigung des Materials und der Zielanwendung sowie zum anderen die technologischen Grenzen des nachfolgenden Beschichtungsverfahrens herausgearbeitet und definiert werden. Dazu wurden verschiedene Parameter- und Geometriestudien zu industriell eingesetzten Flow-Field-Designs durchgeführt. Schlussendlich wurde eine mäanderförmige Flow-Field-Struktur mit folgenden Abmessungen realisiert:

 

effektive Fläche Kanalbreite Steghöhe Stegbreite
100 cm² 1,5 mm 1,5 mm 0,6 mm

Tab. 1: Realisierte Flow-Field-Struktur

Die vier flügelförmigen Niederhalter (s. Abb. 2) werden zur Fixierung während des Beschichtungsprozesses benötigt und können im Anschluss problemlos entfernt werden.

   
Entwickelter Polymergrundkörper (links) und resultierendes Beschichtungsergebnis (rechts)

Um einem eventuellen Verzug entgegenzuwirken, wurde eine metallische Probenaufnahme verwendet. Dieser Versuchsaufbau sichert eine gezielte Abfuhr der eingebrachten Temperatur und somit ein optimales Beschichtungsergebnis. Sowohl optische Oberflächenanalysen als auch Haftfestigkeitsuntersuchungen in Anlehnung an den Gitterschnitttest nach DIN EN ISO 2409 ergaben zufriedenstellende Ergebnisse und lassen ein hohes Potenzial für bereits erwähnte Prototypen- sowie Vor- und Kleinserienfertigung erkennen.

Die Untersuchungen wurden mit finanziellen Mitteln vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt.

Autor: Jörg Steger, Institut für innovative Technologien, Technologietransfer, Ausbildung und berufsbegleitende Weiterbildung e. V. Chemnitz (ITW)

Hochleistungs-Mikrofräsen hochharter Stähle für Bipolarplatten

Hochleistungs-Mikrofräsen hochharter Stähle für Bipolarplatten

Einblicke in eine sich rasant entwickelnde Technologie

Werkzeuge für das Stanzen, Prägen und Umformen von Blechmaterialien sind sehr anspruchsvoll. Bei der Herstellung sind teils Genauigkeiten im Bereich von 1 bis 2 µm gefordert. Der Schwierigkeitsgrad nimmt stark zu, je größer das Werkzeug und je dünner die Bleche werden. Ein Paradebeispiel hierfür sind Prägeplatten für die Blechteile von Bipolarplatten für Brennstoffzellen. Hierbei handelt es sich um dünne Strukturen aus verschweißten Blech-Halbschalen, die filigrane Strömungskanäle umschließen. Zusammen mit den dazwischen im Sandwichverfahren angeordneten Membran-Elektroden-Einheiten ergeben zahlreiche Lagen hintereinander die eigentlichen Stacks.

Bipolarplatten für Brennstoffzellen, die im Kfz-Bereich eingesetzt werden, bestehen häufig aus geprägten, gestanzten und zu Hohlkörpern verschweißten Blech-Halbschalen. Die Herstellung geeigneter Präge- und Stanzwerkzeuge ist beim aktuellen Stand der Technik eine Engpass-Technologie. Dünnere Bleche würden zwar das Gewicht der Brennstoffzellen reduzieren. Je dünner jedoch das Material, desto enger muss auch der Schnittspalt und umso genauer die Geometrie werden. Die von den Präge- und Stanzwerkzeugen sowie von den Pressen zu erbringenden Genauigkeiten sind daher äußerst herausfordernd.

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Im Mittelpunkt des Interesses steht die Entwicklung einer geeigneten Prozesskette für die Herstellung der Präge- und Stanzwerkzeuge für die Produktion der Blechteile. Wesentliche Punkte betreffen die Anforderungen an den Stahl für die Werkzeuge, die CAD/CAM-Software, die benötigten Mikrofräswerkzeuge, die Eigenschaften der Werkzeugmaschine, die Schmierung und Kühlung der Fräser sowie die messtechnische Kontrolle und Dokumentation der Qualität.

In diesem Bereich arbeiten beispielsweise die Unternehmen Hufschmied, MHT, Röders, Open Mind, Voestalpine und Zeiss, die gemeinsam den aktuellen Entwicklungsstand im Rahmen eines Seminars mit mehr als 50 Teilnehmern präsentierten. Die dort vorgetragenen Ergebnisse sind nicht nur für Bipolarplatten-Akteure interessant, sondern darüber hinaus auch für weitere Branchen wie die Mikroproduktion, die Feinmechanik, die Medizintechnik oder die Luft- und Raumfahrt.

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Ultraharter Stahl: Böhler K888 Matrix
Um die äußerst feinen Strukturen von Bipolarplatten wirtschaftlich darstellen zu können, muss das Prägewerkzeug eine sehr hohe Maßhaltigkeit, gute Verschleißbeständigkeit sowie eine geringe Adhäsionsneigung aufweisen. Weitere Voraussetzung ist eine gute Zerspanbarkeit. Dies setzt einen niedrigen Anteil an Primärcarbiden in einer harten Gefügematrix (Matrixstahl) voraus. Des Weiteren sollten die Carbide nur sehr klein sowie homogen über den gesamten Querschnitt verteilt sein, da grobe Exemplare beim Zerspanen zerbrechen und dadurch Oberflächenfehler verursachen können. Deshalb kommen pulvermetallurgisch erzeugte Stähle zum Einsatz.

Gewählt wurde mit dem Böhler K888 Matrix ein Werkstoff mit einem maximalen Carbidanteil von weniger als zwei Prozent. Dieser wird im weichgeglühten Zustand mit einer Brinellhärte von unter 280 HB ausgeliefert und erreicht nach dem Härten bei Temperaturen zwischen 1.070 und 1.120 °C eine Rockwellhärte von 63 +1 HRC. Dadurch zeichnet er sich selbst im Vergleich mit hoch carbidhaltigen Werkstoffen durch eine hohe Verschleißbeständigkeit aus.

Zerspanungsversuche bei der Firma Hufschmied ergaben, dass das Material dennoch gut bearbeitbar ist und sehr gute Oberflächenqualitäten erreichbar sind. Der Werkstoff ist zudem gut beschichtbar, was ebenfalls zu einer Standzeiterhöhung führt.

CAD/CAM-Software
Für eine optimale Bauteilqualität ist ein geeignetes NC-Programm unentbehrlich. Zur Erstellung dieser NC-Programme bietet Open Mind mit seinem CAD/CAM-System hyperMILL alle Voraussetzungen. Die Software berechnet dazu die Werkzeugwege mit höchster Genauigkeit und liefert dadurch entsprechend exakte NC-Daten. Hierfür müssen jedoch einige Punkte beachtet werden: Um für die Berechnung der Werkzeugwege die Topologie des Bauteils vollständig zu berücksichtigen, müssen geometrische Merkmale wie scharfe Kanten, Lücken sowie die Beschaffenheit der Flächenübergänge analysiert und erkannt werden. Diese Informationen fließen anschließend in die Berechnungen ein und steuern etwa die Punkteverteilung im Werkzeugweg.

Zusätzlich lassen sich weitere Optimierungen wie das Anpassen des Vorschubs durchführen. Dadurch kann das Fräswerkzeug das Bauteil mit konstantem Vorschub bearbeiten. Die Funktion „Sanftes Überlappen“ vermeidet sichtbare Übergänge durch den Einsatz verschiedener Fräswerkzeuge oder Strategien und reduziert den Aufwand für manuelle Nachbearbeitungen auf nahezu null.

Wichtig ist auch die Verknüpfung geometrisch identischer Strukturen innerhalb eines Bauteils, die entweder automatisch oder manuell erkannt bzw. definiert werden. Die entsprechenden Werkzeugwege, die zuerst für einen einzelnen Bereich erstellt wurden, können dann über eine Transformation an die vorher erkannten oder manuell definierten Positionen gebracht und vollautomatisch verbunden werden. Dabei werden unnötige Bewegungen entfernt. Durch dieses Vorgehen lassen sich im CAM-System die Berechnungszeiten erheblich reduzieren.

Anforderungen an die Fräsmaschine
Die Bearbeitung von Prägestempeln für Bipolarplatten ist durch hohe Materialhärte, kleine Werkzeuge mit Durchmessern deutlich unter einem Millimeter sowie hohe Anforderungen an Oberflächengüte und Genauigkeit bis herab in den 1-µm-Bereich charakterisiert. Die kleinteiligen Konturen bedingen zudem lange Laufzeiten, was sehr gute thermische Langzeitstabilität der Werkzeugmaschine voraussetzt.

Röders-Werkzeugmaschinen zeichnen sich unter anderem durch reibungsfreie Direktantriebe, hochsteife Rollenführungen, einen reibungsfreien Gewichtsausgleich der Z-Achse, Präzisions-HSC-Spindeln und eine hochgenaue Werkzeugvermessung aus. Eine Besonderheit ist die mit 32 kHz hohe Taktrate der Regelung in allen Regelkreisen, die eine schnelle Korrektur selbst kleinster Abweichungen ermöglicht. Entscheidend ist außerdem das ausgefeilte Temperaturmanagement durch ein auf ± 0,1 K stabil gehaltenes Temperiermedium, das durch alle wesentlichen Komponenten der Maschine zirkuliert. So lassen sich Toleranzen im unteren Mikrometerbereich prozesssicher einhalten.

 


Die zur Bearbeitung der verschiedenen Segmente des Demonstrators (50 mm x 40 mm) auf der Röders-Anlage eingesetzten Hufschmied-Werkzeuge der Bumble-Bi-Reihe sowie die entsprechenden Bearbeitungszeiten, Quelle: Röders/Hufschmied

Bumble-Bi-Mikrowerkzeuge von Hufschmied
Für die Fräswerkzeuge ist die Bearbeitung von Prägewerkzeugen für Bipolarplatten eine besondere Herausforderung. Dies liegt an der Härte des zu bearbeitenden Materials und der langen Laufzeit der Programme von teils deutlich über hundert Stunden. Auch erlauben die geforderten Genauigkeiten nur geringen Verschleiß. Hierfür entwickelte Hufschmied die spezielle „Bumble-Bi“-Baureihe von Mikrowerkzeugen. Dazu gehören Hochvorschubfräser für das Schruppen sowie Torusfräser, Kugelfräser und Flatballfräser. Letztere sind eine Art Hybrid aus Torus- und Kugelfräser. Alle Werkzeuge erhalten eine eigens entwickelte PVD-Beschichtung, deren extrem glatte Schichten ein gutes Temperaturmanagement ermöglichen. Die zur Herstellung des Demonstrators eingesetzten Fräswerkzeuge sowie ihre Einsatzparameter sind in einer Tabelle zusammengefasst.


Die hohle Hülse des MHT-Medienverteilers umschließt den Werkzeughalter, ohne ihn zu berühren oder mit ihm zu rotieren. Luft und Schmiermedium werden über die Andockstation unterhalb der Spindel zugeführt.

Optimal schmieren mit dem MHT-Medienverteiler
Bei Zerspanungsprozessen spielt die richtige Kombination von Kühlung, Schmierung und Entfernung von Spänen aus dem Arbeitsbereich eine entscheidende Rolle. Der MHT-Medienverteiler ermöglicht eine effiziente und zudem kosten- und energiesparende Herangehensweise. Kernelement ist eine konische Hülse, die dem Werkzeughalter fest zugeordnet und mit diesem beim Werkzeugwechsel getauscht wird, jedoch nicht mit dem Fräser mitrotiert. Sie wird unterhalb der Spindel angedockt und von dort mit Druckluft und Schmiermedium versorgt.

Die wesentliche Kühl- und Reinigungsarbeit übernimmt hierbei die Druckluft, die aus ringförmig angeordneten Düsen am unteren Rand der Hülse strömt. Durch den starken Luftstrahl werden die Späne samt ihrem Wärmeinhalt sofort vom Fräser und vom Werkstück entfernt. Das Schmiermedium aus sorgfältig ausgewählten Kohlenwasserstoffen wird in äußerst geringen Mengen (2 bis 10 ml/Stunde) zugeführt. Dies genügt, um die Schneiden optimal zu schmieren. Bei der Hartzerspanung verringert sich die Wärmeentwicklung an den Schneiden um etwa 50 Prozent. Entscheidende Vorteile sind deutlich erhöhte Lebensdauern der Werkzeuge, eine höhere Zerspanungsleistung der Maschine sowie bessere Oberflächen der Werkstücke.

Messtechnik und Qualitätskontrolle
Bei der Herstellung von Bipolarplatten-Prägewerkzeugen kommen Fräser mit Durchmessern bis herab zu 0,2 mm zum Einsatz. Für die Qualitätskontrolle müssen sehr kleine und zugleich enge Konturbereiche, zum Beispiel an den Flanken der Fließkanäle sowie an den geschnittenen Kanten, gemessen werden. Da es hierbei bis herab zum einzelnen µm geht, sollte die Messunsicherheit des verwendeten Messsystems zehnmal besser sein als die zu prüfenden Fertigungstoleranzen. Das schaffen jedoch nur wenige Koordinatenmessgeräte.

Um diese Messpunkte fähig und mit vertretbarem Aufwand erfassen zu können, kam daher ein optischer Sensor vom Typ Zeiss DotScan mit einer Messrate von bis zu 1.000 Messpunkte/s zum Einsatz, der mit einer Dreh-Schwenkeinheit in drei verschiedenen Winkelstellungen über die Probe geführt wurde.


Messung des Demonstrators mithilfe des optischen Sensors Typ Zeiss DotScan mit MPE von 1,8 µm + L/350. Um die Flanken besser messen zu können, wurde er mit einer Dreh-Schwenkeinheit des Typs RDS und auf einem Zeiss-„Contura“-Koordinatenmessgerät über die Probe geführt. Quelle: Zeiss

Ergebnisse
Die vorgestellten Ergebnisse (Streuung ±3µm) belegen die Effizienz der hier vorgestellten Prozesskette. Mit der richtigen Auswahl der eingesetzten Komponenten und passender Vorgehensweise lässt sich eine hohe Prozesssicherheit auch bei hochfesten bzw. harten Werkzeugstählen erreichen. Zudem können hierbei hohe Qualitätsanforderungen erfüllt werden. Aber dazu sind auch alle Aspekte eingehend zu betrachten.

Autor: Klaus Vollrath

Ein Investmentfonds exklusiv für Wasserstoff

Ein Investmentfonds exklusiv für Wasserstoff

Interview mit Carmen und Gerd Junker, Grünes Geld GmbH

Die derzeitige wirtschaftliche Unsicherheit hinterlässt auch im Wasserstoffsektor ihre Spuren. Der seit langem erhoffte Ramp-up bei der Fertigung von Elektrolyseuren oder Brennstoffzellen-Lkw lässt ebenso auf sich warten wie der Hochlauf der Produktion von grünem Wasserstoff. Entsprechend verhalten ist die Reaktion an den Börsen. Nach der Betrachtung der H2-Wirtschaft durch den Analysten Max Deml in der letzten HZwei-Ausgabe befragen wir heute Carmen und Gerd Junker, Gründer der Grünes Geld GmbH, zu ihrer Sichtweise auf den H2-Markt.

HZwei: Sehr geehrte Frau Junker, Sie betreuen inzwischen seit vier Jahren gemeinsam mit Ihrem Ehemann und Geschäftspartner einen eigenen Wasserstofffonds. Sie sind gelernte Betriebswirtschaftlerin und Wirtschaftspsychologin und haben mit 22 Jahren bereits eine eigene Sparkassen-Filiale geleitet. Wie sind Sie zum Thema Wasserstoff gekommen?

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Carmen Junker: Im Jahr 2001 gründete ich mein unabhängiges Finanzberatungsunternehmen, das ich sechs Jahre später in die Grünes Geld GmbH wandelte. Seit 2007 widmen wir uns gemeinsam mit großer Leidenschaft dem Bereich der ethisch-ökologischen Finanzanlagen, wobei wir uns besonders auf den Cleantech-Sektor spezialisiert haben. Schon früh erkannten wir die zentrale Bedeutung von Wasserstoff als unverzichtbares Element für die Energiespeicherung.

In Gesprächen mit unseren Mandanten wurde immer wieder deutlich, dass eine essenzielle Lösung für die Speicherung erneuerbarer Energien über längere Zeiträume benötigt wird – insbesondere in Zeiten, in denen weder genügend Sonne noch Wind verfügbar sind. Während sich Batterietechnologien kontinuierlich weiterentwickelten, wurde uns spätestens Ende 2018 klar, dass Wasserstoff die einzig tragfähige Lösung für die Industrie und langfristige Energiespeicherung darstellt. Allerdings fehlten am Markt entsprechende Investitionsmöglichkeiten, weshalb wir unsere umfassende Expertise in der Vermögensverwaltung einsetzten, um ein eigenes risikogestreutes und rechtssicheres Anlageprodukt zu entwickeln. Der Weg zur Realisierung war zwar etwas länger als erwartet, doch letztlich konnten wir am 15. Dezember 2020 mit dem GG Wasserstoff den ersten Wasserstoffaktienfonds in Deutschland und Österreich auf den Markt bringen.

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Sehr geehrter Herr Junker, Sie haben als Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen einen technischen Background und verfügen über jahrelange Führungserfahrung in einer mittelständischen Aktiengesellschaft. Was hat Sie dazu bewogen, die thematische Ausrichtung Ihrer 2007 gegründeten Gesellschaft stärker zum Wasserstoff zu verschieben?

Gerd Junker: Die Frage nach Speichertechnologien gibt es im Bereich der erneuerbaren Energien ja schon immer, schließlich sind neben den grundlastfähigen Energien Erdwärme, Bioenergie oder Wasserkraft die Windkraft und Photovoltaik intermittierend. Viele Jahre hat sich die Diskussion primär um Batteriespeicher gedreht, ab Ende der 2010er Jahre dann auch immer öfter um Wasserstoff. Die gravimetrische Energiedichte ist ja rund 100-mal höher, und genau das wird bei vielen Anwendungen benötigt. Unsere Mandanten fragten nach Geldanlagen in diesem Bereich, aber es gab praktisch nichts mit vernünftigem Risikokonzept. Da wir schon viele Jahre Erfahrung im Asset Management hatten, war die Auflage des GG Wasserstoff als erster und nach wie vor einziger deutscher Wasserstofffonds eine logische Konsequenz.

Frau Junker, können Sie bitte unserer Leserschaft kurz erklären, was genau Sie machen?

Carmen Junker: Der GG Wasserstoff ist ein voll regulierter Investmentfonds, der Kapital von Anlegern sammelt. Der Fonds (ISIN: A2QDR5) kann problemlos über ein Wertpapierdepot bei Sparkassen, Banken oder Online-Brokern erworben werden. Die Grünes Geld Vermögensmanagement GmbH, die den Fonds mit ihrer Expertise im Wasserstoffsektor berät, unterstützt den offiziellen Fondsmanager Hansainvest bei der Auswahl der 30 bis 40 vielversprechendsten Aktien von Wasserstoffunternehmen weltweit. Für die Sicherheit der Anleger ist entscheidend, dass die erfahrene Kapitalverwaltungsgesellschaft Hansainvest aus Hamburg die professionelle und rechtssichere Verwaltung des Fonds übernimmt. Unsere Aufgabe bei der Grünes Geld Vermögensmanagement GmbH besteht darin, die fundiertesten Investitionsmöglichkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Wasserstoffs zu identifizieren und zu empfehlen.

Sie kombinieren also die Anteile verschiedener börsennotierter Unternehmen, die im Wasserstoffsektor aktiv sind, zu einem Fonds – dem GG Wasserstoff Fonds. Sie unterscheiden dabei in Pure Player und Blended Player. Bitte erläutern Sie diese Unterscheidung.

Carmen Junker: Pure Player sind Unternehmen, die sich praktisch ausschließlich dem Wasserstoffthema verschrieben haben. Das können Elektrolyseurhersteller oder Brennstoffzellenproduzenten sein oder alles, was man im Umfeld der Nutzung von Wasserstoff oder dessen Derivaten benötigt. Meist sind das eher kleinere, jüngere Unternehmen mit höheren Kursschwankungen und langfristig hohem Wachstumspotenzial. Im Fußball wäre das der Sturm.

Blended Player hingegen beschäftigen sich neben dem Thema Wasserstoff auch mit anderen Geschäftsfeldern. Typisches Beispiel wäre das Unternehmen Linde, das Weltmarktführer beim Industriegas Wasserstoff ist, aber auch viele andere Gase liefert und andere Industrieanlagen baut. Diese Unternehmen sind meist größer und haben einen ruhigeren Kursverlauf, oder, um im Bild des Fußballs zu bleiben, hier handelt es sich um Mittelfeld und Abwehr.

Wie können sich potenzielle Interessenten an Ihrem Fonds beteiligen?

Carmen Junker: Sie können den Fonds GG Wasserstoff ganz einfach über Ihren Berater erwerben, indem Sie ihn darum bitten, den Fonds in Ihr Wertpapierdepot aufzunehmen. Wenn Sie einen Onlinebroker nutzen, können Sie den Fonds dort direkt kaufen, oft zu günstigen Konditionen über Börsen wie Hamburg, Stuttgart, Gettex oder Tradegate. Für unerfahrene Anleger bieten wir auf der Website www.wasserstofffonds.de ausführliche Informationen zum Kaufprozess sowie unsere Kontaktdaten an. Falls Sie noch kein Depot besitzen, kann der Fonds auch über die Grünes Geld GmbH als Vermittler erworben werden. Der Kauf des Fonds ist in der Regel ab einem Betrag von 500 Euro möglich oder über einen monatlichen Sparplan, beispielsweise ab 100 Euro. Ein monatlicher Sparplan nutzt den Cost-Average-Effekt und ermöglicht es, langfristig günstig einzukaufen – daher empfehlen wir diese Option besonders.

Herr Junker, Ihr Fonds hat seit 2021 eine Performance von -48 Prozent. Können Sie erläutern, wie diese Entwicklung zustande gekommen ist?

Gerd Junker: Wer die Kolumne zu den Wasserstoffaktien im HZwei-Magazin verfolgt, hat ja gesehen, dass die Wasserstoffaktien genau im Jahr 2021 ihren Höhepunkt erreichten – aus heutiger Sicht eine absolute Übertreibung. In den kleinen Sektor der Wasserstoffaktien ist damals unglaublich viel Geld geflossen, was zu übertriebenen Kursen führte. Seitdem sind die Pure Player meist um 90 bis 95 Prozent gefallen, so dass zwar erhebliche Kursrückgänge auftraten, das Sicherheitskonzept mit den Blended Playern jedoch gut funktioniert hat.

Gründe für die niedrigeren Kurse sind neben der erheblichen Übertreibung im Jahre 2021 auch der wesentlich verzögerte Hochlauf der Wasserstoffindustrie, der jetzt erst so langsam in die Gänge kommt – unter anderem, weil staatliche Förderzusagen wie IPCEI ja erst mit drei Jahren Verzögerung dieses Jahr gekommen sind oder der amerikanische IRA wohl erst nach den Wahlen konkret ausformuliert wird. Wir schließen uns dem Chef des größten deutschen Pure Players, ThyssenKrupp Nucera, an, der betont, dass der Wasserstoffhochlauf verzögert ist, aber weiterhin genauso erwartet wird wie geplant.

Der dritte große Hemmschuh waren die in nie dagewesener Schnelligkeit gestiegenen Zinsen um das Jahr 2022. Hohe Zinsen machen kapitalintensive Investitionen, wie sie beim Aufbau der Wasserstoffindustrie notwendig sind, einfach sehr teuer. Aber im Sommer hat die Europäische Zentralbank bereits einmal die Zinsen gesenkt, dem werden sicherlich noch weitere Zinsschritte folgen.

Wie haben Sie die vergangenen Jahre wahrgenommen, in denen ja immer wieder vom baldigen Markteintritt der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik gesprochen wurde, der dann aber ausblieb?

Gerd Junker: Das eine sind die Zukunftsvisionen und die guten Aussichten – auch die großen Versprechungen der Politik. Für uns als Fondsmanager sind allerdings die regelmäßig berichteten Geschäftszahlen die wichtigere, weil verlässlichere Quelle. Das ist die ungeschönte Wahrheit. Hier hätten wir ein schnelleres und regelmäßigeres Ansteigen erwartet, aktuell wachsen besonders die Pure Player zu langsam. Im Fonds sind wir deshalb bei den Blended Playern übergewichtet.

In einem Ihrer letzten Webinare sprachen Sie über SAF, also Sustainable Aviation Fuels, sogenanntes grünes Kerosin. Wie schnell sehen Sie die Entwicklung in diesem Segment?

Gerd Junker: Lassen Sie mich hier beispielhaft die H2Global-Auktion im Juli für nachhaltiges Kerosin aufführen. Hier scheiterte leider die Auktion, während die Ausschreibung für grünes Ammoniak ja sehr erfolgreich war. Zwar wurde ein ähnlich großes Volumen ausgeschrieben, doch es gab überhaupt keine Bieter. Geld oder Wille waren an der Stelle nicht das Problem. Dass keine Gebote eingingen, lag an dem strengen Regulierungskorsett, das die Europäische Union vorgibt. Die Bürokratie und das Mikromanagement sind der größte Hemmschuh für den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft und der SAF. Leider sehen wir in der Europäischen Union auch keine wirkliche Beschleunigung und setzen für dieses Segment eher auf Investitionen in anderen Wirtschaftsräumen.

Seit Januar 2024 hat der Fonds 15 Prozent verloren, allein 5 Prozent im August. Was war jetzt im August der Auslöser für diese Verluste?

Carmen Junker: Jetzt, zum Zeitpunkt dieses Interviews, ist der August erst zur Hälfte vorbei, die Augustperformance steht also noch nicht fest. Aber der starke Rücksetzer im August hat nur wenig mit den Wasserstoffwerten zu tun, sondern mit den allgemeinen Börsenturbulenzen, die durch die Auflösung des Carry-Trades mit in Japan günstig geliehenem Geld, das dann im starken Dollarraum in Aktien investiert wurde, zu tun. In solchen Situationen fallen alle Aktien, die kleineren wie im Wasserstoffbereich besonders stark. Die Jahresperformance bisher ist in den weiter oben genannten Gründen zu suchen. Wenn die Zinsen weiter fallen und die Wasserstoffprojekte endlich umgesetzt werden, sollte das recht schnell zu steigenden Kursen führen.

Was hören Sie aktuell aus der Wirtschaft? Überwiegt derzeit immer noch eine gewisse Verunsicherung und Investitionshemmung, oder gibt es bereits eine Entspannung?

Gerd Junker: Die Investitionshemmung ist bestimmt vorhanden, aber die Stimmung ist entspannter, als man denken könnte. Vor kurzem haben wir auf dem Wasserstoff-Gipfel des Handelsblatts einen Manager gehört, der sagt: Bei größeren Industrieprojekten hat man eine typische Umsetzungszeit von fünf bis zehn Jahren und meist irgendwelche Verzögerungen. Das ist bei Wasserstoffprojekten nicht anders. Wir kommen einfach in der Realität an.

Sie schreiben auf Ihrer Homepage, die historische Performance lasse „keine Rückschlüsse auf die zukünftige Performance“ zu. Welche Entwicklung erwarten Sie für die nächsten Monate?

Carmen Junker: Für die nächsten Monate kann man an der Börse kaum eine seriöse Auskunft geben. Ganz langfristig bringen Aktienmärkte weltweit zwischen sechs und neun Prozent Rendite. Sollte die Aufholjagd der Wasserstoffaktien beginnen, kann man mit dieser Rendite plus noch mal ein bisschen was obendraufrechnen.

Bitte picken Sie mal drei Aktien heraus, die Sie derzeit als besonders interessant erachten.

Gerd Junker: Mit „derzeit als besonders interessant“ meinen wir Unternehmen, denen wir über die nächsten Jahre gute Aussichten attestieren – möglicherweise entwickeln sich deren Aktien dann auch positiv. Aber das soll absolut keine Anlageempfehlung sein. Jeder, der an der Börse ist, muss sich selbst ein Bild machen.

Bei den Pure Playern wäre eine SFC Energy aus Brunnthal bei München interessant. Die bieten Stromversorgungslösungen auf Basis von Brennstoffzellen an. Dort wurde im Jahre 2022 bereits die Gewinnzone erreicht, das Management ist erfahren und vertrauenswürdig und die Bewertung ist aktuell relativ niedrig.

Die englische Ceres Power entwickelt Solid-Oxid-Brennstoffzellen und Elektrolyselösungen, die sie über Lizenzmodelle an große Player in aller Welt vergibt. Ohne eigene Produktion kann man das Modell schneller skalieren. Nach vielen Jahren des Geschäftsaufbaus werden jetzt auch die Geschäftszahlen besser, die Bewertung an den Börsen ist ohnehin attraktiv.

Bei den Blended Playern gefällt uns eine Gaztransport & Technigaz SA aus Frankreich gut. Deren Abteilung Elogen baut PEM-Elektrolyseure. Diese könnten in fertigen Containern geliefert werden, die dann einfach an jeden Ort der Welt gebracht und betrieben werden können. Gaztransport & Technigaz SA entwickelt darüber hinaus Lösungen für den Wasserstofftransport auf Schiffen. Die Geschäftszahlen sind exzellent und die Bewertung an den Börsen aus unserer Sicht günstig.

Letzte Frage: Was unterscheidet Ihren Fonds von anderen Finanzprodukten und Indizes?

Carmen Junker: Zunächst ist hervorzuheben, dass der GG Wasserstoff der einzige deutsche Investmentfonds ist, der sich exklusiv auf das Segment Wasserstoff konzentriert. Im Vergleich dazu sind andere Anlageformen, wie beispielsweise Zertifikate, für viele Anleger aufgrund des Kontrahentenrisikos weniger geeignet. Passive Produkte stellen in einem dynamischen Wachstumssektor, in dem die Finanzmärkte noch ineffizient bepreisen, ebenfalls keine optimale Lösung dar. Unsere besondere Stärke liegt in der einzigartigen Kombination unseres Fondsmanagements: Auf der einen Seite eine erfahrene Bankerin und Börsenexpertin, auf der anderen Seite ein Ingenieur. Diese Expertise ist für einen Technikfonds von unschätzbarem Wert.

Interviewer: Sven Geitmann

Entwicklungsplattform cleanEngine

Entwicklungsplattform cleanEngine

Dynamisch-energetische Optimierung von leichten BZ-Nutzfahrzeugen

Die Herausforderung bei der Auslegung eines brennstoffzellenelektrischen Antriebs besteht in der fahrzeug- und fahrzeuganwendungsspezifischen Dimensionierung der Komponenten des Antriebsstrangs. Als wesentliche Parameter, die für eine Optimierung zu berücksichtigen sind, gelten die Brennstoffzellenleistung, die Dynamik der Brennstoffzelle, die Masse an Wasserstoff im Tank, die Kapazität und die maximale Ladeleistung der HV-Batterie, die Leistung der Antriebsmaschine im motorischen und generatorischen Betrieb sowie auch das dynamische Verhalten der Wandler.

Virtuelle und reale Testverfahren sollten der Verifikation und Validierung modellbasiert entwickelter Brennstoffzellenantriebe dienen. Hierzu wurde an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten eine Entwicklungsplattform zur dynamisch-energetischen Optimierung dieser Antriebe realisiert.

Um auch Upscaling-Effekte untersuchen zu können, wurden in einer Skalierung von 1:10 ein Modell- und ein Hardware-in-the-Loop-Leistungs- bzw. -Systemteststand ((HiL-Teststand, max. Antriebsleistung 250 kW) in Betrieb genommen, deren gemeinsamer digitaler Zwilling als Model-in-the-Loop-Simulation (MiL-Simulation) realisiert wurde.

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Exemplarisch wurde ein optimierter prototypischer BZ-Antriebsstrang in einen Versuchsträger implementiert, um die im Fahrversuch ermittelten Ergebnisse mit denen der Simulationen und Teststandmessungen vergleichen zu können. Die Anwendung iterativer und rekursiver Verfahren stellte die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse sicher und zeigte die Funktionstüchtigkeit der entwickelten Methoden.

Die Innovation besteht nun darin, dass kleine und mittlere Unternehmen durch Anwendung dieser Methoden die Entwicklungskosten deutlich reduzieren und die Entwicklungszeiten erheblich verkürzen können.

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Abb. 1: Schema der durch die Methodenkopplung realisierten Entwicklungsplattform

Die MiL-Simulationen beschreiben bestmöglich das Verhalten der Antriebe auf dem HiL-Teststand. Die HiL-Teststandmessungen sagen bestmöglich das Verhalten der Antriebe im Erprobungsträger voraus. Durch iteratives und rekursives Vorgehen konnte erreicht werden, dass bereits die Simulationen sehr guten Aufschluss über den Einsatz des Brennstoffzellenantriebs im Fahrzeug liefern.

Die cleanEngine-Testbench (HSRM)

Der eigens entwickelte Prüfstand der Hochschule RheinMain ermöglicht die detaillierte Untersuchung von Brennstoffzellensystemen (BZ-Systemen) mit einer Stackleistung von 3 bis zu 10 kW. Diese Entwicklung umfasst unter anderem die Steuerung des Prüfstands und des BZ-Systems sowie eine präzise Überwachung aller relevanten Parameter des Brennstoffzellenstacks und seiner für den Betrieb notwendigen Peripheriekomponenten.

Ziel des Projektes cleanEngine ist es, Leistungs- bzw. Energieanforderungen realer Fahrsituationen (WLTP u. a.), wie sie aus „echten Fahrten“ geeigneter Fahrzeuge entnommen wurden, auf einem Messstand „down zu skalieren“ und ein „Fahrprogramm“ zu entwickeln. Dieses Fahrprogramm soll gemäß der angefragten Fahrleistung einen optimierten Betrieb in Bezug auf Dynamik und Vermeidung kritischer Zustände der Brennstoffzelle erlauben. Durch genaue Beobachtung der Systemparameter ist so eine Steuerung des BZ-Systems möglich, die energetische Aufwände des Fahrbetriebs minimiert – man denke an die Hilfsaggregate, die heute bis zu 15 Prozent Energie verwenden und das Brennstoffzellensystem stets in seiner Komfortzone belassen. Dazu wurden im Zuge des Projektes jeweils drei PEM-BZ-Stacks der Leistungsklassen 3, 6 und 9 kW beschafft. Beim Aufbau der BZ-Systeme wurde Wert auf eine fahrzeugnahe Auslegung gelegt, in enger Absprache mit dem Team der HS Kempten bezüglich dessen Versuchsaufbaus.

Neben der Variierbarkeit der Betriebstemperatur und des -drucks zeichnet sich der Prüfaufbau durch eine passiv einstellbare Befeuchtung und eine aktive Rezirkulation des Wasserstoffs aus. Erste Erfahrungen haben bestätigt, dass es sich hier um wichtige Stellschrauben für eine flexible Anpassung an unterschiedliche Betriebsbedingungen und zur Erhöhung von Effizienz und Lebensdauer der Systeme handelt.


Abb. 2: Testbench der Hochschule RheinMain

Eine umfangreiche Sensorik erfasst sämtliche Massen- und Energieflüsse innerhalb des BZ-Systems. Dies schließt die simultane Einzelzellspannungsmessung und die Ermittlung des Leistungsbedarfs aller Systemkomponenten ein. Darüber hinaus werden Temperaturen, Drücke und Feuchtigkeitswerte kontinuierlich überwacht, was eine genaue Analyse der Betriebszustände ermöglicht.

Der Prüfstand bietet die Möglichkeit zur Bestimmung der Polarisationskennlinie des BZ-Stacks sowie zur Durchführung der elektrochemischen Impedanzspektroskopie an Einzelzellen oder wahlweise am gesamten Stack. Diese Verfahren sind entscheidend für das Verständnis der elektrochemischen Eigenschaften und der Leistungsfähigkeit der Brennstoffzellen. Neben diesen analytischen Methoden können am Prüfstand Fahrzyklusversuche und Dauerlaufversuche durchgeführt werden, um Alterungs- und Versagensmechanismen der Brennstoffzellen zu untersuchen.

Das offene Prüfsystem sowie die flexible Steuerung des BZ-Systems erlauben die Testung verschiedenster Systemkomponenten. Dazu gehören unter anderem Verdichter, Kühlmittel, Befeuchtungskonzepte, Ventile und diverse Sensoren. Darüber hinaus können sie genutzt werden, um die Brennstoffzellentechnologie weiterzuentwickeln. Sie liefern neue Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit und Effizienz der untersuchten BZ-Systeme und ermöglichen die Identifikation von Optimierungspotenzialen in Bezug auf Betriebstemperatur, Betriebsdruck, Befeuchtung und Rezirkulation.

Zudem unterstützen sie die Entwicklung von verbesserten Steuerungs- und Überwachungssystemen für Brennstoffzellensysteme, insbesondere zu Fragen zur Feuchte und den Temperaturverläufen. Die Ergebnisse schaffen eine Grundlage für die Weiterentwicklung von Analysemethoden wie der elektrochemischen Impedanzspektroskopie, um die elektrochemischen Eigenschaften und Leistungsfähigkeit der Brennstoffzellen besser zu verstehen. Darüber hinaus zeigen sie den Einfluss von verschiedenen Betriebsbedingungen auf Alterungs- und Versagensmechanismen der Brennstoffzellen auf, um die Langlebigkeit und Zuverlässigkeit der BZ-Systeme zu verbessern.


Abb. 3: Schematischer Aufbau des Teststands der Hochschule RheinMain

Konfiguration des HiL-Systemteststands (HKE)

Während in einer MiL-Simulation alle Komponenten durch physikalische Modelle abgebildet werden, sind auf einem HiL-Teststand alle wesentlichen Komponenten des Antriebs als Hardware integrier- und charakterisierbar. Nicht vorhandene Komponenten, wie das Fahrzeug selbst oder die Umgebung etc., werden wiederum durch physikalische Modelle in Form einer sogenannten Restbussimulation repräsentiert.

Aktuell sind auf dem Teststand als wesentliche Komponenten integriert:

  • Toyota Brennstoffzellensystem, 80 kW, Dynamik ± 30 kW/s
  • Antriebssynchronmaschine, 85 kW
  • HV-Traktionsbatterie 36 kWh, niedrigere Kapazitäten können softwareseitig simuliert werden
  • Asynchronlastmotor Pmax = 250 kW zum Aufbringen der Lastzyklen
  • Externe Speicherbatterie (222 kWh) zur Speicherung elektrischer Energie und für Netzunabhängigkeit

Merkmale des HiL-Systemteststands

  • Komplette Antriebsstränge sowie alle Einzelkomponenten können untersucht und charakterisiert werden.
  • Derzeit ist der Teststand für Antriebe mit max. Antriebsleitung von 250 kW ausgelegt.
  • Mögliche Testzyklen sind WLTC, NEFZ, insbesondere auch beliebig konfigurierbare Szenarien.
  • Die Realisierung erfolgte komplett in Eigenleistung, von der Idee bis zur Inbetriebnahme.

Abbildung 4 zeigt schematisch den Aufbau des HiL-Systemteststands. Im linken unteren Block ist die real integrierte Fahrzeughardware, bestehend aus Brennstoffzellensystem, Antriebsmaschine, Kühlsystem, Traktionsakku, elektrischen Wandlern und der Power-Distribution-Unit (PDU), dargestellt. Als zentrales Steuergerät kommt die MicroAutoBox 3 von dSpace zum Einsatz. Für die komplexe Regelung der Energieflüsse zwischen Brennstoffzelle, Antriebsmaschine und Traktionsakku wurde ein sogenannter „intelligenter Energieflussregler“ als Software für das Steuergerät entwickelt.

Messungen auf dem Systemteststand zeigten sehr schnell, dass der elektrische Energiespeicher (Traktionsakku oder auch HV-Batterie genannt) der für die Fahrzeuganwendungen limitierende Faktor ist. Es ist eben nicht nur die Kapazität des elektrischen Speichers entscheidend, vielmehr limitiert die maximale Ladeleistung der Batterie bei Rekuperation und gleichzeitig nachlaufender Brennstoffzelle die Speicherung der zurückgewonnenen Energie, so dass nicht selten zusätzlich mechanisch gebremst werden muss. Daraus resultiert die Notwendigkeit einer beschleunigten Entwicklung von Batteriesystemen für wasserstoffelektrische Antriebe.


Abb. 4: Topologie
des HiL-Systemteststands

Vergleich der Ergebnisse aus MiL-Simulationen mit HiL-Teststandmessungen

Die Abbildung 5 stellt den Vergleich der Simulationsergebnisse (in der linken Spalte) mit den Teststandmessungen (in der rechten Spalte) dar. Basis des Vergleichs ist der WLTC-Zyklus Klasse 3. In der ersten Zeile ist in Blau das Geschwindigkeitsprofil und in Rot der SoC der Batterie dargestellt. In der zweiten Zeile werden die Motordrehmomente und in der dritten Zeile die Motordrehzahlen verglichen.

In der vierten Zeile sieht man die Verläufe der Leistungen für das Brennstoffzellensystem, den Motor und die Batterie. Darüber hinaus sind die Ladeleistungsgrenze der Batterie sowie die vom intelligenten Energieflussregler gesetzte maximale Ladeleistung dargestellt.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Ergebnisse der MiL-Simulation sehr gut mit den Messergebissen der HiL-Teststandversuche übereinstimmen.


Abb. 5: Vergleich der Ergebnisse aus Simulation und Teststandmessungen auf Basis WLTC Klasse 3

H2-Forschungsanlage der Hochschule Kempten

Die H2-Forschungsanlage (Teststand und Infrastruktur) der Hochschule Kempten wurde auf dem Campus des Abwasserverbands Kempten (AVKE, s. Abb. 1) installiert. Dort wird das Wasserstoffzentrum Kempten entstehen.

Die Zusammenarbeit der Hochschule Kempten mit dem AVKE ist ein Ergebnis des Projektes HyAllgäu, das im Rahmen des Programms HyLand im Teilprogramm HyExperts als Machbarkeitsstudie gefördert wurde. Gegenstand des Projektes war die Frage, inwieweit der zukünftige Wasserstoffbedarf des Allgäus durch eine H2-Produktion im Allgäu gedeckt werden kann (s. HZwei-Heft Apr. 2021).

Nächste Schritte und Resümee

Die Fahrerprobung durch die Firma ABT e-Line GmbH erfolgt derzeit, und danach steht der Vergleich der Fahrzeugmessdaten mit den Messdaten des Systemteststands an. Dass die Simulationsergebnisse sehr gut mit den Ergebnissen der Teststandmessungen übereinstimmen, wurde bereits erwähnt. Aktuell arbeiten wir an der eingangs erwähnten dynamisch-energetischen Optimierung des wasserstoffelektrischen Antriebs. Hierzu stellt sich als wesentliche Frage: Wie bzw. wodurch kann die Effizienz der Brennstoffzelle im Zusammenspiel mit der HV-Traktionsbatterie gesteigert werden, um z. B. den H2-Verbrauch zu minimieren?

Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass, um den Anforderungen von wasserstoffelektrischen Antrieben gerecht zu werden, eine Weiterentwicklung von elektrischen Speichersystemen in Richtung hybrider Systeme, bestehend aus Hochleistungs- und Hochenergiebatterien sowie sogenannten Superkondensatoren, dringend empfohlen wird.

Im Projekt cleanEngine haben wir gelernt, die relevanten Parameter des Energiemanagements zu verstehen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, d. h., die Energieflüsse zwischen BZ-System, Traktionsbatterie und Antriebsmotor zu analysieren und durch einen eigens entwickelten intelligenten Energieflussregler fahrzeugtyp- und anwendungsbezogen zu optimieren. Dies befindet sich gerade in der Erprobung. Voraussetzung ist die optimierte Dimensionierung der Komponenten H2-Tank (H2-Menge), Batteriekapazität, Leistung des BZ-Systems und der Antriebsmaschine.

Insgesamt wurden im Projekt cleanEngine Verfahren, Methoden und Tools entwickelt, deren praxisnahe Anwendung es ermöglicht, umfassende technische und wissenschaftliche Fragestellungen im Kontext wasserstoffelektrischer Antriebe für stationäre und mobile Anwendungen zu beantworten.

Die Ergebnisse aus dem Förderprojekt cleanEngine zeigen die Bedeutung der ganzheitlichen Betrachtung von Brennstoffzellensystemen inklusive der BoP-Komponenten. Die einzigartige Gliederung des Projektes ermöglicht den Zoom von der Ebene des fertigen BZ-Hybridfahrzeugs über ein Prototypen-Hybrid-Antriebsstrangsystem hin zu den einzelnen Komponenten, die benötigt werden, um einen BZ-Stack zu betreiben, und dadurch die Darstellung der Wechselwirkungen dieser Systemebenen und -komponenten.

Das Projekt cleanEngine wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert. Die administrative Verantwortung liegt bei der Nationalen Organisation Wasserstoff GmbH (NOW), und als Projektträger zeichnet der Projektträger Jülich (PTJ) verantwortlich. Projektpartner ist neben den Hochschulen Kempten (HKE – Yue Ni, André Giesbrecht, Moritz Gegenbauer, Christoph Zettler) und RheinMain (HSRM – Max Kleber, Georg Derscheid, Matthias Werner) die ABT eLine GmbH als Industrieunternehmen. Die Projektlaufzeit erstreckt sich nach Verlängerung um zwölf Monate vom 1. Dezember 2020 bis zum 30. November 2024.

Autor*innen sind:
Prof. Dr. Birgit Scheppat
Hochschule RheinMain
Birgit.Scheppat@hs-rm.de

Prof. Dr. Werner E. Mehr
Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten
werner.mehr@hs-kempten.de

EU-Rechnungshof: H2-Strategie braucht „Realitätscheck“

EU-Rechnungshof: H2-Strategie braucht „Realitätscheck“

Prüfer halten Ziele für unklar und unrealistisch

Die EU hat sich in ihrer Wasserstoffstrategie für das Jahr 2030 zu hohe Ziele gesteckt. Zu diesem Fazit kommen die Prüfer des EU-Rechnungshofes in einem im Juli 2024 veröffentlichten Sonderbericht. Sie fordern nun eine Anpassung der Strategie und ein besseres Controlling.

Im Sommer legte der Europäische Rechnungshof einen Sonderbericht mit dem Titel „Die Industriepolitik der EU im Bereich erneuerbarer Wasserstoff“ vor. Auf 124 Seiten (inklusive Anhänge) durchleuchten die Prüfer dabei die bisherigen Pläne, Rechtsvorschriften und Maßnahmen der Europäischen Kommission. Dabei geht es unter anderem um deren mangelnde Konsistenz. Schon bei der Zieldefinition der EU-Pläne monieren die Prüfer viele Unklarheiten und Widersprüche: So ist in der EU-Wasserstoffstrategie die Rede von 40 GW bis 2030 installierter Elektrolyseleistung, mit denen 4,4 Mt Wasserstoff erzeugt werden sollen. Laut einer Arbeitsunterlage zum REPowerEU-Plan soll diese Elektrolyseleistung hingegen 6,6 Mt Wasserstoff liefern. Mit dem Produktionsziel von 10 Mt für das Jahr 2030 passt keiner der Werte zusammen.

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Die Prüfer führen zudem eine Reihe von Nachfrageschätzungen für das Jahr 2030 an. Auf Basis der EU-Regulierungen ergeben sich dabei Mengen zwischen 3,8 und 10,5 Mt. Die meisten liegen jedoch deutlich unter 10 Mt. Für einen Großteil der im REPowerEU-Plan vorgesehenen 20 Mt (10 Mt aus Europa, 10 Mt aus Importen) gebe es demnach keine Abnehmer.

Auch die Herleitung der Ziele steht für die Prüfer auf zu schwachen Beinen: Für das 40-GW-Ziel sehen sie im Wesentlichen ein Papier des Branchenverbandes Hydrogen Europe als Quelle. Das in der ersten EU-Wasserstoffstrategie festgelegte Produktionsziel von 10 Mt sei hauptsächlich am Bedarf für fossilen Wasserstoff aus dem Jahr 2020 abgeleitet.

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Im Markt zeige sich die Unsicherheit vor allem in Form des altbekannten Henne-Ei-Problems: Kein Industrieunternehmen setzt auf Wasserstoff, wenn dieser nicht sicher verfügbar ist. Und niemand will in teure Infrastruktur investieren, bevor die Kundschaft bereitsteht. „Ein Teufelskreis“, folgert der EU-Rechnungshof in seiner Pressemitteilung. Nötig wären staatlich gestützte Investitionen. Doch wie teuer der Umstieg auf Wasserstoff werden könnte und wie viel öffentliches Geld dafür verfügbar sei, überblicke die Kommission ebenfalls nicht komplett, so die Prüfer. Selbst die verfügbaren EU-Fördermittel für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft ließen sich nur schätzen, denn sie seien über mehrere Programme verstreut. Auf 18,8 Mrd. Euro für den Zeitraum 2021 bis 2027 kommen die Rechnungsprüfer.

Nicht alle ziehen an einem Strang
Dass die Mitgliedsstaaten unterschiedliche Ambitionen haben, die nicht immer mit denen der EU übereinstimmen, macht es nicht leichter. Der Rechnungshof hat vier Länder ausgemacht, in denen nach jetzigem Stand fast 80 Prozent der Elektrolyseurkapazität installiert werden sollen: Deutschland, Spanien, Frankreich und die Niederlande. Dort sei der Anteil der schwer dekarbonisierbaren Industriezweige hoch und die Wasserstoffprojekte vergleichsweise weit gediehen. Zugleich fließe ein Großteil der EU-Förderung in diese Länder.

Dafür, dass das Wasserstoffpotenzial der gesamten EU ausgeschöpft werde, gebe es hingegen keine Garantie – ebenso wenig dafür, dass dieser Wasserstoff dann in die Länder mit hoher industrieller Nachfrage komme. Nur wenige der möglichen Exportländer hätten bereits Pläne dafür vorgelegt. Eine konkrete Importstrategie (s. S. 7) gebe es lediglich in Deutschland.

Die Prüfer attestieren der Europäischen Kommission allerdings auch viele richtige Schritte. Insbesondere habe sie binnen kurzer Zeit einen fast vollständigen Rechtsrahmen geschaffen. Damit habe sie für die rechtliche Sicherheit gesorgt, die für den neuen Markt nötig sei. Zudem habe sie alles in ihrer Macht Stehende getan, um die Genehmigungen zu beschleunigen.

„Welche Industriezweige will die EU behalten?“
Der Rechnungshof gibt der EU eine Reihe von Empfehlungen mit, die bis Ende 2025 umgesetzt werden sollen. Bereits die erste hat es in sich: Nach einem „Realitätscheck“ solle die Kommission „strategische Entscheidungen […] treffen, ohne neue strategische Abhängigkeiten zu schaffen“. Die Brisanz dieser Aussage verstecken die Prüfer allerdings in einer Klammer in einem Unterpunkt: „Welche Industriezweige will die EU behalten und zu welchem Preis?“ Dabei ist zu berücksichtigen: Die EU-Fördermittel sind begrenzt und die Kommission muss entscheiden, in welchen Teilen der Wertschöpfungskette sie die größte Wirkung entfalten. „Die EU sollte über den strategischen Weg zur CO₂-Neutralität entscheiden, ohne die Wettbewerbssituation ihrer Schlüsselindustrien zu beeinträchtigen oder neue strategische Abhängigkeiten zu schaffen“, sagt Stef Blok, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs. Dass es keinen perfekten Weg dafür gibt und es nicht um das Vermeiden von Importen per se geht, wird an den Formulierungen in der Pressemitteilung klar. Man müsse geopolitische Abwägungen bewusst treffen, präzisiert Blok. Zu vermeiden seien „sehr große Abhängigkeiten bei Grundprodukten“.

Die weiteren Empfehlungen sind deutlich technischer: Die Kommission soll einen Fahrplan festlegen und überwachen, sich einen Überblick über die nationale Finanzierung verschaffen, den Mitgliedsstaaten bei der Projektgenehmigung Dampf machen und sich besser mit der Industrie koordinieren.


Abb. 2: Stef Blok ist Mitglied des Europäischen Rechnungshofs und war für die Prüfung im Rahmen des Sonderberichts zuständig

Autorin: Eva Augsten
Sonderbericht: www.eca.europa.eu/ECAPublications/SR-2024-11/SR-2024-11_DE.pdf

Anm. d. Red.: Eine Zahl korrigiert am 13.09.2024

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