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Cummins Engine – Wasserstoff als Wachstumstreiber

Cummins Engine – Wasserstoff als Wachstumstreiber

Meine Empfehlung, zwischenzeitlich sehr schwache Kurse bei Cummins für Zu- und Neukäufe zu nutzen, hat sich bereits ausgezahlt: Die Aktie zog von circa 200 auf über 255 US-$ an. Und es wird weitergehen, setzt Cummins doch verstärkt auf neue Märkte wie den Wasserstoff (Motoren, Elektrolyse, Stacks für Nfz u.v.a. – wir berichteten).

Cummins kann das eigene Wachstum durch seine Unternehmenserträge selbst gut aus eigener Kraft finanzieren. Durchschnittlich 34 Prozent der Unternehmensgewinne werden als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet – in 2022 immerhin 6,28 US-$/Aktie. Diese wurde am 11. Juli um sieben Prozent auf 1,68 US-$/Aktie im Quartal aufgestockt. Das Unternehmenswachstum von durchschnittlich 26 Prozent pro Jahr in den vergangenen fünf Jahren ist solide. Cummins sieht nun den Umsatz im laufenden Geschäftsjahr bei 33 Mrd. US-$ und erwartet einen Gewinn pro Aktie in Höhe von 19,80 US-$, was immerhin einem Wachstum von 31 Prozent entspricht. Eine gute Begründung für weiter steigende Kurse.

Kursrückgang trotz guter Zahlen

Cummins meldet für das zweite Quartal einen Umsatz in Höhe von 8,6 Mrd. US-$ (plus 31 Prozent) und 720 Mio. US-$ Gewinn, der allerding niedriger als erwartet ausfiel und den Aktienkurs von über 255 US-$ auf 230 US-$ sinken ließ – damit schon wieder auf Kaufniveau, da die Guidelines unverändert sind.

Zusammen mit Air Liquide hat Cummins Engine die kanadische Hydrogenics 2019 für 290 Mio. US-$ übernommen. Bei der Transaktion behielt Air Liquide damals einen Anteil in Höhe von 19 Prozent. Diesen Anteil hat Air Liquide nun für geschätzte 156,5 Mio. US-$ an Cummins verkauft, so dass sich der rechnerische Wert von Hydrogenics per heute auf über 823,7 Mio. US-$ beläuft. Cummins plant mit der Tochter Accelera, in der Hydrogenics konsoldiert ist, in den nächsten Jahren eine jährliche Elektrolysekapazität von 3,5 GW aufzubauen. Diverse Großaufträge – 500 MW in China, 500 MW in den USA, 500 MW in Spanien und 1 GW in Belgien – sind bereits in den Büchern von Cummins respektive Accelera.

Wenn man überlegt, dass Plug Power in wenigen Jahren 5 GW an Elektrolysekapazität aufbauen will und an der Börse aktuell mit gut 6 Mrd. US-$ bewertet wird, sollte Cummins überlegen, seine Tochter eventuell auch bei Beibehaltung einer Mehrheitsbeteiligung an der Börse zu platzieren oder so wie es Thyssenkrupp mit Nucera gemacht hat. Folge dieser rein theoretischen Überlegung: Kapitalfluss von über 2 Mrd. US-$, mit dem einerseits der Kaufpreis an Hydrogenics abgedeckt wird (zurückfließt), zudem ein außerordentlicher Gewinn winkt und drittens Accelera über die Börse neues Wachstumskapital (für Akquisitionen?) erhalten würde – nur so als Gedankenspiel.

Wasserstoffbetriebene Motoren

Das Autofachjournal WardsAuto berichtet darüber, wie fortgeschritten Cummins daran arbeitet, Motoren auf den Markt zu bringen, die mit Wasserstoff betrieben werden. Dazu soll es eine weitere Version des erfolgreichen B6.7-Motors geben, der mit seiner Powertrain Wasserstoff verbrennt und dies im Einsatz bei schweren Lkw. Immerhin gibt es bereits Restriktionen in Kalifornien, die den Betrieb von Diesel-Trucks u. a. auf dem Areal von Häfen bereits ab 2024 untersagen. Fahrzeuge, die vor dem Jahr 2010 produziert wurden, dürfen schon demnächst nicht mehr auf den Straßen dieses Bundesstaates fahren. Eine Steilvorlage für alle Hersteller von Alternativantrieben – also dem Einsatz der Brennstoffzelle oder der direkten Einspritzung von Wasserstoff neben batterieelektrischen Systemen.

Der neue B6-7H 6.7l hydrogen Motor (483 km Radius) kann damit schnell ein Volltreffer werden, wenn Wasserstoff und die dazugehörige Infrastruktur vorhanden sind. Da passt es perfekt, dass die US-Regierung via IRA 8 Mrd. US-$ für den Bau von sechs bis zehn H2-Terminals verteilt über die USA vorgesehen hat – neben den vielen Einzelprogrammen von Bundesstaaten wie Kalifornien.

Fazit: Cummins Engine arbeitet an diversen Plattformen für die Nutzung von Wasserstoff in vielen Anwendungen wie im Schwertransport, der Schiene, aber auch bei der Elektrolyse, ob PEM oder alkalisch. Die Börse wird dies immer mehr in die Unternehmensbewertung einfließen lassen. Ein richtiger H2/BZ-Blue-Chip, zu dem sich Cummins entwickelt.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Ballard Power – Plattformpartnerschaft mit Ford

Ballard Power – Plattformpartnerschaft mit Ford

Die Bilanzpressekonferenz zum zweiten Quartal hat eine Reihe von Erkenntnissen geliefert, die einen sehr optimistischen Ausblick auf die Zukunft des Unternehmens zulassen. Ballard positioniert sich perfekt in seinen wichtigsten Märkten: Bus und Lkw, Schienenfahrzeuge, Schifffahrt und stationäre Energie. Da geht es um die Optimierung der Produktionsprozesse aller wichtigen Komponenten, Kostenreduktionen (Skalierung), Local-for-Local-Strategien (Lieferketten in den jeweiligen Ländern, wo Ballard eine Produktion unterhält) und den Hochlauf in den verschiedenen Weltregionen, in denen das Unternehmen tätig ist. Ein paar Beispiele:

Bei Bussen haben die Kanadier in Sachen Brennstoffzelle „die Nase vorn“ mit einem gefühlten Marktanteil von noch über 70 Prozent. Kürzlich kam der größte weltweite Einzelauftrag des Kunden Solaris für 96 BZ-Busse rein (davon 52 für Rebus in Güstrow bei Rostock). In den kommenden zwei Jahren geht es um beachtliche 10.000 BZ-Busse (Europa und USA), von denen sich Ballard einen großen Anteil verspricht. In den USA fängt es gerade diesbezüglich erst an und Ballard sieht sich auf gutem Wege, u. a. von New Flyer (haben Marktanteil von rund 66 Prozent bei Citybussen) größere Bestellungen entgegenzunehmen. Einzelaufträge von Kommunen ziehen nun mit Stückzahlen von 1, 2, 5 auf 50 bis 100 BZ-Bussen an.

China-Karte

In China tut sich nun endlich auf Regierungsebene sehr viel in Sachen Wasserstoff (s. o.). Die Chance auf ein umfassendes Förderprogramm der Regierung ab 2024/25 steigt. Wird China da kleckern oder vergleichbar der US-Regierung mit dem IRA ein Mammutprogramm in Sachen Wasserstoff (Investitionsanreize, Zuschüsse für die H2-Produktion) auf den Weg bringen? China könnte den Themenkomplex Wasserstoff wie ein klimafreundliches Konjunkturprogramm für sich einsetzen, gibt es doch derzeit Probleme im Bausektor und bei Infrastrukturprogrammen. Zudem lassen sich neue Märkte in der Elektromobilität aufbauen, so dass die batterieelektrische ergänzt bzw. ersetzt werden könnte, was dem Weltmarkt für Brennstoffzellen einen Turboeffekt verabreichen würde.

Für Ballard und sein Joint Venture mit Weichai (49:51) lässt dies sehr viel Fantasie zu. CEO Randy MacEwen sagte: „W.“

Wisdom Motor liefert 147 BZ-Lkw nach Australien

Mit Wisdom Motor – Sitz ist Fujian in China – hat Ballard bereits im Mai 2022 eine strategische Partnerschaft abgeschlossen, wozu auch die Firmen Templewater Group und Bravo Transportation (Lkw & Busse) zählen. Wisdom Motor hat wiederum im November 2022 mit den australischen Pure Hydrogen und HDrive eine Kooperationsvereinbarung (MoU) abgeschlossen, wonach Wisdom über einen Zeitraum von fünf Jahren 12.000 schwere wasserstoffbetriebene Lkw (u. a. Müllfahrzeuge) liefern wird.

Nun wurde der erste Auftrag abgeschlossen, der die Auslieferung von 147 wasserstoffbetriebenen Abfallsammelfahrzeugen zum Inhalt hat. Auftragswert: 63 Mio. US-$. Der Lieferant der Module/Stacks: das Joint-Venture von Ballard und Weichai in China – und zwar exklusiv. Könnte dies bereits bedeuten, dass Ballard via China-JV hier nun allein aus diesem Deal 2.400 BZ-Module pro Jahr liefert? Die BZ-Kapazitäten des JV liegen bei 20.000 Einheiten pro Jahr, so dass dieser Auftrag perspektivisch ein sehr guter Anfang ist.

Investments in China werden angepasst

Ursprünglich wollte Ballard eine eigene MEA-Produktion mit einem Investitionsvolumen von 130 Mio. US-$ in China aufbauen, u. a. um Importzöllen entgegenzutreten. Dieses Investment wird vorerst aufgeschoben, bis Klarheit über das Förderprogramm besteht. Man hält an den Plänen fest, will aber vorerst noch nicht in Grund und Boden investieren, bis der BZ-Markt dort in Fahrt kommt. Dazu habe man aber, was die Lieferketten angeht, bereits alle wichtigen Kontakte beisammen und kann schnell reagieren, wenn es denn sinnvoll ist. Anders ausgedrückt lässt dies die Interpretation zu, dass Ballard erst verstärkt in den Märkten (USA, Europa) investiert, wo man sich zeitnah die besseren Chancen auf Aufträge verspricht. All das kann aber auch schnell geändert werden, wenn China Gas gibt, was deren Wasserstoffstrategie (Förderung, Anreize) angeht.

Plattformpartnerschaften als Turbo

Ballard arbeitet schon lange am Aufbau von sogenannten Plattformpartnerschaften. Hiermit sind Kunden gemeint, die das Brennstoffzellen-Know-how (Stacks & Module) für sich zu nutzen wissen und dies in deren eigene Wasserstoffstrategie integrieren und die BZ-Module exklusiv von Ballard beziehen. Man setzt da voll auf Ballard und deren Erfahrungen wie auch die Qualität der BZ-Produkte. Für Ballard bedeutet dies, zukünftig große Mengen an Modulen/Stacks an diese Partner ausliefern zu können. Im Bussektor sind dies Firmen wie Van Hool oder Solaris und bei Schienenfahrzeugen Siemens Mobility und Stadler, um ein paar Beispiele zu nennen. Es könnten wohl 30 und mehr solcher Partnerschaften entstehen, was mittel- bis langfristig ein gewaltiges und vor allem sicheres Absatzpotenzial bedeutet.

Auswahlverfahren von Ford spricht für Ballard

Ford Truck hat sich nach umfassender Marktanalyse entschlossen, Ballard für deren BZ-Module für Lastwagen der Baureihe F-MAX zum Einsatz zu bringen. Jeweils zwei 120 kW leistende FCmove-XD-Module kommen pro Lkw zum Einsatz. Erst einmal wurde eine Absichtserklärung (LoI) abgeschlossen und die Lieferung einiger Module für Testzwecke vereinbart. Daraus wird dann eine Großserie. Man kann dies vergleichen mit Bosch und Nikola, wo Bosch die BZ-Module liefert.

Dies ist ein Ritterschlag für Ballard, der deren Kompetenz unterstreicht. Ford Truck baut neben schweren Lkw auch viele andere Fahrzeuge wie Baumaschinen und Trecker, in denen dann Ballard-inside perspektivisch zum Einsatz kommen kann. Die Lkw-Produktion in der Türkei soll hierbei Standort für den ersten BZ-Einsatz sein. Über 10.000 Fahrzeuge rollen hier jährlich vom Band.

Ford kann die Ballard-Module selbst perfekt auf den eigenen Lkw-Chassis verbauen, so der Plan. Sicherlich wird es noch ein bis zwei Jahre dauern, bis nach Testläufen erste Großaufträge an Ballard vergeben werden. Der Grundstein ist aber nun gelegt. Was wäre, wenn Ballard hier 1.000, 5.000, 10.000 und mehr BZ-Module im Jahr zuliefert – nur für diese eine Plattformpartnerschaft? Von Ballard hieß es dazu: „Wir gehen davon aus, dass sich diese Partnerschaft mit zunehmender Reife der F-MAX-Brennstoffzellen-Lkw-Plattform von Ford zu einer langfristigen Vereinbarung über Modulbestellungen und -lieferungen in größerem Umfang entwickeln wird.“

Auch Canadian Pacific hat für die konzerneigene Produktionsstätte von CPKC in Kansas City 20 BZ-Module für den Einsatz in verschiedenen Lokomotivvarianten geordert, um im Testbetrieb Erfahrungen zu sammeln. Das Bahnunternehmen arbeitet auch mit der Eisenbahngesellschaft CSX zusammen, Lokomotiven H2-ready zu machen bzw. vom Dieselbetrieb abzuschalten. Hieraus kann ein sehr großer Auftrag entstehen. Weitere Aufträge werden im weiteren Jahresverlauf 2023 erwartet.

Zahlenwerk

Der Verlustausweis bei Ballard lag wie erwartet pro Aktie bei minus 0,10 US-$ pro Quartal. Der Auftragsbestand hat sich wertmäßig stark auf 147,5 Mio. US-$ erhöht und wird dies auch weiterhin tun. Auf der Bank liegen noch gut 815 Mio. US-$ an liquiden Mitteln. Das Verhältnis der Umsatzentwicklung im ersten und dem zweiten Halbjahr wird mit 30:70 Prozent beschrieben, so dass das aktuelle zweite Halbjahr hier positive Überraschungen verspricht. Richtig spannend wird es dann erst in 2024/25.

Fazit: Die Ruhe in der Kursentwicklung bei Ballard sollte spätestens in 2024 zu Ende gehen und in einen allmählichen Kursanstieg münden, der seine Grundlagen in steigenden Aufträgen der BZ-Produkte in all den verschiedenen Plattformpartnerschaften, Märkten und Regionen findet. Ein Turbo könnte China sein, wenn hier Klarheit über die Förderung geschaffen ist. Deshalb: Kaufen und liegen lassen. Kein Schnellschuss. Denken Sie an Facebook, Amazon und Google in den ersten Jahren: Da gab es nur „logische“ riesige Verluste – bis die Geschäftsmodelle ins Fliegen kamen – die Aktien auch.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Klimaneutralität als Wettbewerbsvorteil

Klimaneutralität als Wettbewerbsvorteil

Wettbewerbsfaktoren für den Mittelstand

Ohne den Einsatz von technologischen Entwicklungen ist an einen Erfolg der Klima- und Energiewende nicht zu denken. Ökologie und Ökonomie gehören dabei zusammen, denn die Unternehmen wollen decarbonsieren, ihre Lieferketten CO2-frei machen, regenerative Energie selbst erzeugen und auch nutzen. Sie wollen – im besten Fall – den Kunden wie auch den Konsumenten Produkte an die Hand geben, die klimaneutral erzeugt wurden und ein gutes Gewissen erzeugen. Gleichzeitig muss man damit auch Geld verdienen können. Wie dies gehen kann, darüber diskutierten die Teilnehmenden des 4. Weltmarktführer Innovation Days, der am 13. Und 14. September 2023 in Erlangen stattgefunden hat.

Bei diesem von der WirtschaftsWoche organisierten Event zum Thema Innovationen wurde unter anderem ein ganzes Themenspektrum rund um Wasserstoff aufgezeigt. Es ging vor allem darum, wie die Klima- und Energiewende pragmatisch und ökonomisch zu bewerkstelligen sein kann, wenn Innovationen, der Mittelstand, innovative Großunternehmen, Start-Ups und die Politik Hand in Hand geht.

Derzeit ist es noch so, dass die Regulatorik und die Parteienpolitik wie auch überbordende Einflüsse von Ministerien/Behörden mit ihrer Regelwut in Deutschland sowie der EU vielen guten Entwicklungen im Wege stehen. Der Begriff „Bürokratieabbau“ fand sich dementsprechend in fast allen Talkrunden und Unternehmenspräsentation als vorrangiger Wunsch wieder.

Inhaltlich ging es um die Transformation der Energiewirtschaft, um Systemintegration sowie Netzstabilisierung, um Klimaneutralität als Wettbewerbsvorteil und eben auch um die Wunderwaffe Wasserstoff. Und um die begleitenden Fragen: Wie agieren unsere Weltmarktführer im Spannungsfeld zwischen Klimaschutz und Profitabilität? Welche neuen Geschäftsmodelle entwickeln sich an dieser Schnittstelle? Welche Rolle spielt Wasserstoff im Energiemix der Zukunft?

Klar ist dabei der Energiepreis ein sehr wichtiger Standortfaktor. Viele energieintensive Unternehmen müssen sich derzeit an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen und manches wird perspektivisch den Standort Deutschland gerade deswegen sogar verlassen, da man nicht mehr international wettbewerbsfähig ist. Da nützt es auch gar nichts, dass es Ausnahmen über einen subventionierten Strompreis geben soll. Der Strompreis muss gesamt massiv runter, was angesichts des Ausstieges aus der Kernenergie und auch der Kohlekraft sehr theoretisch klingt.

Die Annahme, dass sich Deutschland regenerativ selbst versorgen könne, wirkt weltfremd angesichts dessen, dass der Strombedarf gesamt massiv steigen wird. Und dass da neue deutschlandweite Stromtrassen – unter Tage, im Boden verlegt – kommen, wirkt für einige Menschen verstörend, da man 40 Meter breite Korridore in Wälder schlagen wird. Das kostet circa sechs mal mehr, als wenn man über aufgehängte Stromtrassen geht, die zudem noch im Störfall viel einfacher – in Sekunden – lokalisiert werden können. Den grünen Strom wird man wie mit fossilen Energieträgern zu über 70 Prozent importieren – über Moleküle (Wasserstoff).

Da stellt sich für die Industrie und den Mittelstand in Sachen Klimawandel die Frage, ob die für die Umsetzung notwendigen Technologien aus Deutschland kommen werden und damit Auswirkungen auf das Weltgeschehen haben. Eine bislang noch mangelhafte Digitalisierung und eine aufgeblasene Bürokratie lassen viele notwendige Entwicklungen verlangsamen wenn nicht sogar scheitern. Da stellt sich für viele Teilnehmer die Frage, warum Deutschland Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke abstellt, ohne einen Ersatz (Grundlast) zu haben. Müsste man nicht – wie jeder Unternehmer denken sollte – erst das Eine tun bevor man das Andere macht?

Welcher Unternehmer verschrottet eine Maschine, wenn er nicht schon parallel/vorher für Ersatz gesorgt hat? Wer stellt als Unternehmer eine Anlage ab, ohne parallel eine neue angeschlossen zu haben? Der Transport von Windturbinen kann Monate dauern, bis alle Formalien erfüllt sind.

Leider hat das förderale System auch Nachteile, wenn jedes Bundesland und manche Behörde/Ministerium – in meinen Worten – das Rad selbst erfinden will, während besser eine Koordination notwendig ist, um zügig Ergebnisse zu erzielen.

13 Mio. Menschen gehen in den kommenden Jahren in den Ruhestand. Kann sich Deutschland diesen Abgang überhaupt leisten? Da wird von H2-Beschleunigungsgesetzten gesprochen – aber kommt das auch wirklich?

Warum muss es eine Flut von Gutachten geben? Warum werden Entscheidungen (Genehmigungen u.a.) auf lokaler Ebene in den Gemeinden getroffen, statt an den sinnvolleren Stellen in der Verwaltung auf Landes- und Bundesebene? Da kommt große Skepsis auf, wenn sich etwas nicht marktwirtschaftlich regeln lässt und oftmals (Politik) ein Inseldenken auszumachen ist.

Es geht um Mut und Konsequenz, andere Wege einzuschlagen. Da wird es auch Verlierer geben, die sich nicht anpassen bzw. ändern wollen oder mit den neuen Herausforderungen nicht klarkommen. Die Politik muss sich die Frage gefallen lassen, welche Teile der Wertschöpfungskette sinnvoll gefördert werden muss/sollte. Und da ist Kritik im Raum: Wenn über die Verteilung staatlicher Gelder von Leuten entschieden wird, die keine (nicht wirklich) Ahnung haben. Warum meint die Politik für alles und nichts die richtige Antwort zu haben und die Deutungshoheit zu besitzen?

Zahlreiche Vorträge und Talkrunden prägte der Begriff Nachhaltigkeit. Daniel Schmid, Chief Sustainablity Officer von SAP, sah es als zielführender an, wenn nicht Papier bedruckt wird (Nachhaltigkeitsberichte), sondern konkrete Geschäftsstrategien darauf aufbauen. Bei SAP setzt man dabei auf Softwarelösungen, die u.a. Lieferketten perfekt analysieren, den CO2-Abdruck von Produktionsprozessen abbilden oder Zertifizierungen stattfinden, wie die Farben beim Wasserstoff. Der IT-Konzern KOMSA will die eingesetzte IT – vom Handy bis zum Laptop – nachhaltig zum Einsatz bringen, d.h. Altgeräte zurücknehmen und zu neuem Einsatz führen. Bei der Produktion von grünem Stahl stellt sich die Frage, ob der Wasserstoff via Elektrolyse vor Ort produziert werden soll oder eher dort, wo es so viel mehr Sinn ergibt. Welcher Teil der Wertschöpfung sollte an welcher Stelle nachhaltig geschaffen werden?

Keine Energiewende ohne die notwendigen Speicherkapazitäten, so Lisa Reehten, Mitglied der Geschäftsführung von Bosch Climate Solutions GmbH. Da muss an alles gedacht werden, auch an Biomethan sowie diverse Power-to-X-Ansätze. Die Netze müssen dem steigenden Bedarf angepasst werden – und zwar sehr schnell, so Tim Meyerjürgens, COO von TenneT Holding. Und da muss man reinschauen können. Stichwort: Digitalisierung, um den Strom so effizient wie möglich zum Einsatz zu bringen.

Der Netzausbau (Verteil- und Übertragungsnetze) müsste „physisch“ viel schneller gehen. Da ist die Regulatorik oft im Wege (Genehmigungsverfahren). Manches – Notfallverordnung – beruht dabei auf veralteten Gesetzen. Die ganze Energiesystem-Modellierung müsste neu aufgestellt werden. Zudem stellen sich Finanzierungsfragen – wer zahlt all das? Und auch versicherungstechnische Aspekte fließen da ein wie beispielsweise Risikoeinschätzung bei Naturkatastrophen.

Wasserstoff in der Welt

Die UNIDO (United Nations Industrial Development) sieht weltweit große Potentiale für den Wasserstoff, der sehr ökonomisch produziert werden kann und viele Ländern in die Lage versetzt, energieautark zu werden oder neue Märkte für sich zu erschließen, so Gunther Beger, Managing Director UNIDO, SDG Innovation Transformation. Allein Afrika hat das Potential, 10.000 GW an erneuerbaren Energien (Solar, Wind, Wasserkraft, Geothermie) zu schaffen. Das ist 20fache mehr als alle Kernkraftwerke der Welt an Leistung bringen. Es werden dort aktuell indes – leider – über 100 Kohlekraftwerke gebaut, zumal nur jeder zweite Haushalt in Afrika Zugang zu Strom hat. Über den Themenkomplex Wasserstoff ließe sich Afrika nicht nur decarbonisieren, sondern auch industrialisieren. Dazu bedarf es Investitionssicherheit, Anreize, Best-Practice-Beispiele, Standards und Normen sowie Koordination.

Mein Fazit: Veränderungen gehen von allen aus – Vorreiter ist dabei oft der Mittelstand. Es wird bislang – Stichwort Regulatorik – zu kleinteilig und zu kompliziert gedacht. Die Komplexität verschlingt nicht nur viel Kapital, sondern auch mögliche Erträge/Gewinne/Margen. Über-Regulatorik führt sogar dazu, dass technologische Entwicklungen in anderen Teilen der Welt eher kommen und dort schneller Realität werden als in Deutschland oder der EU. Dem Klima ist es egal, ob Klimaschutz umgesetzt wird, wenn denn der CO2-Abdruck in der Atmosphäre nicht weiter verringert wird.

Ein Land wie Deutschland muss und sollte „grüne Technologien“ in die Welt exportieren. Es muss immer auch an Wirtschaft und Wirtschaftlichkeit gedacht werden, denn die Verlagerung von Produktionsstätten (aufgrund schlechter Rahmenbedingungen, zu hoher Energiepreise, Facharbeitermangel u.a.) verändert das Klima nicht, sondern verschiebt den CO2-Abdruck nur. Die notwendigen Technologien sind bereits vorhanden.

 

Bloom Energy – Kapitalerhöhung gut abgeschlossen

Bloom Energy – Kapitalerhöhung gut abgeschlossen

Bloom Energy konnte seinen Umsatz im zweiten Quartal um 24 Prozent auf über 301 Mio. US-$ steigern. Das richtige Wachstum soll indes – wie in jedem Jahr bedingt durch Projektabschlüsse – wieder im zweiten Halbjahr liegen – da vor allem im vierten Quartal. Man geht von einer Aufteilung des Umsatzes im Verhältnis 30:70 aus, d. h., dass 70 Prozent der Umsätze – mit steigender Tendenz – in das zweite Semester fallen.

Die Erwartung, im Geschäftsjahr einen Gesamtumsatz in Höhe von 1,4 bis 1,5 Mrd. US-$ abzuliefern, wurde bestätigt. Die Non-GAAP-Gewinnmarge soll auf das Gesamtjahr übertragen 25 Prozent ausmachen. Der Bargeldbestand konnte per 30. Juni 2023 auf beachtliche 923 Mio. US-$ erhöht werden. Hierin sind Nettoerlöse aus einer Wandelanleihe in Höhe von 560 Mio. US-$ enthalten.

Neues Geschäftsmodell: Series 10

Industriekunden, die mindestens 10 MW an Energieleistung benötigen, macht Bloom das Angebot, via Abnahme von Strom und Wärme diese skalierbar über einen Liefervertrag – Laufzeit mindestens fünf Jahre – zu beziehen – ohne selbst in Technologie/Hardware investieren zu müssen. Der Kunde erhält Energie zu einem festgelegten kalkulierbaren Preis und das sicher 24/7. Dabei kann Bloom weiterhin Erdgas einsetzen, aber nach Verfügbarkeit auch Biogas und Wasserstoff. Zudem setzt Bloom darauf, die Abwärme – u. a. bei Rechenzentren – sinnvoll zu nutzen. Man bedenke, dass gerade Rechenzentren viel Energie für die Kühlung der Server benötigen, gleichermaßen aber die daraus entstehende Abwärme (Prozesswärme) auch nutzbar ist. Konkret:

  • Der Kunde erhält sichere Energie zu einem festgelegten Preis über einen längeren Zeitraum. Bis zu 0,099/kWh am unteren Ende.
  • Besteht Mehrbedarf an Energie, kann das System durch die Nachlieferung zusätzlicher Energieserver innerhalb von 50 Tagen nach Vertragsabschluss je nach Wunsch (Energiemenge) ausgebaut werden.
  • Keine Upfront-Investitionen erforderlich. Bloom stellt die Energieserver und die Infrastruktur ohne zusätzliche Kosten für den Kunden.
  • Installierung, Service (Maintenance) und Management der Server erfolgt durch Bloom Energy.
  • Die Systeme sind so ausgelegt, dass sie mit Erdgas, Biogas und Wasserstoff – je nach Kundenwunsch und Verfügbarkeit – betrieben werden können. Auch der Switch von einem auf den anderen Energieträger stellt kein Problem dar.
  • Die Energie kann direkt vom Kunden angefordert werden, aber auch durch einen Versorger, der den Kunden mit Energie beliefert. Je nach Wunsch. Bloom arbeitet dabei mit Energieversorgern aller Art zusammen.

Themenfeld Wärme

Mehr als 50 Prozent der Energie, die für Unternehmen zum Einsatz kommt, ist Prozesswärme. Dieser Bereich ist mit am wichtigsten in Sachen Dekarbonisierung. Steigende Energiepreise sind eine zusätzliche Herausforderung. Zum anderen führt die zunehmende Digitalisierung zu höheren Leistungsanforderungen bei den Rechenzentren und den dazugehörigen Netzwerken. Bis zu 40 Prozent der dort benötigten Energie dient zum Kühlen der Anlagen. Diese Energie wird vor allem durch Strom dargestellt. Dies ist auch in der Klimatechnik der Fall und beim Kühlen, Einfrieren. Dabei werden Hydrofluorocarbons eingesetzt (HFC), die sehr klimaschädlich sind – 100fach schädlicher als CO2.

Hier kann Bloom ansetzen, indem CHP (Combined Heat and Power = Kraft-Wärme-Kopplung) zum Einsatz kommt, da die Energieserver eine große Wärme/Hitze absondern. So gesehen ist die Wärme ein perfektes nutzbares Abfallprodukt, welches vom Industriekunden für seine Prozesswärme zum Einsatz kommen kann. Gleichermaßen lässt sich die Abwärme auch wiederum für Klimaanlagen und zum Frosten/Gefrieren einsetzen. Am Ende des Tages gelingt all dies ohne den Einsatz von HFCs.

All das spart Geld und reduziert die CO2-Emissionen wie auch den Energiebedarf. In Europa wird dies schon genutzt, nun seien aber die USA via IRA am Zug, diese Potenziale für sich zu nutzen. Bloom ist diesbezüglich mit vielen potenziellen Industriekunden in Gesprächen.

Fazit: Heute schon auf das vierte Quartal dieses Jahres setzen. Es müsste nach den Prognosen insgesamt sehr positiv ausfallen a) bezogen auf die Gewinnmarge und b) auf den zu erwartenden Umsatz: 400 bis 500 Mio. US-$. Das dritte Quartal soll sich noch auf dem Niveau des zweiten halten, also keine Überraschungen bieten. Die weitere Spekulation sollte sich auf die Einführung der Hochtemperatur-Elektrolyseure 2024 konzentrieren, da sich hiervon ein weiterer Umsatz- und Auftragseingangsschub ableiten lassen wird.

Noch macht Bloom Verluste, wird aber in 2024/25 in die Gewinnzone eintreten – und das dann mit hohem nachhaltigem Zuwachs, so meine Erwartung. Zudem wird der Themenkomplex Wasserstoff (Produktion, Einsatz, steuerliche Anreize via IRA) für Bloom immer wichtiger. Die Börse wird nicht umhinkommen, die langfristigen Perspektiven in die Börsenbewertung einfließen zu lassen. Bloom erscheint mir sehr gut aufgestellt im Themenkomplex Energie und Wasserstoff. Ziel: Mehr als 50 US-$ in zwei Jahren. Einsammeln und liegen lassen. Die Börse antizipiert all dies.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Plug Power – Noch keine Kaufempfehlung

Plug Power – Noch keine Kaufempfehlung

Plug Power berichtet über eine Vielzahl an Projekten rund um Wasserstoff, dessen Produktion, den Einsatz und die zukünftigen Märkte, in denen man aktiv ist und sich als Frontrunner empfindet. Da sprechen Unternehmensvertreter von einer H2-Produktionsstätte in Georgia, die die größte ihrer Art in den USA sei. Man sei überall aktiv – bei den Stacks, den Kryo-Technologien (Verflüssigung), den Elektrolyseuren und wasserstoffbasierten Fahrzeugen.

Die Zahlen sprechen indes noch eine ganz andere Sprache: Der Umsatz zog zwar um beachtliche 70 Prozent auf über 260 Mio. US-$ im zweiten Quartal an. Nur stieg der Quartalsverlust ebenfalls um 58 Prozent auf minus 236,4 Mio. US-$ bzw. minus 0,40 US-$ pro Aktie (minus 0,26 US-$/Aktie war die Erwartung für das zweite Quartal). Die Liquidität nahm spürbar auf nur noch circa 1 Mrd. US-$ ab, wobei der CFO erwartet, dass Plug in den kommenden 12 bis 18 Monaten zwischen 1 und 1,5 Mrd. US-$ an neuer Liquidität benötigt.

Kommt da demnächst ein Offering (Aktienplatzierung) oder wird ein Kredit im Rahmen des IRA durch das Department of Energy (DoE) in Höhe von über 1 Mrd. US-$ aufgenommen? Am besten würde sich eine Wandelanleihe im Volumen von 1 bis 2 Mrd. US-$ anbieten, da große Fonds vor allem auf „grüne Anleihen“ setzen, die dem Thema Nachhaltigkeit entsprechen sollen und auch das Kapital ausreichend vorhanden ist. Die Börse ist indes skeptisch aufgestellt und ließ den Aktienkurs einbrechen.

„Bis Ende 2023 wollen wir 1,4 Mrd. US-$ Umsatz erzielen, mehr als 200 Tonnen flüssigen grünen Wasserstoff in Betrieb nehmen und der größte Global Player werden, mehr als 400 Mio. US-$ an Elektrolyseurverkäufen überschreiten, 30 Megawatt an stationären Stromerzeugungsprodukten in Betrieb nehmen, die als substanzielle Quelle für wiederkehrende Einnahmen für Plug dienen werden, und schließlich den Weg der Rentabilität für alle unsere Investoren klar aufzeigen.“

Plug-Quartalsbericht

Für mich alles Worthülsen – aber realistisch? Die Prognosen werden aufrechterhalten: 1,2 bis 1,4 Mrd. US-$ Umsatz gelten als Ziel für das Gesamtjahr 2023. Die Pläne sind gewaltig. Allein im Unternehmensfeld Elektrolyse wird eine Leistung von 7,5 GW erwartet. Die aktuellen Zahlen (Auftragsbuch mit einem Gegenwert von circa 224 Mio. US-$ für Elektrolyse) sprechen eine andere Sprache. Die Zielgrößen entsprechen einem Umsatzpotenzial von bis zu 5 Mrd. US-$. Realistisch? Wann?

Es gibt viele neue Standorte in der Welt für den Einsatz von Wasserstoff in Gabelstaplern, wie dies ja die Geschäftsgrundlage mit Kunden wie Amazon und Walmart ist. Nur müsste Plug den verflüssigten Wasserstoff selbst produzieren und daran Geld verdienen, statt diesen sogar mit Verlust von Dritten einzukaufen, so meine Einschätzung. Jeder Neukunde bringt dann ein Verlustgeschäft mit, so meine subjektive Sichtweise.

Plug kalkuliert den Preis für Wasserstoff basierend auf 0,03 US-$ pro kWh in den USA mit 2,75 US-$ pro kg. In Europa aufgrund von Auflagen und dem Strompreis circa 0,75 US-$ pro kg höher. Bezieht man indes Kosten wie die Verflüssigung und den Transport mit ein, dann gelten 4,50 bis 5 US-$ pro kg als realistische Grundlage. Hier wird dann der Zuschuss via IRA in Höhe von 3 US-$ pro kg seinen positiven Einfluss haben (Gewinnmarge).

Fazit: Plug Power wird noch länger brauchen, bis die Aktie zum Kauf empfohlen werden kann. Nach der Platzierung einer Wandelanleihe (Erwartung/Vision) und dann ausreichender Liquidität für all die ehrgeizigen Pläne muss neu nachgedacht werden. Das Unternehmen hat sehr gutes Potenzial, ein Top-Player in Sachen Wasserstoff zu werden. Kritisch sollte man aber noch sein, da Plug an sehr vielen Projekten (Aufbau von Kapazitäten) parallel arbeitet, sich eventuell zu breit aufstellt und dies an vielen unterschiedlichen Baustellen zur selben Zeit und dann auch noch international unterwegs ist. Weniger ist mehr, würde ich da sagen. Das Unternehmen ist für mich – nach Studium des 10-Q (Quartalsbericht) – zu wenig transparent. Ab 7 US-$ setze ich auf den Einstieg.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

 

 

Nikola Motors

Nikola Motors

Nikola – Den Gewitterwolken folgt der Sonnenschein

Die Aktie von Nikola Motors ist unter Druck geraten. Die Gründe dafür liegen – gefühlt – beim Abgang von Michael Lohscheller als CEO (Krankheitsfall in der Familie) sowie bei der Ankündigung, dass die Absatzziele für den batteriegetriebenen BEV-Tre (es sollten 350 bis 500 in 2023 werden) nicht erreicht werden. Außerdem wurde eine 5-Prozent-Wandelanleihe über nominal 325 Mio. US-$ angekündigt, und der Bereichsvorstand für den Wasserstoffbereich der Tochter HYLA hat das Unternehmen verlassen. Daneben geht es um die Untersuchung von zwei Ereignissen: Es gab einen Brand wegen zwei defekten Zellen (von insgesamt 3.100) in batterieelektrischen Lkw und ausgelaufenes Kühlwasser. Daraufhin gab es einen Rückruf der ausgelieferten Fahrzeuge zwecks Prüfung. Zudem ging Batteriezulieferer Proterra unter Konkursschutz (Chapter 11 – Betrieb geht weiter). Soweit die negativen News.

Was ist von alledem zu halten?

Für Shortseller eine Steilvorlage, was sich im jüngsten Kurseinbruch widerspiegelt, haben diese doch über 158 Mio. (Stand per 15.8.) Aktien leer verkauft, um an fallenden Aktienkursen zu partizipieren. Aber die Story hat auch eine andere Seite – eine für mich relevantere:

CEO Lohscheller wurde durch Steve Girsky ersetzt. Der Mann ist seit IPO-Beginn bei Nikola dabei. Er hat Lohscheller zu Opel und dann auch zu Nikola geholt. Bei General Motors war er im Vorstand und gilt als verantwortlich für deren damalige Sanierung (Staatskredit/Bürgschaft der Regierung Obama).

In einem – dem ersten – Interview mit der Fachzeitung Freightwaves vom 17. August 2023 – äußerte sich der neue CEO. Darin beschreibt er den Weg, den Nikola in turbulenten Zeiten gegangen ist. O-Ton: „ Meine oberste Priorität ist es, den Schwung nicht zu rauszunehmen.“ Nikola habe so viel schon erreicht und werde seinen Weg gehen, so das Resümee des Interviews.

Kapitalsituation

Bedingt durch die Genehmigung für die Erhöhung der auszugebenden Aktien von 800 Mio. auf 1,6 Mrd. Aktien auf der Hauptversammlung Anfang August hat Nikola nunmehr die Möglichkeit, mehr Aktien auszugeben, um damit Eigenkapital zu generieren. Dazu wurde ein bestehendes ATM-Programm (at the market – Verkauf über die Börse) im Wert von 600 Mio. US-$ am 4. August 2023 mit der Citicorp verlängert.

Hinweis: Nikola benötigt nach eigener Aussage insgesamt 600 Mio. US-$, um das Unternehmen in den kommenden zwei Jahren so aufzustellen, dass es in die Gewinnzone kommt. Dies ist für das Jahr 2025 (Cash-Flow-positiv) prognostiziert.

Nun wird ergänzend eine Wandelanleihe (Convertible) mit fünf Prozent Coupon im Nominalwert von 325 Mio. US-$ an den Markt gebracht. Das Gute daran ist, dass institutionelle Anleger solche Anlagen (eventuell ein Green Bond – hängt mit der Verwendung der Mittel zusammen) sehr gerne erwerben und mehr Sicherheit erhalten, als wenn sie Aktien beziehen. Da eine Wandelanleihe optional in Aktien getauscht werden kann, kann hieraus eventuell Eigenkapital werden, wenn die Aktie stark steigt und dem Halter dieses Wertpapiers einen Sondergewinn (Kursgewinn) bringt. Dann wird aus Fremdkapital Eigenkapital.

Ausreichend Liquidität vorhanden

Addiert man alle nur möglichen Formen der Finanzierung bzw. Liquiditätsbeschaffung, so verfügt Nikola rechnerisch per Anfang Juli über 743 Mio. US-$ an Potential. 295,4 Mio. US-$ betrug der Liquiditätsbestand am Ende des zweiten Quartals – siehe oben. Darin enthalten ist der Erlös aus dem Abschluss mit Iveco in Höhe von 26,5 Mio. US-$ und der Landverkauf (Sale + Lease Back) über 49 Mio. US-$ des Firmengeländes in Coolidge. Der Verkaufserlös der geplanten Wasserstoffproduktion in Buckeye an Fortescue Future Industries in Höhe von 20,7 Mio. US-$ ist in der Gesamtliquidität im Juli enthalten, nicht jedoch in der Zahl per 30. Juni 2023, so dass Nikola damit über 316,1 Mio. US-$ an Cash verfügt.

Was ist von all den Kapitalmaßnahmen zu halten?

Nikola hätte meines Erachtens warten sollen, Kapital über die Börse (ATM) und Wandelanleihe zu beschaffen. Gute Nachrichten wie Absatzerfolge beim FCEV-Tre wären hierfür die Vorlage – steigende Aktienkurse. Auf der anderen Seite will Nikola über die kommenden zweiJahre voll durchfinanziert sein. Liegen erst einmal 600 Mio. US-$ auf der Bank, dann wird da Ruhe reinkommen und Nikola kann sich auf den Absatz vor allem der FCEV-Tre konzentrieren. Dann haben auch Shortseller Argumentationsprobleme, wenn Nikola keinen Kapitalbedarf mehr hat, der extern gedeckt werden müsste.

Absatz der BEV-Tre

Dass es hier zu weniger Auslieferungen der batterieelektrischen Fahrzeuge im weiteren Jahresverkauf kommen wird, liegt an vielen Gründen. Die jüngste Rückrufaktion mag da belastend wirken. Indes sieht Nikola seine Zukunft eher beim wasserstoffbetriebenen Lkw und nicht so sehr dem batterieelektrischen, und der FCEV-Tre wird erst seit Ende Juli überhaupt erst in Serie produziert. 200 Vorbestellungen liegen dafür vor. Immerhin gibt es Förderprogramme, die gut 320.000 US-$ pro Lkw ausmachen – kostet wohl 400.000 US-$. Hier wird es spannend, wenn größere Aufträge kommen – die Wahrscheinlichkeit dafür ist sehr groß.

Kapitalbedarf sinkt beträchtlich

Benötigte Nikola noch vor 2 Jahren über 200 Mio. US-$ pro Quartal (darin enthalten der Bau der Hallen und Infrastruktur), so soll der Kapitalbedarf pro Quartal auf 100 Mio. US-$ bis Ende 2023 sinken. Noch liegt der Liquiditätsabfluss (Cash Burn) bei circa 150 Mio. US-$ im Quartal. In 2022 waren es noch über 240 Mio. US-$ im Quartal. Dies zeigt, dass Nikola sich gut aufstellt, bis das Unternehmen voll im Laufen ist.

LoI mit Anheuser Busch in Vergessenheit geraten

Der große Brauereikonzern Anheuser Busch (BUD) hält Nikola die Stange. Gemeinsam haben beide vor Jahren eine Absichtserklärung (LoI) abgeschlossen, wonach 800 FCEV-Tre geordert werden könnten. Mehrere fahren bereits im Testbetrieb des Subunternehmers Biagi Brothers ohne Probleme und wohl schon über 12.000 Meilen. Was wohl an der Börse passiert, wenn BUD aus dem LoI einen Auftrag macht und den Auftragsbestand damit allein schon auf 1.000 FCEV-Tre hoch katapultiert?

Die Meldungen der vergangenen Wochen

Gleich zwei Programme zur Förderung der Wasserstoffinfrastruktur in Kalifornien konnten für Nikola gewonnen werden. Für acht Wasserstofftankstellen gibt es dazu Zuschüsse von über 58 Mio. US-$. Das ist sehr positiv zu bewerten, da Nikola mit Volterra (Tochter von EQT, einem Fonds) bereits ein Abkommen für den Bau von 50 H2-Tankstellen (bis zu 1 Mrd. US-$ Invest?) über die kommenden Jahre abgeschlossen hat und durch die Förderung weitere Unterstützung erfährt.

Einen Auftrag über 13 E-Lkw (10 batterieelektrische und 3 wasserstoffbetriebene) konnte von J.B. Hunt eingenommen werden. Dieses Unternehmen betreibt einen eigenen umfassenden Fuhrpark, liefert aber zudem Dienstleistungen rund um den Waren-/Gütertransport für über 1 Million Lkw in den USA. Das sieht wie eine Steilvorlage für viel mehr aus.

Fazit

Nikola ist ein Start-Up in einem neuen Wachstumsmarkt und auch First Mover. Start-Ups haben meist (immer) Startschwierigkeiten – aber die vergehen und können gelöst werden. Problem erkannt – Problem gebannt. Nikola macht sehr gute Krisen-PR – geht mit allen Problemen umgehend an die Öffentlichkeit. Sind alle Kapitalmaßnahmen erfolgreich abgeschlossen, ist Nikola gut durchfinanziert und kann sich voll auf den Auf- und Ausbau des Unternehmens konzentrieren. Aktuelle Unsicherheiten lassen auf die Börsenregel verweisen: Buy on bad news. Im Aktienkurs sind alle negativen Nachrichten enthalten, nicht aber die möglichen positiven (z.B. Aufträge). Den Gewitterwolken folgt der Sonnenschein.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

verfasst von Sven Jösting am 22. August 2023

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