Kernnetz ohne Anbindung West-Berlins

Kernnetz ohne Anbindung West-Berlins

Die Fernleitungsnetzbetreiber haben am 22. Juli 2024 einen Antragsentwurf zum Aufbau des anvisierten H2-Kernnetzes bei der BNetzA eingereicht. Mit einer geplanten Gesamtlänge von 9.666 km wird es zum überwiegenden Teil aus umgestellten Erdgasleitungen (ca. 60 Prozent) bestehen. Die Doing-hydrogen-Trasse, die im Entwurf vom November 2023 noch als Neubauleitung vorgesehen war und das ehemalige West-Berlin anbinden sollte, fehlt jedoch. Insbesondere in der Hauptstadtregion wurde diese Änderung kritisiert.

Die Industrie- und Handelskammern des Landes Brandenburg teilten dazu in einer Stellungnahme im August 2024 mit, dass die „geplante zügige Umstellung der von Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) kommenden OPAL-Leitung auf Wasserstoff ausdrücklich begrüßt“ wird. Die Streichung des Leitungsabschnitts von Glasewitz (MV) nach Ketzin (Brandenburg) wurde jedoch beanstandet und eine unbedingt erforderliche Überarbeitung des Kernnetz-Antrags angemahnt.

Als wesentliche Gründe für eine Berücksichtigung nannte die IHK unter anderem die „Gefährdung sämtlicher Projektentwicklungstätigkeiten im Bereich Wasserstoff in den Regionen Nord- und Westbrandenburg“, wozu beispielsweise auch eine geplante 130-MW-Elektrolyseanlage am Standort Falkenhagen (Prignitz) zählt. Zudem befänden sich in der betroffenen Region bereits zahlreiche Erneuerbare-Energien-Anlagen, die aufgrund bestehender Netzengpässe regelmäßig abgeregelt werden müssten. Eine Nutzbarmachung des abgeregelten erneuerbaren Stroms mittels Wasserstoffherstellung sei deshalb absolut unabdingbar, um Redispatchkosten zu minimieren.

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Die zweiwöchige Konsultationsfrist ist am 6. August 2024 abgelaufen, so dass spätestens zwei Monate nach Einreichung der Antragsunterlagen die Genehmigung des endgültigen Kernnetzes seitens der BNetzA erfolgen wird. Erste Leitungen sollen bereits im kommenden Jahr auf Wasserstoff umgestellt werden.

H2-Verpuffung in Leuna

H2-Verpuffung in Leuna

Im Chemiepark Leuna hat es am 26. August 2024 einen Unfall in Verbindung mit Wasserstoff gegeben. Bei einer Verpuffungsreaktion war es auf dem Gelände des Gaseherstellers Linde am Morgen zu einem lauten Knall mit anschließendem Feuer gekommen.

Nach Angaben eines Pressesprechers habe es zuvor einen Gasaustritt aus einem Lkw-Auflieger gegeben. Die Verantwortlichen könnten allerdings nicht sagen, wie es zu der Entzündung der Gaswolke gekommen sei. Verletzte gab es keine.

Wie auf Pressebildern zu sehen war, gab es schwarze Rauchwolken, da die Reifen des Lkw-Aufliegers sowie eines benachbarten Anhängers in Brand geraten waren. Das Feuer war am Mittag unter Kontrolle.

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Technologiesprünge benötigt

Technologiesprünge benötigt

Es ist ruhig geworden um H2-Mobilität. An den Stammtischen und auch auf Facebook wird sehr viel seltener und verhaltener über das Thema brennstoffzellen- versus batteriebetriebene Fahrzeuge diskutiert als noch vor zwei Jahren, denn allmählich scheint durchzusickern, dass Wasserstoffautos zunächst nicht in großer Stückzahl kommen werden.

Frühestens Ende dieses Jahrzehnt – wohl eher in den dreißiger Jahren – könnte das Thema H2-Pkw noch mal relevant werden. Bis dahin müssen Toyota und Hyundai – die einzigen beiden relevanten Anbieter in diesem Sektor – schauen, wie sie über die Runden kommen mit dem nur langsam wachsenden H2-Tankstellennetz (s. S. 32) und auch der geringen Nachfrage.

Die voranschreitende Abwendung des Bundesverkehrsministeriums von der Wasserstofftechnologie mit dem anvisierten Umbau der NOW GmbH zu einer Elektromobilitätsagentur (s. S. 6) ist da nur ein Beispiel von vielen.

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Ganz weg vom Tisch ist das Thema Wasserstofffahrzeuge aber dennoch nicht, denn im Nutzfahrzeugbereich tut sich durchaus etwas, wenn auch nur langsam. Die Großkonzerne sind zwar eher zurückhaltend, aber der Mittelstand bewegt sich. So zeigte diesen Sommer die FES GmbH Fahrzeug-Entwicklung Sachsen aus Zwickau, was geht. Im Beisein des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer sowie des ehemaligen Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer ließ das ostdeutsche Unternehmen einen Brennstoffzellen-Lkw aus dem Werktor herausfahren, aus dem früher Trabis rollten.

Verwunderlich ist das nicht, dass Technologiesprünge eher von kleineren Playern initiiert werden: Sie sind es, die einigermaßen flexibel agieren und auf Veränderungen im Markt schneller reagieren – im Fall von FES, weil der Firmeneigner von Wasserstoff überzeugt ist und die Entwicklung eigenen Know-hows forciert.

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Die großen Konzerne dagegen brüsten sich zwar auf Fahrzeugmessen wie der IAA mit innovativ anmutenden Prototypen, bringen aber kaum etwas davon auf die Straße – seit Jahren nicht (außer Hyundai). Stattdessen wird an extravaganten Technologien (z. B. Flüssigwasserstoff, LH2) festgehalten, die eine komplett eigene Infrastruktur benötigen und somit den Ausbau der Druckwasserstoffinfrastruktur ausbremsen, weil die Entscheidungsträger nach wie vor unsicher sind, auf welches Pferd sie nun setzen sollen.

Solange nicht klar ist, ob sich nun LH2 oder GH2 durchsetzen wird und was für Reichweiten mit Feststoffbatterien möglich sein werden, wird es keine merklichen Fortschritte geben – weder beim Infrastrukturaufbau noch beim Aufbau von Produktionskapazitäten für elektrische Nutzfahrzeuge.

Ändern können dies letztlich nur der Mittelstand oder Start-ups. Die großen Player sind zu sehr dem Wohl der Aktionäre verpflichtet und auf die Einnahmen aus dem bisherigen Geschäftsmodell angewiesen, als dass sie Grundlegendes ändern würden. Da helfen auch irgendwelche Cleanroom-Gespräche auf europäischer Ebene nichts, weil dort nur Lippenbekenntnisse abgegeben, aber keine konkreten Investitionsentscheidungen gefällt werden.

Bewegung wird erst dann ins System kommen, wenn ein mutiges Start-up mit einer disruptiven Technologie um die Ecke kommt oder ein mittelständisches Unternehmen ein neuartiges Geschäftskonzept erdenkt. Wenn beispielsweise jemand auf die Idee kommt, einfach komplette elektrische Zugmaschinen auszuwechseln, wenn deren Akku leer ist, so wie früher bei Kutschfahrten die Pferde gewechselt wurden, damit die flotte Tour weitergehen konnte.

Die Idee der Akkuwechselstationen scheiterte ja bereits vor Jahren in Europa, weil die deutschen Autobauer niemanden an ihre Hardware ranlassen wollten. Wenn aber der Trucker nach der Kaffeepause einfach den Trailer von einem E-Truck mit vollständig geladenem Akku weiterziehen ließe, gäbe es weder Reichweiteneinschränkungen noch Hardware-Probleme mit den Herstellern.

Selbst wenn dieser Gedanke nicht direkt umsetzbar ist – disruptive Konzepte entstehen in aller Regel nicht bei rückwärtsgewandten Traditionsunternehmen, sondern insbesondere bei dynamischen Akteuren, die starre Denkstrukturen überwinden und sich wirklich innovativ über die Bedarfe zukünftiger Generationen Gedanken machen.

Bis es aber so weit ist, werden wir wohl noch länger das Henne-Ei-Spiel beobachten und zusehen dürfen, wie der H2-Infrastrukturaufbau ebenso träge vorankommt wie der Aufbau von Produktionskapazitäten für brennstoffzellenbetriebene Nutzfahrzeuge.

Herzlichst

Sven Geitmann
HZwei-Herausgeber

BZ-Lkw made in Sachsen

BZ-Lkw made in Sachsen

FES stellt H2-Truck in Zwickau vor

Früher wurde hier der Trabi gebaut – zukünftig sollen es H2-Lkw sein, die emissionsfrei aus der Werkhalle fahren. Diese Technologiewende vom Zweitakter zum Brennstoffzellenlastwagen soll nicht nur die FES GmbH Fahrzeug-Entwicklung Sachsen voranbringen. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, der am 22. Juli 2024 Zeuge dieses Meilensteins war, hofft, dass die gesamte Region davon profitieren wird.

Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte bei der Präsentation: „Die Vorstellung des FES-Brennstoffzellen-Lkws ist ein herausragendes Beispiel für die Innovationskraft und das technische Know-how in Sachsen. Solche Projekte sind essenziell, um den Standort Sachsen als führend in der modernen Fahrzeugentwicklung zu positionieren und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.“

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Am Standort der ehemaligen Trabi-Produktion
Die Geschichte der FES GmbH reicht weit zurück – bis ins Jahr 1904, in dem die August Horch Motorwagenwerke AG gegründet wurde. 1957 gingen daraus die Sachsenring Automobilwerke Zwickau hervor, die für die Entwicklung und Produktion des Trabants bekannt wurden.

Nach der Wende, im Jahr 1992, gründete sich daraus die FES GmbH, die sich seitdem als Unternehmen der Volke-Gruppe als Entwicklungsdienstleister für nationale sowie internationale Automobilhersteller, verschiedenste Zulieferer sowie für die Bahn- und Luftfahrtindustrie etabliert hat und inzwischen rund 850 Mitarbeiter beschäftigt.

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Ziel von FES ist die Entwicklung und Fertigung von Fahrzeugen, die eine „nachhaltige und umweltfreundliche Mobilität“ ermöglichen. Dazu zählen sowohl batterie- als auch brennstoffzellenbetriebene Systeme. Im Elektromobilitätssektor ist FES seit 15 Jahren aktiv – vor sieben Jahren wurde beschlossen, auch Brennstoffzellen zu integrieren, so wie beispielsweise das FEScell-System. Nach Firmenangaben ist dies das „weltweit kleinste Brennstoffzellensystem für autonom fahrende Intralogistikfahrzeuge“. Es ist seit 2021 im Serieneinsatz, unter anderem in Flurförderzeugen im BMW-Werk Leipzig.


Vom Trabi bis zum Audi – alles dabei

Christian Schwamberger, Geschäftsführer der FES GmbH (s. Abb. 1), erklärte: „Wasserstoff ist aus unserer Sicht […] gerade für den Güterverkehr eine echte Alternative zum Verbrennungsmotor.“ Besonders stolz sind alle Akteure darauf, dass „dieses innovative Projekt komplett aus Eigenmitteln ohne staatliche Förderung“ umgesetzt werden konnte.

„Sie haben mit Qualität und Leistung gezeigt, dass Sie es einfach drauf haben.“

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer

Neuste Technik aus Sachsen
Bei dem H2-Lkw handelt es sich um einen serienreifen 18-Tonner, der je nach Kundenanforderung mit unterschiedlichen Konfigurationen bezüglich des Gesamtgewichtes (bis 26 t) und der Aufbauten konzipiert werden kann. Die dafür verwendete Brennstoffzelle – genau wie das Tanksystem – kommt vom Technologiepartner Toyota, der Antriebsstrang von der Framo GmbH aus Löbichau.

Der elektrische Dual-Motor verfügt über 280 kW Dauerleistung, wobei 120 kW aus der Brennstoffzelle kommen (170 kW ab 2025). Über den LiFePO4-Akku ist für 30 Sekunden eine Maximalleistung von 308 kW realisierbar (Akku ist CCS-nachladbar). Dieser Batterietyp ist laut FES zwar etwas schwerer, aber weniger brandgefährlich als vergleichbare Systeme.

Die hinter dem Führerhaus installierten Wasserstofftanks aus CFK fassen 33 kg bei 700 bar, ausreichend Energie für 350 bis 500 km Reichweite. Dazu sagte FES-Entwicklungsleiter Hartmut Schimmel (s. Foto auf Seite 4): „Wir haben den Lkw mit 700 bar gebaut, aber er kann an jeder 350-bar-Station befüllt werden.“ Zudem könnten bei Bedarf auch noch mehr H2-Tanks installiert werden.

Das Basisfahrzeug ist ein MAN TGM der dritten Generation und kann – im Bedarfsfall – von normalen Werkstätten repariert werden. Die Hinterachse ist für 1 Mio. Kilometer ausgelegt, berichtet Schimmel stolz. Das sei „kein Jugend-forscht-Projekt“, vielmehr verfüge der BZ-Lkw über „volle Fernverkehrseignung“.

Schimmel stellte gegenüber HZwei zudem in Aussicht, dass der BZ-Lkw in Kürze vorbestellt und ab 2025 ausgeliefert werden kann. Voraussetzung sei, dass jetzt potenzielle Interessenten auch wirklich entsprechende Bestellungen auslösen.


Neben dem Firmeneigentümer Martin Volke (l.) war der ehemalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer einer der Ehrengäste – hier im Gespräch mit Dr. Rainer Albrecht, dem FES-Gründungsgeschäftsführer von 1992 (r.)

Der Green Deal ist sicher

Der Green Deal ist sicher

Aber es muss noch an Stellschrauben gedreht werden

In ihrer letzten Legislaturperiode hat sich die EU mit dem Green Deal auf die Netto-Null-Dekarbonisierung bis 2050 verständigt – als erster Kontinent überhaupt. Dies ist ein mutiger und notwendiger Schritt. Dabei spielt Wasserstoff eine bedeutende Rolle. Die neue EU-Kommission darf dieses Momentum nicht verlieren, denn Langsamkeit und Klein-Klein könnten die Ziele des Green Deals gefährden. Um dem entgegenzutreten, hilft ein Blick in die Berichte des Europäischen Rechnungshofes.

„Die EU-Prüfer sehen Klima- und Energieziele gefährdet.“ So titelte der Europäische Rechnungshof im Juni 2023 selbst (s. S. 10). Der Grund: Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen reichten nicht aus. Dennoch schneide die EU im weltweiten Vergleich bei der Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen gut ab. Laut den EU-Prüfern fehlt es für Verbesserungen der Maßnahmen unter anderem an Kapital.

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Sonderbericht soll als Fahrplan dienen
Im Juli 2024 stellte der Europäische Rechnungshof hinsichtlich des Einsatzes von Wasserstoff wieder die Kapitalfrage in den Raum: „Der Aufbau einer EU-Wasserstoffindustrie erfordert massive öffentliche und private Investitionen.“
Überregulierung und Diskriminierung von Wasserstoff gegenüber erneuerbaren Energien sind nur zwei Gründe, warum private Investoren nicht in dem Ausmaß in H2-Projekte investieren, wie sie es eigentlich möchten. Dies wiederum hindert verarbeitende Unternehmen, die Wasserstoff als Ersatz von fossilen Energieträgern sehen, daran, ihre Produktion mithilfe von Wasserstoff zu realisieren. Ein Teufelskreis.

Um diesen zu durchbrechen, muss die EU-Kommission präzise Marktanreize für die Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff etablieren – zum Beispiel in Form von Subventionen, die hochgefahren werden müssen. Denn diese sind für die frühe Einführung neuer Technologien essenziell. Subventionen regen nämlich Innovationen und schließlich private Investitionen an. Sie führen letztlich zu einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen H2-Wirtschaft.

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Das sehen die EU-Prüfer auch so. Deshalb sollte die EU-Kommission die Forderungen und Empfehlungen des Sonderberichts Wasserstoff als Fahrplan für ihre neue Legislaturperiode nutzen. Denn insgesamt loben ebenso die Prüfer den Einsatz von Wasserstoff im Rahmen des Green Deals.

Die Kommission hat also die richtigen Voraussetzungen für die Etablierung eines H2-Marktes geschaffen. Es gilt aber, an den erwähnten Stellschrauben, wie fehlende präzise Marktanreize, zu drehen.

E-Fuel erst einmal in Schiff- und Luftfahrt etablieren
Wird das Verbrenner-Aus doch nicht kommen? Nach der Europawahl werden Stimmen laut, dieses Aus zu kippen. Rückblick: Die letzte EU-Kommission beschloss, dass ab 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotor zugelassen werden dürfen. Elektrofahrzeuge sollen also Benziner und Diesel ersetzen. Kritiker des Verbrenner-Aus‘ argumentieren, dass unter anderem ausreichende Ladeinfrastruktur fehle, die Produktion der Akkus in China stattfinde und auch die Ressourcen aus dem Reich der Mitte stammten.

Ebenso sollte erwähnt werden, dass das Geschäft mit den nötigen Rohstoffen ein dreckiges ist und Akkus schwer zu recyceln sind. Im April 2024 äußerte auch der Europäische Rechnungshof Zweifel am Verbrenner-Aus.

Mit der Diskussion um das Aus rücken E-Fuels auf Basis von Wasserstoff in den Fokus. Diese sind für die Schiff- und Luftfahrt essenziell. Wenn sich diese synthetischen Kraftstoffe dort etabliert haben und die Wirtschaftlichkeit gegeben ist, spricht nichts dagegen, dass E-Fuels auch im Individualverkehr zum Einsatz kommen.

Dahingehend kommt Unterstützung vom Verband der Automobilindustrie (VDA). Dieser fordert einen Verkaufsstopp für Benzin und Diesel ab 2045. Als Ersatz für die fossilen Kraftstoffe sollen E-Fuels dienen – neben E-Autos. Der VDA plädiert also für eine Technologieoffenheit.

Auf diese sollte sich auch die EU-Kommission fokussieren. Denn das gemeinsame Ziel ist es, die Gesellschaft und Wirtschaft zu dekarbonisieren. Deshalb sollte keine Ausschließeritis für die eine oder andere Technologie betrieben werden – nicht nur hinsichtlich der Mobilität, sondern auch hinsichtlich aller relevanten Klimaschutzmaßnahmen.

Autor: Jorgo Chatzimarkakis, Hydrogen Europe, Brüssel

Belebung auf dem H2-Tankstellen-Markt

Belebung auf dem H2-Tankstellen-Markt

Mehr Anbieter und größere Standorte

Seit einigen Monaten drängen immer mehr Unternehmen auf den Markt für H2-Tankstellen. Obwohl deren Gesamtzahl nach wie vor nicht wesentlich ansteigt, kündigen immer häufiger sowohl altbekannte als auch zahlreiche neue Anbieter per Pressemeldung an, zusätzliche Standorte für die Versorgung mit Wasserstoff erschließen zu wollen.

Ein eher neuer Akteur ist beispielsweise Mint Hydrogen, das bis März 2024 noch unter Jet H2 Energy firmierte. Das in Hamburg ansässige Tochterunternehmen von H2 Energy Europe hat Mitte Mai dieses Jahres eine erste Wasserstofftankstelle in Giengen an der Brenz eröffnet. Angesiedelt ist der Standort auf dem Mobilitätshub der Jet Tankstellen Deutschland GmbH an der Bundesautobahn A7. Oliver Reichert, Manager Retail Germany von Jet, nannte den Jet-Mobilitätshub, auf dem Tankstellentechnik der Maximator Hydrogen GmbH zum Einsatz kommt, ein „Referenzprojekt für uns“.

Clifford zur Nieden, CEO der Mint Hydrogen Germany GmbH, ergänzte: „Eine verlässliche Betankungsinfrastruktur ist entscheidend für den Aufbau eines regionalen Ökosystems für erneuerbaren Wasserstoff und besonders wichtig für die Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs.“ Geplant ist, dass an der neuen Tankstelle unter anderem Fahrzeuge von Partnerfirmen wie Hyundai Hydrogen Mobility, Hylane, Keyou, Stellantis und Arthur Bus tanken.

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TotalEnergies und Air Liquide gründen TEAL
Ein klares Bekenntniss zum Wasserstoff legten auch Air Liquide und TotalEnergies ab, indem sie auf der Hannover Messe 2024 bekanntgaben, dass sie gemeinsam eine neue Marke etablieren: Mit TEAL Mobility gründeten die beiden Schwergewichte ein Joint Venture, das innerhalb der nächsten zehn Jahre in Europa mehr als hundert H2-Tankstellen für schwere Nutzfahrzeuge unter der Marke TotalEnergies in Betrieb haben will. Ende 2024 werden es rund 20 Stationen in Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Deutschland sein.

Währenddessen plant Tyczka Hydrogen ab Mitte 2025 den Bau seiner dritten Wasserstofftankstelle in Bayern. In Geretsried, unweit der Autobahnen A70, A71 und A7, soll in der ersten Jahreshälfte 2026 eine Station in Betrieb gehen, die über eine Betankungskapazität von einer Tonne pro Tag ausgelegt ist.

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Die zweite H2-Tankstelle von Tyczka, die mit 2 Mio. Euro durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) im Zuge des bayerischen Tankstellenförderprogramms gefördert wurde, ist am 17. Juni 2024 im Güterverkehrszentrum Augsburg eröffnet worden. Potentielle Nutzer dieses Standorts sind Arthur Bus, BMW, Daimler Bus, Hylane, Keyou, Kühl Entsorgung, MAN, Paul Group, Quantron, SFC sowie Still.

„Die neue Wasserstofftankstelle ist ein bedeutendes Signal für die gesamte Branche und ein Meilenstein für unsere gemeinsamen Bemühungen in der nachhaltigen Mobilität“, erklärte Thomas Zorn, Geschäftsführer der Tyczka Hydrogen GmbH.

Neue Hochleistungstankstellen
Parallel dazu wird der Bau einer Wasserstofftankstelle in Frankenthal von H2 Mobility und BASF vorangetrieben. Nachdem im Mai 2024 wichtige Komponenten angeliefert werden konnten, planen die Partner die Inbetriebnahme für das vierte Quartal 2024. Zunächst sollen dort 700 bis 800 Kilogramm Wasserstoff vertankt werden können (entspricht mehr als 30 Lkw bzw. Bussen). Bis 2027 ist eine Verdoppelung der Kapazität vorgesehen. „Die Nachfrage im Schwerlastverkehr wird auch in dieser Region deutlich zunehmen. Deshalb bauen wir neue Standorte wie in Frankenthal um ein Vielfaches größer als noch vor ein paar Jahren. Hier können zukünftig bis zu drei Fahrzeuge gleichzeitig tanken, darunter Bus und Lkw mit 350 bar sowie leichte Nutzfahrzeuge und Pkw mit 700 bar“, so Martin Jüngel, Geschäftsführer und CFO von H2 Mobility Deutschland.

Tilmann Hezel, Senior Vice President Infrastructure am BASF-Standort Ludwigshafen, ergänzte: „CO2-freier Wasserstoff ist integraler Bestandteil unserer Energietransformation am Standort Ludwigshafen. Gleichzeitig ist Wasserstoff und eine ausreichende H2-Infrastruktur grundlegend für einen Wandel hin zu alternativen Antrieben. Wir wollen diese Schnittmenge nutzen: Mit Projekten wie der H2-Tankstelle, aber auch dem im Bau befindlichen Wasserelektrolyseur möchten wir die regionale Mobilität genauso wie unsere Zulieferer und Transportunternehmen am Standort beim Umstieg auf Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb unterstützen.“

Dr. Doris Wittneben, Bereichsleiterin Zukunftsfelder und Innovation Metropolregion Rhein-Neckar GmbH, freute sich, dass mit der Wasserstofftankstelle in Frankenthal, die Bestandteil des Projektes H2Rivers (Details dazu lesen Sie im HZwei-Heft Jan. 2025) ist, ein „weiterer wichtiger Baustein des Wasserstoffökosystems in der Rhein-Neckar-Region auf den Weg gebracht wird“.

H2 Mobility verfügt derzeit über 80 öffentliche 700-bar-Tankstellen. Vier weitere sind in Planung, Bau oder Inbetriebnahme. Zusätzlich besitzt der Infrastrukturanbieter 27 Stationen für die Betankung mit 350 bar. 15 weitere 350-bar-Betankungsoptionen befinden sich in der Umsetzung.

Frank Fronzke, Geschäftsführer und COO von H2 Mobility, erklärte im Frühjahr 2024 anlässlich einer Eröffnungsfeier: „In Heidelberg nimmt eines der bedeutendsten Tankstellenprojekte des Jahres heute offiziell seinen Betrieb auf. Die Größe und Leistungsfähigkeit der neuen Stationen [Heidelberg, Sommer 2024 in Mannheim, Ende 2024 in Frankenthal, Anfang 2025 in Ludwigshafen – Anm. d. Red.] stehen für eine neue H2-Tankstellengeneration. Unter Verwendung leistungsstarker Technik tanken mehrere 350- und 700-bar-Fahrzeugtypen am selben Standort – Busse, Lkw, leichte Nutzfahrzeuge und Pkw.”

„Europas leistungsstärkste H2-Tankstelle“

Im März 2024 hat der Bau einer Hochleistungswasserstofftankstelle in Düsseldorf begonnen, die über eine Tageskapazität von über fünf Tonnen verfügen wird – das ist mehr als die zehnfache Kapazität derzeit in Betrieb befindlicher H2-Stationen und über das Dreifache der Standorte, die vor vier, fünf Jahren errichtet wurden. Beteiligte Partner sind neben H2 Mobility sowohl Hoerbiger als auch Ariel.

Im Mittelpunkt dieser neuen Station steht ein kompakter und gleichzeitig leistungsstarker Verdichter, der nach Herstellerangaben auf die wesentlichen Kundenbedürfnisse der H2-Industrie eingeht. Dessen sogenanntes eHydroCOM-System ermöglicht einen Massenstrom von über 250 kg/h bei sowohl niedrigen als auch hohen Saugdrücken, so dass es ideal für Heavy-Duty-Tankstellen oder Trailer-Abfüllanlagen geeignet ist. Der hohe Standardisierungsgrad und die Bauweise mit kompaktem und platzsparenden Packaging ermöglicht zudem eine schnelle Skalierbarkeit, wodurch für die Anlagenbetreiber die Erreichung ihrer Total-Cost-of-Ownership-Ziele einfacher wird.

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