von Jens Peter Meyer | März 13, 2025 | 2025, Deutschland, Entwicklung, Europa, International, Kongresse, Markt, Meldungen, Messen
Vorbericht zur Hannover Messe 2025
Prozesse zur Herstellung, zur Speicherung und zur Nutzung von Wasserstoff hochskalieren, Kosten senken und Wirkungsgrade steigern: Die Messe Hydrogen + Fuel Cells Europe in Hannover zeigt auch dieses Jahr wieder, welche Fortschritte die Wasserstoffwirtschaft vorweisen kann.
Ohne Wasserstoff keine Energiewende. In einer von fossilen Energien befreiten Welt ist H2 ein zentrales Energiespeichermedium, und sein Einsatz ist der Schlüssel zur Dekarbonisierung von industriellen Prozessen. Auf der Hydrogen + Fuel Cells Europe 2025 vom 31. März bis zum 4. April, die im Rahmen der Hannover Messe stattfindet, können Besucher erfahren, welche Lösungen und Technologien die Wasserstoffbranche heute bereits anbieten kann. Über 500 Aussteller aus allen Bereichen der Wasserstoffnutzung stellen ihre Dienstleistungen und Produkte vor ⎼ vom Start-up über große, international bekannte Unternehmen bis hin zu renommierten Forschungsinstituten.
Auch dieses Jahr bietet Organisator Tobias Renz den Besuchern wieder zwei Forenbereiche: Auf dem Technical Forum erhalten die Aussteller die Möglichkeit, in Kurzvorträgen ihre neuesten Entwicklungen und Produkte zu präsentieren. Dazu gehört an zwei Tagen auch ein „Elevator Pitch“ zum Thema Wasserstofferzeugung. Auf dem Public Forum diskutieren Aussteller und Gäste aus Industrie und Politik über neue Projekte und Entwicklungen. Hier stehen die Erzeugung von grünem Wasserstoff und seinen Derivaten aus erneuerbaren Energien, eine CO2-neutrale Industrieproduktion und Brennstoffzellenanwendungen im Fokus.
HZwei richtet in dieser Messevorschau den Blick auf eine Auswahl von Neuheiten, welche die Besucher dieses Jahr erwarten.
Wasserstofftransport
Hydac zeigt in Hannover ein neues sensorgestütztes Spannband für Wasserstofftanks. Bei dem „HY-ROS H2 Mount Smart“ soll es sich um die weltweit erste sensorgestützte Transportsicherung für diese Anwendung handeln. Das mit Sensoren ausgestattete Spannband soll die Sicherheit von H2-Fahrzeugen verbessern, denn es ermöglicht eine zuverlässige Echtzeitüberwachung der Tankbefestigung. Sowohl beim Betankungs- als auch dem Entleerungsprozess kann sich der Umfang von H2-Tanks um bis zu 2,5 Prozent ändern, was für die Befestigungssysteme eine Herausforderung darstellt.
Hydac vergleicht seinen präventiven Ansatz mit einem Reifendrucküberwachungssystem. Kontinuierlich werden damit Daten über den Zustand und die Integrität der Befestigung geliefert, wodurch eventuelle Abweichungen frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden können.
Hydac, Halle 13, Stand C44
Komponenten für Brennstoffzellen- und Elektrolysesysteme
Das Schweizer Unternehmen Celeroton TurboCell hat sich auf die Entwicklung und Produktion von ultrahochdrehenden Turbokompressoren und Antriebssystemen für Brennstoffzellenanwendungen spezialisiert. Die Produkte werden in Anwendungen wie der Intralogistik, dem Schwerlastbereich, bei stationären Anlagen, für Drohnen und im Marinesektor eingesetzt. Das Unternehmen hat sein Portfolio aus Kompressoren der nächsten Generation ausgebaut und will die Stückzahlen steigern. Die Komplettlösungen bestehen aus der gasgelagerten Strömungsmaschine mit Elektromotor als Baueinheit sowie abgestimmter Elektronik.
Neu ist der CTi-1100-Kompressor, die zweite Generation des Turbokompressors mit integriertem Inverter des Unternehmens. Die neue Generation soll einen höheren Wirkungsgrad und eine verbesserte Aerodynamik aufweisen und gleichzeitig eine kompakte Größe bieten. Dank der Effizienz und einer langen Lebensdauer des Kompressorsystems sollen die Kunden niedrige Gesamtbetriebskosten erzielen können.
Ebenfalls neu ist der CTE-4000-Kompressor mit CC-4000-Inverter, der für die Luftversorgung von Brennstoffzellen mit 100 bis 200 kW Nettoleistung gedacht ist. Das neue System gibt es mit einem optionalen Turbinenexpander und in mehreren Aerodynamiken. Neben einem Portfolio aus Standardsystemen bietet Celeroton TurboCell auch maßgeschneiderte Lösungen für spezifische Kundenanforderungen an.

Abb. 2: Der Kompressor CTE-4000 sorgt für die Luftversorgung von Brennstoffzellen, Foto: Celeroton TurboCell
Celeroton TurboCell, Halle 13, Stand D50
Das Automatisierungsunternehmen Pilz präsentiert Lösungen für die funktionale Sicherheit in der Wasserstoffindustrie. Es geht darum, Gaslecks zuverlässig und schnell zu erkennen, Druck, Füllstand, Spannung und Strom immer im Blick zu behalten und Verbrennungsprozesse sicher zu überwachen. Dabei kommen bewährte Sicherheitsprinzipien der Automatisierung zur Anwendung. Zudem zeigt Pilz, wie Wasserstoffanwendungen vor Manipulationen und fehlerhafter Bedienung geschützt werden können.
Sichere Automatisierung ist auch ein Thema auf dem begleitenden Vortragsprogramm der Messe: Auf dem Public Forum berichtet Albert Cot, Market Development Engineer bei Pilz, über die Herausforderungen „funktionale Sicherheit“ und „Industrial Security“ in Wasserstoffanwendungen. Auf dem Technical Forum geht Thomas Braasch, Sales Engineer bei Pilz, detaillierter auf die Wichtigkeit von funktionaler Sicherheit und Industrial Security bei Elektrolyseverfahren ein.

Abb. 3: Bei Wasserstoffanwendungen ist das schnelle Erkennen von Gaslecks besonders wichtig, Foto: Pilz
Pilz, Halle 13, Stand D34
Neo Hydrogen Sensors, Teil der Neoxid Group, bietet H2-Messtechnik und -Brenner an. Auf der diesjährigen Hannover Messe stellt das Unternehmen eine neue Generation intelligenter Wasserstoffsensoren vor. Herkömmliche H2-Gassensoren stoßen laut Unternehmen oft an ihre Grenzen, wenn höchste Anforderungen an die Konzentrationsauflösung und die Beständigkeit gegenüber Druck, Temperatur und Feuchte gefragt sind. Solche Anforderungen herrschen etwa in der Automobilindustrie oder auch der Luft- und Raumfahrttechnik. Die Sensoren von Neo Hydrogen Sensors GmbH sollen genau diesen Herausforderungen gerecht werden und eine präzise H₂-Messung, selbst unter extremsten Bedingungen, ermöglichen.
Ergänzend dazu präsentiert das Unternehmen katalytische Wasserstoffbrenner für eine emissionsfreie Verbrennung. Darunter Oxi-Kats zur effizienten Reinigung von Elektrolysegasen. Seit 2021 unterhält das Unternehmen eine Dependance in Kanada und kann somit auch den innovativen Markt des diesjährigen Partnerlands der Hannover Messe gezielt bedienen.
Neo Hydrogen Sensors, Halle 13, Stand E19/3 (NRW-Pavillion)
Das Ingenieurbüro Emcel hat sich auf die Beratung und das Engineering im Bereich Wasserstoff, Brennstoffzellen und E-Mobilität spezialisiert. Die Ingenieure entwickeln für Kunden Konzepte für die Energiewende und Sektorenkopplung und unterstützen bei der Entwicklung von Produkten. Das können Fahrzeuge, Wasserstofftankstellen oder auch Elektrolyseure sein.
Das Team um Geschäftsführer Marcel Coneille bietet seinen Kunden auch die Messung der Wasserstoffreinheit und -qualität an. Das H2-Qualitätssystem des Unternehmens ermöglicht eine kontinuierliche Echtzeit-Überwachung der Wasserstoffqualität vor Ort und an allen Punkten der Wertschöpfungskette. Messebesucher können live erleben, wie das Messgerät unterschiedliche Verunreinigungen detektiert. Denn am Stand will das Unternehmen demonstrieren, wie zuverlässig und einfach die Messtechnik zur Sicherstellung der Wasserstoffreinheit heute sein kann.

Abb. 4: Das Ingenieurbüro Emcel stellt ein Messgerät für Wasserstoffreinheit vor, Foto: Emcel
Emcel, Halle 13, Stand E15
Heraeus Precious Metals, ein Anbieter von Edelmetallen, kommt mit der neuen Marke Actydon auf das Messegelände. Zur neuen Produktfamilie gehört „Actydon | Platin“. Das sind Platinkatalysatoren, deren Einsatzgebiet vor allem bei Elektroden von PEM-Elektrolyseuren und PEM-Brennstoffzellen liegt, die aber auch in anderen Brennstoffzellen- und Elektrolyseurtechnologien Verwendung finden. „Actydon | Iridium“ umfasst die entsprechenden Iridiumlösungen. Darunter befinden sich auch innovative Katalysatorlösungen mit niedrigem Iridiumgehalt und Katalysatoren, die Iridium mit Ruthenium kombinieren.
Heraeus Precious Metals bietet zudem ein Edelmetallrecycling für Wasserstoffanwendungen an, aber auch das Recycling ganzer Stacks. Das Unternehmen recycelt Altmaterialien sowie Produktionsreste und Produktionsabfälle, wie Farben und Pasten aus dem Brennstoffzellen- und Elektrolyseurbereich mit hohen Edelmetallrücklaufquoten. „Actydon | Loop“ bildet die Recyclingfamilie des Produktportfolios des Unternehmens ab. Das recycelte Edelmetall kann für die nächste Generation von Anwendungen in der Wasserstoffwirtschaft genutzt werden.

Abb. 5: Unter der Marke Actydon vertreibt Heraeus Edelmetallkatalysatoren für Wasserstoffanwendungen, Grafik: Heraeus
Heraeus Precious Metals, Halle 13, Stand C21
Forschung
Um die Material- und Herstellungskosten für PEM-Elektrolyseure zu senken, forscht das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE an skalierbaren Produktionsverfahren für katalysatorbeschichtete Membranen (CCM). Auf der diesjährigen Hannover Messe präsentiert das Institut mikroporöse Transportschichten (MPL), die die Forscher erstmals skalierbar mithilfe von industrieüblichen Siebdruckanlagen hergestellt haben. Die rund 20 µm feinen MPL sollen die Verwendung von Katalysatorschichten mit deutlich reduzierter Iridiumbeladung ermöglichen, indem sie die Anbindung an den Katalysator verbessern und damit dessen Ausnutzung steigern. Zudem sollen sie den Einsatz dünnerer Membranen vereinfachen, so dass ohmsche Verluste reduziert werden können.
Das Institut untersucht außerdem kundenspezifische Verfahren zur Herstellung von Membran-Elektroden-Einheiten (MEA) für Elektrolyseure und Brennstoffzellen. Am Messestand sind verschiedene MEA-Designs mit verringerter Edelmetall-Beladung zu sehen, hergestellt mit kommerziell erhältlichen Materialien.
Außerdem zeigt das Fraunhofer ISE das 3D-Exponat „Wasserstoff-Modellregion“ als eine typische lokale, in sich geschlossene Wasserstoffinfrastruktur mit regionaler Erzeugung, Verteilung und Speicherung, aber auch mit Anbindungspunkten an nationale und internationale Infrastrukturen. Das Exponat soll die Kompetenzen des Fraunhofer ISE über die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette darstellen.

Abb. 6: Das Fraunhofer ISE hat eine mikroporöse Titanschicht auf einem Titanfasersubstrat mit dem Siebdruckverfahren hergestellt, die als MPL dienen soll, Foto: Fraunhofer ISE / Joscha Feuerstein
Fraunhofer ISE, Halle 13, Stand C41
Auch das Institut für Technische Thermodynamik vom DLR beschäftigt sich mit Katalysatoren für Elektrolyse und Brennstoffzellen. Die Forscher nutzen dafür die Flammensprühpyrolyse. Diese Technik benötigt laut Institut wenig Ressourcen, um Materialien schnell und in großen Mengen herzustellen. Sie verändert weder die Hitze noch die chemische Zusammensetzung, wenn sie in größerem Maßstab eingesetzt wird. Das DLR hat mit dieser Technik stabile Katalysatoren für PEM-Brennstoffzellen und -Elektrolyseure entwickelt. Diese sollen eine außergewöhnliche Leistung und Haltbarkeit zeigen. Und das bei reduzierten Mengen an Edelmetallkatalysatoren.
Außerdem arbeiten die Forscher an der Nutzung von Druckwasserstoff für Wärmepumpen oder Klimaanlagen. Dabei wird ein Wärmetauschreaktor mit verschiedenen Metallhydridpulvern betrieben, der Wärme und Kälte zusätzlich produziert. Die Wärme und die Kälte können dann zum Beispiel in Zügen, Lastwagen, Bussen, in der Industrie oder für Quartierslösungen genutzt werden. Die wasserstoffbasierte Wärmepumpe kann in jede H2-Infrastruktur mit einem Druckunterschied zwischen Wasserstoffversorgung und -verbraucher integriert werden. Ziel ist es, die Gesamteffizienz des Systems zu steigern – einfach durch die Umwandlung der Energie im komprimierten Wasserstoff in einen Wärmepumpeneffekt.
Auf einem weiteren Messestand in Halle 2 präsentiert das DLR seine Forschung im Bereich Mobilität. Das Forschungszentrum hat zum Beispiel ein hybrides SOFC-Batteriesystem entwickelt, das in Kreuzfahrtschiffen zum Einsatz kommen soll. Es kombiniert die hocheffiziente Festoxid-Brennstoffzellen-Technologie (SOFC), die erhebliche Emissionsreduzierungen und Brennstoffflexibilität bietet, mit einem Lithium-Ionen-Batteriespeicher, um dem schwankenden Energiebedarf eines Schiffes gerecht zu werden.
DLR Thermodynamik, Halle 13, Stand B36
DLR, Halle 2, Stand A48
Auch das Fraunhofer IMM beschäftigt sich mit Wasserstoff als Antrieb für Schiffe. Auf dem Messestand der diesjährigen Hydrogen + Fuel Cells stellt das Institut das Gamma-Projekt vor. Im Rahmen des Projektes soll ein Massengutfrachter so umgebaut werden, dass er mit klimaneutralen Kraftstoffen und Ökostrom versorgt werden kann. Das Fraunhofer IMM bringt dabei seine Erfahrung in der Entwicklung von kompakten Reformersystemen ein, auf denen das innovative Kraftstoffsystem für das Schiff basiert.
Ammoniak und grünes Methanol werden an Bord geholt und dann mit Cracker- und Reformertechnologien in Wasserstoff umgewandelt. Nach der Reinigung wird der Wasserstoff in Brennstoffzellen in Elektrizität umgewandelt, wodurch das Schiff mit Strom versorgt wird und die mit fossilen Brennstoffen betriebenen Stromerzeuger ersetzt werden. Der technologische Ansatz des Fraunhofer IMM reduziert dabei die Größe der Reaktoren um bis zu 90 Prozent, was besonders für mobile und platzbeschränkte Anwendungen von Vorteil ist. Den Forschern gelang es jetzt, in einem kompakten Methanolreformer über 700 kg Methanol pro Tag in Wasserstoff umzuwandeln. Der Plan ist, diese Leistung noch weiter auszubauen.

Abb. 7: Der Methanolreformer des Fraunhofer IMM, Foto: Fraunhofer IMM
Fraunhofer IMM, Halle 13, Stand C47/1
Wasserstoffhandel
Der Gasanbieter Air Liquide geht davon aus, dass der rein batterieelektrische Antrieb, insbesondere für Schwerlastfahrzeuge, aufgrund von hohen Kosten für die notwendige Ladeinfrastruktur oftmals nicht wirtschaftlich sein kann. Die Nutzung von erneuerbarem Wasserstoff in der Mobilität bietet zudem kurze Betankungszeiten und eine hohe Reichweite der Fahrzeuge. Daher rechnet der Gasanbieter mit stetig steigenden Mengen an Wasserstoff im Sektor Mobilität. Das Unternehmen erzeugt Wasserstoff im 20-MW-PEM-Elektrolyseur „Trailblazer“. Dabei soll es sich um den derzeit größten an eine Pipeline angeschlossenen Elektrolyseur in Deutschland handeln.
Air Liquide, Halle 13, Stand E27/1
Die Westfalen-Gruppe, ein Tankstellenbetreiber und Anbieter von Gasen, präsentiert seine Dienstleistungen für die H2-Versorgung bis zur letzten Meile – ob durch Elektrolyse vor Ort, Trailer-Versorgung oder Flaschen- und Bündellieferungen. Das Unternehmen ist in zahlreichen Wasserstoffprojekten aktiv. Dazu gehört der Bau eines Elektrolyseurs in Frankreich zur Versorgung des Stahlproduzenten ArcelorMittal. In den Niederlanden kooperiert Westfalen mit dem Energieversorger Alliander in einem Pilotprojekt, bei dem Wasserstoff in ein Erdgasnetz eingespeist wird. Daimler Truck nutzt mobile Trailer-Lösungen von Westfalen für die Versorgung seiner Brennstoffzellenprüfstände.
Zu den langfristigen H2-Projekten gehört das Joint Venture two4H2, das Westfalen zusammen mit RWE im vergangenen Jahr gegründet hat. Ziel ist es, eine H2-Tankstelleninfrastruktur speziell für den Schwerlastverkehr aufzubauen. Zudem arbeiten beide Unternehmen noch an einem H2-Filling-Hub in Lingen, der über eine öffentliche Wasserstofftankstelle sowie eine nicht öffentlich zugängliche Abfüllstation für Tankfahrzeuge verfügt.

Abb. 8: Westfalen liefert Wasserstoff per Trailer an, Foto: Westfalen
Westfalen, Halle 13, Stand E21/1
Systemintegratoren
Siemens stellt sich auf der Industrieschau als Partner entlang der gesamten H2-Wertschöpfungskette für OEM, EPC, Betreiber, Endkunden, Regierungen und Kommunen vor. Das Unternehmen will die Kunden dabei unterstützen, Wasserstoff zu einem zukunftssicheren, profitablen und skalierbaren Geschäft zu machen. Dafür bietet Siemens seine Expertise in Digitalisierung, Automatisierung und Elektrifizierung an.
Die Lösungen von Siemens reichen von ersten Pilotprojekten bis hin zu skalierbaren und standardisierten Blaupausen. Das umfasst auch die Erzeugung von grünem Strom, den Netzanschluss sowie die H2-Produktion. Auch für die Speicherung, den Transport und die Nutzung stellt Siemens Konzepte bereit, die auf die Anforderungen von Wasserstoff zugeschnitten sind.

Abb. 8: Siemens stellt Kunden seine Expertise in Erzeugung, Speicherung, Transport und Nutzung von Wasserstoff vor, Grafik: Siemens
Siemens, Halle 13, Stand C48
Gemeinschaftsstände
Baden-Württemberg bietet Unternehmen aus dem süddeutschen Bundesland die Möglichkeit, ihre Produkte und Leistungen auf einem Gemeinschaftsstand zu präsentieren. Der The-Länd-Gemeinschaftsstand (s. Abb. 9) wird von den Landesagenturen e-mobil BW und Baden-Württemberg International sowie der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart organisiert und betreut. Alle drei Institutionen informieren über verschiedene Angebote zu Wissenstransfer, Vernetzung und Unterstützung für Wirtschaft und Wissenschaft in Baden-Württemberg.
Industrielle Energielösungen auf Basis von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien stehen dieses Jahr im Fokus des Messeauftritts. Rund 40 Unternehmen, Start-ups, KMU, Wirtschaftsverbünde und Netzwerke, präsentieren aktuelle Trends und Entwicklungen beim Einsatz von Brennstoffzellen und Elektrolyseuren in der Industrie. Highlights sind zum Beispiel eine PFAS-arme Membranfertigung, hocheffiziente Brennstoffzellen-Stacks und innovative Elektrolysetechnologien.
Neben H2– und BZ-Technologien werden auf dem Messestand aktuelle Entwicklungen, bewährtes Know-how und Kompetenzen zu Batterietechnik, Elektromobilität, Forschung, IT sowie Maschinen-, Werkzeug- und Anlagenbau vorgestellt.

Abb. 9: Rund 40 Aussteller sind dieses Jahr auf dem Baden-Württemberg-Stand vertreten, Foto: e-mobil BW
Baden-Württemberg-Gemeinschaftsstand, Halle 13, C78
Autor: Jens Peter Meyer
von Hendrik Langnickel | März 4, 2025 | 2025, Energiespeicherung, Energiewirtschaft, Entwicklung, Europa, Markt, Meldungen, News, Wasserstoffwirtschaft
Großvolumige Wasserstoffspeicherung im Etzeler Salzstock
Seit den 1970er-Jahren wird im ostfriesischen Etzel Rohöl und seit den 1990er-Jahren Erdgas in untertägigen Salzkavernen gespeichert. Im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojektes H2CAST Etzel mit dem DLR als wissenschaftlichem Projektbeteiligten erfolgte im Jahr 2024 nun erstmals das Einbringen von größeren Mengen Wasserstoff am niedersächsischen Standort. Das Novum: Die Nachbildung eines realitätsnahen Kavernenbetriebs, ungeachtet der bislang ausstehenden Wasserstoffkernnetzinfrastruktur.
Die STORAG ETZEL GmbH ist Betreiber eines der größten Untertagespeicher für Rohöl und Erdgas in Europa. In die künstlich in den Salzstock eingebrachten Hohlräume in Etzel können bis zu 3,9 Mrd. Kubikmeter Erdgas eingespeichert werden. Dies macht etwa ein Sechstel des gesamtdeutschen Gas-Speichervermögens aus.
Für die Energiewirtschaft haben diese Speicher eine besondere Kernfunktion inne, da sie angesichts starker Schwankungen durch die Divergenz von Stromproduktion, -import und -nachfrage die Aufrechterhaltung der Liefersicherheit gewährleisten. Dies ist besonders wichtig bei der Umsetzung einer vollständigen Energieversorgung durch erneuerbare Energien. Engpässe in Zeiten saisonaler Bedarfsunterschiede oder Dunkelflauten, bei denen Windstille und wenig Sonnenlicht die Produktion von Solar- und Windstrom stark einschränken, lassen sich effizient durch flexible und schnell regelbare Gaskraftwerke überbrücken.
Gleichzeitig werden überschüssige, nicht vom Stromnetz kompensierbare Strommengen durch die Herstellung des chemischen Energieträgers Wasserstoff im großen Maßstab speicherbar. Genau dann werden die großvolumigen, flexibel einsetzbaren Speicher zu „Möglichmachern der Energiewende“.
Paralleler Aufbau einer Speicherinfrastruktur
Mit der Genehmigung des H2-Kernnetzes durch die Bundesnetzagentur im Oktober 2024 wurde ein wichtiger Baustein für den Markthochlauf der deutschen H2-Wirtschaft gelegt. Doch neben dem Aufbau eines umfangreichen Transportnetzes für Wasserstoff zur Dekarbonisierung des deutschen Energiesektors werden auch H2-Speichermöglichkeiten benötigt. „Unsere Simulationen zeigen, wie essenziell es ist, dass parallel zur Wasserstoffinfrastruktur auch die Speichermöglichkeiten im großen Maßstab ausgebaut werden, da Wasserstoffdefizite bzw. -überschüsse nicht allein über die Netzatmung (Speicherung des Wasserstoffs in bestimmten Netzabschnitten durch Variation des Leitungsdrucks) der Gasleitungen ausgeglichen werden können“, sagt Dr. Hendrik Langnickel, Experte für Gastechnik am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Abb. 2: Kapazität versus Flexibilität verschiedener Speichertechnologien
Der notwendige Bedarf an H2-Kavernenspeichern bis zum Betrieb des Kernnetzes im Jahr 2032 ist jedoch durch den alleinigen Neubau kaum zu erreichen. Mit einer Möglichkeit zur Deckung des Speicherbedarfs beschäftigt sich das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Land Niedersachsen geförderte Forschungsprojekt H2 Cavern Storage Transition Etzel (H2CAST Etzel). STORAG ETZEL, DEEP.KBB, Gasunie, die Technische Universität Clausthal, SOCON, Hartmann Valves und das Institut für Vernetzte Energiesysteme des DLR beschäftigen sich mit dem Nachweis der Machbarkeit einer Adaption und Umrüstung bestehender Gaskavernen und relevanter Obertageeinrichtungen für die unterirdische Speicherung von Wasserstoff.
Dabei wird das Konsortium vor eine Vielfalt an Herausforderungen gestellt. Welche Werkstoffe in den Kavernenbohrungen und der dazugehörigen Obertageanlage verwendet werden sollen und ob der Wasserstoff sehr effizient gespeichert werden kann, ist nur ein Teil der Fragestellungen des Vorhabens. Die Umrüstung von bereits bestehenden Kavernen für die Speicherung von Wasserstoff ist im Vergleich zu einem Neubau in kürzerer Zeit möglich und auch ökonomisch und ökologisch vorteilhaft. Hierdurch könnte zudem die prognostizierte Lücke von Speichernachfrage und Verfügbarkeit geschlossen werden, um Erzeugung von und Bedarf an Wasserstoff durch Zwischenlagerung zeitlich zu entkoppeln.
H2 und Erdgas zeigen unterschiedliche Verhaltensweisen
Durch die hohe Volatilität der erneuerbaren Energien über das gesamte Jahr ist davon auszugehen, dass in der H2-Speicherung ganzjährig Ein- und Ausspeicher-Anforderungen zu erwarten sind, die darüber hinaus einer großen Dynamik unterliegen [Bekebrok et al.]. Längere Perioden von mehreren Wochen ohne Einspeicherung, wie es bei Erdgas vorkommt, sind im Wasserstoffbetrieb nicht zu erwarten. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Volumenströme zur Einspeicherung im H2-Betrieb höhere Werte annehmen, da Wasserstoff nur etwa ein Drittel der Energiedichte von Erdgas besitzt [Nationaler Wasserstoffrat].
Eine zunehmende Orientierung des Anlagenbetreibers hin zu redundanten Systemen und einer verbesserten Regelbarkeit der Obertageanlage zur Abdeckung größerer Spannbreiten bei den Ein- und Ausspeicher-Vorgängen ist die Folge. Die dadurch bedingten signifikanten Auswirkungen auf den Betrieb der Kavernen, die Gasaufbereitung sowie die Wartung und Instandhaltung stehen im Fokus der Untersuchungen des Projektes.

Abb. 3: Gegenüberstellung der Simulationsergebnisse für Einspeicher-Volumenströme von Erdgas- und H2-Betrieb
Quelle: Bekebrok et al.
H2CAST – ein innovatives Projekt
Nach Umrüstung der Pilotkavernen und erfolgreichen Dichtheitstests unter maximalem Gasdruck im vergangenen Jahr hat die STORAG ETZEL aktuell mit der Einspeicherung von Wasserstoff in Etzel begonnen. Insgesamt 90 Tonnen Wasserstoff werden für das Forschungsprojekt in den Untergrund eingebracht. Bis zum Sommer 2025 sollen hierfür 200 Trailer-Lieferungen mit einem Druck von 300 bar eintreffen, denn aufgrund des noch ausstehenden Kernnetzes erfolgt die Versorgung mit Wasserstoff derzeit per Lkw.
Bedeutet eine fehlende Anbindung an das H2-Kernnetz, dass Forschungsfragen in Bezug auf den Kavernenbetrieb offenbleiben müssen? „Mitnichten“, antwortet Carsten Reekers (STORAG ETZEL), Projektleiter des Forschungs- und Entwicklungsprojektes. „Wir arbeiten aus diesem Grund mit insgesamt zwei Kavernen, die über die lokale Obertagetestanlage (Gasaufbereitung, Messungen, Verdichtung) miteinander verbunden sind. Das heißt, der Wasserstoff soll zwischen den beiden Kavernen gependelt werden, ohne dass dafür eine Pipelineanbindung notwendig ist. So wird es uns ermöglicht, mit einer der Kavernen die Wasserstoffproduktion und den -verbrauch realitätsnah abzubilden.“
Synergien aus Simulation und Realbetrieb nutzen
Eine wissenschaftliche Grundlage dafür, wie der zukünftige Betrieb einer Wasserstoffkaverne im H2-Transportnetz aussehen könnte, liefert ein umfassendes technisches Simulationsmodell des DLR. Das Modell beinhaltet eine numerische Simulation einer Kaverne sowie eine vereinfachte Betrachtung einer Obertageanlage, die der Verdichtung, Entspannung und Reinigung von Wasserstoff dient. Diese Modellkomponenten fließen in eine realitätsnahe Simulation einer komplexen Wasserstoffinfrastruktur ein.
Für das Projekt H2CAST wird zunächst der Bereich Nordwestdeutschland inklusive des entstehenden H2-Kernnetzes simulativ im dynamischen Betrieb abgebildet. Perspektivisch wird aber eine Ausweitung auf Gesamtdeutschland und den anliegenden europäischen Raum angestrebt. Die Ergebnisse können anschließend mithilfe von Pilotversuchen in Etzel validiert werden. Die Synergie aus Simulation und Überprüfung im Realfeld wappnet den Kavernenbetreiber für eine Vielzahl möglicher Szenarien. Darüber hinaus verfügt das Institut für Vernetzte Energiesysteme auch über hochpräzise Analytik, mit der der ausgespeicherte Wasserstoff auf Veränderungen hin untersucht wird.
Mit H2CAST wurde ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, das als Blaupause für die Umrüstung weiterer Kavernen zur Wasserstoffspeicherung in Deutschland wesentliche Erkenntnisse liefert. Der Standort Etzel zeichnet sich als besonderer Knotennetzpunkt mit umfassender Anbindung an das europäische Erdgasnetz aus. Außerdem liegt Etzel in unmittelbarer Nähe des einzigen deutschen Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven mit entsprechender H2-ready Rohrleitungsanbindung, der zukünftig auch für den Wasserstoffimport eine signifikante Rolle spielen wird. Die Erweiterungsmöglichkeiten für das Vorhaben sind dementsprechend vielfältig. Eines steht fest: für Projektleiter Reekers fest: Die Untergrundspeicherung von Wasserstoff in Kavernen in großem Maßstab funktioniert. „Wir sind startklar, wenn der H2-Markt es ist.“
Literatur:
Bekebrok, H.-J.; Zobel, M.; Dyck, A. (2023): Analyse von Anforderungen an Verdichtersysteme für zukünftige Wasserstoff-Kavernenspeicher. In: KÖTTER Consulting Engineers GmbH & Co. KG (Hg.): 25. Workshop Kolbenverdichter 2023 (Tagungsband 25. Workshop Kolbenverdichter 2023), S. 125–140.
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2024): Speicher für die Energiewende. Bedeutung, Handlungsfelder und Maßnahmen für Strom-, Wärme- und Wasserstoffspeicher.
Nationaler Wasserstoffrat (2021): Die Rolle der Untergrund-Gasspeicher zur Entwicklung eines Wasserstoffmarktes in Deutschland. Berlin.
Peterse, J.; Kühnen, L.; Lönnberg, H. (2024): The role of underground hydrogen storage in Europe. H2eart for Europe. Hg. v. Guidehouse France.
Autoren:
Dr. Hendrik Langnickel, DLR-Institut für Vernetzte Energiesysteme, Oldenburg
sk-gas-ve@dlr.de
Carsten Reekers, STORAG ETZEL GmbH, Friedeburg
Claudia Käding, Wiebke Germer, Armin Garbe, Alexander Dyck
von Eva Augsten | Feb. 24, 2025 | 2025, Deutschland, Energiewirtschaft, Europa
Wie sehen ÖPNV-Unternehmen den Einsatz von Wasserstoff in ihrem Bereich? Das Spezialmaschinenbauunternehmen IMI hat hierzu 300 Fachleute aus Deutschland, Italien und dem Vereinigten Königreich befragen lassen.
Für seinen Fokus auf den ÖPNV nennt IMI drei Gründe. Erstens würden viele ÖPNV-Unternehmen bereits Wasserstoffflotten aufbauen, obwohl es noch keine zentrale Infrastruktur für Wasserstoff gibt. Zweitens ließen sich mit Wasserstoff Engpässe der Batterietechnologie wie Reichweite, Gewicht und Netzengpässe überwinden. Drittens würden die Kosten für dezentrale Elektrolyse nun beginnen zu fallen – wobei IMI einräumt, dass es hierzu wenige Daten gebe.
Die Befragung wurde vom Marktforschungsunternehmen Censuswide durchgeführt und fand im Juli 2024 statt. Es wurden 300 Entscheidungsträger aus ÖPNV-Unternehmen in einem halb-offenen Interviewformat befragt. Von den Befragten hatte ein Fünftel (21 %) bereits Wasserstofffahrzeuge in ihrem Betrieb, während 61 % planten, in den nächsten zwei Jahren in solche zu investieren.
Wasserstoff oder Batterie?
Interessant ist, dass die Antworten im Technologievergleich stark von der Frage abhängen. Von den Befragten zeigten sich 89 Prozent überzeugt, Wasserstoff sei ein effektives Mittel, um die Grenzen der Batterie-Technologien zu überwinden, 34 % davon halten Wasserstoff sogar für „sehr effektiv“ hierfür. Umgekehrt halten es aber auch m Schnitt 83 % der Befragten für machbar, den ÖPNV ohne Wasserstoff zu dekarbonisieren, in den UK sogar 89 %. Auf Nachfrage unterteilt sich auch diese Gruppe in 27 %, die eine Dekarbonisierung für „vollständig machbar“ halten und 56 % „teilweise machbar“ halten. Zusammengefasst kann man also sagen: Vieles geht mit Batterien – und wo das nicht geht, kann Wasserstoff häufig weiterhelfen.
Eine weitere Frage galt den Kriterien für den Kauf neuer Fahrzeuge. Die zur Auswahl stehenden Kriterien lagen eng beieinander. Vorn lag mit 85 % gleichauf: Kosten und technisches Wissen, an letzter Stelle mit 79 % die Reichweite der Fahrzeuge.
Viel Vertrauen in erneuerbare Energien aus dem Stromnetz
Mit 81 % der Befragten vertraut im Schnitt die breite Mehrheit der Befragten darauf, genügend erneuerbaren Strom aus dem Netz für E-Mobilität beziehen zu können. In Deutschland lag das Vertrauen mit 64 % am niedrigsten. IMI verweist auf Probleme mit verzögerten Netzanschlüssen und findet das Vertrauen der Befragten in das Netz zu groß.
Auch hier verschiebt sich die Antwort deutlich bei einer vermeintlich leichten Varianz der Frage. Wenn es darum geht, ob für künftige Batterie- oder Wasserstofffahrzeuge genügend Netzkapazität zur Verfügung stehen wird, zeigen sich 93 % der Befragten besorgt. Darunter war der Anteil der sehr besorgten ÖPNV-Unternehmen in Italien mit 52 % besonders hoch.
Wasserstoff-Anlagen: wohin bauen?
Bei den genannten Hindernissen für den Einsatz von Wasserstoff lagen Bebauungspläne mit 38 % vorne. Es folgten physische Platzknappheit (36 %) und erst an dritter Stelle die Finanzierung (35 %). Dicht darauf folgten Baugenehmigungen, fehlendes technisches Wissen und Bauleittechnik. Die Auswahl erfolgte aus vorgegebenen Optionen. Ein technisches Thema für die Befragten war die Lagerung von Wasserstoff. Laut der Umfrage war das sichere Lagern von Wasserstoff für 72 % Gegenstand größerer Bedenken.
IMI folgert aus den Daten, dass die dezentrale Erzeugung von Wasserstoff eine wachsende Rolle spielen wird. Laut Cornelia Neumann, Sales and Business Development Managerin für Hydrogen bei IMI, trifft das in Deutschland besonders auf den ÖPNV zu, da dieser im Vergleich zur energieintensiven Industrie seltener Zugang zum Wasserstoffkernnetz haben wird.
Die Erzeugung vor Ort durch dezentrale Elektrolyse könne helfen, die Lücke zwischen Produktion und Endverbrauchern zu schließen und gleichzeitig den Transportnetzen zu ermöglichen, Fahrzeuge ohne Tankstellen zu testen, so IMI. Fast drei Viertel der befragten ÖPNV-Unternehmen würden eine lokale Wasserstofferzeugung in Erwägung ziehen, wenn es dafür genügend finanzielle Unterstützung gäbe, zeigte die Studie. IMI ist ein britisches Unternehmen für Spezialmaschinenbau, das unter anderem Produkte für die dezentrale Wasserstofferzeugung anbietet.
von Marc Luckhaus | Feb. 21, 2025 | 2025, Europa, Wasserstoffwirtschaft
Mit einer der größten Wasserstoffproduktionsstätten Europas und dem Abfüllcenter in Marl werden hier nicht nur lokale Unternehmen versorgt, sondern auch Chemiestandorte in ganz Nordrhein-Westfalen beliefert. Als H2EL-Wasserstoffkoordination halten wir alle Projekte der Region und deren Fortschritt im Blick und schaffen durch unser regelmäßiges Monitoring die notwendige Transparenz über den Markthochlauf. Unsere Wasserstoff-Roadmap 2024 ist gleichzeitig Fortschrittsbericht, Bestandsaufnahme und Ausblick auf die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft in der Emscher-Lippe Region.
Die Emscher-Lippe Region, gelegen im Herzen des nördlichen Ruhrgebiets in Nordrhein-Westfalen, erstreckt sich südlich des Münsterlands und gehört zum Regierungsbezirk Münster. Dies resultiert in einer engen Verzahnung der Region mit den benachbarten Gebieten, sowohl in politischer als auch in technologischer Hinsicht. Die Region zeichnet sich darüber hinaus durch die Kombination aus Ballungszentren im südlicheren Teil der Region und die ländlicheren Teile im Norden aus und bildet vielerorts Schnittstellen zwischen traditioneller Industrie und moderner Innovation. Mit den kreisfreien Städten Bottrop und Gelsenkirchen sowie den zehn Städten des Kreises Recklinghausen bildet die Emscher-Lippe-Region den Lebensmittelpunkt für rund eine Million Menschen.
Unsere Region ist für ihre industrielle Tradition bekannt, die sich nun schon seit vielen Jahren im Strukturwandel befindet. Sie verfügt über 30.000 Unternehmen, zwei Hochschulen und 15 Berufskollegs, die ihre Angebote bereits gezielt auf die technologischen Entwicklungen im Wasserstoffbereich angepasst haben. Neben einem gut ausgebauten Straßen- bzw. Autobahnnetz verfügt die Region auch über ein dichtes Schienen- und Kanalnetz sowie zahlreiche Pipelines. Darüber hinaus schaffen wir mit dem benachbarten Münsterland und der angrenzenden Hellweg-Zone Synergien für unsere Zukunftsstrategie. Auch mit den Niederlanden pflegen wir eine enge Zusammenarbeit, wie zum Beispiel mit dem Verbundprojekt TECH.LAND.
H2ier erlebt man Zukunft
Ein Alleinstellungsmerkmal unserer Region ist ihre besondere Eignung und Erfahrung für die Wasserstoffwirtschaft. Aufgrund der ausgeprägten Pipelineinfrastruktur und wesentlicher Großabnehmer von Wasserstoff kann dessen Hochlauf hier schneller und günstiger erfolgen als in anderen Teilen Europas. Neben den regionalen Abnehmern beziehen mehrere Chemiestandorte (z. B. in Köln oder Leverkusen) Wasserstoff aus unserer Region.
Wir decken aber nicht nur Erzeugung und Nutzung ab, sondern bilden auch die weiteren wichtigen Bereiche der Wertschöpfungskette umfassend ab. Dazu zählen eine Vielzahl von Unternehmen, die sich auf die Entwicklung und Herstellung von Komponenten spezialisiert haben, sowie andere Firmen, die als Anbieter von Technologien und innovativen Lösungen auftreten.

Abb. 2: Wasserstoff-Roadmap
In unserer neuen Roadmap bieten wir den aktuellen Überblick über entsprechende wasserstoffbezogene Projekte, die in unserer Region durchgeführt werden oder sich in der Planungs- beziehungsweise Ideenphase befinden. Über die H2-Roadmap hinaus betreiben wir das Monitoring der Projekte kontinuierlich weiter, um Transparenz und Orientierung für den Markthochlauf in der Region zu schaffen.
Breit aufgestellt
Das Projektportfolio stellt den Kern unserer Roadmap dar und gibt Aufschluss darüber, wie sich der H2-Bedarf von 2024 bis ins Jahr 2032 voraussichtlich entwickeln wird. Aufgeteilt sind die Projekte in die folgenden fünf Handlungsfelder: Quartiere, Qualifizierung, Forschung & Entwicklung, Industrie und Mobilität. Wenn wir die Gesamtzahl der Projekte betrachten, zeigt sich, dass wir in den letzten Jahren bedeutende Schritte gemacht haben. Aus ursprünglich 57 Projekten im Jahr 2021 sind in knapp drei Jahren über 100 geworden. Insbesondere bei den in Umsetzung befindlichen Projekten ist ein starker Zuwachs zu verzeichnen. Während es 2021 noch 17 waren, sind es inzwischen 53. Der Zuwachs ist dabei vor allem im Handlungsfeld Industrie auffällig.
Leuchtturmprojekte
Unser Projektportfolio enthält alle wasserstoffbezogenen Projekte in der Region, wobei einige von diesen hervorzuheben sind. Unter anderem der von Air Liquide geplante Elektrolyseur im Chemiepark Marl mit einer Leistung von 120 MW. Dieser wird grünen Wasserstoff erzeugen, der mittels Fernleitungen beziehungsweise über das Wasserstoffkernnetz zu den Kunden transportiert werden soll. Hierbei handelt es sich um ein IPCEI-Projekt, das im Juli 2024 den Förderbescheid erhalten hat.
In Gelsenkirchen finden sich unter anderem die folgenden beiden Leuchtturmprojekte:
Zum einen hat sich mit dem Stadthafen ein ganzes Industriegebiet auf den Weg gemacht, klimaneutral zu werden. Dazu haben sich die ansässigen Unternehmen zur Initiative „Klimahafen Gelsenkirchen“ zusammengeschlossen. Prozesswärme (rund 500.000 MWh) soll hier zukünftig nicht mehr durch Erdgas, sondern durch grünen Wasserstoff erzeugt werden. Bis der grüne Wasserstoff zur Verfügung steht, nutzen die Unternehmen ein wasserstoffreiches Energiegas.
Zum anderen stärkt die Westfälische Hochschule ihren Forschungsschwerpunkt im Bereich der Wasserstofftechnologien. Unter anderem entsteht mit dem „H2 Solution Lab“ ein Laborneubau zur Erarbeitung von Erkenntnissen im Hinblick auf Komponenten, Teilsysteme oder Gesamtsysteme für Forschung und Transfer.
In Haltern am See planen mehrere energieintensive Unternehmen, ihren CO2-Ausstoß durch den Einsatz von grünem Wasserstoff drastisch zu reduzieren. Es wird ein gemeinsamer jährlicher Wasserstoffbedarf von rund 200.000 MWh erwartet, der durch einen Elektrolyseur, gespeist aus lokalem Wind- und Solarstrom, gedeckt werden soll. Haltern am See könnte darüber hinaus künftig auch an das nahegelegene Wasserstoffkernnetz angeschlossen werden.
In Herten existiert seit 2009 das Anwenderzentrum H2Herten, ein kommunales Technologiezentrum für Wasserstoff, welches sich autark aus erneuerbaren Energien versorgt. Die vorhandenen Räumlichkeiten und das Technikum samt deutschlandweit erstem Energiekomplementärsystem können Unternehmen für Untersuchungen unterschiedlicher Art nutzen. Mit dem System können Komponenten unter realen Bedingungen getestet beziehungsweise spezielle Lastfälle simuliert werden. Das Komplementärsystem übernimmt dabei die intelligente Steuerung von Komponenten, Stromfluss und Wasserstofferzeugung. Im und um das Technologiezentrum siedeln sich seit Fertigstellung themenbezogene Firmen und Institutionen an, wie beispielsweise der Motorenhersteller Cummins Inc. oder der TÜV Nord.
In unmittelbarer Nähe des Anwenderzentrums befindet sich eine Anlage der AGR mbH. Diese erzeugt durch das Verbrennen von Abfällen Strom und Fernwärme zur Versorgung der anliegenden Wohngebiete. Im Jahr 2024 wurde hier ein 3-MW-PEM-Elektrolyseur eingeweiht, der Wasserstoff erzeugt und eine angeschlossene H2-Tankstelle versorgt. Der Strom kann dabei aus der Verbrennung von Abfall und eigenen regenerativen Energiequellen gewonnen werden (Solar und Wind). Die Tankstelle eignet sich durch die Druckstufen 700 bar und 350 bar zur Betankung von Pkw, Lkw und werkseigenen Müllfahrzeugen und ist derzeit die größte H2-Tankstelle europaweit.
Das Projekt E-BO(2)t ist ein Demonstrationsprojekt der Emschergenossenschaft und einiger Projektpartner in Bottrop. Es verfolgt das Ziel, die Machbarkeit einer großskaligen Produktion von grünem Methanol (e-Methanol) auf einer Kläranlage zu testen. Dazu wird biogenes CO2, das in den Faultürmen der Kläranlage Bottrop entsteht, vom Klärgas abgespalten und mit vor Ort produziertem grünem Wasserstoff zusammengebracht, um daraus das e-Methanol zu synthetisieren und es als alternativen Kraftstoff nutzen zu können. Als Nebenprodukt der Wasserstoffproduktion entsteht Reinsauerstoff, der zur ökologischen Verbesserung in ein nahegelegenes Gewässer geleitet wird.
Neben diesen Leuchtturmprojekten sind zahlreiche weitere Initiativen und Vorhaben in Planung. Viele dieser Vorhaben konzentrieren sich darauf, den Einsatz fossiler Energieträger, insbesondere Erdgas, in der Industrie signifikant zu reduzieren. Ein wesentlicher Ansatz dabei ist die Substitution von Erdgas durch grünen Wasserstoff als Energieträger für die Erzeugung von Prozesswärme, die in vielen industriellen Verfahren unerlässlich ist. Ziel dieser Umstellung ist selbstverständlich die Reduktion von Treibhausgasen und die damit verbundene Reduzierung des Erdgasbedarfs.
Ausblick
Auf Grundlage unseres Projektportfolios und der Mengenvorhersagen für das Jahr 2032 wird ein jährlicher Bedarf von etwa 6,5 TWh Wasserstoff in der Region erwartet, was etwa 200.000 Tonnen pro Jahr entspricht. Obwohl wir unsere selbst gesetzten Ausbauziele für Elektrolysekapazität für das Jahr 2032 voraussichtlich sogar übertreffen werden, können wir unseren wachsenden Bedarf nach Wasserstoff nicht durch Eigenproduktion decken und müssen daher künftig Wasserstoff in großem Maßstab importieren. Sollten alle bekannten Elektrolyseprojekte realisiert werden, läge die Eigenproduktionsmenge bei etwa 40 Prozent. Durch die Substituierung von Erdgas durch diesen grün produzierten Wasserstoff können wir über 1,3 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente einsparen.
Autor: Marc Luckhaus, WiN Emscher-Lippe Gesellschaft zur Strukturverbesserung mbH, Herten,
E-Mail: marc.luckhaus@emscher-lippe.de
von Niels Hendrik Petersen | Feb. 21, 2025 | 2025, Europa, Hausenergie, News, Wasserstoffwirtschaft
Alles in einem Gerät vereint
Das Schweizer Start-up Infener will europaweit das Thema Wasserstoff forcieren. In dezentralen H2-Hubs soll Ökostrom, aber auch grüne Wärme gewonnen werden. Der Ecore One ist eine kompakte Containerlösung, die verschiedene Energietechnologien in einem Gerät vereint: Elektrolyseur, Brennstoffzelle und Batterie sowie Kompressor und eine Wärmepumpe mit einem eigenen Energiemanagementsystem. Im nächsten Jahr soll die H2-Produktion an einem Standort im Schwarzwald starten. Der Bedarf der regionalen Industrie ist jedoch heute schon weitaus größer.
„Die Komponenten – vom Elektrolyseur und der Brennstoffzelle über Batterien und Wärmepumpen bis hin zum H2-Druckgasspeicher – sind einzeln erhältlich“, so Tobias Gruber, Produktchef bei Infener. Die Innovation des jungen Unternehmens besteht darin, diese Technologien effizient zu einem Energiesystem zu kombinieren. Der Ecore One ist flexibel skalierbar und somit nicht nur auf Einfamilienhäuser beschränkt. Er kann auch größere Gebäude wie Hotels, Firmen oder ganze Quartiere autark und CO₂-neutral mit Wärme und Elektrizität versorgen – oder das System wird bei Bedarf netzdienlich betrieben. Der eingebaute PEM-Elektrolyseur deckt eine Leistung zwischen 10 und 30 kW ab.
Der Hauptsitz des Start-ups liegt in Stansstad südlich von Luzern. Die junge Firma ist ein Spin-off der W&P Engineering Group. „Wir hatten Wasserstoff schon 2018 als zentrales Zukunftsthema erkannt“, erklärt Gruber. Der Ecore One sei damals die erste Idee der beiden Gründer Joel Vogl und Felix Schmid gewesen. Das System soll eine unabhängige und wasserstoffbasierte Strom- und Wärmeversorgung von Gebäuden ermöglichen. „Wir haben aber schnell gemerkt, dass der Bedarf an Wasserstoff größer ist“, sagt Gruber.
Viele energieintensive Industrien wollten auf Wasserstoff umstellen, aber das Angebot sei aktuell einfach noch nicht da. „Darum haben wir damit begonnen, auch in die Umsetzung von Wasserstoff-Hubs und Großprojekten zu gehen“, beschreibt er den ganzheitlichen Ansatz. Ziel ist es, die Nachfrage energieintensiver Industrien und mittelständischer Unternehmen dezentral und unabhängig vom Kernnetz zu bedienen. Derzeit wächst das Start-up kontinuierlich und realisiert beispielsweise Projekte in Norwegen oder Portugal.
Investitionen von 45 Mio. Euro nötig
Der Hub im Schwarzwald ist bereits in einer sehr konkreten Planung: In Villingen-Schwenningen wird er auf einer Fläche von etwa 10.000 m² im Industriegebiet Salzgrube entstehen. Denn die Industrieregion wird voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2040 an die überregionale H2-Pipeline angebunden sein. Deshalb soll die Elektrolyseleistung der Anlage bereits ab 2026 sukzessive von 5 MW auf 20 MW steigen – genug, um in der finalen Stufe jährlich rund 2.000 Tonnen grünen Wasserstoff zu produzieren. Die Investitionen werden sich voraussichtlich auf 45 Mio. Euro belaufen. Der Energiebedarf der regionalen Logistik-, Verkehrs- und Industriebranche ist heute schon größer.
Das Design des Hubs überzeugt durch eine natürliche Holzverkleidung. Es wurde vom Hamburger Architektur- und Design-Büro Hadi Teherani entworfen. Die Projektbetreuung vor Ort übernimmt das Architekturbüro Schleicher. Die steckerfertige Komplettlösung erhielt zudem im vergangenen Jahr den German Innovation Award. Die Jury überzeugte das an verschiedene Gebäude anpassbare Energiesystem, das schlüsselfertig in einer kompakten Lösung kommt – und dadurch „besonders komfortabel“ ist. Ein weiterer Vorteil bestehe darin, „dass für diese Lösung Versorgungsräume überflüssig werden, da die transportablen Container außerhalb vom Gebäude stehen”, so die Begründung.

Abb. 2: Wärmepumpe vorn und Solarwechselrichter an der Wand
Dabei geht es nicht nur um die effiziente Erzeugung von Strom und Wärme. So wird selbst die Abwärme aus dem Betrieb der Brennstoffzellen genutzt und mithilfe der Wärmepumpe weiter optimiert, so dass sie für Industrieprozesse oder in Wärmenetzen nutzbar ist. Der ebenfalls bei der Elektrolyse anfallende Sauerstoff wird vor allem für die Oxyfuel-Verbrennung eingesetzt. Auch das hilft, Industrieprozesse effektiver zu dekarbonisieren. Direkte Stromlieferverträge, sogenannte PPAs mit Betreibern von Wind- und Photovoltaikanlagen aus der Region, liefern den Ökostrom für den Betrieb des kleinen Ökokraftwerks Ecore. Auch potenzielle Abnehmer konnten schon gewonnen werden: Der Logistiker Noerpel plant den grünen Wasserstoff zur Betankung von H2-Truck- oder -Bus-Flotten einzusetzen, zudem unterstützt der Verkehrsverbund Move das Projekt.

Abb. 3: Tobias Gruber (links) mit den beiden Gründern Joel Vogl (CEO) und Felix Schmid
Neben dem 20-MW-Hub in Villingen-Schwenningen sind bereits weitere Projekte in Gengenbach und Neumünster in Planung. Diese befinden sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Die Inbetriebnahme des 50-MW-Hubs in Neumünster ist beispielsweise für das Jahr 2026 oder 2027 geplant. Nur wenige Kilometer südlich von Offenburg in Baden-Württemberg liegt Gengenbach. Die Stadt will helfen, die Nutzung von grünem Wasserstoff zu etablieren, sagt der ehemalige Bürgermeister Thorsten Erny, der bis Ende 2024 im Amt war und das Vorhaben unterstützte.
2.000 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr
Das Projekt auf dem Gewerbegebiet Kinzigpark I befindet sich aktuell in der Konzeptionsphase. Die Realisierung hängt noch von den Ergebnissen dieser Planungsphase sowie von einem unterschriebenen Abschluss des PPA für Ökostrom und den finalen Investitionsentscheidungen ab. Die kommunale Politik, die Stadtwerke und die regionale Wirtschaftsförderung unterstützen das Vorhaben bereits. Geplant ist auch hier die Produktion von jährlich rund 2.000 Tonnen H2.
Die Politik will den Aufbau der H2-Produktion mit ihren Zielen unterstützen: Die EU plant bis 2030 den Ausbau auf 40 GW Elektrolysekapazität, allein Deutschland strebt 10 GW an. Bis heute sind hierzulande jedoch nur 100 Megawatt installiert. Infener hat sich für die nächsten Jahre hehre Ziele gesetzt und will die europäische Wasserstoffwirtschaft aktiv mitgestalten. „Wir möchten in den nächsten Jahren mehr als 9 GW dazu beitragen“, sagt Tobias Gruber selbstbewusst.
von Romana Mocnik | Jan. 29, 2025 | 2025, Elektromobilität, Entwicklung, Europa, Markt, Meldungen, News, Wasserstoffwirtschaft
Formula Student setzt auf H2
Im Sommer 2025 sollen die ersten Wasserstofffahrzeuge am Red Bull Ring im österreichischen Spielberg (Steiermark) gegen Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb antreten. Damit dort sowohl Brennstoffzellen als auch Verbrennungsmotoren eingesetzt werden dürfen, hat Formula Student Austria in Zusammenarbeit mit anderen Rennveranstaltern entsprechende H2-Regularien veröffentlicht, die es studentischen Teams ermöglichen, zukünftig Rennwagen, die mit Wasserstoff angetrieben werden, zu konstruieren, zu bauen und Rennen fahren zu lassen.
Die Formula Student Austria (FSA) ist das österreichische Event der studentischen Rennserie Formula Student und findet seit 2009 jedes Jahr statt. Diese Rennserie ermöglicht es jungen, engagierten Studierenden von Universitäten und Fachhochschulen aus aller Welt, ihr Wissen, ihre Konstruktions- und Entwicklungsfähigkeiten sowie auch ihre organisatorischen und kaufmännischen Talente in mehreren unterschiedlichen Disziplinen unter Beweis zu stellen.
Formula Student Austria findet jährlich am Red Bull Ring in Spielberg statt. 2025 nehmen 58 internationale Teams aus knapp 20 unterschiedlichen Nationen und damit mehr als 1.600 Studierende teil. Unterschiedliche Disziplinen fordern die Studierenden auf mehreren Ebenen heraus. Neben der obligatorischen technischen Abnahme geht es in fünf dynamischen Disziplinen um Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der selbst konstruierten und gefertigten Rennboliden. Die drei statischen Disziplinen umfassen das Engineering Design und damit die Bewertung der Konstruktion des jeweiligen Fahrzeugs durch internationale Juroren. Außerdem geht es um die Bewertung des erstellten Business-Plans und der Vermarktungsstrategie, genauso wie um die Kostenaufstellung.
Technologieoffenheit für die Zukunft
Nachdem die Formula Student traditionell in zwei Klassen, eine mit Verbrennungsmotor (CV – combustion vehicle) und eine mit Elektromotor (EV – electric vehicle), aufgeteilt ist, gibt Formula Student Austria den Studierenden nun auch die Möglichkeit, Wasserstofffahrzeuge zu entwickeln und zu bauen. Dem Veranstalter geht es dabei um Technologieoffenheit. Um die Teilnahme von Fahrzeugen mit H2-Antrieb beim Event 2025 zu ermöglichen, hat Formula Student Austria schon vor knapp drei Jahren begonnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen.
Maximilian Jauk, Head of Design bei Formula Student Austria, berichtet: „Unsere Motivation liegt darin, dass wir den zukünftigen Ingenieuren die Chance bieten möchten, sich außerhalb des Studiums mit dem Thema Wasserstoff zu beschäftigen. Dieses Thema wird für Arbeitgeber aus verschiedenen Branchen immer wichtiger. Uns ist bewusst, dass sich Alumni von Formula-Student-Teams nicht ausschließlich in der Automobilbranche bewerben, sondern auch das Know-how zu Wasserstoff für Arbeitgeber aus den Bereichen Nutzfahrzeuge, Energieinfrastruktur und Wasserstofferzeugung interessant ist.“
Hydrogen Concept Challenge
Seit 2023 gibt es in Kooperation mit zwei weiteren Formula-Student-Events, FS Alpe Adria (Kroatien) und FS East (Ungarn), eine Hydrogen Concept Challenge. Bei der Hydrogen Concept Challenge handelt es sich um einen Ideenwettbewerb, in dem Studierende ihre Konzepte für Formula-Student-Fahrzeuge mit einer Brennstoffzelle oder Verbrennungsmotor Experten aus der Industrie sowie Judges von FSA vorstellen. Dabei werden die Teams erstmals mit dem Thema Wasserstoff in Berührung gebracht und machen sich Gedanken über zukünftige Konzepte. Im Rahmen von Formula Student Austria nahmen bereits 2023 Teams aus Wien, Deggendorf und Stuttgart daran teil.

Alles in jugendlicher Hand
2024 konnte man zusätzlich die Formula-Student-Events in Portugal und Frankreich sowie Formula Future in Deutschland für das Thema Wasserstoff gewinnen. Gemeinsam mit den genannten Events wurde nun die Hydrogen Concept Challenge überarbeitet, um noch mehr Bezug zur tatsächlichen Konstruktion von Wasserstofffahrzeugen zu schaffen. So sollten sich die Teams über die Anordnung der Komponenten Gedanken machen, um Bauraum für die zusätzlich notwendigen Komponenten wie Tank oder Brennstoffzelle zu definieren.
Des Weiteren wurde eine Analyse gefordert, um die Auswirkungen des neuen Antriebsstrangs und des zusätzlichen Gewichts durch die schweren Hochdrucktanks auf die Rundenzeiten im Vergleich zu herkömmlichen Formula-Student-Fahrzeugen zu untersuchen. Außerdem sollten das Tanksystem und die Kühlung analysiert und eine Dimensionierung von Tank, Akku und Brennstoffzelle vorgenommen werden. Letztendlich sollten auch noch die Kosten berücksichtigt werden.
Dieses Jahr stellte das Team der FH Campus Wien ihr Konzept für die Umrüstung eines konventionellen Verbrennungsmotors auf den Betrieb mit Wasserstoff sowie für die Integration der H2-Komponenten in ein Formula-Student-Fahrzeug vor. Teams der Universität Wien sowie der Universität Karlsruhe zeigten Konzepte mit Brennstoffzellen. Auf anderen Events präsentierten sich deutsche, schweizerische und niederländische Teams.
Unterstützung aus der Wirtschaft
Als erster Partner zum Thema Wasserstoff konnte die INNIO Group gewonnen werden, ein global agierendes Unternehmen mit Hauptsitz in Tirol, ohne deren Unterstützung die Hydrogen Concept Challenge bei FSA nicht möglich wäre. Die INNIO Group als ein führender Anbieter von Energielösungen und damit verbundenen Services sowie Pionier in grünen Technologien unterstützt seine Kundinnen und Kunden dabei, sich in Richtung Net Zero zu bewegen. Das Unternehmen bringt mehr als 50 Jahre Erfahrung in der Umwandlung von erneuerbaren Energieträgern mit und bietet bereits heute Motoren mit einer „Ready for H2“-Option an.
Vorgaben für 2025
Nach erfolgreichen zwei Jahren mit der Hydrogen Concept Challenge konnte im Juli 2024 die erste Version der Hydrogen Rules für 2025 veröffentlicht werden. Mithilfe von Feedback aus Industrie, von H2-Experten und interessierten Teams definiert das Regelwerk, welche Randbedingungen von den Teams eingehalten werden müssen, um Sicherheit und Fairness zu gewährleisten.
Die Fahrzeuge dürfen maximal 2 kg Wasserstoff an Bord haben. Der Wasserstoff wird bei einem Druck von bis zu 350 bar in nach den Normen zertifizierten Tanks gespeichert. Um die Sicherheit zu gewährleisten, müssen Sensoren implementiert werden, die im Fall einer Störung das Fahrzeug und insbesondere die Wasserstoffzufuhr abschalten.
„Aktuell gibt es Überlegungen, ob wir in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen Standardtanks anbieten können, um für die Teams die Kosten zu senken, die Beschaffung zu erleichtern, die Sicherheit zu erhöhen und uns weitere Optionen bei der Betankung zu ermöglichen. So wäre eventuell ein Tauschsystem denkbar, wie man es vereinfacht gesagt vom Gasgrill kennt. Laut Regelwerk sollen die Tanks innerhalb von 15 Minuten ausbaubar sein, damit eine Betankung außerhalb des Fahrzeugs möglich ist und die Teams an den Fahrzeugen mit ausgebautem Tank arbeiten können. Dadurch stellen wir sicher, dass sich keine signifikanten Wasserstoffmengen im Auto befinden, wenn sich dieses in Gebäuden, wie zum Beispiel der Boxengasse des Red Bull Rings oder der Werkstatt an der Hochschule, befindet“, sagt Paul Mayr-Harting, Gründer des Ingenieurbüros HoKiTech und bei Formula Student Austria Hauptverantwortlicher für die technische Abnahme der Rennwagen.
Um den Umstieg auf Wasserstoff zu erleichtern, dürfen die Formula-Student-Teams bestehende Verbrenner- oder Elektrofahrzeuge umrüsten. Der Fokus soll auf der Inbetriebnahme und der Implementierung eines wasserstoffbasierten Antriebsstrangs liegen. Das bedeutet, dass weder ein neues Monocoque noch ein neuer Rahmen gefertigt werden muss. Ebenso können das bestehende Fahrwerk und das Flügelpaket weiterhin genutzt werden.
Um den Gewichtsnachteil der Brennstoffzellenfahrzeuge im Vergleich zu herkömmlichen E-Fahrzeugen in der Formula Student auszugleichen, dürfen die Teams mit 100 kW anstatt 85 kW Systemleistung fahren. Bei der Auswahl und Dimensionierung der Brennstoffzelle sowie der Auslegung des Akkus haben die Teams freie Hand, wobei beim 22 Kilometer langen Ausdauerrennen mindestens die Hälfte der Energie von der Brennstoffzelle bereitgestellt werden muss.
Die wasserstoffbetriebenen Verbrennerfahrzeuge können mit Viertaktmotoren mit bis zu 1,6 Liter Hubraum ausgestattet werden. Dabei werden die meisten Teams voraussichtlich auf Motorradmotoren zurückgreifen und diese auf den Betrieb mit Wasserstoff umrüsten. Die angesaugte Luftmenge sowie die eingeblasene Menge an Wasserstoff sind nicht reglementiert. „Für bisherige Verbrenner-Teams wird es immer schwieriger, Partnerfirmen zu gewinnen. Durch den Umstieg von fossilen Brennstoffen auf Wasserstoff eröffnen wir den Teams auch neue Möglichkeiten, langjährige Sponsoren zu finden. Zusätzlich beschäftigen sie sich mit alternativen Antrieben und der Reduzierung des CO2-Fußabdrucks für eine grüne Zukunft“, erklärt Christoph Hirt, Eventmanager von Formula Student Austria.
Kooperationen und Vernetzung
Die Formula Student ist für viele Studierende ein wichtiger Teil ihres Studiums. Die gelernte Theorie wird in die Praxis umgesetzt, gleichzeitig sind die Zusammenarbeit in einem Team und Selbstorganisation gefragt. Auf den Bewerben können internationale Kontakte mit Gleichgesinnten und potenziellen Arbeitgebern geknüpft werden. Bei der Formula Student Austria sorgen ehrenamtliche Alumni von studentischen Rennteams für die professionelle Organisation und Durchführung. Wenn auch Sie und Ihr Unternehmen ein Teil von Formula Student Austria werden möchten, freuen wir uns, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Unsere Kontaktdaten finden Sie in der Box.
Die nächste Gelegenheit zur Mitwirkung an der Formula Student Austria ist vom 20. bis 24. Juli 2025 am Red Bull Ring in Spielberg, Österreich.