LOHC könnten H2-Importe vereinfachen

LOHC könnten H2-Importe vereinfachen

FLÜSSIGER HOFFNUNGSTRÄGER

Viele der Technologien für den H2-Transport sind bislang noch nicht ausgereift. Forscher und Industrie arbeiten daran, eine sichere H2-Distribution über große Entfernungen zu entwickeln, auch weil Deutschland in großem Stil auf H2-Importe angewiesen sein wird. Neben Ammoniak haben flüssige organische Wasserstoffträger (LOHC) gute Chancen auf einen Einsatz in Projekten und der Industrie. Denn sie könnten die konventionelle Infrastruktur von Öltanks und Tanker nutzen.

Das englische Kürzel LOHC steht für Liquid Organic Hydrogen Carriers. Dabei wird Wasserstoff chemisch und reversibel an eine flüssige organische Trägersubstanz gebunden. Das können beispielsweise Toloul, Benzyltoluol oder Dibenzyltoluol sein. Als LOHC werden organische Verbindungen bezeichnet, die Wasserstoff aufnehmen und wieder abgeben können und daher als Speichermedien für Wasserstoff verwendet werden können. Alle verwendeten Verbindungen sind unter Normalbedingungen flüssig und verfügen über ähnliche Eigenschaften wie Rohöl und dessen Derivate. Der Vorteil: LOHC kann in flüssiger Form in der bestehenden Infrastruktur genutzt werden.

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In der Regel wird Wasserstoff gasförmig bei hohem Druck von 700 bar oder in flüssiger Form und bei extremen Temperaturen von minus 253 °C in Spezialbehältern gespeichert und transportiert. Beide Wege sind jedoch technisch aufwändig und teuer. LOHC bieten hier eine reizvolle Alternative. Ein Vorteil: Eine direkte Nutzung von LOHC, beispielsweise in Brennstoffzellen zur Stromerzeugung, macht die Handhabung von Wasserstoff als Gas unnötig. „Die Technologie erlaubt deshalb eine besonders günstige und sichere Versorgung von mobilen und stationären Energieverbrauchern“, erklärt Daniel Teichmann, CEO und Gründer von Hydrogenious.


LOHC könnte H2-Transporte über große Entfernungen vereinfachen

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TRÄGERMEDIUM WIEDERVERWENDEN
Diese Technologie verbraucht die fossilen Rohstoffe nicht oder nur marginal. Sie können wie in einem geschlossenen Kreislauf immer wieder eingesetzt werden. Der Prozess funktioniert dabei in zwei Phasen: Bei der Hydrierung wird der Wasserstoff in Gegenwart eines Katalysators an flüssige organische Wasserstoffträger gebunden, und bei der H2-Freigabe, also der Dehydrierung, wird das Gas unter Wärme und mit einem Katalysator wieder freigesetzt. Die beladene Trägerflüssigkeit kann bei Umgebungsdruck und ungekühlt gelagert werden. Für den Transport können daher konventionelle Öltanks und Tanker genutzt werden. Wenn der Wasserstoff freigesetzt wird, muss die entladene Trägerflüssigkeit jedoch wieder an den Ort der Beladung mit Wasserstoff zurückgeführt werden. Konkret heißt das: Das Schiff oder der Tanklaster würde vollgeladen im Kreis fahren.

LOHC sind deshalb eine große Hoffnung für den H2-Transport über lange Strecken. Das TransHyDE-Projekt auf Helgoland erforscht zum Beispiel die gesamte Transportkette von der Bindung von Wasserstoff an LOHC bis zur Trennung. Derzeit werden die Projekte nur experimentell oder kleinskalig umgesetzt.

Fest steht steht jedoch, dass für jede Form der Speicherung und des Transports von Wasserstoff, Ammoniak, LOHC und weiteren wasserstoffbasierten Energieträgern auch geeignete Rahmenbedingungen nötig sind. TransHyDE analysiert daher den systemischen Rahmen und identifiziert Gestaltungsbedarfe. Die Ergebnisse münden dann in Handlungsempfehlungen. Diese enthalten unter anderem den Anpassungsbedarf bei Standards, Normen und Zertifizierungsoptionen von Wasserstoffspeicher- und -transporttechnologien.

Die LOHC-Technologie ist auch Bestandteil des Wasserstoffbeschleunigungsgesetzes der Bundesregierung: Denn die nationale Wasserstoffherstellung erfolgt sowohl durch Anlagen zur elektrolytischen Erzeugung von Wasserstoff als auch durch die Aufspaltung und Dehydrierung von Ammoniak und hydrierten flüssigen organischen Wasserstoffträgern. Der Koalitionsvertrag sowie die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie sehen die Verdopplung des nationalen Ausbauziels der Elektrolyseleistung von 5 auf mindestens 10 GW bis zum Jahr 2030 vor.

Aber das wird bei weitem nicht reichen. Deutschland wird H2-Importe benötigen. LOHC könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. So wurde die neue Nationale Hafenstrategie (NHS) in engem Zusammenspiel mit der Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie entwickelt. In der NHS geht die Bundesregierung davon aus, dass bis zum Jahr 2030 bis zu 70 Prozent des Wasserstoffbedarfs durch Importe gedeckt werden, die hauptsächlich per Schiff erfolgen werden.

TRÄGERMATERIAL BENZYLTOLUOL
Die LOHC-Technologie von Hydrogenious könnte für den Seetransport von Wasserstoff besonders interessant sein: Denn sie nutzt die bestehende Infrastruktur für flüssige Brennstoffe in den Häfen und kann mit Tankschiffen oder Lastkähnen transportiert werden. Dies ist ganz im Sinne der Nationalen Hafenstrategie, die darauf abzielt, nachhaltige Konzepte für die Wiederverwendung konventioneller Infrastruktur zu schaffen.

Hydrogenious setzt das schwer entflammbare Thermoöl Benzyltoluol als Trägermedium ein. Nach Einschätzung des Unternehmens gelingt so eine effiziente Speicherung, insbesondere in dicht besiedelten Hafengebieten (z. B. Rotterdam, s. S. 17). In LOHC gespeicherter Wasserstoff kann bei Umgebungstemperatur und -druck gehandhabt werden und hat ein mit Diesel vergleichbares Gefahrenpotenzial, beschreibt Andreas Lehmann, Chefstratege (neudeutsch Chief Strategy Officer) bei Hydrogenious LOHC.

Das Unternehmen sieht durch LOHC die Mängel der bestehenden Methoden behoben. Diese seien weniger entflammbar und billiger zu transportieren als flüssiger Wasserstoff, der hochexplosiv ist, stark verdampft und kostspielige Behälter und eine neue, spezielle Infrastruktur erfordert. Der zurückgewonnene Wasserstoff habe zudem eine hohe Reinheit, anders als nach der Rückverwandlung von Methanol.


Abb. 3: Dr. Patrick Schühle arbeitet zu LOHC an der Uni Erlangen-Nürnberg

Das Unternehmen Hydrogenious aus Erlangen beteiligt sich auch an verschiedenen Forschungsprojekten: Im Projekt LOReley wollen Fachleute aus Industrie und Forschung den Prozess der H2-Freisetzung, also die Dehydrierung, optimieren. „Um den Wasserstoff freizusetzen, braucht es Reaktionsbeschleuniger, also Katalysatoren, und Temperaturen von bis zu 330 Grad Celsius“, erklärt Forscher Dr. Patrick Schühle von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU, s. Abb. 3). Dem Prozess muss die ganze Zeit Wärme zugeführt werden. „Je weniger Wärme man für den Prozess bereitstellen muss, desto effizienter wird die gesamte LOHC-Technologie, weil man Energie spart.“

LORELEY ENTWICKELT PLATTENREAKTOR
Bislang wurde für die Dehydrierung ein Reaktor mit Rohren verwendet, in die wenige Millimeter große Pellets geschüttet wurden. Die Pellets bestehen aus porösem Aluminiumoxid, in welchem das eigentliche Aktivmetall Platin abgeschieden ist. Wird der mit Wasserstoff beladene LOHC mit den Pellets in Kontakt gebracht, setzt sich das H2 frei. Die Forscher im Projekt LOReley haben nun einen neuen Ansatz gewählt und setzen auf einen Plattenreaktor auf Basis von Wärmetauschern, die man sonst aus Heizungen, Kühlschränken oder Industrieanlagen kennt.

Einen weiteren Vorteil gegenüber dem bisherigen Vorgehen sehen die Wissenschaftler darin, dass der Katalysator fest mit der Platte verbunden ist. „Im Schüttreaktor können die Pellets aneinanderreiben, und so kann es sein, dass der Katalysator als Pulver abgerieben ist. Im Projekt LOReley haben wir jetzt eine katalytische Schicht entwickelt, die eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischem Abrieb und Vibrationen aufweist“, erklärt Chemieingenieur Schühle.


Abb. 4: In dieser Plattendehydrieranlage wurde Wasserstoff freigesetzt

Im Projekt haben die Fachleute das neue Katalysator-Reaktor-Konzept im Labor und in den Räumlichkeiten der beteiligten Firma Hydrogenious LOHC Technologies, einer Ausgründung der FAU, getestet. Rund 1.000 Stunden lief der neue Plattenreaktor stabil. Zudem zeigte sich, dass mit diesem innerhalb von 15 Minuten die Wasserstofffreisetzungsrate verdoppelt werden konnte. „Die Wärme wird nicht erst vergleichsweise langsam über das gesamte Volumen des Reaktors gebracht, sondern gezielt und direkt an die Katalysatorschicht“, sagt Schühle. Diese Flexibilität im dynamischen Betrieb ist in Gaskraftwerken oder in der Schifffahrt durchaus relevant.

Schühle und Kollegen haben ihren Ansatz in vergleichsweise kleinem Maßstab testen können. Der Reaktor bestand aus zehn Platten. Im nächsten Schritt muss der Demonstrator wachsen, um ihn im Realbetrieb an einem Standort einzusetzen, wo der Wasserstoff auch gebraucht wird. Erst dann könne man sagen, wie gut der Reaktor bei der Wärmeeffizienz im Vergleich zum Standardreaktor sei. LOHC bieten viele Chancen. Ob alle Hoffnungen erfüllt werden können, muss das LOReley-Projekt, aber auch die Technologie insgesamt erst noch zeigen.

Transport per Schiff um 20 Prozent teurer
Laut einer Analyse von Aurora Energy Research sind Transporte per Schiff nach Deutschland grundsätzlich mindestens um 20 Prozent teurer als ein Pipelinetransport: Demnach kommt verflüssigter Wasserstoff aus Spanien auf 4,35 Euro und aus Marokko auf 4,58 Euro pro Kilogramm. Bei einem Transport mittels flüssiger organischer Wasserstoffträger (LOHC) oder Ammoniak wären es aus Spanien rund 4,57 Euro pro Kilogramm und aus Marokko rund 4,70 Euro, einschließlich der Kosten für die Rückumwandlung in gasförmigen Wasserstoff in Deutschland. Für Importe aus Australien und Chile kommt generell nur der Schiffstransport infrage. Sie erreichen Wettbewerbsfähigkeit nur dann, wenn der Wasserstoff als Ammoniak transportiert wird. Dann liegen die Kosten demnach bei 4,84 bzw. 4,86 Euro pro kg. All diese Werte bewegen sich innerhalb der Spanne der Herstellungskosten in Deutschland. Es käme also auf den konkreten Einzelfall an, welcher Weg wettbewerbsfähig ist. Bei Wasserstoff aus den Vereinigten Arabischen Emiraten wäre der günstigste Transport ebenfalls der in Form von Ammoniak; mit 5,36 Euro pro Kilogramm wäre dieser aber im Vergleich zur heimischen Produktion nicht wettbewerbsfähig.

Port of Rotterdam wird grün und blau

Port of Rotterdam wird grün und blau

Europas größter Hafen will nachhaltig werden

„Wie schnell können wir die Energiewende umsetzen?“ Diese Frage stellt sich seit geraumer Zeit der Hafen Rotterdam (Port of Rotterdam), der größte europäische Seegüterumschlagplatz. In der Vergangenheit – und auch heute noch – war das riesige Industrieareal von der Öl- und Gaswirtschaft geprägt. Unter anderem sind dort vier große Raffinerien angesiedelt, die jetzt dekarbonisiert werden müssen. Boudewijn Siemons, CEO und COO der Port of Rotterdam Authority, erklärte: „Wenn es elektrisch geht, sollte es so gemacht werden – ansonsten mit Wasserstoff.“

Um diesen Transformationsprozess voranzubringen, widmet sich die Hafengesellschaft gemeinsam mit dem Gasversorger Gasunie zunächst der Infrastruktur, denn „infrastructure is an enabler“, wie Gasunie-CEO Willemien Terpstra erklärt. Eines der Hauptvorhaben ist ein neues Pipeline-System – für Wasserstoff und Kohlendioxid. Der Neubau des Hydrogen Backbones (H2) sowie des Porthos-Rohrsystems (CO2) startete im Oktober 2023 mit dem ersten Spatenstich durch den niederländischen König Willem-Alexander.

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Maßgebliche Unterstützung erhält der Hafen von politischer Seite. „Ich sehe eine Regierung, die wirklich daran arbeitet, Hemmnisse aus dem Weg zu räumen“, so der Hafenchef. Davon profitiert auch Deutschland, wohin ein Großteil der angelieferten Energie weitergeleitet wird. Dementsprechend sehen die Niederlande die Bundesrepublik als Hauptabnehmer auch für Wasserstoff – insbesondere Nordrhein-Westfalen.

Die Zeit des Wartens ist vorbei, denn 2030 werden große Kohlekraftwerke im Hafen abgeschaltet (s. Abb. 2). Die Eliminierung von CO2-Emissionen aus fossilen Energien ist aber nur ein Pfad, um bis 2030 den Kohlendioxidausstoß um 55 Prozent zu reduzieren. Neben der Effizienzsteigerung werden auch negative CO2-Emissionen nötig sein, entstehendes Kohlendioxid muss also per CCS (carbon capture & storage) eingelagert werden. „Wenn wir CO2-Emissionen reduzieren wollen, kommen wir an CCS nicht vorbei“, so Siemons.

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Das hinter dem Umspannwerk befindliche Kohlekraftwerk wird bis 2030 abgeschaltet

Ziel ist die CO2-Neutralität bis 2050. Bis dahin sollen die bislang rund 100 Mio. t Rohöl, die jährlich in Rotterdam eingeführt werden, durch andere Medien ersetzt werden. So sollen rund 15 Mio. t Öl durch 20 Mio. t Wasserstoff substituiert werden, wobei rund 90 Prozent des benötigten Wasserstoffs importiert werden wird.

Auf Nachfrage, wie lang denn die anvisierte „temporäre Nutzung von blauem Wasserstoff“ andauern könnte, kommt eine deutliche Antwort: „Dekaden.“ Blauer Wasserstoff beziehungsweise „low-carbon hydrogen“, wie er und andere nicht grüne H2-Zusammensetzungen seit einiger Zeit genannt werden, soll als Initialzünder zum Aufbau einer H2-Wirtschaft herhalten. Dabei dürfte schon heute klar sein, dass die damit verbundenen Lock-in-Effekte erheblich sein werden, da die investierten Milliarden über mindestens 15 Jahre abgeschrieben werden sollen.

Dabei stellt die CO2-Gewinnung (capture) nur einen Teil der zu bewältigenden Aufgabe dar. Einem Gasstrom geringe Mengen Kohlendioxid zu entnehmen ist noch relativ einfach und effizient, aber je größer der Prozentsatz werden soll, desto aufwändiger wird es. Erste Erfahrungen in diesem Bereich liegen im Hafen vor: So wird dort beispielsweise bereits CO2 „gecapturet“ und in Treibhäusern für ein besseres Pflanzenwachstum genutzt. Ulrich Bünger vom Energieberatungsunternehmen LBST ist dennoch skeptisch und erklärte in Rotterdam, CCS sei noch längst nicht da, wo es hingestellt werde. Es lägen „kaum Erfahrungen“ vor, so der Energieexperte, während der Eindruck vermittelt werde, die Technologie sei erprobt.

Infrastructure is key
Für die Infrastruktur und deren Betreiber ist es egal, wie der Wasserstoff erzeugt wurde. Terpstra sagte dazu: „Wir sind bereit, jede Farbe zu transportieren.“ Dementsprechend hat Gasunie bereits vergangenes Jahr die finale Investitionsentscheidung für den Pipelinebau getätigt, obwohl bislang erst fünf Prozent der Kapazität verkauft seien, wie die erst seit März 2024 in diesem Amt befindliche Gasunie-Chefin erläuterte. Entscheidend sei dabei natürlich das starke Commitment der Regierung gewesen, die sich zu 50 Prozent an den Kosten beteiligt. Gemeinsam wolle man bis 2030 das Rohrsystem, das dann 10 GW an Leistung bereitstellen kann, fertigstellen.


Abb. 3: Shell-Raffinerie im Hafen von Rotterdam

Auf HZwei-Nachfrage, wie denn der Wasserstoff nach Rotterdam transportiert werde, nannte Boudewijn Siemons alle Optionen: Ammoniak, Methanol, LH2 und LOHC – keine Variante werde von Beginn an ausgeschlossen. Auf Nachhaken hin, ob die Hafengesellschaft denn große Mengen Ammoniak sicher händeln könne, zögerte Siemons zunächst kurz, erwiderte dann aber selbstsicher: „Ja, ich denke, das können wir. Da bin ich ziemlich sicher.“ Gleichzeitig räumte er jedoch ein, es eigne sich „nicht jeder Ort im Hafen“.

Da schon seit langem Ammoniaktanks im Hafen vorhanden sind, existiert auch bereits entsprechende Expertise. Geplant ist, die Speicherkapazitäten für Ammoniak in den nächsten Jahren gegenüber 2023 zu verdreifachen. Eine derartige Veränderung bei den Kraftstoffen und Energiespeichermedien dürfte allerdings das Erscheinungsbild des weltweit elftgrößten Hafens gar nicht so wesentlich verändern, sind sich die Betreiber sicher. Auch wenn die Medien andere werden, werden viele Installationen ähnlich aussehen wie bisher. So ist bereits heute klar, dass auch eine Infrastruktur für LOHC und LH2 aufgebaut wird. Entsprechende Partnerschaften mit Chiyoda und Hydrogenious bestehen bereits.

200-MW-Elektrolyseur von Shell
Das Highlight im Hafen ist aber Holland Hydrogen 1 (s. Abb. 1), ein 200-MW-Elektrolyseur, der so dimensioniert ist, dass der mithilfe von Windkraftanlagen erzeugte grüne Wasserstoff dann die bisher im Port benötigte Menge grauen Wasserstoffs ersetzen kann. Der benötigte Strom wird aus einem 759-MW-Offshore-Windpark (Hollandse Kust Noord) nördlich von Rotterdam bezogen, der direkt angebunden ist. Damit alle EU-Regularien erfüllt werden, wird die H2-Produktion (ca. 20.000 t pro Jahr) dem jeweiligen Windangebot folgen, auch wenn dies bedeutet, dass die Elektrolyseure nicht 24/7 durchlaufen können.

Für dieses Vorhaben, für das bereits die finale Investitionsentscheidung gefallen ist, erhielt Shell den diesjährigen Green Hydrogen Project Award während des Summits. Das Areal, auf dem die insgesamt zehn 20-MW-Elektrolyseurmodule von ThyssenKrupp nucera installiert werden sollen, ist sogenanntes „proclaimed land“, wurde also der Nordsee abgerungen. Früher war dort, wo der Konversionspark aufgebaut wird, Wasser. Bis zur Inbetriebnahme dürfte es allerdings noch bis Ende des Jahrzehnts dauern. Perspektivisch könnte dann auch noch Holland Hydrogen 2 folgen, ein zweites Areal mit ebenfalls 200 MW. Bis 2030 könnten es bereits 2 GW sein.


Die H2-Rohre (schwarz) und die CO2-Rohre (weiß) liegen mitunter nur 40 cm voneinander entfernt

Die derzeit im Entstehen begriffene entsprechende H2-Pipeline verbindet dann die H2-Produktionsstätte mit den verschiedenen Raffinerien und anderen Abnehmern. Ausreichend Wind für eine grüne Wasserstoffproduktion ist in Rotterdam vorhanden. Allein auf dem Hafengebiet sind 300 MW Windkraft installiert. Da dies mehr Strom ist, als benötigt wird, wurde bereits ein großer stationärer Akkumulator installiert, um zumindest einen Teil dieses Grünstroms zwischenspeichern zu können.

Die Wasserstoffrohre messen 1,2 m (48 Inch) im Durchmesser und werden mit 30 bis 50 bar beaufschlagt. Der Neubau der ersten 30 Kilometer quer durch den Hafen kostet 100 Mio. Euro. Das gesamte H2-Backbone-Netz innerhalb der Niederlande (1.100 km) wird voraussichtlich 1,5 bis 2 Mrd. Euro teuer. 85 Prozent des zukünftigen H2-Pipelinesystems werden allerdings aus umgenutzten Gasröhren bestehen.

Parallel erfolgt der Bau der CO2-Pipeline Porthos. Dieses Rohrsystem verbindet zahlreiche Standorte im Hafen mit der vor der Küste gelegenen Plattform, über die dann das Kohlendioxid in unterseeische Gasfelder eingespeist werden soll.


Die H2-Rohre für den Hydrogen Backbone liegen parat und werden gerade unter die Erde gebracht

Future Land informiert über H2-Aktivitäten
Um über all diese Aktivitäten informieren zu können, hat der Hafen „Future Land“ eingerichtet, eine Anlaufstelle für Touristen, Schulklassen, Presse und Investoren, wo diese Antworten auf ihre Fragen zur Zukunft des Hafens erhalten. Das Informationszentrum liegt genau unterhalb der weltweit größten Windkraftanlage. Die Haliade-X 13 ist 260 m hoch und leistet 14 Megawatt. Sie ist für Offshore-Windparks in der Nordsee konzipiert, wird aber zunächst noch, seit 2021, an Land getestet und kann sechs Millionen Haushalte mit Strom versorgen.

Bezüglich der Tatsache, dass ein Drittel der in Deutschland benötigten Energie über Rotterdam ins Land kommt, erklärte Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission: „Wenn es dem Hafen von Rotterdam gut geht, geht es der europäischen Wirtschaft gut.“

Autor: Sven Geitmann

Die neueste Ausgabe des HZwei-Magazins ist da!

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Liebe Wasserstoff-Enthusiasten,

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Erste kommerzielle Produktion von grünem Wasserstoff

Erste kommerzielle Produktion von grünem Wasserstoff

Tschechien: Solar Global betreibt Elektrolyseanlage

Ein Elektrolyseur in der Kleinstadt Napajedla im Südosten der Tschechischen Republik hat den ersten grünen Wasserstoff des Landes aus Solarstrom produziert. Die industrielle grüne Wasserstoffproduktionsanlage wird von Solar Global betrieben, einem der führenden Akteure in der tschechischen Branche für erneuerbare Energien.

Diese Wasserstoffproduktionsanlage sollte vor allem als Pionierprojekt verstanden werden, denn ihre Leistung von 230 kW ist relativ gering. Es können bis zu 246 MWh Strom pro Jahr aufgenommen werden. Der Strom stammt aus einer Photovoltaikanlage mit 611 kW Peakleistung. Ein Batteriespeicher puffert die Differenzen zwischen Erzeugung und Verbrauch. Entsprechend der tschechischen Wasserstoffstrategie wird der Wasserstoff vor allem als Treibstoff eingesetzt.

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„Der so erzeugte grüne Wasserstoff kann an der Tankstelle in Napajedla nicht nur in Lkw und Busse, sondern auch in Pkw mit umweltfreundlichem Wasserstoffantrieb getankt werden“, erklärte Vítězslav Skopal, Eigentümer der Solar Global Group. Laut Solar Global kann die Anlage jährlich rund acht Tonnen grünen Wasserstoff liefern. Damit kann ein Pkw 800.000 Kilometer und ein Wasserstoffbus 80.000 Kilometer weit fahren.

Gesamte Wertschöpfungskette abdecken

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Die Wasserstoffherstellung soll Schritt für Schritt zu einem wichtigen Industriezweig in Tschechien entwickelt werden. Dabei stellt sich die Solar Global Group eine Entwicklung der gesamten Wertschöpfungskette vor. Neben der Herstellung von Wasserstoff will das Unternehmen perspektivisch auch Fahrzeuge betreiben, die mit Brennstoffzellen ausgestattet sind. Schließlich will sich die Solar Global Group auch in der Bereitstellung von Wasserstoff über Tankstellen engagieren. „All dies setzt natürlich den Bau weiterer notwendiger Technologien voraus, das heißt Wasserstoffverdichtung, -speicherung und -tankstellen, die die nächsten Etappen unseres Pilotprojekts darstellen“, erklärte Skopal.

Die Herstellung des ersten Kilogramms tschechischen Wasserstoffs wurde finanziell vom Staatlichen Umweltfonds der Tschechischen Republik (SEF CR) gefördert, der seit 1992 besteht. Bislang hat das Umweltministerium vier Elektrolyseure aus dem Umweltfonds finanziell unterstützt. „Zwei weitere Projekte werden derzeit geprüft“, sagte Lucie Früblingová, Sprecherin des staatlichen Umweltfonds. Die Programme, aus denen heraus Wasserstoffprojekte gefördert werden können, werden derzeit erweitert. Die Anzahl der geförderten Projekte und die Summe der Subventionen sollen in der Zukunft steigen.

Fossile Firmen wollen grünen Wasserstoff produzieren

Auch Orlen Unipetrol, der größte Produzent von „grauem“, fossilem Wasserstoff in der Tschechischen Republik, soll Fördermittel erhalten. Das Unternehmen, das dem polnischen Mineralölriesen Orlen gehört, will einen Elektrolyseur in Verbindung mit einem Solarkraftwerk in Litvínov installieren. Mit dem Aufbau der Anlage soll zwischen 2024 und 2025 begonnen werden, die Produktion von grünem Wasserstoff soll Ende 2028 anlaufen. Unipetrol ist aber jetzt schon klar, dass die eigene Produktion nur einen Bruchteil seines Wasserstoffbedarfs decken kann. Man denkt bereits über H2-Importe nach.

Ein weiterer Elektrolyseur, der von dem Umweltfonds gefördert wird, gehört der Sev.en Energy Group. Das Bergbauunternehmen betreibt den einst großen Braunkohletagebau in Most, Komořany, der bald auslaufen soll, und die dazugehörigen Kohlekraftwerke. Sev.en plant einen massiven Ausbau von Solarkraftwerken mit einer Gesamtkapazität von 120 MW. Hier ist ein 17,5-MW-Elektrolyseur vorgesehen, der ab 2027 360 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren soll. Die Kosten für das Wasserstoffsystem belaufen sich laut Pavel Farkač, Geschäftsführer von Sev.en, auf etwa 700 Mio. CZK, was umgerechnet 28,5 Mio. Euro entspricht, wovon ein substanzieller Anteil durch die Subventionen des Umweltfonds gedeckt werden soll.

Tschechiens Regierung hat im Oktober 2023 einen Entwurf für einen Energie- und Klimaplan für die Jahre bis 2030 vorgelegt. Laut der Pressemitteilung des Umweltministeriums soll bis zum Ende des Jahrzehnts vermehrt Wasserstoff für Industrie und Mobilität eingesetzt werden. Der Plan sieht außerdem vor, keinen Braunkohlestrom mehr zu exportieren.

Autorin: Aleksandra Fedorska

Nationale Wasserstoffstrategie für Tschechien (auf Englisch): www.hytep.cz/images/dokumenty-ke-stazeni/Czech_Hydrogen_Strategy_2021.pdf

Aufbau einer metrologischen Infrastruktur

Aufbau einer metrologischen Infrastruktur

Durchflussmessung von Hochdruckgas- und Flüssigwasserstoff

Im Bereich der Durchflussmesstechnik ist der Einsatz von Wasserstoff, insbesondere von regenerativ erzeugtem Wasserstoff, als Prozessgas und Energieträger in vielen Anwendungen in den Fokus gerückt. Aufgrund der Notwendigkeit, Speicherkapazitäten effizient zu nutzen, muss Wasserstoff unter hohem Druck oder in flüssiger Form gespeichert werden. Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht bei der messtechnisch abgesicherten Mengenmessung für den Nieder- bis Hochdruckbereich von gasförmigem und verflüssigtem Wasserstoff. Darüber hinaus müssen entsprechende Rückführungsketten auf das SI-System für den weiten Bereich von Betriebsbedingungen aufgebaut werden, um valide Aussagen über die Messgenauigkeit und Stabilität der eingesetzten Durchflussmessgeräte treffen zu können. Das EMPIR-Projekt 20IND11 MetHyInfra adressiert diese Herausforderungen durch die Bereitstellung verlässlicher Daten, messtechnischer Infrastruktur, validierter Verfahren und normativer Beiträge.

Kritische Venturidüsen (Critical Flow Venturi Nozzles, CFVNs) sind heute weit verbreitet und stellen eine standardisierte und anerkannte Methode zur Durchflussmessung dar. Die wichtigsten Details bezüglich Form und Messmodell sind in der Norm ISO 9300 festgelegt. CFVNs werden im eichpflichtigen Verkehr eingesetzt und gelten als zuverlässige Normale mit hoher Langzeitstabilität. Die kostengünstigen und wartungsarmen CFVNs liefern bei gut definierter Geometrie stabile, reproduzierbare Messergebnisse und sind nur vom verwendeten Gas abhängig. Die Norm ISO 9300 beschreibt zwei Düsenformen, die zylindrische und die toroidale Form. In der Realität weichen die nach dieser Norm gefertigten Düsenkonturen jedoch von diesen Idealformen ab. In den meisten Fällen liegen die realen Formen zwischen den beiden Idealformen.

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Die erreichbare Messunsicherheit wird auch durch die Qualität der Modelle der thermophysikalischen Eigenschaften der zu messenden Gase begrenzt. Die aktuelle Referenzgleichung (Equation of State, EoS) für normalen Wasserstoff (n-H2) wurde von Leachman et al. entwickelt [1]. Da für n-H2 nur begrenzte thermodynamische Messdaten mit vergleichsweise hohen Messunsicherheiten vorliegen, sind die Unsicherheiten für die verschiedenen Eigenschaften im Allgemeinen um eine Größenordnung höher als bei anderen Gasen.

Daher wurden in diesem Projekt neue Schallgeschwindigkeitsmessungen (speed of sound, SoS) bei Temperaturen von 273 bis 323 K und Drücken bis 100 MPa durchgeführt. Die gewonnenen Daten wurden anschließend zur Entwicklung einer neuen, für Gasphasenberechnungen optimierten EoS für n-H2 verwendet [2]. Durch die Messungen konnten die Unsicherheiten der aus der EoS berechneten SoS im untersuchten Temperatur- und Druckbereich deutlich reduziert werden.

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Im Projekt wurden umfangreiche Computational-Fluid-Dynamics-Simulationen (CFD-Simulationen) durchgeführt, um weitere Erkenntnisse über die Strömungsphysik in der Düse zu gewinnen. Zu diesem Zweck wurde in OpenFOAM ein numerisches Modell für Hochdruck-Wasserstoffströmungen in CFVN entwickelt, das verschiedene relevante Gaseffekte, wie zum Beispiel Kompressibilitätseffekte, Grenzschichteffekte, Übergangseffekte, berücksichtigt. Die erzielten Ergebnisse stimmen wesentlich besser mit den experimentellen Daten überein als bisher verfügbare Implementierungen.

Um das Strömungsverhalten nicht idealer Düsenkonturen bewerten und vergleichen zu können, wurden zusätzlich CFD-Simulationen für die in diesem Projekt experimentell untersuchten idealen Düsen sowie für parametrisierte Düsen durchgeführt. Der Durchflusskoeffizient dieser nicht idealen Düsen kann mit Hilfe der vorgeschlagenen Düsenformcharakterisierung sehr gut vorhergesagt werden. Die im Projekt entwickelten Implementierungen sind frei verfügbar [3].


Abb. 2: Mobiles HRS-Durchflussnormal

Da derzeit keine Prüfeinrichtung mit rückführbaren Standards zur Verfügung steht, mit der CFVNs direkt mit Hochdruckwasserstoff kalibriert werden können, musste eine alternative Methode entwickelt werden. Das gewählte Vorgehen ist, ein Coriolis Flow Meter (CFM) unter Hochdruckbedingungen (Bereich 10 MPa bis 90 MPa) mit einem gravimetrischen Primärnormal rückführbar zu kalibrieren, um es später als Referenzmessgerät für die Düsenkalibrierung verwenden zu können.

Für die Kalibrierung des Referenzmessgeräts wurde die H2-Versuchstankstelle (Hydrogen Refueling Station, HRS) des Zentrums für BrennstoffzellenTechnik (ZBT) in Duisburg ausgewählt. Für die Messungen wurde ein Rheonik RHM04 CFM als Referenzmessgerät in der „warmen Zone“ der HRS installiert, das heißt vor dem Wärmetauscher und dem Druckregelventil. In diesem Bereich ist die Temperatur stets nahe der Umgebungstemperatur und der Druck konstant hoch, typischerweise um 90 MPa. Für die Kalibrierung wurde ein mobiles HRS-Durchflussnormal verwendet, das direkt an die HRS angeschlossen wurde und somit den Platz eines Fahrzeugs einnahm.

Im letzten Schritt sollen die Ergebnisse der CFVN-Messkampagne mit denen der CFD-Simulationen verglichen werden. Dabei werden die neu entwickelten EoS sowohl in der Messkampagne als auch in den CFD-Simulationen eingesetzt, um beide Ergebnisse bestmöglich vergleichen zu können.

Messverfahren für flüssigen Wasserstoff

Neben gasförmigem Wasserstoff liegt ein Schwerpunkt des Projekts auf verflüssigtem Wasserstoff (LH2). Es gibt gegenwärtig noch keine Primär- oder Transfernormale für die Messung von LH2. Die mit der Verwendung eines Durchflusssensors für die Durchflussmessung von LH2 verbundene Unsicherheit ist unbekannt und nicht quantifiziert, da es keine direkte Rückführbarkeit auf Kalibrierungen mit LH2 als Kalibrierflüssigkeit gibt. Das Fehlen von Kalibriereinrichtungen bedeutet, dass Zähler, die mit LH2 verwendet werden, mit alternativen Flüssigkeiten wie Wasser, verflüssigtem Stickstoff (liquid nitrogen, LN2) oder Flüssigerdgas (liquefied natural gas, LNG) kalibriert werden müssen.

Im Rahmen des Projekts wurden daher drei Ansätze entwickelt, die auf völlig unabhängigen Rückführungsketten für die Messung von LH2-Durchflüssen basieren. Die ersten beiden Ansätze sind auf Durchflüsse beim Be- und Entladen von LH2-Tankwagen anwendbar (Durchflüsse bis zu 3.000 kg/h für einen Messquerschnitt DN25 bei Drücken bis etwa 1 MPa), der dritte auf kleinere Durchflüsse (4 kg/h für einen Messquerschnitt DN3 bei Drücken bis etwa 0,2 MPa).

Der erste Ansatz basiert auf der Bewertung der Übertragbarkeit von Wasser- und LNG-Kalibrierungen auf LH2-Bedingungen. Die Studie identifiziert und analysiert potenzielle Unsicherheitsbeiträge für kryogene CFMs. Die experimentelle und theoretische Analyse soll als Grundlage für Richtlinien für die Konstruktion und Auswahl von CFMs dienen, die für SI-rückführbare LH2-Durchflussmessungen geeignet sind. CFMs sind eine anerkannte Technologie für die direkte Messung des Massendurchflusses und der Dichte von Flüssigkeiten und werden typischerweise im kryogenen eichpflichtigen Verkehr für Transportkraftstoffanwendungen eingesetzt.

Die Literaturrecherche identifizierte mehrere Temperaturkorrekturmodelle, die auf LH2-Durchflüsse anwendbar sind, das heißt, wie die LH2-Durchflussmessung aufgrund von Temperatureffekten, die die CFM-Messung beeinflussen, korrigiert werden sollte. Numerische Finite-Elemente-Methoden (FEM) für U-förmige, bogenförmige und gerade Rohrkonstruktionen wurden verwendet, um die Temperaturempfindlichkeit von CFMs für die Messung von LH2-Durchflüssen vorherzusagen [4]. Schließlich können mit Hilfe der FEM auch Abschätzungen der erreichbaren Messunsicherheit unter Verwendung des aktuellen Stands der Technik für die LH2-Durchflussmessung durchgeführt werden.

Der zweite Ansatz basiert auf der kryogenen Laser Doppler Velocimetry (LDV) und wird als “Référence en Débitmétrie Cryogénique Laser“ (RDCL) bezeichnet. Die Rückführbarkeit wird durch Geschwindigkeitsmessungen gewährleistet, und es kann entweder als Primärnormal oder als Sekundärnormal für Durchflussmessungen von flüssigem Wasserstoff verwendet werden. Seine In-situ-Kalibrierunsicherheit in kryogenen Strömungen (d. h. Flüssigstickstoff, Flüssigerdgas) wurde auf 0,6 % (k = 2) geschätzt [5]. Da das RDCL in jeder Flüssiggasanlage installiert werden kann, hat es den Vorteil, dass eine repräsentative Kalibrierung unter Prozessbedingungen direkt in der Anlage durchgeführt werden kann.


Abb. 3: LDV-Standard für rückführbare kryogene Durchflussmessung

Der dritte Ansatz wird als Verdampfungsmethode bezeichnet. Die Rückführbarkeit auf SI-Einheiten wird in der Gasphase durch kalibrierte Laminar-Flow-Elemente (LFE) gewährleistet, nachdem das verflüssigte Gas verdampft wurde. Die LFE sind auf die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) rückführbar. Wie beim ersten Ansatz muss die Übertragbarkeit alternativer Flüssigkeitskalibrierungen mit Wasser, LN2 und verflüssigtem Helium (LHe) bewertet werden, da die Kalibrierbank aus Sicherheitsgründen nicht für die direkte Verwendung von LH2 geeignet ist. Der kleinere Durchflussbereich und die Tatsache, dass nichtexplosive Gase verwendet werden, sind operationelle Vorteile der Verdampfungsmethode. Ein weiterer Vorteil ist die Verwendung von LHe (Siedepunkt bei etwa 4 K), so dass die Unsicherheit der alternativen Flüssigkeitskalibrierung auf Interpolation und nicht auf Extrapolation beruht.

Ein wichtiger Aspekt, der bei der Verdampfungsmethode berücksichtigt werden muss, ist die Umwandlung von Para-Wasserstoff in normalen Wasserstoff, die von Günz ausführlich untersucht wurde [6]. Bei tiefen Temperaturen liegt fast ausschließlich Para-Wasserstoff vor, bei Raumtemperatur ändert sich das Verhältnis auf 25 % Para- und 75 % Ortho-Wasserstoff (n-Wasserstoff). Para- und Ortho-Wasserstoff unterscheiden sich deutlich in bestimmten physikalischen Eigenschaften wie Wärmeleitfähigkeit, Wärmekapazität oder SoS. Diese können die Gasdurchflussmessung je nach Messprinzip des Durchflusssensors stark beeinflussen. LFEs, die zur Messung des Gasdurchflusses bei Umgebungsbedingungen eingesetzt werden, sind davon nicht betroffen, da Dichte und Viskosität, insbesondere im hier interessierenden Temperaturbereich, vernachlässigbare Unterschiede aufweisen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Projektergebnisse das Vertrauen der Endnutzer und Verbraucher stärken werden. Die vorgestellten Methoden gewährleisten verlässliche Daten von Messungen, was für die Erhöhung des Wasserstoffanteils am Gesamtenergieverbrauch wichtig ist.

This project (20IND11 MetHyInfra) has received funding from the EMPIR programme co-financed by the Participating States and from the European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme.

Literatur

[1] Leachman, J. W.; Jacobsen, R. T.; Penoncello, S. G.; Lemmon, E. W.: Fundamental Equations of State for Parahydrogen, Normal Hydrogen, and Orthohydrogen, J. Phys. Chem. Ref. Data 38(3): 721-748 (2009) https://doi.org/10.1063/1.3160306

[2] Nguyen T-T-G, Wedler C, Pohl S, Penn D, Span R, Trusler JPM, Thol M. Experimental Speed-of-Sound Data and a Fundamental Equation of State for Normal Hydrogen Optimized for Flow Measurements. Unter Begutachtung in International Journal of Hydrogen Energy, 2024.

[3] Weiss, S. (2023). Dataset of publication „Derivation and validation of a reference data-based real gas model for hydrogen“ (V1.0) [Data set]. https://doi.org/10.5281/zenodo.10074998

[4] M.D. Schakel, F. Gugole, D. Standiford, J. Kutin, G. Bobovnik, N. Mole, R. Maury, D. Schumann, R. Kramer, C. Guenz, H.-B. Böckler, O. Büker, „Establish traceability for liquefied hydrogen flow measurements”, FLOMEKO, Chongqing, 2022

[5] Maury, R., Strzelecki, A., Auclercq, C., Lehot, Y., Loubat, S., Chevalier, J., Ben Rayana, F., Olsen, Å. A. F., Chupin, G., “Cryogenic flow rate measurement with a laser Doppler velocimetry standard,” Measurement Science and Technology, vol. 29, no. 3, p. 034009, 2018 https://doi.org/10.1088/1361-6501/aa9dd1

[6] C. Günz, “Good practice guide to ensure complete conversion from para to normal hydrogen of vaporized liquified hydrogen”, https://doi.org/10.7795/110.20221115

Autoren: Oliver Büker, RISE Research Institutes of Sweden, Borås, Sweden, Benjamin Böckler, Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Braunschweig

HySupply – Deutsch-australische Wasserstoffbrücke

HySupply – Deutsch-australische Wasserstoffbrücke

acatech und BDI zeigen, was machbar ist

Das Energiesystem zu defossilisieren ist ein wichtiges Ziel der Energiewende – grünen Wasserstoff zu importieren eine mögliche Option dafür. Das Kooperationsprojekt HySupply von acatech und dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) hat deshalb die Machbarkeit einer deutsch-australischen Wasserstoffbrücke geprüft. Das Ergebnis: Herstellung und Transport von Wasserstoff und Wasserstoff-Derivaten von Australien nach Deutschland sind technisch, ökonomisch und rechtlich möglich. Eine entscheidende Frage dabei: Wie könnten die Importe im Inland ökonomisch und technisch sinnvoll verteilt werden?

Energieimporte sind für die deutsche Energieversorgung eine feste Größe. Konzentrierten sie sich bisher größtenteils auf Energieträger fossilen Ursprungs wie Erdgas und Erdöl, könnten sie schon bald um einen alternativen Energieträger erweitert werden: grünen Wasserstoff. Nach dem in der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie enthaltenen Zielbild wird der Gesamtwasserstoffbedarf in Deutschland 2030 zwischen 95 und 130 TWh liegen und nur über Importe zu decken sein. Innerhalb der nächsten zehn Jahre könnte also australischer Wasserstoff eine Rolle im deutschen Energiesystem spielen. Aber warum kommt ausgerechnet das 14.000 Kilometer entfernt gelegene Australien dafür in Betracht?

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Energieversorgung stabil und resilient gestalten
Alle Voraussetzungen sprechen dafür: Erneuerbare Energien zur Herstellung von grünem Wasserstoff sind in Australien reichlich vorhanden. Zudem sind hinsichtlich einer zukunftssicheren und verlässlichen Versorgung die Bedingungen ideal: „Eine australisch-deutsche Wasserstoffbrücke verspricht eine stabile und für beide Seiten vorteilhafte Handelsbeziehung zwischen zwei demokratischen Staaten“, erklärt acatech-Präsident Jan Wörner die Voraussetzungen. „Wir haben jetzt die Gelegenheit, den Zukunftsmarkt Wasserstoff mitzugestalten und unseren Innovationsstandort damit resilienter gegen Abhängigkeiten zu machen. Dafür brauchen wir einen entschlossenen, gemeinsamen Aufbau von Infrastrukturen und Rahmenbedingungen.“

Allerdings werde die Technologie zum Transport flüssigen Wasserstoffs voraussichtlich innerhalb der nächsten 20 Jahre nicht verfügbar sein, stellte Robert Schlögl kürzlich im Rahmen eines Interviews mit dem Deutschlandfunk fest. Er ist Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung und acatech-Mitglied. Als Co-Projektleiter hat er HySupply ab dessen Start im November 2020 begleitet. Diese und weitere Herausforderungen beim Transport flüssigen Wasserstoffs sind der Grund, weshalb sich die Machbarkeitsstudie HySupply mit den Importmöglichkeiten von H2-Derivaten beschäftigt, also Ammoniak, synthetischem Erdgas, Methanol, Fischer-Tropsch-Produkten und dem Trägermedium LOHC.

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HySupply untersuchte von Ende 2020 bis Januar 2024, unter welchen technischen, ökonomischen und rechtlichen Voraussetzungen eine deutsch-australische Wasserstoffbrücke machbar ist. Durchgeführt wurde die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Machbarkeitsstudie von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und dem Bundesverband der deutschen Industrie. Die University of New South Wales (UNSW) leitete das australische Konsortium. Gefördert wurde dieses vom Department of Foreign Affairs and Trade (DFAT). Zusammen haben beide Seiten ein einzigartiges Netzwerk aus Fachleuten aus Wissenschaft und Wirtschaft vereint, um die gesamte Wertschöpfungskette zu untersuchen.

Transport- und Versorgungsrouten

Bereits in der Vergangenheit haben sich Studien mit verschiedenen Schwerpunkten von Wasserstoffimporten beschäftigt. Das Besondere an der vorliegenden, für HySupply von der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG erstellten Studie: Erstmals befasst sich eine Publikation explizit mit der letzten Meile, die die Infrastruktur meist vor die größten Herausforderungen stellt – technischer wie wirtschaftlicher Natur. Robert Schlögl erklärt dazu: „Die vorgelegte Studie analysiert, bewertet und vergleicht erstmals flächendeckend und umfassend alle wesentlichen Wasserstoffderivate und Transportoptionen, vom Importhub bis hin zum Endverbraucher.“

Insgesamt sind es 543 Nachfragestandorte in Deutschland, die in diese Analyse eingeflossen sind. Sie wurden den verschiedenen Anwendungsfällen zugeordnet und hinsichtlich der Versorgungsmöglichkeiten mit Wasserstoff und dessen Derivaten untersucht. Anwendungsfälle – das sind die Herstellung von Ammoniak, Stahl, petrochemischen Basischemikalien und synthetischen Flugturbinenkraftstoffen. Außerdem zählen die Bereitstellung von Prozesswärme in der Metallerzeugung und -bearbeitung, die Herstellung von Glas und Keramik sowie die Papierindustrie dazu. Als Transportwege berücksichtigt die Studie Binnenschifffahrtsstraßen, Schienennetz, Wasserstoffkernnetz und Produktpipelines. So listet die Studie je Anwendungsfall die ökonomischen Vor- und Nachteile der jeweiligen Optionen auf.


Abb. 2: Gesamtdarstellung des analysierten Versorgungsnetzes und Verteilung der Nachfragestandorte
Quelle: Fraunhofer IEG

Flexibilität entscheidet über den H2-Hochlauf
Das H2-Kernnetz spielt eine wichtige Rolle in der Versorgung der Industrie. Die Studie weist darauf hin, dass alle identifizierten Standorte potenzieller Wasserstoffgroßnachfrager im Jahr 2035 durch das Wasserstoffkernnetz erreicht werden. Aber: Der Transport von Wasserstoff (-derivaten) per Binnenschiff oder Bahn stellt in vielen Fällen eine mögliche Alternative oder Ergänzung zur pipelinegebundenen Standortversorgung dar.

Rund elf Prozent der Standorte liegen bei einer Nachfrage von über 500 Gigawattstunden Wasserstoffäquivalent (GWhHeq). Größtenteils handelt es sich hier um Anwendungen wie die Herstellung von Basischemikalien und Stahl und den Einsatz von Ammoniak und synthetischen Flugturbinenkraftstoffen. 85 Prozent der untersuchten 543 Nachfragestandorte beanspruchen hingegen eine jährliche Nachfrage von weniger als 150 GWhHeq. Für diese Fälle ist die empfohlene Alternative zur pipelinebasierten Belieferung der Versorgungsanschluss per Binnenschiff oder Bahn.

Abschlussstudie fokussiert das Jahr 2035
Die Nationale Wasserstoffstrategie sieht vor, bis zum Jahr 2032 ein über 9.000 Kilometer langes Wasserstoffkernnetz zu installieren. Es soll die großen Wasserstoff-Einspeiser mit allen großen Verbrauchern verbinden. Die erste Phase des Markthochlaufs bis 2035 erfordert, auf die wichtigsten logistischen Fragestellungen Antwortoptionen anbieten zu können. Das gilt insbesondere für die Verteiloptionen des importierten Wasserstoffs und der Wasserstoffderivate, die für den Markthochlauf benötigt werden. Die im Rahmen des Projektabschlusses von HySupply vorgestellte Abschlussstudie mit dem Titel „Wasserstoff Verteiloptionen 2035“ fokussiert daher genau auf diesen entscheidenden Zeitraum bis 2035 und gibt einen zusätzlichen Ausblick auf die folgenden zehn Jahre bis 2045.


Abb. 3: Kostenoptimale Versorgungsketten
Quelle: Fraunhofer IEG

Inländische Transportkosten nur geringer Kostenanteil

Zwischen 3.400 und 16.000 Euro pro Tonne Wasserstoffäquivalent (EUR/tH₂eq): So weit reicht die in der Studie angegebene Spanne der festgestellten Bereitstellungskosten zwischen den unterschiedlichen Use Cases. Dabei machen die Importkosten mit einem Bereich von 41 bis 100 Prozent den Großteil aus, wohingegen die Kosten für die inländische Weiterverteilung mit durchschnittlich fünf Prozent Kostenanteil vergleichsweise gering ausfallen. In die ökonomische Bewertung flossen die Kosten für die Bereitstellung von Wasserstoff und seinen Derivaten ein. Zusätzlich wurden die spezifischen Transport- und Umwandlungskosten mit einbezogen.


Abb. 4: Kostenmodell zur Bewertung der Versorgungsketten
Quelle: Fraunhofer IEG

Karen Pittel, acatech-Präsidiumsmitglied und Leiterin des ifo Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen, spricht sich für Flexibilität in den Verteiloptionen aus: „Diese alternativen Verteiloptionen spielen eine wichtige Rolle bei der Versorgung der Standorte mit vergleichsweise geringem Bedarf. Sie bringen die nötige Flexibilität mit, um in der ersten Phase des Markthochlaufs schnell in die Umsetzung zu kommen. Um das gewährleisten zu können, sollten wir die Leistungsfähigkeit der alternativen Verteiloptionen sichern und ausbauen.“

Dennoch wird der konsequente Ausbau des Wasserstoffkernnetzes insbesondere für Standorte mit hoher Nachfrage eine zentrale Rolle spielen. Den parallelen Ausbau der verschiedenen Verteiloptionen sieht daher auch Robert Schlögl als essenziell notwendig an: „Die Fertigstellung des Wasserstoffkernnetzes muss energisch weiterverfolgt werden. Gleichzeitig müssen wir auch bei anderen Aufgaben, wie dem Ausbau des Bahnnetzes oder dem Aufbau von CO2-Infrastruktur, ins Umsetzen kommen.“


Abb. 5: Kategorien der modellierten Versorgungskettenausprägungen
Quelle: Fraunhofer IEG

Handlungsempfehlungen zu den Wasserstoff-Verteiloptionen 2035

  • Das Wasserstoffnetz muss weiter ausgebaut werden. Dabei gilt es Speichermöglichkeiten in der Planung zu berücksichtigen.
  • Das bestehende Bahnstreckennetz muss erweitert und um neue Strecken ergänzt werden.
  • Die Wasserstoffimportstrategie sollte zeitnah publiziert werden.
  • In der Markthochlaufphase gilt es, Wasserstoffderivate zunächst stofflich und erst später als Wasserstoffträger zu nutzen.
  • Produktpipelines sollten langfristig eingesetzt werden, um die Verteilung von Wasserstoffderivaten zu unterstützen.
  • Nachhaltigkeitskriterien beim Import kohlenstoffhaltiger Wasserstoffderivate sollten über den Aufbau internationaler Zertifizierungssysteme garantiert werden.
  • Wasserstoff- und CO2-Infrastrukturen müssen gemeinsam geplant und unter Berücksichtigung beidseitiger Wechselwirkungen aufgebaut werden.

Literatur: www.acatech.de, wasserstoff-kompass.de, www.energiesysteme-zukunft.de
Spillmann, T.; Nolden, C.; Ragwitz, M.; Pieton, N.; Sander, P.; Rublack, L. (2024): Wasserstoff-Verteiloptionen 2035. Versorgungsmöglichkeiten von Verbrauchsstandorten in Deutschland mit importiertem Wasserstoff. Cottbus: Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG

AutorInnen: Iryna Nesterenko, Philipp Stöcker
Beide von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften

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