Fachkräftemangel in der Wasserstoffwirtschaft

Fachkräftemangel in der Wasserstoffwirtschaft

Verschiedene Schulungsangebote an unterschiedlichen Einrichtungen

Seit rund fünf Jahren nimmt die Anzahl von Beschäftigten in der Erneuerbare-Energien-Branche wieder stetig zu. Dennoch ist sie in Deutschland nicht auf ihrem historischen Höchststand, der im Jahr 2011 bei über 400.000 Beschäftigten lag. Aufgrund von politischen und regulatorischen Gegebenheiten ist diese Zahl in den nachfolgenden acht Jahren um rund 100.000 Arbeitende gesunken. Besonders die Solarindustrie hat starke Einbußen verbucht. Nun ist sie wieder im Aufschwung. Ähnlich wie grüner Wasserstoff, der gerade da steht, wo die Solarindustrie vor 20 Jahren stand.

Die Wasserstoffbranche steht vor denselben Herausforderungen wie andere Energiesektoren: Wie können Unternehmen gezielt Fachkräfte für die notwendigen Anwendungen und Techniken ausbilden? Lässt sich der absehbare Mangel an Fachkräften noch vermeiden? Und sehen Unternehmen überhaupt eine Notwendigkeit, ihre Beschäftigten in den Bereichen der Wasserstoffwirtschaft zu schulen?

Um diesen offenen Fragen Angebote entgegenzustellen, bieten verschiedene Weiterbildungszentren Schulungsprogramme für interessierte Unternehmen an. Die Inhalte orientieren sich meist an den wesentlichen Stationen der H2-Wertschöpfungskette. Somit spielen vor allem Grundlagen zur Erzeugung, Speicherung und Infrastruktur eine zentrale Rolle. Vermittelt werden auch die übergeordnete Bedeutung von Wasserstoff für die Energiewende sowie die Ziele der deutschen und europäischen Wasserstoffstrategie.

Zum Basiswissen gehören zudem chemische und physikalische Eigenschaften. Damit vermitteln die Weiterbildungszentren die verschiedenen Technologien zur Produktion und Nutzung des Energieträgers H2, zum Beispiel bei Power-to-Gas, in Gasturbinen oder Brennstoffzellen. Zudem werden die Integration in bestehende Netze, die Auswirkungen für Verteilnetzbetreiber sowie die weitreichenden Anwendungen in den Sektoren Industrie, Energie und Mobilität intensiv diskutiert.

Auch das Thema Sicherheit decken viele Schulungsprogramme mit ab. So werden in den meisten der sichere Umgang mit Wasserstoff, der Explosionsschutz und die Dichtheit von Wasserstoffsystemen gelehrt. In manchen Fällen planen die Akademien auch Angebote zum Gebäudesektor und zu Heizungstechniken.

Aber welche Unternehmen überhaupt sollten sich jetzt schon mit dem Thema Wasserstoff beschäftigen? Der Haupteinflussfaktor hierbei ist die Energieintensität der Prozesse eines Unternehmens. Daher werden häufig die Stahl- oder Chemieindustrie benannt, die so große Energiemengen benötigen, dass sie nicht elektrifizierbar sind. Dazu gehören natürlich ebenso Unternehmen, die in die Planung von Wasserstoffprojekten und den Aufbau der notwendigen Infrastruktur direkt involviert sind.

Jedoch können auch Stadtwerke oder Kommunen mittels Wasserstoff beispielsweise das Energieportfolio einer Stadt in Richtung Klimafreundlichkeit und Resilienz erweitern. Sie alle sind daher Zielgruppe der Weiterbildungseirichtungen. „Diese Schulungen sollten im Unternehmen für bereichsübergreifende Sensibilisierung und Fortbildung sorgen; sowohl für befähigtes als auch technisches Personal, Energiebeauftragte, Entwicklungsingenieure, Produktionsleiter, Arbeitsschutz, Controller und Geschäftsführung angeboten werden“, sagt Friederike Westenberger von der TÜV-Nord-Akademie.

Somit kann ein grundlegendes Wissen über die Thematik vermittelt werden, und zukünftige Projekte lassen sich von dieser Basis aus künftig qualifiziert angehen. Als besonders relevant dürfte die Schulung der technischen Abteilungen betrachtet werden, die sich mit der Forschung und Entwicklung befassen.

Schulungen für Führungskräfte
Damit in einem Unternehmen die Notwendigkeit für grünen Wasserstoff dargestellt wird, benötigt es ebenso geschulte Führungskräfte. Diese stellen ihre Ressourcen bereit und unterstützen relevante Abteilungen. „Eine der Hauptherausforderungen ist hierbei, die Interessen beziehungsweise die unterschiedlichen Sichtweisen der beteiligten Unternehmen und Partner in Einklang zu bringen“, bestätigt Jan Heinze, Geschäftsführer der Hamburger Heinze Akademie. Daher sollten sich Führungskräfte seiner Meinung nach ein tiefergehendes, fundiertes Wissen aneignen.

Interesse steigt
Gerade „zu Beginn des Hochlaufes der Wasserstoffaktivitäten konnten wir eine große Bereitschaft erkennen, sich mit den bis dahin wenig bekannten Eigenschaften und Anwendungen des Wasserstoffes zu beschäftigen“, sagt Gunter Maetze vom Weiterbildungszentrum für innovative Energietechnologien (WBZU). Am WBZU in Ulm erlangen Teilnehmende im Bereich Wasserstoffmobilität beispielsweise das Zertifikat für Gasanlagen in Fahrzeugen nach DGUV FBHM-099.


Peter Pioch vom WBZU zeigt eine H2-Flamme mit einer Wärmebildkamera / Quelle: WBZU

Das Haus der Technik (HDT) sieht ebenso ein wachsendes Interesse. Dieses sei motiviert durch gesellschaftliche Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit, weshalb man die Energieversorgung teilweise oder vollständig umstellen wolle. „Um mit der schnellen technologischen Entwicklung Schritt zu halten, wendet man sich zunehmend an uns“, bestätigt Michael Graef, Chefredakteur des HDT-Journals.

Dieses Interesse sieht man auch an der Heinze Akademie. 135 Teilnehmer haben dort seit Mai 2021 den Vollzeitkurs erfolgreich abgeschlossen. Im berufsbegleitenden IHK-Zertifikatslehrgang wurden in eineinhalb Jahren 80 Modulprüfungen abgenommen. Die Akademie erwartet einen ansteigenden Weiterbildungsbedarf bei Ingenieuren bis 2027, bei Meistern und Technikern sowie gewerblich-technischen Fachkräften bis 2029.

Rahmenbedingungen verunsichern
Diese Sicht teilen jedoch nicht alle Weiterbildungsakademien: „Aus unserer Erfahrung beobachten wir ein eher zurückhaltendes Interesse. Es kann aber natürlich sein, dass hier andere Angebote auf dem Markt mehr angenommen werden. Wir gehen davon aus, dass dies auch mit den aktuell noch unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der abwartenden Haltung vieler Unternehmen bezüglich der künftigen Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft zusammenhängt“, heißt es von der BDEW-Akademie. Hierbei seien die noch nicht klar definierten Rahmenbedingungen ausschlaggebend.

Eine ähnliche Situation erkennt die TÜV­Nord­Akademie: „Es herrscht Unsicherheit aufgrund fehlender rechtlicher und normativer Grundlagen sowie der Wirtschaftlichkeit von Projekten. Diese Faktoren führen zu einer abwartenden Haltung der Unternehmen, ob sie tatsächlich in Wasserstofftechnologie investieren und ihr Personal entsprechend schulen werden.“

Fachkräftemangel besteht bereits
Die Zurückhaltung von Unternehmen gegenüber Wasserstoffausbildungen von der Pike auf geht einher mit der aktuellen Situation des Arbeitsmarktes der Wasserstoffwirtschaft. Hier ist bereits ein Mangel an Fachkräften zu erkennen, doch sei dies ein grundsätzliches Phänomen, das nicht nur mit dem Wachstum dieses speziellen Arbeitsmarktes einhergehe. So ist der Fachkräftemangel in der Wasserstoffwirtschaft auf die grundlegende Problematik zurückzuführen, dass durch den demografischen Wandel überall der Nachwuchs knapp ist.

Das HDT sieht eine mögliche Lösung in der Weiterqualifizierung von vorhandenem Personal. Das WBZU erkennt, dass eine Lücke an passenden Qualifizierungsangeboten mittlerweile für viele Themenbereiche mit Weiterbildungsmöglichkeiten geschlossen wurde. „Etwas anders sieht es im Bereich der Ausbildungen aus. Hier mahlen die Mühlen langsamer und es wird noch eine Weile dauern, bis die Wasserstoffthemen überall Eingang in die Lehrpläne gefunden haben“, sagt Gunter Maetze.

Die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften steigt in den nächsten Jahren nach dem aktuellen Trend. „Finden Unternehmen keine Fachkräfte mehr auf dem freien Arbeitsmarkt, können wir Arbeitssuchende gezielt und gefördert durch die Agentur für Arbeit weiterqualifizieren“, schlägt Jan Heinze vor. Das benötige jedoch eine Vorlaufzeit.

H2-Hochlauf erhöht Erwerbstätigenzahl
Wie Arbeitskräftebedarf und Arbeitskräfteangebot in den kommenden Jahren für die Wertschöpfungskette Wasserstoff zusammenkommen, untersucht eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, einer Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit. Mithilfe einer Szenarienanalyse wurde der Einfluss von grünem Wasserstoff auf den Arbeitsmarkt bis 2045 untersucht. Die Szenarien vergleichen den Einfluss einer aufgebauten Wasserstoffwirtschaft mit dem Einfluss einer fehlenden.

Die Ergebnisse zeigen, dass der Hochlauf des Wasserstoffs durchweg positive Effekte auf die Zahl der Erwerbstätigen hat. Sie liegt in diesem Szenario bis 2045 um durchschnittlich rund 57.000 höher als im Referenzszenario. In absoluten Zahlen steht vor allem das Baugewerbe vor einem höheren Arbeitskräftebedarf, der mit dem Ausbau erneuerbarer Energien für die Erzeugung grünen Wasserstoffs und dem Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur einhergeht.

Positive Effekte gibt es auch in den Bereichen Architektur- und Ingenieurbüros, technische Untersuchung, Erziehung und Unterricht sowie im Maschinenbau. Der Forschungsbericht zeigt mehr Bedarf an administrativen Berufen. Dabei werde deutlich, dass es in vielen dieser Berufsgruppen bereits heute zu Engpässen kommt, was den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft verzögern könnte.

Als einen wichtigen Einflussfaktor macht die Studie den Strompreis und die damit verbundenen Kosten von Wasserstoff und seinen Derivaten Ammoniak und Methanol aus. Komme es zu 20 Prozent niedrigeren Strompreisen für die Elektrolyse im Ausland, lägen das inländische Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis 2045 durchschnittlich um 7,7 Mrd. Euro und die Erwerbstätigenzahlen um durchschnittlich rund 66.000 Personen höher als im Referenzszenario. Seien die Strompreise um 40 Prozent geringer, wären das inländische BIP um durchschnittlich 11,2 Mrd. Euro und die Erwerbstätigenzahlen um durchschnittlich rund 76.000 Personen höher.

Das BIP und die Erwerbstätigenzahlen fallen also umso höher aus, je günstiger Wasserstoff zur Verfügung gestellt werden kann. Wichtig ist dabei aber auch der Vergleich mit den Kosten von fossilen Energieträgern. Werden die fossilen Brennstoffe teurer, beeinflusst das den Wert der Wasserstoffwirtschaft positiv und damit die Anzahl von Erwerbstätigen in diesem Bereich. Auch staatliche Maßnahmen könnten hierbei unterstützend wirken.

Dem Fachkräftemangel kann begegnet werden
Klar ist: Das Angebot an Schulungs- und Weiterbildungsprogrammen existiert. Die Bildungszentren bieten an, was die einzelnen wichtigen Bereiche des Themas Wasserstoff adressiert. Dennoch ist das Interesse von Unternehmen eher gemischt. Obwohl der Energiewirtschaft klar ist, welche Bedeutung dem Energieträger zukommt, sind die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein Faktor, der abschreckt.

So steuert die Wasserstoffbranche vermutlich in den übergreifenden Fachkräftemangel, der viele Wirtschaftszweige belastet. Die Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung macht aber auch klar, dass großes wirtschaftliches Potenzial im Energieträger Wasserstoff schlummert. Startet der Hochlauf wirklich, sehen Unternehmen keinen Grund mehr zur Zurückhaltung – und dem Fachkräftemangel kann noch entgegengewirkt werden.

Eisen als günstiges Katalysatormaterial

Eisen als günstiges Katalysatormaterial

Neuer Katalysator löst H2 aus Ammoniak heraus

Um die Rückgewinnung von Wasserstoff aus Ammoniak zu erleichtern und zu beschleunigen, haben Forschende des Instituts für Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) in ihrem Projekt AmmoRef (04/2021-03/2025) zusammen mit ihren Kooperationspartnern einen aktiveren und kostengünstigeren Katalysator entwickelt. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind in dem Wasserstoff-Leitprojekt TransHyDE des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) festgehalten. AmmoRef ist eins von zehn TransHyDE-Projekten, die vom BMBF gefördert werden. Dabei sollen bereits bestehende Technologien für den Wasserstofftransport verbessert werden.

Abb. 1: Ammoniak kann aus „grünem Wasserstoff“ hergestellt und dann über weite Strecken, z. B. per Tankschiff, transportiert werden. Wie man wieder reinen Wasserstoff aus Ammoniak rückgewinnen kann, wird im TransHyDE-Forschungsverbund „AmmoRef“ untersucht. Bisher gibt es noch keine großindustriell einsetzbare Technologie zur Reformierung von Ammoniak, daher wird unter den technologischen Grundlagen auch die Katalysatorentwicklung erforscht.

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Quelle: Projektträger Jülich im Auftrag des BMBF

Die Möglichkeit, Energie aus Wind- oder Solarkraft zu speichern, spielt für die Energiewende eine zentrale Rolle. „Die Speicherung von Energie in Form von chemischen Verbindungen wie Wasserstoff hat viele Vorteile. Die Energiedichte ist hoch, und auch die chemische Industrie benötigt Wasserstoff für viele Prozesse“, sagt Malte Behrens, Professor für Anorganische Chemie an der CAU Kiel und Teilprojektleiter im AmmoRef-Verbund. Außerdem lässt sich durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen „grüner Wasserstoff“ herstellen, ohne dass CO2 entsteht.

Wasserstoff aus Regionen zu importieren, in denen Wind- und Solarstrom günstig ist, ist allerdings nicht einfach. Eine Möglichkeit ist die chemische Umwandlung von Wasserstoff in Ammoniak, das selbst bereits relativ viel Wasserstoff enthält. Für den Transport von Ammoniak über weite Strecken existiert bereits eine ausgereifte Infrastruktur. „Ammoniak lässt sich zum Transportieren einfach verflüssigen. Es wird heute schon im Megatonnenmaßstab hergestellt, weltweit verschifft und gehandelt und ist daher für uns interessant“, sagt Chemiker Dr. Shilong Chen, Wissenschaftler im Kieler AmmoRef-Teilprojekt von TransHyDE. Gemeinsam erforschen Chen und Behrens, wie sich Wasserstoff nach dem Transport wieder aus Ammoniak freisetzen lässt.


Aufnahme mit einem Transmissionselektronenmikroskop: nanoskaliger Aufbau des Eisen-Kobalt-Katalysators. Die vielen bimetallischen Partikel, hier als dunkle Flecken zu erkennen, werden durch das Trägermaterial auf der Nanoebene voneinander getrennt und tragen so zu einer großen aktiven Oberfläche des Katalysators bei.
Quelle: Franz-Philipp Schmidt, Thomas Lunkenbein, adaptiert: Shilong, C.et al. Nature Communications (2024), https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Bei einer Transformation des Wasserstoffs in Ammoniak geht weniger Gas verloren als bei anderen Verfahren. Ammoniak lasse sich, so Behrens, bereits bei einem Druck von acht Bar verflüssigen. Tankschiffe ließen sich problemlos damit befüllen. „Ein großer Vorteil gegenüber anderen chemischen Verfahren, wie zum Beispiel LOHC, ist auch, dass Wasserstoff in flüssigem Ammoniak über eine sehr hohe Speicherdichte verfügt,“ sagt Behrens.

Die Problemstellung bestand für die Wissenschaftler zu Projektbeginn darin, einen Katalysator zu entwickeln, der eine schnelle Umwandlung von Ammoniak in Wasserstoff am Zielort erlaubt. „Hierfür sind große Anlagen erforderlich“, erläutert Behrens. Derzeit gebe es jedoch noch keine industrielle Anwendung für die Reformierung von Ammoniak in diesem Maßstab.

Kobalt zur Aktivierung von Eisen
Ziel der Forschenden war, möglichst günstige Materialien für die Katalyse zu finden. Zudem sollte die voraussichtliche Anwendung des Katalysators skalierbar sein. Das Material Ruthenium bildet derzeit die Benchmark in der Forschung. Eisen ist, so Behrens, jedoch das kostengünstigste Gebrauchsmetall. „Das Problem ist aber, dass preiswerte Eisenkatalysatoren unter einer geringen Aktivität aufgrund einer zu starken Eisen-Stickstoff-Bindungsenergie im Vergleich zu aktiveren Metallen wie Ruthenium leiden. Diese Einschränkung kann jedoch durch die Zugabe von Kobalt überwunden werden“, erläutert er. Durch die Kombination zweier Basismetalle (Eisen und Kobalt), bei der hochaktive, bimetallische Oberflächen mit einer geringeren Metall-Stickstoff-Bindungsenergie und weiteren Eigenschaften, die sonst nur von sehr viel teureren Edelmetallen bekannt sind, entstehen, sei der Katalysator, welcher über einen Metallgehalt höher als 70 Prozent verfüge, nicht nur hochaktiv, sondern auch bezahlbar.

„Hochaktiv“ bedeutet dabei, dass er über eine sehr hohe Umwandlungsgeschwindigkeit verfügt. „Unser Katalysator erreicht über 90 Prozent von Ruthenium und ist um etwa 20 Prozent leistungsfähiger als unsere Nickelbenchmark“, sagt Behrens. Zudem haben die Forscher eine besondere Herstellungsmethode entwickelt, die eine sehr hohe Metallbeladung erlaubt. Bis zu 74 Prozent des Materials bestehen aus aktiven Metallpartikeln. Diese wechseln sich mit Trägerpartikeln ab, so dass dazwischen Hohlräume im nanoskaligen Bereich entstehen – wie ein poröser, metallischer Nano-Schwamm. Die Struktur ist stabil genug, um die hohen Temperaturen (etwa 600 °C), die bei der Zersetzung von Ammoniak entstehen, auszuhalten.

Bisheriges Ergebnis
Durch die Legierung von Eisen mit Kobalt konnte die Nitrierung von Eisen, die zu einer zu schwachen Bindungsenergie und dadurch zu einer geringeren Aktivität führte, unterdrückt und die Stickstoff-Bindungsenergie zusätzlich so beeinflusst werden, dass sich die Bindungsenergien näher an die Spitze des Aktivitätsvulkans bewegen, was zu einer hochaktiven und katalytischen Leistung führt. Gezeigt werden konnte auch, dass das Legieren von Eisen durch andere Metalle mit schwacher Stickstoffadsorptionsenergie einen einfachen und allgemeinen Ansatz zur Herstellung eines hochaktiven und nitridfreien Katalysators für die Ammoniak-Zersetzungsreaktion bietet.


Prof. Malte Behrens und Dr. Shilong Chen in ihrem Kieler Labor vor einem Teststand für neue Katalysatoren
Quelle: Julia Siekmann, Uni Kiel

Ammoniaksynthese und -zersetzung
Die Herstellung von Ammoniak durch das Haber-Bosch-Verfahren veränderte die Welt, da sie die Produktion von Düngemitteln im industriellen Maßstab ermöglichte. 2021 wurden 235 Mio. Tonnen Ammoniak hergestellt, was es zur volumenstärksten produzierten Chemikalie machte. Diese Produktion könnte in naher Zukunft weiter gesteigert werden, da Ammoniak aufgrund seines hohen Wasserstoffgehalts und seiner Energiedichte sowie der günstigen Infrastruktur für Transport und Speicherung als Träger- und Speichermaterial für regenerativ erzeugten Wasserstoff dazu beitragen könnte, die Klimakrise abzumildern. In diesem Szenario könnte Wasserstoff aus Ammoniak durch dessen Zersetzung freigesetzt werden.

Im Gegensatz zur Ammoniaksynthese hat ihre umgekehrte Reaktion, die Ammoniakzersetzung, keine vergleichbare großindustrielle Anwendung gefunden, sondern wird seit über einem halben Jahrhundert hauptsächlich akademisch eingesetzt, um den Reaktionsmechanismus der Ammoniaksynthese bei Umgebungsdruck an Katalysatoren zu untersuchen, die für die Ammoniaksynthesereaktion entwickelt wurden. Die aktivsten Katalysatoren für diese Synthese sind ruthenium-basierte, aber der kommerzielle Aspekt lässt die weniger aktiven, jedoch weitaus kostengünstigeren Eisenkatalysatoren attraktiver erscheinen. Grund für deren moderate Aktivität ist die Nitrierung. In dem hier vorliegenden AmmoRef-Teilprojekt konnte gezeigt werden, wie die Nitrierung unterdrückt und eine Stickstoffbindungsenergie, ähnlich wie bei Ruthenium, durch eine Legierung des Eisens mit Kobalt erreicht werden kann.

Die derzeitige Herausforderung bestehe darin, den Kobaltanteil zu reduzieren. Dies sei zum einen aus Kostengründen, zum anderen aber auch wegen der aktuellen politischen Rahmenbedingungen, unter denen Kobalt gewonnen wird, geboten. Die Voraussetzungen für ein Upscaling seien bereits da, aber es gelte, Maßnahmen für weitere zu eruieren. Zudem müsse ermittelt werden, was noch zu tun sei, um die Stabilität und Aktivität des Katalysators weiter zu erhöhen. Eine Zugabe von Promotoren, von Stoffen, die die Aktivität eines Katalysators erhöhen, werde erwogen.

Die Synthesebemühungen werden momentan vom 1-Liter- in den 100-Liter-Maßstab überführt. Der Katalysator soll nun weiter untersucht und aus der Grundlagenforschung in die Anwendung übertragen werden. Ziel der Wissenschaftler ist es, einen industriellen Maßstab für den Katalysator zu erreichen.

Autorin: Anette Weingärtner

Vielversprechende Herstellungsalternative

Vielversprechende Herstellungsalternative

Atmosphärische Plasmabeschichtung von Polymer-Bipolarplatten

In Zeiten globaler Sensibilisierung gegenüber ökonomischen, aber vor allem auch ökologischen Themenstellungen wächst auch das Bewusstsein für energieeffiziente Gesamtlösungsstrategien über die komplette Wertschöpfungskette sowie eine nachhaltige Nutzung verfügbarer Ressourcen. Bevor es zu einer gewinnbringenden Massenfertigung von Bipolarplatten kommen kann, sind im Produktentstehungsprozess eine ganze Reihe von Entwicklungen und Voruntersuchungen nötig, um den optimalen Wirkungsgrad in Abhängigkeit des Designs und der Ausführung zu bestimmen. Da dies nicht allein mithilfe von Simulationen geschehen kann, sind experimentelle Untersuchungen unumgänglich.

Mit den aktuell am Markt erhältlichen Beschichtungsverfahren ist die Prototypen-, Vor- und Kleinserienherstellung sehr zeit- und kostenintensiv. An diesen Punkt knüpft der von der ITW Chemnitz untersuchte Ansatz an, einen leicht in Form zu bringenden und kostengünstigen Grundwerkstoff mit einer geeigneten Beschichtung auszustatten, um somit energie-, zeit-, kosten- und materialeffizient Vor- und Kleinserienuntersuchungen durchzuführen.

Mithilfe der in diesem Projekt umgesetzten Kombination aus günstiger additiver Grundwerkstoffherstellung und universal einsetzbarer Beschichtungstechnologie ist es möglich, verschiedene Bipolarplattendesigns flexibel und kostengünstig herzustellen, ohne die geforderten industriellen Parameter zu vernachlässigen. Im Ergebnis soll es durch die anvisierte wandlungsfähige Fertigungstechnologie möglich sein, eine Prototypen- sowie Vor- und Kleinserienfertigung energie-, zeit-, kosten- und materialeffizient zu gestalten und somit den Weg in die industrielle Praxis zu ebnen.

Beschichtungstechnik spielt eine große Rolle
Im Zuge der Untersuchungen wurde ein Niedrigenergie-Plasma genutzt, in welches definiert der genutzte Beschichtungswerkstoff in Form von Mikropartikeln zugeführt wurde. Dies ermöglicht eine stoffschlüssige Verbindung von Beschichtungswerkstoff und Substrat (s. Abb. 1). Durch die technologisch bedingte geringe thermische Belastung des zu beschichtenden Substrates ist es möglich, Materialkombinationen zu erzeugen, die auf den ersten Blick unrealistisch erscheinen (im vorgestellten Kontext ein Polymer als Substrat und Kupferpulver als Beschichtungswerkstoff). Ein weiterer Vorteil des eigesetzten Verfahrens besteht in der Anwendung unter atmosphärischen Bedingungen. Im Gegensatz zu Vergleichsverfahren wie physikalischer oder chemischer Gasphasenabscheidung sind eine vorherige Evakuierung und Arbeiten im Vakuum nicht nötig. Des Weiteren sind der hohe Flexibilisierungsgrad sowie die Möglichkeit der partiellen Beschichtung positiv hervorzuheben.

Suche nach geeignetem Substratwerkstoff
Bei der Suche und Auswahl eines geeigneten Substratwerkstoffs waren diverse Herausforderungen zu beachten:

  • Die benötigte Temperaturbeständigkeit (sollte sich an Einsatztemperaturen von PEM-Brennstoffzellen von ca. 110 °C orientieren),
  • die leichte sowie variable Verarbeitung (Grundstruktur soll mittels selektiven Lasersinterns herstellbar sein, um hohe Designflexibilität zu gewährleisten),
  • die gute sowie kostengünstige Verfügbarkeit des Rohstoffes.

Es wurden mehrere potenzielle Substratwerkstoffe näher betrachtet und auf ihre Beschichtungseignung hin untersucht. Dabei wurden am Markt verfügbare Varianten auch dahingehend modifiziert, dass sie für die geplante Anwendung optimiert wurden. Nach umfassenden Untersuchungsreihen, bestehend aus Beschichtungsversuchen, optischen Analysen, Oberflächenmessungen, simulativen Studien sowie thermischen Nachbehandlungsuntersuchungen hinsichtlich Temperaturbeständigkeit, fiel die Wahl auf einen glasfasermodifizierten Polybutylenterephthalat (PBT). Dieser Werkstoff wurde durch gezielte Hinzunahme von Glasfasern dahingehend modifiziert, dass alle geforderten technischen Parameter erreicht werden. Darüber hinaus weist der modifizierte PBT die besten Beschichtungseigenschaften auf.

Von der Idee zum industrienahen Flow-Field-Design
Eine der großen Herausforderungen innerhalb der Untersuchungen war die Entwicklung eines industrienahen Flow-Field-Designs unter Beachtung der materialspezifischen sowie technologischen Grenzen der genutzten Verfahren. Dabei mussten zum einen die Herstellungsgrenzen des selektiven Lasersinterns unter Berücksichtigung des Materials und der Zielanwendung sowie zum anderen die technologischen Grenzen des nachfolgenden Beschichtungsverfahrens herausgearbeitet und definiert werden. Dazu wurden verschiedene Parameter- und Geometriestudien zu industriell eingesetzten Flow-Field-Designs durchgeführt. Schlussendlich wurde eine mäanderförmige Flow-Field-Struktur mit folgenden Abmessungen realisiert:

 

effektive Fläche Kanalbreite Steghöhe Stegbreite
100 cm² 1,5 mm 1,5 mm 0,6 mm

Tab. 1: Realisierte Flow-Field-Struktur

Die vier flügelförmigen Niederhalter (s. Abb. 2) werden zur Fixierung während des Beschichtungsprozesses benötigt und können im Anschluss problemlos entfernt werden.

   
Entwickelter Polymergrundkörper (links) und resultierendes Beschichtungsergebnis (rechts)

Um einem eventuellen Verzug entgegenzuwirken, wurde eine metallische Probenaufnahme verwendet. Dieser Versuchsaufbau sichert eine gezielte Abfuhr der eingebrachten Temperatur und somit ein optimales Beschichtungsergebnis. Sowohl optische Oberflächenanalysen als auch Haftfestigkeitsuntersuchungen in Anlehnung an den Gitterschnitttest nach DIN EN ISO 2409 ergaben zufriedenstellende Ergebnisse und lassen ein hohes Potenzial für bereits erwähnte Prototypen- sowie Vor- und Kleinserienfertigung erkennen.

Die Untersuchungen wurden mit finanziellen Mitteln vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt.

Autor: Jörg Steger, Institut für innovative Technologien, Technologietransfer, Ausbildung und berufsbegleitende Weiterbildung e. V. Chemnitz (ITW)

Erstes grenzüberschreitendes H2-Bildungsprojekt in Europa

Erstes grenzüberschreitendes H2-Bildungsprojekt in Europa

Wasserstoff für Top-Manager

Zwei deutsche Universitäten in Oldenburg und Hannover sowie das polnische Ausbildungsunternehmen Studium Wodoru beweisen, dass eine grenzüberschreitende Ausbildung von Pionieren der grünen Wasserstoffbranche sinnvoll ist. Die polnische Ausgabe dieses Programms ist gerade zum zweiten Mal gestartet.

Studium Wodoru (dt. Wasserstoff-Studium) ist ein polnisches Ausbildungs- und Forschungsunternehmen. Basierend auf der langjährigen Erfahrung seiner Gründer beschäftigt es sich mit Bildung und Beratung. Das Unternehmen führt gemeinsam mit der Universität Oldenburg einen zertifizierten Studiengang „Wasserstoff für Top-Manager“ durch. Dabei handelt es sich um ein Schwesterprogramm der deutschen Ausgabe „Wasserstoff für Fach- und Führungskräfte“, die in Oldenburg seit mehreren Jahren erfolgreich umgesetzt wird.

Das Weiterbildungsprogramm „Wasserstoff für Fach- und Führungskräfte” hat den dritten Platz bei den NordWest Awards 2024 der Metropolregion Nordwest gewonnen.

Dank der Bemühungen des Studium Wodoru wurde das deutsche Managementtrainingsprogramm an den polnischen Markt angepasst. Der Ruf und das Prestige dieses Programms führten dazu, dass auch Mitarbeiter von Unternehmen aus dem östlichen Teil Deutschlands nach einer Teilnahmemöglichkeit fragten, die entweder bereits in Polen präsent sind oder eine Expansion in den polnischen Markt planen. An der zweiten Auflage nehmen auch Vertreter eines Schweizer Unternehmens teil.

Campus Gut am See
Das Programm wird am Campus „Gut am See“ in Görlitz durchgeführt. Der Standort ist kein Zufall. Die Grenzstadt Görlitz (zwischen Polen und Deutschland) erleichtert die Teilnahme von Interessierten der polnischen Seite. Von der anderen Seite her kommen deutsche Professoren, Dozenten und Branchenexperten zu den Kursen. Man könnte sagen, sie treffen sich auf halbem Weg.

Allerdings war die Sprachbarriere ein Problem, da praktisch keiner der Teilnehmer ausreichend Deutsch konnte, um solch schwierigen Stoff zu lernen. Daher haben sich die Veranstalter für die Möglichkeit der Simultanübersetzung entschieden, das heißt, die Vorlesungen deutscher Professoren werden laufend übersetzt.

Jeder Teilnehmer erhält außerdem Unterrichtsmaterialien in polnischer Sprache. Allerdings wurden informelle Gespräche überwiegend auf Englisch geführt. Für den Unterricht wurde dank der Freundlichkeit der Besitzer an der direkt am Berzdorfer See gelegenen Schlossanlage „Gut am See“ (auf einem stillgelegten Braunkohletagebaugebiet) ein Campus für die Dauer der Treffen geschaffen. Die einzigartige Atmosphäre und die idyllische Lage direkt am See schaffen stets günstige Lernbedingungen und fördern Ruhe und Regeneration.

Grüner Wasserstoff im Trend
In Westdeutschland begann der Trend zu grünem Wasserstoff bereits vor einigen Jahren. Das Programm „Wasserstoff für Fach- und Führungskräfte“ wird seitdem in Oldenburg erfolgreich umgesetzt. Dieser Trend zeichnet sich inzwischen auch im Osten Deutschlands ab und setzt sich weiter nach Osten fort.

Experten des Studium Wodoru versuchen, nah am Geschehen in Deutschland zu bleiben und gleichzeitig die Veränderungen in Polen genau zu beobachten. Deutschland verfügt bereits über ein sehr hohes Wasserstoff-Know-how, was sich unter anderem an der Vielzahl der Wasserstoffinstallationen zeigt. Das Studium soll nun eine Gelegenheit bieten, qualifiziertes polnisches Personal auszubilden.

Die Informations- und Wissensvermittlung erfolgt bislang überwiegend in eine Richtung (östlich), einige Ideen und Anregungen aus dem polnischen Unterricht werden jedoch auch in die deutsche Ausgabe übernommen.

Das Gras wachsen hören
Mitarbeiter des Studium Wodoru beteiligen sich aktiv an Messen, Konferenzen und wichtigen Veranstaltungen, wie beispielsweise der Hannover Messe 2024 (s. Hzwei-Heft Juli 2024). Studium Wodoru ist Mitglied im Deutsch-Polnischen Windenergieclub, in der Polnisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer sowie im Verein Europa Forum, der wie die Auslandshandelskammer (AHK) eine Plattform zum Aufbau von Kontakten für Unternehmen aus Polen und Deutschland ist.

Vertreter des Studium Wodoru nahmen zudem am diesjährigen Wasserstoffforum auf dem Siemens Innovationscampus in Görlitz teil. Außerdem kooperiert das Unternehmen mit dem QLEE – Qualifizierungsverbund in der Lausitz für Erneubare Energien, der die Energiewende seit mehreren Jahren unterstützt. Studium Wodoru steht in ständigem Kontakt mit Vertretern der Kommunalverwaltungen und dem deutschen Konsulat in Breslau. Die ehrenamtliche Schirmherrschaft für die polnische Ausgabe des Programms „Wasserstoff für Top-Manager“ übernimmt die Europastadt Görlitz/Zgorzelec.

Was bieten Wasserstoffstudien?
Mit der Unterstützung von Mentoren erlangen die Studierenden die Fähigkeit, Projekte aus verschiedenen Perspektiven zu bewerten: aus der Perspektive eines Designers, eines Investors und eines Nutzers. Im Rahmen der Lehrveranstaltungen wird Know-how in den Bereichen Technik, Rechtsfragen und Finanzierung vermittelt. Nach Abschluss des Programms verfügen die Teilnehmer über Expertenwissen in der Planung und Umsetzung von Wasserstoffprojekten.

Wichtig ist, dass jeder Teilnehmer während des Unterrichts eine Eintrittskarte für das H2-Netzwerk und wertvolle Kontakte erhält, nicht nur in Polen oder Deutschland. Das Programm endet mit einer Prüfung und dem Erhalt eines renommierten Zertifikats der Universität Oldenburg (Certificate of Advanced Studies).


Schulung von EMD International A/S

Das Studium Wodoru lud die besten Experten, darunter auch Praktiker, zur Zusammenarbeit ein. Zum Beispiel EMD International A/S aus Dänemark, dessen Vertreterin Kurse über ihre Software für die Planung von Wasserstoffanlagen durchführte. Während der Übungen führten die Studierenden unter anderem Berechnungen für ein Gruppenprojekt und Einzelarbeiten durch. Der Kurs erhielt sehr gute Noten von den Studierenden, die nach Abschluss der Schulung auch eine monatliche Lizenz zur Nutzung der Software erhielten.

Networking
Networking ist ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts. Einmal im Jahr findet in Oldenburg das Alumni-Forum statt. Während des Unterrichts erhält jeder Teilnehmer Zugang zur E-Learning-Plattform, einer Datenbank mit Absolventen des Wasserstoffstudiums. Sobald Sie „Guten Morgen“ sagen, werden Sie außerdem in dieses riesige Netzwerk von H2-Kontakten aufgenommen.

Einige Vertreter des Studium Wodoru machen bereits Pläne für die Zukunft und wollen ihr Angebot unter anderem an Interessierte aus Tschechien und der Ukraine richten.

Vorträge, Case Study und Einzelprojekt
Das Programm „Wasserstoff für Top-Manager“ richtet sich an Führungskräfte unterschiedlicher Unternehmen und Institutionen, die die Notwendigkeit einer schnellen Energiewende verstehen. Spezialkenntnisse im Bereich Zukunftstechnologien sind in Beratungs- und Anwaltsunternehmen, Banken und Versicherungen zunehmend gefragt. Bedarf an einem qualifizierten Team besteht insbesondere in Transport-, Energie- und Industrieunternehmen sowie in der Automobil-, Chemie- und Stahlindustrie.

Das Studienprogramm gliedert sich in drei Sequenzen. In einzelnen Treffen werden vor allem Themen wie die Funktionsweise von Brennstoffzellen, die politischen Rahmenbedingungen und das Stakeholder-Umfeld besprochen. Darüber hinaus gibt es Themen rund um die Wasserstofftechnologie, Geschäftsmodelle und die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Sequenz I – Wasserstofffunktionen, politischer Rahmen und Stakeholder-Umfeld

  1. Mögliche Funktionen von Wasserstoff bei der Dekarbonisierung des Energiesystems.
  2. Die Rolle der EU-Politik und der Mitgliedstaaten bei der Markteinführung von Wasserstoff.
  3. Wasserstoffstrategie und grüner Wasserstoffmarkt in Deutschland.
  4. Aktuelle Hindernisse für die flächendeckende Nutzung von Wasserstoff.
  5. Maßnahmen auf politischer Ebene zur flächendeckenden Förderung von Wasserstoff.
  6. Ein Blick auf die Landschaft der Marktteilnehmer.
  7. Quellen der Investitionsfinanzierung, KPO, europäische und nationale Fonds.
  8. Verwaltungsentscheidungen im Prozess der Entwicklung von Wasserstoffprojekten.

Sequenz II – Wasserstofftechnologie

  1. Wasserstoff – „Fakten, Fakten, Fakten…!“
  2. Wasserstoffproduktion – „Aller Anfang ist…? Strom ist das Beste!“
  3. Arten von Elektrolyseuren, Technologie, Lieferantenübersicht, Markttrends.
  4. Woraus besteht eine Anlage für grünen Wasserstoff? Auswahl der Komponenten.
  5. Wasserstoffspeicherung – „Und bitte einpacken…!”
  6. Wasserstofftransport – „Wir suchen nach Elementen, mit denen wir reisen könnten…!“
  7. Anwendungen von Wasserstoff – Feuer und Flamme. Und noch viel mehr…!
  8. Grüner Wasserstoff im Verkehr.
  9. Wasserstoff beim Heizen.
  10. Wasserstoff und grünes Ammoniak.
  11. Synthetische Kraftstoffe Power2Fuel.
  12. Grüner Wasserstoff aus Biomasse.
  13. Einsatz verschiedener erneuerbarer Energietechnologien zur Wasserstoffproduktion.
  14. IT-Tools für die Planung von Wasserstoffanlagen.

Sequenz III – Wertschöpfung, Geschäftsmodelle, rechtliche Rahmenbedingungen und technische Aktivitäten

  1. Energiewirtschaft und rechtliche Rahmenbedingungen.
  2. Wasserstoff: Energiemarktperspektive, HPA- und PPA-Verträge.
  3. Absatzmärkte und Plattformen für grünen Wasserstoff.
  4. Umsetzungsprojekte: Design, Rentabilität und Geschäftsmodelle.
  5. Due Diligence von Wasserstoffprojekten.
  6. Sicherheit von Wasserstoffprojekten, technische und rechtliche Anforderungen.
  7. Wartung und Nutzung.
  8. Optimierung von Wasserstoffprojekten.

Wichtig ist, dass die Teilnehmer auch ein technisches Projekt (Case Study) sowie Maßnahmen für Verwaltungsentscheidungen und Finanzanalysen durchführen. Das Projekt deckt verschiedene Aspekte der Wasserstofftechnologien ab (technische Eigenschaften, Verfahrenstechnik, Geschäftsmodelle, Genehmigungen, Finanzierung und Betriebsführung). Dadurch erhalten sie konkrete Einblicke in die Umsetzung von Projekten in der Praxis.

Gearbeitet wird in Teams von maximal acht Personen. Das Ergebnis der Arbeit ist ein fertiger Businessplan für die Zweckgesellschaft. Am Ende der Arbeit führen die Gruppen eine professionelle Due Diligence (DD) des Projekts der konkurrierenden Gruppe durch. Bei der Bearbeitung des Projekts kann jede Gruppe auf die Unterstützung des Koordinators nicht nur während des Unterrichts, sondern auch außerhalb des Unterrichts über die E-Learning-Plattform, E-Mail-Kontakt oder Telefonkonferenz zählen.

Darüber hinaus erstellt jeder Teilnehmer sein eigenes, individuelles Projekt zum Thema Wasserstoff: in Form eines Projektkonzepts, eines Businessplans für die eigene Anlage oder als Problemstudie für den Bereich der Wirtschaft rund um Wasserstoff.


Exkursion zur LEAG in Boxberg

Exkursionen
Im Rahmen des Programms werden Reisen zu wasserstoffnahen Unternehmen in Deutschland organisiert. In Polen gibt es noch keine Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff, obwohl das Land der drittgrößte Wasserstoffverbraucher in Europa ist. Daher sind Wasserstoffproduzenten, Hersteller von Geräten zur Wasserstoffproduktion und -speicherung sowie Unternehmen, die grünen Wasserstoff nutzen, für polnische Teilnehmer sehr interessant. Studienreisen bieten eine Plattform, um Theorie und Praxis zu verbinden. Bei der ersten Auflage besuchten die Teilnehmer das LEAG-Kraftwerk in Boxberg, die Firma Sunfire in Dresden, das Stahlwerk in Saltzgitter und nutzten auch die Einladung von Siemens Energy in Görlitz.

Kaminabend
Jedes Seminar beinhaltet einen sogenannten Kaminabend. Dabei handelt es sich um ein Treffen mit einem Mentor, der über seine Erfahrungen in der Branche sowie die Projekte und Aufgaben spricht, an denen er beteiligt war. Der Kaminabend ist auch eine Gelegenheit zur Integration und zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch zwischen den Teilnehmern des Wasserstoff-Studiums. Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass im Rahmen der zweiten Auflage des Wasserstoff-Studiums Sven Geitmann vom Hydrogeit Verlag der Einladung als Gast gefolgt ist.

Detaillierte Informationen zum Programm „Wasserstoff für Top-Manager“ finden Sie unter: www.studiumwodoru.pl

Autorin: Julia Glapińska; Studium Wodoru, Görlitz

H2-Variante des E-Mopeds „Pocket Rocket“

H2-Variante des E-Mopeds „Pocket Rocket“

Mit BZ-Range-Extender die Reichweite verdoppeln

 

Ein elektrisches Leichtkraftrad mit 150 km Reichweite und Betankung in unter einer Minute? Dass dies mit Brennstoffzelle und Wasserstofftank als Range Extender machbar ist, zeigt die gemeinsame Studie „Pocket Rocket H2“ der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und der SOL Motors GmbH aus Böblingen.

Elektrofahrräder, Elektroroller und E-Scooter sind bereits Teil des Stadtbildes geworden. Bei kleinen Motorrädern, sogenannten Leichtkrafträdern, ist der Aufbau im Elektrosektor gerade im Gange. Mit einem auffälligen Design kommt im Herbst dieses Jahres die Pocket Rocket des Start-ups SOL Motors auf den Markt.

Die batterieelektrische Version gibt es in zwei Varianten mit Höchstgeschwindigkeiten von 45 km/h oder 80 km/h. In beiden Fällen liegt die Reichweite bei 50 bis 80 km und es dauert etwa drei Stunden, bis die Batterie an einer Haushaltssteckdose aufgeladen ist. Nutzt man die Pocket Rocket für die tägliche Fahrt zur Arbeit, reicht das in der Regel völlig aus.

Allerdings gibt es auch Fälle, in denen man sich eine möglichst kurze Ladezeit und eine hohe Reichweite wünscht. Beispielsweise kann man sich einen Einsatz von Leichtkrafträdern im Katastrophenschutz vorstellen; neben einer hohen Reichweite wird hierfür eine durchgehende Verfügbarkeit gefordert. Bedingungen, die ein Brennstoffzellenfahrzeug erfüllt.

E-Fahrzeuge: Batterie oder Brennstoffzelle?

Die große Mehrzahl der Elektrofahrzeuge weltweit, vom e-Scooter bis zum leichten Nutzfahrzeug, ist heutzutage batterieelektrisch angetrieben. Die Brennstoffzelle kommt dann ins Spiel, wenn sowohl große Leistungen als auch große Energiemengen gefragt sind. Typische Beispiele sind schwere Nutzfahrzeuge, Züge, Schiffe oder Flugzeuge. Durch die Aufteilung in Wasserstofftank und Brennstoffzelle sind bei einem BZ-Antrieb Energie(menge) und Leistung entkoppelt. Auch für kleinere Fahrzeuge ergeben sich bei einem Brennstoffzellenantrieb mehrere Freiheitsgrade für die Systemauslegung.

Bei einem Brennstoffzellenantrieb kann man nicht ganz auf die Batterie verzichten, da sie zum Starten des Systems und zur Rekuperation benötigt wird. Im Zusammenspiel mit der Brennstoffzelle gibt es verschiedene Varianten für die Auslegung der Batterie: Wenn die gesamte Antriebsleistung von der Batterie bereitgestellt wird, dient die Brennstoffzelle lediglich als Range Extender. Quasi das Gegenteil davon wäre ein reiner Brennstoffzellenantrieb mit kleiner Starterbatterie, welche die Bremsenergie zwischenspeichern kann. Wenn beide Leistungsquellen zusammenarbeiten, spricht man von einem Hybridbetrieb.

Vor diesem Hintergrund stand im Projekt Pocket Rocket H2 zunächst die Auslegungsfrage im Fokus, da vergleichbare Fahrzeuge (noch) nicht auf dem Markt sind. Ausgangspunkt für die Berechnungen war der WLTP-Zyklus, der zusammen mit den Fahrzeugdaten der Pocket Rocket (Variante mit maximal 45 km/h) Leistung und Energie aus Abb. 2 liefert. Daraus resultierte die Entscheidung für eine Brennstoffzelle als Range Extender.


Bild: Ermittelter Leistungs- und Energiebedarf der Pocket Rocket (Variante mit 45 km/h max.) aus dem WLTP-Zyklus

Als Range Extender wird die Brennstoffzelle lediglich dazu verwendet, die Batterie zu laden. Damit wird praktisch nicht in die Regelung des batterieelektrischen Fahrzeugs eingegriffen. Als Range Extender muss die Brennstoffzelle lediglich eine Leistung von bis zu 1.000 W liefern; Spitzenlasten werden durch die Batterie abgedeckt. Gleichzeitig wird die Reichweite nur durch die Größe des Wasserstofftanks begrenzt. Für Brennstoffzellen in der Leistungsklasse bis 1.000 W genügt eine einfache Luftkühlung, ab rund 2,5 kW wäre eine aufwändige Wasserkühlung nötig. Als Range Extender kann die Brennstoffzelle mit konstanter Leistung betrieben werden und gleichzeitig die Batterie vor Tiefentladung schützen. Beides erhöht die Lebensdauer dieser Komponenten.

Einziger Nachteil der gewählten Konfiguration: Die Batterie muss so groß ausgelegt sein, dass auch mehrere Kilometer mit Leistungen über 1.000 W, z. B. bei Bergfahrten, möglich sind.

Demonstrator im Labor

Im Projekt wurde das System aus Batterie und BZ-Range-Extender als Labormuster aufgebaut. Dazu wurde ein PEM-Brennstoffzellensystem der Hydrogen Air Technologies Ltd. eingesetzt (Abb. 3).


Bild: Kompaktes BZ-System mit 1.000 W Dauerleistung. Rechts im Bild sind die Ventilatoren für die Luftkühlung zu sehen. Der Schlauch zwischen den Ventilatoren dient zum Purgen mit Stickstoff.

Das System mit seinen 65 Zellen wird mit einfachen, drehzahlgeregelten Ventilatoren luftgekühlt und liefert die beschriebene maximale elektrische Leistung von 1.000 W. Die Spannung variiert, abhängig von der Leistung, zwischen 65 V (Leerlauf) und 35 V (maximale Leistung). Es handelt sich um ein sogenanntes Dead-End-System, d. h., es wird nur so viel Wasserstoff zugeführt, wie auch verbraucht wird.

Im Dead-End-System sammelt sich auf der Wasserstoffseite (Anode) durch Diffusion relativ schnell Stickstoff an, der über ein Spülventil abgelassen werden muss (purgen). Purgen verringert den Wirkungsgrad des Systems, da auch unverbrauchter Wasserstoff ausgetragen wird. Das untersuchte Brennstoffzellensystem hat bei 1.000 W einen Wirkungsgrad von etwa 35 Prozent. Umgerechnet auf den Wasserstoffverbrauch entspricht dies 85 g Wasserstoff pro Stunde.

Elektrische Verschaltung

Der Einsatz des Brennstoffzellensystems als Range Extender erlaubt eine sehr einfache elektrische Verschaltung. Wie in Abbildung 4 dargestellt, muss lediglich ein DC-DC-Wandler die Ausgangsspannung der Brennstoffzelle auf die Ladeschlussspannung der Batterie anpassen. Die Batterie kann dann kontinuierlich mit konstanter Spannung geladen werden. Die Regelung der Brennstoffzelle passt deren Ausgangsleistung an den aktuellen Ladestrom an. Das Steuergerät des Antriebs bleibt von dem Ladevorgang durch die Brennstoffzelle unberührt.


Bild: Verschaltung der elektrischen Komponenten der Brennstoffzelle (BZ) als Range Extender

Durch das Brennstoffzellensystem kann die Batterie bei gleicher Motorleistung von 2,5 kWh auf 0,35 kWh verkleinert werden. Die Reichweite wird dann prinzipiell nur durch das Tankvolumen, sprich die Menge an Wasserstoff im Tank, begrenzt. Der Leistungsbedarf mittels WLTP-Zyklus ergibt zusammen mit dem Systemwirkungsgrad einen Wasserstoffverbrauch von ca. 200 g auf 100 km. Mit 1 kg Wasserstoff könnte die Pocket Rocket in der Brennstoffzellenversion also 500 km weit fahren!

Sorgenkind Wasserstoffdrucktank

Leider ist die Speicherung von Wasserstoff für mobile Anwendungen noch unbefriedigend. Wasserstoff ist rund 14-mal leichter als Luft. Um also signifikante H2-Mengen zu speichern, muss dieser komprimiert werden. Aber selbst bei einem Druck von 700 bar nimmt 1 kg Wasserstoff ein Volumen von fast 40 Liter ein. Zusätzlich bringt ein 700-bar-Drucktank, der 1 kg Wasserstoff speichert, ein Gewicht von rund 24 kg auf die Waage. Umso erstaunlicher, dass die Pocket Rocket H2 gegenüber dem batterieelektrischen Fahrzeug nur etwa 2 kg schwerer wird – und das bei doppelter Reichweite.

Durch die Verkleinerung der Batterie von 2,5 kWh auf 0,35 kWh verringert sich deren Gewicht von rund 14 kg auf nur noch etwa 2 kg. In Summe ergeben sich etwa 16 kg, die sich auf Brennstoffzelle (4 kg), Tank (9 kg), Batterie (2 kg) und weitere Komponenten (1 kg) wie DC-DC-Steller und Verbindungskomponenten verteilen. Der H2-Drucktank ist dabei nicht nur die größte, sondern auch die schwerste Komponente. Das liegt vor allem an den hohen Sicherheitsanforderungen für den Einsatz im Straßenverkehr.

Hochdrucktanks für Wasserstoff bestehen heutzutage aus einem Kunststoffliner, der mit in Epoxydharz getränkten Kohlefasern umwickelt ist. Um die gewünschten Anforderungen, wie zum Beispiel einen 2,35-fachen Berstdruck, zu erreichen, ist die Kohlefaserschicht mehrere Zentimeter dick. Fertigungsbedingt können so nur runde oder zylindrische Tanks hergestellt werden. Für die Unterbringung am Rahmen der Pocket Rocket würde man sich allerdings flexiblere Tankgeometrien wünschen, die aktuell allerdings jeden Kostenrahmen sprengen würden.

Zum Abschluss des Projektes wurde in einem CAD-Modell die Unterbringung der Komponenten des Range Extenders am Rahmen der Pocket Rocket untersucht (Bild 5).


Bild
: Studie zur Anordnung der einzelnen Komponenten des BZ-Range-Extenders am Rahmen der Pocket Rocket H2. Den größten Bauraum nehmen die Drucktanks für Wasserstoff ein.

Die Batterie, die sich in der batterieelektrischen Variante im oberen Querrohr befindet, ist nun deutlich kleiner und könnte in eines der V-Rohre wandern. Wasserstoff würde in dieser Variante in zwei Tanks, sowohl im Querrohr als auch in einem separaten Tank, gespeichert. Allerdings ließen sich im oberen Tank bereits fast die gesamten 350 g Wasserstoff speichern, die für eine Verdopplung der Reichweite benötigt werden. Der zweite Tank würde nur zum Einsatz kommen, wenn Wasserstoff bei „nur“ 350 bar gespeichert werden soll. Übrigens dauert die Betankung mit 6 kg Wasserstoff bei Pkws vier Minuten. Die Pocket Rocket H2 wäre also in etwa 14 Sekunden wieder vollgetankt.

Fazit und Ausblick

Im Projekt Pocket Rocket H2 wurde gezeigt, wie sich durch Brennstoffzelle und Wasserstofftank die Reichweite eines Leichtkraftrads verdoppeln lässt. Statt langer Ladezeiten lässt sich das „Wasserstoffmotorrad“ in kürzester Zeit betanken. Überraschend ist, dass trotz relativ schwerem H2-Tank das Gesamtgewicht der Pocket Rocket in der BZ-Variante reduziert werden kann, da die Batterie deutlich kleiner ausgelegt wird. Schließlich stellt die elektrische Verschaltung als Range Extender einen minimalen Eingriff in das Regelungssystem dar und eignet sich besonders für die „Nachrüstung“ von batterieelektrischen Fahrzeugen. An der DHBW Horb wurden die Projektergebnisse bereits auf die Auslegung von Transportdrohnen mit Brennstoffzellenantrieb übertragen.

In einem Nachfolgeprojekt werden Laboraufbau und Pocket Rocket zu einem echten Wasserstoffleichtkraftrad zusammengeführt. Das Projekt „Pocket Rocket H2“ wurde im Rahmen der Innovation Challenge 2021 vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg gefördert.

ICM Innovation Challenge

Der Innovationscampus Mobilität der Zukunft, eine gemeinsame Initiative des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universität Stuttgart, stärkt mit seiner ersten Innovation Challenge Mobilität und Produktion den direkten Austausch mit der Industrie. Das schnelle und unkomplizierte Förderformat für explorative Innovationsvorhaben hat im November 2021 Wirtschaft und Wissenschaft zusammengebracht, um sieben Forschungsfragen in den Feldern Mobilität und Produktion gemeinsam zu lösen. Die Challenges kamen von innovationsorientierten Unternehmen, die Lösungsansätze von den teilnehmenden Hochschulen und die Förderung im schnellen und kompakten Förderformat vom InnovationsCampus. Das neuartige Förderformat ist speziell auf kleine Unternehmen zugeschnitten: In der Ausschreibungsrunde 2021 wurden Konsortien von Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit mehr als 900.000 Euro gefördert.

Autor:
Prof. Dr. Volker P. Schulz, Volker.Schulz@dhbw-mannheim.de
Kai Tornow, DHBW Mannheim
Prof. Wolf Burger, DHBW Stuttgart
Manuel Messmer, SOL Motors GmbH

Auch im H2-Sektor herrscht Fachkräftemangel

Auch im H2-Sektor herrscht Fachkräftemangel

Riesiger Fortbildungsbedarf

Allerorts ist derzeit die Rede vom Fachkräftemangel – auch im Energiesektor, insbesondere im Wasserstoffbereich. Während in anderen Industriezweigen immerhin ein bereits existierendes Aus- und Weiterbildungssystem etabliert ist, geht es im H2– und BZ-Sektor jetzt erst so richtig los. Da noch kein Markt für Elektrolyseure oder Brennstoffzellenanwendungen existiert, müssen zunächst Fachkräfte ausgebildet werden, die diese neuen Produkte bauen sowie dann auch installieren, warten und reparieren können. Dafür bedarf es aber erst einmal entsprechender Ausbildungswege sowie fachkundiger Personen, die den zukünftigen TechnikerInnen etwas beibringen können. Die gute Nachricht ist, dass sich in den vergangenen Monaten mannigfaltige Akteure dieser verantwortungsvollen Aufgabe angenommen haben. Deutschlandweit sprießen derzeit H2-Akademien und BZ-Seminare aus dem Boden.

Vor Jahren gab es bereits zaghafte Versuche, das Thema Aus- und Weiterbildung im H2– und BZ-Sektor zu bespielen. Einige der damaligen Akteure sind allerdings auf der Strecke geblieben oder haben sich aus diesem Bereich wieder zurückgezogen, weil es bislang immer nur kurzzeitige Hypes um Wasserstoff gab, aber keinen Markt.

Dies ist heute anders: Nach einhelliger Meinung ist der derzeitige Boom rund um Wasserstoff kein Kurzzeitphänomen, sondern der Anfang einer Zeitenwende im Energiesektor. Dementsprechend groß ist die Nachfrage nach Personal, das sich mit H2– und BZ-Technik auskennt. Doch dies ist Mangelware. In den vergangenen Jahren existierten kaum adäquate Studiengänge oder auch Lehrberufe.

Vor 15 Jahren gab es einige zaghafte Bemühungen, im Rahmen des NIP-Leuchtturms Callux entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen für das Handwerk einzurichten, aber davon ist heute nichts mehr übrig. Auch das OTTI gibt es nicht mehr. Das Ostbayerische Technologie-Transfer-Institut e. V., das Fachveranstaltungen auch für H2-Technik angeboten hatte, hat 2017 seinen Betrieb nach vier Jahrzehnten eingestellt.

Immerhin hat das ehemalige Weiterbildungszentrum Brennstoffzelle Ulm (WBZU) trotz vieler magerer Jahre durchgehalten und mit Hilfe der Handwerkskammer Ulm überdauert. Seit vielen Jahren heißt es inzwischen Weiterbildungszentrum für innovative Energietechnologien. In den vergangenen Monaten war es damit beschäftigt, die alte Expertise im H2-Sektor wieder neu aufzubauen. So ist mittlerweile auf der Website ein neues Bildungsangebot für den Umgang mit Wasserstoff zu finden.

Andere Anbieter sind da schon deutlich weiter: Sowohl die verschiedenen Schwesterunternehmen des TÜV als auch der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) haben die Zeichen der Zeit erkannt und bieten seit geraumer Zeit Seminare rund um die rege nachgefragte H2-Technik an.

Verbandsebene

Ein entscheidender Akteur ist der Deutsche Verband des Gas- und Wasserfaches (DVGW). Der technisch-wissenschaftliche Verein mit Sitz in Bonn ist seit zig Jahren in der Normierung, Zertifizierung und Standardisierung im Erdgassektor tätig. Seit einigen Jahren hat er sich nun den grünen Gasen angenommen. Mit sehr viel Vehemenz versucht der Verband sowohl seine Mitglieder als auch die Politik sowie die gesamte Energiewirtschaft davon zu überzeugen, dass es zukünftig nicht nur Elektronen bedarf, sondern auch Moleküle – am besten grüner Moleküle.

Dementsprechend bietet der DVGW inzwischen bereits ein umfangreiches Programm an Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen an: Praxis-Workshops, Zertifikats- und Sachkundigenlehrgänge sowie Schulungen und E-Learning-Module rund um Wasserstoff.

Diesen Wandel von der fossilen zur nachhaltigen Energieversorgung nimmt ihm noch nicht jeder ab, deswegen scheint sich der DVGW umso stärker für eine grüne Wasserstoffwirtschaft einzusetzen, wobei allerdings ausdrücklich auch der Weg über blauen Wasserstoff befürwortet wird. Dass der DVGW weiterhin eine wichtige Rolle im Gassektor spielen wird, liegt in der Natur der Sache, da seine Mitglieder über millionenschwere Assets verfügen, die möglichst lange weiter genutzt werden sollen. Eine Stilllegung des gesamten Gasversorgungssystems erscheint gerade in der jetzigen Situation wenig sinnvoll, da es vergleichsweise einfach auf Wasserstoff umgerüstet werden kann.

Hochschulebene

Im Hochschulsektor bleibt das Angebot nach wie vor recht dünn. Lediglich in Dresden gibt es Bemühungen, einen Masterstudiengang für Wasserstoff zu etablieren. Die Teilnehmerzahlen sind allerdings bislang sehr überschaubar. Einer der Vorreiter war hier Prof. Hans Quack, der bereits 2008 einen Masterstudiengang Wasserstofftechnik an der Dresden International University (DIU) initiierte.

Der ehemalige Inhaber des Lehrstuhls für Kälte- und Kryotechnik der TUD konnte damals das Who-is-who (z. B. Dr. Johannes Töpler sowie Dr. Ulrich Schmidtchen vom DWV, Prof. Dr. Jürgen Garche vom WBZU Ulm, Prof. Dr. Ulrich Bünger vom LBST und Arno A. Evers) als Dozenten gewinnen. Auch ich durfte einmal über „H2 in den Medien“ referieren. Das Studium zum Master of Science in Hydrogen Technology umfasste 600 Präsenzstunden, die auf jeweils drei Wochen pro Semester innerhalb von zwei Jahren verteilt wurden (s. HZwei Oktober-Heft 2008). Heutige Lehrstuhlinhaberin an der TU Dresden ist seit September 2022 Prof. Christiane Thomas.

Schon damals stand Christoph Haberstroh an der Seite von Prof. Quack, der offiziell 2008 emeritierte, aber noch bis 2010 weiter lehrte. Seitdem kümmert sich Prof. Haberstroh als Gruppenleiter um die Kryogentechnik am Institut für Energietechnik in Dresden. Unter anderem arbeitete er mit seinem Team an der Entwicklung von Kryogenpumpen sowie den LH2-Tanks für die Brennstoffzellen-Trucks von Daimler und Volvo. Ein Ziel ist hierbei, das spezifische Tankgewicht deutlich zu reduzieren. Wogen herkömmliche Kryogenspeicherbehälter noch 17 kg pro Kilogramm Wasserstoff, liegt dieser Wert derzeit bei 11 bis 12 kg/kgH2. Mit Hilfe leichter Verbundwerkstoffe werden jedoch 1 kg/kgH2 angepeilt.

Derartige Entwicklungen spiegeln wider, dass momentan im gesamten Kryogensektor seit einigen Monaten eine merkliche Themenverschiebung von flüssigem Helium zu Wasserstoff festzustellen ist. Wie die Doktoranden Henrik-Gerd Bischoff, Thomas Just und Maximilian Grabowski (s. Abb. 1) gegenüber HZwei mitteilten und wie auch Prof. Haberstroh bestätigte, werden derzeit „klassische Kernthemen von flüssigem Wasserstoff an den Rand gedrängt“. Insbesondere in den USA steht LH2 stark im Fokus, auch weil dort infolge der Raumfahrttechnik bereits umfassende Erfahrungen beim Umgang mit flüssigem Wasserstoff vorliegen.


Bild: Präzisionsprüfstand von Sebastian Eisenhuth zur Ermittlung des Konzentrationsverhältnisses von Ortho- und Para-Wasserstoff

Wie Prof. Hans Müller-Steinhagen in den Räumlichkeiten der DIU gegenüber HZwei berichtete, starteten im Herbst 2022 zwölf Teilnehmer mit dem komplett neu gestalteten H2-Studiengang der DIU. Müller-Steinhagen war nach langjähriger Tätigkeit beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) von 2010 bis 2020 Rektor der TU Dresden und anschließend bis September 2022 Präsident der DIU. Inzwischen ist er im Ruhestand, ist aber noch wissenschaftlicher Leiter für den Studiengang Wasserstofftechnologie und -wirtschaft (M.Sc.).

Seinen Ausführungen zufolge sei es mit diesem Studiengang gelungen, ein attraktives Angebot für Fachleute zu schaffen, die berufsbegleitend Weiterbildung im Wasserstoffsektor anstreben. „Wir wollen Generalisten ausbilden, die das Thema aus mittlerer Flughöhe kennen und beurteilen können – keine Wissenschaftler“, so der Maschinenbau-Ingenieur. Häufig sei es so, dass die Betriebe die nicht ganz unerheblichen Weiterbildungskosten zumindest zum Teil übernehmen oder Mitarbeitende von der Arbeitszeit freistellen. Erklärtes Ziel sei, dieses Mal die Studierendenzahl bis auf 15 Personen zu erhöhen und zukünftig weiter auszubauen.

Auch für Dr. Johannes Töpler, der bei diesem Studiengang das Modul Mobilität leitet, ist die Aus- und Weiterbildung ein Herzensthema. Der Physiker war einer der H2-Pioniere bei Daimler und lange Jahre Vorsitzender des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands e. V. Obwohl er längst im Ruhestand ist, treibt er insbesondere im DWV Bildungsthemen unermüdlich voran, lehrte unter anderem durchgehend jahrelang seit 2004 an der Technischen Akademie Esslingen (TAE) sowie für das Haus der Technik (HdT) in Zusammenarbeit mit dem DWV und hat wesentlich am Zustandekommen dieses Studienganges mitgewirkt.

Studiengang „Wasserstofftechnologie und -wirtschaft (M.Sc.)“

Der neue Studiengang aus dem Fachbereich Ingenieurwissenschaften, der von der Dresden International University (DIU) auch in Kooperation mit der Technischen Akademie Esslingen angeboten wird, ist in Deutschland einzigartig. Er verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Studierende berufsbegleitend sowohl die Fach- als auch die Managementkompetenz auf dem Gebiet von wasserstoffbasierten Energiesystemen erlangen. Er richtet sich an IngenieurInnen, NaturwissenschaftlerInnen sowie AbsolventInnen anderer techniknaher und wirtschaftlicher Studiengänge, die in der beruflichen Praxis tätig sind und ihre Kompetenzen im Hinblick auf die Gestaltung dieses Zukunftsfeldes erweitern wollen.

Die im Jahr 2003 gegründete DIU beschäftigt rund 40 Mitarbeitende, die wiederum 1.400 Studierende aus unterschiedlichen Bereichen (z. B. Gesundheitswesen, Medizin, Ingenieurwesen, Recht) betreuen. Insgesamt sind über 300 DozentInnen aus Wissenschaft und Wirtschaft über Werksverträge eingebunden.

An der DIU in Dresden und der TAE in Ostfildern kann nach drei Semestern und dem Erwerb von 60 ECTS-Punkten als Abschluss der Master of Science erlangt werden. In Dresden wird zusätzlich zum Master (895 € pro Monat) auch das CAS (Certificate of Advanced Studies – Small: 4.500 € und Advanced: 6.500 €) angeboten. Nächster Starttermin in Dresden und Esslingen ist nicht wie ursprünglich geplant das Wintersemester 2023, sondern das Sommersemester 2024.


Bild: Prof. Hans Müller-Steinhagen

Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (IWES) und der Leibniz Universität Hannover bietet die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg eine berufsbegleitende Weiterbildung für Fach- und Führungskräfte an. Diese praxisnahe Maßnahme mit Teamarbeiten und Exkursionen ist für ein Semester konzipiert und kostet 6.000 Euro.

In ähnlicher Weise offeriert auch das Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik (IST) vierteljährig einen Zertifikatkurs an, um Unternehmen fit für das Wasserstoffzeitalter zu machen. In Präsenz auf dem Wasserstoff-Campus Salzgitter bei der Robert Bosch Elektronik GmbH sowie mit Online-Kursen kann die gesamte Wertschöpfungskette der H2-Wirtschaft kennengelernt und ein Personenzertifikat als „Fachkundige*r Wasserstoff mit TÜV Rheinland geprüfter Qualifikation“ erworben werden – Teilnahmegebühren: ca. 5.700 Euro.

Akademieebene

Die Hydrogen Academy ist ein neuer Player im Weiterbildungssektor. Sie wurde im Sommer 2022 von Lifte H2 und TesTneT gegründet und verfügt inzwischen über rund 20 Personen, die sich um praxisorientierte, kundenspezifische Schulungen kümmern. Tom Elliger, der früher beim TÜV Süd arbeitete und im Sommer 2021 zu Lifte H2 wechselte, erklärte gegenüber HZwei: „Das Interesse ist riesig.“

Nach eigener Aussage ist die Hydrogen Academy das „derzeit einzige Trainingszentrum, das sich rein auf Wasserstoff spezialisiert“. Die Kurse werden teils online und teils bei TesTneT nahe München, bei Lifte H2 in Berlin oder beim Kunden durchgeführt.

Ein weiterer Akteur ist seit einigen Monaten die Heinze Akademie. Gemeinsam mit der Handwerkskammer Hamburg und anderen Partnern bietet diese norddeutsche Einrichtung ein Expertentraining in Vollzeit sowie eine berufsbegleitende Weiterbildung für Fachkräfte rund um Wasserstoffsysteme an.

Etwas internationaler geht es bei der Renewables Academy (RENAC) AG zu. Diese in Berlin ansässige Institution hat ein zertifiziertes 120-stündiges E-Learning-Programm zu Green Hydrogen and Renewable Power-to-X Professional (PtX) entwickelt, das asynchron (24/7) in Eigenregie durchgeführt werden kann und die wichtigen technischen und wirtschaftlichen Aspekte von PtX-Anwendungen wie Wasserstoff, Wärmepumpen und Elektromobilität abdeckt. Das nächste Semester startet im Oktober 2023 – Teilnahmegebühren: 1.710 Euro.

Im November beginnt dann auch die nächste Runde der HySchool, allerdings auf sehr viel einfacherem Niveau. Dieses Weiterbildungsangebot wird von dem Ferngasnetzbetreiber Open Grid Europe (OGE) sowie der RWTH Business School organisiert. Wahlweise kann das H2-Kick-Starter- zum Einstieg in die Materie oder das H2-Deep-Diver-Programm für einen vertieften Einblick belegt werden. Die Teilnehmenden erhalten dann an zwei Tagen das erforderliche Wissen, um die H2-Strategie in ihrem Unternehmen vorantreiben zu können – Teilnahmegebühren: 1.450 Euro.

Sollten dann auch irgendwann die Gelder für die Innovations- und Technologiezentren für Wasserstoff bewilligt werden, könnte auch in Duisburg unter Beteiligung des Zentrums für BrennstoffzellenTechnik (ZBT) ein großer Komplex für die Aus- und Weiterbildung entstehen (s. HZwei-Heft Jan. 2023). Dort wird beispielsweise bereits daran gearbeitet, dass der Sicherheitsleitfaden für Berufsfeuerwehren erneuert wird. Aber solange noch keine Freigabe vom Bund erfolgt ist (s. HZwei-Heft April 2023), darf noch nicht wie gewünscht losgelegt werden.

Derweil wird in Nordrhein-Westfalen ein „europaweit einzigartiges Schulungszentrum“ aufgebaut. Wie Open Grid Europe vermeldete, erfolgte am 7. August 2023 in Werne der erste Spatenstich durch Ministerpräsident Hendrik Wüst für eine H2-Trainingsstrecke, wo der Fernleitungsnetzbetreiber ab 2024 sein Personal zu Experten im praktischen Umgang mit Wasserstoff im Ferngasnetz schulen will.

www.di-uni.de, www.dvgw-veranstaltungen.de, www.heinze-akademie.de, www.hydrogen-academy.net, www.hyschool.eu, www.renac.de, www.tu-dresden.de, www.uol.de, www.tae-studium.de

Autor: Sven Geitmann

 

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