Nikola Motors – Sonderfantasie durch den Badger

Nikola Motors – Sonderfantasie durch den Badger

Die US-Firma Ember* hat kürzlich die Markenrechte (IP, Design) und Prototypen des Badgers von Nikola erworben. Nikola gibt die Werte dieses Sport Utility Vehicles (SUV) im Rahmen eines Equity-Swaps (Tausch via Sacheinlage) ab und erhält dafür 30 Prozent an dem Unternehmen*, das mehrheitlich im Besitz von dem Influencer Dave Sparks und Cole Cannon ist. Kapital von Nikola wird keines fließen, denn der Fahrzeughersteller konzentriert sich zu Recht auf elektrische Nutzfahrzeuge (Batterie + Brennstoffzelle/Wasserstoff). Fest steht, dass der SUV Badger als BZ/Batterie-SUV (Wasserstoff) sehr chic aussieht und dem Cybertruck von Tesla arge Konkurrenz bereiten könnte, sollte diese in time auf den Markt finden. Ob Ember und andere OEMs sowie Partner dieses Projekt wirklich umsetzen, ist allerdings noch unklar.

Der Badger diente mal als Basis für eine Kooperation mit General Motors (GM) und sorgte für eine zweistellige Milliardenbewertung von Nikola Motors an der Börse. Es gab damals 6.000 Vorbestellungen. Betrachten Sie dies somit als schönes Nebenthema. Es könnte sehr spannend sein, wenn es hier konkret wird, sollten bekannte Namen wie Magna, Dana, GM u.v.a. den Ball aufgreifen. Bedenken Sie: Auch das Design eines solchen Modells kostet viel Kapital, welches man ja bereits hat – abgesehen von der Tatsache, dass die Aufnahme der Produktion sehr viel Kapital erfordert, wenn es eventuell auch Unternehmen (OEM = Original Equipment Manufacturer) gibt, die sehr schnell aufgrund schon bestehender Produktionskapazitäten hochgefahren werden könnten – dann könnte der Badger schon bald auf den Markt kommen – alles denkbar.

Der Ausblick stimmt sehr zuversichtlich

Die Bilanzpressekonferenz am 22. Februar 2024 zum vierten Quartal und Gesamtjahr 2023 und vor allem der Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr bestätigt meine sehr optimistische Einschätzung dieses Startups für CO2-freie Lkw. Von 42 gebauten TreFCEV wurden 35 im vierten Quartal 2023 ausgeliefert. Sieben befinden sich in Testläufen bei Flottenbetreibern. Die batterieelektrischen Lkw TreEV finden nach dem Problem mit den Batterien und deren Austausch im Laufe des Jahres bis Ende des zweiten Quartals zurück zu ihren Käufern. Nikola kann jeden gebauten TreFCEV sofort verkaufen, da die Nachfrage da ist, aber es noch nicht ausreichend Zulieferteile gibt. 2024 sollen 300 bis 350 verkauft werden.

Stark ist die Position bei den Gutscheinen HVIP Voucher, wo Nikola fast alle (99 Prozent = 355 von 360) auf sich verbuchen kann. Wir sprechen von bis zu 408.000 US-$ Zuschuss pro BZ-Lkw. Bei den BEV sind es 95 Gutscheine per Ende Januar 2024.

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Sich auf Kalifornien und Kanada in der Anfangsphase zu konzentrieren, ergibt angesichts der Förderprogramme eindeutig sehr viel Sinn. Parallel arbeitet Nikola via der Tochter HYLA daran, die Wasserstoffinfrastruktur an wichtigen Standorten – u.a. Hafenanlagen in Kalifornien wie LA oder Orlando – durch mobile H2-Tankstellen mit dem notwendigen Wasserstoff darzustellen. Bei dieser Strategie lassen sich erst einmal mobile H2-Tankstellen aufstellen (wesentlich weniger Regulatorik als bei festen Standorten), bis man je nach Erfahrung und Bedarfslage feste Stationen errichtet.

Dazu kommt die Partnerschaft mit First Element Fuel, die bereits H2-Tankstellen an wichtigen Knotenpunkten (Häfen wie Orlando) betreiben und dort 100 bis 200 Lkw am Tag mit dem notwendigen Wasserstoff versorgen. Die Verfügbarkeit des Wasserstoffs ist auf jeden Fall (so ein Take aus der Pressekonferenz) in ausreichender Menge gegeben. Darin sind auch bereits zukünftig auszuliefernde TreFCEV und deren H2-Bedarf berücksichtigt.

Aktuell werden neun Standorte des eigenen HYLA-Programms neben denen von First Element Fuel entwickelt. Insgesamt werden da perspektivisch über 60 H2-Tankstellen auf den Weg gebracht. Vielleicht tank da auch irgendwann mal der Badger?

Lkw im Einsatz – Kunden sehr zufrieden

Es gibt diverse Berichte über Langstreckenfahrten mit den wasserstoffbetriebenen Lkw von Kunden, die ausgesprochen positiv berichten: Coyote Container hat eine Fahrt vom Hafen Oakland nach Long Beach, dann nach Iowa und Ontario und dann zurück zum Hafen Portland unternommen. Mit nur einer H2-Nachfüllung nach 866 Meilen. MTA Trucks fuhr eine Runde über 519 km von Edmonton nach Calgary und zurück. Der Tank war am Ende der Strecke noch 40 Prozent gefüllt – bei minus 10 Grad. Weitere Beispiele beziehen sich auf Touren von über 1.000 Meilen in einem Tag bei voller Last.

Fazit: Mit über 460 Mio. US-$ an freiem Kapital (unrestricted cash) ist das Unternehmen vorerst gut durchfinanziert. Kostensenkungsmaßnahmen, Optimierungen und normale Skalierungseffekte in der Produktion (je mehr Lkw gebaut und verkauft werden, umso günstiger der Preis pro Einheit und je näher der Zeitpunkt, die Gewinnschwelle zu überschreiten) werden das Gesamtjahr prägen, wobei der Kapitaleinsatz auf Quartalsbasis erheblich fallen soll. 400 bis 450 Lkw beider Gattungen gelten als erstes Absatzziel für 2024 mit einer Umsatzerwartung von 150 bis 170 Mio. US-$. Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Auftragseingänge erheblich höher ausfallen könnten, auch wenn diese erst 2025 umsatzwirksam werden.

Nikola steht erst in der Anfangsphase – 2.400 Fahrzeuge könnten bereits theoretisch auf Jahresbasis produziert werden, wenn alle Zulieferteile verfügbar sind. Was den Börsen-(Aktien)kurs angeht, wiederholt sich CEO Girsky salomonisch mit seiner Äußerung – sinngemäß – dass die Börse das selbst am besten bewerten wird, wenn die gemachten Prognosen eintreten. Damit geht meine Erwartung einher, dass wir bald wieder Kurse von über 1 US-$ sehen werden (bzw. wesentlich höhere), wenn eintritt, was prognostiziert wird.

Unter 1 US-$ kann es theoretisch zu einem Delisting an der NASDAQ kommen (7. Juli nach 180-Tage-Frist, die allerdings verlängert werden kann). Ein Reversal-Split (Aktienzusammenlegung) als eine Maßnahme, den Aktienkurs auf über 1 US-$ zu bringen, erübrigt sich dann natürlich von selbst.

Das Kursverhalten der Aktie wird aktuell noch von Shortsellern und Naked Shorts dominiert, die stark gegen das Unternehmen und den Aktienkurs wetten. 229,6 Mio. Aktien waren Mitte Februar leer verkauft. Dieser Short-Interest könnte mal – bei guten Nachrichten – Grund für Eindeckungskäufe (im Extremfall ein Squeeze) sein – aber nur eine persönliche Sicht – ohne Obligo. Auf der anderen Seite kaufen institutionelle Anleger wie der Norwegische Staatsfonds (hält 10,25 Prozent an Nikola), Blackrock, Vanguard und andere zu, was als ein gutes Zeichen angesehen werden kann und sollte.

Gegen den Firmengründer Trevor Milton hat Nikola bereits vor Gericht gewonnen und arbeitet nun daran, einen Titel zur Umsetzung zu erhalten. Immerhin geht es um 165 Mio. US-$. Das wurde auch in der Bilanzpressekonferenz erwähnt. Milton hält noch direkt über 51 Mio. Aktien, die eventuell als Teilzahlung – ohne Obligo – eingezogen werden könnten. Der Aktienkurs wird nun vor allem von Auftragseingängen für die E-Lkw getrieben. Da man an Testreihen bei Flottenbetreibern arbeitet, könnte hieraus – meine Erwartung/Spekulation – auch mancher Großauftrag resultieren. Denn Logistiker wie beispielsweise FedEx haben über 35.000 Lkw, die via CO2-Bespeisung und Auflagen (Dekarbonisierung) wie auch Gesetzen in Bundesstaaten wie Kalifornien peu a peu weg vom Diesel müssen.

Nikola muss als Startup gesehen werden. Da geht es um einen neuen, disruptiven Markt am Anfang eines langfristigen Trends. Bis es zu dem Übergang in die Gewinnzone (2025/26) kommt, muss noch viel Kapital investiert werden (logische Verluste), aber die Börse wird dies gerne zur Verfügung stellen, wenn die Prognosen eintreten und in der Aktienkursentwicklung antizipieren. Die Investmentbank Baird hat ja kürzlich erst einmal 2 US-$ als Kursziel ausgerufen. Andere Investmentbanken sollten folgen. Die Volatilität in der Aktie wird sehr hoch bleiben – Tagesschwankungen von fünf oder auch über zehn Prozent gehören zur Normalität. Nichts für Anleger mit schwachen Nerven.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 2. März 2024

*: Es handelt sich um das US-amerikanische Unternehmen Ember, nicht um Ember Motors.

Die Suche nach dem idealen H2-Speicher

Die Suche nach dem idealen H2-Speicher

Interview mit Thomas Korn, CEO von water stuff & sun

Das Start-up water stuff & sun hat eine neue Technologie entwickelt, die eine sichere und einfache Speicherung von Wasserstoff ermöglichen soll. Kernkomponente ist dabei ein Mikroventilsystem. Ein Druckregler steuert die Wasserstoffabgabe schrittweise von 1.000 bis hinunter zu wenigen bar. Über die Funktionsweise und die Herausforderungen hat HZwei mit Thomas Korn, dem CEO von water stuff & sun, gesprochen.

HZwei: Herr Korn, das Speichern und Betanken von Wasserstoff ist ein anspruchsvolles Thema. Wie lösen Sie das Problem?

Korn: Die Speicherung von Wasserstoff in konventionellen Druckgasspeichern ist heute kompliziert und teuer. Es gibt einen Zielkonflikt zwischen Performance, Sicherheit und Kosten. Wir lösen den Zielkonflikt auf eine überraschende Weise: Anstelle weniger, großer und zylindrischer Behälter sind wir mit unserer Technologie in der Lage, die identische Wasserstoffmenge in vielen, tennisballgroßen, runden Druckbehältern aus Kohlefaser zu speichern. Durch das Mikroventilsystem aus Silizium, das in jeder Druckspeicherkugel verbaut ist, agieren alle identisch und zeitgleich, wie ein großer Tank. Der Aufwand für die Sicherheit von Wasserstoffspeichern kann signifikant reduziert werden, wenn die Energiemenge in vielen kleinen Behältern aufgeteilt ist. So sparen wir im Verhältnis zu einem Standarddrucktank fast die Hälfte des Kohlefasermaterials ein. Diese kugelförmigen Hochdruckspeicher nennen wir Sfeers.

So werden Wasserstoffzellen beliebig skalierbar und in Wasserstoffbatterien flexibler Bauform integriert. Grüner Wasserstoff wird so für eine Vielzahl von mobilen und stationären Anwendungen wie Lkw, Drohnen und Flugzeugen nutzbar. Die nächste Generation dieser Energiespeicher wird im Vergleich zur Lithium-Ionen-Batterie um 95 Prozent leichter und bis zu 30-mal günstiger sein – und das bei gleicher Energiemenge, die transportiert werden kann.

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Eine runde Sache: eine Sfeer-Kugel auf der EES-Fachmesse in München

Wie funktioniert die Wasserstoffbatterie?

Wasserstoffbatterien sind Niederdruck-Wasserstoffspeicher, in denen die mit bis zu 1.000 bar befüllten Sfeers integriert sind. Die Gehäuse der Wasserstoffbatterien sind für niedrige Drücke ausgelegt und können somit ideal auf vorhandene Bauräume unterschiedlichster Mobilitätsprodukte angepasst werden. Bei Wasserstoffentnahme sinkt der Druck im Gehäuse der Wasserstoffbatterie ab und aktiviert das Mikroventilsystem aller Sfeers, nachdem ein mechanisch programmierter Umgebungsdruckbereich unterschritten wird. Diese geben nun Wasserstoff frei und stellen zusammen die benötige Energiemenge eines Wasserstoffmotors oder einer Brennstoffzelle bereit.

Der Druck in der Wasserstoffbatterie steigt wieder über den Aktivierungsdrucklevel an, der durch den Fertigungsprozess der mikromechanischen Komponenten festgelegt wird. Nach dem Erreichen des Drucklevels schließen alle Mikroventile. Der Druck in der Batterie bleib konstant oder reduziert sich wieder, falls der Verbraucher weiterhin Wasserstoff entnimmt. Der Aktivierungsdruck ist auf den Versorgungsdruck der Verbraucher eingestellt. Die Wasserstoffbatterie ist quasi ein Niederdruckspeicher, jedoch mit der Kapazität eines Hochdruckspeichers.

Das Konzept erhöht die Sicherheit und reduziert gleichzeitig den Materialaufwand. Nachdem vorhandene Bauräume durch die Freiformfähigkeit ideal genutzt werden, übertreffen Wasserstoffbatterien konventionell Drucktanks hinsichtlich volumetrischer und gravimetrischer Energiespeicherdichte.

Die Mikroventiltechnik kommt aus der Satellitentechnik. Wie werden diese hergestellt?

Satelliten haben einen Gasantrieb, der die Position im Kommunikationsfenster sicherstellt. Aufgrund des wirtschaftlichen Drucks, Satelliten zunehmend kleiner und leichter zu bauen, hat man in der Industrie bereits in frühen Jahren Mikrosystemtechnik zur Steuerung von Gasen zum Einsatz gebracht. Unsere Innovation liegt in der Entwicklung von mikromechanischen Schaltelementen, die keine elektrische Energie zur Steuerung benötigen, sondern passiv durch den Umgebungsdruck gesteuert werden. Wie in der Halbleitertechnik werden hochindustrialisierte Fertigungsprozesse genutzt, die auf großen Silizium-Wafern Tausende identische Bauteile hervorbringen können. Ventile, Gaskanäle und der fünfstufige Druckregler werden in vier Schichten Silizium hergestellt und zusammengefügt. Alle Bauteile des Chips werden in eine Größe von 4 x 4 x 2,5 mm integriert.

Wie sind Sie auf die Idee der kugelförmigen Hochdruckbehälter gekommen?

Die Erfindung der Technologie stammt von Prof. Lars Stenmark, der im Ångström Labaratory der Universität Uppsala Mikrosystemtechnik unterrichtet hat und bereits frühere Erfindungen in der Luft- und Weltraumindustrie zur Anwendung brachte. Als er mir von seiner Erfindung zur Wasserstoffspeicherung erzählte, war ich Feuer und Flamme. Ein physikalischer Wasserstoffspeicher, der zwei vorhandene Technologien kombiniert und den Zielkonflikt zwischen Sicherheit, Kosten und Performance von Wasserstoffspeichern löst – da konnten wir nicht widerstehen und haben im Januar 2017 die Firma water stuff & sun gegründet.


Ein Blick ins Labor zeigt den Testaufbau zur Evaluierung des Mikrochips

Gibt es schon einen Prototyp?

Im Clean Room im Ångström-Labor in Uppsala haben wir bereits Prototypen von Schaltventilen und das Kernelement des Ventilsystems, den Druckregler, hergestellt und getestet. Wir haben ebenfalls einen Sfeers-Protoyp aus Kohlefaser in einem Berstversuch untersucht und unser Simulationsmodell mit den Ergebnissen validiert. Aktuell bauen wir den ersten Systemprototyp einer Wasserstoffbatterie mit drei Sfeer-Zellen auf. Mit dem Prototyp und dessen Einsatz in einer Mikro-Mobility-Anwendung werden wir im ersten Halbjahr 2024 den technischen Reifegrad 5 erreichen. Ab diesem Zeitpunkt beginnen wir mit mehreren Herstellern, Wasserstoffbatterien für spezifische Mobilitätsprodukte zu entwickeln und im nächsten Schritt zu industrialisieren. Das Interesse in der Industrie ist groß. So konnten wir bereits mit einem Flugzeughersteller und dem DLR ein gemeinsames Förderprojekt einreichen. Gemeinsam mit dem Partnerunternehmen Keyou entwickeln wir Wasserstoffbatterien zur Um- und Nachrüstung von Lkw und Bussen. Auch das Interesse eines Minenmaschinenherstellers und eines Lkw-OEM konnten wir bereits erregen.

Nochmals zurück zum Tankvorgang. Sie planen, die Speicher auszutauschen?

Wasserstoffbatterien müssen nicht im Fahrzeug betankt werden, sie werden an Wechselstationen oder bei kleinen Anwendungen auch mit der Hand getauscht. Entsprechend schnell und kosteneffizient kann so die Betankung stattfinden. Die leeren Wasserstoffbatterien werden an zentralen Kompressorstationen wiederbefüllt und zurück an die Wechselstationen gebracht. Das einfache Handling wird durch den niedrigen Betriebsdruck und die begrenzte Menge von H2 im Gehäuse der Wasserstoffbatterie ermöglicht. Im Vergleich zu konventionellen Hochdruck- oder Flüssigwasserstofftankstellen ist der Aufwand und die Komplexität deutlich reduziert, was die Investitions- und Betriebskosten verringert und somit auch den Wasserstoffpreis. Beispielsweise bei schweren Nutzfahrzeugen müssen einige Hundert Liter Kraftsoff-Energieäquivalent mit Wasserstoff komprimiert, gekühlt und transferiert werden. Der Vorgang kann mit der Wasserstoffbatterie mit einem einfachen Tausch innerhalb von wenigen Minuten erledigt werden.

Sie müssen einiges finanzieren. Wie sehen die nächsten Schritte für Ihre Firma aus?

Der Kapitalbedarf ist bei einem Tech-Start-up immer ein Thema, das ist ein kontinuierlicher Prozess. Gerade haben wir eine neue Finanzierungsrunde gestartet, in der unsere bereits investierenden Partner wie die Kapitalgesellschaft der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, kurz ES Kapital, das Family Office Besto der Unternehmerfamilien Beyer und Stoll oder die Maschinen- und Werkzeugfabrik Nagel Interesse angemeldet haben. Ich würde von relativ bodenständigen Investoren mit regionalem Bezug sprechen, die schon seit einer frühen Phase mit dabei sind. Das frische Geld soll unter anderem in die schon angesprochene Entwicklung eines Prototyps in der mobilen Anwendung fließen. Die Rohstoffe für die Produktion wie Halbleiterchips sind alle erschwinglich. Kohlefaser und Silizium sind gut auf dem Markt zu bekommen. Das ist ein Vorteil bei der weiteren Skalierung. Wenn alles funktioniert, sehen wir bis 2025 die erste unserer Batterien in einem Fahrzeug oder Flugzeug.


Die H2-Batterie soll im Lkw einfach und schnell getauscht werden

Wann und wie wird sich der Markt für Ihre Lösung entwickeln?

Die Transformation der Energiesysteme ist im vollen Gange. Infrastruktur für erdgas- und ölbasierte Kraftstoffe und Brennstoffe wird durch Wasserstoff und flüssige Wasserstoffderivate wie Ammoniak, Methanol oder synthetische Kraftstoffe ersetzt. Der Wettlauf um die Technologieführerschaft und letztendlich Energieführerschaft hat längst begonnen. In China und den USA werden aktuell viele Milliarden Euro in Wasserstofftechnologien und deren Infrastruktur investiert, wir Europäer versuchen mit dem Green Deal dagegenzuhalten. Wasserstoffprojekte schießen wie Pilze aus dem Boden. Für uns hat der Markt bereits begonnen, wir schließen aktuell Kooperationsverträge mit ersten Herstellern von Fahrzeugen und Maschinen.

Wo sehen Sie den ersten Markt, der sich entwickeln könnte?

Wir müssen da mehrgleisig fahren und schauen deshalb auch in die USA und in den arabischen Raum. Das Land, das durch Investition die niedrigsten Wasserstoffpreise ermöglichen kann, wird viele Unternehmen und Investments anziehen. Ich hoffe, dass wir in der EU und in Deutschland mit der Greenhouse Gas Quota ein Instrument erhalten, das wettbewerbsfähig ist.

Sie haben eine Auszeichnung bei den World CleanTech StartUPs Awards, kurz WCSA 2023, gewonnen. Was hat die Jury besonders überzeugt?

Erst einmal ist der Award als Plattform ein sehr interessantes Netzwerk. Der WCSA 2023 wurde unter anderem von ACWA Power in strategischer Partnerschaft mit Dii Desert Energy und dem französischen Institut für Solarenergie CEA-INES ausgeschrieben. Die Jury hat das transformative Potenzial der Wasserstoffbatterie gesehen. Die Innovation könnte eine effiziente und flexible Infrastruktur für H2 aufbauen. Die Stromkosten zur Wasserstofferzeugung aus erneuerbaren Energien sind in Dubai sehr gering. Auch deshalb hat uns ACWA nun Ende des Jahres 2023 noch mal eingeladen, unsere Lösung vor Ort zu präsentieren. Das wird sehr spannend.

Im November wurden wir zudem bei den Global EnergyTech Awards gleich zweimal ausgezeichnet: mit dem „Best CleanTech Solution for Energy“ und zusätzlich dem Sonderpreis „Best Stand Out Performer“. Wir waren die einzigen Gewinner aus Deutschland. Das hilft.

Interviewer: Niels Hendrik Petersen


Thomas Korn

Thomas Korn arbeitet bereits seit 1998 an dem Thema Wasserstoff. Der Ingenieur hat unter anderem bei BMW an der Entwicklung der Brennstoffzelle gearbeitet. 2015 war er Mitgründer des Wasserstoff- Start-ups Keyou in München. Das Start-up water stuff & sun wurde 2017 im oberbayerischen Unterschleißheim gegründet. Die junge Firma hat derzeit 15 MitarbeiterInnen sowie eine Zweigstelle in Uppsala, Schweden.

Frustration über anhaltende Unsicherheiten

Frustration über anhaltende Unsicherheiten

HZwei: Herr Chatzimarkakis, zum Glück hat es bei der Verabschiedung der RED III nicht ganz so lange gedauert wie bei der RED II. Was sagen Sie zu dem Ergebnis?

HE: Die Verabschiedung der RED III ist ein positiver Schritt für die Wasserstoffindustrie in Europa. Sie schafft Klarheit und die Grundlage für die Förderung sowie Entwicklung von Wasserstoffprojekten und -anwendungen. Es ist jedoch wichtig, dass die Umsetzung zügig erfolgt, damit die Branche die notwendige Planungssicherheit hat, um Investitionsentscheidungen zu treffen.

HZwei: Überaus große Bauchschmerzen bereitet der H2-Industrie gerade das extrem langwierige Prozedere bei den IPCEI-Vorhaben. Angeblich soll jetzt etwas in Bewegung kommen. Können Sie das bestätigen und etwas Licht ins Dunkel bringen?

HE: Ja, die Verzögerungen bei den IPCEI-Vorhaben aufgrund manchmal europäischer und manchmal nationaler Bürokratie haben die Branche besorgt. In der Summe hat es zur Konsequenz, dass Fördermittelempfänger zu lange warten müssen und entsprechend abspringen. Das birgt die Gefahr, dass Projekte zum Beispiel in den USA verwirklicht werden könnten. Wir dürfen hier also keine Zeit verlieren. Denn der schleichende De-Industrialisierungsprozess beschleunigt sich durch solche unnötigen Verzögerungen. Um dem entgegenzuwirken, konnte ich bei dem einen oder anderen Prozess Bewegung bringen. Die IPCEI-Initiativen sind entscheidend für die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft und die Förderung von Innovationen. Es ist wichtig, dass die bürokratischen Hürden überwunden werden, damit diese Projekte vorankommen.

HZwei: Was melden Ihnen Ihre Mitglieder zurück? Bedauern sie, sich überhaupt beworben zu haben?

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HE: Einige unserer Mitglieder haben Bedenken hinsichtlich der langen Verzögerungen bei den IPCEI-Projekten geäußert. Sie haben erhebliche Ressourcen in die Bewerbungen investiert und warten nun auf grünes Licht, um mit ihren Projekten voranzukommen. Es ist verständlich, dass sie über die anhaltenden Unsicherheiten frustriert sind.

HZwei: Wie lautet Ihre Empfehlung: Lieber auf Fördergelder verzichten und selber zügig starten oder weiter abwarten?

HE: Die Entscheidung, auf Fördergelder zu verzichten und eigenständig zu starten oder weiter abzuwarten, hängt von den individuellen Umständen jedes Unternehmens ab. Es ist jedoch wichtig, dass die Fördermittel so schnell, wie möglich, fließen, um die dringend benötigten Wasserstoffprojekte zu unterstützen und die Markteinführung zu beschleunigen.
Leider ist die Produktion von grünem Wasserstoff noch mit hohen Investitionskosten und wirtschaftlichen Risiken verbunden. Trotz der Fördermittel lohnt sich oft ein dauerhafter Betrieb der Anlage zur Herstellung von grünem Wasserstoff in industriellem Maßstab wirtschaftlich nicht.
Daher brauchen wir auch noch alternative Wasserstoffproduktionswege, welche wettbewerbsfähiger produzieren können.

HZwei: Schauen wir jetzt mal nach Deutschland: Auf die 37. BImSchV warten viele schon seit etlichen Jahren. Wann wird es Ihres Wissens nach eine neue Verordnung geben und was wird sie Ihres Wissens nach enthalten?

HE: Es ist bedauerlich, dass die Überarbeitung der 37. BImSchV so lange dauert. Leider habe ich keine genauen Informationen darüber, wann eine neue Verordnung erwartet wird oder was sie genau enthalten wird. Es ist jedoch entscheidend, dass die Verordnung die Bedürfnisse der Wasserstoffindustrie und die Anforderungen für eine sichere sowie effiziente Wasserstoffproduktion berücksichtigt.

HZwei: Erlauben Sie jetzt noch zwei drei Fragen zu dem offenen Brief, den Hydrogen Europe kürzlich zugeschickt bekommen hat (liegt der HZwei-Redaktion vor). Darin fordern verschiedene hochrangige BranchenvertreterInnen aus dem Projektkonsortium von JIVE, JIVE 2 und MEHRLIN eine „Verbesserung der Wasserstoffbetankungsinfrastruktur für BZ-Busse“. Ist dieser Brief bei Ihnen angekommen?

HE: Ja, der offene Brief ist bei uns angekommen. Wir nehmen die Anliegen der Branchenvertreter sehr ernst. Die Verbesserung der Wasserstoffbetankungsinfrastruktur für Brennstoffzellenbusse ist von entscheidender Bedeutung, um die Verbreitung dieser umweltfreundlichen Verkehrsmittel zu unterstützen. Hier könnte insbesondere Waste-to-Hydrogen ein Teil des Puzzles sein. Denn die Gestehungskosten, beispielweise aus Biogas, liegen bei 2-3€/kg. Zusammen mit der THG-Quote wird das schnell wirtschaftlich.

HZwei: Darin heißt es unter anderem: „Die Mitglieder des Konsortiums sind davon überzeugt, dass BZ-Busse eine praktikable Option für den öffentlichen Verkehr in ganz Europa darstellen können. Sie haben sich als zuverlässig erwiesen und werden sowohl von den Fahrgästen als auch von den Busfahrern sehr gut angenommen. Das Konsortium ist jedoch der Meinung, dass die technische Reife und die Fähigkeiten der Wasserstofftankstellen (HRS) deutlich unter den Anforderungen für den Betrieb einer BZ-Busflotte liegen. Das Konsortium ist der Ansicht, dass dies ein großes Hindernis und eine Einschränkung für die Kommerzialisierung und Verbreitung von BZ-Bussen darstellt und in der Tat eine Herausforderung für BZ-Fahrzeuge in ganz Europa und vielleicht sogar weltweit darstellen könnte.“ Sie werden in diesem Schreiben aufgefordert, die Bedeutung dieses Problems anzuerkennen und so schnell wie möglich Gespräche mit der Industrie über mögliche Lösungen zu führen. Was sagen Sie dazu?

HE: Die Bedenken des Konsortiums sind berechtigt. Wir unterstützen die Bemühungen, die Wasserstoffbetankungsinfrastruktur für Brennstoffzellenbusse zu verbessern. So sind wir und unsere Mitgliedsunternehmen aktiv in der Normung zu diesem Thema – zum Beispiel bei ISO und UNECE. Es ist wichtig, dass die Industrie und die politischen Entscheidungsträger zusammenarbeiten, um Lösungen für diese Herausforderung zu finden und sicherzustellen, dass Brennstoffzellenbusse ihr volles Potenzial entfalten können.
Zudem: Ein sehr positiver Effekt zum Hochlauf der Betankung wird sicherlich von der AFIR ausgehen. Dieser verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, Wasserstofftankstellen auf den zentralen europäischen Achsen sowie in städtischen Knotenpunkt zu errichten. Wir haben errechnet, dass bis 2030 insgesamt bis zu 600 Tankstellen innerhalb der EU entstehen müssen. Das wird einen deutlichen Impuls für die Nutzer von Brennstoffzellenbussen geben.

HZwei: Heißt das, dass Sie sich dieser Problematik – auch im Interesse Ihrer eigenen Verbandsmitglieder – annehmen werden?

HE: Ja, Hydrogen Europe nimmt sich aktiv dieser Problematik an und setzt sich für die Verbesserung der Wasserstoffbetankungsinfrastruktur ein. Wir sind bestrebt, die Interessen unserer Verbandsmitglieder zu vertreten und die Entwicklung der gesamten Wasserstoffwirtschaft in Europa voranzutreiben.

Interviewer: Sven Geitmann

Auszüge aus dem offenen Brief

„Wenn es etwas gibt, was der kommerzielle Betrieb von Bussen in öffentlichen Verkehrssystemen braucht, dann ist es ein HRS, das für den Betrieb verfügbar und zuverlässig ist. Dieser grundlegende Standard wird bei den derzeitigen Betankungseinheiten häufig nicht erfüllt. An fast allen Standorten der Projekte JIVE, JIVE 2 und MEHRLIN kam es zu erheblichen Ausfallzeiten der Betankungseinheit, so dass die Fahrzeuge nicht einsatzfähig waren.“

„Es hat viele Monate gedauert, um einen zuverlässigen und robusten Tankvorgang zu erreichen, wobei zahlreiche Störungen während des Tankvorgangs auftraten, die der Lieferant nur langsam beheben konnte – und das trotz der inhärenten Redundanz der Station.“

„Die Mitglieder des Konsortiums berichten über Probleme mit einer Reihe recht grundlegender Geräte zur Wasserstoffförderung. Angesichts der umfangreichen Erfahrungen der Industrie mit der Handhabung von Wasserstoff sind diese Probleme überraschend.“

„Darüber hinaus ähneln die Probleme und Kommentare denen, die bei zahlreichen Projekten aus den frühen 2000er Jahren berichtet wurden. Es ist bemerkenswert und sehr enttäuschend, dass die Leistung der Kompressoren für die Betankung von BZ-Bussen offenbar noch nicht das für den kommerziellen Flottenbetrieb erforderliche Niveau erreicht hat.“

„Die Projektstandorte haben berichtet, dass die Datenübertragung häufig unterbrochen wird, was zum Abbruch der Betankung oder zu einer längeren Betankungszeit als erforderlich führt. Der Sensor in der Düse ist nicht robust. Wenn er kaputtgeht, muss die gesamte Zapfpistole ersetzt werden, was ca. 10.000 € kostet.“

„Bei der Umstellung von Tanks des Typs 3 auf Tanks des Typs 4 in den Bussen traten erhebliche Probleme auf. Zumindest teilweise scheint dies darauf zurückzuführen zu sein, dass die Informationen von den Busherstellern nicht an die HRS-OEMs übermittelt wurden.“

„Zwar wurden Ziele wie eine HRS-Verfügbarkeit von mehr als 98 % bereits erreicht, z. B. von einigen Standorten des CHIC-Projekts, doch war eine Leistung auf diesem Niveau nur mit einem erheblichen Einsatz von Personal und finanziellen Mitteln, d. h. mit höheren Kosten, zu erreichen.“

„Gewerbliche Betreiber verlangen, dass ihre Fahrzeuge verfügbar sind, wann und wo sie gebraucht werden (und zu vertretbaren Betriebskosten). Dies ist vielleicht die wichtigste Variable, auf die die Betreiber achten, wenn sie Investitionen in neue oder zusätzliche Fahrzeuge in Erwägung ziehen. Wenn sie nicht sicher sein können, dass die Fahrzeuge bei Bedarf betankt werden können, werden alle Pläne für eine Flottenerweiterung von BZ-Bussen nicht umgesetzt werden.“

„Wir sind der Meinung, dass die anhaltenden Probleme mit der Betankung gelöst werden müssen, wenn die 407 Millionen Euro, die in den letzten 20 Jahren aus öffentlichen EU-Mitteln und den entsprechenden Mitteln von Industrie, Busbetreibern, KMU und Forschungspartnern in BZ-Busse investiert wurden, zu einer nachhaltigen Kommerzialisierung der Busse führen sollen. Wir sind davon überzeugt, dass sie kurzfristig gelöst werden können, wenn man ihnen die nötige Aufmerksamkeit und die erforderlichen Ressourcen zukommen lässt.“

Picea 2 setzt auf Lithium statt Blei

Picea 2 setzt auf Lithium statt Blei

HPS stellt neue Produktgeneration vor

Energiespeicherung

Die Firma HPS Home Power Solutions hat eine neue Generation ihres saisonalen Energiespeichersystems vorgestellt. Die Picea 2 nutzt nun Lithiumbatterien, was die Installation im Haus aufgrund des geringeren Gewichts erleichtert. Mit doppelter Leistung ist das Gerät zudem für die Elektromobilität und Wärmepumpen gerüstet.

Der neue Forschungs- und Entwicklungsstandort befindet sich fast direkt neben dem Nachwuchszentrum des Bundesliga-Fußballvereins Union Berlin in einem Industriegebiet in Berlin-Niederschöneweide. Hier sollen künftig nicht nur Kicker, sondern auch Installateure und Partner geschult werden. Aber nicht nur das, auch die neue Version des Saisonspeichers soll hier gefertigt werden. „Die Montage vor Ort ist für uns sogar kostengünstiger, da die Transportkosten geringer ausfallen“, erläutert Firmengründer und CEO Zeyad Abul-Ella (im Dezember 2023 ausgeschieden und seitdem nur noch Aktionär) bei der ersten Präsentation des neuen Geräts einem exklusiven Kreis von Besuchern.

Neun Jahre nach der Gründung und gut fünf Jahre nach der ersten Präsentation eines Picea-Modells auf der Messe Energy Storage in Düsseldorf 2018 gibt es eine ganze Reihe von Weiterentwicklungen. Das Gerät muss mit der Zeit gehen. Mit Picea 2 hat sich deshalb die Ausgangsleistung auf nun 15 Kilowatt verdoppelt, was es ermöglicht, einen höheren Energiebedarf, beispielsweise für ein E-Auto oder eine Wärmepumpe, abzudecken. Bei einem Stromausfall gewährleistet die Ersatzstromversorgung, dass wichtige Verbraucher im Haushalt stabil mit Strom versorgt werden. „Für jede der drei Phasen des Drehstroms liefert das Gerät nun fünf Kilowatt Leistung“, erklärt Abul-Ella.

Die neue Generation des Speichers bietet auch eine erhöhte Anschlussleistung für Photovoltaikanlagen – und nimmt damit den Trend aus dem Markt auf. Durch neue Leistungselektronik konnte laut HPS die Effizienz gesteigert werden, womit nun höhere Selbstversorgungsgrade möglich sind. Der Nutzungsgrad inklusive Wärmenutzung beträgt 90 Prozent. Der elektrische Wirkungsgrad liegt zwischen 35 und 40 Prozent.

Kooperation mit kompetenten Partnern

Das Gerät nutzt nun einen externen Wechselrichter von SofarSolar, bei dem die Software für den Speicher entsprechend angepasst wurde. „Wir machen das, was wir richtig gut können. Bei allen anderen Komponenten setzen wir auf Kooperation mit Partnern“, sagt der gelernte Bauingenieur Abul-Ella. Das gilt für den Umrichter wie auch für die Lithium-Akkus.

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Der AEM-Elektrolyseur kommt von der deutsch-italienischen Firma Enapter. Das Kürzel AEM steht für Anionen-Austausch-Membran. Die Technologie nutzt kostengünstigere Materialien wie Stahl statt Titan und kombiniert die Vorteile der Alkali-Elektrolyse mit der Flexibilität und der Kompaktheit der PEM-Elektrolyse. Enapter-Mitgründerin Vaitea Cowan ist ebenfalls bei der Produktvorstellung dabei, wie auch Hans-Peter Villis, ehemaliger EnBW-Chef sowie Teilhaber der ersten Stunde und heute Aufsichtsratsvorsitzender bei HPS.

Vorgaben an die Entwickler

„Eine harte Vorgabe an die technischen Entwickler war es, die Maße für die Einschubboxen für den Elektrolyseur und die Brennstoffzelle in der Energiezentrale der ursprünglichen Picea beizubehalten“, betont Abul-Ella. Die ersten Picea-Kunden seien Pioniere, sie sollten deshalb auch von den Innovationen profitieren und später einfach umrüsten können. Eine Weiterentwicklung im Elektrolysemodul kühlt den Wasserstoff auf 5 °C. Das ermöglicht, die vier- bis fünffache Menge des Gases aufzunehmen, weil die Feuchtigkeit nun vor der Speicherung entzogen wird.

Neu sind auch Statusanzeigen, die auf Knopfdruck am Gerät oder über die App über wichtige System- und Speicherzustände informieren. Das System besteht immer aus einer Energiezentrale und einem Wasserstoffspeicher mit einem Kompressor, der außerhalb des Hauses auf einem Betonfundament aufgestellt wird. Dieses Fundament ist zwingend notwendig.

Die Einheit der Energiezentrale hat ordentlich abgespeckt und wiegt nun 70 Prozent weniger: statt 2,2 Tonnen jetzt nur noch 700 Kilogramm. Grund ist der Wechsel von Blei- hin zu Lithiumbatterien der Firma Pylontech. Auch ist die Bauhöhe im Vergleich zum Vorgängergerät um 15 Zentimeter auf 1,85 Meter verringert. Klingt wenig, kann bei einer Installation im Keller aber entscheidend sein.

Die Picea 2 kostet ab 99.900 Euro

Das Picea-Modul wandelt den überschüssigen Solarstrom im Sommer in Wasserstoff um. So können große Energiemengen effizient und über lange Zeiträume gespeichert werden. Im Winter kann das Gas über eine Brennstoffzelle wieder in Strom und Wärme umgewandelt werden. Die langfristige Speicherkapazität liegt bei bis zu 1.500 Kilowattstunden elektrisch. In der kleinsten Version mit 16 Gasflaschen sind es 300 Kilowattstunden.

Die kleinste Version der Picea 2 kostet 99.900 Euro. Der Preis ist brutto gleich netto, da bei Speichern der Mehrwertsteuersatz von null Prozent gilt. Mit mehr Speicherkapazität steigen die Kosten auf bis zu 140.000 Euro. Das bezieht sich auf einen Neubau, bei dem die Installation mitgeplant werden kann. Im Bestand kann es noch etwas aufwändiger werden, so dass sich der Betrag gegebenenfalls auf bis zu 160.000 Euro erhöht.

Die Nachfrage scheint da zu sein. Denn bisher wurden über 500 Geräte der ersten Generation verkauft. Mehr als 100 sind bei Kunden installiert.

Autor: Niels Hendrik Petersen

Eine Vision für 2024

Eine Vision für 2024

Börse bedeutet, einen Blick in die Zukunft zu wagen. Der Anleger spekuliert auf zukünftig mögliche Entwicklungen, und auf dieser Erwartung beruhen die Aktienkurse. Wagen wir also den Blick in die Glaskugel: Mit theoretisch denkbaren Szenarien, die aber durchaus realistisch sind.

Ballard Power

In China wurde endlich ein Förderprogramm für den Bereich Wasserstoff und Brennstoffzelle auf den Weg gebracht. Das Joint-Venture mit Weichai Power läuft auf die Auslastung hinaus – 20.000 BZ-Stacks sind die Jahresproduktion, und man kann diese Kapazität schnell ausbauen. Der Hochlauf mit Wishdom Motor nimmt Fahrt aus. Es geht um beachtliche 12.000 BZ-Lkw, die innerhalb von 5 Jahren auf den Straßen fahren sollen – die ersten Fahrzeuge sind bereits ausgeliefert. Ballard entschließt sich nun, die Produktion der MEA (Membrane Elektrolyte Assembly, Hauptkostenträger in der Brennstoffzelle) in China zu realisieren, weil der Bedarf da ist. 130 Mio. US-$ sind fixiert, was bei über 700 Mio. US-$ auf dem Konto kein Problem für die Eigenfinanzierung ist. Die Partnerschaft (Testlauf) mit Ford in der Türkei für den F-Max wird positiv abgeschlossen, dann kann 2025 der Hochlauf beginnen. Es könnten mal über 10.000 BZ-Module im Jahr werden, weil Ford mit Hilfe von Ballard auf die Brennstoffzelle in Nutzfahrzeugen setzt. Bushersteller-OEM wie VanHool, Solaris und NFI (New Flyer) erhöhen massiv ihre Bestellungen an Stacks für den Einsatz in Bussen. Das US-Marktforschungsinstitut „Information Trends“ erwartet, dass bis zum Jahr 2037 weltweit 650.000 wasserstoffbetriebene Busse fahren werden. Ballard ist der Marktführer und kann es bleiben. In der Zug-Sparte kommen Großaufträge für BZ-Module von Ballard herein – von den Plattformpartnern Siemens Mobility und Stadler. Analysten erhöhen ihr vorläufiges Kursziel auf acht bis zehn US-$.

Bloom Energy

Die ehrgeizige Vorgabe, für die kommenden zehn Jahre ein Wachstum von über 30 Prozent jährlich zu erreichen, nimmt Fahrt auf. Bloom kann 1,8 bis 2 Mrd. US-$ Umsatz in 2024 erreichen und operativ mit Gewinn abschließen – ein Meilenstein. Aus Europa kommen Großaufträge, und der US-Markt wächst ohnehin stark; hier gibt der Inflation Reduction Act (IRA) die Geschwindigkeit vor. In Asien setzt der Partner und Großaktionäre sk ecoplant/sk Group auf den Ausbau der gemeinsamen Projekte. Die eigene marktführende SOFC-Elektrolyse erhält ihren Startschuss in der Produktion nach erfolgreichen Testläufen mit über 90 Prozent Wirkungsgrad. In 2025 wird mit 1 GW Leistung für die Produktion begonnen. Analysten erhöhen ihre Kursziele (aktuell 10 bis 21) auf 30 US-$ oder mehr.

Nikola Motors

Das Auftragsbuch füllt sich. Ende 2024 liegen Bestellungen für über 2.000 Wasserstoff-Lkw des Nikola-Modells Tre FCEV vor, einem vollelektrischen 40-Tonner mit Batterien, BZ und H2-Tanks. Investmentbanken erhöhen die Kursziele von zwei (jüngst Investmentbank BAIRD) auf drei US-$ bis fünf US-$. Die eigene Wasserstoffproduktion nimmt zu. Anheuser Busch wandelt eine Absichtserklärung (LoI) in eine Bestellung von 800 BZ-Lkw um. Walmart gibt einen Großauftrag von 100 bis 500 Lkw heraus. Außerdem Aufträge für die ersten BZ-elektrischen Lkw, die auf kalifornischen Hafenanlagen im Betrieb sein werden: 500 im Jahr 2024 und 1000+ für 2025. FedEx schließt einen Testlauf ab und bestellt die ersten 1000 Lkw für die Dekarbonisierung des Unternehmens, das immerhin über rund 37.000 eigene Lkw im Markt verfügt. Nikola ist gegen Ende 2024 ausgelastet und baut die Kapazitäten von aktuell 2.400 Einheiten auf 10.000 Einheiten p.a. aus. Ende 2025 könnte bereits der Übergang in die Gewinnzone erfolgen. Das Wachstum muss finanziert werden: Eine weitere Kapitalerhöhung kommt im Jahresverlauf – 100 Mio. neue Aktien zu je drei US$-plus. Betriebshof-Konzerne wie Travel Center of America und Pilot J bauen eine Kooperation mit Nikola auf: gemeinsame H2-Tankstellen und Ladestationen für e-Lkw. Ein institutioneller Anleger wie der norwegische Staatsfonds (via Norges Bank) hält bereits über 107 Mio. Aktien bzw. 9,25 Prozent – das ist ein Fakt. Andere, etwa BlackRock, könnten folgen. Vielleicht steigt ein strategischer Investor ein; über den Aufkauf der Wandelanleihen kann man – noch – gut 25 Prozent am Unternehmen erwerben.

Plug Power

Es ist nicht einfach. Das Unternehmen hat vollmundige Prognosen abgegeben, die sich schwer halten lassen. Die Aktie fährt weiter Achterbahn und schwankt stark, je nach Nachrichten-Lage. Ideal für Trader. Das ATM-Programm (At The Market) von einer Mrd. US-$ kann peu à peu platziert werden. Ein beantragter Kredit vom Department of Energy im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) wird genehmigt: 500 Mio. bis zu 1,6 Mrd. US-$, allerdings mit Auflagen (Hier die Frage der Konditionen: Coupon (Zinssatz), Laufzeit, Kapitaleinsatz, Rückzahlung). Ein Green Bond als Wandelanleihe wird parallel auf den Weg gebracht: Eine Mrd. US-$-plus. Strategische Investoren wie Fortescue beteiligen sich an manchem Projekt und Unternehmensbereich. Für die Produktion von grünem Wasserstoff setzt Plug Power sehr auf staatliche Zuschüsse im Rahmen des IRA; da gibt es Klarheit von der Regierung, aber es wird dauern. Großaufträge für PEM-Elektrolyseure können verbucht werden. Manche Produktionsstätte für BZ-Stacks und Kryotechnik und Elektrolyseure wird langsam (weniger Kapitalbedarf) ausgebaut, verkauft oder sogar eingestellt. CEO Andy March kündigte kurzfristig an, dass man in Georgia die Produktion von flüssigem Wasserstoff mit sieben Tonnen/Tag begonnen habe sowie die Belieferung von Amazon und Walmart – ein Meilenstein. Er erwartet einen Squeeze der Aktie (Quelle Barrons 1.2.24) aufgrund sehr hoher Leerverkäufe von fast 158 Mio. Aktien. Könnten da Amazon und Walmart für 100 Mio. verantwortlich sein? Diese haben mal über 100 Mio. Optionsscheine erhalten. Die aktuelle Kursexplosion beruht auf der neuen Einschätzung eines Analysten und dem CEO Andy Marsh. Da ist Vorsicht – kurzfristig – angebracht, denn ein ATM-Programm über 1 Mrd. US-$ könnte die aktuelle Situation ausnutzen. Die Zahlen für 2023 kommen im März. Die Kursrange im Jahr 2024: zwei bis sechs US-$, aber 2025 wieder Potential für über zehn US-$.

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Siemens Energy

Nach den letzten Quartalszahlen entsteht ein neuer, positiver Trend: Gamesa kann immer besser integriert werden, Lieferketten werden optimiert. Verluste werden noch bleiben, aber das Gesamtbild verbessert sich nach und nach. Der Bereich Wasserstoff, Gasturbinen und Elektrolyse erhält viele Großaufträge, was den Auftragsbestand auf 140 Mrd. Euro hochschießen lässt. Von Quartal zu Quartal bessert sich die Lage, und 2025 wird das Unternehmen wieder im Plus abschließen und die Aktie nach oben treiben. Die Analysten erhöhen ihre Kursziele auf 25 Euro-Plus mit einem Potenzial von über 100 Prozent im Jahresverlauf gegenüber aktuellen Notierungen.

Hyzon Motors

Testläufe wie mit der Performance Food Group, einem der führenden US-Logistiker für Lebensmittel, laufen planmäßig und erfolgreich; kürzlich wurden die ersten vier Lkw ausgeliefert (Fakt). Da kommt nun ein Großauftrag. Die Produktion der eigenen 200-kW-Singlestacks beginnt im 2. Halbjahr. Ein strategischer Investor wie Fontaine Modification oder Marmon Holdings steigt ein und damit – indirekt – Warren Buffett (ihm gehört Marmon). In Europa wird ein Systemintegrator gefunden, vergleichbar mit Fontaine Modification. Die Aktie verdreifacht sich auf zwei US-$. Vielleicht spielt dabei der neue CTO Professor Christian Mohrdieck (vormals bei Cellcentric, einem 50/50-Joint Venture von Daimler Truck und Volvo) eine besondere Rolle?

Weichai Power

Weichai baut seine Stack-Strategie weiter aus. Man ist größter Einzelaktionär von Ballard Power und – neben Bosch – auch an Ceres Power beteiligt. Da China ein H2/BZ-Förderprogramm beschließt, gewinnt Weichai massiv an Beachtung – die Aktie zieht um 50 Prozent auf 2,50 Euro an. Die Stackfabrik (Joint Venture 51:49) zusammen mit Ballard wird ausgebaut. Parallel sollte man auch den US-amerikanischen Wettbewerber Cummins Engine beobachten, denn dieser profitiert vom Inflation Reduction Act und ist ebenfalls sehr aktiv in allen Bereichen der Wasserstofftechnologien (Stacks, Motoren, Elektrolyseure).

RISIKOHINWEIS

Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein. Dies ist keine Anlage- und Kaufempfehlung, sondern nur eine persönliche Einschätzung – ohne Obligo.

Sven Jösting

Erprobung von BZ-Bussen und ihren H2-Tankstellen

Erprobung von BZ-Bussen und ihren H2-Tankstellen

Zwischenbilanz zur Analyse der Leistungsfähigkeit
Elektromobilität

Brennstoffzellenbusse (BZ-Busse) werden seit rund 20 Jahren erprobt. Mit europäischer Förderung laufen derzeit Demonstrationsprojekte mit rund 300 dieser Fahrzeuge. Die Leistungsfähigkeit der Busse und ihrer Wasserstofftankstellen wird auf der Basis von Betriebsdaten analysiert. Dieser Artikel möchte anhand ausgewählter Indikatoren eine Zwischenbilanz ziehen, inklusive Vergleichen mit den Ergebnissen bereits abgeschlossener Projekte. Insgesamt zeigen die Busse ein positiveres Bild als die Tankstellen.

Im Rahmen der Projekte JIVE und JIVE 2 (2017 bis 2024 bzw. 2018 bis 2025) sind die Busse an 16 Standorten in sechs Ländern im Einsatz (s. Abb. 2). Die örtlichen Flotten umfassen fünf bis 54 BZ-Busse. Zum Einsatz kommen einstöckige 12-m-Solobusse, Doppeldecker (in Großbritannien) sowie an einem Standort straßenbahnähnliche 18-m-Gelenkbusse. Die Wasserstofftankstellen wurden zum Teil aus einem weiteren Projekt namens MEHRLIN gefördert (Projektende: 30. Juni 2023).

Standorte der Projekte JIVE, JIVE 2 und MEHRLIN (Aberdeen, Auxerre, Barcelona, Birmingham, Bozen, Brighton, Emmen, Gelderland, Groningen, Region Köln, London, Pau, Südholland, Toulouse, Wiesbaden und Wuppertal) sowie Länder mit Beobachter-Regionen. Wegen einer Neuausrichtung beim Busbetreiber ist der Standort Wiesbaden nicht mehr aktiv.

Zu den Aktivitäten im Arbeitspaket „Monitoring and Analysis“ gehören neben dem hier auszugsweise vorgestellten „Performance Assessment“ auch ein Umwelt- und Kostenvergleich zwischen BZ- und Batteriebussen [1] und die Dokumentation von „Best Practice“ [2].
Aus Gründen der Vertraulichkeit wurden die Ergebnisse so aggregiert, dass keine Rückschlüsse auf einzelne Standorte möglich sind, soweit die Informationen nicht ohnehin bereits öffentlich zugänglich sind.

Stand Mitte 2023
Bis Ende Juni 2023 (Stand der Datenbasis im Folgenden) legten die Busse rund 13 Millionen Kilometer zurück. In über 63.000 Tankvorgängen wurden mehr als 1 Million Kilogramm Wasserstoff abgegeben.

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Verfügbarkeit der Brennstoffzellenbusse


Verfügbarkeit der Busse in JIVE/JIVE 2 im Vergleich mit früheren Projekten

Abbildung 3 zeigt einen Vergleich der Verfügbarkeit in den größeren Projekten zur Erprobung von Brennstoffzellenbussen seit 2001. Die Kastengrafiken zeigen jeweils die Maximal- und Minimalwerte, die beiden mittleren Quartile und, als waagrechte Linie innerhalb des Kastens, den Median.

Die BZ-Busse bis 2009 in den Projekten CUTE und HyFLEET:CUTE waren noch nicht hybridisiert, das heißt, es gab keine Batterie zur Unterstützung der Brennstoffzelle und keine Möglichkeit zur Rückgewinnung von Bremsenergie. Da pro Standort stets zwei Monteure der Hersteller anwesend waren, um Probleme zu beheben, war die Verfügbarkeit der Fahrzeuge vergleichsweise hoch.

Kastengrafiken (Box-Plots) sind ein Werkzeug zur aggregierten grafischen Darstellung von Daten, die mehr Information vermitteln können als zum Beispiel Mittelwerte und Standardabweichungen. Der Median ist der zentrale Wert einer auf- oder absteigend sortierten Liste von Daten. Bei Werten von beispielsweise 90 % – 90 % – 85 % – 80 % – 60 % – 40 % – 10 % beträgt der Median 80 %, der Mittelwert dagegen 65 %. Die beiden mittleren Quartile umfassen das Viertel aller Werte über und unter dem Median und sind somit ein Indikator dafür, wie stark die zentrale Hälfte aller Werte um den Median streut.

Ein signifikanter Vergleich ist daher vor allem zwischen dem Projekt CHIC mit der ersten Generation hybridisierter BZ-Busflotten (2010 bis 2016) und JIVE/JIVE 2 (seit 2017/18) möglich. Abbildung 3 zeigt eine deutliche Verbesserung der Bus-Verfügbarkeit in den aktuellen Projekten. Einzelne Standorte erreichen mehr als 99 Prozent, während nicht alle an das Ziel von über 90 Prozent herankommen.

Ausfallzeiten werden zumeist nicht von Komponenten verursacht, die dem Brennstoffzellenantrieb zuzuordnen sind, sondern Auslöser sind häufig konventionelle Bauteile. Längere Ausfallzeiten entstanden zum Beispiel dadurch, dass ein Hersteller unter anderem die Halterungen für die Wasserstofftanks verstärken musste, da die Vibrationen in Bussen ohne Dieselmotor unterschätzt worden waren. Bei einem anderen Fabrikat mussten die Klimaanlagen getauscht werden.

Laufleistung
Die Busse haben gezeigt, dass 500 Kilometer pro Tag beziehungsweise ohne Zwischenbetankung zurückgelegt werden können. Geringere Laufleistungen resultieren aus den örtlichen Einsatzbedingungen, also nicht aus Beschränkungen, die sich aus dem Wasserstoff-/Brennstoffzellenantrieb ergeben. Ein Standort setzt die Fahrzeuge zum Beispiel als Vorfeldbusse auf dem Flughafen ein, wo kurze Wege zurückzulegen sind. Insgesamt erfüllen die Fahrzeuge die Erwartungen der Betreiber.

Spezifischer Kraftstoffbedarf


Entwicklung des spezifischen Kraftstoffbedarfs von Projekt zu Projekt. Seit CHIC sind die Antriebe hybridisiert.

Abbildung 4 zeigt, wie sich der Kraftstoffbedarf pro 100 Kilometer Laufleistung entwickelt hat. Von CUTE zu HyFLEET:CUTE wurde zunächst der nicht-hybridisierte Antrieb optimiert. Ein Effizienzsprung ergab sich durch die Hybridisierung im Projekt CHIC. Im Rahmen von JIVE/JIVE 2 werden noch einmal deutlich geringere Werte von bis zu 6,5 kg/100 km erreicht. Damit wird das Projektziel von 9 kg/100 km für Solobusse in der Regel deutlich unterboten, selbst von den Doppeldeckern. Auch die 18-m-Fahrzeuge unterschreiten das Ziel von 14 kg/100 km klar.

Der saisonale Einfluss der Umgebungstemperatur beziehungsweise der Einfluss des Heizenergiebedarfs auf den Kraftstoffverbrauch konnte bespielhaft für zwei Standorte ermittelt werden, deren Fahrzeuge keine Klimaanlage besitzen, die also ohne Energiebedarf für Kühlung im Sommer auskommen. Hier variiert der Kraftstoffverbrauch über das Kalenderjahr um ca. ± 1 bis 2 kg/100 km bzw. ± 15 bis 20 %.

Zwischenfazit
Aufgrund der positiven Erfahrungen mit den BZ-Bussen haben sich einige Standorte entschlossen, weitere Fahrzeuge dieses Typs zu beschaffen. Hervorzuheben ist hier der Regionalverkehr Köln, der über die 50 in JIVE beziehungsweise JIVE 2 geförderten Busse hinaus bereits Verträge für bis zu 100 weitere Einheiten geschlossen hat. Andererseits wurde die Erweiterung der Flotte an einem anderen Standort zurückgestellt, weil es erhebliche Probleme mit der Wasserstofftankstelle gab; mehr dazu im Folgenden.

Vertankte Wasserstoffmengen


Vertankte Wasserstoffmengen pro Quartal als Summe aller Standorte

Bis Mitte 2023 wurden an 18 Tankstellen mehr als 1 Million Kilogramm Wasserstoff abgegeben. Die zeitliche Entwicklung ist in Abbildung 5 dargestellt. Die Quartalswerte für 2020 sind gering, da – bedingt durch die Corona-Pandemie – erst wenige Fahrzeuge in Betrieb waren beziehungsweise gingen und die Laufleistungen häufig geringer waren als sonst üblich. 2021 begann ein deutlicher Anstieg, unterbrochen von einem Rückgang im ersten Quartal 2022. Letzterer war bedingt durch:

–    Probleme mit den Bussen an mehreren Standorten, insbesondere bedingt durch Nachrüstungen wegen der unerwartet starken Vibrationen

–    Probleme an mehreren Tankstellen, die in einigen Fällen den Busbetrieb länger zum Erliegen brachten

–    Steigende Energie- bzw. Wasserstoffpreise nach dem Angriff auf die Ukraine, weshalb einige Betreiber den Einsatz ihrer BZ-Busse reduzierten

Seit dem zweiten Quartal 2022 steigen die Werte wieder nahezu stetig, auch bedingt durch die Inbetriebnahme weiterer Busse. Die Tankstellen stoßen in der Regel nicht an ihre Kapazitätsgrenzen: Durch den unerwartet niedrigen spezifischen Kraftstoffbedarf der Busse und die zeitweise geringeren Laufleistungen als geplant sind einige der Tankstellen zeitweise erheblich unterausgelastet.

Verfügbarkeit der Wasserstofftankstellen


Verfügbarkeit der Tankstellen in JIVE/JIVE 2/MEHRLIN im Vergleich mit früheren Projekten

Das Mindestziel für die Verfügbarkeit der Wasserstofftankstellen in JIVE, JIVE 2 und MEHRLIN ist größer 98 Prozent, wobei 99 Prozent angestrebt werden. Dabei bleiben Zeiten der Nichtverfügbarkeit für planmäßige Wartung unberücksichtigt. Abbildung 6 zeigt, dass dieses Mindestziel von weniger als der Hälfte der Standorte erreicht wird (der Median liegt unter 98 %). Im Projekt CHIC waren die Tankstellen durchschnittlich deutlich verfügbarer, bei einem Zielwert von ebenfalls über 98 Prozent.

Die Ursachen für geringe Verfügbarkeiten lassen sich, aus der Perspektive der Betankungseinheit, in zwei Bereiche aufgliedern:

–    Externe Gründe bedeuten, dass die Wasserstofferzeugung vor Ort ausgefallen ist oder die Anlieferung von Wasserstoff nicht rechtzeitig erfolgt ist oder beides, so dass keine Betankungen möglich sind. Dies ist an zahlreichen Tankstellen zeitweise eingetreten.

–    Interne Gründe bedeuten, dass wegen technischer Probleme keine Betankungen möglich sind. Davon sind alle Tankstellen betroffen, wenn auch in deutlich unterschiedlichem Maße.

Dabei haben sich die wesentlichen Ursachen für Ausfälle von Wasserstofftankstellen für Busse aus internen Gründen in den letzten 20 Jahren kaum verändert. Sie umfassen insbesondere Probleme mit

–    Wasserstoffkompressoren

–    den Komponenten zur Betankung, insbesondere den Füllkupplungen mit ihren empfindlichen Infrarot-Sensoren zur Datenübertragung vom Bus an die Tankstelle

–    der Qualität bzw. Schnelligkeit des Hersteller-Services, d. h. Ausfälle wären teilweise vermeidbar gewesen oder dauern unnötig lange.

Hinzu kommen, nach dem Wechsel zu Typ-4-Tanks auf den meisten Bussen der aktuellen Generation, Herausforderungen bei der Vorkühlung des Wasserstoffs zur Gewährleistung einer hinreichend schnellen und vollständigen Befüllung, bedingt durch Softwareprobleme und fehlende anerkannte Betankungsprotokolle.

Die Partner des JIVE/JIVE 2/MEHRLIN-Konsortiums sehen die Gefahr, dass die breite Einführung von BZ-Bussen an einem Mangel an verlässlicher Betankungsinfrastruktur scheitern könnte.

Zusammenfassung

Die Erprobung der BZ-Busse und Wasserstofftankstellen in den Projekten JIVE, JIVE 2 und MEHRLIN wurde beziehungsweise wird durch eine Reihe externer Faktoren negativ beeinflusst. Dazu gehören die Corona-Pandemie, gestiegene Wasserstoffpreise und Probleme mit der Wasserstoffbelieferung.

Positiv ist festzuhalten, dass einige Standorte sich aufgrund guter Erfahrungen bereits vor Projektabschluss entschieden haben, ihre BZ-Bus-Flotte zu erweitern.

Die Busse zeigen insgesamt eine bessere Leistungsfähigkeit als die Fahrzeuge der Vorgängergeneration, auch wenn bislang nicht an allen Standorten die Zielwerte, wie eine Verfügbarkeit von mindestens 90 Prozent, erreicht werden. Insbesondere ist die in JIVE/JIVE 2 deutlich verbesserte Effizienz der Busse hervorzuheben.

Bei der Verfügbarkeit der Wasserstofftankstellen ist bisher keine generell positive Entwicklung zu erkennen. Ausfälle der Tankstellen wegen interner technischer Probleme haben im Einzelfall zu einem längeren Stillstand der lokalen BZ-Bus-Flotte geführt. Es ist bemerkenswert, dass auch nach rund 20 Jahren Erfahrung mit Tankstellen auf 350-bar-Druckniveau die Probleme mit einigen ihrer Komponenten nicht gelöst werden konnten.

Danksagung

Die Projekte JIVE und JIVE 2 werden von Clean Hydrogen Partnership (vormals Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking) im Rahmen der Zuwendungsvereinbarungen Nr. 735582 bzw. 779563 gefördert. Clean Hydrogen Partnership erhält Unterstützung aus dem Horizon-2020-Programm der Europäischen Union für Forschung und Innovation sowie von Hydrogen Europe und Hydrogen Europe Research. Das Projekt MEHRLIN wurde aus Mitteln der Connecting Europe Facility der Europäischen Union kofinanziert.

Die Ergebnisse wurden erstmals auf der Zero Emission Bus Conference 2023 vorgestellt.

Literatur

[1]        A. Zimmerer, S. Eckert und V. Roderer, Environmental Impacts and External Cost Benefits of Fuel Cell Buses. Comparison of Fuel Cell Buses with Battery Electric Buses, 2023. https://fuelcellbuses.eu/publications.

[2]        K. Buss, K. Stolzenburg, N. Whitehouse and S. Whitehouse, JIVE Third Best Practice and Commercialisation Report / JIVE 2 Second Best Practice Information Bank Report, 2022. https://fuelcellbuses.eu/publications.

AutorInnen:
Klaus Stolzenburg
Ingenieurbüro PLANET GbR, Oldenburg
k.stolzenburg@planet-energie.de
Katharina Buss
Ingenieurbüro PLANET GbR, Oldenburg
k.buss@planet-energie.de
Vanessa Roderer
Sphera Solutions GmbH, Leinfelden-Echterdingen
VRoderer@sphera.com
Stefan Eckert
Sphera Solutions GmbH, Leinfelden-Echterdingen
SEckert@sphera.com

 

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