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Metallische Bipolarplatten effektiv und effizient reinigen Geringes Gewicht und Volumen, gute Kaltstartfähigkeit sowie eine vergleichsweise günstige...
Der Schweizer Energiekonzern Axpo hat Wasserstoff als strategisches Wachstumsfeld definiert. Die Wasserstoffanlage beim Kraftwerk Reichenau ist eine...
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Das ging schnell: von 0,60 US-$ bis auf über 3,70 US-$ in wenigen Wochen und dann der Rückschlag auf unter 1,50 US-$ – ausgelöst durch den abrupten Abgang von Michael Lohscheller als CEO und Präsident. Der Ausblick indes kann besser nicht sein, auch wenn es nicht alles gradlinig geht – schon gar nicht an der Börse und im Aktienkurs. Aber Nikola Motors ist ein Start-up und dies beinhaltet manches Risiko und manche Unwegsamkeit in der noch jungen Firmengeschichte. Im Einzelnen:
Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: CEO Lohscheller geht zurück nach Europa und beendet seine Tätigkeit bei Nikola – operativ sofort, aber im Übergang bleibt er als Berater noch bis Ende September. Lohscheller begründet seinen Abgang mit einem Krankheitsfall in seiner Familie. Er hat Großes in schwierigem Umfeld für Nikola geleistet und das Unternehmen in seinen Anfängen gut aufgestellt. Sein Nachfolger Steve Girsky ist indes kein Unbekannter. Schon länger – seit Beginn via IPO – ist er bei Nikola in Managementfunktion, zuletzt als Chairman. Er hat Lohscheller früher zu Opel und dann auch zu Nikola geholt. Bei GM war er im Vorstand und gilt als verantwortlich für deren damalige Sanierung. Girsky antwortete auf die Frage eines Analysten, ob er als CEO nur eine Übergangsrolle erfülle, sinngemäß: Er sei da, um zu bleiben.
Eine weitere Personalie belastet aber noch: Der für das Wasserstoffgeschäft der Tochter Hyla zuständige Vorstand hat das Unternehmen verlassen – Gründe unbekannt. Hier sollte aber auch schnell eine Lösung gefunden werden.
Vorausgegangen war die Abstimmung über die rechnerische Erhöhung des Aktienkapitals um 800 Mio. Aktien auf 1,6 Mrd. Aktien, die auf der Hauptversammlung am 4. August 2023 positiv entschieden worden ist. Eine einfache Mehrheit reichte endlich aus (Gesetzesänderung: Vorher war die Mehrheit aller ausstehenden Aktien erforderlich). Nun hat Nikola wieder Spielraum, über die Ausgabe von Aktien neues Eigenkapital zu generieren – über ATM-Transaktionen (At-the -Market), aber auch die Platzierung bei institutionellen oder gar strategischen Investoren oder Wandelanleihen (Convertible).
Ein bestehendes ATM-Programm im Wert von 600 Mio. US-$ wurde am 4. August 2023 mit der Citicorp verlängert. Nikola benötigt nach eigener Aussage noch gut 600 Mio. US-$, um das Unternehmen in den kommenden zwei Jahren so aufzustellen, dass es in die Gewinnzone kommt. Dies ist für das Jahr 2025 (Cash-Flow-positiv) prognostiziert.
Kostensenkungsprogramme greifen
Sehr positiv die Anmerkung aus dem Unternehmen, dass man auf gutem Wege sei, den Kapitalbedarf pro Quartal auf 100 Mio. US-$ bis Ende 2023 zu senken. Aktuell liegt der Liquiditätsabfluss (Cash Burn) bei circa 150 Mio. US-$ im Quartal. 2022 waren es noch über 240 Mio. US-$ im Quartal. All das zeigt, dass Nikola seine Hausaufgaben richtig macht und man sich gut aufstellt, bis das Unternehmen voll im Laufen ist. Ziel: Nachhaltiges Überschreiten der Gewinnschwelle bei hohem Umsatzwachstum.
Ein Absatz von 1.000 bis 2.000 wasserstoffbetriebenen Lkw sei für den Übergang in die Gewinnzone notwendig, so ein Take aus der Bilanzpressekonferenz (Transskript). Bislang hat man bereits 200 FCEV-Tre von 18 Kunden in den Büchern. Dass da viele Aufträge kommen, kann als sicher unterstellt werden, ist Nikola doch der erste Anbieter dieser Lkw in größerer Stückzahl. Man bedenke: Kalifornien gibt pro BZ-Lkw einen Zuschuss in Höhe von 288.000 US-$ plus 40.000 US-$ von der US-Regierung via IRA. Zudem wird der Wasserstoff bezuschusst, wenn er denn grün (regenerativ erzeugt) ist: 3 US-$ pro kg sowie bis zu 2 US-$ pro kg zusätzlich in Kalifornien.
Da ein wasserstoffbetriebener Lkw von Nikola 400.000 US-$ kostet (der BEV-Tre kostet 324.000 US-$ vor Zuschüssen), sollte dies viele Logistiker zum Kauf animieren, da gerade der Schwertransport auf der Langstrecke dekarbonisiert werden soll und es da viele Auflagen (Emissionsgesetze, Auflagen bis hin zum Dieselverbot bis 2035) gibt, die großen Druck auslösen, die LKW-Flotten umzustellen – batterieelektrisch und/oder wasserstoffbetrieben via Brennstoffzelle oder Wasserstoffmotor (gibt es aber noch nicht in Serie).
Man bedenke zudem, dass durch die Skalierung des FCEV-Tres die Produktionskosten pro Einheit erheblich fallen werden beziehungsweise die Gewinnmarge erhöht wird. Aktuell liegen allein die Kosten an Material pro Fahrzeug bei 275.000 US-$. Dies wird aber mit zunehmender Skalierung günstiger ausfallen. Nun wurden erst einmal zehn Gamma-Lkw (für Testläufe bei Kunden) produziert. Die ersten FCEV-Tre werden im September zur Auslieferung kommen. Bis zum Jahresende werden 100 FCEV-Tre angepeilt und auch von den bereits produzierten BEV-Tre könnten 100 bis 150 bis Ende des Jahres einen Käufer gefunden haben.
Im dritten Quartal sollten es 60 bis 90 werden und 18 bis 28 Mio. US-$ Netto-Umsatz bringen (nach Abzug des Händlerrabatts). Aktuell stehen 139 auf dem Firmengelände und 92 bei den Händlern. Nikola produziert diese erst wieder ab Anfang 2024 und auch dann nur jeweils nach Auftragseingang – produce to order.
Anheuser-Busch als Trumpfkarte?
Mit dem Biergiganten Anheuser-Busch verbindet Nikola bereits seit 2018 eine lange Kooperation. Anheuser hat sich via LoI (Absichtserklärung) eingelassen, 800 FCEV-Tre zu kaufen. Bislang fahren bereits einige FCEV-Tre bei Biagi Brothers, die im Auftrag von Anheuser handeln und ohne Probleme über 12.000 Meilen zurücklegen. Wird daraus nun ein fester Auftrag? Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, da Anheuser bislang keine Anstalten machte, Nikola den Rücken zu kehren. Mit einem solchen Auftrag wären dann sofort 1.000 BZ-Trucks in den Büchern. Batterieelektrische Lkw werden von BYD (50 Stück) kommen und irgendwann auch 40 Semi von Tesla.
Fest steht: Der Fokus liegt eindeutig auf den wasserstoffbetriebenen Lkw, da hiermit Geld verdient wird – vor allem beim Wasserstoff: 60.000 bis 80.000 US-$ gelten als durchschnittliche Wasserstoffmenge pro Fahrzeug und Jahr in US-$ gerechnet. Und da ist Nikola der First Mover, während es von batterieelektrischen Modellen bereits eine Reihe von Wettbewerbern auf dem Markt gibt.
Michael Lohscheller sagte dazu: „Nikola ist das wahre Geschäft. […] Wir glauben, dass wir am besten positioniert sind, um den kommerziellen Übergang zur emissionsfreien Wirtschaft anzuführen und die Wasserstoffwirtschaft zu beschleunigen.“ Nikola wird verschiedene Preismodelle für die FCEV-Tre anbieten, da mancher Kunde lieber den Lkw basierend auf einem Leasingmodell kaufen und den Wasserstoff gleich via Kilometerpauschale included sehen möchte. Alles möglich.
Meldungen der vergangenen Wochen
Gleich zwei Programme zur Förderung der H2-Infrastruktur in Kalifornien konnten für Nikola gewonnen werden. Für acht H2-Tankstellen gibt es dazu Zuschüsse von über 58 Mio. US-$. Das ist sehr positiv zu werten, da Nikola mit Voltera (Tochter von EQT, einem Fonds) bereits ein Abkommen für den Bau von 60 Stationen über die kommenden Jahre abgeschlossen hat und durch die Förderung weitere Unterstützung erfährt.
Einen Auftrag über 13 E-Lkw (10 batterieelektrische und 3 wasserstoffbetriebene) konnte von J.B. Hunt eingenommen werden. Dieses Unternehmen betreibt einen eigenen umfassenden Fuhrpark, liefert aber zudem Dienstleistungen rund um den Waren-/Gütertransport für über 1 Million Lkw in den USA. Das sieht wie eine Steilvorlage für viel mehr aus.
Batterielieferant Proterra unter Konkursschutz
Ein fälliger Kredit von über 170 Mio. US-$ hat den Batteriezulieferer Proterra dazu veranlasst, sich unter den Konkursschutzparagrafen 11 zu begeben. Man will dadurch Zeit gewinnen, um die noch vorhandene Liquidität in Höhe von über 60 Mio. US-$ nutzen zu können, da der besagte Kredit via Chapter 11 eingefroren werden könnte, wenn das Gericht dem zustimmt. Die Batterieproduktion geht aber weiter, so dass Nikola (aber auch Daimler Truck) damit rechnen können, weiter beliefert zu werden, obgleich Nikola wohl auch LG als weiteren Zulieferer nutzen könnte. Bei Proterra haben nun aber die Aktionäre das Nachsehen, sollte es zu einer Rekapitalisierung kommen. Die Halter der Anleihen könnten zu Aktionären werden, wenn aus Verbindlichkeiten Eigenkapital (Aktien) wird.
Probleme bei batterieelektrischen Lkw
Bei zwei batterieelektrischen Fahrzeugen kam es vor Wochen auf dem Firmengelände zu einem Brand, dessen Ursache wohl auf einem Defekt beim Kühlmittel beruht. Nikola hat dies adressiert und eine Rückrufaktion für die circa 209 BEV-Tre angekündigt. Zudem wurde die Empfehlung ausgesprochen, die Lkw jederzeit via Fernabfrage überwachen zu können und diese nicht in Hallen zu parken. Das Problem ist erkannt und wird behoben, so der Eindruck zu den Untersuchungen. Hierzu kommt die Meldung, dass Nikola das Absatzziel von 350 bis 500 BEV-Tre in 2023 nicht erreichen wird. Wichtiger indes sind die FCEV-Tre, deren Absatz erst losgeht.
Liquiditätssituation entspannt sich merklich
Addiert man alle nur möglichen Formen der Finanzierung bzw. Liquiditätsbeschaffung, so verfügt Nikola rechnerisch per Anfang Juli über 743 Mio. US-$ an Potenzial. Hierin enthalten ist u. a. auch die Finanzierungszusage von Tummin, die noch über 200 Mio. US-$ beträgt und von Nikola nach freiem Ermessen (Ausgabe von Aktien als Gegenwert) genutzt werden kann. 295,4 Mio. US-$ betrug der Liquiditätsbestand am Ende des zweiten Quartals (s. o.). Darin enthalten ist der Erlös aus dem Abschluss mit Iveco in Höhe von 26,5 Mio. US-$ und der Landverkauf (Sale & Lease Back) über 49 Mio. US-$ des Firmengeländes in Coolidge.
Der Verkaufserlös der geplanten Wasserstoffproduktion in Buckeye an Fortescue Future Industries in Höhe von 20,7 Mio. US-$ ist in der Gesamtliquidität im Juli enthalten, nicht jedoch in der Zahl per 30. Juni 2023, so dass Nikola damit über 316,1 Mio. US-$ an Cash verfügt. Dies dürfte vorerst ausreichen, wobei via ATM (at the market) jederzeit weitere Aktien ausgegeben werden können, da Nikola nun rechnerisch weitere 800 Mio. Aktien an Spielraum hat.
Aus der Pressekonferenz heraus ist jedoch zu vernehmen, dass man diese Möglichkeit nun mit weniger Druck und Bedingungen nutzen wird. Sinngemäß heißt es, die Platzierung von neuen Aktien erfolgt nicht um jeden Preis – aber das wird wohl der Bank überlassen, wie sie dieses ATM-Programm umsetzt. Auf jeden Fall wird es ein sehr wichtiger Event sein, wenn Nikola durch das ATM-Programm Zuflüsse von 100 bis 300 Mio. US-$ erhält und damit durchfinanziert ist. Die Börse wird dies – in case – sehr positiv bewerten.
Wandelanleihe über 325 Mio.US-$
Nikola gibt eine Wandelanleihe (Convertible) im Nominalwert von 325 Mio.US-$ und einem Coupon in Höhe von fünf Prozent aus. Gerade Großanleger investieren gerne in solchen Titel, zumal diese im Fall Nikola auch als „Green Bonds“ gelten. Da die Anleihen in Aktien gewandelt werden können, erhält der Halter neben der laufenden Rendite ein zusätzliches Potential auch auf Kursgewinne, während er das Ursprungskapital am Ende der Laufzeit zurückerhält, wenn es nicht zu der Wandlung kommt. Für Nikola ergibt sich daraus die Chance, solche Schulden eventuell durch Aktien (Eigenkapital) tilgen zu können, wenn sich der Aktienkurs gut entwickelt.
Fazit
Die Aktie von Nikola wird sehr volatil bleiben, zumal Shortseller ein großes Interesse daran haben, den Kurs zu drücken und jede noch so negativ erscheinende Nachricht für sich zu nutzen. Per Ende Juli waren 138,5 Mio. Aktien leer verkauft – über 23 Prozent des Free Float. Gleichzeitig wird das Unternehmen immer mehr an Attraktion gewinnen, je mehr der beiden Lkw-Varianten Käufer finden und die Infrastruktur (Stromladestationen und H2-Tankstellen – mobil oder mit festem Standort) entwickelt wie auch der notwendige Wasserstoff generiert wird (Zukauf und Eigenproduktion).
Nikola ist ein Frontrunner in seinem Markt und hat meines Erachtens das Potenzial, eine Art Tesla für Lkw zu werden. Die kontinuierliche Aufstockung von Aktienbeständen durch institutionelle Anleger untermauert das Vertrauen in das Unternehmen. Man muss Zeit mitbringen, da das richtige Wachstum erst in den kommenden zwei bis drei Jahren richtig an Fahrt gewinnt. Gleichermaßen ist Börse ein Antizipationsmechanismus, der zukünftige Entwicklungen (Erwartungen) lange vor dem konkreten Eintritt in die Kursentwicklung einfließen lässt.
Im weiteren Jahresverlauf 2023 erwarte ich eine Kursrange zwischen 1,50 und 4 US-$, aber in 2024 bereits 5 bis 10 und in 2025 von 15 bis 20 US-$. Vor allem die Auftragseingänge für den FCEV-Tre werden den Kurs der Aktie bereits kurzfristig treiben, da darauf aufbauend das Umsatz- und Ertragspotenzial abgeleitet werden kann.
Risikohinweis
Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.
Schon seit 2005 existiert Österreichs erstes und führendes Wasserstoffforschungszentrum HyCentA. Nach einem Aufstieg im COMET-Förderprogramm (Competence Centers for Excellent Technologies) setzt es seine Forschung am Campus der TU Graz nun als K1-Kompetenzzentrum fort.
Das HyCentA, Hydrogen Research Center Austria, an der TU Graz ist Österreichs führendes Forschungszentrum für Wasserstofftechnologien. Seit der Gründung im Jahr 2005 ist HyCentA darauf spezialisiert, neuartige technologische Lösungen für Elektrolyse, H2-Speicherung und Brennstoffzellen zu entwickeln, Innovationen gemeinsam mit Partnern umzusetzen und Technologien von der Idee bis zur Marktreife zu begleiten.
Alexander Trattner, wissenschaftlicher Leiter des HyCentA, erklärt: „Wir wollen die nachhaltige Wasserstoffgesellschaft wesentlich voranbringen, denn wir sind überzeugt davon, dass grüner Wasserstoff Teil der Lösung für ein klimaneutrales Energiesystem sein muss. Die Genehmigung des COMET-K1-Zentrums ermöglicht uns die umfassende Erforschung der besonders zukunftsrelevanten Wasserstofftechnologien Elektrolyseure, Speichersysteme und Brennstoffzellen. Wir können uns damit auch verstärkt der gesamthaften Betrachtung von Wasserstoff in den Bereichen Elektrizität, Wärmeversorgung, Verkehr und Industrie widmen. Basierend auf der jahrzehntelangen Erfahrung in der Forschung und Entwicklung sowie Hunderten von erfolgreich durchgeführten Projekten ermöglicht das COMET-K1-Programm langfristig orientierte Forschung am HyCentA.“
COMET-Netzwerk COMET baut Brücken zwischen Wissenschaft und Wirtschaft für eine nachhaltige Zukunft. Es ist das österreichische Flaggschiff-Programm von Wirtschaft und Wissenschaft zur Förderung von Spitzenforschung. Es fördert den Aufbau von Kompetenzzentren für exzellente Technologien – den COMET-Zentren.
Das etwa 80-köpfige Team des HyCentA arbeitet in vier Areas organisiert. Angestrebt wird eine Kostensenkung der Technologien, die Verringerung der Degradation und eine Erhöhung der Effizienz elektrochemischer Zellen. Zudem sollen die ideale Kombination der Schlüsseltechnologien und Optimierungspotenziale durch die Kopplung der Sektoren Energiewirtschaft, Industrie und Mobilität identifiziert werden. Letztendlich wird dadurch ein höherer Eigenversorgungsgrad mit erneuerbarer Energie, eine Steigerung der Resilienz des Energiesystems und die Standortsicherung durch die Schaffung heimischer Wertschöpfung angestrebt. Insgesamt forschen rund 40 führende nationale und internationale wissenschaftliche Partner und Unternehmen zusammen mit dem HyCentA im COMET-Programm an H2-Technologien.
Area 1: Elektrolyse und Power-to-X
Die Area 1 deckt alle Technologien ab, die der nachhaltigen und emissionsfreien Herstellung von Wasserstoff und Chemikalien zur Speicherung von Wasserstoff dienen. Die wichtigsten Technologien im Bereich der H2-Erzeugung mittels Elektrolyse sind die bereits ausgereifteren AEL und PEMEL, Anwendungen im mittleren Technology-readiness-level (AEMEL und SOEL) und vielversprechende Ansätze mit niedrigem TRL (PCCEL). Ergänzend werden Ansätze für die Wasserspaltung durch Solarenergie (Photoelektrolyse) und die elektrochemische Herstellung von Chemikalien wie Wasserstoffperoxid und Ammoniak erforscht.
Das Ziel besteht in der Weiterentwicklung der Technologien, beginnend bei den Materialien über Zelle und Stack bis hin zum System. Obwohl die allgemeinen Ziele – Erhöhung der Lebensdauer und der Effizienz sowie Senkung der Kosten – für alle Technologien gelten, unterscheiden sich die spezifischen Forschungsansätze. In Bezug auf Effizienzsteigerung sind Design und Betriebsstrategien zu optimieren. In Anbetracht der langen Lebensdauer von Elektrolyseuren wird ein Schwerpunkt auf beschleunigte Alterungstests gelegt. Im Hinblick auf die Fertigungsprozesse wird auf eine stärkere Automatisierung der Herstellungs- und Montageprozesse fokussiert.
Area 2: Green Energy and Industry
Die Area 2 konzentriert sich auf Schlüsseltechnologien, die für H2-Anwendungen im Energie- und Industriesektor unerlässlich sind. Es werden stationäre und transportable Speichertechnologien auf der Basis von gasförmigen Druckspeichern, Metallhydridspeichern und der flüssigen Speicherung betrachtet. Synergien aus dem Zusammenspiel von stationären und On-board-Anwendungen werden durch die Entwicklung eines intelligenten Zusammenspiels von Verteilungs- und Logistiksystemen mit stationären Infrastrukturen genutzt. Geforscht wird unter anderem auch an elektrochemischer Kompression und Aufreinigung sowie an der Verstromung mittels stationärer Brennstoffzellen. Neben der Effizienz der betrachteten Technologien stehen ebenso die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Anlagen im Mittelpunkt der Forschung.
Area 3: Green Mobility
Den Schwerpunkt der Area 3 bilden Arbeiten an BZ- und H2-Speichersystemen, insbesondere für die Mobilitätsanwendungen. Dazu gehören PEM- und neue AEM-Zellen, Stacks und Systeme sowie optimierte bestehende und alternative Speichersysteme. Die Forschungsarbeiten zielen auf die Generierung eines tieferen Verständnisses der Mechanismen von Brennstoffzellen und Speichersystemen ab, um die Probleme in Bezug auf Leistung, Degradation, Kosten und Industrialisierung zu verstehen und durch geeignete Gegenmaßnahmen zu lösen.
Relevante Ergebnisse für die Schnittstellendefinition auf Ebene der Fahrzeugintegration und der Betankungsinfrastruktur werden genutzt, um die bestmögliche Basis für zukünftige Entwicklungen zu schaffen. Wesentliche Erkenntnisse werden für eine optimierte Produktion und Fertigung genutzt, um eine schnelle Marktreife und Wirtschaftlichkeit zu erreichen.
Area 4: Circularity and System Optimization
In Area 4 werden lückenlose Tool-Chains entwickelt, um resiliente, sektorübergreifende Energiesysteme auf Basis von erneuerbarer Primärenergie sowie Wasserstoff zu untersuchen und zu optimieren. Mit diesen Simulationswerkzeugen können Betriebsstrategien für PtX-Anlagen entwickelt und Business Cases gestaltet werden.
Neuartige Test- und Messinstrumente für Brennstoffzellen und Elektrolyse sowie zugrundeliegende Mess- und Diagnosemethoden werden entwickelt, um Erkenntnisse über Degradationseffekte, Gesundheitszustand und vorausschauende Wartung zu gewinnen. Effiziente und kostengünstige Messwerkzeuge und -systeme werden für Anwendungen in der gesamten H2-Wertschöpfungskette umgesetzt, und ein umfassendes Wissen über die Eignung und Kompatibilität von Werkstoffen in Verbindung mit H2-Anwendungen wird aufgebaut.
Zur Gestaltung einer Kreislaufwirtschaft werden Analysen und Konzeptentwicklungen zu systemischen und ökonomischen Marktmodellen und Recyclingpotenzialen synoptisch übergeführt. Darüber hinaus werden zukünftige Potenziale von Prozessen und Technologien zum Recycling bewertet und im repräsentativen Small Scale evaluiert. Ein Ökobilanzmodell für Recyclingszenarien wird entwickelt, das neue und recycelte Materialien und Komponenten methodisch gegenüberstellt.
Testcenter für H2, BZ, Elektrolyseure
Testing ist integraler Bestandteil des Forschungsportfolios des HyCentA. In den Laboren und Prüfständen am HyCentA werden Performance, Sicherheit, Degradationsverhalten und Zuverlässigkeit im Realbetrieb mit Wasserstoff geprüft und getestet. Hierfür stehen eine Fülle von Prüfständen und Laboren zur Verfügung, die den hohen und maßgeschneiderten Anforderungen von etablierten Test- und Prüfroutinen genauso entsprechen wie spezialisierten Kundenanforderungen.
Die verschiedenen Tests, die auf den Prüfständen und in den Laboren durchgeführt werden können, umfassen beispielhaft Qualitätsuntersuchungen, Kalibrierdienstleistungen, Leistungs- und Effizienztests, Sicherheitstests, Lebensdauertests und Tests unter realen Umweltbedingungen. Das 1.200 m² große Testcenter umfasst unter anderem zwei Einzelzellen-Elektrolyseteststände, zwei Short-Stack-Elektrolyseteststände, einen Hochdruckprüfstand bis 1.000 bar mit Klimakammer, zwei Multifunktionsprüfstände, einen BZ-Kathodensubsystemprüfstand, einen BZ-Systemprüfstand bis 160 kW mit Klimakammer, ein Gasanalyselabor, ein analytisches und elektrochemisches Labor, einen elektrochemischen Kompressionsteststand, eine 350- und 700-bar-H2-Tankstelle, eine Testzelle für H2-Permeation und einen Autoklav zur H2-Materialkompatibilitätsbestimmmung von Proben.
TU Graz und HyCentA
Das HyCentA ist ein gemeinwohlorientiertes Forschungszentrum. Die Forschenden arbeiten in enger Kooperation mit der TU Graz schwerpunktmäßig in der industriellen Forschung in den Bereichen Elektrolyse, Brennstoffzelle und H2-Infrastrukturen. Gesellschafter des HyCentA sind neben der TU Graz (50 Prozent Anteile) auch die Forschungsgesellschaft für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik, Magna und die OMV. Finanziert wird das COMET-Kompetenzzentrum vom Bund – konkret vom Klimaschutzministerium (BMK) und dem Wirtschaftsministerium (BMAW) – und den Bundesländern Steiermark, Oberösterreich, Tirol und Wien. Für das professionelle Programm-Management ist seit mehr als 20 Jahren die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) verantwortlich.
Die TU Graz ist die traditionsreichste technisch-naturwissenschaftliche Forschungs- und Bildungsinstitution in Österreich. Seit mehr als 50 Jahren forscht die TU Graz erfolgreich in den Bereichen Elektrochemie und Wasserstoff. Heute ist der TU-Graz-Campus mit 160 Köpfen in der H2-Forschung und einer einzigartigen Labor- und Forschungsinfrastruktur in der europäischen Spitzengruppe. Die TU Graz deckt dabei die gesamte Wertschöpfungskette der erneuerbaren Wasserstoffwirtschaft von Erzeugung über Speicherung und Verteilung bis zur Anwendung ab und ist ein One-Stop-Shop der Wasserstoff-Technologieforschung, beginnend bei den Grundlagen bis hin zu angewandten Technologien und systemischen Aspekten.
Brennstoffzellen stehen am Beginn des Markthochlaufs
Getrieben durch die Forderungen nach einem emissionsfreien Schwerlastverkehr auf der Straße investieren Lkw-Hersteller sehr stark in batterieelektrische sowie brennstoffzellenelektrische Antriebe. Es werden signifikante Anstrengungen zum Einsatz von Brennstoffzellen in Bussen, Zügen, Schiffen und Flugzeugen unternommen. Darüber hinaus führen vor allem asiatische, aber auch deutsche Automobilhersteller ihre Aktivitäten zu Brennstoffzellen-Pkw fort. Aufgrund derer außergewöhnlichen Bauweise führt dieser Serienhochlauf zu beeindruckenden Stückzahlen. Bei etwa 10 m² Membranelektrodeneinheit pro Stack und drei Stacks pro Lkw-Antrieb werden pro Lastwagen 30 m² Membran und 60 m² Katalysatorschicht (für Anode und Kathode) benötigt. Zukünftige Produktionsserien von 10.000 Lkw führen also zu einem Bedarf von rund 300.000 m² Membranfläche bzw. 600.000 m² Katalysatorschicht. Die dafür erforderlichen Produktionsanlagen zur Katalysatorschichtherstellung sollten also bei einem Zwei-Schicht-Betrieb Bandgeschwindigkeiten in der Größenordnung von 10 m/min realisieren.
Um die Komponentenhersteller und die Maschinen- und Anlagenbauer in ihrer Entwicklung durch fundierte Forschung zu unterstützen, fördert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) das Fraunhofer-Institut ISE als Koordinator im Teilverbund R2MEA des Gesamtprojekts H2GO sowie die Fraunhofer-Institute ENAS, ICT, ILT, IPT und ISI. In R2MEA wird eine Forschungsplattform entwickelt und aufgebaut, die zukünftig Unternehmen bei der Untersuchung von Produktionsfragestellungen von der Katalysatorherstellung bis zur fertig konfektionierten 7-Lagen MEA (also dem Verbund aus Membran, Katalysatorschichten, Verstärkungsrahmen und Gasdiffusionslagen) zur Verfügung steht.
R2MEA adressiert Forschungsfragen zur MEA-Produktion
Um eine Serienherstellung von Membranelektrodeneinheiten mit den geforderten Stückzahlen zu realisieren, müssen die heutigen Anlagenkonzepte angepasst werden. Die damit zusammenhängenden Fragen werden in R2MEA adressiert:
Wie kann die heutige Herstellung von Katalysatorpulver von Batch-Prozessen auf kontinuierliche Prozesse umgestellt werden?
Sind neben der heute vorrangig eingesetzten Schlitzdüse auch rotative Druckverfahren zum Aufbringen von Katalysatorschichten sinnvoll, zum Beispiel, um gezielt spezifische Formate abzubilden und Verschnitt einzusparen? Ist ein Direktdruck auf die Membran bei der geforderten hohen Qualität möglich? Können Lasertrocknungsverfahren die Trocknungsdauer und Trocknerlänge verkürzen?
Wie können in Rolle-zu-Rolle-Prozessen die Zuschnitte von Membran, Katalysatorschichten, Verstärkungsrahmen, Gasdiffusionslagen erfolgen? Wie wird ein verzerrungsfreier Bahntransport dieser unterschiedlichen Bahnwaren umgesetzt? Welche Positionierungs- und Laminierverfahren sind geeignet, um hochqualitative Verbünde der Einzellagen zu erzeugen?
Wie sollten Transportbehälter für die Halbzeuge für die Intra- und externe Logistik gestaltet werden, um durchgängige Prozesse zu ermöglichen?
Begleitend zum Aufbau der Forschungsplattform werden umfangreiche Marktstudien zu den Industriebedarfen, techno-ökonomische Analysen zur Wirtschaftlichkeit verschiedener Produktionsprozesse sowie Lebenszyklusanalysen zum ökologischen Fußabdruck durchgeführt.
Derzeit werden im Teilverbund R2MEA die diversen Prozesse abgestimmt, die im Projektverlauf untersucht werden sollen. Dazu werden die nötigen Anlagen beschafft und die Labore aufgebaut. Parallel dazu werden wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt und die Erkenntnisse auf den Technikumsmaßstab übertragen.
BZ-Produktionsforschung auf der hy-fcell
Das Thema Produktionsforschung für Brennstoffzellen wird unter anderem auf der Konferenz und Messe hy-fcell am 13. und 14. September 2023 in Stuttgart in einer eigenen, zweitägigen Session unter der Koordination der an H2GO beteiligten Fraunhofer-Institute adressiert. Dort werden alle Aspekte entlang der Prozesskette durch internationale Sprecher aus der Industrie und Wissenschaft diskutiert. Die Wertschöpfung von der Katalysatorherstellung bis zur MEA wird in drei Einzelsessions vom Fraunhofer ISE, Freiburg, sowie vom ZSW, Ulm, geleitet.
Fraunhofer-Produktionsforschung H2GO
Im Gesamtverbund H2GO entwickeln 19 Fraunhofer-Institute aus neun Bundesländern Lösungen für die industrielle Serienproduktion von Brennstoffzellen mit Fokus auf den straßengebundenen Schwerlastverkehr. Der Gesamtverbund H2GO wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit rund 80 Mio. Euro gefördert. Die Gesamtkoordination übernimmt das Fraunhofer IWU mit Dr. Ulrike Beyer.
Das Fraunhofer ISE leitet den Teilverbund R2MEA, in dem Rolle-zu-Rolle-Prozesse zur Hochskalierung der MEA-Produktion vom Katalysatorpulver bis zur 5-Lagen-Membran-Elektroden-Einheit entwickelt werden, also dem Verbund aus Membran, Katalysatorschichten, Verstärkungsrahmen und Gasdiffusionslagen.
Weitere Teilverbünde beschäftigen sich mit der Herstellung von Bipolarplatten: R2HP (Rolle zu Halbplatte mit den entsprechenden Form- und Schneidprozessen) und HP2BPP (Halbplatte zu Bipolarplatte mit den entsprechenden Schweiß-, Beschichtungs- und Schneidprozessen). Der Teilverbund ST2P (Stack zu Piece) konzentriert sich auf die Demontage von Brennstoffzellenstapeln, um die Einzelkomponenten einer Kreislaufwirtschaft zuzuführen. Der übergeordnete NEXUS-Verbund ViR (Virtuelle Referenzfabrik) entwickelt digitale Abbilder der entwickelten Produktionslösungen und ermöglicht damit eine virtuelle Referenzarchitektur für Brennstoffzellenproduktion.
AutorInnen: Ulf Groos, ulf.groos@ise.fraunhofer.de, Linda Ney, beide vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg
Große Speicher für den Wasserstofftransport mit Gas zu befüllen und sie wieder zu entleeren sind sehr komplexe Vorgänge. Damit diese sicher sind, müssen sie innerhalb der zugelassenen Druck- und Temperaturfenster erfolgen. Ein weltweit operierendes Energieunternehmen hat für seine Speicher Analysen und thermodynamische Modellierungen durchgeführt und das Zentrum für BrennstoffzellenTechnik GmbH mit deren Validierung in physikalischen Tests beauftragt.
Wasserstofftankstellen, die zur Betankung von brennstoffzellenelektrischen Fahrzeugen (engl.: fuel cell electric vehicles; FCEVs) genutzt werden, müssen den benötigten Wasserstoff entweder vor Ort selbst produzieren oder sich über verschiedene Distributionswege beliefern lassen. Eine Möglichkeit, den Wasserstoff zu einer Tankstelle zu transportieren, sind Hochkapazitäts-Trailer, die mit mehreren Hochdruckspeichern für den Transport von gasförmigem Wasserstoff ausgestattet sind.
Der Betrieb dieser Speicher muss sowohl während der Befüllung als auch bei der Entleerung zugelassene Temperatur- und Druckbereiche einhalten und vor allem sicher sein. Um das zu gewährleisten, hat ein weltweit operierendes Energieunternehmen Analysen und thermodynamische Modellierungen der Befüll- und Entleerungsvorgänge eines selbstentwickelten Wasserstofftrailers für Verbundflaschen vom Typ IV erarbeitet.
Experimentelle Untersuchungen
Zur Validierung dieser Analysen wurde das Zentrum für BrennstoffzellenTechnik mit den physikalischen Tests eines Einzelspeichers beauftragt. Auf dem H2-Testfeld des ZBT in Duisburg wurde der 2 m³ große Trailerspeicher, der einen Betriebsdruck von über 500 bar und eine gespeicherte Wasserstoffmenge von etwa 70 Kilogramm aufweist, erfolgreich getestet. Der aus Kompositwerkstoffen hergestellte Typ-IV-Speicher ist sechs Meter lang, hat einen Durchmesser von etwa 80 Zentimetern und wiegt knapp über eine Tonne. Die experimentellen Untersuchungen beinhalteten sowohl die Befüllung als auch die Entleerung mit variierenden Betriebsparametern.
Der untersuchte Speicher wurde speziell für diese Testreihen angefertigt und hierzu mit einer Reihe von Thermoelementen an und in der Kohlefasermatrix ausgestattet. Diese Vielzahl an Messstellen gab Auskunft über das Erwärmungsverhalten während der Befüllung sowie das Auskühlungsverhalten bei der Entleerung.
Dehnung unter Druck
Für die Untersuchungen wurde der Speicher zusätzlich mit Dehnungssensoren ausgestattet. Ziel war es, die Ausdehnung sowohl in axialer als auch in radialer Richtung in Abhängigkeit des Drucks zu untersuchen, um so das Konzept für die Lagerung und Anordnung der Speicherflaschen auf dem Trailer zu überprüfen. Eine Ausdehnung des Speichers wurde vor allem in axialer Richtung festgestellt. Radial beschränkte sich diese auf ein Minimum.
Um den Verbrauch an Wasserstoff während der Tests möglichst gering zu halten, wurde auf dem H2-Testfeld eine Rückführung installiert. Mittels dieser konnte der Großteil des Wasserstoffs nach jedem Test wieder in die Vorlagebehälter des Testfelds rezirkuliert und so ein unnötig hoher Ausstoß von Wasserstoff in die Atmosphäre vermieden werden.
Testreihe
Bei der Befüllung umfassten die variierten Betriebsparameter neben der Temperatur der Vorkühlung des einströmenden Wasserstoffs auch den Startdruck des Speichers sowie die Befüllgeschwindigkeit. Hierbei stand im Vordergrund, den Tank nicht mit den üblichen geregelten Druckrampenraten zu befüllen, sondern die Betankung mit einem konstanten Massenstrom durchzuführen.
Für die Entleerung wurden wiederum Tests mit konstanten Druckrampenraten durchgeführt. Dies führte in Bezug auf das Temperaturverhalten des Gases sowohl im Speicher als auch im Gasstrom aus dem Speicher heraus zu interessanten Ergebnissen.
Die Abbildungen zeigen beispielhafte grafische Analysen für einen Befüll- und einen Entleerungsvorgang. Beide Darstellungen zeigen den gemessenen Tankdruck und die Messwerte der verschiedenen eingebetteten Thermoelemente während des Tests.
Betriebsparameter für sicheren Betrieb identifiziert
Nach der Auswertung der Messwerte zeigte sich, dass ein Betrieb innerhalb der vorgegebenen Temperatur- und Druckbereiche sicher und effizient möglich ist. Die Variation der Befüllparameter ergab keine Konfiguration, die einen Zustand nahe den Grenzbereichen zur Folge hatte. Allerdings erreichte die Temperatur des ausströmenden Gases während der Entleerungen des Speichers Werte von unter -40 °C, was wiederum dazu führte, dass zum Schutz nachgeschalteter Baugruppen definierte Abschaltgrenzen erreicht wurden.
Es konnte beobachtet werden, dass auch bei Entleerungen mit geringen Massenströmen eine starke Auskühlung des Speichers, nachvollziehbar über die Temperatur des ausströmenden Gases, auftritt. Die Tests wurden bei Umgebungstemperaturen von etwa 10 bis 15 °C durchgeführt, womit sich besonders für die Entleerung solcher Speicher bei kälteren Umgebungsbedingungen mitunter starke Einschränkungen in Bezug auf die maximalen Entleerungsgeschwindigkeiten ergeben.
Autoren: Alexander Kvasnicka, a.kvasnicka@zbt.de Christian Spitta, c.spitta@zbt.de, Lukas Willmeroth l.willmeroth@zbt.de, alle vom Zentrum für BrennstoffzellenTechnik GmbH, Duisburg
ZBT Das ZBT ist eines der führenden europäischen Forschungseinrichtungen für Brennstoffzellen, Wasserstofftechnologien und Energiespeicher. In der europäischen und nationalen Spitzenforschung und in Industrieprojekten mit Schwerpunkten auf automotive Anwendungen, Distribution/Speicherung und stationäre Energiewandlung ist das ZBT ein gefragter Forschungs- und Entwicklungspartner. Für die ca. 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am ZBT steht eine umfangreiche technische Infrastruktur zur Verfügung, die unter anderem Produktionsanlagen, Testanlagen, chemische Labore und High-Tech-Analytik umfasst.
Im Klimaschutzgesetz von 2021 wurde für den deutschen Verkehrsbereich das Ziel einer Reduzierung der Emissionen um 85 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (Mt CO2 äq) bis 2030 festgelegt. Dies entspricht ungefähr einer Halbierung der Emissionen in zehn Jahren. Etwa 35 Prozent der Emissionen im Verkehrssektor stammen von Nutzfahrzeugen, und wiederum mehr als die Hälfte dieser Emissionen werden im Fernverkehr verursacht. Wasserstoff gilt als vielversprechender Treibstoff, um den CO2-Ausstoß bei Nutzfahrzeugen im Fernverkehr zu verringern. Ausgewählte Inhalte einer aktuellen Studie zum Entwicklungsstand und den Perspektiven der H2-Betankungsinfrastruktur für Nutzfahrzeuge im Fernverkehr sind im Folgenden zusammengefasst.
Die derzeitigen Prototypen und Kleinflotten von Wasserstoff-Lkw verwenden meist die 350-bar-Druckspeichertechnologie. Ursprünglich wurde diese für Busanwendungen im ÖPNV entwickelt und ist dadurch bereits erprobt und schnell verfügbar. Diese Speichertechnologie ermöglicht im vorhandenen Bauraum eine Reichweite von etwa 400 km, was für viele Anwendungen (z. B. im Verteilverkehr) ausreichend ist.
Für den Lkw-Fernverkehr sind höhere Reichweiten von etwa 1.000 km gewünscht. Um diese im vorhandenen Bauraum zu ermöglichen, werden H2-Speichertechnologien mit erhöhter Energiedichte benötigt. Drei alternative H2-Kraftstoffoptionen werden aktuell diskutiert: 700-bar-Druckwasserstoff, tiefkalter Flüssigwasserstoff (sLH2) und tiefkalter Druckwasserstoff (CcH2).
Unterschiedliche Hersteller wie Nikola Motor und Toyota erproben die 700-bar-Technologie bereits in Vorserienfahrzeugen. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Technologie für den Fernverkehr zur Anwendung kommen wird. Derzeit ist, u. a. aufgrund des frühen technischen Entwicklungsstadiums, noch nicht einschätzbar, ob sich eine der beiden anderen Speichertechnologien zusätzlich am Markt durchsetzen wird.
Hinsichtlich umsetzbarer Betankungsmengen und -geschwindigkeiten unterscheiden sich die drei H2-Kraftstoffoptionen kaum. Eine Betankung von 80 kg Wasserstoff für eine Reichweite von 1.000 km kann jeweils innerhalb von 10 bis 15 Minuten durchgeführt werden (s. Abb. 1). Allerdings handelt es sich bei den erzielbaren Betankungsgeschwindigkeiten beziehungsweise den Betankungsdauern um Erwartungswerte der Industrie, die zunächst im realen Betrieb bestätigt werden müssen.
Vor der Markteinführung muss für alle drei H2-Kraftstoffoptionen noch der internationale Normierungsprozess, sowohl für den Betankungsprozess als auch für die Betankungskupplungen, durchlaufen werden. Dadurch wird die Interoperabilität zwischen Fahrzeugen und Tankstellen unterschiedlicher Hersteller und Länder gewährleistet. Erste Normierungsprozesse im Rahmen der ISO wurden bereits gestartet.
H2 per Tanklaster, Pipeline oder Elektrolyse vor Ort
Die Versorgung einer Tankstelle mit Wasserstoff sowie einer Betankungsanlage selbst unterscheidet sich für die drei H2-Kraftstoffoptionen deutlich (s. Abb. 2). Zur Bereitstellung von 700-bar-Druckwasserstoff kann der Kraftstoff gasförmig oder verflüssigt an die Tankstelle geliefert werden. Liegt er gasförmig vor, erfolgt die Bereitstellung an das Fahrzeug mittels Hochdruckverdichter und Hochdruckspeicher, die mit Drücken von bis zu 1.000 bar betrieben werden. Die Betankung erfolgt durch Überströmen beziehungsweise durch die direkte Verdichtung in die Fahrzeugtanks durch Booster-Kompressoren.
Wird verflüssigter Wasserstoff angeliefert, erfolgt die Druckerhöhung im verflüssigten Zustand mittels Kryo-Pumpe. Anschließend wird der bereits verdichtete Wasserstoff verdampft und an das Fahrzeug abgegeben. Der elektrische Energiebedarf der Tankstelle ist für den Flüssigwasserstoffpfad deutlich geringer als für die Verdichtung von gasförmigem Wasserstoff. Allerdings ist die vorgelagerte Verflüssigung von Wasserstoff mit erhöhtem Energiebedarf verbunden.
Soll sLH2– oder CcH2-Kraftstoff angeboten werden, ist die Belieferung der Tankstelle mit Flüssigwasserstoff die erste Wahl. Dieser kann aus dem Speicherbehälter der Tankstelle mittels Transfer- oder Kryo-Pumpe direkt in das Fahrzeug getankt werden.
Die Verfügbarkeit von Flüssigwasserstoff in Europa ist derzeit sehr eingeschränkt. Europaweit bestehen drei Standorte mit Verflüssigungskapazitäten, die jedoch bereits für andere Anwendungen genutzt werden. Des Weiteren ist ihre Kapazität nicht ausreichend, um künftige Lkw-Flotten mit Kraftstoff zu versorgen. Dies wird deutlich, wenn man die Kapazitäten heutiger Verflüssiger mit den erwarteten Kapazitäten künftiger H2-Tankstellen vergleicht.
Heutige H2-Verflüssiger haben meist eine Kapazität von 5 bis 30 Tonnen pro Tag. Am einzigen Verflüssigungsstandort in Deutschland, in Leuna, beträgt die Kapazität beispielsweise 2 x 5 t/Tag. Mittelfristig werden für H2-Tankstellen je Standort Kapazitäten von 1 bis 8 t/Tag erwartet. Unterschiedliche Studien gehen für Deutschland von einer H2-Kraftstoffnachfrage in Höhe von 1,2 bis 1,8 Mt/a für das Jahr 2045 aus, was größtenteils durch die Nachfrage aus dem Bereich des Lkw-Fernverkehrs getrieben wird.
Es ist klar erkennbar, dass dafür die Kapazität für Flüssigwasserstoff deutlich ausgebaut und gegebenenfalls durch den Import von Flüssigwasserstoff ergänzt werden muss. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der H2-Kraftstoffnachfrage durch die Belieferung mit gasförmigem Wasserstoff gedeckt wird (z. B. zur Versorgung von Fahrzeugen mit 350- oder 700-bar-Speichertechnologie).
Abbildung 3 zeigt zwei unterschiedliche Layouts von Wasserstofftankstellen mit einer Abgabekapazität von mehr als 2 t pro Tag. Je nachdem, ob der Wasserstoff gasförmig oder verflüssigt angeliefert wird, unterscheiden sich die benötigten Hauptkomponenten. Für beide Konzepte sind Gasführungskomponenten, Ventile, Sensoren und ein Prozessleitsystem erforderlich.
Sinkende H2-Kosten
Betrachtet man die kilometerbezogenen Kraftstoffkosten, entspricht ein Dieselpreis von 1,4 Euro/l (inkl. Steuern) einem H2-Kraftstoffpreis von etwa 5 Euro/kg. Die Metaauswertung vorliegender Studien ergibt einen Rückgang der H2-Kraftstoffkosten von über 10 Euro/kg heute auf einen Bereich von etwa 4 bis 6 Euro/kg (ohne Steuern). Studienabhängig wird dieses Kostenniveau bis 2030 oder in den darauffolgenden Jahren erwartet. Die verfügbaren Kostendaten beziehen sich dabei fast ausschließlich auf 700-bar-Kraftstoff. Kostendaten zu sLH2 und CcH2 sind nur sehr eingeschränkt verfügbar, deuten aber auf ein vergleichbares Kostenniveau hin.
Um diese Kostensenkungen zu erreichen, sind entlang der gesamten H2-Bereitstellungskette, von der H2-Erzeugung bis zur Betankungsanlage, Einspareffekte durch Massenfertigung und Skaleneffekte erforderlich. Zusätzlich muss die gesamte Bereitstellungsinfrastruktur gut ausgelastet und es müssen optimierte Versorgungs- und Logistikkonzepte eingesetzt werden. Um für den Endanwender eine kilometerbezogene Kostenparität von Diesel und H2-Kraftstoff zu erreichen, müssen differenzierte Abgaben und/oder Steuern auf beide Kraftstoffe erhoben werden.
Die Energiesteuer für Diesel beträgt derzeit 0,47 Euro/l. Hinzu kommt bis 2025 eine CO2-Abgabe von etwa 0,15 Euro/l. Mit diesen Abgaben ist perspektivisch eine kilometerbezogene Kostenparität erreichbar, solange die Steuerbefreiung von H2-Kraftstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge erhalten bleibt. Wird künftig eine Steuer für H2-Kraftstoff erhoben, müssten parallel die Abgaben für Diesel erhöht werden, um Kostenparität der Kraftstoffe weiterhin zu ermöglichen.
Um Brennstoffzellennutzfahrzeuge im Fernverkehr zukünftig außerhalb von Förderprojekten zu etablieren, dürfen die Gesamttransportkosten maximal das Niveau für konventionelle Lkw mit Dieselantrieb erreichen. Die in der Studie betrachteten Kraftstoffkosten sind dabei nur ein Element. Kostensenkungen bei den Fahrzeugen oder entsprechend gestaltete CO2-Abgaben bzw. emissionsabhängige Mautgebühren oder Energiesteuern könnten insgesamt eine Kostenparität ermöglichen.
Über die Studie
Die Studie entstand im Auftrag der e-mobil BW GmbH und wurde von der Plattform H2BW, die die Aktivitäten im Bereich der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie in Baden-Württemberg bündelt, herausgegeben. Autoren sind die Firma Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH und das Institut für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Im Rahmen dieser Studie wurden der aktuelle Entwicklungsstand und die Perspektiven der H2-Betankungsinfrastruktur für Nutzfahrzeuge im Fernverkehr erarbeitet.
Autoren:
Jan Zerhusen, Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH, München/Ottobrunn, Jan.Zerhusen@LBST.de
Mathias Böhm, DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte, Berlin, Mathias.Boehm@dlr.de