Auf dem richtigen Weg – als Startup im H2-Markt der Zukunft
Gab es bislang vor allem fallende Notierungen bei der Aktie von Nikola Motors, scheint nun die Kursänderung einzusetzen. Die fallende Kurse gehen unter anderem auf das Konto der Shortseller, die massiv gegen das Unternehmen an der Börse spekulieren; kurzfristig gab es mehr als 200 Millionen leer verkaufter Aktien. Grund für Optimismus liefert die Kommentierung der Bilanzpressekonferenz über das 3. Quartal, die Nikola – in meinen Worten – auf dem richtigen Weg sieht. Das Unternehmen hat circa 250 Millionen US-$ an Liquidität im 3. Quartal eingesammelt und verfügt nun über 705 Millionen US-$ an Kapitalzugang. Der Schaden über zurückgerufene batterieelektrische Lastwagen wird mit 61,8 Millionen US-$ (warranty reserve) beziffert. Damit werde man nach Angaben des Unternehmens nicht nur das Problem beheben, sondern auch Batterien eines noch unbenannten Zulieferers einsetzen, die gegenüber dem Vorgängermodell Vorteile haben. Zudem werden die Lkw mit weiteren Features ausgestattet, die dem Fahrer mehr Möglichkeiten im Einsatz geben, zum Beispiel den Lkw bereits ferngesteuert via Handy-App auf die Fahrt vorzubereiten (Heizung im Winter, Klimaanlage im Sommer u.a.), bis der Fahrer angekommen ist. Die batterieelektrischen Lkw werden nach der Umrüstung im 1. Quartal wieder den Weg zum Kunden finden.
„Orders up, Cashburn down and Cash up“
Es liegen 277 Absichtserklärungen für den Kauf von wasserstoffbetriebenen Lkw vor. Im laufenden 4. Quartal sollen davon 30 bis 50 ausgeliefert werden und zwischen elf und 19 Millionen US-$ an Umsatz generieren. Bei den batterieelektrischen Lkw konnte zwischenzeitlich – trotz vormaliger Rückrufaktion – ein Einzelauftrag über 47 e-Lkw gewonnen werden. In den kommenden zwei Jahren setzt Nikola darauf, im Durchschnitt 250 – 300 Lkw beider Gattungen pro Quartal auszuliefern. Der Cashburn (Kapitalabfluss) wird bei 100 Millionen US-$ im Quartal gesehen, wobei im laufenden Quartal noch die finanziellen Einflüsse aus der Rückrufaktion der batterieelektrischen Lkw einzubeziehen sind (61,8 Millionen US-$, davon aber nur circa 38 Millionen US-$ Netto-Kapitalabfluss). Und je besser die Skalierung in der Produktion der Lkw erfolgt, umso kostengünstiger können diese produziert werden, was eine gute Gewinnmarge erwarten lässt. Man bedenke: Geld wird in der Zukunft vor allem mit Strom und Wasserstoff verdient und nicht per se mit der Hardware, dem e-Lkw. Nikola steht ja erst am Anfang seiner (Erfolgs-)Story.
Hotspot Kalifornien
Nikola konzentriert sich aus guten Gründen auf den US-Bundesstaat Kalifornien, da es hier nicht nur die besten Förderungen gibt (bis zu 408.000 US-$ pro Lkw), sondern Logistiker unter hohem Zeitdruck stehen, ihre dieselgetriebenen Lkw durch CO2-freie Antriebe (Batterie oder Brennstoffzelle/Wasserstoff) zu ersetzen. Bereits ab 2024 dürfen nur neu zuzulassende Lkw in kalifornischen Häfen zum Einsatz kommen, wenn sie batterieelektrisch oder mit Hilfe von Wasserstoff-Brennstoffzellen angetrieben werden. Wir sprechen von über 30.000 Lkw allein in diesem Segment – eine perfekte Steilvorlage für Nikola Motors. Sich in der Anfangsphase auf Kalifornien zu fokussieren, ist somit genau der richtige Schritt. Allein hier fahren über drei Millionen Lkw auf der Straße, und bis 2030/35 sollen es nur noch e-Lkw sein. In diesem Lkw-Segment ist die Konkurrenz für Nikola auf Jahre hinaus überschaubar. Der Blick auf die bereits genehmigten Gutscheine (Voucher) für e-Lkw stimmt positiv: 96 Prozent der Gutscheine des HVIP-Programms (HydrogenVoucherIncentiveProgramme) gehen auf das Konto von Nikola für wasserstoffbetriebene Lkw und 50 Prozent für batterieelektrische. Eindrucksvoll!
Rechtsstreit gegen Firmengründer Milton gewonnen: 165 Millionen US-$ winken
Der langwierige Rechtsstreit gegen Firmengründer Trevor Milton wurde gewonnen. Dieser muss nun 165 Millionen US-$ (am 20.Oktober fiel das Urteil) an Nikola zahlen, wobei darin auch Rechtskosten enthalten sind, die Nikola vorstrecken musste und nun zurückerhält. Hier sei der Hinweis angebracht, dass es noch keine Aussage darüber gibt, wann das Geld fließt (könnte Nikola Aktien von Milton eventuell einziehen?) und Nikola selbst noch einen Teil dessen an die Börsenaufsicht SEC weiterzahlen muss, da man ja einen Vergleich über die Zahlung von 125 Millionen US-$ erzielt hat und diesen selbst erfüllen muss. Fließen diese 165 Millionen US-$ indes zeitnah, kommt dies der Liquiditätssituation von Nikola natürlich sehr entgegen, da die SEC-Zahlungen über die kommenden Jahre verteilt sind.
Ziele klingen ambitioniert – sind aber realistisch
Aktuell kann Nikola pro Jahr 2.400 Lkw beider Varianten produzieren. Um profitabel zu sein, bedarf es einer Absatzmenge von 1000 Lkw im Jahr 2024 und 1500 Lkw in 2025. Diese Ziele gelten aus Unternehmenssicht als realistisch, wenn Nikola 250 bis 300 Lkw im Quartal ausliefert. Meines Erachtens wird es da auch manchen Großauftrag geben und Absichtserklärungen wie der Letter of Intent mit Anheuser Busch (800 Lkw) in den Auftragsbestand fließen.
Fazit: Nikola ist auf einem guten Weg, sich als First Mover bei CO2-freien Lkw in den USA zu positionieren – erst in Kalifornien, später über die gesamten USA verteilt und parallel dazu auch in Kanada, wo ebenfalls große Förderbeiträge von bis zu 380.000 Can-$ pro Lkw winken. Umfassende Förderprogramme wirken wie ein Turbo, weil Lkw-Käufer dem Druck der Regulatorik entsprechen können und finanziell große Anreize erhalten. Der Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur erfolgt in Eigenregie und wird durch Unternehmenspartner wie Volterra (EQT) finanziell begleitet. Zudem erhält es einen Schub durch ein sieben-Milliarden-US-$-Programm der Regierung Biden, mit dessen Hilfe sieben Hydrogen-Hubs in den USA errichtet werden sollen. Die Börse wird nicht umhin kommen, Nikola als Startup in diesem neuen Markt mit Vorschusslorbeeren zu bewerten, denn die Perspektiven könnten besser nicht sein: Zur richtigen Zeit im richtigen Markt. Das Management-Team von Nikola gilt als ausgezeichnet, wobei CEO Girsky darauf hinwies, dass bei ihnen Top-Manager arbeiten, die es sich eigentlich nicht nötig hätten, für ein Startup tätig zu sein. Sie empfänden aber große Freude dabei, ihr Wissen einzubringen und die Visionen des Unternehmens zu realisieren.
Meine Vision: Was wäre, wenn Nikola Motors in zwei bis drei Jahren über 10.000 e-Lkw jährlich produziert und diese vor allem mit eigens erzeugtem Wasserstoff und Strom betrieben werden? Wo steht Ihrer Meinung nach dann der Aktienkurs, auch wenn zwischenzeitlich weitere 100, 200, 500 Millionen neuer Aktien zur Eigenkapital-Finanzierung ausgegeben werden? Der aktuelle Aktienkurs spiegelt viel Skepsis und wenig Zukunftsfantasie. Aber das wird sich ändern.
Am Rande: In einem Forum von Nikola bei Facebook wurde eine mobile Wasserstoff-Tankstelle der Nikola-Tochter HYLA auf einem Betriebshof von Pilot Flying J gesehen. Anlegerlegende Warren Buffet hat hier elf Milliarden US-$ für 80 Prozent investiert. Das Unternehmen betreibt über 800 Betriebshöfe verteilt über die USA mit einem Umsatz von 40 Milliarden US-$ und ist auch im Energiehandel tätig. Mit General Motors hat man eine Kooperation über mehrere tausend e-Ladestationen. Wasserstofftankstellen würden sich da auch gut machen, oder? Von Nikola?!
Habe mit Interesse Ihren Bericht gelesen und sehe die Zukunft von Nikola auch sehr positiv. Bin seit 2020 Anteilseigner und habe vor kurzem nochmal nachgekauft, auf nun 8000 Aktien.
Überlege ob bei den derzeitigen Kurs nochmal kaufen soll!!
Vielen Dank nochmal
Wolfgang Krippner