Brüssel genehmigt IPCEI-Vorhaben

Brüssel genehmigt IPCEI-Vorhaben

3. Förderwelle für H2-Infrastrukturmaßnahmen

Endlich ist es so weit: Die Europäische Kommission hat Mitte Februar 2024 24 deutsche IPCEI-Projekte (Important Projects of Common European Interest – wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse) genehmigt. Im Rahmen des IPCEI Wasserstoff werden Großvorhaben entlang der gesamten Wasserstoffwertschöpfungskette gefördert – von der H2-Erzeugung über Transport- und Speicherinfrastruktur bis hin zur industriellen Nutzung.

Die Genehmigung dieser Projekte durch die Europäische Kommission erfolgt in mehreren „Wellen“. Jetzt, in der dritten Welle, waren die Infrastrukturvorhaben an der Reihe, an denen insgesamt sieben Mitgliedstaaten beteiligt sind (Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Portugal, Slowakei). Ziel ist es, insgesamt fast 3.000 Kilometer an H2-Rohrleitungen, mehr als 3,2 GW H2-Erzeugungskapazität sowie rund 370 GWh an H2-Speicherkapazität aufzubauen.

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„Während sich die Versorgungskette für erneuerbaren Wasserstoff in Europa noch in der Anfangsphase befindet, wird Hy2Infra die ersten Bausteine eines integrierten und offenen Netzes für erneuerbaren Wasserstoff einrichten. Dieses IPCEI wird die ersten regionalen Infrastrukturcluster in mehreren Mitgliedstaaten schaffen und den Boden für künftige Verbindungen in ganz Europa im Einklang mit der europäischen Wasserstoffstrategie bereiten. Dies wird den Markthochlauf der Versorgung mit erneuerbarem Wasserstoff unterstützen und uns dem Ziel, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen, einen Schritt näher bringen.“

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Margrethe Vestager, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, zuständig für Wettbewerbspolitik

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„Für eine erfolgreiche Einführung von erneuerbarem und kohlenstoffarmem Wasserstoff müssen alle Teile des Puzzles zusammenpassen. Im Rahmen dieses neuen wichtigen Projekts von gemeinsamem europäischem Interesse werden 32 Unternehmen, darunter 5 KMU, in die Wasserstoffinfrastruktur investieren, wobei sich die privaten und öffentlichen Investitionen auf insgesamt mehr als 12 Milliarden Euro belaufen, um Angebot und Nachfrage nach Wasserstoff aufeinander abzustimmen. Es bietet der Industrie mehr Möglichkeiten, ihre Aktivitäten zu dekarbonisieren und gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und Arbeitsplätze zu schaffen.“

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EU-Kommissar Thierry Breton

„Ich freue mich, dass das Warten auf die europäische Fördergenehmigung ein Ende hat. Wir sind damit einen wichtigen Schritt in Richtung Umsetzung unseres Wasserstoffprojektes gekommen. Jetzt hoffe ich, dass wir eine baldige Fördermittelzusage vom Bund bekommen, damit wir eine gute Grundlage für die finale Investitionsentscheidung in unseren Gremien haben.“

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EWE-Vorstandsvorsitzender Stefan Dohler

Erwartet wird, dass die Mitgliedstaaten bis zu 6,9 Mrd. Euro an öffentlichen Mitteln bereitstellen werden, die dann 5,4 Mrd. Euro an privaten Investitionen freisetzen sollen. Insgesamt beteiligen sich an den 33 Projekten 32 Firmen, darunter auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Das IPCEI Hy2Infra soll damit „einen Beitrag zur Erreichung der Ziele des Europäischen Green Deal und des REPowerEU-Plans“ leisten, wie es aus Brüssel heißt.

Die meisten der beteiligten Firmen haben bereits lange auf das nun erfolgte Startsignal gewartet, um endlich mit ihren Vorhaben beginnen zu können. Erwartet wird, dass mehrere Großelektrolyseure zwischen 2026 und 2028 und Pipelines zwischen 2027 und 2029 in Betrieb genommen werden.



Abb. 2: Hydrogenious LOHC Technologies will im Rahmen des Vorhabens Green Hydrogen@Blue Danube Benzyltoluol als Trägermaterial für einen sicheren und effizienten Transport von grünem Wasserstoff zur Versorgung industrieller Abnehmer im Donauraum erproben,
Quelle: Hydrogenious, IPCEI

Das IPCEI Hy2Tech zur Entwicklung von Wasserstofftechnologien für Endverbraucher wurde am 15. Juli 2022 genehmigt. In der zweiten Welle folgte am 21. September 2022 das IPCEI Hy2Use, das sich auf Wasserstoffanwendungen im Industriesektor konzentriert.

„IPCEI Hy2Infra trägt zur Verwirklichung eines gemeinsamen Ziels bei, indem es den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur unterstützt, die für die Verwirklichung der Ziele wichtiger politischer Initiativen der EU wie des Europäischen Green Deal, des REPowerEU-Plans und der EU-Wasserstoffstrategie wichtig ist.

Alle 33 Projekte des IPCEI sind sehr ehrgeizig, da sie auf die Entwicklung einer Infrastruktur abzielen, die über das hinausgeht, was der Markt derzeit bietet. Sie werden die ersten Bausteine für ein integriertes und offenes Wasserstoffnetz legen, das zu nichtdiskriminierenden Bedingungen zugänglich ist, und den Markthochlauf der Versorgung mit erneuerbarem Wasserstoff in Europa ermöglichen. Dies wird die Dekarbonisierung von Wirtschaftssektoren ermöglichen, die zur Verringerung ihrer Kohlenstoffemissionen auf Wasserstoff angewiesen sind.

Die Beihilfen für einzelne Unternehmen beschränken sich auf das notwendige und verhältnismäßige Maß und verzerren den Wettbewerb nicht unangemessen.“

Europäische Kommission

„Cool, was ihr da in Deutschland macht“

„Cool, was ihr da in Deutschland macht“

„Heute ist ein guter Tag für den Industriestandort Deutschland, den Klimaschutz und nachhaltige Arbeitsplätze in unserem Land.“ Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck bezog sich mit diesen Worten auf das erste Gebotsverfahren für Klimaschutzverträge, das die Bundesregierung Mitte März 2024 gestartet hat.

„Mit den Klimaschutzverträgen fördern wir erstens moderne, klimafreundliche Industrieanlagen von morgen. Dadurch entstehen neue Technologien, Wertschöpfungsketten und Infrastrukturen. Das hilft zweitens der Industrie weltweit dabei, auf klimafreundliche Produktion umzuschalten. Und drittens setzen wir mit den Klimaschutzverträgen international neue Standards für eine effiziente und bürokratiearme Förderung.“

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Im Ausland werde dieser Schritt voller Neid bewundert, so Habeck: „Cool, was ihr da in Deutschland macht. Das wollen wir auch haben.“

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Auch wenn einige Menschen in der Bundesrepublik das nicht gerne hören, weil sie allzu gerne Habeck-Bashing betreiben – man muss ihm lassen, dass er in seiner Amtszeit vieles auf den Weg gebracht hat. Und wenn insbesondere Vertreter der chemischen Industrie diese Klimaschutzverträge als einen „richtigen Schritt“ bezeichnen, kann nicht alles falsch gewesen sein.

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An Habeck scheiden sich momentan die Geister: Den einen ist er nicht grün genug, zu wirtschaftsnah, zu industriefreundlich – den anderen ist er zu grün, zu idealistisch, zu poetisch.

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Wenn man sich aber anschaut, was in den vergangenen Monaten – insbesondere aufgrund des Engagements Habecks – angestoßen wurde, kann sich das sehen lassen, selbst mit Klimaschutzbrille: Deutschland ist gut durch die letzten Winter gekommen und verfügt inzwischen über mehrere, in Rekordzeit aufgebaute LNG-Terminals. Deutschland bekommt nach und nach die von so vielen geforderten energiepolitischen Rahmenbedingungen, die Planungssicherheit geben – sei es im Heizungs- oder im Verkehrssektor, insbesondere aber auch im Industriesektor.

Deutschland bemüht sich, speziell die energieintensiven Unternehmen aus der Stahl-, Glas-, Zement- oder Chemiebranche hier im Lande zu behalten und kommt ihnen weit entgegen. Zudem knüpft Deutschland internationale Partnerschaften für den Import von Wasserstoff und den Transfer von Technologie-Know-how (s. HZwei-Heft April 2024: S. 12 – Norwegen als Partnerland der Hannover Messe).

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Darüber hinaus kommt jetzt endlich Fahrt in die IPCEI-Vorhaben (s. S. 28), und selbst die 37. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) ist am 14. März 2024 vom Bundestag verabschiedet worden.

Diese und viele weitere Maßnahmen haben unter anderem dazu geführt, dass die Klimaemissionen 2023 um 10,1 Prozent gegenüber 2022 gesunken sind, was dem größten Rückgang der CO2-Werte seit 1990 entspricht.

Ja, dieser Rückgang ist durchaus zum Teil der derzeit reduzierten Wirtschaftskraft Deutschlands geschuldet. Na und? Es ist doch völlig klar, dass ein transformativer Prozess im Energiesektor dazu führt, dass nicht im selben Maße wie zuvor produziert werden kann. Und genau dies ist ja durchaus gewollt, denn wir können es uns nicht länger leisten, so viel Energie und so viele Ressourcen wie bislang zu verballern.

Ein moderater Rückgang der Wirtschaftsleistung ist meiner Meinung nach übergangsweise sehr gut verkraftbar und durchaus positiv zu sehen, da genau dadurch veraltete Strukturen aufgebrochen und die Zukunftsfähigkeit des Landes gewährleistet wird. Es wird jetzt darauf ankommen, das richtige Maß im Auge zu behalten, um eine Balance zwischen Handlungsdruck und Zumutbarkeit zu finden.

Das gilt nicht nur für die Regierung, sondern auch für die Bevölkerung, der ebenfalls ein großes Maß an Verantwortung zukommt – sei es bei der Wahl des nächsten Autos oder der nächsten Heizung. Weniger Nörgeln und mehr nachhaltiges Agieren hilft mitunter Wunder.

Autor: Sven Geitmann

 

Gruppenrotation wird Wasserstoff voranbringen

Gruppenrotation wird Wasserstoff voranbringen

Aktien aus dem Krypto-Universum und von vielen Hightech-Unternehmen erreichen derzeit neue Höchstkurse. Auch Rüstung boomt an der Börse angesichts der vielen, teils kriegerischen weltpolitischen Konflikte. Nur der Themenkomplex Wasserstoff und Brennstoffzelle führt noch ein Schattendasein mit Kursen auf Crash-Niveau, die aber die Perspektiven von nachhaltig erzeugter Energie und vor allem von Wasserstoff völlig ausblenden – noch.

Die Börse funktioniert auch immer nach dem Prinzip der Gruppenrotation, wonach immer genau die Branchen in den Fokus und ins Zentrum des Anlegerinteresses rücken, die bisher völlig vernachlässigt wurden, aber über hervorragende Perspektiven verfügen. Genau daher rührt meine Erwartung, dass nach fast drei Jahren fallender Aktienkurse nun allmählich die Trendwende einsetzt und ein nachhaltiger, langfristiger Aufwärtstrend an der Börse beginnt, der seine Basis in einem sehr hohen Unternehmenswachstum hat. Vielen Marktteilnehmern ist derzeit noch unklar, wie Wasserstoff in großen Mengen verfügbar werden könnte, dabei steht heute schon fest, dass die Produktionsmengen enorm steigen und die Preise fallen werden. Das alles geht aber nicht über Nacht: Riesige Kapazitäten an Elektrolyseurtechnologie – PEM, AFC, AEM, SOFC – müssen entstehen, um ausreichend Wasserstoff produzieren zu können.

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Hydrogen economy is on its way and will come!

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„Die H2-Wirtschaft ist auf dem Weg und wird kommen“, so das Fazit des H2-Forums in Berlin (19. und 20. Febr. 2024, s. S. 20). Ein Referent führte aus, dass wir jetzt, nach den übertriebenen Erwartungen, „aus dem Tal des Todes“ heraus- und auf dem Boden der Tatsachen angekommen seien. Jetzt gehe es darum, die Risiken abzuschätzen und in konkrete Projekte einzusteigen, die sich in Investitionen in den gesamten Themenkomplex Wasserstoff niederschlagen würden. Vom Reden zum Handeln.

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Blicken wir visionär in die Jahre 2030, 2035 und 2040, so ist klar, was heute technologisch alles auf den Weg gebracht werden muss. Grüner und vorübergehend blauer Wasserstoff (erzeugt durch Erdgasreformierung – 70 Prozent weniger CO2) werden dominieren und den grauen Wasserstoff aus Erdgas CO2-frei ablösen. Regenerativ erzeugter Wasserstoff wird zum Rohstoff, der als Commodity an der Börse einen Marktpreis erhält. Diejenigen Produzenten, die über große Mengen an kostengünstiger regenerativer Energie (Sonne, Wind und Wasserkraft) verfügen und den notwendigen Zugang zu Wasser (vor allem Meerwasser) haben, erhalten ein handelbares Gut, das sie mit hohen Gewinnmargen auf dem Weltmarkt verkaufen oder selbst nutzen können.

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Für letzteren Fall ist zu beobachten, dass Länder mit idealen Rahmenbedingungen zunehmend darüber nachdenken, den erzeugten Wasserstoff durch den Aufbau entsprechender Industrien selbst vor Ort zu nutzen, statt ihn an Länder wie Deutschland zu verkaufen, da Energie ein sehr wichtiger Standortfaktor ist.

Wasserstoff und Börse

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In Ländern wie China und einzelnen Regionen wie dem US-Bundesstaat Kalifornien entwickeln sich Wasserstoffstrategien, die Vorbildcharakter haben und auch als Blaupause für die Welt dienen. In China sollen bis 2025 über 1.200 H2-Tankstellen in Betrieb sein. Derzeit sind es etwa 400. Südkorea will langfristig mehr als 1.600 H2-Tankstellen im Land etablieren. Hier in Deutschland sind nach wie vor rund 100 in Betrieb.

Firmen mit Kapazitäten für Brennstoffzellen-Stacks sowie -Module für Nutzfahrzeuge stehen in den Startlöchern (Bosch, Cummins, Ballard, Hyzon, Toyota, Hyundai u. v. a.), denn diese Märkte werden riesig sein. Man kann von mehreren Millionen Lkw und Bussen ausgehen, die in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren auf Batterie und Brennstoffzelle (auch in Kombination) umgestellt werden. Auch Wasserstoffmotoren bekommen viel Aufmerksamkeit, verschiedene Prototypen wurden bereits entwickelt (Bosch, Cummins, Toyota).

Die Frage nach den richtigen H2-Aktien lässt sich insofern gut beantworten, als vor allem solche Unternehmen gewinnen werden, die über eine ausgereifte Technologie verfügen, robuste Geschäftsmodelle betreiben, lieferfähig sind und möglicherweise selbst von Consumable Hydrogen profitieren, wenn sie diesen kostengünstig selbst herstellen oder als Handelsgut vertreiben und nutzen können.

Hier winkt perspektivisch eine gute Gewinnmarge mit hohem Steigerungspotenzial. An der Börse gibt es allerdings gerade in Sachen Wasserstoff noch eine Phase der Enttäuschung, da erstens alles nicht so schnell geht und zweitens auch Rückschläge zu verkraften sind. Neben Fragen der Umsetzungsgeschwindigkeit geht es oft auch um regulatorische Fragen auf der Zeitschiene. Dass die Börse das Potenzial der Unternehmen mit deren Aktienkursen und Börsenbewertungen noch nicht erkannt hat, ist an den aktuellen Kursen unschwer abzulesen. Dass es aber zu einer völligen Neubewertung kommen wird, steht außer Frage, auch wenn es länger dauern wird. Haben Sie Geduld. Wir stehen erst am Anfang dieses neuen Mega-Trends – auch an der Börse. Warten wir auf die Gruppenrotation, dann geht alles ganz schnell.

Risikohinweis
Jeder Anleger sollte sich bei der Investition in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch die Volatilität ist deutlich höher. Diese Analyse stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, wobei der Fokus auf einer mittel- bis langfristigen Bewertung und nicht auf kurzfristigen Gewinnen liegt. Die hier vorgestellten Aktien können im Besitz des Autors sein. Es handelt sich nicht um eine Anlage- oder Kaufempfehlung, sondern lediglich um eine unverbindliche persönliche Einschätzung – ohne Obligo.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 15. März 2024

Gasehersteller sind die Gewinner des H2-Hochlaufs

Gasehersteller sind die Gewinner des H2-Hochlaufs

Die großen internationalen Gasekonzerne wie Linde, Air Liquide und Air Products sind seit jeher im Bereich Wasserstoff aktiv, bisher allerdings mit dem industriell nachgefragten „grauen“ Wasserstoff auf Erdgasbasis. Darüber hinaus ist das Wasserstoffmolekül für viele Derivate und chemische Verbindungen essentiell. Nun geht es zunehmend in Richtung grünen, also regenerativ erzeugten Wasserstoff. Und auch und gerade hier positionieren sich die drei genannten Unternehmen, indem sie weltweit sehr große Elektrolyse-Produktionskapazitäten aufbauen und strategische Allianzen in solchen Ländern eingehen, die dafür geradezu ideal sind, weil dort die Rahmenbedingungen (hohe Sonneneinstrahlung, Wind- und Wasserkraft und Wasser, vor allem Meerwasser) perfekter nicht sein könnten.

Dort wird vor allem auch auf den blauen Wasserstoff gesetzt, der über Erdgasreformierung kostengünstig hergestellt werden kann und der durch Speicherung (CCS & CCUS), aber auch durch industrielle Nutzung des Kohlenstoffs einen geringeren CO2-Fußabdruck hat. Hinzu kommt das sehr gewichtige Argument, dass man zusätzlich von diversen Förderprogrammen profitiert, sei es in der EU oder auch in den USA mit dem Inflation Reduction Act.

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An der Börse sind diese glänzenden Aussichten zum Teil schon in die Kursentwicklung und Bewertung eingeflossen, aber es gibt doch Unterschiede, die es zu nutzen gilt, denn Air Products & Chemicals hat den Run im Gegensatz zu Air Liquide und Linde noch nicht richtig mitgemacht. Daher die Empfehlung, auf den Nachzügler zu setzen:

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Unternehmen         Börsenbewertung                      Umsatz                 KGV 24        Dividendenrendite
Linde                         185 Mrd. US-$                         36 Mrd. US-$            37                    0,9 Prozent
Air Liquide                  99 Mrd. US-$                         33 Mrd. US-$            33                   1,8 Prozent
Air Products               52 Mrd. US-$                         12,7 Mrd. US-$         24                   3,0 Prozent

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Air Products & Chemicals

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Das Unternehmen setzt stark auf Wasserstoff und Ammoniak, um mit Letzterem den Langstreckenverkehr zu bedienen. In Hamburg hat man sich mit dem weltweit aktiven Mineralöl- und Chemiehandelsunternehmen Mabanaft (Tochter der Marquardt & Bahls-Gruppe, die weltweit Lagerhaltung für Mineralölprodukte aller Art, darunter Kerosin für Flugzeuge, und ein eigenes Tankstellennetz betreibt) zusammengetan und plant mit einer Investition von über einer Milliarde Euro eine Ammoniakverarbeitungsanlage (Cracking) im Hamburger Hafen. Doch zunächst geht es um den blauen Wasserstoff, der seinen Weg nach Europa finden soll, und zwar aus Ländern wie Saudi-Arabien, wo man gemeinsam am Projekt Neom Green Hydrogen arbeitet und wo Air Products & Chemicals ein Auftragsvolumen von 6,7 Mrd. US-$ an Land ziehen konnte.

Ein Blick auf die Charts zeigt, dass Air Products & Chemicals nicht weit von den Tiefstständen des letzten Jahres entfernt ist, während Linde und Air Liquide neue Höchststände erreicht haben. Als Gruppe werden diese Aktien ihren Weg fortsetzen, aber als Nachzügler erscheint die Aktie von Air Products & Chemicals am günstigsten bewertet. Zuletzt wurde die Quartalsdividende auf 1,77 US-$/Aktie erhöht. Erstes Kursziel: 300 US-$.

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Risikohinweis

Jeder Anleger sollte sich bei der Investition in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch die Volatilität ist deutlich höher. Diese Analyse stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, wobei der Fokus auf einer mittel- bis langfristigen Bewertung und nicht auf kurzfristigen Gewinnen liegt. Die hier vorgestellten Aktien können im Besitz des Autors sein. Es handelt sich nicht um eine Anlage- oder Kaufempfehlung, sondern lediglich um eine unverbindliche persönliche Einschätzung – ohne Obligo.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 15. März 2024

Nikola Motors – Ausblick spricht für das Unternehmen

Nikola Motors – Ausblick spricht für das Unternehmen

Die Bilanzpressekonferenz vom Februar 2024 zum vierten Quartal sowie zum Gesamtjahr 2023 und vor allem der Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr bestätigen meine sehr optimistische Einschätzung dieses Start-ups. Von den 42 gebauten TreFCEV wurden 35 im vierten Quartal ausgeliefert. Sieben befinden sich in der Erprobung bei Flottenbetreibern. Die batterieelektrischen Lkw TreEV werden nach den Problemen mit den Batterien und deren Austausch im Laufe des Jahres bis zum Ende des zweiten Quartals wieder zu ihren Käufern zurückkehren.

Nikola kann jeden gebauten TreFCEV sofort verkaufen, denn die Nachfrage ist da, aber es gibt noch nicht genügend Zulieferteile. 2024 sollen 300 bis 350 verkauft werden. Stark ist die Position bei den Gutscheinen HVIP Voucher, von denen Nikola fast alle (99 Prozent/355 von 360) für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge verkaufen kann. Wir sprechen von bis zu 408.000 US-$ Förderung pro BZ-Lkw. Bei den BEV sind es 95 Voucher bis Ende Januar 2024.

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Sich in der Anfangsphase auf Kalifornien und Kanada zu konzentrieren, ist angesichts der dortigen Förderprogramme sinnvoll. Parallel arbeitet Nikola über seine Tochter HYLA daran, wichtige Standorte (u. a. Hafenanlagen in Kalifornien wie LA oder Orlando) zunächst mithilfe von mobilen H2-Tankstellen mit dem notwendigen Wasserstoff zu versorgen (deutlich weniger Regulierungsaufwand als bei festen Standorten), um dann je nach Erfahrung und Bedarf feste H2-Tankstellen aufzubauen.

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Hinzu kommt die Partnerschaft mit FirstElement Fuel, einem Unternehmen, das bereits an wichtigen Knotenpunkten (Häfen wie Orlando) Standorte betreibt und dort 100 bis 200 Lkw pro Tag mit dem nötigen Wasserstoff versorgt. Die Verfügbarkeit von ausreichend Wasserstoff ist laut einem Take aus der Pressekonferenz jedenfalls gegeben. Dabei sind auch die zukünftig auszuliefernden TreFCEV und deren H2-Bedarf bereits berücksichtigt. Aktuell sind neun Standorte des eigenen HYLA-Programms neben denen von FirstElement Fuel in der Entwicklung. Insgesamt werden dort perspektivisch über 60 H2-Tankstellen entstehen.

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Alle wichtigen Positionen besetzt – mit Toptalenten

Nun ist auch der CFO-Posten neu besetzt: Thomas B. Okray ist der neue Finanzvorstand. Er kann eine beeindruckende Vita vorweisen: Okray war CFO bei Firmen wie Eaton, aber auch in leitender Funktion in der Logistiksparte (Fulfillment) bei Amazon und 14 Jahre in Toppositionen bei GM – auch hier als CFO.

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Mit Jonathan Pertchik holt sich Nikola einen neuen Vorstand ins Haus, der schon als CEO bei TravelCenters of America erfolgreich tätig war. Das Unternehmen wurde von BP übernommen und zählt zu den größten Betriebshofbetreibern in den USA. Hier könnten einmal Wasserstofftankstellen von Nikola positioniert sein – vergleichbar Pilot Flying J –, wenn es zu einer Kooperation käme (eine Idee).

Ole Höfelmann wird über die Tochtergesellschaft HYLA Präsident von Nikola Energy. Zuvor war er für die weltweiten Infrastrukturaktivitäten des Unternehmens verantwortlich. In seiner Karriere hatte er 30 Jahre lang zahlreiche Führungspositionen bei Air Liquide inne, unter anderem als CEO von Air Liquide Spanien mit 3.000 Mitarbeitern. Außerdem war er bei Plug Power als Leiter des Bereichs Elektrolyse tätig. Darüber hinaus ist er Vorstandsmitglied verschiedener Verbände wie der California Fuel Cell Partnership.

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Carla Tully vervollständigt den Vorstand. Sie hatte Führungspositionen in Fortune-150-Unternehmen inne, u. a. als Mitbegründerin von Earthrise Energy (über 1,5 GW erneuerbare Energie), war im Vorstand des Citizens for Responsible Energy Solutions Forum sowie in leitenden Positionen bei MAP Energy (2,4 Mrd. US-$ Marktkapitalisierung) und AES Corp. Nikola kann so auf ein umfassendes Know-how in den Bereichen M&A, Private Equity und CSR zurückgreifen. Damit ist Nikola auf allen Führungspositionen bestens für die Zukunft gerüstet.

Lkw im Einsatz – Kunden sehr zufrieden

Mehrere Kundenberichte über Langstreckenfahrten mit wasserstoffbetriebenen Lkw fallen sehr positiv aus: Coyote Container fuhr vom Hafen Oakland nach Long Beach, dann nach Iowa und Ontario und zurück zum Hafen Portland – mit nur einer H2-Tankfüllung 866 Meilen. MTA Trucks fuhr 519 km von Edmonton nach Calgary und zurück. Der Tank war am Ende der Strecke noch zu 40 Prozent gefüllt – bei minus zehn Grad. Weitere Beispiele beziehen sich auf Touren von über 1.000 Meilen an einem Tag bei voller Beladung.

Spezielle Fantasie mit dem Badger?

Ja, Sie lesen richtig: Ember hat 2023 von Nikola die Markenrechte (IP, Design) und Prototypen für diesen stark aussehenden SUV namens Badger erworben. Nikola hat diese Werte im Rahmen eines Equity-Swaps (Tausch über Sacheinlage) an Ember abgegeben und dafür 30 Prozent an der Firma erhalten. Es wird kein Kapital von Nikola fließen, da man sich auf den E-Lkw konzentriert. Fest steht, dass der Badger als BZ/Batterie-SUV dem Cybertruck von Tesla ernsthaft Konkurrenz machen könnte, sollte er in time auf den Markt kommen. Ob Ember und andere OEMs und Partner dieses Projekt tatsächlich umsetzen, ist aber noch unklar.

Psychologisch ist es jedoch ein starkes Zeichen, dass Nikola hier indirekt mit im Boot sitzt. Man darf gespannt sein. Denn der Badger diente einmal als Basis für eine Kooperation mit GM und sorgte für eine zweistellige Milliardenbewertung von Nikola Motors an der Börse. Damals gab es 6.000 Vorbestellungen. Betrachten Sie es einfach als nettes Nebenthema, aber es könnte sehr spannend werden, wenn es hier konkret wird und bekannte Namen wie Magna, Dana, GM und viele andere den Ball aufgreifen. Man bedenke: Auch das Design eines solchen Autos, das man ja bereits hat, kostet viel Kapital – ganz abgesehen davon, dass der Produktionsstart sehr viel Kapital erfordert, auch wenn es eventuell Firmen (OEM: Original Equipment Manufacturer) gibt, die bereits vorhandene Produktionskapazitäten sehr schnell hochfahren könnten. Dann wäre der Badger schon in wenigen Jahren auf dem Markt. Alles ist denkbar.

Fazit

Mit über 460 Mio. US-$ an freiem Kapital (unrestricted cash) ist das Unternehmen zunächst gut aufgestellt. Kostensenkungsmaßnahmen, Optimierungen und normale Skaleneffekte in der Produktion (je mehr Lkw gebaut und verkauft werden, desto günstiger wird der Stückpreis und desto näher rückt die Gewinnschwelle) werden das Gesamtjahr prägen, wobei der Kapitaleinsatz auf Quartalsbasis deutlich sinken soll. 400 bis 450 Lkw beider Typen gelten als erstes Absatzziel für 2024, mit einer Umsatzerwartung von 150 bis 170 Mio. US-$. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Auftragseingänge deutlich höher ausfallen können, auch wenn sie erst ab 2025 umsatzwirksam werden.

Nikola befindet sich erst in der Anlaufphase. Theoretisch könnten bei Verfügbarkeit aller Zulieferteile bereits 2.400 Lkw pro Jahr produziert werden. Was den Börsenkurs betrifft, so wiederholt sich CEO Stephen Girsky salomonisch, wenn er – sinngemäß – sagt, dass die Börse das selbst am besten bewerten wird, wenn die gemachten Prognosen eintreffen. Damit verbunden ist meine Erwartung, dass wir bald wieder Kurse von über 1 US-$ (oder deutlich mehr) sehen werden, wenn das eintritt, was prognostiziert wird. Ein Reverse Split (Aktienzusammenlegung) als Maßnahme, um den Aktienkurs über 1 US-$ zu heben, erübrigt sich dann natürlich. (Bei einem Kurs von unter 1 US-$ kann es theoretisch zu einem Delisting von der NASDAQ kommen, am 7. Juli nach einer 180-Tage-Frist, die aber verlängert werden kann.)

Das Kursverhalten der Aktie wird derzeit noch von Shortsellern und Naked-short-Sellern dominiert, die massiv gegen das Unternehmen und den Aktienkurs wetten. 217,6 Millionen Aktien waren Mitte Februar leerverkauft. Dieses Short-Interesse könnte bei guten Nachrichten zu Eindeckungskäufen (im Extremfall zu einem Squeeze) führen – so meine persönliche Sicht, ohne Obligo.

Auf der anderen Seite kaufen institutionelle Investoren wie der norwegische Staatsfonds (der 10,25 Prozent an Nikola hält), Blackrock, Vanguard und andere, was als gutes Zeichen gewertet werden kann und sollte. Gegen den Firmengründer Trevor Milton hat Nikola bereits vor Gericht gewonnen und man arbeitet nun an einem Vollstreckungstitel. Immerhin geht es um 165 Mio. US-$. Milton hält noch über 51 Mio. Aktien, die eventuell als Teilzahlung – ohne Obligo – eingezogen werden könnten.

Der Aktienkurs wird nun vor allem von den Auftragseingängen für die E-Lkw getrieben. Aus aktuell laufenden Testreihen bei Flottenbetreibern könnte – so meine Erwartung – auch so mancher Großauftrag resultieren.

Nikola ist als Start-up zu sehen. Es handelt sich um einen neuen, disruptiven Markt am Anfang eines langfristigen Trends. Bis zum Übergang in die Gewinnzone (2025/26) muss noch viel Kapital investiert werden (logische Verluste), aber die Börse wird es, wenn die Prognosen eintreffen, gerne zur Verfügung stellen und in der Aktienkursentwicklung antizipieren. Die Investmentbank Baird hat kürzlich bereits ein Kursziel von 2 US-$ ausgerufen. Andere Investmentbanken dürften folgen. Die Volatilität der Aktie wird sehr hoch bleiben. Tagesschwankungen von fünf oder sogar über zehn Prozent sind normal. Nichts für Anleger mit schwachen Nerven.

Risikohinweis

Jeder Anleger sollte sich bei der Investition in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch die Volatilität ist deutlich höher. Diese Analyse stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, wobei der Fokus auf einer mittel- bis langfristigen Bewertung und nicht auf kurzfristigen Gewinnen liegt. Die hier vorgestellten Aktien können im Besitz des Autors sein. Es handelt sich nicht um eine Anlage- oder Kaufempfehlung, sondern lediglich um eine unverbindliche persönliche Einschätzung – ohne Obligo.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 15. März 2024

Plug Power – Kurskapriolen mit vielen Fragen

Plug Power – Kurskapriolen mit vielen Fragen

Der Plug-Kurs fiel schnell auf unter 3 US-$ (2,50 US-$ im Tief) und stieg dann wieder auf über 4 US-$. Bei einem Kurs von unter 3 US-$ konnte man hervorragend Handelspositionen aufbauen (s. HZwei-Heft Jan. 2024). Kommt es nun zu einer Wende in der Kursentwicklung oder war das nur ein kurzes Aufflackern, bevor es weiter abwärts geht? Oder kommt es sogar zu einer Trendwende nach oben?

Da gibt es die große Chance für Plug Power, einen Kredit (Loan) im Umfang von 1,6 Mrd. US-$ vom Department of Energy (DoE) im Rahmen des Inflation Reduction Act zu erhalten. Dieser soll innerhalb des dritten Quartals kommen, wobei es auch Gerüchte gibt, dass er wesentlich früher bewilligt werden könnte, aber an dieser Spekulation beteilige ich mich nicht. In diesem Idealszenario verfügt Plug dann über genügend Kapital, um unter anderem mehrere Produktionsstätten wie in Tennessee und New York auf- und auszubauen und dort die Produktion aufzunehmen. Die Börse wird dies – in case – sehr positiv bewerten: mit höheren Aktienkursen.

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Aber ein Kredit ist Fremdkapital, das zurückgezahlt werden muss. Wie sind die Konditionen? Wie hoch ist der Zins bzw. Kupon? Was sind die Rückzahlungsmodalitäten? Wird der Kredit sofort in voller Höhe ausgezahlt oder in Raten und mit Zieldefinitionen (Milestones)? Was macht Plug mit dem Geld? Wenn keine Klarheit darüber besteht oder der Kredit erst gar nicht bewilligt wird, dann wird die Börse „verschnupft“ bzw. enttäuscht reagieren, mit der Folge fallender Aktienkurse.

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Parallel dazu läuft ein Aktienplatzierungsprogramm über nominal (ATM: at the market) 1 Mrd. US-$. Davon sind bereits über 305 Mio. US-$ durch die Platzierung von 77,4 Mio. Aktien auf das Konto von Plug geflossen. Dies korreliert auch positiv mit dem DoE-Kredit: Wird dieser gewährt, steigt Plugs Kurs – wenn auch eventuell nur kurzfristig – stark an, und dies ermöglicht dann die perfekte Platzierung von Aktien via ATM in den Hochlauf. Mit diesem Geld aus dem ATM kann das kurzfristige Liquiditätsproblem gelöst werden, denn der Cash-Bestand lag am 31. Dezember 2023 gerade mal bei 135 Mio. US-$.

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Hinzu kommen weitere mögliche Schwierigkeiten, denn das US-Finanzministerium definiert, wie Wasserstoff hergestellt werden muss, um die Förderung von bis zu 3 US-$ pro kg zu erhalten. Plug setzt sehr stark auf diese Förderung, aber es sind Fragen offen: Von welchem Standort muss die regenerative Energie kommen, in welcher Menge und zu welchem Zeitpunkt? Und an welchem Standort muss die Elektrolyse stattfinden. Hier gibt es, wie in der EU, eine Reihe bürokratischer Hürden – leider.

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Enttäuschende Zahlen

Was sind das für Zahlen: Der Umsatz im Geschäftsjahr 2023 betrug statt der erwarteten 1,2 Mrd. US-$ nur 891 Mio. US-$. Der Verlust betrug sogar 1,4 Mrd. US-$, was einem Minus von 2,30 US-$ pro Aktie entspricht. Die Bilanzpressekonferenz im März warf mehr Fragen auf, als sie beantwortete.

So soll der Materialbestand (Inventory) über die Auslieferung von Fertigprodukten an Kunden wertmäßig um 700 Mio. US-$ reduziert werden. Während 2023 noch 400 Mio. US-$ in diesen Bereich investiert wurden, soll 2024 kein Kapital mehr dort hineinfließen.

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Die Produktion an Standorten wie Georgia, Tennessee und Louisiana soll hochgefahren werden und zu einer Erhöhung der Gewinnmarge beitragen. An diesen Standorten ist man bereits heute in der Lage, flüssigen Wasserstoff selbst herzustellen und an Kunden zu liefern. Die Standorte Texas und New York werden erst nach der Bewilligung des DoE-Kredits weitergeführt, da sie sonst zu viel Liquidität binden.

Zudem soll es Preiserhöhungen (u. a. für H2, Stacks und Elektrolyseure) und ein Kostensenkungsprogramm in Höhe von 75 Mio. US-$ geben. Flüssiger Wasserstoff wird derzeit noch zugekauft, was Verluste mit sich bringt, soll aber durch selbst produzierten Wasserstoff ersetzt werden.

Nachdem Plug Power – ich berichtete ausführlich – in vielfältiger Weise Produktionsstätten in den USA und international aufgebaut und damit die Liquidität stark strapaziert hat, soll nun das geplante Kostensenkungsprogramm in Höhe von 75 Mio. US-$ greifen. Ob dieser Betrag ausreichen wird, darf allerdings bezweifelt werden, denn er erscheint angesichts der Liquiditätsprobleme von Plug geradezu lächerlich und kommt viel zu spät. Dass das Unternehmen an mehreren Standorten begonnen hat, flüssigen Wasserstoff zu produzieren und an Kunden wie Amazon und Walmart auszuliefern, ist erst einmal eine gute Nachricht, hat aber zunächst wenig Einfluss auf die Geschäftszahlen des Unternehmens.

Auch bei Aufträgen für Elektrolyseure kann Plug punkten, aber bis hier nennenswerte Umsätze und damit Gewinne sichtbar werden, wird es dauern. Dass sich der saudische Staatsfonds Public Investment Fund (PIF) Ende 2023 mit dem Verkauf von 5,67 Millionen Aktien komplett aus Plug zurückgezogen hat, ist kein gutes Zeichen.

Fazit

Den Worten müssen nun Taten folgen, denn zu oft wurden sehr vollmundige Prognosen abgegeben. Dass Plug für einige Projekte Partner ins Boot holt, scheint sehr wahrscheinlich. Und auch die Abspaltung (Teilverkauf) einiger Einheiten ist denkbar, wenn die Liquidität nicht zeitnah ausreichend dargestellt werden kann. Aktuell besteht allerdings kein Handlungsbedarf. Plug steht aber klar auf meiner Watchlist, da das Unternehmen zur richtigen Zeit in den richtigen Märkten aktiv ist. Wenn die finanziellen Probleme gelöst sind, es evtl. auch Veränderungen im Management, das Vertrauen verspielt hat, gibt, wird Plug seinen Weg gehen.

Über 170 Mio. leerverkaufte Aktien (Short Interest, Stand Mitte Februar) sind allerdings bedenklich, da hier massiv gegen das Unternehmen spekuliert wird oder – Stichwort Amazon und Walmart (Warrants) – eine Art Absicherung (Hedging) betrieben wird. Ohne Obligo. Immerhin wurden im Januar/Februar bereits 10 Mio. Aktien eingedeckt. Auf der anderen Seite ist es dieses Short Interest, das auch mal, über die Eindeckung, kurstreibend wirken kann (Short Squeeze), wenn gute Nachrichten gemeldet werden. Alles hat zwei Seiten.

Noch besteht aber kein Handlungsbedarf, denn nun steht erst einmal die Veröffentlichung der Zahlen für das erste Quartal an. Dass diverse Wirtschaftsmedien in Deutschland Plug Power zu den Top-Investments in Sachen Wasserstoff zählen, wundert mich allerdings. Es gibt überzeugendere H2-Investments.

Risikohinweis

Jeder Anleger sollte sich bei der Investition in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch die Volatilität ist deutlich höher. Diese Analyse stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, wobei der Fokus auf einer mittel- bis langfristigen Bewertung und nicht auf kurzfristigen Gewinnen liegt. Die hier vorgestellten Aktien können im Besitz des Autors sein. Es handelt sich nicht um eine Anlage- oder Kaufempfehlung, sondern lediglich um eine unverbindliche persönliche Einschätzung – ohne Obligo.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 15. März 2024

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