Vor rund 20 Jahren weckte das Sonnenenergie- und Passivhauskonzept die Begeisterung des Ehepaares Napierała. Die beiden fuhren damals regelmäßig nach Freiburg und lernten dort die Pioniere der Photovoltaiktechnologie kennen. „Ich habe dort sehr viele Ideen mitbekommen. Es war eine Zeit des Aufbruchs. Bei den Messen kamen wir zusammen und haben unsere Visionen und Gedanken ausgetauscht. Es war eine fantastische Stimmung“, schwärmt Piotr Napierała. Insbesondere die Passivhausidee hat ihn bis heute geprägt. Sein Augenmerk liegt stets auf den Vorteilen effizienter Mikronetze und energetischer Insellösungen. „Das ist einfach das, was mich begeistert. Bei meinen Besuchen in Freiburg habe ich mich gern mit den Lösungen von Hydrogenics beschäftigt und mit Leuten dort darüber diskutiert. Ich mag kleine, geschlossene Strukturen, die ich optimieren kann“, erzählt der gelernte Physiker.
Dorota und Piotr Napierała haben ihr Ziel klar vor Augen: Mit dem Wasserstoffhaus von Virtud sollen dessen jährlichen Energiekosten bei nicht mehr als 500 zl liegen, was ungefähr 123 Euro entspricht. Piotr hält nichts von Großprojekten und ist auch nicht von den überdimensionierten Wasserstoffplänen vieler prominenter Großunternehmen überzeugt. Er glaubt, dass sich in vielen kleinen Schritten und mit passgenauen Maßnahmen vor Ort, insbesondere mit Wasserstoff, viel erreichen lässt.
Großes Potential in der polnischen PV-Branche
Ehepaar Napierała empfängt seine Geschäftspartner und Interessenten in einem schönen, weißen Neubau in einem Vorort von Poznań auf dem Firmengelände von Virtud. Die beiden Inhaber eines Photovoltaikinstallationsbetriebs besaßen in der Vergangenheit schon mehrere Unternehmen in der Erneuerbare-Energien-Branche. Seit 2015 sind sie auf PV-Technik spezialisiert. Die Entwicklung des Virtud-Wasserstoffsystems verstehen die Eheleute als logische Weiterentwicklung zur Verbreitung erneuerbarer Energien in der ganzen Welt – speziell in Polen, wo die Photovoltaikbranche gerade boomt.
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Ende Januar dieses Jahres betrug die Gesamtleistung installierter PV-Anlagen bei dem östlichen Nachbarn Deutschlands insgesamt über 12,5 GW. Im Jahr davor lag sie noch bei 7,6 GW. Damit hat sich die Photovoltaikleistung in Polen binnen eines Jahres fast verdoppelt. Auf Sonnenenergie entfällt damit gut 54 Prozent der gesamten Erneuerbare-Energien-Leistung in Polen.
Autoakkus als Solarstromspeicher
Mit der massiven Steigerung der Stromproduktion aus Photovoltaik kommen aber auch große Herausforderungen auf die Branche zu. Es geht vor allem um die Energiespeicherung in den Nachtstunden und während der sonnenarmen Jahreszeiten Herbst und Winter.
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Virtud hat diese Probleme auf eine interessante Art gelöst. Statt horrende Summen für Energiespeicher auszugeben, hat das Unternehmen für eine relativ kleine Summe große Mengen an gebrauchten Batterien aus dem in Polen beliebten Nissan Leaf ersteigert. Die Batterien werden zu Blöcken zusammengefügt, die die tagsüber produzierte Solarenergie speichern und in den Nachtstunden wieder abgeben können. Der Unternehmer rechnet vor, dass der Preis der Lösung mit den E-Autobatterien lediglich einem Zwölftel des Preises für einen neuen Energiespeicher entspricht.
Wenn man aber die Schwankungen zwischen den Sommer- und Wintermonaten überwinden will, reichen die Batterien nicht aus. In diesem Fall ist Wasserstoff gefragt. „Mithilfe von Sonne und Wind produzieren wir grünen Wasserstoff, der in den Zeiten des Jahres, in denen der Bedarf am größten ist, als Energieträger dienen wird”, erklärt Piotr Napierała.
Weiterentwicklung der Energiebranche
Dass sich die erneuerbaren Energien stetig weiterentwickeln und der Wasserstoff nur ein logischer Schritt ist, davon sind die Napierałas überzeugt. Als Unternehmer haben sie in Polen schon mehrere Etappen der Entwicklung der Erneuerbaren mitgemacht und immer wieder festgestellt, wie dynamisch dieser Prozess abgelaufen ist. Das gilt auch für die bürokratischen und rechtlichen Aspekte, wie Dorota Napierała ausführt. Sie ist für alle Genehmigungen und Anträge im Unternehmen verantwortlich. „Beim Wasserstoff liegt ein langer Weg des Lernens vor uns“, sagt sie.
In Polen wurden in den letzten Jahrzehnten viele sehr komplexe Gesetze zu erneuerbaren Energien erlassen. Im Jahr 2014 wurde die Einspeisung des Stroms ins Netz möglich gemacht. Für die Buchhaltung und Verwaltung war das eine ganz neue Welt. Frau Napierała hat viel Zeit mit Gesprächen und Telefonaten mit den zuständigen Behörden verbracht, bis beide Seiten die neuen Gesetze verinnerlicht hatten. „Es ist immer ein Lernprozess. Wir lernen voneinander. Beim Wasserstoff wird es ähnlich sein. Die Behörden sind heute viel offener geworden. Bei Fragen und Unklarheiten rufen sie sogar an, und man geht die Formulare nochmals durch. Wir sind seit Jahren in einem beidseitigen Lern- und Kommunikationsprozess. Das macht alles leichter”, erklärt die Mitinhaberin von Virtud.
Ein Modell für die Zukunft
In dem 200-m2-Haus, das die Napierałas energetisch durchoptimieren und als Modellhaus präsentieren, fallen nicht nur die Nutzung der Sonnenenergie und eine Wärmepumpe auf, sondern auch der große Raum rechts des Eingangs. Hier steht ein 2,4-kW-Elektrolyseur des deutschen Herstellers Enapter, das erste von Piotr Napierała eingebaute Gerät. „Es sollen noch viele, viele weitere folgen“, sagt der Mittvierziger. Im Modulschrank sind noch weitere Geräte installiert, die unter anderem das Wasser reinigen. Es ist aber noch ausreichend Platz für weitere Elektrolyseure da.
Aus dem Vorführraum wird gerade ein Zugang zum H2-Speicher gelegt. Der Tank ist schon bestellt. Dann wird es möglich sein, Fahrzeuge mit Wasserstoff zu betanken. Das ist der nächste Schritt, an dem Piotr Napierała arbeitet.
Auf der diesjährigen Wasserstoffmesse H2POLAND im polnischen Poznań haben Vertreter der „Drei-Meere-Staaten“ mit einer feierlichen Unterzeichnung eine gemeinsame Wasserstoffinitiative ins Leben gerufen. Zu den Ländern, die sich dieser Initiative angeschlossen haben, gehören die baltischen Länder, Polen, die Ukraine, Ungarn, Tschechien und die Slowakei.
Tomoho Umeda, Gründer der polnischen Unternehmen Hynfra und Hynfra Energy Storage, leitete die Diskussion der Landesvertreter zu der gemeinsamen Initiative. Einleitend bedauerte der Pole mit japanischen Wurzeln, dass bei der rasanten Entwicklung der Wasserstoffindustrie in der Europäischen Union Mittelosteuropa nur selten angehört werde: „Da wird zwar viel mit dem Kopf genickt, aber wenn es ans Eingemachte geht, steht MOE eher abseits der wichtigsten Entwicklungen.“ Die Drei-Meeres-Initiative in Sachen Wasserstoff soll genau das ändern.
Arbeitsteilung
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Polen steht im Mittelpunkt der derzeitigen Entwicklung im Wasserstoffsektor innerhalb der osteuropäischen Region. Das ist nicht nur dadurch bedingt, dass Polen mit knapp 40 Millionen Einwohnern die bei weitem wichtigste Volkswirtschaft Osteuropas ist, sondern durch die vielen unterirdischen Salzkammern auch ein idealer Standort für die Speicherung von Wasserstoff. Ein Umstand, den Umeda in seiner Rede mehrfach betonte.
Die Staaten, die die Entwicklung der H2-Industrien in dieser Region gemeinsam vorantreiben möchten, verbindet mehr als nur das Schattendasein innerhalb der EU-Familie. Sie eint vor allem, dass sie alle Staaten des ehemaligen Ostblocks sind. Aus dieser verbindenden Vergangenheit heraus ergeben sich Gemeinsamkeiten, die sich insbesondere in der Infrastruktur und in der speziellen Regulierung der Energiewirtschaft zeigen.
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Tomoho Umeda stellte insbesondere die Leitungsinfrastruktur und die Wärmeversorgung Mittelosteuropas heraus. Hier gibt es nicht nur die gemeinsamen Bedingungen, die sich aus einer engmaschigen Fernwärmevernetzung ergeben, sondern auch überregionale Fernverbindungen, die noch aus der gemeinsamen Ostblockzeit stammen. Hinzu kommen neue Leitungen, wie die litauisch-polnische und polnisch-slowakische Gasverbindung, die erst in den letzten Jahren in Betrieb gegangen sind.
Der tschechische Vertreter Vaclav Bystriansky machte in seinem Redebeitrag deutlich, dass diese Leitungen sowie die emissionsfreie Energiegewinnung eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft darstellen. Der Tscheche ist der Meinung, dass das alte Muster von Ost-West-Leitungen überholt ist und durchbrochen werden sollte. In der Zukunft wird es mehr Nord-Süd-Verbindungen geben, davon ist Bystriansky überzeugt.
Das bedeutet für sein Land eine viel engere Zusammenarbeit mit den nördlichen Nachbarn. „Polen hat die Speicherkapazitäten und Tschechien hat die Kernkraftwerke“, fasste Bystriansky die Richtung der zukünftigen Zusammenarbeit zusammen.
Die Slowakei schloss sich den Ausführungen des Tschechen an, ergänzte aber, dass die Länder Mittelosteuropas voneinander sehr viel lernen könnten. Dazu gehöre vor allem auch das Lernen aus den Fehlern der anderen. Ein wichtiger Aspekt, der auch von den anderen Vertretern betont wurde, ist beispielsweise die potentielle Nutzung der Abfallverbrennung für die H2-Produktion. Im osteuropäischen Raum ist die Abfallverbrennung aktuell ein wichtiges Thema. „Man sollte sich nicht allein auf die Erneuerbaren fixieren, sondern das nutzen, was Sinn ergibt und den Bedingungen entspricht“, hieß es von der slowakischen Seite.
Der Este Sven Parkel ging darauf ein, dass die Mittelosteuropäer nur gemeinsam eine bessere Position in den EU-Gremien erarbeiten könnten. Sie müssten gemeinsam für ihre Sache in Brüssel eintreten, sonst würden sie von den starken EU-Ländern wie Deutschland und Frankreich nicht gehört. Ferner regte Parkel an, die regulatorischen Aspekte der Wasserstoffwirtschaft in der Region geeint an die Verwaltungs- und Behördenebenen zu adressieren.
Ukraine hat das größte H2-Potential
István Lepsényi von der Hungarian Hydrogen Technology Association, der direkt neben dem ukrainischen Vertreter Oleksandr Riepkin Platz genommen hatte, beeindruckte das Publikum in Poznań mit einem besonderen politischen Statement. Entgegen der prorussischen Haltung des ungarischen Premiers Viktor Orbán äußerte Lepsényi seine persönlichen Gefühle im Zusammenhang mit dem Freiheitskampf der Ukraine gegen den russischen Aggressor. Er hoffe auf einen baldigen Sieg der Ukraine und das Ende eines grauenvollen Krieges, den die Russen gegen die Ukraine führten.
Die Ukraine und die Potenziale, die dieses Land hinsichtlich Wasserstoffs hat, bildeten den thematischen Höhepunkt der Diskussionsrunde, die der Unterzeichnung der gemeinsamen H2-Initiative vorausging. Oleksandr Riepkin dankte zuallererst Polen, das die Ukraine vor dem sicheren Tod von Millionen Menschen bewahrt habe, indem es seine Herzen, Häuser und alles, was es habe, für die vor den Vergewaltigungen und Morden der Russen flüchtenden Ukrainer geöffnet habe. Das Publikum antwortete mit nicht enden wollendem Applaus und Solidaritätsrufen. Er kündigte auch an, eine Wasserstoffpartnerschaft seines Landes mit Polen einzugehen. „Polen und die Ukraine können als Schwestern und Brüder alles schaffen und es mit jedem aufnehmen”, so der Ukrainer.
Nachdem Riepkin die Möglichkeiten der Ukraine in Hinblick auf die emissionsfreie Stromproduktion erörtert hatte, kam er auf die bestehende Zusammenarbeit mit Polen in Energiefragen zu sprechen. Inzwischen steht die Stromverbindung zwischen den Ländern wieder, die zukünftig weiter ausgebaut und für die Wasserstoffherstellung genutzt werden könnte. Der Ukrainer schlug vor, dass sich die MOE-Staaten auf einzelne Bereiche spezialisieren und dadurch eine Arbeitsteilung erreichen, die wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit der H2-Wirtschaft sein werde.
„Mittelosteuropa sollte auch aus dem Schatten Westeuropas treten und selbst Elektrolyseanlagen herstellen, die die Wasserstoffproduktion ermöglichen. Eine Dominanz der westeuropäischen Technologie soll vermieden werden“, hieß es in Poznań. „Unsere Technologie ist so gut wie die deutsche – nur günstiger“, ergänzte der Tscheche Bystriansky.
Riepkin richtete anschließend den Blick auf die Probleme, die die Wasserstoffherstellung in MOE mit sich bringen könnte. So gebe es inzwischen wasserarme Regionen, wo sich mit der Landwirtschaft Konflikte um das Wasser und um die Flächen für die erneuerbaren Energien ergeben könnten. Die Herstellung des Wasserstoffs mithilfe von Atomstrom könne eine Alternative sein, wie bereits aus Tschechien und der Slowakei zu hören war.
Die H2-Drei-Meeres-Initiative zeigte sich bereit für eine Öffnung in Richtung Skandinavien. Eine solche bietet sich besonders in Hinblick auf Estland und Finnland an. Beide Länder haben ihre Gasleitungssysteme miteinander verbunden, was entsprechende Perspektiven für die Wasserstoffnetze schafft. Man zeigte sich zudem zuversichtlich, dass in absehbarer Zeit die beiden restlichen Drei-Meeres-Staaten Rumänien und Bulgarien ebenfalls zur H2-Initiative hinzustoßen werden.
„Wasserstoff ist der Kraftstoff der Zukunft, und wir brauchen Spezialisten, die diese Zukunft mitgestalten.“ So hat Daniel Obajtek, Vorstandsvorsitzender der PKN Orlen, sehr passend die aktuelle Situation in der polnischen Energiebranche beschrieben. Auf der deutsch-polnischen Fachkonferenz in Eisenhüttenstadt im April 2023, wo er dies sagte, ging es eigentlich um die Themen Digitalisierung und Energiewende. Aber schnell wurde klar, dass Deutschland und Polen vor ganz ähnlichen Herausforderungen stehen – insbesondere was den Bedarf an Fachkräften beim Aufbau einer zukunftsfähigen Wasserstoffwirtschaft betrifft.
Auf der Fachkonferenz an der polnischen Grenze, zu der regionale Berufsbildungsinitiativen gemeinsam mit ArcelorMittal eingeladen hatten, ging es um berufliche Ausbildungsperspektiven in beiden Ländern. Nicht nur der Stahlproduzent ArcelorMittal, der schon bald mithilfe von Wasserstoff grünen Stahl herstellen will, wies darauf hin, dass insbesondere Energieunternehmen zukünftig speziell ausgebildete Fachkräfte benötigen werden. Auch der drittgrößte polnische Wasserstoffhersteller, der Mineralölkonzern PKN Orlen, betonte dies immer wieder.
Die H2-Akademie von Orlen
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Erst vor wenigen Wochen hat PKN Orlen in Polen eine H2-Akademie eröffnet. Diese richtet sich an Studierende ab dem dritten Studienjahr und wird zusammen mit dem H2-Valley in der Region Mazowsze organisiert. Die polnischen Wasserstoffförderregionen (Hydrogen Valleys) haben bereits bei ihrer Entstehung bestimmte Schwerpunkte festgelegt. Das im Zentrum Polens gelegene H2-Valley in Mazowsze, in dem auch die Hauptstadt Warschau liegt, war von Beginn an aufgrund der dortigen prominenten Hochschulen sowohl mit dem Thema Bildung als auch mit dem Schwerpunkt Elektrotechnik beauftragt. Mit involviert sind hier auch der Autohersteller Toyota und der wichtigste polnische Eisenbahnproduzent PESA.
Orlen-Chef Daniel Obajtek erklärte: „Die Wasserstoff-Akademie öffnet die Tore zu dieser Welt. Wir setzen auf junge, talentierte und ehrgeizige Menschen. Wir bieten ihnen die Möglichkeit, sich aktiv an innovativen Projekten zu beteiligen, von denen viele in Europa eine echte Neuheit sein werden. Die Akademie ist auch eine einzigartige Gelegenheit, aktiv an der Energiewende in Polen teilzunehmen […]. Die besten Absolventen können Praktika absolvieren und ihre Zukunft mit der Arbeit in unserem Unternehmen verbinden und ihre Kompetenzen weiterentwickeln.“
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Der stellvertretende polnische Klimaminister Ireneusz Zyska sagte im März 2023 zu den Teilnehmern der ersten Kurse der H2-Akademie: „Alles, was wir im öffentlichen Raum, in der Industrie und in der Wirtschaft tun, beginnt und endet mit Menschen. Ich bin froh, dass die talentiertesten Menschen von heute einen Platz in der Wasserstoff-Akademie Orlen gefunden haben und dass sie das hier erworbene Wissen und die Erfahrungen in die Zukunft tragen werden.“
Der mittelosteuropäische Energieriese Orlen hat in fast allen Staaten der Region eigene Tankstellen und Raffinerien. Er möchte bis zum Jahr 2030 zum wichtigsten Wasserstofflieferanten Mittelosteuropas werden. Dementsprechend heißt es dazu in dem von Orlen veröffentlichten Wasserstoffstrategiepapier: „Demnach sollen in Mitteleuropa mehr als 100 H2-Tankstellen für den Individualverkehr, den öffentlichen Verkehr und den Güterverkehr auf Straße und Schiene errichtet werden (in Polen etwa 57, in der Tschechischen Republik 28 und in der Slowakei 26 solcher Tankstellen).“
Der Wasserstoff wird jedoch zunächst nur teilweise grüner Wasserstoff sein. Der polnische Konzern beabsichtigt, bis 2025 bis zu 50 MW an Leistung für die Wasserstoffherstellung aufzubauen. Bis 2030 soll die Leistung verzehnfacht werden und bei 540 MW liegen. Als Erzeugungspfade kommen die Dampfreformierung von Biogas und Biomethan infrage, aber auch die von Kohlenwasserstoffen mit anschließendem CCS und CCU. Oder aber die Vergasung, Fermentation und Pyrolyse von Biomasse und Abfällen sowie die Erzeugung von grünem Wasserstoff per Elektrolyse.
ArcelorMittal: Grüner Stahl ab 2050
Währenddessen setzt ArcelorMittal auf erste Pilotprojekte und versucht, in Eisenhüttenstadt erst einmal den Wandel sowohl nach außen mit der Öffentlichkeit als auch intern mit der Belegschaft zu diskutieren. Aktuell startet das ostdeutsche Werk mit zwei kleinen Elektrolyseuren von McPhy mit je einer Leistung von 1 MW. McPhy hat mit dem Werk in Eisenhüttenstadt einen langfristigen Servicevertrag ausgehandelt. Die brandenburgische Landesregierung hat für das innovative Projekt 5,1 Mio. Euro an Fördergeldern bereitgestellt. Der grüne Wasserstoff wird dann im Kaltwalzwerk verbraucht und soll zur Betankung von Gabelstaplern oder Sattelzügen am Standort Eisenhüttenstadt dienen.
„Mit diesem Projekt wollen wir untersuchen und zeigen, wie weitere Emissionsreduzierungen jetzt möglich sind, bevor ein kompletter Technologiewechsel und der Einsatz von weiterem Wasserstoff in den kommenden Jahren die Produktion vollständig auf Klimaneutralität umstellen wird“, erklärte Reiner Blaschek, Vorstandsvorsitzender von ArcelorMittal Deutschland.
Dabei gibt es bei Arcelor in Eisenhüttenstadt erheblichen Aufklärungsbedarf, was die Auszubildenden bei der polnisch-deutschen Fachkonferenz selbst betonten: Es werde zwar viel über die Energiewende und Transformation in der Stahlherstellung erzählt, aber viel Konkretes, das der jungen Belegschaft Sicherheit und Zuversicht geben könnte, sei nicht dabei. Relativ vage blieben die Verantwortlichen in Eisenhüttenstadt auch darüber, welche Kompetenzen zukünftig benötigt werden und welche nicht mehr.
Peter Wendt, der den Prozess des Wandels der Stahlhütte im Zusammenhang mit der Beschäftigungs- und Ausbildungssituation vorstellte, machte deutlich, dass der gesamte Prozess an diesem Standort bis zum Jahr 2050 dauern werde. Die Transformation werde dementsprechend mehrere Phasen durchlaufen. Zunächst werde eine elektrische Schrottschmelzanlage eingesetzt, die in einer späteren Phase durch eine mit grünem Wasserstoff betriebene Direktreduktionsanlage ergänzt werde. Das führe dazu, dass in den nächsten Jahren ein Anstieg der Belegschaft von jetzt knapp 2.700 auf bis über 2.900 Mitarbeiter erwartet werde. Allerdings, so führte Peter Wendt weiter aus, dürften in der Schlussetappe beim Einsatz von Elektroöfen auch über 300 Arbeitsplätze überflüssig werden.
Der geschäftsführende Direktor des Posener Regionalflughafens Ławica Marcin Drzycimski hat im Rahmen der diesjährigen Wasserstoffmesse H2Poland in Poznań bestätigt, dass der Flughafen in die Produktion und Distribution von Wasserstoff investieren will. Ziel ist, die Klimabilanz zu verbessern. „Der CO2-Fußabdruck wird immer relevanter, nicht nur für den Flugverkehr, aber generell für die gesamte Wirtschaft“, so Drzycimski.
Die Dekarbonisierung in Ławica begann vor einigen Jahren, als man die umfangreichen Flächen, die der Flughafen sein Eigen nennt, für die Sonnenenergiegewinnung zur Verfügung stellte. Da Poznań eine windarme Gegend ist, hat sich Ławica gegen den Bau von Windturbinen entschieden. Stattdessen sollen Biogasanlagen und Photovoltaik grüne Energie liefern.
Der erste dieser Sonnenenergieparks wird dieses Jahr rund die Hälfte des Strombedarfs des Airports decken können. Dabei sind erst sechs von insgesamt bis zu 50 ha mit Solaranlagen bestückt. In drei bis vier Jahren soll in Ławica überschüssige Sonnenenergie für die Produktion von grünem Wasserstoff genutzt werden. Die für die Wasserstoffgewinnung so elementare Verfügbarkeit von Wasser wird in Ławica dadurch gelöst, dass diese kostbare Ressource auf den Rollfeldern und der gesamten befestigten Infrastruktur des Flughafens eingesammelt und aufgefangen wird.
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Ziel ist es, die erneuerbaren Energien sowie das Wasser direkt vor Ort zu haben und die Wasserstoffherstellung auch am Standort zu realisieren, um anschließend direkt am Flughafen Betankungsmöglichkeiten zu schaffen. Drzycimski möchte, dass Busse und Pkw direkt am Flughafen betankt werden können. Darüber hinaus wird auch geprüft, ob nicht auch synthetische Kraftstoffe am Flughafen in der Zukunft bereitgestellt werden könnten.
Strukturell soll ein Unternehmenspartner, das polnische Cargounternehmen Inpost, eine wichtige Rolle spielen. Inpost transportiert heute ein Großteil seiner Sendungen über Ławica. Die Sendungen landen in den Paketstationen des Logistikers in Holland, Großbritannien oder auch Italien. Der wichtigste Markt von Inpost ist aber nach wie vor Polen, wo die Sendungen mit Lkw und Transportern weiterbefördert werden. Sebastian Anioł, der bei Inpost für die Innovationen zuständig ist, sagte, dass Inpost den Fuhrpark mit Brennstoffzellenfahrzeugen bestücken möchte. Der optimale Ort, um diese Fahrzeuge zu betanken, wäre der Standort Ławica.
Tschechien gehört in Mittelosteuropa nicht gerade zu den großen Förderern der Wasserstofftechnologie. Das Land zaudert noch mit dem Ausbau der Wind- und Sonnenenergie. Der Anteil von PV- und Windkraftanlagen an der gesamten Stromerzeugung in der Tschechischen Republik lag im vergangenen Jahr bei gerade einmal 3,7 Prozent. Damit liegt das Land weit hinter dem europäischen Durchschnitt zurück, der EU-weit bei rund 22 Prozent lag. Klimapolitisch wurde in den mehr als dreißig Jahren seit der politischen Wende in Tschechien dennoch viel erreicht. CO2-freie Energiequellen wie die Kernkraft und Wasserkraft sind für rund 63 Prozent der Stromproduktion verantwortlich. Auf der anderen Seite bleibt der Anteil der Kohle mit 30 Prozent weiterhin hoch. Es sind aber auch gerade die ehemaligen Kohleabbaugebiete, die sich aktiv um Investitionen in die Wasserstoffwirtschaft bemühen. Sie verfügen nicht selten über langjährige Erfahrungen in der Wasserstoffproduktion, da sie bis heute große Industrie- und Chemiestandorte sind. Daher ist dort unter anderem qualifiziertes Personal mit einem breiten Branchen-Know-how vorhanden.
„Wasserstoff ist eine logische Lösung für unsere Region, da die chemische Industrie, die eine Quelle für Wasserstoff ist, stark vertreten ist. Deshalb wollen wir uns auf diesen Energieträger konzentrieren, um eine Wirtschaft aufzubauen, in der Wasserstoff produziert, verteilt und von den Endverbrauchern in unserer Region genutzt wird, zum Beispiel im Verkehr. Wir haben sicherlich das Potenzial, eine führende Rolle und eine treibende Kraft im Bereich Wasserstoff zu sein“, sagte Jan Schiller, Gouverneur der Region Ústí nad Labem, den tschechischen Medien.
Dass Tschechien sich dabei nicht nur auf grünen Wasserstoff beschränken kann, ergibt sich aus dem Energiemix des Landes, der auf den Ausbau der Kernkraft ausgerichtet ist. Tschechien, das bereits sechs Reaktorblöcke in Betrieb hat, plant den Bau mehrerer neuer konventioneller Reaktoren und mehrerer SMRs (Small Modular Reactor).
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„Im Bereich der Wasserstofferzeugung wollen wir uns nicht nur auf die Erzeugung aus erneuerbaren Quellen konzentrieren, sondern auch auf die Nutzung anderer alternativer Optionen für eine kohlenstoffarme Wasserstofferzeugung, wie zum Beispiel die Nutzung von Erdgas mit Abscheidung und Verarbeitung des dabei entstehenden CO2, die Pyrolyse/Plasmavergasung von organischen Abfällen und die Wasserstofferzeugung mit Strom und Wärme aus Kernkraftwerken”, heißt es dazu in der tschechischen Wasserstoffstrategie, die am 27. Juli 2021 vom Ministerium für Industrie und Handel veröffentlicht wurde.
Entwicklungspotentiale liegen auch bei der Verwendung von aus der Verbrennung von Abfällen resultierender elektrischer Energie, die für die Wasserstoffproduktion verwendet wird. Seit Ende letzten Jahres ist das schwedische Unternehmen Plagazi (s. HZwei-Heft Okt. 2021) zusammen mit dem heimischen Abfallentsorgungsunternehmen PGP Terminal mit den entsprechenden Verfahren auch in Tschechien aktiv.
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Ohne Importe geht es nicht
Die tschechische Regierung stellte jedoch im Rahmen der Wasserstoffstrategie fest, dass auch Tschechien, ebenso wie Deutschland, in Zukunft auf Wasserstoffimporte angewiesen sein wird. „Wir gehen davon aus, dass die Tschechische Republik in Zukunft Wasserstoff aus Ländern importieren muss, in denen die Bedingungen für die Produktion von erneuerbarem Wasserstoff günstiger sind, weil es dort mehr Sonne und Wind gibt. Die Infrastruktur muss für den Import von Wasserstoff vorbereitet werden, und Wasserstoff könnte die derzeitigen Importe von Erdgas und Erdöl ersetzen. Die Tschechische Republik kann ein wichtiger Akteur auf dem Gebiet des Wasserstofftransports von Süden nach Norden und von Osten nach Westen sein“, sagte der ehemalige Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela.
Verkehrs- und Industriewende mit Wasserstoff
In Tschechien fehlt es seit Jahren nicht an Plänen, die dem Klimaschutz dienen sollen. Der National Action Plan for Clean Mobility aus dem Jahr 2015 gehört zu den ersten Veröffentlichungen, in denen die tschechischen Wasserstoffpläne formuliert wurden. Zum damaligen Zeitpunkt wurde der Bereich Verkehr als besonders geeignet angesehen, um H2-Technologien einzuführen. „Die tschechische Regierung strebt bis 2023 die Entstehung von sechs bis acht Wasserstoffbetankungsstationen an, bis 2025 soll es sogar 15 Stationen dieser Art geben“, hieß es im Report des Institute of Central Europe zum Thema Wasserstoff in Mittelosteuropa.
Der Bau von Wasserstofftankstellen sollte ursprünglich mit 350 Mio. Euro unterstützt werden. Mit der Covid-19-Pandemie kamen die offiziellen tschechischen Wasserstoffpläne jedoch ins Stocken. Das Thema Wasserstoff und die Verkehrswende blieben aber oben auf der tschechischen Agenda, was durch die Absichtserklärung vom Dezember 2022 untermauert wurde. In dieser Absichtserklärung haben sich Air Products und Alstom dazu verpflichtet, wasserstoffbetriebene Verkehrsmittel mit der erforderlichen Schieneninfrastruktur in der Tschechischen Republik zu betreiben. Während der feierlichen Unterzeichnung dieser Absichtserklärung bedauerte Dan Kurucz, Geschäftsführer von Alstom in der Tschechischen Republik und der Slowakei, dass es in Tschechien an entsprechenden Gesetzen fehlt, die die Wasserstoffindustrie voranbringen könnten.
Ähnlich wie im nördlichen Nachbarland Polen macht die Verkehrswende auch gerade bei den Stadtbussen erste Fortschritte. In Tschechien ist es allen voran der heimische Hersteller Škoda (s. Abb.), der seit 2009 Stadtbusse mit Brennstoffzellen herstellt. In der Tschechischen Republik sind neun FCEVs (Stadtbusse mit Brennstoffzelle), aber bis dato keine öffentlichen Wasserstofftankstellen im Zentralen Fahrzeugregister registriert. Bis zum Jahr 2030 soll es insgesamt 40.000 bis 50.000 Personenkraftwagen, 870 Busse und 80 Tankstellen in Tschechien geben, die emissionsfreien Verkehr ermöglichen, also mit Brennstoffzellen oder ausschließlich mit Elektrizität angetrieben werden.
Leitungsnetze – H2-ready?
Gleichzeitig muss auch an den Leitungsnetzen gearbeitet werden. Der Leiter des operativen Geschäfts des größten tschechischen Erdgasverteilers GasNet, Andrej Prno, versicherte im Gespräch mit den tschechischen Medien, dass über das tschechische Erdgasleitungsnetz jetzt schon Wasserstoff fließen kann. Technisch steht dem nichts im Wege. Gesetzlich gibt es aber keine ausreichende Grundlage. Die ersten Schritte, um den Anteil von Wasserstoff in seinem Gasnetz zu erhöhen, hat GasNet aber bereits gemacht. In der Region Ústí hat das Unternehmen eine Zusammenarbeit mit FORH2ENERGY vereinbart, die in der Industriezone Triangle in Žatecko eine Wasserstoffproduktionsanlage bauen will. Diese wäre dann die erste Wasserstoffanlage, die GasNet an sein Gasverteilungsnetz anschließen würde.
Polen hat sich in Sachen einer aktuell entstehenden Wasserstoffwirtschaft für eine außergewöhnliche Vorgehensweise entschieden: Im Gegensatz zu Deutschland liegt der Schwerpunkt nicht auf der Produktion und der Speicherung von grünem Wasserstoff. Hintergrund ist, dass Polen ohnehin große Mengen konventionellen Wasserstoffs produziert, der vor allem als Abfallprodukt in der Industrie entsteht. Als strategisch wichtiger erachtet das osteuropäische Land den Aufbau funktionierender und tragfähiger Leitungs- und Vertriebsstrukturen. Sobald die notwendige Skalierung erreicht ist und grüner Wasserstoff bereitsteht, könnten derartige Strukturen von entscheidender Bedeutung auf einem europäischen H2-Markt sein.
In Polen scheint es andere Überlegungen hinsichtlich der Anwendbarkeit von Wasserstoff zu geben als in Deutschland. Ideologische und klimapolitische Paradigmen spielen kaum eine Rolle. Umsetzbarkeit und Rentabilität sind dagegen wesentlich wichtiger.
Auf der diesjährigen Konferenz zur Zukunft des Wasserstoffeinsatzes bei der polnischen Bahn wurde das besonders deutlich, als der Vertreter des wichtigsten polnischen Güterbahnunternehmens PKP Cargo eine sehr nüchterne und sachliche Betrachtung vornahm. Er präsentierte eine praxisnahe Machbarkeitsanalyse, in der alle Einsatzformen, von Personenbeförderungsverkehr, Land- und Kurzstrecken, über Güterverkehr bis hin zur Güterbahnhof- und Terminalinfrastruktur, untersucht und die Vor- und Nachteile der Brennstoffzelle im Vergleich zum Elektroantrieb vorgestellt wurden. Dabei zeigte sich, dass die Brennstoffzelle nur da Vorteile bringt, wo Bahnstrecken nicht elektrifiziert sind und große dieselgetriebene Rangierloks arbeiten. Nicht elektrifizierte Strecken sind in Polen seltener zu finden als in Deutschland, was den dortigen Einsatz von Wasserstoffzügen einschränkt.
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Anders sieht es hingegen bei den Rangierloks aus, die auf den vielen polnischen Bahnhöfen und den gerade neu entstehenden Terminals und Hafenanlagen dringend benötigt werden. Diese Anlagen sind auch wegen der internationalen Konkurrenz sehr darum bemüht, ihre Klimabilanz zu verbessern. Ein gutes Beispiel ist die PKP Cargo selbst, die als mit Abstand größter polnischer Güterverkehrsanbieter auch der größte Abnehmer von Wasserstoffloks sein wird, die in Polen gebaut werden.
Die erste H2-Lok gibt es schon
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Das wichtigste polnische Unternehmen, das sich explizit mit dem Bau von Zügen und Lokomotiven beschäftigt, ist die PESA in Bydgoszcz. PESA hat schon vor Jahren mit der Entwicklung von Brennstoffzellen für die Eisenbahn begonnen. Das aussichtsreichste H2-Projekt entwickelte PESA gemeinsam mit dem größten polnischen Mineralölkonzern PKN Orlen, der gleichzeitig auch der wichtigste Produzent Polens im Bereich des konventionellen Wasserstoffs ist. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit wurde auf der Innotrans 2022 in Berlin vorgestellt. PESA stellte in Berlin die Rangierlok SM42-6Dn samt einem Betankungskonzept von Orlen vor.
„Unsere beiden Unternehmen haben soeben eine strategische Vereinbarung geschlossen und beabsichtigen, den Kunden ein gemeinsames Produkt anzubieten – die Lieferung von Schienenfahrzeugen zusammen mit Betankungsdienstleistungen und Wasserstofflieferungen. Ein potenzieller Betreiber eines Gleisanschlusses oder einer Verladestation erhält ein einziges Paket: ein Fahrzeug, eine Tankstelle und Wasserstoff“, erklärte Krzysztof Zdziarski, Vorsitzender von PESA, gegenüber der Presse.
Zdziarski sprach bei der Gelegenheit auch davon, dass nicht nur polnische Unternehmen interessiert seien. Demnach hätten auch Häfen im Süden Europas Interesse an dem Konzept von Pesa und Orlen. Darüber hinaus sind die Erfahrungen, die die Entwickler im Zusammenhang mit der SM42-6Dn gesammelt haben, eine gute Ausgangssituation, um als Nächstes einen H2-Personenzug zu entwickeln. PESA beabsichtigt, den ersten polnischen Personenzug auf Brennstoffzellenbasis 2025/2026 bauen zu können.
Die Aussagen Zdziarskis sind aber mit Vorsicht zu bewerten. PESA erfüllt zwar bereits die ersten Rahmenbedingungen für ein interessantes Wasserstoffprodukt, aber von einer Marktreife ist man noch weit entfernt. Aktuell kann der Hersteller weder einen konkreten Preis nennen, noch konnte die Rangierlok SM42-6Dn in der Praxis zeigen, was sie kann.
Verbindung von Tradition und Hightech
Das PESA-Werk in Bydgoszcz könnte schon bald nicht mehr der einzige polnische Hersteller von Brennstoffzellenantrieben für Schienenfahrzeuge sein. Auf der diesjährigen Konferenz zur Zukunft des Wasserstoffeinsatzes bei der polnischen Bahn in Poznań kam es zur Unterzeichnung eines Memorandums zwischen der Posener Polytechnischen Hochschule, den Werken H. Cegielski – FPS und der Firma Impact. Alle drei Partner haben bereits Erfahrungen in der Forschung und Entwicklung im Zusammenhang mit Wasserstoff gemacht. Impact liefert bereits Batteriesysteme an Bahnausrüster wie Stadler und Siemens.
„Wir haben über zehn Jahre weltweite Erfahrung in der Bereitstellung von Lösungen für Batterie- und Wasserstofffahrzeuge sammeln können. Wir betrachten Wasserstoff als den Energieträger der Zukunft. Die Rentabilität von Wasserstoff als Kraftstoff und Energiespeicher setzt eine Größenordnung voraus, das heißt, er muss von Elektrolyseuren aus erneuerbaren Quellen hergestellt werden, damit die Wirtschaft so weit wie möglich auf Wasserstoff umgestellt werden kann. Die Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff ist ein Prozess von 10 bis 15 Jahren, es sei denn, die EU-Maßnahmen verkürzen diesen Zeitraum. Ein gemeinsames Projekt zur Anwendung der Wasserstoffzelle auf Schienenfahrzeuge könnte das Wachstum dieser vielversprechenden Branche erheblich beschleunigen”, sagte der Vorsitzende von Impact, Bartłomiej Kras.
Das Posener Traditionsunternehmen H. Cegielski und Impact arbeiten schon seit über einem Jahr an der Idee eines H2-Zuges. Der erste Schritt zu einer neuen Zugreihe ist auch mit der neuen Plattform PLUS gemacht worden. Für mehr wissenschaftliches Know-how und Forschungskapazitäten soll jetzt die Partnerschaft mit Łukasiewicz – Poznański Instytut Technologiczny an der Polytechnischen Hochschule sorgen. Hierbei handelt es sich um ein Technologieinstitut, an dem 700 Wissenschaftler arbeiten, die auf sechs Forschungszentren verteilt sind. Eines der Forschungszentren, das Instytut Pojazdów Szynowych TABOR, beschäftigt sich ausschließlich mit Schienenfahrzeugen.
„Das Łukasiewicz-Institut arbeitet seit vielen Jahren an H2-Energielösungen. Ich glaube, dass diese Absicht, die wir heute in diesem Dokument zum Ausdruck gebracht haben, bald zu einer Revolution auf dem Eisenbahnmarkt führen wird, die vor allem im Zusammenhang mit der Klimakrise und den Energiemärkten so notwendig ist“, sagte Arkadiusz Kawa, Direktor des Łukasiewicz – Poznań Institute of Technology, beim Auftakt der Konferenz.
Autorin: Aleksandra Fedorska Bilder:1 H2-betriebene Rangierlok SM42-6Dn, 2 Schematischer Aufbau der SM42-6Dn Quelle: PESA