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Beitrag von Alexandra Fedorska

20. April 2023

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Wasserstoff auf der Schiene

Polen hat sich in Sachen einer aktuell entstehenden Wasserstoffwirtschaft für eine außergewöhnliche Vorgehensweise entschieden: Im Gegensatz zu Deutschland liegt der Schwerpunkt nicht auf der Produktion und der Speicherung von grünem Wasserstoff. Hintergrund ist, dass Polen ohnehin große Mengen konventionellen Wasserstoffs produziert, der vor allem als Abfallprodukt in der Industrie entsteht. Als strategisch wichtiger erachtet das osteuropäische Land den Aufbau funktionierender und tragfähiger Leitungs- und Vertriebsstrukturen. Sobald die notwendige Skalierung erreicht ist und grüner Wasserstoff bereitsteht, könnten derartige Strukturen von entscheidender Bedeutung auf einem europäischen H2-Markt sein.

In Polen scheint es andere Überlegungen hinsichtlich der Anwendbarkeit von Wasserstoff zu geben als in Deutschland. Ideologische und klimapolitische Paradigmen spielen kaum eine Rolle. Umsetzbarkeit und Rentabilität sind dagegen wesentlich wichtiger.

Auf der diesjährigen Konferenz zur Zukunft des Wasserstoffeinsatzes bei der polnischen Bahn wurde das besonders deutlich, als der Vertreter des wichtigsten polnischen Güterbahnunternehmens PKP Cargo eine sehr nüchterne und sachliche Betrachtung vornahm. Er präsentierte eine praxisnahe Machbarkeitsanalyse, in der alle Einsatzformen, von Personenbeförderungsverkehr, Land- und Kurzstrecken, über Güterverkehr bis hin zur Güterbahnhof- und Terminalinfrastruktur, untersucht und die Vor- und Nachteile der Brennstoffzelle im Vergleich zum Elektroantrieb vorgestellt wurden. Dabei zeigte sich, dass die Brennstoffzelle nur da Vorteile bringt, wo Bahnstrecken nicht elektrifiziert sind und große dieselgetriebene Rangierloks arbeiten. Nicht elektrifizierte Strecken sind in Polen seltener zu finden als in Deutschland, was den dortigen Einsatz von Wasserstoffzügen einschränkt.

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Anders sieht es hingegen bei den Rangierloks aus, die auf den vielen polnischen Bahnhöfen und den gerade neu entstehenden Terminals und Hafenanlagen dringend benötigt werden. Diese Anlagen sind auch wegen der internationalen Konkurrenz sehr darum bemüht, ihre Klimabilanz zu verbessern. Ein gutes Beispiel ist die PKP Cargo selbst, die als mit Abstand größter polnischer Güterverkehrsanbieter auch der größte Abnehmer von Wasserstoffloks sein wird, die in Polen gebaut werden.

Die erste H2-Lok gibt es schon

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Das wichtigste polnische Unternehmen, das sich explizit mit dem Bau von Zügen und Lokomotiven beschäftigt, ist die PESA in Bydgoszcz. PESA hat schon vor Jahren mit der Entwicklung von Brennstoffzellen für die Eisenbahn begonnen. Das aussichtsreichste H2-Projekt entwickelte PESA gemeinsam mit dem größten polnischen Mineralölkonzern PKN Orlen, der gleichzeitig auch der wichtigste Produzent Polens im Bereich des konventionellen Wasserstoffs ist. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit wurde auf der Innotrans 2022 in Berlin vorgestellt. PESA stellte in Berlin die Rangierlok SM42-6Dn samt einem Betankungskonzept von Orlen vor.

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„Unsere beiden Unternehmen haben soeben eine strategische Vereinbarung geschlossen und beabsichtigen, den Kunden ein gemeinsames Produkt anzubieten – die Lieferung von Schienenfahrzeugen zusammen mit Betankungsdienstleistungen und Wasserstofflieferungen. Ein potenzieller Betreiber eines Gleisanschlusses oder einer Verladestation erhält ein einziges Paket: ein Fahrzeug, eine Tankstelle und Wasserstoff“, erklärte Krzysztof Zdziarski, Vorsitzender von PESA, gegenüber der Presse.

Zdziarski sprach bei der Gelegenheit auch davon, dass nicht nur polnische Unternehmen interessiert seien. Demnach hätten auch Häfen im Süden Europas Interesse an dem Konzept von Pesa und Orlen. Darüber hinaus sind die Erfahrungen, die die Entwickler im Zusammenhang mit der SM42-6Dn gesammelt haben, eine gute Ausgangssituation, um als Nächstes einen H2-Personenzug zu entwickeln. PESA beabsichtigt, den ersten polnischen Personenzug auf Brennstoffzellenbasis 2025/2026 bauen zu können.

Die Aussagen Zdziarskis sind aber mit Vorsicht zu bewerten. PESA erfüllt zwar bereits die ersten Rahmenbedingungen für ein interessantes Wasserstoffprodukt, aber von einer Marktreife ist man noch weit entfernt. Aktuell kann der Hersteller weder einen konkreten Preis nennen, noch konnte die Rangierlok SM42-6Dn in der Praxis zeigen, was sie kann.

Verbindung von Tradition und Hightech

Das PESA-Werk in Bydgoszcz könnte schon bald nicht mehr der einzige polnische Hersteller von Brennstoffzellenantrieben für Schienenfahrzeuge sein. Auf der diesjährigen Konferenz zur Zukunft des Wasserstoffeinsatzes bei der polnischen Bahn in Poznań kam es zur Unterzeichnung eines Memorandums zwischen der Posener Polytechnischen Hochschule, den Werken H. Cegielski – FPS und der Firma Impact. Alle drei Partner haben bereits Erfahrungen in der Forschung und Entwicklung im Zusammenhang mit Wasserstoff gemacht. Impact liefert bereits Batteriesysteme an Bahnausrüster wie Stadler und Siemens.

„Wir haben über zehn Jahre weltweite Erfahrung in der Bereitstellung von Lösungen für Batterie- und Wasserstofffahrzeuge sammeln können. Wir betrachten Wasserstoff als den Energieträger der Zukunft. Die Rentabilität von Wasserstoff als Kraftstoff und Energiespeicher setzt eine Größenordnung voraus, das heißt, er muss von Elektrolyseuren aus erneuerbaren Quellen hergestellt werden, damit die Wirtschaft so weit wie möglich auf Wasserstoff umgestellt werden kann. Die Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff ist ein Prozess von 10 bis 15 Jahren, es sei denn, die EU-Maßnahmen verkürzen diesen Zeitraum. Ein gemeinsames Projekt zur Anwendung der Wasserstoffzelle auf Schienenfahrzeuge könnte das Wachstum dieser vielversprechenden Branche erheblich beschleunigen”, sagte der Vorsitzende von Impact, Bartłomiej Kras.

Das Posener Traditionsunternehmen H. Cegielski und Impact arbeiten schon seit über einem Jahr an der Idee eines H2-Zuges. Der erste Schritt zu einer neuen Zugreihe ist auch mit der neuen Plattform PLUS gemacht worden. Für mehr wissenschaftliches Know-how und Forschungskapazitäten soll jetzt die Partnerschaft mit Łukasiewicz – Poznański Instytut Technologiczny an der Polytechnischen Hochschule sorgen. Hierbei handelt es sich um ein Technologieinstitut, an dem 700 Wissenschaftler arbeiten, die auf sechs Forschungszentren verteilt sind. Eines der Forschungszentren, das Instytut Pojazdów Szynowych TABOR, beschäftigt sich ausschließlich mit Schienenfahrzeugen.

„Das Łukasiewicz-Institut arbeitet seit vielen Jahren an H2-Energielösungen. Ich glaube, dass diese Absicht, die wir heute in diesem Dokument zum Ausdruck gebracht haben, bald zu einer Revolution auf dem Eisenbahnmarkt führen wird, die vor allem im Zusammenhang mit der Klimakrise und den Energiemärkten so notwendig ist“, sagte Arkadiusz Kawa, Direktor des Łukasiewicz – Poznań Institute of Technology, beim Auftakt der Konferenz.

Autorin: Aleksandra Fedorska
Bilder:1 H2-betriebene Rangierlok SM42-6Dn, 2 Schematischer Aufbau der SM42-6Dn
Quelle: PESA

Kategorien: 2023 | Allgemein | News | Ost-Europa
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