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Beitrag von Alexandra Fedorska

2. Juni 2023

Titelbild: Der neue BZ-Bus von Skoda vor der Firmenzentrale

Bildquelle: Skoda

Tschechien beschränkt sich nicht auf grünen Wasserstoff

Tschechien gehört in Mittelosteuropa nicht gerade zu den großen Förderern der Wasserstofftechnologie. Das Land zaudert noch mit dem Ausbau der Wind- und Sonnenenergie. Der Anteil von PV- und Windkraftanlagen an der gesamten Stromerzeugung in der Tschechischen Republik lag im vergangenen Jahr bei gerade einmal 3,7 Prozent. Damit liegt das Land weit hinter dem europäischen Durchschnitt zurück, der EU-weit bei rund 22 Prozent lag. Klimapolitisch wurde in den mehr als dreißig Jahren seit der politischen Wende in Tschechien dennoch viel erreicht. CO2-freie Energiequellen wie die Kernkraft und Wasserkraft sind für rund 63 Prozent der Stromproduktion verantwortlich. Auf der anderen Seite bleibt der Anteil der Kohle mit 30 Prozent weiterhin hoch. Es sind aber auch gerade die ehemaligen Kohleabbaugebiete, die sich aktiv um Investitionen in die Wasserstoffwirtschaft bemühen. Sie verfügen nicht selten über langjährige Erfahrungen in der Wasserstoffproduktion, da sie bis heute große Industrie- und Chemiestandorte sind. Daher ist dort unter anderem qualifiziertes Personal mit einem breiten Branchen-Know-how vorhanden.

„Wasserstoff ist eine logische Lösung für unsere Region, da die chemische Industrie, die eine Quelle für Wasserstoff ist, stark vertreten ist. Deshalb wollen wir uns auf diesen Energieträger konzentrieren, um eine Wirtschaft aufzubauen, in der Wasserstoff produziert, verteilt und von den Endverbrauchern in unserer Region genutzt wird, zum Beispiel im Verkehr. Wir haben sicherlich das Potenzial, eine führende Rolle und eine treibende Kraft im Bereich Wasserstoff zu sein”, sagte Jan Schiller, Gouverneur der Region Ústí nad Labem, den tschechischen Medien.

Dass Tschechien sich dabei nicht nur auf grünen Wasserstoff beschränken kann, ergibt sich aus dem Energiemix des Landes, der auf den Ausbau der Kernkraft ausgerichtet ist. Tschechien, das bereits sechs Reaktorblöcke in Betrieb hat, plant den Bau mehrerer neuer konventioneller Reaktoren und mehrerer SMRs (Small Modular Reactor).

„Im Bereich der Wasserstofferzeugung wollen wir uns nicht nur auf die Erzeugung aus erneuerbaren Quellen konzentrieren, sondern auch auf die Nutzung anderer alternativer Optionen für eine kohlenstoffarme Wasserstofferzeugung, wie zum Beispiel die Nutzung von Erdgas mit Abscheidung und Verarbeitung des dabei entstehenden CO2, die Pyrolyse/Plasmavergasung von organischen Abfällen und die Wasserstofferzeugung mit Strom und Wärme aus Kernkraftwerken”, heißt es dazu in der tschechischen Wasserstoffstrategie, die am 27. Juli 2021 vom Ministerium für Industrie und Handel veröffentlicht wurde.

Entwicklungspotentiale liegen auch bei der Verwendung von aus der Verbrennung von Abfällen resultierender elektrischer Energie, die für die Wasserstoffproduktion verwendet wird. Seit Ende letzten Jahres ist das schwedische Unternehmen Plagazi (s. HZwei-Heft Okt. 2021) zusammen mit dem heimischen Abfallentsorgungsunternehmen PGP Terminal mit den entsprechenden Verfahren auch in Tschechien aktiv.

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Ohne Importe geht es nicht

Die tschechische Regierung stellte jedoch im Rahmen der Wasserstoffstrategie fest, dass auch Tschechien, ebenso wie Deutschland, in Zukunft auf Wasserstoffimporte angewiesen sein wird. „Wir gehen davon aus, dass die Tschechische Republik in Zukunft Wasserstoff aus Ländern importieren muss, in denen die Bedingungen für die Produktion von erneuerbarem Wasserstoff günstiger sind, weil es dort mehr Sonne und Wind gibt. Die Infrastruktur muss für den Import von Wasserstoff vorbereitet werden, und Wasserstoff könnte die derzeitigen Importe von Erdgas und Erdöl ersetzen. Die Tschechische Republik kann ein wichtiger Akteur auf dem Gebiet des Wasserstofftransports von Süden nach Norden und von Osten nach Westen sein“, sagte der ehemalige Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela.

Verkehrs- und Industriewende mit Wasserstoff

In Tschechien fehlt es seit Jahren nicht an Plänen, die dem Klimaschutz dienen sollen. Der National Action Plan for Clean Mobility aus dem Jahr 2015 gehört zu den ersten Veröffentlichungen, in denen die tschechischen Wasserstoffpläne formuliert wurden. Zum damaligen Zeitpunkt wurde der Bereich Verkehr als besonders geeignet angesehen, um H2-Technologien einzuführen. „Die tschechische Regierung strebt bis 2023 die Entstehung von sechs bis acht Wasserstoffbetankungsstationen an, bis 2025 soll es sogar 15 Stationen dieser Art geben“, hieß es im Report des Institute of Central Europe zum Thema Wasserstoff in Mittelosteuropa.

Der Bau von Wasserstofftankstellen sollte ursprünglich mit 350 Mio. Euro unterstützt werden. Mit der Covid-19-Pandemie kamen die offiziellen tschechischen Wasserstoffpläne jedoch ins Stocken. Das Thema Wasserstoff und die Verkehrswende blieben aber oben auf der tschechischen Agenda, was durch die Absichtserklärung vom Dezember 2022 untermauert wurde. In dieser Absichtserklärung haben sich Air Products und Alstom dazu verpflichtet, wasserstoffbetriebene Verkehrsmittel mit der erforderlichen Schieneninfrastruktur in der Tschechischen Republik zu betreiben. Während der feierlichen Unterzeichnung dieser Absichtserklärung bedauerte Dan Kurucz, Geschäftsführer von Alstom in der Tschechischen Republik und der Slowakei, dass es in Tschechien an entsprechenden Gesetzen fehlt, die die Wasserstoffindustrie voranbringen könnten.

Ähnlich wie im nördlichen Nachbarland Polen macht die Verkehrswende auch gerade bei den Stadtbussen erste Fortschritte. In Tschechien ist es allen voran der heimische Hersteller Škoda (s. Abb.), der seit 2009 Stadtbusse mit Brennstoffzellen herstellt. In der Tschechischen Republik sind neun FCEVs (Stadtbusse mit Brennstoffzelle), aber bis dato keine öffentlichen Wasserstofftankstellen im Zentralen Fahrzeugregister registriert. Bis zum Jahr 2030 soll es insgesamt 40.000 bis 50.000 Personenkraftwagen, 870 Busse und 80 Tankstellen in Tschechien geben, die emissionsfreien Verkehr ermöglichen, also mit Brennstoffzellen oder ausschließlich mit Elektrizität angetrieben werden.

Leitungsnetze – H2-ready?

Gleichzeitig muss auch an den Leitungsnetzen gearbeitet werden. Der Leiter des operativen Geschäfts des größten tschechischen Erdgasverteilers GasNet, Andrej Prno, versicherte im Gespräch mit den tschechischen Medien, dass über das tschechische Erdgasleitungsnetz jetzt schon Wasserstoff fließen kann. Technisch steht dem nichts im Wege. Gesetzlich gibt es aber keine ausreichende Grundlage. Die ersten Schritte, um den Anteil von Wasserstoff in seinem Gasnetz zu erhöhen, hat GasNet aber bereits gemacht. In der Region Ústí hat das Unternehmen eine Zusammenarbeit mit FORH2ENERGY vereinbart, die in der Industriezone Triangle in Žatecko eine Wasserstoffproduktionsanlage bauen will. Diese wäre dann die erste Wasserstoffanlage, die GasNet an sein Gasverteilungsnetz anschließen würde.

Autorin: Aleksandra Fedorska

Kategorien: 2023 | Allgemein | Europa | Ost-Europa
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