von Anette Weingärtner | Jan. 2, 2025 | 2024, Energiespeicherung, Europa, Netze, News
Europäisches Multi-Gasnetzwerk geht an den Start
Im EU-Projekt SHIMMER arbeitet die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) an einer umfassenden Wissensdatenbank. Dort sollen wichtige Informationen zu Standards für sichere Materialien und Komponenten sowie zur europäischen Gasinfrastruktur bereitgestellt werden. SHIMMER wird von der norwegischen Forschungsorganisation SINTEF geleitet. Das Projekt vereint zwölf europäische Institutionen, darunter staatliche Einrichtungen und Gasnetzbetreiber aus Spanien, Italien, Norwegen, Polen, Belgien, den Niederlanden und Deutschland.
Die Einspeisung von Wasserstoff (H₂) in bestehende Gasnetze bringt sowohl technische als auch regulatorische Herausforderungen mit sich. Diese betreffen insbesondere die Materialintegrität von Pipelines und die Harmonisierung gesetzlicher Anforderungen. Im Projekt SHIMMER (Safe Hydrogen Injection Modelling and Management for European Gas Network Resilience) geht es darum, das Verständnis für die Integration von Wasserstoff in die bestehende Gasinfrastruktur zu verbessern und damit den Markthochlauf sicherer Wasserstofftechnologien insgesamt zu unterstützen. Das Forschungsvorhaben startete bereits im September 2023 und wird im August 2026 enden. Die Finanzierung erfolgt durch das EU-Programm „Horizon Europe – Clean Hydrogen Partnership“.
Funktionalität und Sicherheit des Gasnetzes
Bereits der Titel „Safe Hydrogen Injection Modelling and Management for European Gas Network Resilience“ verweist auf die mit dem Projekt verbundene Zielsetzung: Für eine geplante höhere Einspeisung von Wasserstoff ins existierende Gasnetz sollen zuverlässige Modelle beziehungsweise Simulationswerkzeuge und sicheres Management bereitgestellt werden, um die Ausfallsicherheit beziehungsweise Robustheit des europäischen Gasnetzes zu gewährleisten.
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„Die Einspeisung von H₂ ins existierende Gasnetz in höheren Anteilen oder in höherer Konzentration ist mit technischen Herausforderungen verbunden, weil die Infrastruktur ursprünglich nicht dafür vorgesehen ist. Deshalb müssen Werkzeuge, Prüfmethoden, Simulationsprogramme zum Planen und zum Betrieb, aber auch eine Übersicht über die bereits existierende Infrastruktur geschaffen werden, um die Sicherheit des Netzes und dessen Funktionalität zu gewährleisten“, erläutert der Projektverantwortliche Dr.-Ing. Oded Sobol von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung.
Im Rahmen des genannten übergeordneten Ziels werden weitere spezifische Ziele verfolgt, wie die Kartierung und Bereitstellung einer Übersicht über die existierende Infrastruktur in Bezug auf verwendete Materialien, Komponenten, Technologien und die Eignung dieser für H2. Diese Daten werden Bestandteil einer öffentlichen Wissensdatenbank sein, die dem Nutzer frühzeitig Informationen über die Eignung der Infrastruktur zur Verfügung stellt. Zudem sollen geeignete Materialtestverfahren sowie Werkzeuge oder Methoden für die Inspektion und zum Auffinden von Lecks bzw. Undichtigkeiten entwickelt werden.
Auch gelte es, Simulationswerkzeuge, zum Beispiel für die Planung oder Simulation der Gasqualität bei variierender Einspeisung und variierendem Verbrauch, bezogen auf Rate und Konzentration, zu schaffen. Die Gaszusammensetzung bei den Projektpartnern ist ebenfalls eine Fragestellung der Forschenden. Eine bestimmte Gasqualität soll durch das Projekt sichergestellt und Strategien für die Einspeisung von H₂ ins Gasnetz sollen entwickelt werden. Nicht zuletzt ist geplant, Guidelines für das Risikomanagement zu erstellen und Simulationsstudien für das Durchspielen verschiedener Szenarien zu erarbeiten.
Für die Projektpartner ist die Thematik indes nicht neu. So haben die Gasnetzbetreiber die H₂-Einspeisung in ihren Strategien und Zukunftsplänen fest verankert. Und auch die involvierten Forschungsgesellschaften haben auf ihren jeweiligen Spezialgebieten bereits Erfahrungen mit dem Thema sammeln können.
Vorgängerprojekte werden berücksichtigt
Somit werden in SHIMMER Daten von teilnehmenden Industriepartnern (hauptsächlich europäischen Fernnetz- und Verteilnetzbetreibern) gesammelt. Im Projekt wird auch auf den SyWeSt-H2-Bericht (Tests mit repräsentativen Materialproben von Rohren des deutschen Gasnetzes) zurückgegriffen. „Möglicherweise wird es auch eine Korrelation zur VerifHy-Datenbank (www.verifhy.de) geben, in der Hersteller für Rohrleitungen die Informationen zur H2-Readiness ihrer Produkte zusammengefasst haben“, erläutert der Projektverantwortliche bei SINTEF Industry, Dr. Heiner Schümann.
Weitere Projekte, die auf für die Datenbank nutzbare Resultate hin untersucht werden, sind zum Beispiel:
- das EU-Projekt HIGGS (Liste über Eignung von TSO-Rohrmaterial – unvollständig)
- das britische Projekt HyDeploy (Feldtests mit 20 % H2-Einspeisung in Großbritannien)
- die EU-Projekte THyGA (Testen von Verbraucherendgeräten und ihrer Eignung für H2-Erdgas-Mix, z. B. Wärmepumpen, Boiler, Öfen, CHP [combined heat and power], Verteiler etc.), CEN H2 PNR (Literaturrecherche für viele relevante Bereiche, unter anderem Gasqualität und Stahlrohre), CANDHy (Kompatibilität für nicht-metallische Materialien).
Mit den an diesen Projekten Beteiligten wird über die Möglichkeit einer Zusammenarbeit diskutiert.
Europäische Projekte
Fünf Arbeitspakete
Inhaltlich besteht das Projekt aus fünf Arbeitspaketen, welche zeitgleich durchgeführt werden sollen. „Es gibt jedoch Abhängigkeiten von unterschiedlichen Aufgaben innerhalb der Arbeitspakete, die bei der zeitlichen Planung zu berücksichtigen sind“, sagt Schümann.
Das erste von SINTEF geleitete Arbeitspaket trägt den Titel „Project Manangement and Coordination“ (Projektmanagement und Koordination). „Hier geht es darum sicherzustellen, dass das Projekt mit den gegebenen Mitteln und der erwarteten Qualität innerhalb des Zeitplans durchgeführt wird“, so Schümann. „Gasinfrastruktur und Betriebsbedingungen“
Das zweite Arbeitspaket „Gas Infrastructure and Operational Conditions“ (Gasinfrastruktur und Betriebsbedingungen) steht unter der Regie der BAM. „Unsere Aufgabe ist es, Informationen über die existierende europäische Gasinfrastruktur in Bezug auf metallische Materialien (Rohre) zu beschaffen. Dabei nutzen wir sowohl existierende Daten von anderen Projekten als auch aus der Literatur und sammeln außerdem neue Angaben von unseren Partnern“, sagt Sobol. Zudem beschaffe man Informationen über Betriebsbedingungen. Auch geltende Standards und Gesetze würden gesichtet, zusammengestellt sowie hinsichtlich ihrer Eignung überprüft. „Letztendlich wollen wir alle Informationen in einer benutzerfreundlichen Datenbank organisieren und diese öffentlich zugänglich machen“, so Sobol.
Das dritte Arbeitspaket ist überschrieben mit „Integrity Management and Safety“ (Integritätsmanagement und Sicherheit) und fällt unter die Zuständigkeit des spanischen Forschungszentrums TECNALIA (Zentrum für angewandte Forschung und Technologieentwicklung). Hier geht es darum, die Eignung von gängigen Material- und Kompatibilitätstestverfahren für die geplante höhere H2-Einspeisung zu überprüfen. Außerdem erfolgt eine GAP-Analyse unter dem Gesichtspunkt des Bedarfs nach Anpassung, Änderungen oder neuen Verfahren und Vorschriften. Auch werden Guidelines für Inspektionsmethoden für Rohrleitungen erarbeitet und Empfehlungen für Lecktestmethoden konzipiert. Schließlich geht es darum, Empfehlungen für die Risikoanalyse in Bezug auf Lecks zu geben und Werkzeuge dafür zu erarbeiten.
Im vierten Arbeitspaket „Flow Assurance“ (Sicherung des Durchflusses), geleitet von der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung (TNO), werden realistische Testverfahren beschrieben und existierende Simulationsprogramme auf ihre Eignung hin bewertet. Zudem soll eine Auswahl geeigneter Programme verbessert und angepasst werden, so dass damit entsprechende Szenarien durchgespielt werden können. Schließlich sollen geeignete Technologien für die Messung und Kontrolle der Gasqualität bewertet werden.
Im fünften und letzten Arbeitspaket „Dissemination, Communication and Exploitation“ (Verbreitung, Kommunikation und Verwertung), geleitet von GERG – Die Europäische Gas-Forschungsgruppe, wird die Verbreitung der Ergebnisse gesichert, das heißt, es wird dafür gesorgt, dass diese die richtigen Endnutzer, Entscheidungsgremien und Interessengruppen erreichen. Auch ist die GERG für die Publikation von Artikeln in Zeitschriften und weiteren öffentlichen Medien ebenso zuständig wie für die Organisation von Konferenzen. Des Weiteren besteht ihre Aufgabe in der Kommunikation mit Interessengruppen während der Projektphase, um Rückmeldung und notwendige Informationen zu bekommen.
Bei ihrer Arbeit sehen sich die Forschenden im Konsortium vor einige Herausforderungen gestellt: „Zunächst wäre die Vertraulichkeit der Informationen von Industriepartnern zu nennen. Gleichzeitig haben wir die Intention, so viel wie möglich zu veröffentlichen“, sagt Sobol. Außerdem sei die Bezeichnung von Materialien, zum Beispiel Stahlqualitäten, nicht hundertprozentig standardisiert, und es würden europaweit unterschiedliche Materialien mit teilweise unterschiedlicher Namensgebung verwendet. Auch differiere die Umgebung (Gasqualität, Klima), der die verschiedenen Materialien ausgesetzt sind. Zudem verfolgten die Industriepartner im Hinblick auf die Szenarien für Simulationsstudien verschiedene Interessen. Eine Einigkeit über die Beimischung von H₂ (z. B. 2,5 oder 20 %) bestehe ebenfalls nicht. „In unserem Projekt sind sieben Länder repräsentiert. Das Problem besteht auch darin, wie wir die Informationen aus den restlichen europäischen Ländern abdecken sollen“, sagt Schümann.
Publikation der Zwischenergebnisse steht kurz bevor
Erste Ergebnisse gibt es bereits. „Wir warten jedoch derzeit auf die Genehmigung und Freigabe durch die European Commission. Danach werden diese online zugänglich sein und auch auf unserer Webseite verlinkt werden“, sagt Schümann. Die Veröffentlichung der Datenbank auf der Projektwebseite (https://shimmerproject.eu/) sowie anderer wissenschaftlicher Publikationen sei, so Sobol, bis zum Projektende vorgesehen.
Industrie und Gesetzgebung profitieren
Nach Abschluss des Projekts im August 2026 sollen die meisten Ergebnisse, einschließlich der Datenbank, öffentlich zugänglich sein. Davon profitieren kann zum einen die Industrie: Die Planung bei der H2-Einspeisung wird vereinfacht. Netzbetreiber, Lieferanten und Hersteller von Rohren und Ausrüstung sparen Zeit und Kosten. Zum anderen können gesetzgebende Organe ihre Richtlinien anpassen. „Heutzutage gibt es für Europa weder harmonisierte Anforderungen oder Einspeiselimits noch Vorschriften für Prüf- und Eignungsverfahren für die H2-Einspeisung. Die Ergebnisse dieses Projektes sind eine Grundlage für einen solchen Standardisierungsprozess“, sagt Schümann.
https://shimmerproject.eu
von Eva Augsten | Nov. 4, 2024 | 2024, Energiewirtschaft, Meldungen, Wasserstoffwirtschaft
Statkraft, Europas größter Erzeuger erneuerbarer Energien, kann bei seinen Plänen zum Aufbau eines Wasserstoff-Produktionsstandorts im niedersächsischen Emden voraussichtlich auf die Unterstützung durch die Europäische Union setzen. Das Unternehmen wurde ausgewählt, einen Zuwendungsbescheid über eine Fördersumme von bis zu 107 Millionen Euro für sein Projekt bestehend aus einer 200-MW-Elektrolyse und einem 50-MW-Wärmepumpensystem zu verhandeln. Damit könnten jährlich bis zu 20.000 Tonnen erneuerbarer Wasserstoff und bis zu 50.000 MWh grüne Wärme erzeugt werden. Bereits heute beliefert Statkraft Industriekunden in Emden mit Fernwärme aus der dortigen Biomasse-Anlage. Die Förderzuwendung stammt aus dem EU-Innovations-Fonds, mit dem die Entwicklung von innovativen Technologien zur Senkung von Treibhausgasemissionen in Europa gefördert wird.
„In Emden schlagen wir das erste Kapitel unserer ambitionierten Wasserstoffpläne in Deutschland auf“, sagt Helge-Jürgen Beil, Vice President Hydrogen bei Statkraft in Deutschland. „Wir wollen ein wichtiger Player im deutschen Wasserstoff-Markt sein und freuen uns sehr, dass wir in diesem für uns bedeutenden Projekt mit einer Förderung durch die EU rechnen dürfen.“ Statkraft hat bereits mehrere Absichtserklärungen mit potenziellen Abnehmern für grünen Wasserstoff und grüne Fernwärme in Emden unterzeichnet. Das Unternehmen wird nun in die Verhandlungen des Zuwendungsbescheids mit der EU einsteigen.
Derweil schreitet Statkraft auch bei seinem Wasserstoff-Pilot-Projekt, der Entwicklung eines 10-MW-Elektrolyseurs zur Herstellung von grünem Wasserstoff am Standort Emden für den lokalen Verkehrssektor, voran. Voraussichtlich noch in diesem Jahr soll eine Investitionsentscheidung für den Bau der Pilotanlage getroffen werden, mit der Wasserstofftankstellen in der Region versorgt werden sollen.
Wie in Emden verfolgt Statkraft auch an anderen Unternehmensstandorten die nachhaltige Strategie, bereits existierende Infrastruktur und das Know-how seiner hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für seine grünen Wasserstoffpläne zu nutzen.
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Grüner Wasserstoff für die Industrie
Im ersten Schritt sollen aus Emden heraus bis zu 20.000 Tonnen erneuerbarer Wasserstoff für die Dekarbonisierung der Industrie bereitgestellt werden. Später kommen dann jährlich bis zu 50.000 MWh Fernwärme hinzu. Die Abwärme aus der Elektrolyse wird mithilfe mehrerer Groß-Wärmepumpen effizient auf ein nutzbares Niveau angehoben und in das örtliche Fernwärmenetz eingespeist.
Der erzeugte Wasserstoff soll über das Wasserstoffkernnetz zu Kunden bundesweit transportiert werden. Durch das eigene, große Portfolio von Erneuerbare-Energie-Anlagen in Deutschland kann Statkraft eine hohe Auslastung des Elektrolyseurs für eine grüne Wasserstoffherstellung sicherstellen.
von Petro Brosei | Okt. 28, 2024 | 2024, Energiewirtschaft, Europa, International, Meldungen, Wasserstoffwirtschaft
Regionen-Serie: Berlin-Brandenburg
Das von der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg initiierte und als Leadpartner geleitete Projekt H2CE zielt auf die Unterstützung mitteleuropäischer Regionen bei der Integration von Wasserstoff in die regionale Energieplanung ab. Das Projekt läuft seit April 2023 über drei Jahre bis März 2026. Die Projektpartnerschaft besteht aus zwölf Partnern aus sieben Ländern (Deutschland, Polen, Österreich, Tschechien, Slowakei, Italien und Kroatien).
Das EU-Förderinstrument Interreg soll unter anderem die transnationale Zusammenarbeit von Akteuren aus der Hauptstadtregion mit verschiedenen Projektpartnern verbessern, um somit Lösungen für territoriale Herausforderungen in staatenübergreifenden Kooperationsräumen bzw. Makroregionen entwickeln zu können. Interreg unterstützt somit die Kooperation von verschiedensten Akteuren über Grenzen hinweg.
Der Aktionsbereich „Interreg B – transnationale Zusammenarbeit“ beinhaltet Projekte kleinerer und größerer Konsortien in transnationalen Kooperationsräumen. Durch die Projekte können Lösungen für territoriale Herausforderungen in diesen Kooperationsräumen entwickelt werden. Die Länder Berlin und Brandenburg sind unter anderem am Programmraum Mitteleuropa beteiligt.
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Das Projekt H2CE ist in der Programmpriorität „Unterstützung der Energiewende zu einem klimaneutralen Mitteleuropa“ einzuordnen, welche im Programmzeitraum 2021 bis 2027 einen Schwerpunkt darstellt. Für dieses Projekt stehen Gesamtmittel in Höhe von 2,39 Mio. Euro zur Verfügung. Die EU-Förderung durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) beträgt 80 Prozent.
Stärkung der H2-Fähigkeit von Regionen
H2CE widmet sich der gemeinsamen Herausforderung der Regionen, eine intelligente Integration von Wasserstofflösungen und erneuerbaren Energien in die regionale Energiewende einzubringen. Durch verschiedene Projektaktivitäten werden Entscheidungshilfen für regionale Planungsinstitutionen entwickelt und in der transnationalen Zusammenarbeit Lösungen erarbeitet. Regionale Behörden und Verwaltungen sollen Kompetenzen für das Setzen der Rahmenbedingungen für die Integration von Wasserstoff in ihre Planungsaktivitäten erwerben.
Sie sollen in die Lage versetzt werden, die regionale Energiewende proaktiv zu steuern und zu unterstützen, ihre Zusammenarbeit mit Industrie und Projektträgern verbessern und somit zur Beschleunigung des Hochlaufs der regionalen Wasserstoffwirtschaft beitragen. „H2-Fähigkeit“ ist hierbei als Kompetenzerwerb unabhängig von der Bedeutung des Themas Wasserstoff für die jeweilige Region zu verstehen. H2CE verbessert die Möglichkeiten der teilnehmenden Regionen, die Bedeutung des Themas Wasserstoff in ihrem spezifischen Kontext zu beurteilen.
Folgende Projektaktivitäten sollen zur Verbesserung der „H2-Fähigkeit“ beitragen:
Das erste Arbeitspaket widmet sich der H2-Fähigkeit der Regionen im engeren Sinne, d. h., dass die teilnehmenden Regionen eine Analyse zur Bedeutung von Wasserstoff in energiewirtschaftlicher und planerischer Hinsicht durchführen, welche ihnen die Grundlage für eine Wasserstoffstrategie oder einen Aktionsplan ermöglicht. In einigen der teilnehmenden Regionen werden Letztere im Rahmen dieses Projekts durchgeführt. Bei diesem Prozess werden die Regionen mittels entwickelter Leitfäden unterstützt. Des Weiteren wird in diesem Arbeitspaket der strategische Ansatz von der regionalen Ebene auf eine transnationale Ebene angehoben. Die Erarbeitung einer transnationalen Wasserstoffstrategie der teilnehmenden Regionen schließt die Arbeit in diesem Arbeitspaket ab.
Das zweite Arbeitspaket befasst sich mit dem Entwickeln und Testen von Unterstützungsmechanismen für die Integration von Wasserstoff in die regionalen und lokalen Energiesysteme. Es geht darum, wie Behörden und Institutionen, die sich mit der regionalen Energieplanung befassen, solche Unterstützungsprozesse initiieren und umsetzen können. Die Unterstützungsmechanismen reichen vom Erarbeiten und Testen von Energiezellenmodellen, partizipativen Ansätzen beim Aufbau von fachlichen Kompetenzen der Stakeholder bis hin zu Instrumenten, die Anreize schaffen sollen. Dazu gehört ebenfalls ein GIS-basiertes Tool, welches die H2-Aktivitäten in einer Region zusammenfasst und somit Entscheidungsträger und Stakeholder bei ihrer Arbeit unterstützt.
Das abschließende dritte Arbeitspaket befasst sich aufbauend auf die anderen Arbeitspakete mit der Netzwerkbildung der sich mit der „H2-Fähigkeit“ beschäftigenden Regionen in Mitteleuropa und mit dem Wissenstransfer der auf regionaler, interregionaler und transnationaler Ebene erarbeiteten Lösungen. Zu diesem Zweck wird eine interaktive Plattform geschaffen, die jede interessierte Region auch nach Abschluss des Projekts nutzen kann. Das durch das Projekt geschaffene Netzwerk „H2-fähiger Regionen in Mitteleuropa“ soll somit institutionalisiert werden.
Mehrwert für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg
Die Gemeinsame Landesplanungsabteilung hat dieses Projekt aufgrund des Potenzials von grünem Wasserstoff als Bestandteil der Energiewende für die Planungsregionen der Hauptstadtregion angestoßen. Zudem bettet sich das Projekt in die Zielstellung der Scandria Alliance als Entwicklungskorridor ein.
Abgesehen von der Gesamtkoordination des Projekts hat die Gemeinsame Landesplanungsabteilung die Leitung des ersten Arbeitspakets übernommen. Dabei entwickelt sie mit fachlicher Unterstützung des Reiner Lemoine Instituts die im Projekt zu erarbeitende Zusammenfassung der regionalen Analysen der in der Projektpartnerschaft beteiligten Regionen, die Leitfäden zur Erarbeitung von regionalen Wasserstoff-Strategien und Aktionsplänen sowie im Abschluss eine transnationale Strategie.
Die für Berlin und Brandenburg geltenden Wasserstoffstrategien können durch das Projekt in ihrer Umsetzung aus regionalplanerischer Sicht unterstützt werden. Verschiedene Planungsregionen und regionale Netzwerke von H2-Akteuren werden aktiv in die Projektarbeit mit eingebunden und assoziiert. Die Gemeinsame Landesplanung verfolgt damit die Schöpfung von Synergien mit den fortschreitenden energiepolitischen und -planerischen Prozessen in der Hauptstadtregion und setzt durch die transnationale Zusammenarbeit in Mitteleuropa auf den Wissenstransfer und die Zusammenarbeit mit anderen Regionen in Europa und insbesondere im deutsch-polnischen Verflechtungsraum.
Der Nordwesten Brandenburgs (Planungsregion Prignitz-Oberhavel) ist über den Projektpartner Regionalentwicklungsgesellschaft Ostprignitz-Ruppin als Region aus der Hauptstadtregion vertreten und wird im Rahmen des Projekts einen Wasserstoff-Aktionsplan entwickeln, für den eine Wasserstoff-Potenzialstudie 2023 bereits den Grundstein gelegt hat. Hierbei ist die Unterstützung des regionalen H2-Netzwerks für Nordwest-Brandenburg PROOH2V unerlässlich.
Die Stadt- und Überlandwerke Lübben / Spreewald entwickeln im Rahmen des Projekts ein Energiezellenmodell, welches sowohl auf andere Brandenburger Regionen wie auch Regionen aus ganz Mitteleuropa übertragbar sein kann.
Die Gemeinsame Landesplanungsabteilung wirkt durch Beteiligung an landesweiten Vernetzungsaktivitäten in Berlin und Brandenburg und spezifischen Veranstaltungen des Projekts einschließlich Anschlussveranstaltung auf einen effizienten Wissenstransfer hin.
Zudem ist die Gemeinsame Landesplanungsabteilung assoziierter Partner in weiteren H2-Projekten aus Interreg-B-Programmen, und zwar in HyEfRe (CE) und HyTruck (Ostsee).
H2CE-Projekttreffen in Mestre/Venedig im November 2023, Besuch bei der Firma SAPIO, Quelle: H2CE-Projekt
Autoren: Pedro Brosei, Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg, Potsdam
Marcus Schober, Reiner Lemoine Institut gGmbH
von Sven Geitmann | Sep. 23, 2024 | 2024, Deutschland, Elektromobilität, Europa, News, Politik, Wasserstoffwirtschaft
Mehr Anbieter und größere Standorte
Seit einigen Monaten drängen immer mehr Unternehmen auf den Markt für H2-Tankstellen. Obwohl deren Gesamtzahl nach wie vor nicht wesentlich ansteigt, kündigen immer häufiger sowohl altbekannte als auch zahlreiche neue Anbieter per Pressemeldung an, zusätzliche Standorte für die Versorgung mit Wasserstoff erschließen zu wollen.
Ein eher neuer Akteur ist beispielsweise Mint Hydrogen, das bis März 2024 noch unter Jet H2 Energy firmierte. Das in Hamburg ansässige Tochterunternehmen von H2 Energy Europe hat Mitte Mai dieses Jahres eine erste Wasserstofftankstelle in Giengen an der Brenz eröffnet. Angesiedelt ist der Standort auf dem Mobilitätshub der Jet Tankstellen Deutschland GmbH an der Bundesautobahn A7. Oliver Reichert, Manager Retail Germany von Jet, nannte den Jet-Mobilitätshub, auf dem Tankstellentechnik der Maximator Hydrogen GmbH zum Einsatz kommt, ein „Referenzprojekt für uns“.
Clifford zur Nieden, CEO der Mint Hydrogen Germany GmbH, ergänzte: „Eine verlässliche Betankungsinfrastruktur ist entscheidend für den Aufbau eines regionalen Ökosystems für erneuerbaren Wasserstoff und besonders wichtig für die Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs.“ Geplant ist, dass an der neuen Tankstelle unter anderem Fahrzeuge von Partnerfirmen wie Hyundai Hydrogen Mobility, Hylane, Keyou, Stellantis und Arthur Bus tanken.
TotalEnergies und Air Liquide gründen TEAL
Ein klares Bekenntniss zum Wasserstoff legten auch Air Liquide und TotalEnergies ab, indem sie auf der Hannover Messe 2024 bekanntgaben, dass sie gemeinsam eine neue Marke etablieren: Mit TEAL Mobility gründeten die beiden Schwergewichte ein Joint Venture, das innerhalb der nächsten zehn Jahre in Europa mehr als hundert H2-Tankstellen für schwere Nutzfahrzeuge unter der Marke TotalEnergies in Betrieb haben will. Ende 2024 werden es rund 20 Stationen in Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Deutschland sein.
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Währenddessen plant Tyczka Hydrogen ab Mitte 2025 den Bau seiner dritten Wasserstofftankstelle in Bayern. In Geretsried, unweit der Autobahnen A70, A71 und A7, soll in der ersten Jahreshälfte 2026 eine Station in Betrieb gehen, die über eine Betankungskapazität von einer Tonne pro Tag ausgelegt ist.
Die zweite H2-Tankstelle von Tyczka, die mit 2 Mio. Euro durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) im Zuge des bayerischen Tankstellenförderprogramms gefördert wurde, ist am 17. Juni 2024 im Güterverkehrszentrum Augsburg eröffnet worden. Potentielle Nutzer dieses Standorts sind Arthur Bus, BMW, Daimler Bus, Hylane, Keyou, Kühl Entsorgung, MAN, Paul Group, Quantron, SFC sowie Still.
„Die neue Wasserstofftankstelle ist ein bedeutendes Signal für die gesamte Branche und ein Meilenstein für unsere gemeinsamen Bemühungen in der nachhaltigen Mobilität“, erklärte Thomas Zorn, Geschäftsführer der Tyczka Hydrogen GmbH.
Neue Hochleistungstankstellen
Parallel dazu wird der Bau einer Wasserstofftankstelle in Frankenthal von H2 Mobility und BASF vorangetrieben. Nachdem im Mai 2024 wichtige Komponenten angeliefert werden konnten, planen die Partner die Inbetriebnahme für das vierte Quartal 2024. Zunächst sollen dort 700 bis 800 Kilogramm Wasserstoff vertankt werden können (entspricht mehr als 30 Lkw bzw. Bussen). Bis 2027 ist eine Verdoppelung der Kapazität vorgesehen. „Die Nachfrage im Schwerlastverkehr wird auch in dieser Region deutlich zunehmen. Deshalb bauen wir neue Standorte wie in Frankenthal um ein Vielfaches größer als noch vor ein paar Jahren. Hier können zukünftig bis zu drei Fahrzeuge gleichzeitig tanken, darunter Bus und Lkw mit 350 bar sowie leichte Nutzfahrzeuge und Pkw mit 700 bar“, so Martin Jüngel, Geschäftsführer und CFO von H2 Mobility Deutschland.
Tilmann Hezel, Senior Vice President Infrastructure am BASF-Standort Ludwigshafen, ergänzte: „CO2-freier Wasserstoff ist integraler Bestandteil unserer Energietransformation am Standort Ludwigshafen. Gleichzeitig ist Wasserstoff und eine ausreichende H2-Infrastruktur grundlegend für einen Wandel hin zu alternativen Antrieben. Wir wollen diese Schnittmenge nutzen: Mit Projekten wie der H2-Tankstelle, aber auch dem im Bau befindlichen Wasserelektrolyseur möchten wir die regionale Mobilität genauso wie unsere Zulieferer und Transportunternehmen am Standort beim Umstieg auf Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb unterstützen.“
Dr. Doris Wittneben, Bereichsleiterin Zukunftsfelder und Innovation Metropolregion Rhein-Neckar GmbH, freute sich, dass mit der Wasserstofftankstelle in Frankenthal, die Bestandteil des Projektes H2Rivers (Details dazu lesen Sie im HZwei-Heft Jan. 2025) ist, ein „weiterer wichtiger Baustein des Wasserstoffökosystems in der Rhein-Neckar-Region auf den Weg gebracht wird“.
H2 Mobility verfügt derzeit über 80 öffentliche 700-bar-Tankstellen. Vier weitere sind in Planung, Bau oder Inbetriebnahme. Zusätzlich besitzt der Infrastrukturanbieter 27 Stationen für die Betankung mit 350 bar. 15 weitere 350-bar-Betankungsoptionen befinden sich in der Umsetzung.
Frank Fronzke, Geschäftsführer und COO von H2 Mobility, erklärte im Frühjahr 2024 anlässlich einer Eröffnungsfeier: „In Heidelberg nimmt eines der bedeutendsten Tankstellenprojekte des Jahres heute offiziell seinen Betrieb auf. Die Größe und Leistungsfähigkeit der neuen Stationen [Heidelberg, Sommer 2024 in Mannheim, Ende 2024 in Frankenthal, Anfang 2025 in Ludwigshafen – Anm. d. Red.] stehen für eine neue H2-Tankstellengeneration. Unter Verwendung leistungsstarker Technik tanken mehrere 350- und 700-bar-Fahrzeugtypen am selben Standort – Busse, Lkw, leichte Nutzfahrzeuge und Pkw.”
„Europas leistungsstärkste H2-Tankstelle“
Im März 2024 hat der Bau einer Hochleistungswasserstofftankstelle in Düsseldorf begonnen, die über eine Tageskapazität von über fünf Tonnen verfügen wird – das ist mehr als die zehnfache Kapazität derzeit in Betrieb befindlicher H2-Stationen und über das Dreifache der Standorte, die vor vier, fünf Jahren errichtet wurden. Beteiligte Partner sind neben H2 Mobility sowohl Hoerbiger als auch Ariel.
Im Mittelpunkt dieser neuen Station steht ein kompakter und gleichzeitig leistungsstarker Verdichter, der nach Herstellerangaben auf die wesentlichen Kundenbedürfnisse der H2-Industrie eingeht. Dessen sogenanntes eHydroCOM-System ermöglicht einen Massenstrom von über 250 kg/h bei sowohl niedrigen als auch hohen Saugdrücken, so dass es ideal für Heavy-Duty-Tankstellen oder Trailer-Abfüllanlagen geeignet ist. Der hohe Standardisierungsgrad und die Bauweise mit kompaktem und platzsparenden Packaging ermöglicht zudem eine schnelle Skalierbarkeit, wodurch für die Anlagenbetreiber die Erreichung ihrer Total-Cost-of-Ownership-Ziele einfacher wird.
von Sven Geitmann | Juli 1, 2024 | 2024, Allgemein, Meldungen
Trotz herausfordernden Zeiten gibt es auch Meldungen über neue H2-Projekte. So erfolgte beispielsweise Mitte Mai 2024 der Spatenstich für einen 10-MW-Elektrolyseur in der Region Magdeburg. In Osterweddingen will das uckermärkische Energieunternehmen Enertrag grünen Wasserstoff erzeugen, und zwar aus Windstrom von eigenen Anlagen.
Ein Teil der zunächst rund 900 Tonnen pro Jahr soll in die Wasserstoffpipeline von Ontras eingespeist werden. Darüber hinaus soll der geplante Wasserstoff-Mobilitäts-Hub versorgt werden, an dem unter anderem H2-Lkw von Keyou zum Einsatz kommen werden. Auch Ryze Power will Wasserstoff abnehmen, um damit seine Baumaschinen zu betreiben.
Enertrag-Vorstandsmitglied Dr. Tobias Bischof-Niemz erklärte: „Wasserstoff ist ein unverzichtbarer Baustein für die Energiewende und bietet Lösungen zur Dekarbonisierung verschiedener Sektoren, von der Schwerindustrie bis zum Fernlastverkehr. Durch die direkte Verknüpfung mit unseren nahegelegenen Wind- und Solarparks wird dieser Elektrolyseur nicht nur grünen Wasserstoff produzieren, sondern auch weitere industrielle Ansiedlungen in der Region fördern und die lokale Wertschöpfung erhöhen.“
Der Elektrolyseur wird im örtlichen Industriepark errichtet, nur knapp zwei Kilometer von der geplanten Intel-Chipfabrik entfernt. Wie Enertrag mitteilte, wird er systemdienlich betrieben, um Schwankungen bei der Erzeugung von Strom aus Wind und Sonne auszugleichen und so das Stromnetz zu entlasten.
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