Weichai Power: Kräftiger Kursanstieg

Weichai Power: Kräftiger Kursanstieg

Der Aktienkurs von Weichai Power ist in den letzten Wochen um fast 50 Prozent gestiegen. Grund ist die Partnerschaft mit BYD bei der Elektrifizierung großer Fahrzeugflotten. Ein perfektes Joint Venture, wie es scheint. Weichai Power könnte damit – so meine Vermutung – bei BYD die Tür in Richtung Brennstoffzelle aufstoßen, denn neben batterieelektrischen Lkw und anderen Nutzfahrzeugen passt hier die Brennstoffzelle perfekt für die Langstrecke.

Weichai hat ein Gemeinschaftsunternehmen mit Ballard Power in China (51:49), mit einer Kapazität von bereits 20.000 BZ-Modulen pro Jahr. Und Weichai wird einer der Hauptprofiteure sein, wenn in China ein großes Förderprogramm für Brennstoffzelle und Wasserstoff kommt – vielleicht 2024 oder 2025. Weichai ist Chinas größter Dieselmotorenhersteller, der nun in Richtung E-Mobilität geht – vergleichbar mit Cummins Engine in den USA. Weichai arbeitet auch mit Bosch zusammen.

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Warum keine Empfehlungen anderer BZ-Werte?

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Ich schaue mir Firmen wie Nel Asa, ITM, PowerCell, Nucera und viele andere sehr genau an. Da ich davon ausgehe, dass gerade bei den Elektrolyseuren die Konkurrenz, vor allem aus China, deutlich zunehmen wird, kann es sein, dass selbst hohe Auftragszuwächse nicht unbedingt zu höheren Gewinnmargen führen. Führende chinesische Solarzellenhersteller wie Longi bauen große Kapazitäten an Elektrolyseuren auf. Die Qualität dieser Produkte soll – so legen es Gespräche mit Experten vor Ort nahe – der von u. a. europäischen Herstellern in nichts nachstehen, allerdings gibt es große Preisunterschiede. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Elektrolyseuren aller Art (SOEC, PEM, alkalische) weltweit dramatisch an. Unternehmen wie Bloom Energy, Plug Power, FuelCell Energy und Siemens Energy decken den Bereich der Elektrolyseure im Rahmen ihrer Geschäftsmodelle hinreichend ab – zum Teil mit Technologieführerschaft wie bei Bloom. Darüber hinaus ist der Vergleich der Börsenbewertung der Unternehmen in Relation zu Umsatz, Auftragseingang und Liquidität ein Kriterium. Klar ist aber auch: Vom Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft werden alle beteiligten Unternehmen profitieren – auch in ihrer Aktienkursentwicklung. Spannend sind die Perspektiven der großen Gasehersteller wie Linde, Air Products und Air Liquide. Diese werden besonders von den Förderprogrammen für grünen Wasserstoff profitieren. Im nächsten HZwei-Heft wird es dazu mehr Hintergründe geben.

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Risikohinweis

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Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

 

Siemens Energy: Ideal-Kandidat für „buy on bad news“

Siemens Energy: Ideal-Kandidat für „buy on bad news“

Was konnte man da nicht alles lesen: „Siemens Energy gerettet.“ Stand der Konzern denn vor dem Konkurs? Mitnichten. Es ging um die Absicherung von Aufträgen – und da hat der Konzern wertmäßig über 112 Mrd. Euro in den Büchern – durch Bürgschaften, die nach der Abspaltung vom Mutterkonzern Siemens nicht mehr vorhanden waren. Der extrem hohe Verlust in Höhe von 4,6 Mrd. Euro für das vergangene Geschäftsjahr beruht auf der angeschlagenen Windtochter Siemens Gamesa. Dafür gab es indes schon Rückstellungen, und durch den Verkauf der Beteiligung an der indischen Tochter in Höhe von 18 Prozent für 2,1 Mrd. Euro an Siemens ist genug Kapital vorhanden, um die Verluste zu stemmen. Nun werden die Banken (mit 7,5 Mrd. Euro zum Teil rückversichert durch den Bund) und der ehemalige Mutterkonzern Siemens insgesamt 15 Mrd. Euro an Bürgschaften für Siemens Energy auslegen. Der Konzern zahlt dafür eine übliche Provision. Ob diese Bürgschaften jemals genutzt werden müssen, darf bezweifelt werden – es geht um Pro-forma-Sicherheiten.

Anteile der Indientochter gehen an Siemens

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Wie massiv Siemens Energy an der Börse unterbewertet wird, zeigt ein Blick auf die indische Tochter: In Indien hält Siemens Energy circa 25 Prozent an Siemens India Ltd., an der auch die Mutter Siemens beteiligt ist. Hier kommt nun die Entflechtung: Siemens übernimmt 18 Prozent plus 5 Prozent als Sicherheit, u. a. für die Gebühr für die Nutzung der Namensrechte. Wohlwollend ausgedrückt: Je mehr Sicherheiten in Form von Garantien, desto mehr Aufträge können eingenommen und damit am Ende des Tages Geld verdient werden. Auf der anderen Seite gilt: Hätte Siemens Energy die Sicherheiten (Bürgschaften) nicht darstellen können, hätten Ratingagenturen eventuell das Bonitätsrating senken können, was zusätzliche Kosten (erhöhte Zinsen als Beispiel) zur Folge gehabt hätte.

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Dass Siemens Energy jedes Jahr beachtliche 250 Mio. Euro an die Mutter zahlen muss, nur um „Siemens“ im Namenszug tragen zu können, erscheint wie Abzocke. Denn mit 25 Prozent am Grundkapital von Siemens Energy hält Siemens einen Börsenwert in Höhe von nur 2 bis 2,5 Mrd. Euro, in Relation zu denen 250 Mio. Euro Jahresgebühr und damit eine sichere Rendite in Höhe von mehr als zehn Prozent seitens Siemens erzielt wird. Es ist dabei egal, ob Siemens Energy Gewinn oder Verlust macht. Der Bund wie auch Siemens und beteiligte Banken haben unaufgeregt daran gearbeitet, die Bürgschaften darzustellen – man kann ja die Projekte einzeln bewerten, die Siemens Energy in den Büchern hält.

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Schwierige Zeiten für die gesamte Windenergie-Branche

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Die schlechten Zahlen bei den Windkraft-Aktivitäten von Siemens Gamesa gelten für fast alle Hersteller der Windbranche. Es gab Preise und Konditionen, die zu Verlusten geführt haben (höhere Zinsen, Probleme in der Lieferkette, Rohstoffpreise, Kalkulationen). Hinzu kommen Qualitätsprobleme und technische Probleme. Chinesische Anbieter sitzen im Driver’s Seat, weil sie wesentlich günstiger produzieren und andere Finanzierungsmodelle anbieten. Hier in Europa kann man nur mit Restriktionen drohen und mit Subventionen locken, sofern hier produziert wird.

Mutterkonzern Siemens mit Eigeninteresse

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Hatte Siemens Energy früher Patronatserklärungen der Mutter Siemens (hält noch circa 25,1 Prozent plus indirekt weitere fünf bis sechs Prozent im Siemens-Pensionsfonds), so muss das Unternehmen diese nun selbst darstellen. Wir sprechen da über ein Volumen in Höhe von 15 Mrd. Euro, mit dem ein Drittel des Auftragsbestandes von 112 Mrd. Euro (Angabe aus dem Unternehmen) abgesichert werden kann. Nun verhält es sich aber so, dass Siemens Energy kein Kapital benötigt hat, um vor einem Konkurs geschützt zu werden, wie es mal bei TUI oder der Commerzbank erschien. Da hat sich der Staat direkt beteiligt und Eigenkapital eingebracht. Bei Siemens Energy ging es um reine Bürgschaften für bestehende Aufträge.

Fazit: Nicht Bange machen lassen. Siemens Energy ist trotz der Probleme der Tochter Gamesa gut aufgestellt, verdient in wichtigen Bereichen Geld und kann unverändert als Wachstumsstory in Sachen regenerativer Energie und Wasserstoff in vielen Anwendungen angesehen werden. Die aktuellen Probleme werden gelöst. 2026 soll es wieder einen Gewinn des Konzerns im Ganzen geben – also leistet dann auch Siemens Gamesa einen positiven Beitrag. „Buy on bad news“ ist die einzige Schlussfolgerung, die man nach der aktuellen Sachlage ziehen kann.

Risikohinweis

Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

 

Plug Power: Fakten machen wenig Hoffnung

Plug Power: Fakten machen wenig Hoffnung

Der Umsatz in Höhe von 198,7 Mio. US-$ im dritten Quartal lag erheblich unter den Erwartungen, der Verlustausweis, ausgedrückt pro Aktie, beträgt ein Minus von 0,47 US-$/Aktie bei erwartetem Minus von 0,30 US-$/Aktie – im negativen Sinn. Der Verlust für die ersten neun Monate des Geschäftsjahres liegt bei über 725 Mio. US-$. Aber dass am Quartalsende nur noch 567 Mio. an Bargeld vorhanden sind, irritiert doch sehr, da der Vorstand immer von ausreichender Liquidität sprach.

Nun gilt es als sicher, dass mindestens für 500 Mio. US-$ neue Liquidität – und zwar kurzfristig – gewonnen werden muss, um alle Projekte ausreichend finanzieren zu können, so die Meinung des Fachanalysten von Morgan Stanley, Andrew Percoco. Das drückt dann – in case – weiter auf den Aktienkurs, denn institutionelle Anleger wollen einen Discount zum Einstiegskurs.

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Hat sich das Plug-Power-Management selbst überschätzt und zu viele Projekte gleichzeitig angefangen? Man spricht von sieben bis neun Giga-Projekten (Produktionsstätten unter anderem für BZ-Stacks, Elektrolyseure, Wasserstoff, Cryotechnologien) in den USA und vier weiteren weltweit. Da ist der Kapitalabfluss schnell sehr hoch. Parallel sind bestimmte Regulatorien noch nicht vorhanden. Und auch der vom Department of Energy (DOE) erwartete Kredit im Rahmen des IRA in Höhe von 1 bis 1,5 Mrd. US-$ wird frühestens im Jahr 2024 spruchreif, da es umfassende Prüfungen und Bedingungen gibt.

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Plug selbst produziert wohl noch keinen flüssigen Wasserstoff, sondern kauft diesen am Markt ein. Damit haben sich weitere Probleme eingeschlichen, weil das mit hohen Kosten und auch Verlusten  verbunden ist. Parallel ist es das eingefrorene Bargeld in Höhe von über einer Mrd.US-$ (Restricted Cash), welches wiederum nach meiner Einschätzung mit den genannten Großkunden in Verbindung stehen könnte.

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Angespannte Liquiditätslage

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Nur noch 567 Mio. US-$ hat Plug Power per Ende des dritten Quartals an Bargeld auf dem Konto. Die vielen parallel laufenden Projekte bedürfen aber weiterer finanzieller Unterstützung, ehe Umsätze und damit verbundene Gewinne generiert werden können. Das wird dauern. Es rächt sich jetzt, dass man alles sehr vollmundig dargestellt hat, so unter anderem der CEO Andy Marsh, um an der Börse via Investor Relations Stimmung zu machen.

Nun ist zu erwarten, dass Plug versuchen wird, durch die Ausgabe von Aktien und/oder Wandelanleihen neues Eigenkapital zu beschaffen, was aber angesichts der Zahlen nicht mehr so einfach sein wird. Auf Basis der heutigen Aktienkurse wird jede größere Kapitalerhöhung (Aktienausgabe) nur zu niedrigen Kursen möglich sein. Der Vorstand beschreibt eine Reihe von internen Problemen, angefangen mit der Situation beim Einkauf von Wasserstoff bis hin zur sich verzögernden Betriebsaufnahme von Produktionsstätten sowie Problemen mit Lieferketten.

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Dass das Segment Elektrolyseure starke Auftragseingänge hat, mag beruhigend wirken, aber es ist zu befürchten, dass der Wettbewerb stark zunimmt, wodurch die Gewinnmargen schrumpfen. O-Ton aus dem Unternehmen: „Noch nie dagewesene Herausforderungen bei der Versorgung mit Wasserstoff in Nordamerika“.

Short Interest

Auf diese Zahl – im Dezember bei Plug über 158 Mio. Aktien – schaue ich immer sehr genau, denn sie zeigt, in welcher Form gegen ein Unternehmen und dessen Börsenkurs spekuliert wird. Bei guten Nachrichten kann hieraus ein Kursturbo werden (Squeeze), aber im Fall von Plug zeigt sich, dass die Shortseller mit ihrer Einschätzung richtig liegen. Ich unterstelle indes, dass es gerade die Großkunden Amazon und Walmart sind, die ihre Optionsrechte via Leerverkauf abgesichert haben könnten. Beide zusammen haben als Geschenk über 100 Millionen Stück dieser Rechte erhalten und mit sehr niedrigen Wandlungskursen in Aktien tauschen können. Theoretisch haben beide mehrere Milliarden US-$ an (Buch-)Gewinn in den Büchern, wenn sie bei 70, 60, 50, 40, 30 US-$ pro Aktie short gegangen sein sollten – ihre Einstandskurse lagen bei ca. 1,29 bis 13 US-$ pro Aktie via Ausübung der Optionsscheine. Aber das ist nur eine Vermutung von mir – ohne Obligo.

Ich habe diesen Deal immer kritisch gesehen, weil Plug damit Kunden „geködert“ hat. Und Restricted Cash in Höhe von einer Mrd. US-$ steht mit diesen Großkunden in direktem Zusammenhang. Der Grund: Da geht es um Garantien, Gewährleistungen, Sicherheit für technischen Support, Ersatzteile und vieles andere. Plug Power muss gegenüber Kunden wie Walmart und Amazon solche Garantien abgeben, damit es bonitätsmäßig die Aufträge auch umsetzen kann, also unter anderem H2-Tankstellen für Gabelstapler betreibt und dafür sorgt, dass es immer ausreichend Wasserstoff gibt. Die Folge sind circa eine Mrd. US-$ an Restricted Cash, eingefrorene Finanzmittel, die nicht anders zum Einsatz kommen können. Werden Firmen wie Amazon immer exklusiver Kunde von Plug Power bleiben, was Gabelstapler und deren H2-Betankung angeht? Die Frage stellt sich, weil es weniger Aufträge von Amazon für die Umrüstung von Gabelstaplern gibt. Warum?

Plug verliert Power-to-X-Projekt in Dänemark

Über den Konsortiumspartner Plug Power Idomlund Denmark hatte Plug eigentlich den Zuschlag für das erste Power-to-X-Projekt in Dänemark mit insgesamt 280 MW Elektrolysekapazität in sechs Projekten in der Tasche. Nun kam der Rückschlag am 20. November 2023: Plug hat es nicht geschafft, in der vorgegebenen Zeit eine Bankbürgschaft beizubringen. Es geht wohl um 28,3 Mio. Euro – ohne Obligo.

Fazit: Ich hatte zur Zurückhaltung geraten, bis die Zahlen für das dritte Quartal auf dem Tisch liegen. Nun ist das der Fall, aber ein Kauf bietet sich noch immer nicht an, weil es noch dauert, bis das Unternehmen Klarheit geschaffen hat. Im Gegenteil: abwarten. Trader können aber aktiv werden, denn die Kursschwankungen werden nachrichtengetrieben sehr hoch bleiben (hohe Volatilität), weil die Börse das Unternehmen bereits stark abgestraft hat (minus 40 Prozent allein am 10.11.2023).

Es stellt sich auch die Frage, ob Plug Power nicht daran vorbeikommt, Partner in manches Projekt aufzunehmen, wie man dies mit Fortescue bereits gemacht hat. Das aber käme dann zur Unzeit, denn die möglichen Konditionen bestimmt eher der Partner und Investor als Plug Power selbst. Werden nun eventuell sogar Assets verschleudert werden müssen?

Kurzum: Es gibt aktuell keinen Handlungsbedarf, weil auch die erwarteten Zahlen für das laufende vierte Quartal wieder enttäuschend sein könnten. 2024 und in den Folgejahren kann dann aber der positive Umschwung kommen, wenn Plug die Eigenproduktion von Wasserstoff im großen Stil realisiert und hier unter anderem vom IRA profitiert und damit auch gutes Geld verdient. Ein DOE-Kredit kann ein Gamechanger werden, aber das dauert. Eine Garantie gibt es dafür nicht, wenn auch der Regierung Biden unterstellt werden kann, dass Prestigeprojekte und Akteure wie Plug nicht fallen gelassen werden.

Weitere Aktienausgaben gelten nun sogar als notwendig und werden nicht zu idealen Konditionen umsetzbar sein. Sechs Analysten haben bereits ihre Einschätzung radikal geändert – im negativen Sinne. Ich hätte nicht gedacht, dass meine Prognose so schnell eintritt, wonach der Wert von Bloom Energy den von Plug Power übertreffen wird. Ein Buy-on-Bad-News eignet sich hier leider noch nicht. Ein Abstauber-Limit für den Kauf der Aktie bei drei Euro wäre ein erster Schritt. Dieser Kurs ist denkbar, wenn Plug institutionellen Anlegern als Entgegenkommen einen Discount beim Bezug neuer Aktien – als Risikoabschlag – anbietet.

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Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

 

Nikola Motors: Kapitalerhöhung zum richtigen Zeitpunkt

Nikola Motors: Kapitalerhöhung zum richtigen Zeitpunkt

Shortseller arbeiten an der Börse massiv gegen das Unternehmen. Es gab kurzfristig sogar fast 200 Mio. leer verkaufte Aktien (am 16.11. noch 193 Mio.). Doch nun scheint eine Kursänderung nach oben sehr wahrscheinlich. Der Grund könnte in der Kommentierung zur Bilanzpressekonferenz über das dritte Quartal liegen, die Nikola – in meinen Worten – auf dem richtigen Weg sieht. Das Unternehmen hat circa 250 Mio. US-$ an Liquidität im dritten Quartal eingesammelt und verfügt nun über 705 Mio. US-$ an Kapitalzugang.

Der Schaden durch zurückgerufene batterieelektrische Lkw wird auf 61,8 Mio. US-$ (warranty reserve) beziffert, wobei Nikola nicht nur dieses Problem beheben wird, sondern zudem Batterien eines noch unbenannten Zulieferers einsetzt, die gegenüber dem Vorgängermodell Vorteile besitzen, so der Kommentar. Zudem werden die Lkw mit weiteren Features ausgestattet, die dem Fahrer mehr Möglichkeiten im Einsatz geben, u. a. den Lkw bereits aus der Distanz per Handy-Apps vorzubereiten: Heizung im Winter, Klimaanlage im Sommer ist schon einschaltbar, bevor der Fahrer angekommen ist. Die batterieelektrischen Lkw werden nach der Umrüstung im ersten Quartal wieder den Weg zum Kunden finden.

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Nun können die Aufträge kommen

277 Absichtserklärungen für den Kauf der wasserstoffbetriebenen Lkw liegen vor. Im vierten Quartal sollen davon 30 bis 50 zur Auslieferung kommen und zwischen 11 und 19 Mio. US-$ an Umsatz generieren. Bei den batterieelektrischen Lkw konnte zwischenzeitlich – trotz Rückrufaktion – ein Einzelauftrag über 47 Stück gewonnen werden. In den kommenden zwei Jahren setzt Nikola darauf, im Durchschnitt 250 bis 300 Lkw beider Gattungen pro Quartal auszuliefern.

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Der Cash Burn wird bei 100 Mio. US-$ im Quartal gesehen, wobei für das laufende Quartal noch die finanziellen Auswirkungen aus der Rückrufaktion der batterieelektrischen Lkw einzubeziehen sind (61,8 Mio. US-$, wovon circa 38 Mio. US-$ als Kapitalabfluss zum Einsatz kommen sollen). Und je besser die Skalierung in der Lkw-Produktion vorankommt, desto kostengünstiger können diese hergestellt werden, um am Ende des Tages mit einer guten Gewinnmarge aufzuwarten. Man bedenke: Geld wird in Zukunft vor allem mit Strom und Wasserstoff verdient und nicht mit dem E-Lkw per se. Nikola steht ja erst am Anfang seiner (Erfolgs-)Story.

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Chief Financial Officer verlässt das Unternehmen

Stasy Pasterick war als Chief Financial Officer (CFO) gerade einmal sechs Monate im Amt. Sie geht in gleicher Funktion zu Universal Hydrogen. Man darf gespannt sein, wer ihr Nachfolger wird.

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Abb.: Anastasiya „Stasy“ Pasterick folgte im April 2023 auf den pensionierten Kim J. Brady

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Quelle: Nikola

Kalifornien gibt den Takt vor

Nikola konzentriert sich aus guten Gründen auf den US-Bundesstaat Kalifornien: Erstens gibt es hier die besten Förderungen (bis zu rund 408.000 US-$ pro Lkw); zweitens ist der Zeitdruck für Logistiker sehr hoch, dieselbetriebene durch CO2-freie Lkw zu ersetzen. Bereits ab 2024 dürfen in Kalifornien nur noch die letztgenannten auf Hafenanlagen im Einsatz sein, es gibt also Neuzulassungen nur noch für batterieelektrische oder Wasserstoff-Lkw. Wir sprechen von über 30.000 Lkw allein in diesem Segment – eine Steilvorlage für Nikola Motors, denn im IRA sind auch 2,6 Mrd. US-$ Förderung speziell für Hafenanlagen und auch Drayage-Lkw sowie für die H2-Infrastruktur vorgesehen.

Zudem ist für Nikola die Konkurrenz in diesem Lkw-Segment auf Jahre hinaus überschaubar. Der Blick auf die bereits genehmigten Gutscheine (Voucher) für E-Lkw ist erfreulich: 96 Prozent der Gutscheine des HVIP-Programms für wasserstoffbetriebene Lkw und 50 Prozent der Gutscheine für batterieelektrische gehen auf das Konto von Nikola. Übrigens soll Nikola für beide Lkw-Varianten bereits über 400 Gutscheine genehmigt bekommen haben. Ein schöner Achtungserfolg.

Rechtsstreit gegen Milton gewonnen

Der langwierige Rechtsstreit mit Firmengründer Trevor Milton wurde gewonnen. Am 20. Oktober fiel das Urteil. Milton muss nun 165 Mio. US-$ an Nikola zahlen, wobei darin auch Prozesskosten enthalten sind, die Nikola erst vorstrecken musste und nun zurückerhält. Hier sei der Hinweis angebracht, dass es noch keine Aussage darüber gibt, wann das Geld fließt. Nikola muss selbst noch einen Teil an die Börsenaufsicht SEC weiterzahlen, da man ja einen Vergleich über die Zahlung von 125 Mio. US-$ erzielt hat und diesen selbst erfüllen muss. Fließen die 165 Mio. US-$ von Milton indes zeitnah, erhöht sich Nikolas Liquidität, da die SEC-Zahlungen über die kommenden Jahre verteilt sind.

Ziele ambitioniert, aber realistisch

Aktuell kann Nikola pro Jahr 2.400 Lkw beider Varianten produzieren. Um profitabel zu sein, bedarf es eines Absatzes von 1.000 Lkw in 2024 und 1.500 in 2025. Diese Ziele gelten aus Unternehmenssicht als realistisch, wenn Nikola 250 bis 300 Lkw im Quartal ausliefert. Meines Erachtens wird es da auch manchen Großauftrag geben. Außerdem fließen Absichtserklärungen wie der Letter of Intent (LoI) mit Anheuser-Busch (800 Lkw) in den Auftragsbestand ein, so meine Erwartung.

Nikola Motors – Tesla für Lkw?

Für diese These ernte ich sehr viel Kritik: Man könne ein Start-up wie Nikola doch nicht mit der Erfolgsgeschichte von Tesla vergleichen. Doch, kann man: Tesla fing klein an, dann kam Elon Musk. Der Konzern machte viele Jahre hohe Verluste, stand sogar vor dem Konkurs, ehe es zum Durchbruch kam. In den ersten drei Jahren verdiente Tesla Geld, aber nicht mit den E-Autos, sondern mit Emissionsrechten, die man anderen Autoherstellern verkaufen konnte. Tesla löste das Henne-Ei-Problem mit dem Strom für die batterieelektrischen Fahrzeuge selbst durch den Aufbau eines Stromladenetzes aus eigenen Super-Charger-Stationen. Wer hätte einen Wagen von Tesla gekauft, wenn es keine Lademöglichkeit gegeben hätte – als Paket, jahrelang sogar gratis?

Nikola macht das Gleiche – nur eben für Lkw mithilfe von Stromladestationen und H2-Tankstellen. Geld verdienen will Nikola mit Strom und dem eigens produzierten oder zugekauften Wasserstoff. In den USA winken hohe Subventionen von drei US-$/Kilogramm Wasserstoff. Tesla adressiert weiterhin den Markt für E-Pkw, aber Nikola das Segment für Lkw. Beide Unternehmen gelten als disruptiv – sie verändern Märkte und Geschäftsmodelle. Beide sind First Mover.

Tesla und seinem CEO schlug viel Skepsis entgegen, doch er bewies, dass Veränderung möglich ist. Nikola macht das Gleiche – nur bezogen auf Nutzfahrzeuge. Ob sich beide auch in der Entwicklung von Börsen- bzw. Aktienkursen vergleichen lassen, wird sich zeigen. Für Nikola bin ich äußerst optimistisch.

Kapitalerhöhung sichert das Unternehmen

Am 6. Dezember 2023 wurde Nikolas Plan bekannt, frisches Kapital an der Börse zu besorgen. Es geht um nominal 175 Mio. US-$ einer Wandelanleihe mit 8,25-Prozent-Coupon (Green Bonds) mit Laufzeit Dezember 2026 (0,90 US-$ Wandlungskurs/Aktie) und 100 Mio. US-$ in neuen Aktien zu je 0,75 US-$/Aktie. Die Aktie fiel von circa 1 US-$, weil hier wahrscheinlich – ohne Obligo – ein Hedging stattfand, also der Kurs gedrückt wurde, da man die Aktien nach der Kapitalerhöhung zurückerhält und eindecken kann. Die Aktie fiel auch, weil Shortseller die Kapitalerhöhung als Negativum für sich nutzen wollten.

Erfahrungsgemäß ist diese Maßnahme bereits erfolgreich umgesetzt, wenn Sie diese Zeilen lesen. Damit ist Nikola dann gut durchfinanziert und verfügt am Ende über 500 Mio. US-$ auf der Bank. Dass der Börsenkurs wieder über 1 US-$ steigt, liegt ebenfalls in der Natur der Sache, weil die Finanziers (Investmentbanken wie Nomura) höchstwahrscheinlich kein Delisting der Aktie akzeptieren (dazu würde es kommen, wenn der Kurs längere Zeit unter 1 US-$ sinkt).

Fazit: Nikola ist auf einem guten Weg, sich als First Mover bei CO2-freien Lkw in den USA zu positionieren – erst in Kalifornien, später über das ganze Land verteilt und parallel dazu auch in Kanada, wo ebenfalls große Fördersummen bis zu 380.000 Can-$ pro Lkw winken. Umfassende Förderprogramme wirken als Turbo, da die Käufer der Lkw dem regulatorischen Druck nachkommen können und zudem finanziell angereizt werden. Der Aufbau der H2-Infrastruktur erfolgt in Eigenregie, wird aber durch Unternehmenspartner wie Voltera (EQT) finanziell begleitet und erhält einen Schub durch ein 7-Mrd.-US-$-Programm der Regierung Biden, womit in den USA sieben Hydrogen-Hubs etabliert werden sollen. Die Börse wird nicht umhinkommen, Nikola als Start-up neu zu bewerten: Zur richtigen Zeit im richtigen Markt. Vielleicht wird Nikola sogar die H2-Aktie, die am meisten Kurspotential entwickelt. Wie sagt man: No risk, no fun.

Das Management-Team von Nikola gilt als ausgezeichnet, wobei CEO Stephen Girsky darauf hinwies, dass dazu Top-Manager gehören, die eigentlich nicht mehr in einem Start-up arbeiten müssen, aber mit großer Freude dort ihr Know-how einbringen, um die Visionen des Unternehmens wahr werden zu lassen. Das ist der richtige Ansatz – aus Überzeugung und mit Erfahrung.

Risikohinweis

Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 15. Dezember 2023

Hyzon Motors: Sinnvoller Rückzug aus Europa

Hyzon Motors: Sinnvoller Rückzug aus Europa

Die Zahlen für das dritte Quartal und der Ausblick lassen für Hyzon Motors und seine 200-kW-BZ-Module für Lkw eine sehr spannende Zukunft erwarten. Die Serienproduktion wird in der zweiten Jahreshälfte 2024 beginnen. Die Aktivitäten werden an einem Standort in den USA konzentriert. Aus Europa zieht sich Hyzon mit einer eigenen Tochtergesellschaft zurück. Das ist der richtige Schritt, denn ein junges Unternehmen sollte sich auf den für das Unternehmen wichtigsten Markt konzentrieren, um die begrenzten Kapitalressourcen zielgerichtet einzusetzen.

Hyzon ist jedoch weiterhin auf der Suche nach einem Fulfillment-Partner in Europa, der die BZ-Stacks des Unternehmens hier eigenständig zum Einsatz bringt, vergleichbar mit der Partnerschaft mit Fontaine Modification in den USA oder solch einer wie Quantron mit Ballard Power. Hyzon konzentriert sich auf die USA und Australien/Neuseeland, wo kürzlich ein wasserstoffbetriebener Müllwagen an Remondis ausgeliefert wurde, wobei die Produktion der BZ-Module in den USA erfolgt, was angesichts der Subventionen auch sinnvoll ist.

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Hyzon wird zudem von der Entwicklung der H2-Hubs profitieren, weil das MACH2-Projekt im Mittleren Westen in der Nähe der eigenen Produktionsstätte liegt und zu den Projekten des DOE gehört, die im Rahmen des sieben Milliarden Dollar schweren Wasserstoff-Hub-Programms gefördert werden (Zuschläge von jeweils einer Milliarde Dollar).

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Gleichzeitig gibt Hyzon bekannt, dass man sich mit der SEC auf eine Zahlung von 25 Mio. US-$ geeinigt hat, zahlbar in drei Raten innerhalb der nächsten Jahre. Damit ist dieses unsägliche Thema abgeschlossen, das auf dem Fehlverhalten des ehemaligen Vorstandes basiert (Bilanzskandal). Der Cashburn pro Monat kann massiv reduziert werden, und für den Hochlauf der Modulproduktion werden nur noch etwa fünf Mio. US-$ benötigt. Zum Ende des dritten Quartals sind noch 137,8 Mio. US-$ auf der Bank, bei einem Kapitalbedarf von 10 Mio. US-$ pro Monat.

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Mit dem Mutterkonzern und Mehrheitsaktionär Horizon aus Singapur konnte der IP-Lizenzvertrag bis 2030 verlängert und auch auf andere Aktivitäten ausgeweitet werden: So plant Hyzon, neue 300-kW-BZ-Singlestacks auch in die stationäre Energieversorgung von Rechenzentren und Krankenhäusern einzuführen. Ballard Power und Bloom Energy sind bereits in diesem Bereich aktiv.

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Parker Meeks, CEO von Hyzon, antwortete auf die Frage, warum sich sein Unternehmen ausschließlich auf Brennstoffzellen und nicht auf Elektrofahrzeuge konzentriere: „Die Erfahrung mit batterieelektrischen Lkw ist für viele eine, bei der die nutzbare Reichweite nicht das ist, was sie sich vorgestellt haben, vor allem, wenn es bergauf geht, was selbst im Los-Angeles-Becken der Fall ist. Wenn man die Gegend kennt, wenn man irgendwohin fährt, wo es eine große Entfernung gibt, muss man wahrscheinlich einen Hügel hinauffahren. Brennstoffzellen-Lkw verlieren nicht an Leistung, und das ist der entscheidende Faktor, der sie für den Schwertransport im Gegensatz zum Transport von Getränken besonders geeignet macht.“

Fazit: In den USA arbeitet Hyzon am Auf- und Ausbau der Kapazitäten, um die Produktion der 200-kW-BZ-Module hochzufahren. Die Partnerschaft mit Fontaine Modification legt nahe, dass hier ein großer Absatzmarkt entsteht, da Fontaine Lkw umbaut bzw. eigene Fahrzeuge umrüstet und Hyzon hier als Technologiepartner mit seinen BZ-Modulen perfekt zum Einsatz kommt. In diesem Zusammenhang können wir uns auch gut vorstellen, dass Fontaine respektive die Mutter Marmon Holdings sich direkt an Hyzon beteiligt. Es wird sicherlich Kapitalmaßnahmen (Neuemission von Aktien) geben, und da wäre der Einstieg eines strategischen Partners der ideale Weg.

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Ein hochspekulatives, sehr interessantes Investment. Hyzon eignet sich als Beimischung zu Ballard Power und Nikola Motors, wenn man diese drei Unternehmen gemeinsam dem Bereich Brennstoffzellen in Nutzfahrzeugen zuordnet.

Risikohinweis

Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 15. Dezember 2023

Deutsche H2-Strategie im Mobilitätssektor ist ein Trauerspiel

Deutsche H2-Strategie im Mobilitätssektor ist ein Trauerspiel

Interview mit Jorgo Chatzimarkakis, CEO von Hydrogen Europe

Jorgo Chatzimarkakis ist seit Jahren das Gesicht der europäischen Wasserstoffwirtschaft. Als CEO des Wasserstoff-Verbands Hydrogen Europe ist er auf zahlreichen Veranstaltungen präsent und agiert in Brüssel als Sprecher für die H2-Industrie. Unser HZwei-Analyst Sven Jösting hatte die Gelegenheit, ihm ein paar Fragen stellen zu können.

HZwei: Wie würden Sie Ihre Rolle bezeichnen und sich selbst als CEO von Hydrogen Europe beschreiben?

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Chatzimarkakis: Als ich vor mehr als sieben Jahren die Aufgabe eines Generalsekretärs, mittlerweile umgewandelt in die Rolle eines CEOs, übernahm, da war ich der erste Angestellte des damals noch sehr kleinen Verbands. Mittlerweile arbeiten 50 Mitarbeitende in der Brüsseler Geschäftsstelle.

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Unsere Mitgliedschaft ist mittlerweile europaweit auf fast 500 angewachsen. Hieran erkennt man sehr leicht, dass es neben der reinen Verbandsarbeit vor allem um den Aufbau eines neuen Industriesektors geht: Den des Wasserstoffsektors, den es bislang nicht gab. Es geht hier um die Produktion, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff in den verschiedenen Bereichen Energie, Industrie, Mobilität und Wärmemarkt.

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Meine Aufgabe ist es, verschiedene Interessen miteinander zu vereinbaren und politische Positionen nach außen konsolidiert in den politischen Prozess einzubringen. Dabei geht es elementar auch um Zusammenhalt. Das ist anspruchsvoll, aber enorm spannend. Und dass jeden Tag aufs Neue!

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HZwei: Die USA haben mit dem IRA einen pragmatischen Weg der Förderung des Themenkomplexes Wasserstoff auf den Weg gebracht. In Indien gibt es seit Januar dieses Jahres die Nationale Wasserstoffstrategie, die unbürokratisch den Wasserstoffhochlauf fördern will und u.a. die Transitgebühren im Gasnetz für Wasserstoff (18 % H2-Anteil im Gasnetz sind genehmigt) von Staatsseite aus übernimmt. China hat bislang zwar keine ganzheitliche Wasserstoffstrategie oder ein Förderprogramm benannt (einzelne Provinzen setzen indes sehr engagiert ihr eigenes Wasserstoffprogramm um). Wenn dort allerdings etwas kommt, wird es denen der USA und Indien sicherlich nicht nachstehen. Sehr engagiert sind auch Südkorea und Japan, die enormes Potential im Wasserstoff sehen und wie wir Europäer auf den Import großer H2-Mengen setzen. Wie verhält es sich im Vergleich mit dem Europäischen Wasserstoffprogramm? Ist es den anderen überlegen oder unterlegen und warum? Was müsste besser/anders gemacht werden?

Chatzimarkakis: Europa gehörte zu den Wirtschaftsstandorten, die als allererstes eine Wasserstoffstrategie verabschiedet haben. Unmittelbar nach dem Ausbruch der Pandemie sah sich die EU-Kommission gezwungen, neue Wege zu gehen, um den europäischen Green Deal trotz der veränderten Weltlage zu realisieren. Im Juli 2020 wurde dann eine umfassende Strategie präsentiert, die mittlerweile in Bezug auf die Ambition massiv verstärkt wurde, ausgelöst durch die russische Invasion in der Ukraine. Gleichzeitig wurde ein Gesetzgebungsverfahren unter dem Namen Fit for 55 in Gang gesetzt, das mit über 3.000 Seiten und 1.000 Erwähnungen von Wasserstoff sehr ambitioniert ist und in der Welt Maßstäbe gesetzt hat.

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Parallel dazu wurden Fördermaßnahmen entwickelt, die unter der Überschrift „Wasserstoffbank“ zusammengefasst und institutionalisiert wurden. Gleichwohl bleibt festzustellen, dass die Europäer sich zu sehr auf ideologische Grabenkämpfe konzentriert haben, insbesondere in Bezug auf die Farbenlehre des Wasserstoffs, also die verschiedenen Erzeugungsarten von Wasserstoff.

Andere Wirtschaftsregionen gehen hier viel pragmatischer vor. Auch die europäische Förderpolitik ist vorhanden, aber viel zu niedrig und viel zu unübersichtlich. Ich vergleiche das gerne mit einem großen Werkzeugkasten, den die Europäer prinzipiell zur Verfügung haben, der aber noch immer zu unsortiert und chaotisch ist.

Im Kontrast dazu steht der US-Wirtschaft eine Art Schweizer Messer zur Verfügung, das auf einen Blick alle möglichen Anwendungen aufzeigt.

Wir sind also in Europa zwar gut aufgestellt, drohen aber absolut gesehen ins Hintertreffen zu geraten.

HZwei: Die Nachfrage nach Wasserstoff (grün, blau, gelb) wird von bestimmten Industrien wie dem Stahl- und dem Chemiesektor u.a. kommen. Bei der Mobilität wird die H2-Nachfrage vor allem bei Nutzfahrzeugen, Schienenfahrzeugen, Schiffen, Luftfahrt u.a. gesehen. Wie schätzen Sie es ein: Werden in wenigen Jahren auch verstärkt Pkw H2-ready sein, auch als Hybrid mit kleiner Batterie?

Chatzimarkakis: Die deutsche Strategie zum Thema Wasserstoff in der Mobilität ist in der Tat ein Trauerspiel. Viel zu spät wurden die Potenziale erkannt, viel zu sehr war man nach dem Dieselskandal mit einer raschen und einseitigen Umstellung auf Batterietechnik beschäftigt. Hier hat sich ein großer Teil der Industrie tatsächlich vom politischen Mainstream treiben lassen, ohne die Möglichkeiten des eigenen Standorts in Betracht zu ziehen.

Noch ist es aber nicht zu spät, gegenzusteuern. Noch kann insbesondere über die gesetzliche Grundlage der AFIR (Alternative Fuels Infrastructure Regulation) mit einem Mindestmaß an rund 700 Tankstellen in ganz Europa eine Trendwende erreicht werden.

Die Europäer setzen insbesondere auf den Schwerlastverkehr und die leichteren Nutzfahrzeuge. Ersteres wird vor allem in Deutschland und Schweden, letzteres in Frankreich ins Auge gefasst. Sobald die Infrastruktur nachweislich in ganz Europa da ist, wie sie ja bereits in Deutschland sich ganz gut entwickelt hat, werden auch Pkw automatisch folgen.

Glücklicherweise gibt es ja auch mit BMW einen deutschen Hersteller, der ganz klar auf Wasserstoff und Brennstoffzelle setzt. Ich würde dennoch auch das Thema Wasserstoff und Verbrennung nicht ganz von der Tagesordnung streichen, nicht nur im Schwerlastverkehr.

HZwei: Toyota ist ein Frontrunner im Pkw-Sektor, aber wir hören, dass da aus China und Südkorea auch Impulse kommen und gar ein Top-Manager von Reliance aus Indien auf einem Kongress meinte, dass man den Pkw-Markt bezogen auf Wasserstoff auch sehr ernst nehme. Passt das mit der Einseitigkeit der deutschen/europäischen Autoindustrie zusammen, die bei der Elektromobilität – gefühlt – vor allem die Batterie sieht bzw. recht einseitig auf diese setzt?

Chatzimarkakis: Leider gibt es in Deutschland interessierte Kreise, die Wasserstoff künstlich kleinreden und auf „All-Electrive“ setzen. Dabei wird mitunter auch mit alten und überholten Begriffen der Energieeffizienz argumentiert, welche die dringend erforderliche Systemeffizienz völlig außer Acht lassen.

Dass auch Elektromobilität ungelöste Fragen mit sich bringt, wird ebenfalls unter den Teppich gekehrt. Man hat einen enormen Bedarf an kritischen Rohstoffen, nicht nur für batteriebetriebene Elektroautos, sondern auch für den Aufbau der Ladeinfrastruktur. Brennstoffzellenautos benötigen nur zehn Prozent dieser Rohstoffe für das Fahrzeug und fünf Prozent für die Ladeinfrastruktur. Hinzu kommt, dass es sich gerade bei Lkw nicht lohnt, mit Batterien zusätzlich Fracht zu transportieren. Batterien und Brennstoffzellen ergänzen sich und sollten nicht gegeneinander antreten. Sie dienen einem gemeinsamen Zweck, nämlich der Verringerung der Emissionen auf unserem Planeten.

HZwei:  Können sie einen Wunschkatalog benennen, was Europa im Themenkomplex Wasserstoff und seiner enormen Potentiale (Umwelt/Klima, Wirtschaft, Technologien, Geschäftsmodelle, Arbeitsplätze, Ausbildung u.a.) unbedingt machen sollte?

Chatzimarkakis: Zunächst einmal müssen all die Gesetze, die jetzt auf den Weg gebracht wurden, auch förmlich verabschiedet werden. Das ist für den Winter dieses Jahres definitiv geplant. Dann setze ich sehr stark auf die koordinierende Wirkung der europäischen Wasserstoffbank.

Sie muss gleichsam ein Leuchtturmprojekt sein, das trotz der unübersichtlichen Fördersituation in Europa ein Kompass auch für kleine und mittlere Unternehmen sein kann. Und drittens dürfen wir die Infrastruktur nicht vergessen.

Mir macht große Sorge, dass so genannte Thinktanks darüber nachdenken, die Gasinfrastruktur zurückzubauen. Das macht in einer Zeit, wo wir Wasserstoff in Europa produzieren und auch von außerhalb importieren werden, keinen Sinn. Hierfür brauchen wir Speicher und Transportpotenzial. Unser dichtes und für den Wasserstoff geeignetes Gasnetz kommt nicht nur in Deutschland hierfür hervorragend infrage. Daher sind derartige Forderungen, die oftmals Interessen gesteuert sind, völlig abwegig.

Interviewer: Sven Jösting

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