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Beitrag von Sven Jösting

3. Januar 2024

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Siemens Energy: Ideal-Kandidat für „buy on bad news“

Was konnte man da nicht alles lesen: „Siemens Energy gerettet.“ Stand der Konzern denn vor dem Konkurs? Mitnichten. Es ging um die Absicherung von Aufträgen – und da hat der Konzern wertmäßig über 112 Mrd. Euro in den Büchern – durch Bürgschaften, die nach der Abspaltung vom Mutterkonzern Siemens nicht mehr vorhanden waren. Der extrem hohe Verlust in Höhe von 4,6 Mrd. Euro für das vergangene Geschäftsjahr beruht auf der angeschlagenen Windtochter Siemens Gamesa. Dafür gab es indes schon Rückstellungen, und durch den Verkauf der Beteiligung an der indischen Tochter in Höhe von 18 Prozent für 2,1 Mrd. Euro an Siemens ist genug Kapital vorhanden, um die Verluste zu stemmen. Nun werden die Banken (mit 7,5 Mrd. Euro zum Teil rückversichert durch den Bund) und der ehemalige Mutterkonzern Siemens insgesamt 15 Mrd. Euro an Bürgschaften für Siemens Energy auslegen. Der Konzern zahlt dafür eine übliche Provision. Ob diese Bürgschaften jemals genutzt werden müssen, darf bezweifelt werden – es geht um Pro-forma-Sicherheiten.

Anteile der Indientochter gehen an Siemens

Wie massiv Siemens Energy an der Börse unterbewertet wird, zeigt ein Blick auf die indische Tochter: In Indien hält Siemens Energy circa 25 Prozent an Siemens India Ltd., an der auch die Mutter Siemens beteiligt ist. Hier kommt nun die Entflechtung: Siemens übernimmt 18 Prozent plus 5 Prozent als Sicherheit, u. a. für die Gebühr für die Nutzung der Namensrechte. Wohlwollend ausgedrückt: Je mehr Sicherheiten in Form von Garantien, desto mehr Aufträge können eingenommen und damit am Ende des Tages Geld verdient werden. Auf der anderen Seite gilt: Hätte Siemens Energy die Sicherheiten (Bürgschaften) nicht darstellen können, hätten Ratingagenturen eventuell das Bonitätsrating senken können, was zusätzliche Kosten (erhöhte Zinsen als Beispiel) zur Folge gehabt hätte.

Dass Siemens Energy jedes Jahr beachtliche 250 Mio. Euro an die Mutter zahlen muss, nur um „Siemens“ im Namenszug tragen zu können, erscheint wie Abzocke. Denn mit 25 Prozent am Grundkapital von Siemens Energy hält Siemens einen Börsenwert in Höhe von nur 2 bis 2,5 Mrd. Euro, in Relation zu denen 250 Mio. Euro Jahresgebühr und damit eine sichere Rendite in Höhe von mehr als zehn Prozent seitens Siemens erzielt wird. Es ist dabei egal, ob Siemens Energy Gewinn oder Verlust macht. Der Bund wie auch Siemens und beteiligte Banken haben unaufgeregt daran gearbeitet, die Bürgschaften darzustellen – man kann ja die Projekte einzeln bewerten, die Siemens Energy in den Büchern hält.

Schwierige Zeiten für die gesamte Windenergie-Branche

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Die schlechten Zahlen bei den Windkraft-Aktivitäten von Siemens Gamesa gelten für fast alle Hersteller der Windbranche. Es gab Preise und Konditionen, die zu Verlusten geführt haben (höhere Zinsen, Probleme in der Lieferkette, Rohstoffpreise, Kalkulationen). Hinzu kommen Qualitätsprobleme und technische Probleme. Chinesische Anbieter sitzen im Driver’s Seat, weil sie wesentlich günstiger produzieren und andere Finanzierungsmodelle anbieten. Hier in Europa kann man nur mit Restriktionen drohen und mit Subventionen locken, sofern hier produziert wird.

Mutterkonzern Siemens mit Eigeninteresse

Hatte Siemens Energy früher Patronatserklärungen der Mutter Siemens (hält noch circa 25,1 Prozent plus indirekt weitere fünf bis sechs Prozent im Siemens-Pensionsfonds), so muss das Unternehmen diese nun selbst darstellen. Wir sprechen da über ein Volumen in Höhe von 15 Mrd. Euro, mit dem ein Drittel des Auftragsbestandes von 112 Mrd. Euro (Angabe aus dem Unternehmen) abgesichert werden kann. Nun verhält es sich aber so, dass Siemens Energy kein Kapital benötigt hat, um vor einem Konkurs geschützt zu werden, wie es mal bei TUI oder der Commerzbank erschien. Da hat sich der Staat direkt beteiligt und Eigenkapital eingebracht. Bei Siemens Energy ging es um reine Bürgschaften für bestehende Aufträge.

Fazit: Nicht Bange machen lassen. Siemens Energy ist trotz der Probleme der Tochter Gamesa gut aufgestellt, verdient in wichtigen Bereichen Geld und kann unverändert als Wachstumsstory in Sachen regenerativer Energie und Wasserstoff in vielen Anwendungen angesehen werden. Die aktuellen Probleme werden gelöst. 2026 soll es wieder einen Gewinn des Konzerns im Ganzen geben – also leistet dann auch Siemens Gamesa einen positiven Beitrag. „Buy on bad news“ ist die einzige Schlussfolgerung, die man nach der aktuellen Sachlage ziehen kann.

Risikohinweis

Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

 

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