Widersprüchlich

Widersprüchlich

Es klingt wirklich paradox: Einerseits verabschiedet die Bundesregierung ein „Wasserstoffbeschleunigungsgesetz“, und andererseits scheint das Bundesverkehrsministerium gerade alles zu tun, um Wasserstoff auszubremsen. Kein Wunder, dass gefühlt die gesamte deutsche Energiewirtschaft derzeit verunsichert ist.

Investitionsentscheidungen werden nach wie vor nicht gefällt, erste Projekte werden gecancelt, der Absatz von Wasserstoff sowie von H2-Komponenten ist rückläufig. Der Markthochlauf einer in Aussicht gestellten Wasserstoffwirtschaft stockt (s. S. 28). Industrie und Verbände monieren seit Monaten die desolate Situation und wenden sich mit Bittbriefen an die Politik (s. S. 30) – bislang ohne spürbare Wirkung.

Die Ergebnisse der Europa-Wahl befeuern diese Unsicherheit noch, indem diejenigen Kräfte an Zuspruch gewonnen haben, die aus energietechnischer und klimapolitischer Sicht wahrlich nicht innovativ, sondern rückschrittlich agieren: Die CDU/CSU fällt der aus den eigenen Reihen stammenden EU-Präsidentin Ursula von der Leyen in den Rücken und will das bereits vereinbarte Ende des Verbrennungsmotors zurücknehmen – will also mal wieder einen Ausstieg aus einem Ausstieg, was bereits bei der Kernenergie eine jahrelange Hängepartie nach sich zog.

Die AfD, die trotz der jüngsten Starkregen-Ereignisse nichts von einer Klimakrise wissen will, fährt Rekordwerte ein. Immer mehr Bundesbürger negieren nach wie vor das, was immer offensichtlicher wird: Die Extremwetter-Ereignisse nehmen drastisch zu, was wissenschaftlich erwiesen eine direkte Folge der Klimaerwärmung ist. Insbesondere dort, wo nationale und rechte Kräfte Gegenmaßnahmen blockiert haben, gab es Tote und immense Schäden.

Die Stimmung im Land, und auch in Europa, wird immer konservativer, obwohl genau dieses Festhalten an alten, vermeintlich bewährten Praktiken die momentanen Krisen weiter befeuert, statt davor zu schützen. Etwas nicht wahrhaben zu wollen, es zu ignorieren und weiter so zu agieren wie bisher, ist allerdings genau das Falsche, egal wie laut man brüllt oder wie beharrlich man daran festhält.

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Das Gute ist, dass die progressiven, also die fortschrittlichen Kräfte sich trotz allem nicht entmutigen lassen. Diejenigen, die an demokratische Werte glauben und sich für konstruktive Maßnahmen beim Kampf gegen die Klimakrise einsetzen, versuchen trotz aller Hemmnisse zuversichtlich weiterzumachen. Und wenn man sich die Klimapolitik der vergangenen Jahre anguckt, lässt sich feststellen, dass durchaus viel erreicht wurde.

Allein der Fakt, dass es den European Green Deal gibt und sich die höchsten politischen Repräsentanten Europas für einen ökologischen und wirtschaftlichen Transformationsprozess ausgesprochen haben, ist ein Riesenerfolg, der beweist, dass Veränderung möglich ist. Immerhin befinden wir uns aktuell nicht mehr auf einem Kurs in Richtung einer 3,5-°C-Erwärmung. Dank der bisherigen Maßnahmen konnte rund 1 °C gut gemacht werden. Damit sind wir zwar immer noch weit vom 1,5-°C-Ziel entfernt, aber immerhin schon auf einem besseren Weg als zuvor.

Auch politisch konnte einiges erreicht werden: So erzielten die nicht-demokratischen Kräfte „nur“ ein Sechstel der Stimmen – nicht wie befürchtet mehr als ein Fünftel. Gründe genug, um die Hoffnung nicht zu verlieren.

Es heißt immer so schön: Wir leben in bewegten Zeiten. Herausforderungen gibt es immer zu meistern – manchmal kleinere, mitunter auch größere. Sicherlich zählt die aktuelle Phase eher zu den krisenbehafteten Zeiten, die von größeren Unsicherheiten geprägt sind. Dies beeinflusst die Bürger*innen ebenso wie die Wirtschaft.

Aber ebenso wenig, wie es im Privaten empfehlenswert ist, einfach keine Nachrichten zu gucken und immer so weiterzumachen wie bisher, ist es ratsam für die Industrie, bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu warten, bis bessere Rahmenbedingungen herrschen.

Und auch die Politikerinnen und Politiker dürften sich der Erkenntnis stellen, dass die Zeit simpler Lösungen definitiv vorbei ist. Es ist relativ einfach zu sagen, ich fasse das Thema „Tempolimit“ nicht an. Es ist einfach, über eine nicht ganz optimale Vorgehensweise bei der Einführung eines Heizungsgesetzes zu mosern. Wir brauchen jetzt aber keine einfachen Lösungen.

Was wir brauchen, sind mutige Entscheidungen, sind Veränderungen, sind Maßnahmen, die eine gute Chance haben, dass sie uns sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich und klimapolitisch voranbringen. Was wir brauchen, sind Menschen, die jetzt bereit sind, in die Verantwortung zu gehen, auch auf die Gefahr hin, dass es nicht einfach wird und auch nicht alles gleich beim ersten Mal klappt.

Denn nicht zu handeln ist nicht länger eine Option.

Herzlichst
Sven Geitmann
HZwei-Herausgeber

Die neueste Ausgabe des HZwei-Magazins ist da!

Die neueste Ausgabe des HZwei-Magazins ist da!

Liebe Wasserstoff-Enthusiasten,

es ist wieder soweit! Die neueste Ausgabe unseres HZwei-Magazins ist erschienen und wir freuen uns, Ihnen brandaktuelle Einblicke und spannende Entwicklungen aus der Welt des Wasserstoffs und der Brennstoffzellen präsentieren zu können. Seit mehr als 20 Jahren ist der Hydrogeit Verlag Ihr verlässlicher Partner für fundierte Informationen rund um Wasserstoff, Brennstoffzellen, Elektromobilität, Energiespeicherung, erneuerbare Energien und alternative Kraftstoffe.

Ein besonderer Fokus auf Wasserstoffaktien und die Börse

In dieser Ausgabe legen wir einen besonderen Schwerpunkt auf Wasserstoffaktien und deren Performance am Aktienmarkt. Die Wasserstoffbranche erlebt derzeit einen beeindruckenden Aufschwung, und viele Unternehmen in diesem Sektor verzeichnen signifikante Entwicklungen und Chancen. Hier sind einige interessante Firmen, die an der Börse aktiv sind und in unserem aktuellen Magazin detailliert vorgestellt werden:

  • Powertap Hydrogen Capital Corp.
  • Enapter AG
  • thyssenkrupp nucera AG
  • Plug Power Inc.
  • Nel ASA
  • Everfuel A/S
  • McPhy Energy SA
  • PowerCell Sweden AB
  • ITM Power PLC
  • Weichai Power Co.
  • Proton Motor Power Systems PLC
  • Verbund AG

Chancen und Veränderungen am Aktienmarkt

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Die Wasserstoffwirtschaft befindet sich im Umbruch. Regierungen weltweit investieren Milliarden in grüne Technologien, und Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle in der Energiewende. Diese Entwicklungen spiegeln sich auch am Aktienmarkt wider. Wasserstoffaktien bieten Anlegern spannende Chancen, profitieren jedoch auch von Schwankungen und neuen Regulierungen.

Aktuelle Entwicklungen und Trends

In der neuesten Ausgabe unseres HZwei-Magazins beleuchten wir die aktuellen Trends und Entwicklungen in der Wasserstoffbranche. Von technologischen Innovationen über neue Partnerschaften bis hin zu regulatorischen Veränderungen – wir halten Sie auf dem Laufenden. Unsere Expertenanalysen und fundierten Berichte bieten Ihnen wertvolle Einblicke, die Ihnen helfen, informierte Entscheidungen zu treffen.

Ihr Zugang zu umfassendem Wissen

Unser HZwei-Magazin erscheint sowohl in einer digitalen als auch in einer Print-Version. Die digitale Ausgabe ist immer etwa eine Woche vor der Printausgabe verfügbar, sodass Sie frühzeitig Zugriff auf alle Inhalte haben. Zusätzlich bieten wir eine englische digitale Version, das H2-international e-journal, an, das Ihnen ebenfalls umfassende Informationen und Analysen bietet.

Mit Ihrem Abonnement des HZwei-Magazins sind Sie stets bestens informiert. Loggen Sie sich jetzt ein, um die neueste digitale Ausgabe herunterzuladen und von unserem umfangreichen Wissen zu profitieren. Sollten Sie Fragen zu Ihrem Abonnement haben oder Unterstützung beim Download benötigen, steht Ihnen unser Support-Team jederzeit gerne zur Verfügung.

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Alle Ausgaben unseres Magazins sind nach 12 Monaten kostenlos herunterladbar. Die aktuellen, vierteljährlich erscheinenden Ausgaben sind für Abonnenten kostenlos, aber sie werden auch für jedermann im Hydrogeit Online-Shop zum Download angeboten. Nutzen Sie die Gelegenheit, sich über die neuesten Entwicklungen in der Wasserstoffbranche zu informieren und profitieren Sie von unserem Wissen und unseren Analysen.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und eine spannende Lektüre!

Ihr Hydrogeit-Team

Europäische H2-Förderlandschaft in Bewegung

Europäische H2-Förderlandschaft in Bewegung

Zugangsschwierigkeiten zum Markt für deutsche Akteure

Die erste Pilotauktion der Europäischen Wasserstoffbank (Innovation Fund Auction IF23) war am 5. September 2023 unter großer Aufmerksamkeit angekündigt worden. Am 30. April 2024 sind die Ergebnisse dieser Pilotauktion veröffentlicht worden, für die 800 Mio. Euro von der Europäischen Union zur Verfügung standen. Den Zuschlag erhielten sieben Projekte aus Nord- und Südeuropa. Ziel der Wasserstoffauktion ist es, die Markteinführung von grünem Wasserstoff zu beschleunigen und Preissignale zu setzen, indem die Kostenlücke zwischen grünem und fossilem Wasserstoff verringert wird.

Zu einer Zeit, in der die Wasserstoffförderung in Deutschland aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) erheblich reduziert worden ist, stieß die Förderung bei deutschen Wasserstofferzeugern auf besonderes Interesse. Der Durchschnitt der Gebote der deutschen Projekte lag etwa 108 Prozent über dem Durchschnitt der Gebote der sieben siegreichen europäischen Projekte. Zusätzlich hat Deutschland 350 Mio. Euro im Rahmen der Pilotauktion bereitgestellt, die ausschließlich an deutsche Projekte ausgeschüttet werden. Spannend für deutsche Projekte werden daher die Ergebnisse der Auktion für die durch Deutschland bereitgestellten Fördergelder. Für das Ende des Jahres 2024 ist ein weiterer Förderaufruf geplant.

Förderlandschaft für Elektrolyse in Deutschland

In den letzten Jahren bot Deutschland umfangreiche Förderprogramme für Wasserstoffprojekte, besonders im Bereich der Mobilität. Das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie Phase 2 (NIP 2) spielte eine Schlüsselrolle, indem es Forschung, Entwicklung und die Markteinführung von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien unterstützte. Es fokussierte sich insbesondere auf den Verkehrssektor, um dort die Technologiereife und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Bedeutende Projekte, wie die Förderung von brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeugen und Wasserstofftankstellen, erhielten finanzielle Unterstützung, die jedoch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds  erheblich gekürzt wurde.

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Parallel dazu hat das HyLand-Programm die Entwicklung und Implementierung von Wasserstofftechnologien in verschiedenen deutschen Regionen gefördert. In seiner ersten Phase unterstützte es 25 Regionen bei der Etablierung einer Wasserstoffwirtschaft. In der zweiten Phase kamen jeweils 15 weitere HyStarter- und HyExperts-Regionen hinzu.

Auf europäischer Ebene hat sich die Förderlandschaft ebenfalls positiv entwickelt. Die Clean Hydrogen Partnership, Nachfolger der FCH JU unter Horizont 2020, hat neun Hydrogen Valleys mit insgesamt 105,4 Mio. Euro ausgezeichnet, was die Produktion von mindestens 13.500 Tonnen grünem Wasserstoff pro Jahr subventioniert.

Ein weiteres wichtiges Instrument war das IPCEI-Vorhaben (Important Projects of Common European Interest) im Bereich Wasserstoff. Dieses Programm fördert innovative und strategisch wichtige Schlüsseltechnologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der Produktion bis zur Anwendung in Industrie und Mobilität. In Deutschland wurden 62 Großprojekte ausgewählt, die mit über acht Milliarden Euro an Bundes- und Landesmitteln unterstützt werden sollen.

Diese Entwicklungen zeigen einen Trend: Während die nationalen Fördermittel in Deutschland aufgrund der Haushaltskrise stark zurückgegangen sind, hat die Europäische Union ihre Finanzierung für Wasserstofftechnologien verstärkt. Dementsprechend wurde die Innovation Fund Auction 23 von vielen potenziellen Wasserstoffproduzenten aus Deutschland mit großem Interesse erwartet.

Die Innovation Fund Auction (IFA)

Der Fördermechanismus Innovation Fund Auction (IF Auction) ist Teil des europäischen Förderprogramms Innovation Fund. Der Innovation Fund ist der wichtigste Fördertopf für die Dekarbonisierung der EU und stellt in den Jahren 2020 bis 2030 insgesamt etwa 40 Mrd. Euro an Fördergeldern bereit. Das Geld stammt aus den Einnahmen des europäischen Emissionshandelssystems (EU ETS). Um den Wasserstoffmarkthochlauf in der Europäischen Union anzuregen, hat die EU-Kommission im Jahr 2022 im Rahmen des Innovation Fund die Europäische Wasserstoffbank (EHB) ins Leben gerufen. Über dieses Instrument soll gezielt der Aufbau von Wasserstoffangebot und -nachfrage gefördert werden. Die dezidierte Förderung der Produktion von erneuerbarem Wasserstoff innerhalb des EU-Raumes erfolgt über die Innovation Fund Auction.

Die Förderung über die IF Auction erfolgt als Zuschuss zu jedem produzierten Kilogramm Wasserstoff (Euro/kgH2). Damit stellt der Fördermechanismus eine Besonderheit gegenüber dem überwiegenden Teil der europäischen und deutschen Förderlandschaft dar, die zum großen Teil in einer Investitionskostenförderung für Elektrolyseure besteht, während Betriebskosten nicht förderfähig sind (z. B. über das NIP 2).

Der Kostenzuschuss entspricht zugleich dem Gebotspreis, den der potenzielle Zuwendungsempfänger im Rahmen des Vergabeverfahrens für sein Projekt angeben muss. Zur Einordnung der individuellen Förderhöhe sei darauf hingewiesen, dass der maximal mögliche Gebotspreis im ersten Förderaufruf der IF23 Auction (November 2023 bis Februar 2024) auf 4,50 Euro/kgH2 gedeckelt wurde – darüber liegende Gebote wurden ausgeschlossen.

Das beantragte Fördervolumen jedes Bieters errechnet sich aus dem Gebotspreis pro Kilogramm Wasserstoff multipliziert mit den geplanten Wasserstofferzeugungsmengen über die Projektlaufzeit (i. d. R. 10 Jahre). Die Vergabe der Fördergelder erfolgt durch ein Auktionsverfahren, bei dem die niedrigsten Gebotspreise – ähnlich wie beim Merit-Order-Prinzip – so lange den Zuschlag erhalten, bis das verfügbare Budget der jeweiligen Förderaufrufe überschritten ist (s. Abb. 1).

Das verfügbare Budget in der ersten Runde des Förderaufrufes lag bei 800 Mio. Euro. Darüber hinaus stand es Mitgliedstaaten frei, zusätzliche Budgets einzubringen, um zusätzliche Projekte innerhalb ihrer Landesgrenzen zu fördern. So hat beispielsweise Deutschland den ersten Förderaufruf um zusätzliche 350 Mio. Euro ergänzt, die für die bestplatzierten, aber nicht berücksichtigten deutschen Projekte ausgelobt werden.

Die Teilnahmebedingungen für Bieter sind vielschichtig und können von Förderaufruf zu Förderaufruf variieren. Wesentliche Voraussetzung ist, dass nur Wasserstoff förderfähig ist, der entsprechend den europäischen Vorgaben für die Produktion von erneuerbaren Kraftstoffen nicht-biogenen Ursprungs (RFNBO) hergestellt wird. Zudem war Bedingung für eine Teilnahme an der ersten Ausschreibungsrunde, dass die Elektrolyse des Bieters eine Eingangsleistung von mindestens 5 Megawatt aufweist.

Ergebnisse der Pilotauktion

Die erste Auktion für die 800 Mio. Euro der EU wurde Ende April 2024 abgeschlossen. Es wurden 720 Mio. Euro an sieben Projekte zur Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff vergeben (s. Abb. 2). Die Gewinnergebote reichten von 0,37 bis 0,48 Euro pro Kilogramm Wasserstoff. Das gewichtete Durchschnittsgebot lag bei 0,45 Euro pro Kilogramm Wasserstoff.


Abb. 2: Übersicht der geförderten Projekte

Bemerkenswert ist, dass alle Gewinnerprojekte auf der iberischen Halbinsel und in den skandinavischen Ländern angesiedelt sind. Ein wesentlicher Grund dafür ist unter anderem die dortige Verfügbarkeit von günstigem Strom aus erneuerbaren Energien (Photovoltaik in Spanien und Portugal, Wasserkraft in Skandinavien).

Die Gebote der deutschen Projekte lagen deutlich über den siegreichen Gebotspreisen. Eine grobe Analyse der Gebotsübersicht ergab ein gewichtetes Durchschnittsgebot von etwa 1,53 Euro pro Kilogramm Wasserstoff für die deutschen Projekte. Dies ist 108 Prozent höher als der gewichtete Durchschnitt der siegreichen Gebote. Daneben gab es deutsche Projekte, die Gebote von rund 0,60 Euro pro Kilogramm Wasserstoff abgaben. Vielleicht ein Hinweis darauf, dass auch in Deutschland bestimmte Abnehmer bereit sind, einen Aufpreis für grünen Wasserstoff zu zahlen. Die Mehrheit der deutschen Anträge benötigte jedoch eine Förderung zwischen 1,20 und 3,87 Euro pro Kilogramm Wasserstoff.

Die hohen Gebotspreise aus Deutschland lassen sich zu einem wesentlichen Teil mit einem Blick auf beispielhafte Gestehungskosten (s. Abb. 3) erklären. Mit Gestehungskosten von 8,50 Euro pro Kilogramm Wasserstoff würde der durchschnittliche Gebotspreis, der zu einem Zuschlag geführt hat, in einer Kostensenkung von nur rund fünf Prozent resultieren. Wesentlicher Kostenfaktor der Gestehungskosten sind die anteiligen Stromkosten, die umgelegt auf ein Kilogramm Wasserstoff rund die Hälfte der Gestehungskosten umfassen und auf die hohen Energiepreise in Deutschland zurückzuführen sind.


Abb. 3: Beispielhafte Wasserstoffgestehungskosten für eine Elektrolyse in Deutschland

Ausstehend sind noch die Ergebnisse für die Auktion der 350 Mio. Euro, die Deutschland für die bestplatzierten, aber unberücksichtigten deutschen Projekte vergibt. Aus den Ergebnissen bzw. den siegreichen deutschen Projekten werden sich voraussichtlich weitere spannende Erkenntnisse zum Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland ableiten lassen.

Ausblick

Die nächste Ausschreibungsrunde (IF24 Auction) soll Ende des Jahres 2024 erfolgen. Da erste Stakeholder-Gespräche zwischen der EU und potenziellen Bewerbern bereits im Juni 2024 begonnen haben und die Komplexität des Antragsprozesses nicht unterschätzt werden sollte, ist jedem Interessenten zu empfehlen, sich frühzeitig um die Erstellung der Bewerbungsunterlagen zu kümmern.

Die EU hat bereits erste Angaben zur Ausgestaltung beziehungsweise Anpassung der Förderung veröffentlicht. Eine wesentliche Änderung ist die Senkung des maximal möglichen Gebotspreises von 4,50 auf 3,50 Euro/kgH2. Deutsche Projekte müssen in diesem zweiten Aufruf Strategien entwickeln, über die sie mit geringeren Geboten in die Auktion eintreten können. Sollte Deutschland auch im nächsten Aufruf zusätzliche Gelder nur für deutsche Projekte bereitstellen, böte dies zusätzliche Chancen. Dahingehend wird mit Spannung die Bekanntgabe der deutschen Projekte erwartet, die über den deutschen Fördertopf erfolgreich waren.

Autoren: Nikolas Beneke, Shaun Pick, beide BBH Consulting AG

Partnership is the new leadership

Partnership is the new leadership

Bundeskanzler Olaf Scholz besucht Hydrogen + Fuel Cells Europe

Die Stimmung war gut. Nicht euphorisch, wie teilweise noch im vergangenen Jahr, aber durchaus lebhaft. Insbesondere in Halle 13, wo die Hydrogen + Fuel Cells Europe stattfand, waren die Gänge gut gefüllt und das Stimmengewirr deutlich lauter als in den anderen Hallen auf dem Messegelände. Dennoch bleibt der Eindruck, dass auch im 30. Jahr dieser H2-Messe der Marktdurchbruch immer noch auf sich warten lässt und erst „in fünf Jahren“ erfolgt, so wie es schon seit 20 Jahren zu hören ist.

Die Hannover Messe nimmt immer noch für sich in Anspruch, die weltweit bedeutendste Industriemesse zu sein – laut Dr. Jochen Köckler, dem Vorsitzenden des Vorstandes der Deutschen Messe AG, ist sie sogar „die Mutter aller Messen“. Wie schon in den vergangenen Jahren profitierte sie auch vom 22. bis 26. April 2024 immens vom derzeitigen H2-Boom. Das große Interesse an Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie führte mal wieder zu akzeptablen Aussteller- und Besucherzahlen. Neue Impulse als Hinweis, in welche Richtung sich das klassische Messegeschäft entwickeln könnte, gab es jedoch nicht.

Man kann sagen, die H2-Messe hat der Deutschen Messe mal wieder die Bilanz gerettet.

Kanzler Scholz besucht H2-Unternehmen
Nicht ohne Grund stattete auch Bundeskanzler Olaf Scholz der Hydrogen + Fuel Cells Europe einen Besuch ab. Der Schwerpunkt seines Eröffnungsrundgangs lag in den Energie-Hallen, wo er neben Salzgitter („Wir begeben uns gemeinsam auf die Reise.“s. Abb. 2) auch bei GP Joule Station machte. Ove Petersen, Mitgründer und einer der Geschäftsführer von GP Joule, betonte dabei, wie wichtig die Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen sei, damit es tatsächlich zu einem Aufbau der Elektrolyseurkapazitäten kommen könne (s. dazu auch S. 18).

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Abb. 2: Kanzler O. Scholz mit dem norwegischen Ministerpräsidenten J. G. Støre, Salzgitter-Chef G. Groebler, dem niedersächsischen Ministerpräsidenten S. Weil, der norwegischen Wirtschaftsministerin C. Myrseth, Bundesfamilienministerin L. Paus sowie Bundesforschungsministerin B. Stark-Watzinger

Aufschlussreiche Wortwahl
Interessant zu beobachten war, wie sich die Wortwahl auf manchen Gebieten verändert: So war in zahlreichen Vorträgen immer wieder die Rede von „Low-Carbon-Wasserstoff“. Mit dieser Wortschöpfung umgehen die Redner geschickt die Einordnung des Wasserstoffs in die mittlerweile bei einigen recht unbeliebt gewordene Farbskala. „Low-Carbon“ impliziert, dass während der H2-Herstellung wenig Kohlenstoffdioxid emittiert wurde, vermeidet aber eine Stigmatisierung durch die Attribute „grau“, „blau“ oder „türkis“, denn selbst kleinste Beimischungen von grünem Wasserstoff reichen aus, um ihn als kohlenstoffarm bezeichnen zu können.

Grün oder blau
Für Olaf Lies, den niedersächsischen Wirtschaftsminister, ist blauer Wasserstoff „ein Riesenthema zur Erreichung der Klimaziele“. Angesichts der leidigen Farbendiskussion gab er in Hannover zu bedenken, dass bei Strom keiner nach der Farbe frage. „Das muss bei Wasserstoff auch so kommen“, so der Minister.

Eine weitere Neuerung im Sprachstil scheint das Arbeitsprinzip in der Wasserstoffwirtschaft zu betreffen: So sind immer wieder Sätze wie „Partnership is the new leadership“ (Partnerschaft ist die neue Führerschaft) oder „Cooperation is key“ (Kooperation ist der Schlüssel) zu hören. Bei immer mehr Akteuren macht sich also die Erkenntnis breit, dass der derzeit stattfindende Transformationsprozess in der Energiebranche nicht allein, sondern nur gemeinsam gemeistert werden kann.

Gleich geblieben ist hingegen der Zeithorizont bis zum Markthochlauf. Hier liegen wir nach wie vor bei fünf Jahren. Während es in den vergangenen Jahren noch hieß, H2-Lkw würden ab 2025 in Serie gebaut, brachten Vertreter*innen der Fahrzeugindustrie sehr deutlich zum Ausdruck, dass hierzulande mit nennenswerten Stückzahlen frühestens 2029 zu rechnen sei. Anders sieht es in Asien aus: Refire warb beispielsweise damit, bereits heute 5.000 Brennstoffzellensysteme pro Jahr bauen zu können.

Immerhin bekannte sich Dr. Matthias Jurytko, CEO von Cellcentric, sowohl zur H2-Technik als auch zum Standort Deutschland, indem er sagte: „Viele reden von Fabriken – wie bauen eine.“ Weiter stellte er klar: „Wasserstoff wird der Treiber sein für den Langstreckenverkehr.“ Gleichzeitig räumte er jedoch ein: „Ein Anstieg der Stückzahlen wird erst 2029/30 kommen.“


Abb. 3: Dr. Jurytko: „Es wird keinen Langstreckenfernverkehr ohne Wasserstoff geben.“

Ungefähr zur gleichen Zeit könnte grauer Wasserstoff aufgrund steigender CO2-Preise genauso teuer sein wie grüner Wasserstoff, antizipierte Gilles Le Van von Air Liquide.

Lebhafter Austausch in den Foren
Darüber hinaus erläuterten im Public Forum der Hydrogen + Fuel Cells Europe (s. Abb. 3 u. 4) Aussteller auch in diesem Jahr wieder ihre Neuentwicklungen oder diskutierten mit Gästen aus Industrie und Politik. Etwa darüber, welche Rahmenbedingungen bzw. Anreize hinsichtlich Sektorenkopplung und Flexibilisierung des Energieverbrauchs noch fehlen oder wo und wie man grünen Wasserstoff weltweit in ausreichend großen Mengen erzeugen wird.

Auch die Frage, wie viel Wasserstoff Deutschland selbst produzieren und wie viel von europäischen Nachbarn importiert werden wird, erörterte Moderator Ulrich Walter mit verschiedenen Gästen. Christian Maaß, Leiter der Abteilung Energiepolitik – Wärme und Effizienz im Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), berief sich bei seiner Antwort auf Schätzungen, wonach Deutschland knapp die Hälfte seines Bedarfs an klimaneutralem Wasserstoff selbst erzeugen könne, der Rest müsse dann importiert werden.

Auf Nachfrage des Moderators, warum die Elektrolysekapazitäten bis 2030 nicht gleich auf 20 GW hochgesetzt würden, antwortete Maaß: „Mit höheren Zielen wäre ich vorsichtig, da Elektrolyseure viel Strom brauchen.“ Deshalb plädiere er dafür, die Herstellung von grünem H2 am Ausbau der erneuerbaren Energie auszurichten. Nicht zuletzt um Zielkonflikte zu vermeiden, denn der direkte Verbrauch von Grünstrom solle ja Vorrang haben. Insofern gehe er davon aus, dass große Mengen an grünem Wasserstoff voraussichtlich aus Übersee importiert würden, in Form von Ammoniak, Methan und SAF. Insgesamt werde die Bundesrepublik jedoch rund zehn Prozent der weltweiten H2-Produktion benötigen, was sie zum Global Player mache.

Ganz anders sieht das Heinrich Gärtner, Gründer und CTO der GP Joule Gruppe. Er zeigte sich überzeugt, „dass wir viel mehr grünen Wasserstoff inländisch herstellen können, als wir heute denken“, und erläuterte: „Wir haben bereits ein großes Potenzial an erneuerbaren Energien, und dieses wächst weiter an. Damit nimmt auch die Menge an Überschussstrom zu, die man zur Erzeugung von Wasserstoff mittels Elektrolyse nutzen kann.“ Das sei nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig. Das entlaste die Netze und      ermögliche lokale Wertschöpfung. Seiner Ansicht nach braucht Deutschland nur einen winzigen Teil seiner Fläche, um den gesamten Bedarf an regenerativer Energie selbst herzustellen. „Wir haben alles hier: die Technik und die Infrastruktur.“


Abb. 4: Zahlreiche politische Vertreter*innen standen Rede und Antwort

Kooperation im europäischen Raum
Werner Diwald, Vorsitzender des Deutschen Wasserstoff-Verbands, sagte: „Die EU-Mitglieder sollten unsere Hauptimportländer sein, nicht zuletzt um die gegenseitigen Beziehungen zu stärken und die Stabilität innerhalb der Europäischen Union zu unterstützen.“ Er äußerte sich zudem optimistisch, dass es mit dem Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft schnell gehen könne, sowie es einen Markt und entsprechende Geschäftsmodelle gebe. Ähnliches habe man ja auch schon bei den erneuerbaren Energien gesehen. Man solle nicht vergessen: Die ganze Welt brauche grünen Wasserstoff. Deutschland habe deshalb große Konkurrenz, denn auch die anderen Länder machten sich mit ihren jeweils eigenen H2-Strategien auf den Weg, so Diwald.

Dass der anvisierte Transformationsprozess längst im Gange ist, bewiesen die anwesenden Politiker mit teils beeindruckenden Zahlen: So sprach Olaf Lies über 30 Großgaskraftwerke in Niedersachsen, die H2-ready gemacht werden sollen. Und seine Kollegin Mona Neubaur, Wirtschaftsministerin aus Nordrhein-Westfalen, kündigte 200 Wasserstofftankstellen bis 2030 an. „Wir setzen die Infrastruktur passgenau in die Region.“ Sie beteuerte, NRW solle die erste CO2-neutrale Industrieregion werden.

Hermes Startup Award: And the winner is …
Wie jedes Jahr prämierte die Messe ein besonders innovatives Unternehmen, das nicht älter als fünf Jahre ist. Für 2024 ging der Hermes Startup Award an Archigas aus Rüsselsheim. Das Unternehmen erhielt den Award für einen feuchtigkeitsresistenten Sensor zur Messung von Wasserstoff. Das Prinzip, das gemeinsam mit der Hochschule RheinMain entwickelt wurde, basiert nach Angaben des Herstellers auf einer verbesserten Messung der Wärmeleitfähigkeit auf einem Mikrochip. Die innovative Technologie zeichne sich durch „Miniaturisierung, robustes Design, kurze Messzeiten und vielfältige Einsatzmöglichkeiten“ aus, lobte Prof. Holger Hanselka, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft und Vorsitzender der Jury des Hermes Startup Awards. Archigas sei ein „exzellentes Beispiel für innovationsgetriebene Unternehmen“, welche die Grundlage schafften, um die Wasserstoffwirtschaft zu verwirklichen.

Norwegen als Pionier für grüne Industrietransformation
Das Partnerland Norwegen war mit einem eigenen Pavillon zu den Themenbereichen Energie, Prozessindustrie, Batterie- und Ladelösungen sowie Digitalisierung in Halle 12 und auch auf dem orangefarbenen Teppich der H2-Messe vertreten – mit dem Slogan „Pioneering the Green Industrial Transition“. Als Energieproduzent und Vorreiter in Sachen E-Mobilität sieht sich das skandinavische Land als eine Art Katalysator, um den grünen Wandel hin zu einer kohlenstoffarmen Gesellschaft zu beschleunigen. Etwa bei der Entwicklung im Bereich regenerativer Energien und dem Einsatz digitaler Lösungen, um die Industrie auf Netto-Null zu trimmen, wie der H2-Experte und ehemalige LBST-Mitarbeiter Ulrich Bünger erläuterte, der im „Ruhestand“ Norwegian Energy Partners (Norwep) berät. Ziel sei, ab 2030 etwa vier Prozent des europäischen Importbedarfs von schätzungsweise zehn Millionen Tonnen Wasserstoff selbst zu produzieren.

„Norwegen und Deutschland sind wichtige Handelspartner, und wir sind eine strategische Industriepartnerschaft für erneuerbare Energien und grüne Industrie eingegangen“, sagte der norwegische Handels- und Industrieminister Jan Christian Vestre zur Eröffnung der Messe. „Wir hoffen, dass die norwegische Präsenz auf der Hannover Messe diese enge Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern weiter stärken wird.“


Abb. 5: Honda zeigte sein neues BZ-System

Durch das EWR-Abkommen sei Norwegen vollständig in den europäischen Binnenmarkt integriert, so dass Handel und Investitionen nahtlos zwischen Norwegen, Deutschland und den anderen Ländern der Europäischen Union flössen. Während der Messe schloss die Bundesrepublik mit dem skandinavischen Partner außerdem ein Abkommen zur Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage, CCS).

Einen Großauftrag konnte der norwegische Hersteller von Wasserstoffspeichersystemen, Hexagon Purus, verkünden. Ab dem zweiten Quartal 2024 wird er H2-Tanks an das Berliner Unternehmen Home Power Solutions (HPS) liefern, das nach eigenen Angaben den weltweit ersten Ganzjahres-Stromspeicher für Gebäude entwickelt hat. Das Picea-System wird vorrangig in Einfamilienhäusern in Kombination mit PV-Modulen eingesetzt. Überschüssiger Solarstrom, der vor allem im Sommer anfällt, wird mithilfe eines Elektrolyseurs in grünen Wasserstoff umgewandelt, der in Hochdrucktanks von Hexagon gespeichert wird. Im Winter dient dieser dann zur Rückverstromung. Auf diese Weise lassen sich Gebäude nach Angaben von HPS ganzjährig mit Sonnenenergie versorgen. „Unsere Hochdruck-Wasserstofftanks sind flexibel und skalierbar, deshalb eignen sie sich für ein breite Palette von Anwendungen“, etwa solche wie bei HPS, sagte Matthias Kötter, Geschäftsführer des Standorts in Weeze.

Kreativität und Erfindergeist in Halle 13
Eine Produktinnovation präsentierte zum Beispiel SFC Energy mit dem EFOY H2PowerPack X50, einer Pilotreihe für das bisher leistungsstärkste Brennstoffzellensystem mit bis zu 200 kW im Clusterbetrieb. Diese jüngste Entwicklung bietet dem Nutzer nach Angaben des BZ-Spezialisten aus Bayern eine kontinuierliche elektrische Ausgangsleistung von 50 kW. Es können jedoch bis zu vier dieser H2PowerPacks zusammengeschlossen werden, um eine Leistung von 200 kW zu erreichen. Ausgestattet ist die umwelt- und klimafreundliche Alternative zu Dieselgeneratoren mit Standard-400-V-AC-Anschlüssen, einer integrierten Lithium-Batterie sowie einer 300-bar-Wasserstoffschnittstelle.

Der Betrieb ist nach Herstellerangaben emissionsfrei, es werden weder CO2, Kohlenmonoxid, Stickoxide noch Feinpartikel ausgestoßen. Als Einsatzgebiet kommen beispielsweise die Notstromversorgung von Krankenhäusern oder Kommunikations- bzw. IT-Anlagen, die mobile Stromversorgung von Baustellen und Veranstaltungen oder eine kontinuierliche Stromversorgung von autarken Unternehmen infrage. „Mit dem Vorstoß in höhere Leistungsklassen reagiert SFC Energy auf eine entsprechend hohe Marktnachfrage“, teilte das im Jahr 2000 gegründete Unternehmen mit Hauptsitz Brunnthal bei München mit. Die Serienherstellung und Markteinführung sind für Anfang 2025 geplant.


Abb. 6: Der diesjährige H2 Eco Award ging an den Energiepark Bad Lauchstädt

Lhyfe baut aus
Wie der Wasserstoffhochlauf aus Sicht des mittlerweile in elf europäischen Ländern operierenden Lhyfe-Konzerns aussieht, berichtete Luc Graré, der den Geschäftsbereich für Mittel- und Osteuropa leitet: „Wir skalieren gerade unsere Produktion hoch.“ Die Philosophie des 2017 gegründeten Wasserstoffpioniers beschreibt er folgendermaßen: „Wir starten klein, lernen, wachsen, lernen wieder, wachsen weiter und skalieren dann auf.“ Nachdem das Unternehmen in Frankreich mit einer Elektrolysekapazität von einem Megawatt begonnen habe, liege die nun bei 10 MW.

Zurzeit sind sechs Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff geplant bzw. im Bau: Drei in Frankreich, drei in Deutschland. „Und es werden immer mehr.“ Eine 10-MW-Anlage befindet sich in der niedersächsischen Hafenstadt Brake (Unterweser) im Bau. Dort sollen jährlich bis zu 1.150 Tonnen an grünem H2 erzeugt werden, das an regionale Kunden aus dem Industrie- und Mobilitätssektor geht. Den Bezug von Grünstrom hat sich das Unternehmen durch langfristige Stromverträge (PPA) mit Betreibern von Windparks und Photovoltaikanlagen gesichert.

Eine weitere 10-MW-Anlage ist seit Herbst 2023 in Schwäbisch Gmünd, Baden-Württemberg, im Bau und soll in der zweiten Hälfte dieses Jahres in Betrieb gehen – mit einer Produktion von bis zu vier Tonnen grünem Wasserstoff pro Tag. Noch in der Entwicklung ist der Plan, bis 2029 eine 800-MW-Anlage im vorpommerschen Lubmin in Betrieb zu nehmen, die auf dem Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks errichtet werden soll. Der künftig dort erzeugte Wasserstoff könnte nach Angaben von Lhyfe in das entstehende Wasserstoffnetz eingespeist werden.

Ameisensäure als H2-Speicher
Auch außerhalb der Halle 13 ging es viel um Wasserstoff. An manchen Ständen sah es aus wie in einem Chemielabor, mit blubberndem Wasser in Glasgefäßen oder einer trüben Nährflüssigkeit in transparenten Bioreaktoren. Damit zeigte Festo in Halle 7 seine neueste Errungenschaft in Sachen H2-Speicherung: die sogenannte BionicHydrogenBattery (s. Abb. 7). Darin enthalten sind Bakterien aus dem zentralafrikanischen Kivusee, die in einem natürlichen Prozess Wasserstoff in Ameisensäure umwandeln. In dieser chemisch gebundenen Form lässt sich Wasserstoff vergleichsweise einfach speichern und transportieren. Und auch klimafreundlicher, denn ein energieintensives Komprimieren entfällt ebenso wie das Kühlen auf -253 °C, um Wasserstoff zu verflüssigen. Die Bedingungen, unter denen die Mikroorganismen ihren Dienst tun, sind moderat: Sie brauchen eine Temperatur von 65 °C und einen Druck von 1,5 bar.


Abb. 7: Der Kultivierungsreaktor der BionicHydrogenBattery von Festo

Normalerweise leben die Bakterien namens Thermoanaerobacter kivui im Schlamm unter Sauerstoffabschluss (anaerob). Sie besitzen ein Enzym, mit dem sie Wasserstoff und Kohlendioxid in Ameisensäure (CH2O2) umwandeln können. Zudem können sie den Prozess auch umkehren. Die Grundlagenforschung auf diesem Gebiet leistete das Team um Volker Müller, Professor an der Goethe-Universität Frankfurt und Leiter der Abteilung Molekulare Mikrobiologie und Bioenergetik, mit dem das Bionic-Projektteam von Festo nach eigenen Angaben eng zusammenarbeitet.

Das Spannende an diesem biologischen Prozess sei aus ökonomischer Sicht nicht nur die Geschwindigkeit der Reaktion, sondern auch, dass die Bakterien als Katalysatoren fungieren: „Sie werden nicht verbraucht“, erklärt das auf Automatisierungstechnik spezialisierte und weltweit tätige Unternehmen, das 1925 in Esslingen gegründet wurde. „Der Prozess lässt sich mit genügend Regenerationsphasen beliebig wiederholen – ganz im Sinne eines Kreislaufs.“ Da die Reaktion in beide Richtungen ablaufen kann, sind Bakterien dieser Art in der Lage, Ameisensäure am Zielort wieder in Wasserstoff und Kohlendioxid zu zerlegen. CO2 kann dann zum Beispiel in der Getränkeindustrie eingesetzt werden.

Positives Fazit
Auf der Abschluss-Pressekonferenz zog Jochen Köckler erwartungsgemäß eine positive Bilanz: Mehr als 130.000 Besucher aus über 150 Ländern trafen auf 4.000 Aussteller aus 60 Ländern. 40 Prozent der Besucher kamen aus dem Ausland: die meisten aus China und den benachbarten Niederlanden, dann folgten die USA, Korea und Japan. Gunnhild Brumm von der norwegischen Wirtschaftsförderungsorganisation Innovation Norway freute sich über gute Geschäfte und Vertragsabschlüsse: „Kurz gesagt: Es hat sich super gelohnt! Es war ein richtiger Boost für uns. Wir kommen gerne wieder.“ Natürlich nicht noch mal als Partnerland, denn das ist im nächsten Jahr Kanada.

„Wir legen den Grundstein für die H2-Wirtschaft der Zukunft. […] Bei künstlicher Intelligenz (KI) ist die Geschwindigkeit an einigen Stellen zu hoch, bei Wasserstoff brauchen wir unbedingt mehr Tempo.“
                                                                                                                                                                                                                                                                          Dr. Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender Deutsche Messe

Autoren: Monika Rößiger & Sven Geitmann

Größte H2-Produktion der Schweiz

Größte H2-Produktion der Schweiz

Der Energiekonzern Axpo und das Unternehmen Rhiienergie haben die erste H2-Produktionsanlage für grünen Wasserstoff im Kanton Graubünden im Osten der Schweiz gestartet. Die Anlage mit 2,5 Megawatt Leistung produziert jährlich bis zu 350 Tonnen Wasserstoff und liegt direkt neben dem Wasserkraftwerk Reichenau in Domat/Ems. Nach Angaben von Axpo ist sie die größte Anlage dieser Art in der Schweiz.

Mit dem produzierten Wasserstoff werden jährlich bis zu 1,5 Millionen Liter Diesel eingespart. Der Wasserstoff wird direkt in der Anlage verdichtet. So kann das grüne Gas künftig an Tankstellen und Industriekunden geliefert werden. Die H2-Anlage ist direkt ans Wasserkraftwerk Reichenau angeschlossen, an dem Axpo eine Mehrheitsbeteiligung besitzt. Mit seinem Anschluss an ein Flusswasserkraftwerk ist die Anlage ein Pionierprojekt von Axpo und gleichzeitig die erste Anlage im Kanton Graubünden. Christian Capaul, CEO von Rhiienergie, beschreibt die neue Anlage als Leuchtturmprojekt.

Wissing unterzeichnet Berliner Erklärung

Wissing unterzeichnet Berliner Erklärung

E-Fuels werden – unabhängig von ihrer umstrittenen Eignung für den Pkw-Sektor – zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors unabdingbar sein. Der Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing, verfolgt daher weiter seinen Kurs zum Hochlauf von E-Fuels. Am 4. Juni 2024 untermauerte er seine Marschrichtung, indem er in Berlin zum 2. International E-Fuels Dialogue 2024 einlud und dort eine „Berliner Erklärung“ vorlegte. Nach Ausführungen des BMDV ging es dabei um eine „Verständigung zu Technologieoffenheit, gemeinsamer Forschung und Entwicklung und einheitlichen Standards“.

Wissing erklärte: „E-Fuels sind neben batterieelektrischem Antrieb und Wasserstoff eine wichtige Option für den klimafreundlichen Verkehr der Zukunft – in der Luft, zu Wasser und auch auf der Straße. […] Wir wollen Forschung und Entwicklung sowie den Aufbau von Produktionsanlagen fördern. Dafür möchten wir auch private Investitionen anreizen. Den Ausbau der erneuerbaren Energien werden wir weiter vorantreiben.“

Dr. Marius Skuodis, Minister für Verkehr und Kommunikation in Litauen, sagte: „Mit seinem großen Potenzial für erneuerbare Energien kann Litauen zum Produzenten von Wasserstoff und verwandten synthetischen Kraftstoffen werden.“ Taku Ishii, Parlamentarischer Vizeminister für Wirtschaft, Handel und Industrie in Japan, ergänzte: „Zur Erreichung einer CO2-neutralen Gesellschaft spielt das Konzept des ,dreifachen Durchbruchs‘ – die gleichzeitige Realisierung von Dekarbonisierung, Wirtschaftswachstum und Energiesicherheit – eine Schlüsselrolle. E-Fuels können in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag zum dreifachen Durchbruch leisten.“

Die nächste Ausgabe des E-Fuels Dialogue wird im Sommer 2025 in Tanger in Marokko stattfinden.

ILA in Berlin
E-Fuels waren auch während der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) vom 5. bis 9. Juni 2024 in der Hauptstadt ein zentrales Thema. In diesem Rahmen wies der ehemalige Mineralölverband und heutige Wirtschaftsverband Fuels und Energie en2x darauf hin, dass es „ab dem nächsten Jahr eine Beimischungsvorgabe der EU für Sustainable Aviation Fuels (SAF)“ gibt. Hauptgeschäftsführer Prof. Christian Küchen erklärte: „Quoten allein reichen jedoch nicht, um die jetzt notwendigen Investitionen in die SAF-Produktion auszulösen. Die E-SAF-Quote der EU wird 2035 bereits auf fünf Prozent angestiegen sein. Es ist derzeit nicht zu erkennen, dass die dafür erforderlichen Anlagen zeitgerecht zur Verfügung stehen werden.“

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Einen entsprechenden Forderungskatalog mit zehn Maßnahmen übergab der Verband während der ILA an die Beauftragte der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt Dr. Anna Christmann sowie den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister Oliver Luksic.

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