Größter Wandel in der Geschichte der Zementindustrie

Größter Wandel in der Geschichte der Zementindustrie

Interview mit Erkam Kocakerim, CEO von Limak Cement Global

Die Limak Cement Group hat gemeinsam mit Air Liquide in Ankara erfolgreich die erste Wasserstoffmischversorgung für die Zementproduktion getestet. HZwei hat darüber mit Erkam Kocakerim, dem CEO von Limak Cement Global, gesprochen.

HZwei: Können Sie bitte zunächst einmal unserer Leserschaft Ihr Unternehmen mit ein paar Worten vorstellen?

Kocakerim: Limak Cement gehört mit einer Produktionskapazität von 18 Millionen Tonnen Zement in seinen elf Zementwerken in der Türkei, der Elfenbeinküste und Mosambik zu den Top 50 der weltweiten Zementindustrie. Darüber hinaus exportieren wir in 15 Länder auf vier Kontinenten. Wir betreiben 30 RMC-Anlagen und mehrere Abfall- und Brennstoffaufbereitungsanlagen. In unserem Heimatland Türkei sind wir das zweitgrößte Unternehmen.

Während unsere Werke und Anlagen in der ganzen Türkei für eine starke Marktpräsenz sorgen, sind unsere besonderen Strukturen – das F&E- und Innovationszentrum, das Exzellenzzentrum, das Zentrum für Klimawandel und die Limak Zement-Akademie – der Reichtum unseres intellektuellen Kapitals und starke Katalysatoren für den Wandel. Sie sind auch die stärksten Motoren für die Ausbildung der Arbeitskräfte von heute. Limak Cement gehört heute zu den weltweiten Vorreitern bei der Umwandlung eines riesigen Zement-, Beton- und Baustoffkonzerns in ein hervorragendes Industrie- und Technologieunternehmen.

Sie haben mitgeteilt, dass Sie den Einsatz alternativer Brennstoffe mit hohem biogenem Anteil und erneuerbaren Energien bis 2030 erhöhen wollen. Können Sie das noch etwas konkretisieren?

Da fast 40 Prozent der gesamten CO2-Emissionen aus der Verbrennung stammen, muss unsere Industrie fossile Brennstoffe durch alternative Brennstoffe ersetzen, die aus einer Vielzahl von Abfallströmen gewonnen werden. Heute liegt der Anteil von alternativen Kraftstoffen im Zementsektor weltweit und in der Türkei bei nur 10 bis 15 Prozent. Der EU-Durchschnitt liegt bei 53 Prozent. Limak Cement verwendet in seinen Werken, die auf alternative Kraftstoffe umgestellt haben, zwischen 30 und 50 Prozent dieser Kraftstoffe.

Bis 2026 werden alle unsere Werke auf Alternative Fuels (AF) umgestellt haben, und wir streben eine Angleichung an den EU-Durchschnitt an, indem wir unseren Konzerndurchschnitt bis 2030 auf 60 Prozent und unseren maximalen Einsatz auf Werksebene auf 70 Prozent anheben, mit dem Ziel, ab diesem Jahr den EU-Durchschnitt zu übertreffen. Bei der Erhöhung der AF-Nutzungsrate spielen die Politik und die Gesetzgebung in dem Ökosystem, in dem sich die Fabriken befinden, sowie F&E und Technologie eine wichtige Rolle. Es gibt Pläne zur Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit alternativen Brennstoffen mit einem Bioabfallanteil von mindestens 50 Prozent. In vielen Ländern außerhalb der EU, darunter auch in der Türkei, gibt es jedoch noch keine entsprechenden politischen Rahmenbedingungen, die in den nächsten Jahren geschaffen werden sollen.

Limak Cement sieht jedoch den Einsatz von grünem Wasserstoff als einen der wichtigsten Hebel, um den Einsatz von alternativen Kraftstoffen zu maximieren. Wasserstoff ist aufgrund seines hohen Heizwertes und seiner Zündeigenschaften der Schlüssel zur Erreichung einer hohen thermischen Substitutionsrate.

HZwei: Um praktische Erfahrungen zu sammeln, haben Sie sich vergangenes Jahr (2024) mit dem Gaseunternehmen Air Liquide zusammengetan. Warum haben Sie Air Liquide als Projektpartner gewählt?

Ende 2022 begann Limak Cement mit der Planung von Studien zur Verwendung von grünem Wasserstoff in seinen Öfen, wenn auch in geringen Mengen, mit dem Ziel, die AF-Rate zu erhöhen. Im Rahmen des ökosystembasierten Wachstums benötigten wir einen Liefer- und Technologiepartner für die Bereitstellung, den Transport, die Nutzungssicherheit und die Anwendung von Wasserstoff. Diese Möglichkeit haben wir mit einem globalen, starken Partner wie Air Liquide gefunden. Nach Abschluss der Projektstudien im Juni 2024 führte Limak Cement Versuche mit der Wasserstoffverbrennung durch, mit dem Ziel, Fachwissen zur Optimierung der Wasserstoffverbrennung zu entwickeln und die optimale Zuführungsrate zu bestimmen, die erforderlich ist, um den Einsatz von alternativen Brennstoffen mit hohem biogenem Anteil zu erhöhen.

Limak Cement sieht seine dreifache Transformationsreise nicht nur als seine eigene Reise, sondern auch als eine Entwicklungsreise des Ökosystems; Wasserstoff ist genauso ein Thema. Wir sind äußerst interessiert an allen Gliedern der Stakeholder-Kette, von der Technologie bis zur rechtlichen Infrastruktur, vom Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bis zur Wirtschaft, und wir sind einer der Pioniere des Ökosystems.

Air Liquide ist unser globaler Stakeholder, mit dem wir eine gemeinsame Vision teilen. Diese gemeinsame Vision ist der wichtigste Faktor, der zu dieser Einigkeit beiträgt. Das Ziel der ersten Projektphase war die sichere Verwendung von grünem Wasserstoff in Zementdrehrohröfen, seine Logistik zu unseren Werken, seine positive Auswirkung auf den prozentualen Anteil des AF-Einsatzes und die Beobachtung der Qualität der Halbfertigprodukte.


Inbetriebnahme der ersten türkischen H2-Demonstrationsanlage

Wie ist die erste Zwischenbilanz dieser Zusammenarbeit?

Unsere Versuche haben gezeigt, dass wir den Kalzinator der Klinkerproduktionslinie thermisch zu 100 Prozent durch eine Mischung aus alternativen Brennstoffen mit hohem biogenem Anteil und Wasserstoff ersetzen können. Es ist uns gelungen, den Einsatz von alternativen Kraftstoffen in der Region um bis zu 20 Prozent zu steigern und gleichzeitig drei Prozent Wasserstoff zu substituieren. Dabei haben wir festgestellt, dass wir in unseren mittelgroßen Zementwerken jährlich 180.000 Tonnen Kohlendioxidemissionen einsparen können.

Wollen Sie Ihre Bemühungen in diese Richtung weiterführen? Falls ja, in welcher Art?

Unsere Pläne für Phase 2 und Phase 3 der industriellen Erprobung sind für die nächsten sechs Monate fertig. Im Anschluss an die erste Phase, in der wir den Kalzinator im Drehrohrofen erfolgreich getestet haben, planen wir Studien der Phasen 2 und 3, in denen sowohl der Kalzinator als auch der Hauptbrenner mit sauerstoffangereicherter Verbrennung gleichzeitig getestet werden. Wir glauben, dass nach diesen Phasen die Ergebnisse für uns und den gesamten Sektor richtungsweisend sein werden. Infolgedessen arbeiten wir daran, in allen unseren Anlagen einen mit Wasserstoff gemischten alternativen Brennstoff mit hohem biogenem Anteil zu verwenden. Auf diese Weise werden wir unsere Dekarbonisierungsziele erreichen. Wenn wir in allen unseren Anlagen den gleichen Brennstoffmix verwenden, kann die jährliche CO2-Einsparung bis zu 700.000 Tonnen CO2 betragen.

Ist es richtig, dass Sie für die H2-Produktion mehrere Elektrolyseure an verschiedenen Standorten installieren möchten?

Während die Akquisitionen für den Transport und die Nutzung von grünem Wasserstoff in flüssiger und gasförmiger Form rasch voranschreiten, bleiben unsere Pläne für die Produktion von Elektrolyseuren vor Ort unverändert. Einerseits wollen wir die Betriebskosten für Wasserstoff senken, andererseits werden neue nationale und globale politische Trends wie CBAM und ETS [Carbon Border Adjustment Mechanism und Emissions Trading System; Anm. d. Red.] zu verstärkten Anreizen für den Einsatz kohlenstoffarmer Brennstoffe führen. Aus diesem Grund haben wir eine Roadmap entwickelt, um diese Initiativen, die wir in kleinem Maßstab begonnen haben, parallel zur Entwicklung von Vorschriften und Anreizen auszuweiten. Ein weiterer wichtiger Aspekt dieses Themas ist die Planung der Arbeitskräfte und der erforderlichen Kompetenzen in Verbindung mit fortschrittlichen Technologien.

Was sind Ihre mittel- beziehungsweise langfristigen Ziele?

Unser mittelfristiges Ziel ist es, unsere Pionierrolle zu erfüllen und die nachhaltige Nutzung von Wasserstofftechnologien in unserem globalen Sektor zu demonstrieren. Ein weiteres mittelfristiges Ziel ist die Durchführung von Aktivitäten, die die für Wasserstoff notwendige Stakeholder-Kette in unserem Ökosystem aktivieren.

Unser langfristiges Ziel ist es, ein Niveau an Expertise und Tiefe zu erreichen, das es uns ermöglicht, bahnbrechende Technologien für kohlenstoffarme Brennstoffe in der Industrie zu entwickeln, die über die Zementperspektive von Limak Cement hinausgehen.

Können Sie sich vorstellen, auch in Deutschland solch eine Technik einzusetzen?

Die Dekarbonisierung erfordert einen maßgeschneiderten Ansatz. Ressourcen, Technologie, Gesetzgebung und eine anlagenspezifische Analyse der Prioritäten sind erforderlich. Die deutschen Zementhersteller sind weltweit Vorreiter und in der Lage, kohlenstoffneutrale Brennstoffmischungen auf Wasserstoffbasis zu entwickeln. Darüber hinaus sind die Gesetzgebung, die alternativen Kraftstoffe und das H2-Ökosystem wesentlich reifer und für den Aufbau dieser Struktur geeignet.

Halten Sie es tatsächlich für möglich, dass die europäische und damit auch die türkische Zementindustrie bis 2050 CO2-frei wird?

Der Zementsektor erlebt derzeit den größten Wandel in seiner Geschichte. Dieser Wandel erfordert die Kunst der Technologie und gesetzliche Regelungen. Das Schwierigste daran ist, dass alle Beteiligten gemeinsam daran arbeiten müssen. Ab 2025 ist das Netto-Null-Ziel in der Branche immer noch möglich. Ich glaube, dass der globale Zementsektor die Kohlenstoffneutralität schon früher erreichen kann. Ich halte es für möglich, dass der Zementsektor in den Industrieländern bis 2040 kohlenstoffneutral wird. Das größte Hindernis sind die Verzögerungen und Unsicherheiten bei den politischen Veränderungen, die den grünen Wandel auslösen und unterstützen werden.

Im Zementsektor gibt es eine enorme Umweltprämie. Die Auswirkungen möglicher Erhöhungen der Zementkosten aufgrund der Dekarbonisierung auf den Bausektor sind äußerst begrenzt, da der Anteil von Zement an den gesamten Baukosten zwischen fünf und zehn Prozent liegt. Ich denke, dass dies ein Sektor ist, in dem die politischen Entscheidungsträger diese wissenschaftlich fundierten Daten mutiger unterstützen sollten.

Interview: Sven Geitmann

 

 

Zuverlässiger Betrieb von Brennstoffzellen

Zuverlässiger Betrieb von Brennstoffzellen

Systemlösungen für Wasserstoffversorgung und Wasserabscheidung

Brennstoffzellensysteme kommen im Vergleich zu anderen Energiewandlern, wie beispielsweise Verbrennungsmotoren, zwar mit sehr viel weniger Komponenten aus, aber auch sie benötigen Pumpen, Ventile sowie die dazugehörige Sensorik. So muss unter anderem eine exakte Wasserstoffdosierung, eine sichere Wasserstoffabsperrung sowie eine genaue Wasserabscheidung im Anodenkreislauf der Brennstoffzelle gewährleistet sein.

Der grundlegende Aufbau einer PEM-Brennstoffzelle ist relativ einfach (s. Abb. 3). Sie besteht aus zwei Elektroden, die durch eine Membran getrennt sind. Auf der Anodenseite wird der Energieträger Wasserstoff als Brennstoff und auf der Kathodenseite Sauerstoff aus der Luft als Oxidator zugeführt. Die Membran selbst ist beidseitig mit Katalysatormaterial beschichtet. Dieses sorgt auf der Anodenseite dafür, dass vom Wasserstoffmolekül Elektronen abgespalten werden. Die Membran ist für die dabei entstehenden Protonen durchlässig, so dass sie hindurchdiffundieren und auf die Kathodenseite gelangen können, um dort mit dem Sauerstoff aus der Luft zu Wasser reagieren zu können.

Die auf der Anodenseite abgespaltenen Elektronen wandern über einen geschlossenen elektrischen Stromkreis zur Kathode. Genutzt werden dabei die elektrische sowie die thermische Energie. In einem Fahrzeug lässt sich diese elektrische Energie dann zum Beispiel zum Laden einer Batterie oder direkt für den elektrischen Antrieb verwenden. Im stationären Bereich, etwa zur energieautarken Versorgung eines Hauses oder Gebäudekomplexes mit Strom und Wärme, sorgt die Brennstoffzelle für emissionsfreies Wohnen mit erneuerbaren Energien. Bei der Anwendung zur Absicherung von kritischen Infrastrukturen wie in Stellwerken oder Rechenzentren ermöglichen Wasserstoff-Brennstoffzellen, die statt Dieselaggregaten zum Einsatz kommen, die Verwendung CO2-neutraler Energie.

Wasserstoff sicher dosieren
Damit PEM-Brennstoffzellen wie der HyStack® 400 der Proton Motor Fuel Cell GmbH (s. Abb. 2) problemlos betrieben werden können, sind unter anderem Komponenten für die Wasserstoffversorgung und Wasserabscheidung erforderlich, die den fluidischen Anforderungen des Herstellers entsprechen und definierte Schnittstellen zum Brennstoffzellen-Stack-Modul aufweisen. Robert Baustädter (s. Abb. 1), Entwicklungsingenieur im Bereich Fuel Cell Engineering bei der Proton Motor, erklärte: „Solche Systeme sind für die Funktion der Brennstoffzelle essenziell, weil sie am Anodeneingang die Zufuhr von Wasserstoff regeln und außerdem für die Sicherheitsabschaltung verantwortlich sind. Am Anodenausgang müssen sie die Gasspülung und Wasserabscheidung sicherstellen.“ Erst dann können mehrere dieser Stacks (21,3 bis 49,7 kW) zusammengeschaltet werden und im HyShelter® als schlüsselfertige Containerlösung an Kunden verkauft werden.


Abb. 2: Das HyStack®-400-Modul von Proton Motor

Das bayerische Unternehmen entwickelte dafür gemeinsam mit Bürkert Fluid Control Systems, einem Experten für Fluidik-Lösungen, spezielle Komponenten, deren Materialien auf die speziellen Anforderungen dieser Einsatzbereiche abgestimmt sind und die Basis für unterschiedlichste Systemlösungen bilden. So wurden unter anderem sowohl für die Anodenversorgung als auch für die Wasserabscheidung kompakte Blöcke entwickelt, die mit Fluidik-Verschraubungen direkt an den Stacks angebracht werden und wenig Einbauplatz benötigen (s. Abb. 1). „Die Medienadapterplatten, die wir von einem Partner im 3D-Druck fertigen lassen, sind dabei mehr als eine mechanische Schnittstelle. Sie sind ein multifunktionales Bauteil, das ebenfalls Druck und Temperatur der einzelnen Strecken überwacht und im Zusammenspiel mit dem übergeordneten System für die richtige Temperierung sorgt“, berichtete Robert Baustädter. Die Brennstoffzellen sind so selbst bei Minusgraden schnell betriebsbereit.

Regelventile im Anodenblock
Im Anodenblock übernimmt ein servogesteuertes Kolbenventil die Sicherheitsabsperrung bei der Wasserstoffversorgung. Ein integrierter Drucksensor überprüft dabei den Solldruck. Als redundante Sicherheitskomponente wurde zusätzlich ein Druckschalter verbaut. Zur Erhöhung der Druck- und Leckagesicherheit sind Stopfen und Kernführungsrohr miteinander verschweißt. Formgebung und Oberflächenqualität des Gehäuses ermöglichen maximale Durchflusswerte. Die Spulen werden mit chemisch hochbeständigem Epoxid umpresst.

Ein zweites Ventil – ein direktwirkendes Proportionalventil – übernimmt die Druckregelung für den Wasserstoff. Es ist mit seiner integrierten Absperrfunktion ebenfalls dichtschließend. Für den Einsatz in Brennstoffzellensystemen stehen zudem passende Einsteck(Cartridge)- und Flanschgehäuse sowie Magnetspulen mit Automotive-Stecker der Schutzart IP6K9K zur Verfügung.

Wasser und Wasserstoff abscheiden
In Brennstoffzellensystemen wird der in die Anode eingeleitete Wasserstoff nie ganz verbraucht. Durch den sogenannten Rezirkulationskreislauf wird der ungenutzte Wasserstoff nicht verschwendet, sondern erneut dem Stack zugeführt. Am Anodenausgang sorgt der Wasserabscheider mit zwei integrierten Ventilen zum einen dafür, den Spülvorgang des BZ-Systems zu ermöglichen, und zum anderen für die Abscheidung des bei der chemischen Reaktion im Stack entstandenen Wassers.

Bei den beiden direktwirkenden Hubankerventilen sind zur Erhöhung der Druck- und Leckagesicherheit Stopfen und Kernführungsrohr miteinander verschweißt. Die Dichtwerkstoffe sind an die Anwendung angepasst, denn die Ventile müssen nicht nur präzise und zuverlässig arbeiten, sondern auch auf den speziellen Einsatzbereich abgestimmt sein. Bei Wasserstoff beispielsweise dürfen die eingesetzten Werkstoffe nicht verspröden und beim Einsatz mit deionisiertem Wasser nicht korrodieren.

Robert Baustädter resümierte: „Beim HyStack 200 mit Leistungen von 4 bis 11 kW, der gerade entwickelt wird, sollen im Prinzip die gleichen Fluidiksysteme eingesetzt werden, nur mit kleineren Ventilnennweiten.“

Geschäftsbetrieb von Proton Motor wurde heruntergefahren
Zum Redaktionsschluss war fraglich, wie es mit dem Puchheimer Unternehmen weitergeht. Wegen Finanzierungsproblemen wurden Ende 2024 Mitarbeitende entlassen und neue Investoren gesucht (s. HZwei-Heft Okt. 2024).


Abb. 3: Prinzipieller Aufbau einer Brennstoffzelle, Quelle: Bürkert Fluid Control Systems

Autoren: Sven Geitmann
Dominik Fröhlich, Jan Beranek, beide Bürkert Fluid Control Systems, Ingelfingen

Von CO2-Abscheidung bis LOHC-Technologie

Von CO2-Abscheidung bis LOHC-Technologie

Interview mit Bryan Glover, CTO bei Honeywell

Nach mehr als 50 Jahren Erfahrung mit Wasserstoff setzt Honeywell mit dem Unternehmen Energy and Sustainability Solutions (ESS) auch auf grünen Wasserstoff. Dabei nimmt der US-Mischkonzern gleich die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick: Von effizienterer PEM-Elektrolyse bis hin zur Transportinfrastruktur.

HZwei: Honeywell fokussiert sich stark auf eine Zukunft mit grünem Wasserstoff. Warum?

Glover: Honeywell ist sich der enormen Bedeutung bewusst, die grüner Wasserstoff bei der Energiewende spielen wird. Wegen seiner Energiedichte eignet sich Wasserstoff gut als Alternative zu fossilen Treibstoffen. Deshalb ist zu erwarten, dass die Nachfrage nach grünem Wasserstoff in den kommenden Jahren erheblich steigen wird. Ein Bericht von Wood Mackenzie zeigt, dass kohlenstoffarmer Wasserstoff bis 2050 sieben Prozent des weltweiten Energiebedarfs ausmachen wird, was 211 Millionen Tonnen entspricht.

Globale Unterstützung und Investitionen in grünen Wasserstoff bestätigen das, da Regierungen weltweit Strategien beschließen, um dessen Einsatz zu fördern. So zielt unter anderem die nationale Wasserstoffstrategie Deutschlands darauf ab, ihre Klimaschutzziele mithilfe von grünem Wasserstoff zu erreichen. Ferner haben die Europäische Investitionsbank und Deutschland Ende 2023 den Fonds für Grünen Wasserstoff aufgestockt, um die globale Wasserstoffwirtschaft anzukurbeln.

Ihr Unternehmen sieht sich als Pionier in der Entwicklung von innovativen Lösungen in Bezug auf grünen Wasserstoff. Welche sind das zum Beispiel?

Honeywell blickt auf mehr als 50 Jahre Erfahrung zurück, um Innovationen bei der Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff voranzutreiben. Wir bieten Lösungen, welche die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette abdecken – von der Produktion über die Umwandlung, Transport, Speicherung und Verteilung.

Seit 1966, als die erste industrielle Anwendung unserer PSA-Technologie (Pressure Swing Adsorption, Anm. d. Verf.) in Betrieb genommen wurde, führt Honeywell auf dem Gebiet der Wasserstoffaufbereitung. Bis heute haben wir weltweit mehr als 1.000 PSA-Anlagen geliefert, die etwa 25 Millionen Normkubikmeter reinen Wasserstoff pro Stunde produzieren, was eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Produktionseffizienz und Skalierbarkeit spielt.

Ein weiteres Beispiel sind Honeywells katalysatorbeschichtete Membranen (CCM, Anm. d. Verf.), mit denen Kunden eine größere Menge grünen Wasserstoffs zu niedrigeren Gesamtkosten produzieren können. Führende Elektrolyseurhersteller haben nachgewiesen, dass diese Membranen 30 Prozent mehr Wasserstoff produzieren können als die derzeit handelsüblichen CCM und die Kosten der Nicht-CCM-Stack-Komponenten um 29 Prozent senken.

Auf welche Weise kann Honeywell dazu beitragen, die Effizienz bei der Herstellung von grünem Wasserstoff entscheidend zu verbessern?

Wir investieren kontinuierlich in Forschung und Entwicklung, um eine noch breitere Produktion mit noch höherer End-to-End-Effizienz und Kosteneinsparungen zu ermöglichen. Neben der CCM-Technologie von Honeywell unterstützen wir auch die Entwicklung und Skalierung von Elektrolyseur-Technologien der nächsten Generation über Honeywell Ventures. Dieser Teil des Unternehmens investiert in der Frühphase in wachstumsstarke Unternehmen, die über bahnbrechende Technologien verfügen. Unsere strategische Investition in die Series-B-Finanzierungsrunde von Electric Hydrogen trug zu einer Summe von insgesamt 198 Millionen US-Dollar bei. Dieses Geld unterstützt Electric Hydrogen bei der Entwicklung von Elektrolyseuren mit hohem Durchsatz, um Kosten zu senken und die Effizienz für großangelegte Industrie- und Infrastrukturprojekte zu steigern.

Welche Lösung bietet Honeywell für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, zum Beispiel, was Speicherung und Transport angeht?

Im Jahr 2023 stellte Honeywell seine LOHC-Lösung (Liquid Organic Hydrogen Carrier, Anm. d. Verf.) vor. Diese innovative Technologie ermöglicht den Transport von Wasserstoff über die bestehende Öl- und Gasinfrastruktur. Das ist eine sicherere und kostengünstigere Lösung im Vergleich zu anderen derzeit auf dem Markt befindlichen Transportmethoden. Bei der LOHC-Technologie von Honeywell wird Wasserstoffgas chemisch an den flüssigen Trägerstoff Methylcyclohexan (MCH, Anm. d. Verf.) gebunden. Das MCH kann am Zielort wieder in Wasserstoff umgewandelt werden.

Der Wasserstoffrat prognostiziert, dass bis zum Jahr 2050 rund 400 Millionen Tonnen Wasserstoff und Derivate transportiert werden müssen. Da die Herstellung von grünem Wasserstoff wasserintensiv ist, werden ihn viele Länder weltweit importieren müssen. Unsere LOHC-Lösung kann die Wasserstoffproduktion um etwa zehn Prozent steigern und hat das Potenzial, zwischen 3.000 und 100.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr zu produzieren.

Wie sieht es mit dem Verbrauch von Ressourcen einschließlich Wasser für die Elektrolyse aus?

Der Verbrauch von Ressourcen, einschließlich Wasser, ist ein entscheidender Faktor bei der Wasserstofferzeugung per Elektrolyse. Unsere Lösungen für grünen Wasserstoff sind speziell darauf ausgerichtet, die Ressourceneffizienz zu verbessern. Die katalysatorbeschichteten Membranen von Honeywell optimieren den Prozess, indem sie die Menge an Wasser und anderen Betriebsmitteln für die Elektrolyse signifikant senken. Das reduziert auch die Gesamtkosten.

Was ist das „Revolutionäre“ an Honeywells Entwicklungen?

Die Internationale Energieagentur (IEA, Anm. d. Verf.) hat darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, die bestehenden Industriehäfen und die Infrastruktur zu nutzen, um Drehscheiben für kostengünstigen, kohlenstoffarmen Wasserstoff zu schaffen. Die LOHC-Lösung von Honeywell ist ein Beispiel für diesen Ansatz, weil sie die bestehende Infrastruktur für fossile Brennstoffe nutzt, um Wasserstoff zu transportieren, was die Kosten erheblich senkt und die Skalierbarkeit verbessert. Unsere Technologie trägt nicht nur zur Energiewende bei, sondern stärkt auch das Vertrauen der Investoren in die Wasserstoffwirtschaft.

Sind Ihre Entwicklungen bereits in der Praxis einsetzbar und skalierbar?

Ja. Ein Beispiel dafür ist unsere Zusammenarbeit mit ENEOS, einem führenden Energieunternehmen in Japan. ENEOS wird die LOHC-Technologie von Honeywell an mehreren Standorten einsetzen, um das weltweit erste kommerzielle Projekt für flüssige organische Wasserstoffträger zu entwickeln. Das ENEOS-Projekt zeigt, wie unsere Technologie in bestehende Verkehrsnetze integriert werden kann. Diese strategische Partnerschaft mit ENEOS ist eines von mehreren Projekten im Bereich des Wasserstofftransports, bei denen wir mit diesem Unternehmen kooperieren.

Wie trägt Honeywell grundsätzlich zu einer nachhaltigen Entwicklung in der industriellen Produktion bei?

Unsere heutige Welt basiert auf schwer zu defossilisierenden Industriezweigen wie der Erdölraffination, Gasverarbeitung, petrochemischen Produktion sowie der Zement- und Stahlherstellung. Der Übergang zu saubereren Energielösungen wird hier einige Zeit in Anspruch nehmen. Daher entwickelt Honeywell auch Lösungen, um die Emissionen der Schwerindustrie heute zu reduzieren. Ein Beispiel ist Honeywells Technologie zur Abscheidung von Kohlendioxid (CO₂, Anm. d. Verf.). ExxonMobil plant den Einsatz unserer Technologie zur CO₂-Abscheidung und Wasserstoffreinigung in einer Anlage zur Herstellung von kohlenstoffärmerem Wasserstoff in den USA. Es wird erwartet, dass mit Honeywells Technologie jährlich etwa sieben Millionen Tonnen Kohlendioxid aus dieser Anlage abgeschieden werden, was etwa dem Ausstoß von 1,5 Millionen Autos pro Jahr entspricht.

 

 

 

Wasserstoff für Rennwagen

Wasserstoff für Rennwagen

Formula Student setzt auf H2

Im Sommer 2025 sollen die ersten Wasserstofffahrzeuge am Red Bull Ring im österreichischen Spielberg (Steiermark) gegen Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb antreten. Damit dort sowohl Brennstoffzellen als auch Verbrennungsmotoren eingesetzt werden dürfen, hat Formula Student Austria in Zusammenarbeit mit anderen Rennveranstaltern entsprechende H2-Regularien veröffentlicht, die es studentischen Teams ermöglichen, zukünftig Rennwagen, die mit Wasserstoff angetrieben werden, zu konstruieren, zu bauen und Rennen fahren zu lassen.

Die Formula Student Austria (FSA) ist das österreichische Event der studentischen Rennserie Formula Student und findet seit 2009 jedes Jahr statt. Diese Rennserie ermöglicht es jungen, engagierten Studierenden von Universitäten und Fachhochschulen aus aller Welt, ihr Wissen, ihre Konstruktions- und Entwicklungsfähigkeiten sowie auch ihre organisatorischen und kaufmännischen Talente in mehreren unterschiedlichen Disziplinen unter Beweis zu stellen.

Formula Student Austria findet jährlich am Red Bull Ring in Spielberg statt. 2025 nehmen 58 internationale Teams aus knapp 20 unterschiedlichen Nationen und damit mehr als 1.600 Studierende teil. Unterschiedliche Disziplinen fordern die Studierenden auf mehreren Ebenen heraus. Neben der obligatorischen technischen Abnahme geht es in fünf dynamischen Disziplinen um Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der selbst konstruierten und gefertigten Rennboliden. Die drei statischen Disziplinen umfassen das Engineering Design und damit die Bewertung der Konstruktion des jeweiligen Fahrzeugs durch internationale Juroren. Außerdem geht es um die Bewertung des erstellten Business-Plans und der Vermarktungsstrategie, genauso wie um die Kostenaufstellung.

Technologieoffenheit für die Zukunft
Nachdem die Formula Student traditionell in zwei Klassen, eine mit Verbrennungsmotor (CV – combustion vehicle) und eine mit Elektromotor (EV – electric vehicle), aufgeteilt ist, gibt Formula Student Austria den Studierenden nun auch die Möglichkeit, Wasserstofffahrzeuge zu entwickeln und zu bauen. Dem Veranstalter geht es dabei um Technologieoffenheit. Um die Teilnahme von Fahrzeugen mit H2-Antrieb beim Event 2025 zu ermöglichen, hat Formula Student Austria schon vor knapp drei Jahren begonnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Maximilian Jauk, Head of Design bei Formula Student Austria, berichtet: „Unsere Motivation liegt darin, dass wir den zukünftigen Ingenieuren die Chance bieten möchten, sich außerhalb des Studiums mit dem Thema Wasserstoff zu beschäftigen. Dieses Thema wird für Arbeitgeber aus verschiedenen Branchen immer wichtiger. Uns ist bewusst, dass sich Alumni von Formula-Student-Teams nicht ausschließlich in der Automobilbranche bewerben, sondern auch das Know-how zu Wasserstoff für Arbeitgeber aus den Bereichen Nutzfahrzeuge, Energieinfrastruktur und Wasserstofferzeugung interessant ist.“

Hydrogen Concept Challenge
Seit 2023 gibt es in Kooperation mit zwei weiteren Formula-Student-Events, FS Alpe Adria (Kroatien) und FS East (Ungarn), eine Hydrogen Concept Challenge. Bei der Hydrogen Concept Challenge handelt es sich um einen Ideenwettbewerb, in dem Studierende ihre Konzepte für Formula-Student-Fahrzeuge mit einer Brennstoffzelle oder Verbrennungsmotor Experten aus der Industrie sowie Judges von FSA vorstellen. Dabei werden die Teams erstmals mit dem Thema Wasserstoff in Berührung gebracht und machen sich Gedanken über zukünftige Konzepte. Im Rahmen von Formula Student Austria nahmen bereits 2023 Teams aus Wien, Deggendorf und Stuttgart daran teil.


Alles in jugendlicher Hand

2024 konnte man zusätzlich die Formula-Student-Events in Portugal und Frankreich sowie Formula Future in Deutschland für das Thema Wasserstoff gewinnen. Gemeinsam mit den genannten Events wurde nun die Hydrogen Concept Challenge überarbeitet, um noch mehr Bezug zur tatsächlichen Konstruktion von Wasserstofffahrzeugen zu schaffen. So sollten sich die Teams über die Anordnung der Komponenten Gedanken machen, um Bauraum für die zusätzlich notwendigen Komponenten wie Tank oder Brennstoffzelle zu definieren.

Des Weiteren wurde eine Analyse gefordert, um die Auswirkungen des neuen Antriebsstrangs und des zusätzlichen Gewichts durch die schweren Hochdrucktanks auf die Rundenzeiten im Vergleich zu herkömmlichen Formula-Student-Fahrzeugen zu untersuchen. Außerdem sollten das Tanksystem und die Kühlung analysiert und eine Dimensionierung von Tank, Akku und Brennstoffzelle vorgenommen werden. Letztendlich sollten auch noch die Kosten berücksichtigt werden.

Dieses Jahr stellte das Team der FH Campus Wien ihr Konzept für die Umrüstung eines konventionellen Verbrennungsmotors auf den Betrieb mit Wasserstoff sowie für die Integration der H2-Komponenten in ein Formula-Student-Fahrzeug vor. Teams der Universität Wien sowie der Universität Karlsruhe zeigten Konzepte mit Brennstoffzellen. Auf anderen Events präsentierten sich deutsche, schweizerische und niederländische Teams.

Unterstützung aus der Wirtschaft
Als erster Partner zum Thema Wasserstoff konnte die INNIO Group gewonnen werden, ein global agierendes Unternehmen mit Hauptsitz in Tirol, ohne deren Unterstützung die Hydrogen Concept Challenge bei FSA nicht möglich wäre. Die INNIO Group als ein führender Anbieter von Energielösungen und damit verbundenen Services sowie Pionier in grünen Technologien unterstützt seine Kundinnen und Kunden dabei, sich in Richtung Net Zero zu bewegen. Das Unternehmen bringt mehr als 50 Jahre Erfahrung in der Umwandlung von erneuerbaren Energieträgern mit und bietet bereits heute Motoren mit einer „Ready for H2“-Option an.

Vorgaben für 2025
Nach erfolgreichen zwei Jahren mit der Hydrogen Concept Challenge konnte im Juli 2024 die erste Version der Hydrogen Rules für 2025 veröffentlicht werden. Mithilfe von Feedback aus Industrie, von H2-Experten und interessierten Teams definiert das Regelwerk, welche Randbedingungen von den Teams eingehalten werden müssen, um Sicherheit und Fairness zu gewährleisten.

Die Fahrzeuge dürfen maximal 2 kg Wasserstoff an Bord haben. Der Wasserstoff wird bei einem Druck von bis zu 350 bar in nach den Normen zertifizierten Tanks gespeichert. Um die Sicherheit zu gewährleisten, müssen Sensoren implementiert werden, die im Fall einer Störung das Fahrzeug und insbesondere die Wasserstoffzufuhr abschalten.

„Aktuell gibt es Überlegungen, ob wir in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen Standardtanks anbieten können, um für die Teams die Kosten zu senken, die Beschaffung zu erleichtern, die Sicherheit zu erhöhen und uns weitere Optionen bei der Betankung zu ermöglichen. So wäre eventuell ein Tauschsystem denkbar, wie man es vereinfacht gesagt vom Gasgrill kennt. Laut Regelwerk sollen die Tanks innerhalb von 15 Minuten ausbaubar sein, damit eine Betankung außerhalb des Fahrzeugs möglich ist und die Teams an den Fahrzeugen mit ausgebautem Tank arbeiten können. Dadurch stellen wir sicher, dass sich keine signifikanten Wasserstoffmengen im Auto befinden, wenn sich dieses in Gebäuden, wie zum Beispiel der Boxengasse des Red Bull Rings oder der Werkstatt an der Hochschule, befindet“, sagt Paul Mayr-Harting, Gründer des Ingenieurbüros HoKiTech und bei Formula Student Austria Hauptverantwortlicher für die technische Abnahme der Rennwagen.

Um den Umstieg auf Wasserstoff zu erleichtern, dürfen die Formula-Student-Teams bestehende Verbrenner- oder Elektrofahrzeuge umrüsten. Der Fokus soll auf der Inbetriebnahme und der Implementierung eines wasserstoffbasierten Antriebsstrangs liegen. Das bedeutet, dass weder ein neues Monocoque noch ein neuer Rahmen gefertigt werden muss. Ebenso können das bestehende Fahrwerk und das Flügelpaket weiterhin genutzt werden.

Um den Gewichtsnachteil der Brennstoffzellenfahrzeuge im Vergleich zu herkömmlichen E-Fahrzeugen in der Formula Student auszugleichen, dürfen die Teams mit 100 kW anstatt 85 kW Systemleistung fahren. Bei der Auswahl und Dimensionierung der Brennstoffzelle sowie der Auslegung des Akkus haben die Teams freie Hand, wobei beim 22 Kilometer langen Ausdauerrennen mindestens die Hälfte der Energie von der Brennstoffzelle bereitgestellt werden muss.

Die wasserstoffbetriebenen Verbrennerfahrzeuge können mit Viertaktmotoren mit bis zu 1,6 Liter Hubraum ausgestattet werden. Dabei werden die meisten Teams voraussichtlich auf Motorradmotoren zurückgreifen und diese auf den Betrieb mit Wasserstoff umrüsten. Die angesaugte Luftmenge sowie die eingeblasene Menge an Wasserstoff sind nicht reglementiert. „Für bisherige Verbrenner-Teams wird es immer schwieriger, Partnerfirmen zu gewinnen. Durch den Umstieg von fossilen Brennstoffen auf Wasserstoff eröffnen wir den Teams auch neue Möglichkeiten, langjährige Sponsoren zu finden. Zusätzlich beschäftigen sie sich mit alternativen Antrieben und der Reduzierung des CO2-Fußabdrucks für eine grüne Zukunft“, erklärt Christoph Hirt, Eventmanager von Formula Student Austria.

Kooperationen und Vernetzung
Die Formula Student ist für viele Studierende ein wichtiger Teil ihres Studiums. Die gelernte Theorie wird in die Praxis umgesetzt, gleichzeitig sind die Zusammenarbeit in einem Team und Selbstorganisation gefragt. Auf den Bewerben können internationale Kontakte mit Gleichgesinnten und potenziellen Arbeitgebern geknüpft werden. Bei der Formula Student Austria sorgen ehrenamtliche Alumni von studentischen Rennteams für die professionelle Organisation und Durchführung. Wenn auch Sie und Ihr Unternehmen ein Teil von Formula Student Austria werden möchten, freuen wir uns, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Unsere Kontaktdaten finden Sie in der Box.

Die nächste Gelegenheit zur Mitwirkung an der Formula Student Austria ist vom 20. bis 24. Juli 2025 am Red Bull Ring in Spielberg, Österreich.

Einkaufsprozesse beschleunigen

Einkaufsprozesse beschleunigen

B2B-Plattform Hyfindr ermöglicht weltweite Lieferantenanfragen

Mitarbeiter von Entwicklungs- und Einkaufsabteilungen sind stets auf der Suche nach passenden technischen Produkten für ihre Projekte. Ohne eine ausreichende Transparenz bezüglich der Lieferketten besteht das Risiko, dass Hersteller übersehen und nicht angefragt werden, obwohl sie passende Produkte anbieten. Das Unternehmen Hyfindr hat einen innovativen Ansatz entwickelt, um die entsprechende Geschäftsanbahnung für die weltweite H2-Industrie effizienter zu gestalten. Das neu entwickelte Lieferantenmodul auf der B2B-Plattform www.hyfindr.com ermöglicht es, alle bei Hyfindr bekannten Lieferanten aus einer Produktkategorie mit nur wenigen Klicks anzufragen. HZwei hatte die Gelegenheit, darüber mit Dr. Björn Lüssow, Geschäftsführer und Mitgründer der Firma Hyfindr aus Stuttgart, zu sprechen.

HZwei: Herr Lüssow, wir haben bereits Anfang 2023 über Hyfindr gesprochen. Wie hat sich Ihr Unternehmen und insbesondere der von Ihnen betriebene B2B-Marktplatz entwickelt?
Unsere digitale B2B-Plattform ist kontinuierlich gewachsen. Mehrere Tausend Berufsträger nutzen Hyfindr bereits jeden Tag. Vergleicht man die Herkunft der Nutzer unserer Plattform mit den Standorten der internationalen Projekte in der Industrie, so kann man eindeutig erkennen, dass Hyfindr dort genutzt wird, wo aktuell global die Wasserstoffindustrie stattfindet. Darüber freuen wir uns sehr. Berufsträger schätzen es, dass technische Produkte und Dienstleistungen bei uns hochwertig dargestellt und leicht gefunden werden können. Unser Team ist ebenfalls gewachsen; dies hat den Umzug in ein größeres Büro zur Folge gehabt. Zudem haben wir strategische Investoren an Bord geholt, die unsere Mission unterstützen. Abschließend etablieren wir gerade ein internationales Partnernetzwerk, um vor Ort in relevanten Märkten unsere Kunden unterstützen zu können. Uns alle treibt an, mit der B2B-Plattform Hyfindr für mehr Transparenz in der Wasserstoffindustrie zu sorgen und digitale Geschäftsprozesse anzubieten, damit diese wichtige Industrie weltweit schneller und besser wächst.

Was ist das Ziel des neuen Lieferantenmoduls und welche Vorteile bietet es?
Das Lieferantenmodul soll die Beschaffungsprozesse für technische Produkte in der Wasserstoffindustrie radikal vereinfachen. Aufgrund der mangelnden Transparenz über die technische Lieferkette fangen die Probleme bereits bei der Frage an: Wer liefert eigentlich was? Wir haben in den vergangenen Jahren hinter den Kulissen kontinuierlich eine hochwertige Datenbank aufgebaut, aus der man erkennen kann, welche Unternehmen weltweit welche Produktkategorien abdecken können. Tausende Lieferanten sind darin hinterlegt – und dies nur für die Wasserstoffindustrie. Diesen Datenschatz möchten wir jetzt auf intelligente Weise den Berufsträgern zur Verfügung stellen. Mit dem neunen Lieferantenmodul auf unserer B2B-Plattform können Nutzer mit nur wenigen Klicks alle relevanten Lieferanten in einer Kategorie ansprechen, ohne jeden einzelnen Lieferanten selbst recherchieren und kontaktieren zu müssen. Auch für die Lieferanten bietet dies Vorteile. Sie werden über Geschäftsanfragen in einer Kategorie effizient informiert und können potenzielle Kunden über effiziente Workflows kontaktieren. Das spart viel Zeit für beide Seiten und sorgt dafür, dass keine potenziellen Anbieter übersehen werden.

Woher stammen die Lieferantendaten und wie stellen Sie deren Qualität sicher?
Unsere Lieferantendaten stammen aus verschiedenen Quellen: von den Unternehmen selbst, aus öffentlich zugänglichen Daten und über unsere Zusammenarbeit mit Branchenexperten. Wir setzen auf regelmäßige Updates und einen klaren Qualitätsprozess, bei dem wir die Unternehmensdaten validieren, um sicherzustellen, dass alle Informationen aktuell und korrekt sind.

Wie läuft eine Anfrage über das neue Lieferantenmodul genau ab?
Der Nutzer gibt über ein Formular an, welche Komponente oder Dienstleistung er benötigt, zum Beispiel einen Luftkompressor für ein Brennstoffzellensystem. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass möglichst klar und ausführlich erläutert wird, was genau benötigt wird und wofür. Es geht also nur um ernst gemeinte Geschäftsanbahnungen zwischen Unternehmen. Der Nutzer kann zudem wählen, aus welchen Ländern er Lieferanten anfragen möchte. Die in der jeweiligen Produktkategorie bei uns bekannten Lieferanten werden angezeigt und können ausgewählt werden. Mit einigen wenigen Klicks kann der Anfragende so genau die Reichweite seiner Anfrage selbst bestimmen. Nach dem Absenden der Anfrage prüfen wir mit unserem Team sodann kurz, ob es sich um eine seriöse Anfrage handelt. Ist dies der Fall, leitet unsere B2B-Plattform die Anfrage automatisch an alle ausgewählten Lieferanten weiter. Sofern die angesprochenen Unternehmen noch kein Benutzerkonto bei Hyfindr haben, können sie ein solches leicht einrichten, um auf die Anfrage zu reagieren und ein Angebot zu unterbreiten. Der gesamte Prozess ist unkompliziert und transparent.

Welche Vorteile haben Lieferanten, die über Hyfindr Anfragen erhalten?
Lieferanten profitieren von einer direkten und qualifizierten Ansprache durch potenzielle Kunden. Sie erhalten relevante Anfragen aus ihrer Zielgruppe, ohne aktiv nach neuen Projekten suchen zu müssen. Das erhöht die Effizienz ihrer Vertriebsprozesse und erschließt neue Geschäftsmöglichkeiten. Heutzutage gilt insbesondere bei der Geschäftsanbahnung der Grundsatz Digital First. Unternehmen sollten auf allen relevanten Geschäftskanälen vertreten sein. Aufgrund der deutlich gewachsenen Bedeutung unserer B2B-Plattform ist eine Registrierung als Lieferant bei Hyfindr sicherlich nicht von Nachteil.

Ist die Nutzung des Lieferantenmoduls kostenfrei?
Unternehmen, die das neue Lieferantenmodul nutzen wollen, können dieses mehrere Male kostenfrei testen. Dies gilt sowohl auf der Seite des Anfragenden als auch aufseiten des Lieferanten. Aktuell haben wir es so eingerichtet, dass drei Anfragen in Kategorien kostenlos sind, ebenso sind drei Antworten auf Anfragen kostenlos für Lieferanten. Im Anschluss wird für die Unternehmen eine jährliche Gebühr fällig. Diese fällt unseres Erachtens allerdings vor dem Hintergrund der Effizienzsteigerung, die ganze R&D-, Einkaufs- oder Vertriebsabteilungen durch unser neues Modul erzielen können, nicht wirklich ins Gewicht. Für Unternehmen, die auf unserem B2B-Marktplatz bereits ihr Produktportfolio zeigen, entstehen keine zusätzlichen Kosten.

Wie können Lieferanten, die noch nicht in Ihrer Datenbank sind, Teil von Hyfindr werden?
Das ist ganz einfach: Lieferanten können sich direkt auf unserer Plattform registrieren. Die Einrichtung eines solchen Benutzerkontos für das jeweilige Unternehmen erzeugt erst einmal gar keine Kosten. Anschließend kann das Unternehmen sodann aus einer Palette von digitalen Dienstleistungen die für sie passenden Geschäftsprozesse auswählen. Gerne beraten wir die entsprechenden Unternehmen auch persönlich.

Welche Rückmeldungen bekommen Sie von den Nutzern, sowohl auf der Einkäufer- als auch auf der Lieferantenseite?
Das Lieferantenmodul ist erst seit sehr kurzem verfügbar, sodass noch keine wirklich belastbaren Erkenntnisse vorliegen. Die Resonanz von Berufsträgern, denen wir das Produkt auf Messen vorab gezeigt haben, war sehr positiv. Mit dem Lieferantenmodul wollen wir jetzt unseren Datenschatz der Wasserstoffindustrie zugänglich machen, auch wenn noch nicht alle Funktionalitäten gleich beim Launch an den Start gebracht wurden. Ich würde mich sehr freuen, wenn Unternehmen das Lieferantenmodul testen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es am Markt sehr gut aufgenommen wird.

In welche Richtung entwickelt sich Hyfindr? Ist es auf dem Weg zum „Amazon der Wasserstoffindustrie“ zu werden?
Der Vergleich kommt öfter, aber wir sehen uns eher als spezialisierte B2B-Plattform, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Anforderungen der Wasserstoffindustrie möglichst gut abzubilden und auch innovative Geschäftspraktiken anzubieten; ein Beispiel für innovative Geschäftsprozesse ist das neue Lieferantenmodul.

Dr. Björn Lüssow (l.) und Steven Oji mit dem Hyfindr-Team in Stuttgart-Degerloch

Welche Rolle spielt der YouTube-Kanal von Hyfindr in Ihrer Strategie?
Unser YouTube-Kanal liegt uns sehr am Herzen und ist integraler Bestandteil unserer Strategie. Mit unseren Tech-Videos möchten wir Wissen teilen und die Community stärken. Wir veröffentlichen regelmäßig Videos zur Technik, innovativen Produkten und praktischen Anwendungsfällen. Mein Mitgründer Steven Oji führt detaillierte Fachgespräche. So erreichen wir Interessierte und Berufsträger, die sich weiterbilden oder inspirieren lassen möchten, gleichermaßen. Auch die Unternehmen, die sich in den Hyfindr-Videos präsentieren, haben Vorteile: Sie können ihren potenziellen Kunden ihre Kompetenz vermitteln. Wir freuen uns sehr, dass unser YouTube-Kanal stark wächst. Weitere innovative Formate sind zudem geplant.

An welchen Innovationen für Ihre Plattform arbeiten Sie gerade?
Aktuell machen wir unsere B2B-Plattform noch benutzerfreundlicher. Zudem sind wir seit einiger Zeit stark in dem Thema Künstliche Intelligenz engagiert. Ein KI-Assistent unterstützt bereits jetzt registrierte Lieferanten bei der Nutzung von Hyfindr. Wir verfolgen aber noch viel anspruchsvollere Ziele. Ich bin schon selbst sehr gespannt, wie die Wasserstoffindustrie auf unsere Innovationen im Jahr 2025 reagieren wird. Es geht uns hierbei nicht um eine Technikverliebtheit. Wir sind vielmehr davon überzeugt, dass wir den Kundennutzen von Hyfindr mit unseren IT-Innovationen weiter erhöhen können. Unser Ziel ist es, Hyfindr weltweit zur zentralen Anlaufstelle für Berufsträger in der Wasserstoffindustrie zu machen, sofern sie etwas suchen und Geschäfte effizient anbahnen und durchführen möchten.

Vielen Dank für das Gespräch und die Einblicke in Hyfindr.

Interviewpartner: Dr. Björn Lüssow

Werkstoffprüfungen als Garant für Sicherheit

Werkstoffprüfungen als Garant für Sicherheit

Ertüchtigung der Gasinfrastruktur

Damit Wasserstoff als wichtiger Bestandteil der Energiewende in Deutschland flächendeckend in Industrie, Mobilität und Energieversorgung eingesetzt werden kann, müssen neue Leitungen gebaut und zudem bestehende Erdgaspipelines für den Wasserstofftransport ertüchtigt werden. Das kann herausfordernd sein, da Wasserstoff explosiv ist und die Materialien der Leitungen angreift. Eine fachmännische Werkstoffprüfung schafft hier die nötige Sicherheit.

Die Bundesregierung setzt mit der nationalen Wasserstoffstrategie auf Wasserstoff als alternativen Energieträger für Industrie, Mobilität und Energieversorgung. H2 ist eine vielversprechende Lösung zur Unterstützung der Energiewende: Wasserstoff hat vielseitige Anwendungsmöglichkeiten, sei es in der Stromerzeugung, beim Betrieb von Brennstoffzellen für Mobilitätsanwendungen, in der Industrie oder der Heiz- und Wärmetechnik. Dadurch bringt Wasserstoff ein großes Potenzial zur Emissionsreduktion mit, Nachhaltigkeit entsteht durch den Einsatz von grünem Wasserstoff. H2 kann zudem als Langzeitspeicher dienen, da er oder seine Derivate eine bessere Speicherfähigkeit als Strom besitzen.

Für all diese Anwendungsbereiche muss Wasserstoff als Gas oder in flüssiger Form transportiert werden: in Pipelines als Rückgrat einer H2-Infrastruktur oder in Tanks auf der Straße, der Schiene oder auf See. Hierbei die nötige Sicherheit zu gewährleisten, stellt allerdings eine technische Herausforderung dar, denn Wasserstoff ist hochentzündlich und hat einen weiten Explosionsbereich. Leckagen müssen deswegen unbedingt vermieden werden, Materialien und Leitungen dicht und H2-beständig sein.

Wasserstoff kann Leitungswerkstoffe beeinträchtigen
Dies ist anspruchsvoll, da Wasserstoff mit anderen Materialien reagiert und deren Eigenschaften beeinflusst: Es kann zur Wasserstoffversprödung (engl. Hydrogen Embrittlement, HE) kommen, wenn Wasserstoffatome in Metalle eindringen: H-Atome diffundieren in die Metallstruktur und lagern sich an Gitterfehlern wie Korngrenzen, Versetzungen oder Hohlräumen an. Das vermindert die Festigkeit und die Duktilität des Metalls, also dessen Eigenschaft, sich unter Belastung plastisch zu verformen, bevor es versagt. Es wird damit unter Belastung anfälliger für Risse und Brüche.

Besonders betroffen sind hochfeste Stähle und Legierungen (Zugfestigkeit: Rm > 1.000 MPa) sowie Schweißnähte. Bei wiederholter mechanischer Belastung, etwa Druckstößen, wie sie im Betrieb von Rohrleitungen auftreten, können sich dadurch Risse schneller ausbreiten. Außerdem sind thermisch-mechanische Effekte zu beobachten: Bei höheren Temperaturen können Wasserstoffatome schneller und tiefer in das Metall eindringen, und es kann, abhängig vom Werkstoff, als ein weiterer Schädigungsmechanismus der sogenannte HTHA (High temperature hydrogen attack) zum Tragen kommen.

Bei höherem Druck steigt die Menge an Wasserstoff, die in das Metall eindringen kann. In feuchten Umgebungen können wiederum Wasserstoff und Wasser zusammenwirken und korrosive Angriffe beschleunigen. Wechselnde Temperaturen und Drücke sind dann weitere Herausforderungen.

Die Folge dieser Effekte ist eine reduzierte Lebensdauer der Transportleitungen: Das Material ermüdet schneller, Risse können entstehen und es kann zum vorzeitigen Materialversagen kommen. Das macht häufigere Wartungen, Inspektionen und den Austausch von Teilen der Anlagen notwendig, was zu Stillstandszeiten führt. Hinzu kommen Sicherheitsrisiken wie Leckagen und Explosionsgefahr.

Erdgaspipelines für den H2-Transport?
Geplant wird schon seit einiger Zeit, bestehende Erdgaspipelines für den Transport von Wasserstoff umzuwidmen. Aktuell werden in Teilen Deutschlands dem Erdgas zehn Prozent Wasserstoff beigemischt. Die Umstellung auf 100 Prozent Wasserstoff wird in Pilotprojekten derzeit erprobt. Viele der Werkstoffe der verlegten Erdgaspipelines sind grundsätzlich auch für den Wasserstofftransport geeignet. Allerdings muss auf Kompatibilität geachtet werden, weswegen eine Werkstoffprüfung unerlässlich ist, das heißt, das Material muss auf Wasserstoffversprödung und auf seine Eignung hin geprüft werden.

Zum anderen besteht bei Wasserstoff, dessen Moleküle kleiner sind als jene von Methan, eine erhöhte Diffusion durch Dichtungen und damit ein höheres Risiko von Leckagen, was zum Teil einen Austausch von Dichtungen und Ventilen erforderlich macht. Außerdem sind bessere Überwachungs- und Kontrollsysteme zur (frühzeitigen) Leckage- und Lageerkennung notwendig.

Einfluss des H2-Drucks auf die Infrastruktur messen
Wie sich Wasserstoff auf die Werkstoffe der Infrastruktur auswirkt, wird bei den Werkstoffprüfungen durch eine Kombination aus Laborprüfungen, Mikrostrukturanalysen, Simulationen und Langzeitfeldversuchen untersucht: Bei Zugversuchen werden Werkstoffproben zum Beispiel unter verschiedenen H2-Druckbedingungen belastet, um Festigkeit, Duktilität und Bruchverhalten zu messen. Kerbschlagbiegeversuche bewerten die Zähigkeit des Materials und seine Fähigkeit, Energie zu absorbieren, bevor es bricht, denn Wasserstoff kann die Kerbzähigkeit erheblich verringern.

Bei Druck- und Ermüdungstests werden Materialien zyklischen und unterschiedlichen Druckbedingungen ausgesetzt, um ihre Ermüdungsfestigkeit und ihr Verhalten unter wiederholter Belastung zu untersuchen. Weitere Erkenntnisse über Materialverhalten und -zuverlässigkeit lassen sich darüber hinaus aus Erfahrungsberichten und Datenanalysen von bestehenden Wasserstoffinfrastrukturen gewinnen.

Zusätzliche Faktoren, die für die Bewertung der Eignung von Werkstoffen für Wasserstoffpipelines relevant sind, sind auch Bruchzähigkeit und Risswachstumsverhalten. Sie lassen Rückschlüsse auf Sicherheit, Zuverlässigkeit und Lebensdauer der Pipeline zu: Die Bruchzähigkeit gibt an, wie gut ein Material der Ausbreitung eines Risses widerstehen kann bzw. definiert den geringsten Wert, den ein Material aufweisen muss, um als sicher für den Einsatz zu gelten. Die Prüfungen erlauben präzise Lebensdauerprognosen und durch die Auswahl geeigneter Materialien längere Betriebszeiten.

Die Qualität der Schweißnähte der Pipelines wird durch visuelle Inspektionen, zerstörungsfreie und zerstörende Prüfungen wie die bruchmechanische Analyse ermittelt. Internationale Normen und Standards wie ASME B31.12 und ISO 11114 sowie weitere bieten Leitlinien und Mindestwerte, die die Materialien erfüllen müssen. Die Mindestbruchzähigkeit liegt zum Beispiel typischerweise im Bereich von 50 bis 100 MPam1/2.

Da noch Regelungslücken, vor allem in der nationalen und europäischen Normung, bestehen, hat das DIN die Normungsroadmap Wasserstoff initiiert. Hier werden beispielsweise aktuell mit der DIN EN 13445-15 und DIN EN 13480-11 Zusatzanforderungen für Druckbehälter und Rohrleitungen für Wasserstoffanwendungen erarbeitet.

Prüfung durch akkreditierte Prüfbetriebe
Werkstoffprüfungen sollten von einem akkreditierten Labor vorgenommen werden, um den hohen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen zu entsprechen. TÜV Hessen bietet als zugelassener Prüfbetrieb für die Werkstoffprüfung zum Beispiel umfassende Prüf- und Zertifizierungsdienste samt zerstörungsfreien und zerstörenden Prüfungen sowie Spezialprüfungen wie die H2-Qualifizierung an. Die Akkreditierung nach ISO/IEC 17025 bescheinigt, dass der Betrieb die Anforderungen eines international anerkannten Standards für die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien erfüllt. Die DIN EN ISO/IEC 17025 ist der weltweit gültige Standard für die Laborakkreditierung im Bereich Prüfen und Kalibrieren: Sie definiert allgemeine Anforderungen an Kompetenz, Neutralität und Arbeitsweise. Ein zugelassenes Prüflaboratorium bringt die notwendige Fachkompetenz durch technische Expertise und Erfahrung mit und gewährleistet Unabhängigkeit und Objektivität und die Einhaltung internationaler Standards und damit die Konformität. Für Unternehmen bedeutet das eine erhöhte Sicherheit, Risikominderung sowie langfristige Kostenersparnisse.

Fazit
Um Erdgaspipelines für den Transport von Wasserstoff zu ertüchtigen, muss eine Werkstoffprüfung des Materials erfolgen. Denn Wasserstoffversprödung, die durch den Betrieb mit H2 entstehen kann, führt zu vorzeitiger Materialermüdung und kann die Sicherheit beeinträchtigen. Die notwendigen Prüfungen und Versuche werden zuverlässig von akkreditierten Prüflabors durchgeführt.

Autor: Dr. Stephan Lederer, TÜV Hessen, Darmstadt

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