von Sven Geitmann | Jan. 6, 2025 | 2025, Deutschland, Meldungen, Politik
Interview mit Dagmar Fehler, NOW-Geschäftsführerin
Seit September 2024 hat die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) GmbH mit Dagmar Fehler eine neue Sprecherin der Geschäftsführung. Relativ unvermittelt musste ihr Vorgänger, Kurt-Christoph von Knobelsdorff, seinen Hut nehmen. Bis Sommer 2025 soll die NOW jetzt auch komplett neue Strukturen erhalten. Zwei gute Gründe für HZwei, um mit Dagmar Fehler persönlich zu reden.
HZwei: Sehr geehrte Frau Fehler, von außen betrachtet wirkte es, als wenn Sie recht unverhofft zu Ihrem neuen Posten gekommen sind. Kam diese „Beförderung“ für Sie im vergangenen Herbst überraschend?
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Fehler: Das mag von außen so gewirkt haben, ich habe die Herausforderung aber sehr gerne angenommen. Die NOW ist ein einzigartiger Thinktank mit tollen Kolleginnen und Kollegen. Hier sind alle hochmotiviert, dabei zu helfen, den Verkehrssektor insgesamt klimafreundlicher zu machen. Und ich bin es auch.
Wie gestaltete sich denn die Zusammenarbeit mit dem bisherigen Geschäftsführer Kurt-Christoph von Knobelsdorff? Kamen Sie gut mit ihm klar?
Wir haben sehr gut miteinander gearbeitet und auch gemeinsame Erfolge erzielt. Ich schätze sein Engagement für die Sache.
Einige vermuten ja hinter seinem plötzlichen Abgang eine Verbindung zur „Bonhoff-Affäre“, in deren Rahmen ja auch mal der Name von Knobelsdorff gefallen ist. Gibt es da einen Zusammenhang?
Ich wüsste von keinem. Vielmehr ist es so, dass aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Klima-Transformations-Fonds (KTF) vom November 2023 Fördermittel gekürzt wurden, was ganz erhebliche Auswirkungen auf die Aufgaben der NOW GmbH hatte. Da wir als Programmgesellschaft gegründet wurden, mussten organisatorische Anpassungen entwickelt werden. Eine davon war, dass die NOW ihr Profil schärft. Der personelle Wechsel an der Spitze ist ein sichtbares Zeichen dieses Prozesses.
Verstehe, bitte schildern Sie uns doch mal kurz, was Sie bisher bei der NOW gemacht haben.
Ich war Co-Leiterin der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur und habe diese mitaufgebaut. Ich bringe über 20 Jahre Erfahrung in der Geschäftsprozess- und Organisationsentwicklung mit, gepaart mit dem Thema Digitalisierung, Daten und Informationen.
Wir arbeiten in der NOW an vielen Mobilitätsthemen und wir arbeiten sehr gut teamübergreifend zusammen. Darum sind mir auch die Themen Wasserstoff und Brennstoffzelle nicht fremd. Und wenn ich Detailfragen habe, so gibt es viele ausgezeichnete Expertinnen und Experten um mich herum, die mir kritisch und unabhängig weiterhelfen.
Was für einen Bezug haben Sie denn zu den Themen Wasserstoff und Brennstoffzellen?
Wasserstoff und Brennstoffzellen sind für mich ein Baustein, um die Klimaziele im Verkehr, aber auch in anderen Sektoren erreichen zu können. Ohne diesen Baustein wird das nicht funktionieren.
Noch heißt Ihr Arbeitgeber Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Ursprünglich war die NOW nur für das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie zuständig. Über die Jahre kamen viele andere Themenbereiche hinzu: Elektromobilität, Ladeinfrastruktur, Kraftstoffstrategie usw. Wie sehen Sie inzwischen die Gewichtung? Wie viel Anteil hatte zuletzt der H2– und BZ-Sektor?
Die Gewichtung der einzelnen Bereiche hat sich im Laufe der Zeit geändert, weil sie unterschiedlich stark gewachsen sind. Das war abhängig von den gesellschaftlichen und politischen Prioritäten sowie den Zielen beziehungsweise den Möglichkeiten der Bundesregierung. Auch in diesem Zusammenhang spielt das KTF-Urteil 2023 eine Rolle. Der Wasserstoff- und Brennstoffzellensektor bleibt ein zentraler Bestandteil der Arbeit der NOW GmbH, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung der nationalen Wasserstoffstrategie im Verkehr, den Aufbau einer Wasserstoffbetankungsinfrastruktur und die Entwicklung einer starken Zulieferlandschaft in Deutschland.
Da erscheint es verständlich, dass sich die NOW neu strukturiert und vielleicht auch umbenennt – auch wenn das viele Akteure der H2– und BZ-Community ungerne eingestehen. Geben Sie uns doch bitte mal einen Einblick, auf was wir uns gefasst machen dürfen.
Wir bleiben weiterhin eine zentrale Anlaufstelle auf Bundesebene für den Klimaschutz in der Mobilität. Die politische Priorität liegt zukünftig jedoch stärker auf batterieelektrischer Mobilität und vor allem auf dem Ausbau der Ladeinfrastruktur. Unser Gesellschafter wünscht sich dennoch, dass wir weitere Technologien für Klimaschutz im Verkehr bei allen Verkehrsträgern in ihrer Entwicklung begleiten. Wir verstehen uns als Dienstleister der Bundesregierung und wollen diese bestmöglich in ihren mobilitätsorientierten Vorhaben unterstützen. Dies wollen wir digital und datengetrieben machen, um noch verlässlichere Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung zu stellen. Wir werden weiterhin mit unserer Expertise zur Verfügung stehen und unterstützen.
Heißt das, dass die Bedeutung von Wasserstoff und Brennstoffzellen heruntergeschraubt wird?
Ich stelle die Technologien nicht gegeneinander. Es wird nicht ohne Wasserstoff und erneuerbare Kraftstoffe gehen.
Was bedeutet das konkret? Seit Monaten verstärkt sich der Eindruck, dass Elektromobilität und Ladeinfrastruktur auch finanziell immer stärker gefördert werden, Wasserstoffmobilität hingegen kaum bis gar keine Unterstützung mehr bekommt.
Auch bei der Elektromobilität und sämtlichen anderen Bereichen, die für den Verkehr relevant sind, gab es schmerzhafte Kürzungen. Das betrifft keinesfalls allein die Wasserstoffmobilität.
Der derzeit noch im Amt befindliche Bundesverkehrsminister Volker Wissing machte ja keinen Hehl daraus, dass er Wasserstoff lediglich als Hilfsmittel für E-Fuels ansieht, ansonsten davon aber nicht viel hält. Was erhoffen Sie sich von einem neuen Verkehrsminister, egal welcher Partei dieser dann angehört?
Die Einschätzung, dass Bundesminister Wissing von Wasserstoff nichts hält, teile ich nicht. Im Rahmen der Technologieoffenheit hat die Industrie für sich technologische Prioritäten gesetzt. Basis dafür sind die Produktionspläne für Pkw und Lkw, die uns dank der Cleanroom-Gespräche bekannt sind. Die kommende Leitung des Bundesverkehrsministeriums muss dafür den notwendigen Hochlauf der Infrastrukturen sicherstellen und auch den Fahrzeughochlauf im Blick haben. Heißt: an die erfolgreichen Vorarbeiten des BMDV anknüpfen und die Beschleunigung fortsetzen.
In welcher Art sollte denn Ihrer Meinung nach die NOW umstrukturiert werden? Bis zum Sommer 2025 sollte sie ja – so die ursprüngliche Planung – einen neuen Namen sowie ein neues Konzept bekommen. Halten Sie an diesem Zeitplan trotz der vorgezogenen Bundestagswahl fest?
Wir halten daran fest – auch weil wir unseren Kolleginnen und Kollegen sowie all unseren Stakeholdern Sicherheit und Verlässlichkeit schuldig sind.
Werden Sie dann noch weiter dabei bleiben oder besetzen Sie den Posten jetzt nur kommissarisch? Wie man hört, soll es eine Ausschreibung geben. Werden Sie sich dann dafür auch bewerben?
Ich arbeite sehr gerne für die NOW. Die Sache erfordert, dass auch schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen, aber ich kann diese mit dem Leitungsteam und unserem Betriebsrat gemeinsam gestalten. Das möchte ich sehr gerne weiter so machen.
Was ist denn Ihre Hoffnung, bis wann es mehr Klarheit geben könnte, wie es mit der ehemaligen NOW weitergeht?
Warum denn ehemaligen? Wir sind bis Ende 2026 mit allen Themenfeldern weiterbauftragt. Der Gesellschafter möchte uns einen neuen Namen geben, der der Gleichwertigkeit der Technologien stärker Rechnung trägt. Eine Entscheidung dazu erwarten wir in den nächsten Monaten.
HZwei: Herzlichen Dank für Ihre Zeit.
Interviewer: Sven Geitmann
von Sven Geitmann | Jan. 6, 2025 | 2025, Deutschland, Entwicklung, Markt, Meldungen
Nordrhein-Westfalen baut seine Kapazitäten im H2-Forschungssektor weiter aus. Im September 2024 nahm das vergrößerte HyTechLab4NRW in Duisburg seinen Betrieb auf. Am Standort des Zentrums für Brennstoffzellen Technik stehen seitdem mit einer noch leistungsstärkeren Infrastruktur noch bessere Rahmenbedingungen für die Erforschung von Brennstoffzellen und Elektrolyseuren bereit.
Im Rahmen umfangreicher Umbaumaßnahmen wurde das im Jahr 2019 eröffnete HyTechLab4NRW auf den neuesten Stand der Technik gebracht und insbesondere bei der Medienversorgung besser ausgestattet, so dass jetzt auch größere Anlagen getestet werden können. ZBT-Betriebsleiter Bernd Oberschachtsiek zeigte sich sichtlich erleichtert: „Unser Provisorium war der hässlichste Container der Welt. Jetzt haben wir endlich ein voll ausgestattetes Labor, das nicht nur technisch auf dem neuesten Stand ist, sondern auch optisch überzeugt.“
ZBT-Geschäftsführer Dr. Peter Beckhaus erläuterte: „Heute reden wir über Brennstoffzellenantriebe für Schiffe, Flugzeuge und Lkw, mit Leistungen von 300 kW bis in den Megawattbereich. Um diese Anwendungen weiter zu erforschen, haben wir nun die passende Infrastruktur geschaffen.“ Silke Krebs, Staatssekretärin im NRW-Wirtschaftsministerium, erklärte: „Wasserstoff ist ein Wachstumsmarkt und gerade für NRW als Industriestandort von zentraler Bedeutung. Wir brauchen neue Technologien und Forschung, um diese Zukunft zu gestalten.“ Prof. Astrid Westendorf, Prorektorin für Forschung an der Universität Duisburg-Essen, ergänzte: „Dies ist ein echter Gewinn für unsere Forschungsinfrastruktur.“
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Gelegenheit zur Besichtigung ist am 4. und 5. Februar bei den ersten ZBT-Wasserstofftagen.
von Eva Augsten | Jan. 2, 2025 | 2024, Deutschland, Markt, Meldungen, Messen, News, Wasserstoffwirtschaft
Die Wasserstoff-Konferenz und -Messe Hydrogen Technology Expo hat im Oktober 2024 erstmals in Hamburg stattgefunden. Dort gibt es noch einiges Wachstumspotenzial. Das liegt nicht nur daran, dass die Hamburger Messe größer ist als die in Bremen – wo diese Veranstaltung in den vergangenen drei Jahren abgehalten wurde –, sondern auch daran, dass sich Hamburg zu einem Wasserstoff-Hub in Norddeutschland entwickelt.
Mit gut 800 Ausstellern, rund 15.000 Messegästen und 1.500 Konferenzbesuchern gehört die noch junge Veranstaltung bereits zu den größeren Branchentreffs. Die Aussteller zeigten sich zufrieden mit den auf der Messe geknüpften Kontakten. Laut Veranstalter sind bereits über 80 Prozent der Flächen für das kommende Jahr gebucht. Mit sechs parallelen Vortragsreihen war auch das Konferenzprogramm abwechslungsreich. Das reichte von übergreifenden Themen wie dem internationalen Handel mit Wasserstoff im „Strategic Forum“ bis zu technischen Details über Testverfahren von Brennstoffzellen.
Eine reine H2-Veranstaltung ist die Hydrogen Technology Expo allerdings nicht. In den Aussteller- und Besucherzahlen sind auch diejenigen enthalten, die sich mit dem zweiten Schwerpunkt der Kongressmesse befassen – Carbon Capture and Storage (CCS), also dem Auffangen und Lagern von Kohlendioxid. Sponsor des Strategic Forum ist zudem der Ölriese Exxon Mobil.
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Diese thematische Verknüpfung rief auch Umweltaktivisten von Greenpeace auf den Plan, die auf dem Messegelände gegen CCS protestierten. Für 2025 wird die „Carbon Capture Technology Expo“ mit einer eigenen Webseite beworben. Auf dem Internetauftritt der Hydrogen Technology Expo ist das Thema CCS kaum zu finden. Mit einigen weiteren Klicks sieht man jedoch schnell, dass Ausstellungsfläche und Konferenzprogramm identisch sind.
von Anette Weingärtner | Jan. 2, 2025 | 2024, Energiespeicherung, Europa, Netze, News
Europäisches Multi-Gasnetzwerk geht an den Start
Im EU-Projekt SHIMMER arbeitet die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) an einer umfassenden Wissensdatenbank. Dort sollen wichtige Informationen zu Standards für sichere Materialien und Komponenten sowie zur europäischen Gasinfrastruktur bereitgestellt werden. SHIMMER wird von der norwegischen Forschungsorganisation SINTEF geleitet. Das Projekt vereint zwölf europäische Institutionen, darunter staatliche Einrichtungen und Gasnetzbetreiber aus Spanien, Italien, Norwegen, Polen, Belgien, den Niederlanden und Deutschland.
Die Einspeisung von Wasserstoff (H₂) in bestehende Gasnetze bringt sowohl technische als auch regulatorische Herausforderungen mit sich. Diese betreffen insbesondere die Materialintegrität von Pipelines und die Harmonisierung gesetzlicher Anforderungen. Im Projekt SHIMMER (Safe Hydrogen Injection Modelling and Management for European Gas Network Resilience) geht es darum, das Verständnis für die Integration von Wasserstoff in die bestehende Gasinfrastruktur zu verbessern und damit den Markthochlauf sicherer Wasserstofftechnologien insgesamt zu unterstützen. Das Forschungsvorhaben startete bereits im September 2023 und wird im August 2026 enden. Die Finanzierung erfolgt durch das EU-Programm „Horizon Europe – Clean Hydrogen Partnership“.
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Funktionalität und Sicherheit des Gasnetzes
Bereits der Titel „Safe Hydrogen Injection Modelling and Management for European Gas Network Resilience“ verweist auf die mit dem Projekt verbundene Zielsetzung: Für eine geplante höhere Einspeisung von Wasserstoff ins existierende Gasnetz sollen zuverlässige Modelle beziehungsweise Simulationswerkzeuge und sicheres Management bereitgestellt werden, um die Ausfallsicherheit beziehungsweise Robustheit des europäischen Gasnetzes zu gewährleisten.
„Die Einspeisung von H₂ ins existierende Gasnetz in höheren Anteilen oder in höherer Konzentration ist mit technischen Herausforderungen verbunden, weil die Infrastruktur ursprünglich nicht dafür vorgesehen ist. Deshalb müssen Werkzeuge, Prüfmethoden, Simulationsprogramme zum Planen und zum Betrieb, aber auch eine Übersicht über die bereits existierende Infrastruktur geschaffen werden, um die Sicherheit des Netzes und dessen Funktionalität zu gewährleisten“, erläutert der Projektverantwortliche Dr.-Ing. Oded Sobol von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung.
Im Rahmen des genannten übergeordneten Ziels werden weitere spezifische Ziele verfolgt, wie die Kartierung und Bereitstellung einer Übersicht über die existierende Infrastruktur in Bezug auf verwendete Materialien, Komponenten, Technologien und die Eignung dieser für H2. Diese Daten werden Bestandteil einer öffentlichen Wissensdatenbank sein, die dem Nutzer frühzeitig Informationen über die Eignung der Infrastruktur zur Verfügung stellt. Zudem sollen geeignete Materialtestverfahren sowie Werkzeuge oder Methoden für die Inspektion und zum Auffinden von Lecks bzw. Undichtigkeiten entwickelt werden.
Auch gelte es, Simulationswerkzeuge, zum Beispiel für die Planung oder Simulation der Gasqualität bei variierender Einspeisung und variierendem Verbrauch, bezogen auf Rate und Konzentration, zu schaffen. Die Gaszusammensetzung bei den Projektpartnern ist ebenfalls eine Fragestellung der Forschenden. Eine bestimmte Gasqualität soll durch das Projekt sichergestellt und Strategien für die Einspeisung von H₂ ins Gasnetz sollen entwickelt werden. Nicht zuletzt ist geplant, Guidelines für das Risikomanagement zu erstellen und Simulationsstudien für das Durchspielen verschiedener Szenarien zu erarbeiten.
Für die Projektpartner ist die Thematik indes nicht neu. So haben die Gasnetzbetreiber die H₂-Einspeisung in ihren Strategien und Zukunftsplänen fest verankert. Und auch die involvierten Forschungsgesellschaften haben auf ihren jeweiligen Spezialgebieten bereits Erfahrungen mit dem Thema sammeln können.
Vorgängerprojekte werden berücksichtigt
Somit werden in SHIMMER Daten von teilnehmenden Industriepartnern (hauptsächlich europäischen Fernnetz- und Verteilnetzbetreibern) gesammelt. Im Projekt wird auch auf den SyWeSt-H2-Bericht (Tests mit repräsentativen Materialproben von Rohren des deutschen Gasnetzes) zurückgegriffen. „Möglicherweise wird es auch eine Korrelation zur VerifHy-Datenbank (www.verifhy.de) geben, in der Hersteller für Rohrleitungen die Informationen zur H2-Readiness ihrer Produkte zusammengefasst haben“, erläutert der Projektverantwortliche bei SINTEF Industry, Dr. Heiner Schümann.
Weitere Projekte, die auf für die Datenbank nutzbare Resultate hin untersucht werden, sind zum Beispiel:
- das EU-Projekt HIGGS (Liste über Eignung von TSO-Rohrmaterial – unvollständig)
- das britische Projekt HyDeploy (Feldtests mit 20 % H2-Einspeisung in Großbritannien)
- die EU-Projekte THyGA (Testen von Verbraucherendgeräten und ihrer Eignung für H2-Erdgas-Mix, z. B. Wärmepumpen, Boiler, Öfen, CHP [combined heat and power], Verteiler etc.), CEN H2 PNR (Literaturrecherche für viele relevante Bereiche, unter anderem Gasqualität und Stahlrohre), CANDHy (Kompatibilität für nicht-metallische Materialien).
Mit den an diesen Projekten Beteiligten wird über die Möglichkeit einer Zusammenarbeit diskutiert.
Europäische Projekte
Fünf Arbeitspakete
Inhaltlich besteht das Projekt aus fünf Arbeitspaketen, welche zeitgleich durchgeführt werden sollen. „Es gibt jedoch Abhängigkeiten von unterschiedlichen Aufgaben innerhalb der Arbeitspakete, die bei der zeitlichen Planung zu berücksichtigen sind“, sagt Schümann.
Das erste von SINTEF geleitete Arbeitspaket trägt den Titel „Project Manangement and Coordination“ (Projektmanagement und Koordination). „Hier geht es darum sicherzustellen, dass das Projekt mit den gegebenen Mitteln und der erwarteten Qualität innerhalb des Zeitplans durchgeführt wird“, so Schümann. „Gasinfrastruktur und Betriebsbedingungen“
Das zweite Arbeitspaket „Gas Infrastructure and Operational Conditions“ (Gasinfrastruktur und Betriebsbedingungen) steht unter der Regie der BAM. „Unsere Aufgabe ist es, Informationen über die existierende europäische Gasinfrastruktur in Bezug auf metallische Materialien (Rohre) zu beschaffen. Dabei nutzen wir sowohl existierende Daten von anderen Projekten als auch aus der Literatur und sammeln außerdem neue Angaben von unseren Partnern“, sagt Sobol. Zudem beschaffe man Informationen über Betriebsbedingungen. Auch geltende Standards und Gesetze würden gesichtet, zusammengestellt sowie hinsichtlich ihrer Eignung überprüft. „Letztendlich wollen wir alle Informationen in einer benutzerfreundlichen Datenbank organisieren und diese öffentlich zugänglich machen“, so Sobol.
Das dritte Arbeitspaket ist überschrieben mit „Integrity Management and Safety“ (Integritätsmanagement und Sicherheit) und fällt unter die Zuständigkeit des spanischen Forschungszentrums TECNALIA (Zentrum für angewandte Forschung und Technologieentwicklung). Hier geht es darum, die Eignung von gängigen Material- und Kompatibilitätstestverfahren für die geplante höhere H2-Einspeisung zu überprüfen. Außerdem erfolgt eine GAP-Analyse unter dem Gesichtspunkt des Bedarfs nach Anpassung, Änderungen oder neuen Verfahren und Vorschriften. Auch werden Guidelines für Inspektionsmethoden für Rohrleitungen erarbeitet und Empfehlungen für Lecktestmethoden konzipiert. Schließlich geht es darum, Empfehlungen für die Risikoanalyse in Bezug auf Lecks zu geben und Werkzeuge dafür zu erarbeiten.
Im vierten Arbeitspaket „Flow Assurance“ (Sicherung des Durchflusses), geleitet von der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung (TNO), werden realistische Testverfahren beschrieben und existierende Simulationsprogramme auf ihre Eignung hin bewertet. Zudem soll eine Auswahl geeigneter Programme verbessert und angepasst werden, so dass damit entsprechende Szenarien durchgespielt werden können. Schließlich sollen geeignete Technologien für die Messung und Kontrolle der Gasqualität bewertet werden.
Im fünften und letzten Arbeitspaket „Dissemination, Communication and Exploitation“ (Verbreitung, Kommunikation und Verwertung), geleitet von GERG – Die Europäische Gas-Forschungsgruppe, wird die Verbreitung der Ergebnisse gesichert, das heißt, es wird dafür gesorgt, dass diese die richtigen Endnutzer, Entscheidungsgremien und Interessengruppen erreichen. Auch ist die GERG für die Publikation von Artikeln in Zeitschriften und weiteren öffentlichen Medien ebenso zuständig wie für die Organisation von Konferenzen. Des Weiteren besteht ihre Aufgabe in der Kommunikation mit Interessengruppen während der Projektphase, um Rückmeldung und notwendige Informationen zu bekommen.
Bei ihrer Arbeit sehen sich die Forschenden im Konsortium vor einige Herausforderungen gestellt: „Zunächst wäre die Vertraulichkeit der Informationen von Industriepartnern zu nennen. Gleichzeitig haben wir die Intention, so viel wie möglich zu veröffentlichen“, sagt Sobol. Außerdem sei die Bezeichnung von Materialien, zum Beispiel Stahlqualitäten, nicht hundertprozentig standardisiert, und es würden europaweit unterschiedliche Materialien mit teilweise unterschiedlicher Namensgebung verwendet. Auch differiere die Umgebung (Gasqualität, Klima), der die verschiedenen Materialien ausgesetzt sind. Zudem verfolgten die Industriepartner im Hinblick auf die Szenarien für Simulationsstudien verschiedene Interessen. Eine Einigkeit über die Beimischung von H₂ (z. B. 2,5 oder 20 %) bestehe ebenfalls nicht. „In unserem Projekt sind sieben Länder repräsentiert. Das Problem besteht auch darin, wie wir die Informationen aus den restlichen europäischen Ländern abdecken sollen“, sagt Schümann.
Publikation der Zwischenergebnisse steht kurz bevor
Erste Ergebnisse gibt es bereits. „Wir warten jedoch derzeit auf die Genehmigung und Freigabe durch die European Commission. Danach werden diese online zugänglich sein und auch auf unserer Webseite verlinkt werden“, sagt Schümann. Die Veröffentlichung der Datenbank auf der Projektwebseite (https://shimmerproject.eu/) sowie anderer wissenschaftlicher Publikationen sei, so Sobol, bis zum Projektende vorgesehen.
Industrie und Gesetzgebung profitieren
Nach Abschluss des Projekts im August 2026 sollen die meisten Ergebnisse, einschließlich der Datenbank, öffentlich zugänglich sein. Davon profitieren kann zum einen die Industrie: Die Planung bei der H2-Einspeisung wird vereinfacht. Netzbetreiber, Lieferanten und Hersteller von Rohren und Ausrüstung sparen Zeit und Kosten. Zum anderen können gesetzgebende Organe ihre Richtlinien anpassen. „Heutzutage gibt es für Europa weder harmonisierte Anforderungen oder Einspeiselimits noch Vorschriften für Prüf- und Eignungsverfahren für die H2-Einspeisung. Die Ergebnisse dieses Projektes sind eine Grundlage für einen solchen Standardisierungsprozess“, sagt Schümann.
https://shimmerproject.eu
von Sven Geitmann | Dez. 20, 2024 | 2024, Deutschland
Große Pläne und professionelles Marketing – das Auftreten der Firma HH2E war regelrecht beeindruckend, doch am 8. November 2024 beantragte das Hamburger Start-up Insolvenz in Eigenregie. Anlass dafür dürfte gewesen sein, dass der britische Mehrheitseigner Foresight Group das geplante H2-Großprojekt in Mecklenburg-Vorpommern doch nicht finanzieren wollte.
Geplant war unter anderem, sowohl bei Leipzig als auch in Lubmin Elektrolyseure zu errichten. An der Ostsee war die Rede vom Bau einer 100-MW-Anlage (bis 2030 1.000 MW) auf dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks und von Investitionen über 45 Mio. Euro. Die Planung dafür gehe zwar zunächst weiter, aber es fehle ein Investor, heißt es aktuell.
Gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung sagte HH2E-Firmenchef Alexander Voigt: „Wir bleiben dem Ziel verpflichtet, Kontinuität und Stabilität in unseren Abläufen aufrechtzuerhalten, während wir an einer langfristigen Lösung arbeiten. Ich bin überzeugt, dass wir bald einen strategischen Partner finden werden, der unsere Leidenschaft für grüne Energie teilt und die Vision der HH2E AG unterstützen kann.“ Voigt gründete 1996 das Solarunternehmen Solon und gilt als Pionier der erneuerbaren Energien.
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Das in Sachsen geplante HH2E-Projekt Thierbach bei Borna mit einem weiteren 100-MW-Elektrolyseur auf dem Areal des abgerissenen Braunkohlekraftwerks ist zunächst nur indirekt betroffen, da die HH2E-Thierbach-GmbH zwar eine hundertprozentige Tochter der 2021 gegründeten Hamburger Gesellschaft ist, selbst aber weiterhin zahlungsfähig ist. Im Rahmen dieses Projekts Net Zero LEJ sollte der Airport Leipzig/Halle zusammen mit DHL mit grünem Treibstoff versorgt werden.
Götz Ahmelmann, Leiter des Flughafens Leipzig/Halle, erklärte: „Als Unternehmen sind wir überzeugt von der umwelt- und wirtschaftspolitischen Bedeutung einer industriellen Produktion von Sustainable Aviation Fuel (SAF).“ Seiner Meinung nach bleiben die Voraussetzungen für die Herstellung nachhaltiger Flugkraftstoffe im industriellen Maßstab aber „weiterhin hervorragend“. „Mit starken Partnern und ausgedehnten Flächen, unterstützt durch einen wichtigen Kunden wie DHL, der sich dem klimaneutralen Fliegen verpflichtet hat, sind wir bestens aufgestellt.“
Bei einem Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung kann die Firmenleitung die Geschäfte fortführen, wenn berechtigte Hoffnungen bestehen, das Unternehmen sanieren zu können. Ein vom Gericht ernannter Sachwalter überwacht dabei begleitend den Prozess. Berechtigte Hoffnung besteht, dass durch die Insolvenz bisherige Zwänge abgelegt und über neue Kooperationen mehr Handlungsspielraum gewonnen werden kann.