von Sven Jösting | März 25, 2024 | 2024, Aktien, Börse, Elektromobilität, Energiespeicherung, Entwicklung, Markt, Stock Market, Wasserstoffwirtschaft
Der Plug-Kurs fiel schnell auf unter 3 US-$ (2,50 US-$ im Tief) und stieg dann wieder auf über 4 US-$. Bei einem Kurs von unter 3 US-$ konnte man hervorragend Handelspositionen aufbauen (s. HZwei-Heft Jan. 2024). Kommt es nun zu einer Wende in der Kursentwicklung oder war das nur ein kurzes Aufflackern, bevor es weiter abwärts geht? Oder kommt es sogar zu einer Trendwende nach oben?
Da gibt es die große Chance für Plug Power, einen Kredit (Loan) im Umfang von 1,6 Mrd. US-$ vom Department of Energy (DoE) im Rahmen des Inflation Reduction Act zu erhalten. Dieser soll innerhalb des dritten Quartals kommen, wobei es auch Gerüchte gibt, dass er wesentlich früher bewilligt werden könnte, aber an dieser Spekulation beteilige ich mich nicht. In diesem Idealszenario verfügt Plug dann über genügend Kapital, um unter anderem mehrere Produktionsstätten wie in Tennessee und New York auf- und auszubauen und dort die Produktion aufzunehmen. Die Börse wird dies – in case – sehr positiv bewerten: mit höheren Aktienkursen.
Aber ein Kredit ist Fremdkapital, das zurückgezahlt werden muss. Wie sind die Konditionen? Wie hoch ist der Zins bzw. Kupon? Was sind die Rückzahlungsmodalitäten? Wird der Kredit sofort in voller Höhe ausgezahlt oder in Raten und mit Zieldefinitionen (Milestones)? Was macht Plug mit dem Geld? Wenn keine Klarheit darüber besteht oder der Kredit erst gar nicht bewilligt wird, dann wird die Börse „verschnupft“ bzw. enttäuscht reagieren, mit der Folge fallender Aktienkurse.
Parallel dazu läuft ein Aktienplatzierungsprogramm über nominal (ATM: at the market) 1 Mrd. US-$. Davon sind bereits über 305 Mio. US-$ durch die Platzierung von 77,4 Mio. Aktien auf das Konto von Plug geflossen. Dies korreliert auch positiv mit dem DoE-Kredit: Wird dieser gewährt, steigt Plugs Kurs – wenn auch eventuell nur kurzfristig – stark an, und dies ermöglicht dann die perfekte Platzierung von Aktien via ATM in den Hochlauf. Mit diesem Geld aus dem ATM kann das kurzfristige Liquiditätsproblem gelöst werden, denn der Cash-Bestand lag am 31. Dezember 2023 gerade mal bei 135 Mio. US-$.
Hinzu kommen weitere mögliche Schwierigkeiten, denn das US-Finanzministerium definiert, wie Wasserstoff hergestellt werden muss, um die Förderung von bis zu 3 US-$ pro kg zu erhalten. Plug setzt sehr stark auf diese Förderung, aber es sind Fragen offen: Von welchem Standort muss die regenerative Energie kommen, in welcher Menge und zu welchem Zeitpunkt? Und an welchem Standort muss die Elektrolyse stattfinden. Hier gibt es, wie in der EU, eine Reihe bürokratischer Hürden – leider.
Enttäuschende Zahlen
Was sind das für Zahlen: Der Umsatz im Geschäftsjahr 2023 betrug statt der erwarteten 1,2 Mrd. US-$ nur 891 Mio. US-$. Der Verlust betrug sogar 1,4 Mrd. US-$, was einem Minus von 2,30 US-$ pro Aktie entspricht. Die Bilanzpressekonferenz im März warf mehr Fragen auf, als sie beantwortete.
So soll der Materialbestand (Inventory) über die Auslieferung von Fertigprodukten an Kunden wertmäßig um 700 Mio. US-$ reduziert werden. Während 2023 noch 400 Mio. US-$ in diesen Bereich investiert wurden, soll 2024 kein Kapital mehr dort hineinfließen.
Die Produktion an Standorten wie Georgia, Tennessee und Louisiana soll hochgefahren werden und zu einer Erhöhung der Gewinnmarge beitragen. An diesen Standorten ist man bereits heute in der Lage, flüssigen Wasserstoff selbst herzustellen und an Kunden zu liefern. Die Standorte Texas und New York werden erst nach der Bewilligung des DoE-Kredits weitergeführt, da sie sonst zu viel Liquidität binden.
Zudem soll es Preiserhöhungen (u. a. für H2, Stacks und Elektrolyseure) und ein Kostensenkungsprogramm in Höhe von 75 Mio. US-$ geben. Flüssiger Wasserstoff wird derzeit noch zugekauft, was Verluste mit sich bringt, soll aber durch selbst produzierten Wasserstoff ersetzt werden.
Nachdem Plug Power – ich berichtete ausführlich – in vielfältiger Weise Produktionsstätten in den USA und international aufgebaut und damit die Liquidität stark strapaziert hat, soll nun das geplante Kostensenkungsprogramm in Höhe von 75 Mio. US-$ greifen. Ob dieser Betrag ausreichen wird, darf allerdings bezweifelt werden, denn er erscheint angesichts der Liquiditätsprobleme von Plug geradezu lächerlich und kommt viel zu spät. Dass das Unternehmen an mehreren Standorten begonnen hat, flüssigen Wasserstoff zu produzieren und an Kunden wie Amazon und Walmart auszuliefern, ist erst einmal eine gute Nachricht, hat aber zunächst wenig Einfluss auf die Geschäftszahlen des Unternehmens.
Auch bei Aufträgen für Elektrolyseure kann Plug punkten, aber bis hier nennenswerte Umsätze und damit Gewinne sichtbar werden, wird es dauern. Dass sich der saudische Staatsfonds Public Investment Fund (PIF) Ende 2023 mit dem Verkauf von 5,67 Millionen Aktien komplett aus Plug zurückgezogen hat, ist kein gutes Zeichen.
Fazit
Den Worten müssen nun Taten folgen, denn zu oft wurden sehr vollmundige Prognosen abgegeben. Dass Plug für einige Projekte Partner ins Boot holt, scheint sehr wahrscheinlich. Und auch die Abspaltung (Teilverkauf) einiger Einheiten ist denkbar, wenn die Liquidität nicht zeitnah ausreichend dargestellt werden kann. Aktuell besteht allerdings kein Handlungsbedarf. Plug steht aber klar auf meiner Watchlist, da das Unternehmen zur richtigen Zeit in den richtigen Märkten aktiv ist. Wenn die finanziellen Probleme gelöst sind, es evtl. auch Veränderungen im Management, das Vertrauen verspielt hat, gibt, wird Plug seinen Weg gehen.
Über 170 Mio. leerverkaufte Aktien (Short Interest, Stand Mitte Februar) sind allerdings bedenklich, da hier massiv gegen das Unternehmen spekuliert wird oder – Stichwort Amazon und Walmart (Warrants) – eine Art Absicherung (Hedging) betrieben wird. Ohne Obligo. Immerhin wurden im Januar/Februar bereits 10 Mio. Aktien eingedeckt. Auf der anderen Seite ist es dieses Short Interest, das auch mal, über die Eindeckung, kurstreibend wirken kann (Short Squeeze), wenn gute Nachrichten gemeldet werden. Alles hat zwei Seiten.
Noch besteht aber kein Handlungsbedarf, denn nun steht erst einmal die Veröffentlichung der Zahlen für das erste Quartal an. Dass diverse Wirtschaftsmedien in Deutschland Plug Power zu den Top-Investments in Sachen Wasserstoff zählen, wundert mich allerdings. Es gibt überzeugendere H2-Investments.
Risikohinweis
Jeder Anleger sollte sich bei der Investition in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch die Volatilität ist deutlich höher. Diese Analyse stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, wobei der Fokus auf einer mittel- bis langfristigen Bewertung und nicht auf kurzfristigen Gewinnen liegt. Die hier vorgestellten Aktien können im Besitz des Autors sein. Es handelt sich nicht um eine Anlage- oder Kaufempfehlung, sondern lediglich um eine unverbindliche persönliche Einschätzung – ohne Obligo.
Autor: Sven Jösting, verfasst am 15. März 2024
von Sven Jösting | März 25, 2024 | 2024, Aktien, Deutschland, Energiespeicherung, Energiewirtschaft, Markt, Stock Market, Wasserstoffwirtschaft
Siemens Energy ist auf dem richtigen Weg, wie die jüngsten Zahlen zeigen. Zwar schreibt die Windtochter Gamesa nach wie vor Verluste, aber alle anderen Unternehmensbereiche laufen gut und sind profitabel, Tendenz steigend. Dass das auch die Börse so sieht, zeigt der Aktienkurs von zeitweise über 14 Euro. Man muss der Integration von Siemens Gamesa einfach Zeit geben. Das geht nicht in Wochen, sondern eher in ein bis zwei Jahren. Ab 2026 soll diese Einheit wieder profitabel sein und bis dahin ein Kostensenkungspotenzial von 400 Mio. Euro ermöglichen.
Gleichzeitig wächst der Markt für Offshore-Wind gerade enorm, und es werden immer mehr Synergien, z. B. mit Elektrolyseuren für die Offshore-Wasserstoffproduktion, sichtbar. Hier wächst zusammen, was zusammengehört, denn regenerativ erzeugter Windstrom sollte vor Ort in Moleküle umgewandelt werden, die dann per Schiff und Pipeline zu den Verbrauchern gelangen. Ob die Onshore-Windsparte – und hier liegen die Probleme bei Gamesa – als Aktivität aufrechterhalten werden kann und soll, ist fraglich, wenn die technischen Probleme nicht nachhaltig gelöst werden können.
Siemens gliedert sich in viele Divisionen, die alle unterschiedlich schnell wachsen und zum Erfolg des Konzerns beitragen. Die Sparte Gas Services weist einen Umsatz von 10,9 Mrd. Euro bei einem operativen Gewinn von 1,033 Mrd. Euro aus. Die Sparte Grid Technologies macht 7,2 Mrd. Euro Umsatz bei 0,54 Mrd. Euro Gewinn, und Transformation of Industry hat 4,4 Mrd. Euro Umsatz bei 0,228 Mrd. Euro Gewinn. Ich mache hier ein einfaches Gedankenspiel:
Was wäre, wenn Siemens Energy eine dieser Sparten als Spin-off (Abspaltung als Unternehmensanteil) an die Börse bringen würde, so wie es der Mutterkonzern Siemens mit Siemens Energy gemacht hat? Könnten vielleicht 30 bis 40 Prozent der Gas Services an der Börse anteilig 2, 3 oder 4 Mrd. Euro wert sein und Siemens Energy diesen Gegenwert über einen Börsengang (IPO) als Kapitalzufluss zukommen lassen? Mit diesem Kapital könnte Siemens Energy dann strategische Akquisitionen aus eigener Kraft finanzieren. Es könnten neue Geschäftsmodelle entwickelt werden, um die Offshore-Wind-Sparte von Siemens Gamesa mit der Elektrolyseur-Sparte zusammenzubringen, mit dem Ziel, Offshore-Wasserstoff zu produzieren. Wäre es nicht sogar interessant, mit Partnern und Kunden selbst in die Wasserstoffproduktion einzusteigen und Hardware von Siemens Energy als Asset oder Sacheinlage in Projekte einzubringen? All dies würde Siemens Energy neue und nachhaltige Umsatzfelder eröffnen, so meine rein theoretische Überlegung.
Neu im Aufsichtsrat: Prof. Veronika Grimm
Die Berufung von Prof. Veronika Grimm in den Aufsichtsrat von Siemens Energy – aus den Reihen der Wirtschaftsweisen kam Kritik wegen möglicher Interessenkonflikte – halte ich für zielführend, weil hier Kompetenz aus dem theoretischen Bereich in die Praxis eines Unternehmens einfließt. Grimm hat mit ihrer Kompetenz im Energiebereich eine besondere Stellung im Rat der Weisen, weil sie technologieoffen und pragmatisch denkt und auch dem Wasserstoff die Bedeutung zumisst, die das Supermolekül hat. Davon kann Siemens Energy profitieren. Zu Themen, die Siemens Energy direkt betreffen, wird Sie keine Stellungnahme abgeben. In Beratungsgremien wie dem Wirtschaftsrat sitzen Theoretiker.
Rekordauftragseingang
Die von der Bundesregierung endlich verabschiedete Kraftwerksstrategie (s. S. 26) lässt für Siemens Energy viel Fantasie aufkommen, denn so mancher Großauftrag für Gasturbinen könnte und sollte hier landen, da es überhaupt nur wenige leistungsfähige Anbieter wie Siemens Energy gibt. Es ist ein gutes Zeichen, dass das erste Quartal des Geschäftsjahres 2024 mit einem Gewinn vor Sondereffekten von 208 Mio. Euro abgeschlossen werden konnte. Der um beachtliche 24 Prozent auf 15,4 Mrd. Euro gestiegene Auftragseingang im Quartal katapultierte diesen auf den Rekordwert von über 118 Mrd. Euro und lässt, wenn es so weitergeht, auch auf Jahresbasis 140 bis 150 Mrd. Euro erwarten (Schätzung).
Fazit: Kaufen und liegen lassen. Der Konzern ist als Komplettanbieter in den richtigen und vor allem wachstumsstarken Märkten der Energieerzeugung, besonders auch im Thema Wasserstoff, perfekt positioniert.
Risikohinweis
Jeder Anleger sollte sich bei der Investition in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch die Volatilität ist deutlich höher. Diese Analyse stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, wobei der Fokus auf einer mittel- bis langfristigen Bewertung und nicht auf kurzfristigen Gewinnen liegt. Die hier vorgestellten Aktien können im Besitz des Autors sein. Es handelt sich nicht um eine Anlage- oder Kaufempfehlung, sondern lediglich um eine unverbindliche persönliche Einschätzung – ohne Obligo.
Autor: Sven Jösting, verfasst am 15. März 2024
von Sven Jösting | Jan. 4, 2024 | 2024, Aktien, Allgemein, Asien, Börse, International, Markt, Stock Market, Wasserstoffwirtschaft
Der Aktienkurs von Weichai Power ist in den letzten Wochen um fast 50 Prozent gestiegen. Grund ist die Partnerschaft mit BYD bei der Elektrifizierung großer Fahrzeugflotten. Ein perfektes Joint Venture, wie es scheint. Weichai Power könnte damit – so meine Vermutung – bei BYD die Tür in Richtung Brennstoffzelle aufstoßen, denn neben batterieelektrischen Lkw und anderen Nutzfahrzeugen passt hier die Brennstoffzelle perfekt für die Langstrecke.
Weichai hat ein Gemeinschaftsunternehmen mit Ballard Power in China (51:49), mit einer Kapazität von bereits 20.000 BZ-Modulen pro Jahr. Und Weichai wird einer der Hauptprofiteure sein, wenn in China ein großes Förderprogramm für Brennstoffzelle und Wasserstoff kommt – vielleicht 2024 oder 2025. Weichai ist Chinas größter Dieselmotorenhersteller, der nun in Richtung E-Mobilität geht – vergleichbar mit Cummins Engine in den USA. Weichai arbeitet auch mit Bosch zusammen.
Warum keine Empfehlungen anderer BZ-Werte?
Ich schaue mir Firmen wie Nel Asa, ITM, PowerCell, Nucera und viele andere sehr genau an. Da ich davon ausgehe, dass gerade bei den Elektrolyseuren die Konkurrenz, vor allem aus China, deutlich zunehmen wird, kann es sein, dass selbst hohe Auftragszuwächse nicht unbedingt zu höheren Gewinnmargen führen. Führende chinesische Solarzellenhersteller wie Longi bauen große Kapazitäten an Elektrolyseuren auf. Die Qualität dieser Produkte soll – so legen es Gespräche mit Experten vor Ort nahe – der von u. a. europäischen Herstellern in nichts nachstehen, allerdings gibt es große Preisunterschiede. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Elektrolyseuren aller Art (SOEC, PEM, alkalische) weltweit dramatisch an. Unternehmen wie Bloom Energy, Plug Power, FuelCell Energy und Siemens Energy decken den Bereich der Elektrolyseure im Rahmen ihrer Geschäftsmodelle hinreichend ab – zum Teil mit Technologieführerschaft wie bei Bloom. Darüber hinaus ist der Vergleich der Börsenbewertung der Unternehmen in Relation zu Umsatz, Auftragseingang und Liquidität ein Kriterium. Klar ist aber auch: Vom Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft werden alle beteiligten Unternehmen profitieren – auch in ihrer Aktienkursentwicklung. Spannend sind die Perspektiven der großen Gasehersteller wie Linde, Air Products und Air Liquide. Diese werden besonders von den Förderprogrammen für grünen Wasserstoff profitieren. Im nächsten HZwei-Heft wird es dazu mehr Hintergründe geben.
Risikohinweis
Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.
von Sven Jösting | Jan. 3, 2024 | 2023, 2024, Aktien, Börse, International, Markt, Stock Market, Wasserstoffwirtschaft
Was konnte man da nicht alles lesen: „Siemens Energy gerettet.“ Stand der Konzern denn vor dem Konkurs? Mitnichten. Es ging um die Absicherung von Aufträgen – und da hat der Konzern wertmäßig über 112 Mrd. Euro in den Büchern – durch Bürgschaften, die nach der Abspaltung vom Mutterkonzern Siemens nicht mehr vorhanden waren. Der extrem hohe Verlust in Höhe von 4,6 Mrd. Euro für das vergangene Geschäftsjahr beruht auf der angeschlagenen Windtochter Siemens Gamesa. Dafür gab es indes schon Rückstellungen, und durch den Verkauf der Beteiligung an der indischen Tochter in Höhe von 18 Prozent für 2,1 Mrd. Euro an Siemens ist genug Kapital vorhanden, um die Verluste zu stemmen. Nun werden die Banken (mit 7,5 Mrd. Euro zum Teil rückversichert durch den Bund) und der ehemalige Mutterkonzern Siemens insgesamt 15 Mrd. Euro an Bürgschaften für Siemens Energy auslegen. Der Konzern zahlt dafür eine übliche Provision. Ob diese Bürgschaften jemals genutzt werden müssen, darf bezweifelt werden – es geht um Pro-forma-Sicherheiten.
Anteile der Indientochter gehen an Siemens
Wie massiv Siemens Energy an der Börse unterbewertet wird, zeigt ein Blick auf die indische Tochter: In Indien hält Siemens Energy circa 25 Prozent an Siemens India Ltd., an der auch die Mutter Siemens beteiligt ist. Hier kommt nun die Entflechtung: Siemens übernimmt 18 Prozent plus 5 Prozent als Sicherheit, u. a. für die Gebühr für die Nutzung der Namensrechte. Wohlwollend ausgedrückt: Je mehr Sicherheiten in Form von Garantien, desto mehr Aufträge können eingenommen und damit am Ende des Tages Geld verdient werden. Auf der anderen Seite gilt: Hätte Siemens Energy die Sicherheiten (Bürgschaften) nicht darstellen können, hätten Ratingagenturen eventuell das Bonitätsrating senken können, was zusätzliche Kosten (erhöhte Zinsen als Beispiel) zur Folge gehabt hätte.
Dass Siemens Energy jedes Jahr beachtliche 250 Mio. Euro an die Mutter zahlen muss, nur um „Siemens“ im Namenszug tragen zu können, erscheint wie Abzocke. Denn mit 25 Prozent am Grundkapital von Siemens Energy hält Siemens einen Börsenwert in Höhe von nur 2 bis 2,5 Mrd. Euro, in Relation zu denen 250 Mio. Euro Jahresgebühr und damit eine sichere Rendite in Höhe von mehr als zehn Prozent seitens Siemens erzielt wird. Es ist dabei egal, ob Siemens Energy Gewinn oder Verlust macht. Der Bund wie auch Siemens und beteiligte Banken haben unaufgeregt daran gearbeitet, die Bürgschaften darzustellen – man kann ja die Projekte einzeln bewerten, die Siemens Energy in den Büchern hält.
Schwierige Zeiten für die gesamte Windenergie-Branche
Die schlechten Zahlen bei den Windkraft-Aktivitäten von Siemens Gamesa gelten für fast alle Hersteller der Windbranche. Es gab Preise und Konditionen, die zu Verlusten geführt haben (höhere Zinsen, Probleme in der Lieferkette, Rohstoffpreise, Kalkulationen). Hinzu kommen Qualitätsprobleme und technische Probleme. Chinesische Anbieter sitzen im Driver’s Seat, weil sie wesentlich günstiger produzieren und andere Finanzierungsmodelle anbieten. Hier in Europa kann man nur mit Restriktionen drohen und mit Subventionen locken, sofern hier produziert wird.
Mutterkonzern Siemens mit Eigeninteresse
Hatte Siemens Energy früher Patronatserklärungen der Mutter Siemens (hält noch circa 25,1 Prozent plus indirekt weitere fünf bis sechs Prozent im Siemens-Pensionsfonds), so muss das Unternehmen diese nun selbst darstellen. Wir sprechen da über ein Volumen in Höhe von 15 Mrd. Euro, mit dem ein Drittel des Auftragsbestandes von 112 Mrd. Euro (Angabe aus dem Unternehmen) abgesichert werden kann. Nun verhält es sich aber so, dass Siemens Energy kein Kapital benötigt hat, um vor einem Konkurs geschützt zu werden, wie es mal bei TUI oder der Commerzbank erschien. Da hat sich der Staat direkt beteiligt und Eigenkapital eingebracht. Bei Siemens Energy ging es um reine Bürgschaften für bestehende Aufträge.
Fazit: Nicht Bange machen lassen. Siemens Energy ist trotz der Probleme der Tochter Gamesa gut aufgestellt, verdient in wichtigen Bereichen Geld und kann unverändert als Wachstumsstory in Sachen regenerativer Energie und Wasserstoff in vielen Anwendungen angesehen werden. Die aktuellen Probleme werden gelöst. 2026 soll es wieder einen Gewinn des Konzerns im Ganzen geben – also leistet dann auch Siemens Gamesa einen positiven Beitrag. „Buy on bad news“ ist die einzige Schlussfolgerung, die man nach der aktuellen Sachlage ziehen kann.
Risikohinweis
Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.
von Sven Jösting | Jan. 3, 2024 | 2023, 2024, Aktien, Börse, International, Stock Market, Wasserstoffwirtschaft
Der Umsatz in Höhe von 198,7 Mio. US-$ im dritten Quartal lag erheblich unter den Erwartungen, der Verlustausweis, ausgedrückt pro Aktie, beträgt ein Minus von 0,47 US-$/Aktie bei erwartetem Minus von 0,30 US-$/Aktie – im negativen Sinn. Der Verlust für die ersten neun Monate des Geschäftsjahres liegt bei über 725 Mio. US-$. Aber dass am Quartalsende nur noch 567 Mio. an Bargeld vorhanden sind, irritiert doch sehr, da der Vorstand immer von ausreichender Liquidität sprach.
Nun gilt es als sicher, dass mindestens für 500 Mio. US-$ neue Liquidität – und zwar kurzfristig – gewonnen werden muss, um alle Projekte ausreichend finanzieren zu können, so die Meinung des Fachanalysten von Morgan Stanley, Andrew Percoco. Das drückt dann – in case – weiter auf den Aktienkurs, denn institutionelle Anleger wollen einen Discount zum Einstiegskurs.
Hat sich das Plug-Power-Management selbst überschätzt und zu viele Projekte gleichzeitig angefangen? Man spricht von sieben bis neun Giga-Projekten (Produktionsstätten unter anderem für BZ-Stacks, Elektrolyseure, Wasserstoff, Cryotechnologien) in den USA und vier weiteren weltweit. Da ist der Kapitalabfluss schnell sehr hoch. Parallel sind bestimmte Regulatorien noch nicht vorhanden. Und auch der vom Department of Energy (DOE) erwartete Kredit im Rahmen des IRA in Höhe von 1 bis 1,5 Mrd. US-$ wird frühestens im Jahr 2024 spruchreif, da es umfassende Prüfungen und Bedingungen gibt.
Plug selbst produziert wohl noch keinen flüssigen Wasserstoff, sondern kauft diesen am Markt ein. Damit haben sich weitere Probleme eingeschlichen, weil das mit hohen Kosten und auch Verlusten verbunden ist. Parallel ist es das eingefrorene Bargeld in Höhe von über einer Mrd.US-$ (Restricted Cash), welches wiederum nach meiner Einschätzung mit den genannten Großkunden in Verbindung stehen könnte.
Angespannte Liquiditätslage
Nur noch 567 Mio. US-$ hat Plug Power per Ende des dritten Quartals an Bargeld auf dem Konto. Die vielen parallel laufenden Projekte bedürfen aber weiterer finanzieller Unterstützung, ehe Umsätze und damit verbundene Gewinne generiert werden können. Das wird dauern. Es rächt sich jetzt, dass man alles sehr vollmundig dargestellt hat, so unter anderem der CEO Andy Marsh, um an der Börse via Investor Relations Stimmung zu machen.
Nun ist zu erwarten, dass Plug versuchen wird, durch die Ausgabe von Aktien und/oder Wandelanleihen neues Eigenkapital zu beschaffen, was aber angesichts der Zahlen nicht mehr so einfach sein wird. Auf Basis der heutigen Aktienkurse wird jede größere Kapitalerhöhung (Aktienausgabe) nur zu niedrigen Kursen möglich sein. Der Vorstand beschreibt eine Reihe von internen Problemen, angefangen mit der Situation beim Einkauf von Wasserstoff bis hin zur sich verzögernden Betriebsaufnahme von Produktionsstätten sowie Problemen mit Lieferketten.
Dass das Segment Elektrolyseure starke Auftragseingänge hat, mag beruhigend wirken, aber es ist zu befürchten, dass der Wettbewerb stark zunimmt, wodurch die Gewinnmargen schrumpfen. O-Ton aus dem Unternehmen: „Noch nie dagewesene Herausforderungen bei der Versorgung mit Wasserstoff in Nordamerika“.
Short Interest
Auf diese Zahl – im Dezember bei Plug über 158 Mio. Aktien – schaue ich immer sehr genau, denn sie zeigt, in welcher Form gegen ein Unternehmen und dessen Börsenkurs spekuliert wird. Bei guten Nachrichten kann hieraus ein Kursturbo werden (Squeeze), aber im Fall von Plug zeigt sich, dass die Shortseller mit ihrer Einschätzung richtig liegen. Ich unterstelle indes, dass es gerade die Großkunden Amazon und Walmart sind, die ihre Optionsrechte via Leerverkauf abgesichert haben könnten. Beide zusammen haben als Geschenk über 100 Millionen Stück dieser Rechte erhalten und mit sehr niedrigen Wandlungskursen in Aktien tauschen können. Theoretisch haben beide mehrere Milliarden US-$ an (Buch-)Gewinn in den Büchern, wenn sie bei 70, 60, 50, 40, 30 US-$ pro Aktie short gegangen sein sollten – ihre Einstandskurse lagen bei ca. 1,29 bis 13 US-$ pro Aktie via Ausübung der Optionsscheine. Aber das ist nur eine Vermutung von mir – ohne Obligo.
Ich habe diesen Deal immer kritisch gesehen, weil Plug damit Kunden „geködert“ hat. Und Restricted Cash in Höhe von einer Mrd. US-$ steht mit diesen Großkunden in direktem Zusammenhang. Der Grund: Da geht es um Garantien, Gewährleistungen, Sicherheit für technischen Support, Ersatzteile und vieles andere. Plug Power muss gegenüber Kunden wie Walmart und Amazon solche Garantien abgeben, damit es bonitätsmäßig die Aufträge auch umsetzen kann, also unter anderem H2-Tankstellen für Gabelstapler betreibt und dafür sorgt, dass es immer ausreichend Wasserstoff gibt. Die Folge sind circa eine Mrd. US-$ an Restricted Cash, eingefrorene Finanzmittel, die nicht anders zum Einsatz kommen können. Werden Firmen wie Amazon immer exklusiver Kunde von Plug Power bleiben, was Gabelstapler und deren H2-Betankung angeht? Die Frage stellt sich, weil es weniger Aufträge von Amazon für die Umrüstung von Gabelstaplern gibt. Warum?
Plug verliert Power-to-X-Projekt in Dänemark
Über den Konsortiumspartner Plug Power Idomlund Denmark hatte Plug eigentlich den Zuschlag für das erste Power-to-X-Projekt in Dänemark mit insgesamt 280 MW Elektrolysekapazität in sechs Projekten in der Tasche. Nun kam der Rückschlag am 20. November 2023: Plug hat es nicht geschafft, in der vorgegebenen Zeit eine Bankbürgschaft beizubringen. Es geht wohl um 28,3 Mio. Euro – ohne Obligo.
Fazit: Ich hatte zur Zurückhaltung geraten, bis die Zahlen für das dritte Quartal auf dem Tisch liegen. Nun ist das der Fall, aber ein Kauf bietet sich noch immer nicht an, weil es noch dauert, bis das Unternehmen Klarheit geschaffen hat. Im Gegenteil: abwarten. Trader können aber aktiv werden, denn die Kursschwankungen werden nachrichtengetrieben sehr hoch bleiben (hohe Volatilität), weil die Börse das Unternehmen bereits stark abgestraft hat (minus 40 Prozent allein am 10.11.2023).
Es stellt sich auch die Frage, ob Plug Power nicht daran vorbeikommt, Partner in manches Projekt aufzunehmen, wie man dies mit Fortescue bereits gemacht hat. Das aber käme dann zur Unzeit, denn die möglichen Konditionen bestimmt eher der Partner und Investor als Plug Power selbst. Werden nun eventuell sogar Assets verschleudert werden müssen?
Kurzum: Es gibt aktuell keinen Handlungsbedarf, weil auch die erwarteten Zahlen für das laufende vierte Quartal wieder enttäuschend sein könnten. 2024 und in den Folgejahren kann dann aber der positive Umschwung kommen, wenn Plug die Eigenproduktion von Wasserstoff im großen Stil realisiert und hier unter anderem vom IRA profitiert und damit auch gutes Geld verdient. Ein DOE-Kredit kann ein Gamechanger werden, aber das dauert. Eine Garantie gibt es dafür nicht, wenn auch der Regierung Biden unterstellt werden kann, dass Prestigeprojekte und Akteure wie Plug nicht fallen gelassen werden.
Weitere Aktienausgaben gelten nun sogar als notwendig und werden nicht zu idealen Konditionen umsetzbar sein. Sechs Analysten haben bereits ihre Einschätzung radikal geändert – im negativen Sinne. Ich hätte nicht gedacht, dass meine Prognose so schnell eintritt, wonach der Wert von Bloom Energy den von Plug Power übertreffen wird. Ein Buy-on-Bad-News eignet sich hier leider noch nicht. Ein Abstauber-Limit für den Kauf der Aktie bei drei Euro wäre ein erster Schritt. Dieser Kurs ist denkbar, wenn Plug institutionellen Anlegern als Entgegenkommen einen Discount beim Bezug neuer Aktien – als Risikoabschlag – anbietet.
Risikohinweis
Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.