von Sven Geitmann | Dez. 20, 2024 | 2024, Deutschland
Große Pläne und professionelles Marketing – das Auftreten der Firma HH2E war regelrecht beeindruckend, doch am 8. November 2024 beantragte das Hamburger Start-up Insolvenz in Eigenregie. Anlass dafür dürfte gewesen sein, dass der britische Mehrheitseigner Foresight Group das geplante H2-Großprojekt in Mecklenburg-Vorpommern doch nicht finanzieren wollte.
Geplant war unter anderem, sowohl bei Leipzig als auch in Lubmin Elektrolyseure zu errichten. An der Ostsee war die Rede vom Bau einer 100-MW-Anlage (bis 2030 1.000 MW) auf dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks und von Investitionen über 45 Mio. Euro. Die Planung dafür gehe zwar zunächst weiter, aber es fehle ein Investor, heißt es aktuell.
Gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung sagte HH2E-Firmenchef Alexander Voigt: „Wir bleiben dem Ziel verpflichtet, Kontinuität und Stabilität in unseren Abläufen aufrechtzuerhalten, während wir an einer langfristigen Lösung arbeiten. Ich bin überzeugt, dass wir bald einen strategischen Partner finden werden, der unsere Leidenschaft für grüne Energie teilt und die Vision der HH2E AG unterstützen kann.“ Voigt gründete 1996 das Solarunternehmen Solon und gilt als Pionier der erneuerbaren Energien.
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Das in Sachsen geplante HH2E-Projekt Thierbach bei Borna mit einem weiteren 100-MW-Elektrolyseur auf dem Areal des abgerissenen Braunkohlekraftwerks ist zunächst nur indirekt betroffen, da die HH2E-Thierbach-GmbH zwar eine hundertprozentige Tochter der 2021 gegründeten Hamburger Gesellschaft ist, selbst aber weiterhin zahlungsfähig ist. Im Rahmen dieses Projekts Net Zero LEJ sollte der Airport Leipzig/Halle zusammen mit DHL mit grünem Treibstoff versorgt werden.
Götz Ahmelmann, Leiter des Flughafens Leipzig/Halle, erklärte: „Als Unternehmen sind wir überzeugt von der umwelt- und wirtschaftspolitischen Bedeutung einer industriellen Produktion von Sustainable Aviation Fuel (SAF).“ Seiner Meinung nach bleiben die Voraussetzungen für die Herstellung nachhaltiger Flugkraftstoffe im industriellen Maßstab aber „weiterhin hervorragend“. „Mit starken Partnern und ausgedehnten Flächen, unterstützt durch einen wichtigen Kunden wie DHL, der sich dem klimaneutralen Fliegen verpflichtet hat, sind wir bestens aufgestellt.“
Bei einem Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung kann die Firmenleitung die Geschäfte fortführen, wenn berechtigte Hoffnungen bestehen, das Unternehmen sanieren zu können. Ein vom Gericht ernannter Sachwalter überwacht dabei begleitend den Prozess. Berechtigte Hoffnung besteht, dass durch die Insolvenz bisherige Zwänge abgelegt und über neue Kooperationen mehr Handlungsspielraum gewonnen werden kann.
von Sven Geitmann | Dez. 19, 2024 | 2024, Europa, Kongresse, Messen, News, Politik
Vier Tage energiepolitisches Miteinander in Brüssel – zum dritten Mal fand 2024 vom 18. bis zum 21. November die European Hydrogen Week in Belgien statt. Organisiert von Hydrogen Europe, dem europäischen Wasserstoffverband, präsentierten sich insgesamt 220 Aussteller und, während der Konferenz, zahlreiche Akteure mit ihren Vorhaben und Anliegen in den zwei Messehallen.
Anders als bei anderen H2-Events in Hamburg, Rotterdam oder Hannover geht es in der europäischen Hauptstadt insbesondere um energiepolitische Fragen. So gab es auf der Messe relativ wenige Ausstellungsobjekte zu sehen, kaum Komponenten oder Produkte, dafür aber einige vergleichsweise große Stände – zumindest für H2-Branchenverhältnisse –, auf denen ausreichend Platz zum Networken sowie für konzeptionelle Gespräche war.
Auf der Konferenz, die mit in der Ausstellungshalle integriert war, ging es unter anderem um politische Forderungen, regionale Vorzeigevorhaben und internationale Kooperationen. Die mehr als 200 Rednerinnen und Redner präsentierten Vorschläge und debattierten in 25 Panelsessions über erforderliche H2-Untergrundspeicher, über eine bessere Verknüpfung des H2-Sektors mit dem Energiesektor, über die erforderliche Deregulierung sowie bessere Rahmenbedingungen zum Fällen finaler Investitionsentscheidungen.
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Hydrogen Europe unterzeichnete unter anderem Zusammenarbeitsvereinbarungen sowohl mit H2 Chile als auch mit Green Hydrogen Association (GH2) aus Indien, um den branchenübergreifenden und öffentlich-privaten Austausch zwischen der Europäischen Union und diesen beiden Ländern zu erleichtern.
2025 findet diese Veranstaltung bereits vom 29. September bis zum 3. Oktober statt.
von Sven Geitmann | Dez. 16, 2024 | 2024, Allgemein, Deutschland, Meldungen
Der deutsche Brennstoffzellenhersteller Proton Motor hat zum Jahresende 2024 das vorläufige Ende seiner Produktionsaktivitäten angekündigt, sollte kein neuer Investor gefunden werden. Trotz emsiger Bemühungen zur Firmenrettung teilte das bayerische Unternehmen Mitte September mit, dass den Mitarbeitenden der Puchheimer Niederlassung ihre Arbeitsverträge zum Ende der vorgesehenen Frist gekündigt werden, um eine geordnete Abwicklung der Geschäftstätigkeit gewährleisten zu können.
Proton Motor gehört zum britischen Unternehmen Proton Motor Power Systems PLC, dessen Verwaltungsrat im November 2024 zu dem Schluss kam, dass „die geordnete Abwicklung des Unternehmens“ die „geeignetste Vorgehensweise“ sei. Es werde zwar weiterhin nach alternativen Finanzierungsquellen gesucht, um den Betrieb des Unternehmens auch im Jahr 2025 aufrechtzuerhalten, bis Ende November war jedoch keine tragfähige Lösung erkennbar. Die Aktie von Proton Motor Power Systems hat in Jahresfrist rund 85 Prozent an Wert verloren.
Ende August 2024 hatte der Hauptinvestor mitgeteilt, dass er sich bis Ende 2024 aus der Finanzierung zurückziehe. Ausstehende Kundenaufträge würden zwar, soweit möglich, erfüllt, aber neue Verträge könnten erst abgeschlossen werden, wenn eine Finanzierung und die künftige Ausrichtung des Unternehmens geklärt seien.
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Im Sommer 2024 hatte Manfred Limbrunner, der mittlerweile freigestellte Direktor für Kommunikation, noch mitgeteilt, dass sein Unternehmen bis Mitte 2025 nach Fürstenfeldbruck umziehen wolle, wo eine Fabrik errichtet werden solle, in der automatisiert bis zu 5.000 Brennstoffzellensysteme und 30.000 Stacks jährlich produziert werden könnten.
von Sven Geitmann | Dez. 13, 2024 | 2024, Deutschland, Meldungen, Wasserstoffwirtschaft
Hoher Besuch beim Brandenburgischen Wasserstofftag
Auf dem Telegrafenberg in Potsdam geht es üblicherweise um Geologie und Klima. Der 16. Oktober 2024 stand jedoch ganz im Zeichen von Wasserstoff. Der damalige Landeswirtschaftsminister Prof. Jörg Steinbach hatte zum dritten Mal zum Brandenburger Wasserstofftag eingeladen, zu dem auch Besuch aus Brüssel erschien.
Dr. Sopna Sury, die Vorsitzende des Verwaltungsrates des europäischen Wasserstoffverbands Hydrogen Europe, stellte in Potsdam ihre Sicht auf die aktuelle politische Lage dar und erklärte nachdrücklich, dass jetzt die Zeit zum Handeln sei. Sie sagte: „Wir sollten die nächsten Monate bitte nicht verstreichen lassen. […] Die Zeiten für Powerpoint sind vorbei, jetzt geht es um konkrete Vorhaben.“
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Darüber hinaus warb sie für ein „Ende des Regenbogens“, also für die Beendigung der H2-Farbenlehre. Hydrogen Europe setze sich dafür ein, statt über die Eignung von blauem oder rotem Wasserstoff zu streiten, einen CO2-Abdruck von Wasserstoff einzuführen, so dass ersichtlich sei, wie klimaschädlich die jeweiligen H2-Atome seien.
„Es braucht Kollaboration: mit Europa, zwischen Politik und Wirtschaft, von Bund und Ländern. Wasserstoff ist Team-Play.“
Dr. Sopna Sury, Hydrogen Europe
Auch der ehemalige brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach appellierte an die Industrie, „ins Risiko zu investieren“. Da zukünftig ein Teil der CO2-Zertifikate vom Markt genommen werde, sei absehbar, dass die Preise für fossile Energieträger steigen würden, so der Minister, dessen vorerst letzte offizielle Veranstaltung dieser Wasserstofftag war, da sich das Landesparlament nach der Wahl neu konstituieren wird.
Kritik am H2-Kernnetz
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur
Deutliche Kritik mussten sich Jörg Steinbach und Klaus Müller (s. Abb. 2) für das geplante Wasserstoffkernnetz gefallen lassen. Einige Akteure machten ihrem Unmut darüber Luft, dass die ursprünglich geplante Trasse der doing-hydrogen-Pipeline zwischen Rostock und Thüringen nicht von Anfang an Teil des „H2-Autobahnnetzes“ ist (s. S. 16).
Steinbach wie auch Müller erklärten zur Nichtberücksichtigung dieses Abschnittes, die Leitung habe „nicht wirtschaftlich dargestellt werden“ können. Dem wurde entgegengestellt, dass nun westlich von Berlin ein riesiger weißer Fleck auf der Landkarte entstehe, wodurch eine ganze Region – trotz reichlich verfügbarer erneuerbarer Energien – von potentiellen H2-Vorhaben abgeschnitten werde.
Autor: Sven Geitmann
von Sven Geitmann | Dez. 10, 2024 | 2024, Allgemein, Kongresse, Messen, News, Wasserstoffwirtschaft
hy-fcell 2024 mit vielen Ausstellern aus der Region
Eine schöne Regionalmesse in Süddeutschland – insbesondere für die Zulieferfirmen in und um Stuttgart. Was sich bereits 2023 bei der hy-fcell abzeichnete, wurde am 8. und 9. Oktober 2024 bestätigt: Die ursprünglich als internationales Symposium mit begleitender Ausstellung konzipierte Veranstaltung büßt im europaweiten Event-Wettbewerb an Bedeutung ein, intensiviert aber den Kontakt nach Afrika.
Nach Angaben der Landesmesse Stuttgart sind die Ausstellerzahlen gegenüber den Vorjahren um zehn Prozent auf 189 gestiegen. Und es waren auch durchaus einige asiatische Unternehmen in der Mahle-Halle vertreten. Dem eigenen Anspruch, eine bedeutende internationale Messe zu sein, wurde die hy-fcell dennoch nicht gerecht.
Unter den insgesamt 3.000 Teilnehmenden sowohl der Konferenz als auch der Messe waren Gäste aus 35 Ländern. Roland Bleinroth, Geschäftsführer der Messe Stuttgart, resümierte: „Die Zusammenarbeit mit der Delegation aus Afrika – unter anderem aus den Ländern Nigeria, Ruanda und Uganda – war ein wichtiger Aspekt auf der hy-fcell, der die Beziehungen zwischen den beiden Regionen vertieft hat. Das Netzwerktreffen sowie die Side Events hierzu waren sehr gut besucht.“ Im Rahmen der hy-fcell fand in diesem Jahr erstmals das Global Partnership for African Development Forum statt.
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Die Konferenz wirkte zwar kleiner als in früheren Jahren, da sie in die Messehalle integriert war, verzeichnete aber nach Veranstalterangaben „deutlich mehr Zulauf“. Von Expertenseite hieß es, die Qualität sei – nicht zuletzt dank der fachlich-wissenschaftlichen Betreuung – gut gewesen. Beherrschendes Thema, insbesondere in der Eröffnungssession, war die weitere Entwicklung im Energiesektor. Die fehlende Planungssicherheit liegt wie eine Dämmmatte über allen Entscheidungen und verhindert potentielle Investitionen.
Neue NOW-Chefin stellt sich vor
Mit großem Interesse wurde die erste offizielle Rede von Dagmar Fehler verfolgt. Die neue Geschäftsführerin und Sprecherin der Nationalen Organisation Wasserstoff und Brennstoffzellentechnologie NOW GmbH, die nach dem Ausscheiden ihres Vorgängers Kurt-Christoph von Knobelsdorff seit September 2024 im Amt ist, nahm sich ausreichend Zeit dafür, die aktuelle Lage bei der NOW zu beschreiben – siehe dazu das Interview auf Seite 18. Sie bezeichnete die finanzielle Situation als kritisch, beteuerte aber, dass der Aufbau der H2-Infrastruktur gemäß den AFIR-Vorgaben vorangetrieben werde.
Die diesjährigen, jeweils mit 10.000 Euro dotierten hy-fcell awards gingen an die H2Fly GmbH mit ihrem Wasserstoffflugzeug HY4 sowie an die WS Reformer GmbH (bereits Preisträger des f-cell awards 2001) für ihren Ammoniak-Cracker zur dezentralen Wasserstofferzeugung. Der Start-up-Preis ging an die CellForm Hydrogen GmbH & Co. KG mit ihren High-Performance-Bipolarplatten.
Autor: Sven Geitmann