H2-Verteilung mit gesamteuropäischem Pipelinesystem

H2-Verteilung mit gesamteuropäischem Pipelinesystem

Neue DNV-Studie analysiert Produktion und Export

Eine neue Studie des Beratungsunternehmens DNV untersucht das H2-Exportpotenzial aus Schweden, Finnland und dem Baltikum sowie alternative Transportrouten nach Deutschland und Zentraleuropa. Die Studie zeigt dabei auf, ob es im Ostseeraum ein ausreichendes Potenzial für die Produktion von Wasserstoff für den Export gibt, wie wirtschaftlich dieser Wasserstoff produziert werden kann und wie die Länder in der Region von der Entwicklung eines H2-Netzes sowie dem entsprechenden Handel mit Wasserstoff profitieren können. Für den groß angelegten Export von Wasserstoff können gesamteuropäische Pipelinesysteme eine entscheidende Rolle spielen, weshalb die Studie auch eine vergleichende Analyse möglicher Pipelinerouten enthält.

Für die Dekarbonisierung zentraler Industriebereiche in Zentraleuropa und insbesondere in Deutschland ist die Beschaffung von günstigem grünem Wasserstoff in den kommenden Jahren eine wichtige Herausforderung. Insbesondere die Stahlindustrie und die Grundstoffchemie sind von der Verfügbarkeit von günstigem Wasserstoff abhängig. Eine heimische Herstellung von Wasserstoff kommt dabei schnell an ihre Grenzen. Sie konkurriert hierbei mit der Dekarbonisierung der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien bei gleichzeitig steigenden Strombedarfen durch die Elektrifizierung wesentlicher Wirtschaftsbereiche – beispielsweise in der Mobilität –, zum anderen sind die heimischen Gestehungskosten für Wasserstoff in Deutschland teilweise deutlich höher als in anderen Regionen der Welt.

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Insofern werden wesentliche Mengen von Wasserstoff importiert werden müssen. Während für große Distanzen der Seetransport teilweise die einzige Option darstellt, stellt für mittlere Distanzen der pipelinegebundene Transport eine kosteneffiziente Variante dar. Der Transport über Pipelines hat insbesondere den Vorteil, dass erzeugter Wasserstoff in Reinform vorliegt und keine Transformationsverluste, wie beispielsweise bei einem Tankertransport in Form von Ammoniak, auftreten. Strategisch ist es für den Aufbau der H2-Importketten für Europa und Deutschland zudem wichtig, stabile und auch in Krisenfällen belastbare Partnerschaften aufzubauen, um nicht in ähnliche Situationen wie die Unterbrechung der Gasversorgung aus Russland im Zuge des Ukrainekriegs zu kommen.

Insofern ist es im Interesse aller Beteiligten, sich auch innerhalb Europas nach möglichen naheliegenden Bezugsquellen umzuschauen. Verschiedene Pipelinekorridore werden in diesem Zusammenhang derzeit diskutiert und auch als sogenannte „Projects of Common Interest (PCI)“ von der EU gefördert.

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Diesbezüglich hat DNV im Auftrag von Gascade in den vergangenen Monaten das Potenzial eines Wasserstoffbezugs aus Schweden, Finnland und dem Baltikum untersucht. Hierbei wurde auf der Basis vorliegender energiepolitischer Zielsetzungen der genannten Länder zunächst abgeschätzt, wie groß ein mögliches Exportportpotenzial aus dem Ostseeraum sein kann. Zum anderen wurde ermittelt, zu welchen Kosten dieser Wasserstoff bereitgestellt werden kann und welche Transportrouten aufgrund der geographischen Produktionspotenziale sinnvoll sein werden.

Die Länderanalysen, die die Basis der Untersuchung bilden, legen dabei ein differenziertes Bild der Pläne der einzelnen Staaten in zwei Szenarien vor. In diesen Szenarien wird jeweils der geplante Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Eigenbedarf an Strom und Wasserstoff ermittelt. Dabei wird in einem optimistischen Szenario je Land jeweils von einem ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien für die meisten Länder unter Anwendung von Daten aus dem TYNDP 2022 ausgegangen. Dieser Ausbau wird jeweils kombiniert mit einem entsprechend, gemäß der jeweiligen H2-Strategie des Landes, ambitionierten Ausbau der jeweiligen H2-Nutzung. Das konservative Szenario ist demgegenüber in allen Komponenten weniger ambitioniert.

Die im jeweiligen Szenario verbleibenden Energiemengen (nach Abzug der Inlandsnachfrage von der Stromproduktion) werden für einen Export von Wasserstoff vorgesehen. Es ist zu beachten, dass diese Energie auch für den Export als Strom über neu gebaute Verbindungsleitungen vorgesehen werden könnte. Diese Alternative wird in dieser Studie jedoch nicht weiter berücksichtigt. Im Überblick ergibt sich hieraus das folgende Bild bezüglich des vorhandenen Exportpotenzials in den beiden Szenarien:

Bei dem in der Studie verwendeten konservativen Szenario zeigt sich, dass insbesondere Finnland im Jahr 2050 einen erheblichen Stromüberschuss erzielen kann, der zur Produktion von grünem Wasserstoff für den Export genutzt werden könnte. Der schwedische Stromüberschuss wird hingegen über den gewählten Zeitraum kontinuierlich abnehmen und das Land im Jahr 2050 keinen Überschuss mehr aufweisen. Dies liegt an den moderaten staatlichen Ausbauzielen in Schweden bei gleichzeitigem Voranschreiten der innerstaatlichen Elektrifizierung.

Insgesamt ergibt sich nach dem konservativen Szenario ein Potenzial von etwa 70 TWhel im Jahr 2050, das aus der Region bezogen werden kann, wobei Finnland die Hauptquelle für den Überschuss darstellt. Dieser ausgewiesene Überschuss auf Basis der niedrigeren Ambitionen ist recht gering, vor allem weil Schweden aufgrund der eigenen Elektrifizierung der Industrie und des heimischen Wasserstoffverbrauchs 2050 keinen geringen Überschuss ausweist. Dennoch leistet die Windenergie in den Ländern einen signifikanten Beitrag: Es ist davon auszugehen, dass Onshore-Windstrom mit einem Anteil von etwa 40 bis 50 % (SE) und 70 bis 80 % (FI) an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Zeitraum 2030 bis 2050 die Hauptquelle des Überschusses sein wird. Danach folgt die Offshore-Windkraft mit einem Anteil an der EE-Stromerzeugung, der bis 2050 auf 10 bis 20 % (SE) bzw. etwa 5 % im Jahr 2030 und 11 % im Jahr 2050 (FI) steigt.

Im optimistischen Szenario hingegen ist die Entwicklung in beiden Ländern ausgewogener. Schweden weist in diesem Szenario das höchste Überschusspotenzial im Jahr 2030 aus, das sich dann jedoch aufgrund der Elektrifizierung bis 2040 halbiert, danach aber stabil bleibt. Für Finnland wird ein noch stärkerer Anstieg als im konservativen Szenario prognostiziert. Im Zeitverlauf könnte dementsprechend das folgende Gesamtpotenzial für überschüssigen Strom zur Erzeugung von grünem Wasserstoff aus der Region erreicht werden: 2030: 16 TWhel, 2040: 90 TWhel, 2050: 119 TWhel.

Auch in diesem Szenario bleibt Finnland der größte Überschuss-Stromerzeuger und würde etwa 30 TWhel mehr als im konservativen Szenario produzieren. Hinzu kommt ein kleines Potenzial aus den baltischen Staaten und Polen.

Für die nachfolgende Analyse der Pipelineverläufe wurde diese Analyse je Szenario nicht nur auf Länderebene vorgenommen, sondern auf Regionalebne differenziert – Basis dafür bildeten die bestehende und geplante Verteilung von EE in den einzelnen Landesregionen.

Berechnung der H2-Erzeugungskosten
Die Analyse der Gestehungskosten ist wichtig, da ein Export von Wasserstoff nur dann als Geschäftsmodell sinnvoll ist, wenn die Kosten auch im Vergleich zu anderen möglichen Herkunftsregionen wettbewerbsfähig sind. In dieser Hinsicht sind die nivellierten Wasserstoffkosten (LCOH) der üblicherweise verwendete Leistungsindikator. In einem zweiten Schritt wird daher je Region eine Berechnung der Erzeugungskosten für grünen Wasserstoff durchgeführt. Verglichen werden pro Region die LCOH für unterschiedliche Erzeugungstechnologien, für die die jeweiligen regionalen Kapazitätsfaktoren zugrunde gelegt werden.

Für die Berechnung der Wasserstoffgestehungskosten (LCOH) werden zudem zwei mögliche Konzepte in der Studie überprüft. Zunächst wird als Option 1 angenommen, dass der Elektrolyseur direkt gekoppelt mit erneuerbaren Ressourcen betrieben wird, um grünen Wasserstoff zu erzeugen. Alternativ wird dann auch ein anderer Ansatz für die Region analysiert, bei dem der Strom aus dem Stromnetz bezogen wird – was regulatorisch unter bestimmten Umständen, die in den Delegated Acts der EU vorgegeben werden, auch die Erzeugung von grünem Wasserstoff möglich macht. In diesem Fall prüfen wir, ob die Einspeisung aus erneuerbaren Energien in den untersuchten Gebieten über 90 % liegt, wie es für eine Ausnahme von den RED-III-Kriterien in Bezug auf Punkte wie PPA für erneuerbare Energien, Zusätzlichkeit und zeitliche Korrelation erforderlich ist, und bewerten dann den Wasserstoff entsprechend unter Zugrundelegung der Stromkosten aus dem Netz.

Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass die Erzeugungskosten über das direkt gekoppelte Konzept hoch erscheinen. Sie liegen je nach Region zwischen 6,15 EUR/kg und 18,75 EUR/kg (s. Abb. 2). Dies erscheint im Vergleich zu den Erzeugungskosten in Südeuropa für direkt gekoppelte Anlagen hoch, so dass es zu diesen Produktionskosten fragwürdig ist, dass sich ein Export wirtschaftlich etablieren kann.

Abb. 2: Stromgestehungskosten von Wasserstoff für direktgekoppelte Onshore-Windelektrolyse im Jahr 2030 für alle analysierten NUTS2-Regionen

Aufgrund des sehr hohen Anteils an EE in den skandinavischen Regionen und des zusätzlich ebenso niedrigen spezifischen CO2-Anteils je kWh (durch die Kombination Wasserkraft, Kernenergie und EE) kann aber angenommen werden, dass für die relevanten Gebotszonen in Finnland und Schweden die Ausnahmeregelungen des REDIII Delegated Act zum Tragen kommen, so dass Elektrolyseure die Energie aus dem Netz beziehen können. Hierdurch ändert sich das Bild im Bezug auf die LCOH signifikant – insbesondere, da die Elektrolyseure nun eine sehr viel höhere Volllaststundenzahl erreichen können und so die Kapitalkosten im Verhältnis zur erzeugten Wasserstoffmenge reduziert werden. Auf diese Weise werden LCOH zwischen 2,5 EUR/kg und 4,5 EUR/kg erreicht.

Da diese wiederum über die Zeitachse abhängig von den Stromkosten im jeweiligen Land sind, wurden diese Strompreise aus der DNV-Strompreisprognose für Finnland und Schweden zugrunde gelegt. Aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung in beiden Ländern steigt die Nachfrage nach Strom zwischen 2030 und 2050 an – was zunächst zu steigenden Strompreisen und damit auch steigenden LCOH führen wird. Langfristig wird sich aus Sicht von DNV der Strompreis jedoch moderat entwickeln, so dass die LCOH für 2050 bei etwa 2,5 EUR/kg eingeschätzt werden (s. Abb. 3).


Abb. 3: LCOH Schweden und Finnland bei Netzentnahme 2030 bis 2050

Als Ergebnis der Kostenanalysen ergab sich somit, dass in Skandinavien aufgrund der spezifischen Systemsituation sehr attraktive Produktionskosten für Wasserstoff erreicht werden. Dies zeigte sich auch bereits in diesem Jahr bei den Pilotauktionen der Europäischen Wasserstoffbank.

Exportkorridore nach Zentraleuropa
Im letzten Teil der Analyse wurden aufgrund der ermittelten regionalisierten Exportpotenziale schließlich mögliche Exportkorridore nach Zentraleuropa bewertet. Dabei haben wir für die Analyse die derzeit in den Netzentwicklungsplänen beschriebenen Korridore (European Hydrogen Backbone) zugrunde gelegt und diese im Hinblick auf das regionalisierte Exportpotenzial aus dem ersten Teil der Untersuchung hinsichtlich ihrer Kosten und Kapazitäten sowie ihrer strategischen Routenführung verglichen. Die nachfolgende Abbildung zeigt die fünf untersuchten Varianten, für die jeweils zu Vergleichszwecken ein identischer Startpunkt in Finnland nahe der Stadt Turku gewählt wurde und das ermittelte regionalisierte Exportpotenzial zugrunde gelegt wird.


Abb. 4: Fünf analysierte Fälle für den (gleichzeitigen) Einsatz der Onshore- und Offshore-Pipeline-Routen

Beide Routen schließen an das geplante finnische Onshore-Wasserstofftransportnetz an, das aus dem Norden Finnlands kommen wird.

Onshore-Route
Die Onshore-Route beginnt mit einer Verbindung von Turku nach Helsinki, wo der finnische Meerbusen von einem Offshore-Pipeline-Segment durchquert wird, das Helsinki mit Tallinn verbindet. Von dort aus wird der Wasserstoff über eine neu gebaute Pipeline durch Estland und Lettland transportiert, bis man in Lettland auf einen etwa 100 Kilometer langen Abschnitt einer wiederverwendeten Erdgaspipeline trifft. Die Gesamtlänge der Onshore-Route beträgt etwa 2.000 km. Zur Berechnung der Wasserstofftransportkapazität gehen die European-Hydrogen-Backbone-Reports von folgenden Annahmen für die verschiedenen Pipelinesegmente aus:

  • Neubau von 36-Zoll-Pipelines (50 bar), Nennkapazität von 4,7 GWH2, Kapazitätsfaktor 100 %
  • Wiederverwendete 36-Zoll-Pipelines (50 bar), Nennkapazität von 4,7 GWH2, Kapazitätsfaktor von 75 %
  • Neubau von 48-Zoll-Pipelines (80 bar), Nennkapazität von 16,9 GWH2, Kapazitätsfaktor 75 %

Die umgewidmeten Abschnitte weisen im Vergleich zu den anderen Rohrleitungsabschnitten einen geringeren Betriebsdruck und damit eine geringere Transportkapazität auf. Diese Segmente stellen somit einen Engpass für Transportkapazitäten dar. Sofern keine Booster-Kompressoren eingesetzt werden, um die Strömungsgeschwindigkeit nach Möglichkeit vorübergehend zu erhöhen, bestimmt diese Einschränkung die Transportkapazität der gesamten Route.

Dies führt zu einer Transportkapazität von 30,9 TWhH2/Jahr, basierend auf der Vollauslastung innerhalb der oben angegebenen Grenzen der Kapazitätsfaktoren und den Teilen des Netzwerks mit der niedrigsten Kapazität (75 % * 4,7 GWH2 = 3,6 GWH2). Wenn die Gesamtstrecke auf eine Transportkapazität von 4,7 GWH2 ausgebaut werden kann, können insgesamt 41,2 TWhH2/Jahr transportiert werden. Bei dem erwarteten Kapazitätsfaktor für finnische Onshore-Windenergie von 40 % beträgt die Transportkapazität einer 4,7 GWH2-Verbindung 16,5 TWhH2/Jahr.

Beim Vergleich mit der erwarteten Größenordnung des Überschusses aus Finnland ergibt sich, dass die Onshore-Route die erwartete Wasserstofftransportkapazität aus dem Überschuss aus Finnland nur im optimistischen Szenario (8,6 TWhH2/Jahr) für 2030 decken kann. Nach dieser Zeit reicht die Onshore-Route allein nicht mehr aus, um ausreichende Transportkapazitäten bereitzustellen.

Nach Veröffentlichung der DNV-Studie kündigte das Konsortium „Nordic-Baltic Hydrogen Corridor“ an, dass es die ursprünglichen Pläne zur Nutzung von Pipelineabschnitten bestehend aus wiederverwendeten Erdgaspipelines aufgeben und – aus Gründen der Transportkapazität – versuchen werde, 48-Zoll-Neubauleitungen über die gesamte Landtrasse vorzusehen. Dies bedeutet, dass die Landroute tatsächlich über eine größere Transportkapazität verfügen wird, als in dieser Studie prognostiziert, sofern die neuen 48-Zoll-Pipelines realisiert werden können.

Offshore-Route
Die Offshore-Route beginnt alternativ mit einer Verbindung von Turku zur Insel Åland. Von dort führen eine oder mehrere Pipelines mit einer Länge von etwa 760 Kilometern durch die Ostsee zur dänischen Insel Bornholm. Von dort führen wiederum eine oder mehrere Pipelines zum deutschen Festland. Die Gesamtlänge einer einzelnen Pipelinetrasse beträgt etwa 1.000 km. Die Gesamtlänge, einschließlich einer doppelten Pipelinetrasse, beträgt etwa 1.900 km. In der Studie wurden diesbezüglich sowohl die Kosten für eine einfache als auch für eine doppelte Trasse analysiert.

Bei einem maximalen Betriebsdruck von 80 bar ist aufgrund der in der Pipeline induzierten Druckverluste eine Wasserstoffrekomprimierung entlang der 760 km langen Strecke von Åland nach Bornholm erforderlich. In diesem Fall muss die Offshore-Route eine Verbindung zur schwedischen Insel Gotland herstellen, um dort eine Rekomprimierung durchzuführen und/oder eine Verbindung zu lokalen Angebots- und Nachfragezentren herzustellen.

Zur Berechnung der Wasserstofftransportkapazität gehen die European-Hydrogen-Backbone-Reports von folgenden Annahmen aus:

  • Neubau von 48-Zoll-Pipelines (80 bar)
  • Nennkapazität von 16,9 GWH2
  • Ein Kapazitätsfaktor von 75 %, was einer tatsächlichen Kapazität von 111,0 TWhH2/Jahr
  • Unter der Annahme eines Kapazitätsfaktors von 40 % (entsprechend finnischer Onshore-Windenergie) entspricht dies einer tatsächlichen Kapazität von 59,2 TWhH2/Jahr.

Alternativ wurde die Möglichkeit einer einzigen optimierten Offshore-Pipeline untersucht, die so dimensioniert ist, dass sie in der Lage ist, den erwarteten Überschuss für alle untersuchten Szenarien und Jahre zu transportieren. Bei dieser Pipeline wurde zusätzlich eine Verbindung zwischen der Insel Bornholm und der polnischen Küste im Bereich Niechorze-Pogorzelica vorgesehen, um dort eine Verbindung mit dem landseitigen Wasserstoffnetz herzustellen. Die Optimierung sieht entsprechend eine Dimensionierung der einzelnen um die 780 km langen Pipeline derart vor, dass sie 65 TWhH2/Jahr bei einem Kapazitätsfaktor von 40 % plus X transportieren kann. Ziel der Optimierung ist also, dass eine einzige Pipeline in allen analysierten Szenarien ausreicht, um den überschüssigen Wasserstoff aus Finnland zu transportieren.

Ergebnisse der Optimierung
Die Berechnung erfolgte auf Basis der Norm ASME B31.12, Option A. Daraus ergab sich ein Betriebsdruck von 170 bar und daraus resultierend eine Wandstärke von 60.13 mm. Dies liegt außerhalb des standardisierten Bereichs der auf dem Markt erhältlichen Pipelinewandstärken, ist aber in der Branche nicht beispiellos. Beispielsweise weist die Langeled-Pipeline, die zwischen Großbritannien und Norwegen verläuft, ähnliche Designspezifikationen auf. Die nachfolgende Tabelle fasst die erforderlichen Spezifikationen zusammen.

Tab. 1: Spezifikationen der 780 km langen Pipeline von den Ålandinseln nach Bornholm


Quelle: DNV

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Offshore-Route den erwarteten Wasserstofftransportbedarf aus dem Überschuss aus Finnland in den folgenden Szenarien decken kann:

  • Einzelne (nicht optimierte) Pipeline (59.2 TWhH2/Jahr): Alle Szenarien werden erfüllt, außer dem optimistischen Szenario 2050 (62.4 TWhH2/Jahr).
  • Duale (nicht optimierte) Pipelines (118.4 TWhH2/Jahr): Alle Szenarien werden erfüllt.
  • Einzelne (optimierte) Pipeline (65.0 TWhH2/Jahr): Alle Szenarien werden erfüllt.

Techno-ökonomische Analyse
Nachfolgend sind die Ergebnisse der verschiedenen Pipeline-Routen-Optionen zusammengefasst:

Tab. 2: Nivellierte Kosten des Wasserstofftransports für die analysierten Pipeline-Routen

  • Fall 1: Nur Onshore-Route: Die Gesamtinvestitionskosten betragen rund 5,8 Milliarden Euro, aber mit 1,37 Euro/kg H2 ist sie auf der Grundlage der nivellierten Kosten des Wasserstofftransports die teuerste Option.
  • Fall 2: Nur Offshore-Route – einzelne Pipeline: Die Gesamtinvestitionskosten sind ähnlich wie bei Fall 1, aber die nivellierten Kosten des Wasserstofftransports sind mit 0,40 Euro/kg H2 weitaus günstiger.
  • Fall 2 (Opt): Nur Offshore-Route – einzelne Pipeline (optimiert): Die Gesamtinvestitionskosten sind ähnlich wie in Fall 2, aber die nivellierten Kosten des Wasserstofftransports sind mit 0,39 €/kg etwas niedriger.
  • Fall 3: Nur Offshore-Route – doppelte Pipeline: Nivellierte Kosten von 0,40 €/kg. Die Gesamtinvestitionskosten betragen jedoch rund 11,8 Mrd. € – doppelt so viel wie in Fall 2.
  • Fall 4: Onshore-Route und Offshore-Route – einzelne Pipeline: Die Gesamtinvestitionskosten sind ähnlich wie in Fall 3, aber die gewichteten durchschnittlichen nivellierten Kosten sind mit 0,61 €/kg höher.

Obwohl Offshore-Pipelines etwa 1,5-mal teurer sind als Onshore-Pipelines mit gleichem Durchmesser, sind sie aufgrund der unterschiedlichen Gesamttransportentfernung zwischen den Onshore- und Offshore-Routen (1.000 km bzw. 2.000 km) in Kombination mit dem größeren Gesamtdurchmesser und Druck (und damit der Transportkapazität) der Offshore-Routen eine kostengünstigere Option für den Transport von überschüssigem Wasserstoff von Finnland nach Mitteleuropa. Aus Sicht der Diversifizierung und der Entwicklung der Wasserstoffproduktion in den baltischen Staaten bietet eine zusätzliche Onshore-Route jedoch eine höhere Versorgungssicherheit.

Schlussfolgerungen
Die Option, Wasserstoff aus dem Ostseeraum zu beziehen, ist für Mitteleuropa wirtschaftlich und strategisch interessant. Niedrige Produktionskosten in Verbindung mit einer innereuropäischen Produktion können die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie fördern und würden Europa weniger abhängig von Importen machen. Für viele Endanwendungen ist die Möglichkeit der Gewinnung von reinem Wasserstoff (und nicht von Derivaten wie Ammoniak) attraktiv, da sie effizienter ist und die Kosten für Umwandlungsprozesse vermeidet.

Eine Kombination aus Offshore- und Onshore-Pipelines kann die Versorgung diversifizieren, da ein ausreichendes Wasserstofferzeugungspotenzial vorhanden ist, wenn das Potenzial für überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien genutzt wird. Eine optimierte Offshore-Pipeline wäre jedoch das kostengünstigste Transportmittel nach Mitteleuropa.

Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass ein strategischer Dialog zwischen den Ostseeanrainerstaaten und den von Wasserstoffimporten abhängigen Ländern der EU (insbesondere Deutschland und Polen) initiiert werden sollte. Ziel sollte es sein, eine gemeinsame Strategie und Vision für ein Wasserstoffnetz im Ostseeraum zu entwickeln, die die bisherigen Überlegungen in der Diskussion um ein europäisches Wasserstoff-Backbone weiterentwickelt und die Pläne für den EE-Ausbau, die Pipelineplanung und die industrielle Nutzung konkretisiert. Aufgrund der vielen zu berücksichtigenden Aspekte wäre ein multinationales Abkommen für eine solche Wasserstoffproduktion und den Netzausbau erstrebenswert.

Autoren: Claas Hülsen, Daan Geerdink, Daniel Anton, DNV Energy Systems Germany GmbH, Hamburg

Claas.Huelsen@dnv.com

Eine Revolution aus Deutschland

Eine Revolution aus Deutschland

HAZOP-Analyse mit KI-Unterstützung

Im Jahr 1999 entwickelte Christian Machens das weltweit erste Brennstoffzellenboot, die Hydra, und legte damit den Grundstein für Innovationen, die weit in die Zukunft reichen. Nun, 25 Jahre später, setzt er erneut Maßstäbe in der Techniklandschaft – diesmal mit einer Weltneuheit, die das Potenzial hat, die Sicherheitsanalysen von Anlagen grundlegend zu verändern.

In der modernen Technik ist die Durchführung einer HAZOP-Analyse (Hazard and Operability) bei Systemen mit hohem Gefährdungspotenzial unverzichtbar. Diese Analyse wird von einem Team erfahrener Ingenieure unter der Leitung eines sogenannten „HAZOP Chairs“ durchgeführt, um mögliche Gefahren in Systemen wie Brennstoffzellen- oder Elektrolyseanlagen zu identifizieren und geeignete Gegenmaßnahmen zu entwickeln. In Deutschland spricht man hierbei auch von PAAG, was den Prozess des Erkennens von Gefahren, der Abschätzung ihrer Auswirkungen und der Festlegung von Gegenmaßnahmen präzise beschreibt.

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Traditionell erfordert die Rolle des HAZOP-Chairs nicht nur technisches Know-how, sondern auch ausgeprägte soziale Kompetenzen. Die Kunst besteht darin, durch Vorstellungskraft und Erfahrung alle kritischen Szenarien aus den Diskussionen zu extrahieren und in einer strukturierten Form zu dokumentieren. Dabei wird nicht nur die Gefährlichkeit der Szenarien, sondern auch ihre Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet, um schließlich ein Ranking der Risiken und Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Gegenmaßnahmen zu erstellen.

Aber wie sicher ist es, sicherheitsrelevante Entscheidungen einer KI (künstlichen Intelligenz) zu überlassen? „Es geht nicht darum, die Sicherheitsverantwortung an eine Maschine abzugeben, sondern darum, sich wiederholende Aufgaben zu vereinfachen“, betont Machens.

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„Ich möchte mein Fachwissen im Bereich Explosionsschutz und Wasserstoff, das ich in den letzten Jahrzehnten gesammelt habe, an eine künstliche Intelligenz weitergeben. KI wird heute bereits in vielen Bereichen eingesetzt, doch als Unterstützung für HAZOP-Analysen wurde sie bisher nicht genutzt.“

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Christian Machens

Vorgehensweise
In einem typischen HAZOP-Meeting diskutieren bis zu acht Ingenieure über mehrere Tage hinweg verschiedene Aspekte eines Systems, von Gas- und Kühlwasserkreisläufen bis hin zur Ausfallsicherheit der Stromversorgung und spezifischen Gefahren für Menschen in der Nähe der Anlage. Diese Besprechungen sind nicht nur zeit- und kostenintensiv, sondern auch anstrengend für die Beteiligten. Zudem beeinflusst die Erfahrung der Teilnehmer maßgeblich das Ergebnis.

Normalerweise wird eine HAZOP durchgeführt, wenn das R&I-Schema, Rohrleitungs- und Instrumentenfließschema (engl.: P&ID), einer Anlage fertiggestellt ist. An dieser Stelle kommt die neue, intelligente Software ins Spiel. Sie analysiert die vorhandenen Informationen, erkennt Schwachstellen in der Anlage und schlägt automatisch Maßnahmen zu deren Beseitigung vor.

Die eigentliche Weltneuheit besteht darin, dass die KI das P&ID, das in der Regel als DXF- oder DWG-Datei vorliegt, erkennt und analysiert, um anschließend die dazugehörige HAZOP-Tabelle automatisch auszufüllen. Dieser Prozess spart den Beteiligten viele Arbeitsstunden und erleichtert die Arbeit erheblich.

„Es ist wichtig zu verstehen, dass die KI den Menschen nicht ersetzt. Die Verantwortung für die Sicherheit der Anlage bleibt immer beim Menschen. Aber das System kann die Schreibarbeit erheblich vereinfachen, den Prozess beschleunigen und Kosten sparen“, so Machens. Darüber hinaus verfügt das KI-System über Kenntnisse wesentlicher gesetzlicher Grundlagen, wie EN- und ISO-Normen sowie DGUV- und TRGS-Vorschriften. Dies ermöglicht es, „just in time“ regelkonforme Lösungsvorschläge während der HAZOP zu bieten.

Für die Umsetzung dieser bahnbrechenden Idee erhielt Machens eine Förderung der Sächsischen Aufbaubank (SAB), was das wirtschaftliche Potenzial dieser Entwicklung unterstreicht. Die Entwicklung des KI-Systems erfolgt in Zusammenarbeit mit der MOVE Technology GmbH, einem erfahrenen Unternehmen auf dem Gebiet der KI-Entwicklung.

„Derzeit trainiere ich mehrere KI-Modelle, damit sie die einzelnen Bauteile im P&ID fehlerfrei erkennen und deren Zusammenspiel verstehen können. Der nächste Schritt ist die Durchführung einer vollständigen HAZOP-Analyse“, erklärt Machens.

Präsentiert bei den 18. Explosionsschutztagen
Die Ergebnisse dieser Entwicklung wurden am 24. September 2024 im Rahmen der 18. Explosionsschutztage im Haus der Technik in Essen vorgestellt. Das KI-System „HAZOP-KI“ wird danach in einem großen Ingenieurbüro, das Abgasbehandlungs- und Wasserstoffsysteme plant, weiter getestet und optimiert. Schon bald wird das System anderen interessierten Nutzern als Monatslizenz zur Verfügung stehen.

„Natürlich stellt sich auch die Frage der Datensicherheit“, betont Machens. „Die KI wird direkt auf den Servern der jeweiligen Nutzer installiert und betrieben. Dadurch bleiben sensible Daten stets in den Händen des Anwenders.“

Zusammengefasst ist diese Entwicklung ein wertvolles Werkzeug für Ingenieurbüros, Zertifizierungsstellen, Versicherungen und Betreiber sicherheitskritischer Anlagen. Eine KI kann den Menschen nicht ersetzen. Sie bietet aber eine hervorragende Unterstützung bei der Durchführung von HAZOP-Analysen und kann auch weniger erfahrenen Ingenieuren eine wichtige Hilfe sein.

Elektrochemische Wasserstoffseparation

Elektrochemische Wasserstoffseparation

Patentiertes Verfahren als kostengünstige Alternative zur Elektrolyse

Der Erfolgskurs von Siqens begann mit speziellen Methanol-Brennstoffzellen. Dann kam die „Elektrochemische Wasserstoffseparation“ (EHS) hinzu, die auf den selbst entwickelten HT-PEM-BZ-Stacks beruht. Mit ihrer Hilfe lässt sich Wasserstoff aus Erdgas oder Abgasen aus Industrie und Müllverbrennung hochrein abtrennen. Der Hersteller sieht die EHS im Verbund mit den eigenen Brennstoffzellen auch als Lösung für das sogenannte Letzte-Meile-Problem.

Ob im südamerikanischen Dschungel oder auf 3.000 Metern Höhe in den Schweizer Bergen, in einer Forschungsstation in der Antarktis oder an einem Grenzposten im nördlichen Skandinavien – überall dort seien HT-PEM-Brennstoffzellen von Siqens im Einsatz, die Strom für Funk- und Messstationen oder Kameras liefern, wie Thomas Klaue, Geschäftsführer des 2012 in München als Start-up gegründeten Unternehmens, erklärt.

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Es gibt die speziellen Methanol-Brennstoffzellen aber auch an eher unexotischen Orten: So dienen sie an deutschen Autobahnbaustellen zur Beleuchtung oder in Windparks zur Hindernisbefeuerung. Die „Ecoport“ genannten BZ-Systeme bestehen aus Brennstoffzellenstacks mit einer Hochtemperatur-Polymer-Elektrolyt-Membran (HT-PEM) und einem Reformer. „Im Reformer wird aus Methanol reiner Wasserstoff gewonnen“, so der Ingenieur und promovierte BWLer Klaue. „Dieser Wasserstoff geht dann durch die HT-PEM-Brennstoffzelle. Unser System arbeitet allerdings mit industriellem Methanol, zu einem Bruchteil der Kosten, verglichen mit hochreinem Methanol.“

Damit unterscheiden sich diese Systeme deutlich von Direkt-Methanol-Brennstoffzellen (DMBZ), bei denen ein flüssiges Methanol-Wasser-Gemisch durch die BZ geleitet wird. Dabei müsse das Methanol so rein sein wie für medizinische Zwecke, was entsprechend teuer sei, erklärt Klaue, der seit Ende 2019 als CEO von Siqens fungiert. Wirkungsgrad und Leistungsbereich von DMBZ seien vergleichsweise gering, und niedrige Temperaturen vertrügen sie nicht gut. Andere Indirekt-Methanol-Brennstoffzellen mit PEM und Reformer gebe es zwar sowohl im Niedrig- als auch im Hochtemperatur-Bereich, doch die würden jeweils herstellerspezifische Methanol-Wasser-Gemische mit geringerer Energiedichte erfordern, so Klaue. Mit einem Verbrauch von 0,6 Liter Kraftstoff pro Kilowattstunde Strom sei Siqens Marktführer in Sachen Effizienz. Die Ecoports, laut Klaue „unser Brot- und Butter-Geschäft“, haben eine elektrische Leistung von 800 oder 1.500 Watt in der Spitze (Dauerbetrieb: 500 beziehungsweise 1.000 Watt).

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BZ als Ersatz für Dieselgeneratoren
Das seit langem in der Industrie verwendete Methanol kann ebenso wie andere flüssige Kraftstoffe kostengünstig transportiert und gelagert werden. Von daher eignen sich (Methanol-)Brennstoffzellen insbesondere für Gebiete ohne Anschluss an ein Elektrizitätsnetz und dort, wo eine unterbrechungsfreie Stromversorgung gewährleistet sein muss, etwa in der Notstromversorgung für kritische Infrastruktur. Bislang übernehmen meist Dieselgeneratoren diese Funktion, doch die werden künftig nach und nach durch Brennstoffzellen ersetzt werden, und das nicht nur wegen ihres erheblich geringeren CO2-Ausstoßes: Sie arbeiten auch leiser und sind frei von Feinstaub und Stickoxiden.


Ecoport 800

Die Nachfrage nach den patentierten Systemen, mit denen die süddeutsche Firma seit 2019 am Markt ist, steigt. So interessieren sich etwa Behörden, Betriebe oder Betreiber von Telekommunikationsanlagen für die Methanol-Brennstoffzellen von Siqens, die laut Klaue robust und zuverlässig und auch fernab der Zivilisation einsetzbar sind. Das gelte für alle Klimazonen, von minus 20 bis plus 50 Grad Celsius. Obendrein seien die Betriebskosten im Vergleich zu denen von Dieselgeneratoren um rund 75 Prozent geringer. In diesem Jahr rechnet das Münchner Unternehmen, das rund 30 Mitarbeiter beschäftigt, deshalb auch mit dem Verkauf von mehreren Hundert seiner HT-PEM-Brennstoffzellensysteme.

Dass die Notwendigkeit des Einsatzes von Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologien aus Gründen des Klimaschutzes steigt, steht heute außer Frage. Der Siqens-CEO betont jedoch: „Wir sind davon überzeugt, dass die Wasserstoffwirtschaft nur mit preislich wettbewerbsfähigen Lösungen ein Erfolg wird, insbesondere, was die Verteilung auf der Letzten Meile angeht.“

Methanol als Wasserstoffträger
Außer Brennstoffzellen bietet das Unternehmen seit 2022 eine sehr spezielle technische Lösung zur Herstellung von reinem Wasserstoff an: die Elektrochemische Wasserstoffseparation (EHS). Bei diesem patentierten Verfahren strömt das Feedgas durch einen HT-PEM-Stack, der auch im Ecoport genutzt wird, erklärt Klaue. „Der Stack mit den MEAs ist vergleichbar mit einem Sieb, das unter Spannung nur für die anodenseitig zu Protonen reduzierten Wasserstoffmoleküle durchlässig ist. Auf der Kathodenseite erhalten die Protonen die Elektronen zurück. Das Produkt ist hochreiner Wasserstoff.“ Mit dieser Methode kann Wasserstoff aus ganz unterschiedlichen Medien abgetrennt, gereinigt und aufbereitet werden. Das kann Erdgas sein oder Abgas, das in industriellen Prozessen oder bei der Müllverbrennung entsteht. Der Wasserstoff kann aber auch aus natürlichen Reservoiren wie Gaslagerstätten gewonnen werden.

Und weil Methanol ein guter Wasserstoffträger ist, lässt sich mit dem EHS-System auch das Problem der Letzten Meile umgehen: Aus dem über das Erdgasnetz transportierten Methanol wird Wasserstoff direkt vor Ort beim Verbraucher CO2-frei erzeugt. „In 10 Litern Methanol ist ungefähr ein Kilogramm Wasserstoff chemisch gebunden“, rechnet Thomas Klaue vor. Das sei mehr als in einer üblichen 70-Kilogramm-Druckgasflasche, die 50 Liter auf 200 bar komprimierten Wasserstoff enthält. Die Ausbeute betrage hier lediglich 0,8 Kilogramm. Statt also Wasserstoff wie bisher in Bündeln von schweren Stahlflaschen oder in Drucktanks per Trailer zu transportieren, könne man durch den Einsatz von Methanol-Brennstoffzellen viel Geld sparen.

Transport- und Speicherkosten machen derzeit noch den größten Anteil am Wasserstoffpreis aus. „Das gilt umso mehr, wenn der Einsatzort nur per Hubschrauber erreichbar ist“, ergänzt Klaue. „Das Verhältnis von Transportgewicht zu H2-Nutzgewicht ist beim Methanol zehn zu eins gegenüber hundert zu eins bei Druckgasflaschen.“

1 kg Wasserstoff für weniger als zwei Euro
Bei der EHS wird wie bei der Wasserelektrolyse Strom eingesetzt. Der Energiebedarf sei jedoch erheblich geringer: Pro Kilogramm Wasserstoff würden nur drei bis fünf Kilowattstunden Strom gebraucht; also etwa zehn Prozent des Stroms, der für die Elektrolyse benötigt wird. „Dabei entsteht Wasserstoff in Brennstoffzellenqualität zu einem Preis von weniger als zwei Euro pro Kilogramm.“ Die Technologie sei flexibel, skalierbar und könne an ein breites Spektrum von Gasen angepasst werden. So eine Anlage, die je nach Kapazität nur eine Fläche von ein bis zwei Quadratmetern einnimmt, lässt sich direkt ans Gasnetz anschließen.

Durch das EHS-Verfahren könnten mit drei Stacks gut 100 Kilogramm Wasserstoff pro Tag erzeugt werden, was für eine H2-Tankstelle ausreiche, so Thomas Klaue. Die modulare Bauweise erlaube auch mehrere Tonnen pro Tag, mit denen der Bedarf eines Industriebetriebs gedeckt werden könne. „Die elektrochemische Wasserstoffabtrennung ist in jedem Fall eine attraktive Alternative zu anderen H2-Technologien, da sie vergleichsweise wenig Energie verbraucht und eine hohe Selektivität für Wasserstoff aufweist“, so der CEO.

Nach einem ersten Pilotprojekt in Australien gibt es nun ein zweites in Deutschland: Im unterfränkischen Haßfurt wird Wasserstoff mittels EHS aus dem Erdgasnetz gewonnen. Die Stadtwerke der Kreisstadt sind als Pioniere bekannt, weil sie schon seit den 1990er-Jahren auf erneuerbare Energien setzen: Photovoltaik, Windkraft und Biogas von Landwirten aus der Region. Seit 2016 haben sie einen Elektrolyseur, um aus überschüssigem Windstrom Wasserstoff zu erzeugen.

Nun erschließen sie mithilfe der EHS-Technologie von Siqens das kommunale Gasnetz als Wasserstoffquelle. Das geschieht in Kooperation mit dem Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg und dem Institut für Energietechnik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden. Der aus dem Erdgas separierte Wasserstoff wird komprimiert und gespeichert und bei Bedarf über eine Brennstoffzelle in Strom umgewandelt.

Da viele Gasnetzbetreiber in Zukunft ihrem Erdgas grünen Wasserstoff beimischen wollen, könnten solche Lösungen zur Abtrennung und Aufbereitung des klimaneutralen Gases bald an Bedeutung gewinnen. „Durch die Trennung der Gase mittels EHS am Ort des Verbrauchs kann der Endkunde direkt mit hochreinem ‚grünen‘ Wasserstoff versorgt werden“, sagt Thomas Klaue. Also Wasserstoff in einer Qualität, wie sie für industrielle Prozesse oder Brennstoffzellen-Fahrzeuge benötigt werde. Aus diesem Grund plädiert Klaue auch vehement für die Erhaltung der Gasnetze.

Im Februar dieses Jahres appellierte er öffentlich an das Bundeswirtschaftsministerium, die Rückbaupläne nochmals zu überdenken; allein schon aus Kostengründen. „Außerdem wird das geplante H2-Kernnetz lange nicht in der Lage sein, das gesamte Land ohne großen Aufwand mit grüner Energie zu versorgen.“ Weil jedoch das bundesweite Gasnetz größtenteils wasserstofftauglich sei, solle die Infrastruktur für den künftigen Transport von grünem Wasserstoff genutzt werden, um Industrie und Gemeinden mit klimafreundlicher Energie zu versorgen.

Eisen als günstiges Katalysatormaterial

Eisen als günstiges Katalysatormaterial

Neuer Katalysator löst H2 aus Ammoniak heraus

Um die Rückgewinnung von Wasserstoff aus Ammoniak zu erleichtern und zu beschleunigen, haben Forschende des Instituts für Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) in ihrem Projekt AmmoRef (04/2021-03/2025) zusammen mit ihren Kooperationspartnern einen aktiveren und kostengünstigeren Katalysator entwickelt. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind in dem Wasserstoff-Leitprojekt TransHyDE des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) festgehalten. AmmoRef ist eins von zehn TransHyDE-Projekten, die vom BMBF gefördert werden. Dabei sollen bereits bestehende Technologien für den Wasserstofftransport verbessert werden.

Abb. 1: Ammoniak kann aus „grünem Wasserstoff“ hergestellt und dann über weite Strecken, z. B. per Tankschiff, transportiert werden. Wie man wieder reinen Wasserstoff aus Ammoniak rückgewinnen kann, wird im TransHyDE-Forschungsverbund „AmmoRef“ untersucht. Bisher gibt es noch keine großindustriell einsetzbare Technologie zur Reformierung von Ammoniak, daher wird unter den technologischen Grundlagen auch die Katalysatorentwicklung erforscht.

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Quelle: Projektträger Jülich im Auftrag des BMBF

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Die Möglichkeit, Energie aus Wind- oder Solarkraft zu speichern, spielt für die Energiewende eine zentrale Rolle. „Die Speicherung von Energie in Form von chemischen Verbindungen wie Wasserstoff hat viele Vorteile. Die Energiedichte ist hoch, und auch die chemische Industrie benötigt Wasserstoff für viele Prozesse“, sagt Malte Behrens, Professor für Anorganische Chemie an der CAU Kiel und Teilprojektleiter im AmmoRef-Verbund. Außerdem lässt sich durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen „grüner Wasserstoff“ herstellen, ohne dass CO2 entsteht.

Wasserstoff aus Regionen zu importieren, in denen Wind- und Solarstrom günstig ist, ist allerdings nicht einfach. Eine Möglichkeit ist die chemische Umwandlung von Wasserstoff in Ammoniak, das selbst bereits relativ viel Wasserstoff enthält. Für den Transport von Ammoniak über weite Strecken existiert bereits eine ausgereifte Infrastruktur. „Ammoniak lässt sich zum Transportieren einfach verflüssigen. Es wird heute schon im Megatonnenmaßstab hergestellt, weltweit verschifft und gehandelt und ist daher für uns interessant“, sagt Chemiker Dr. Shilong Chen, Wissenschaftler im Kieler AmmoRef-Teilprojekt von TransHyDE. Gemeinsam erforschen Chen und Behrens, wie sich Wasserstoff nach dem Transport wieder aus Ammoniak freisetzen lässt.


Aufnahme mit einem Transmissionselektronenmikroskop: nanoskaliger Aufbau des Eisen-Kobalt-Katalysators. Die vielen bimetallischen Partikel, hier als dunkle Flecken zu erkennen, werden durch das Trägermaterial auf der Nanoebene voneinander getrennt und tragen so zu einer großen aktiven Oberfläche des Katalysators bei.
Quelle: Franz-Philipp Schmidt, Thomas Lunkenbein, adaptiert: Shilong, C.et al. Nature Communications (2024), https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Bei einer Transformation des Wasserstoffs in Ammoniak geht weniger Gas verloren als bei anderen Verfahren. Ammoniak lasse sich, so Behrens, bereits bei einem Druck von acht Bar verflüssigen. Tankschiffe ließen sich problemlos damit befüllen. „Ein großer Vorteil gegenüber anderen chemischen Verfahren, wie zum Beispiel LOHC, ist auch, dass Wasserstoff in flüssigem Ammoniak über eine sehr hohe Speicherdichte verfügt,“ sagt Behrens.

Die Problemstellung bestand für die Wissenschaftler zu Projektbeginn darin, einen Katalysator zu entwickeln, der eine schnelle Umwandlung von Ammoniak in Wasserstoff am Zielort erlaubt. „Hierfür sind große Anlagen erforderlich“, erläutert Behrens. Derzeit gebe es jedoch noch keine industrielle Anwendung für die Reformierung von Ammoniak in diesem Maßstab.

Kobalt zur Aktivierung von Eisen
Ziel der Forschenden war, möglichst günstige Materialien für die Katalyse zu finden. Zudem sollte die voraussichtliche Anwendung des Katalysators skalierbar sein. Das Material Ruthenium bildet derzeit die Benchmark in der Forschung. Eisen ist, so Behrens, jedoch das kostengünstigste Gebrauchsmetall. „Das Problem ist aber, dass preiswerte Eisenkatalysatoren unter einer geringen Aktivität aufgrund einer zu starken Eisen-Stickstoff-Bindungsenergie im Vergleich zu aktiveren Metallen wie Ruthenium leiden. Diese Einschränkung kann jedoch durch die Zugabe von Kobalt überwunden werden“, erläutert er. Durch die Kombination zweier Basismetalle (Eisen und Kobalt), bei der hochaktive, bimetallische Oberflächen mit einer geringeren Metall-Stickstoff-Bindungsenergie und weiteren Eigenschaften, die sonst nur von sehr viel teureren Edelmetallen bekannt sind, entstehen, sei der Katalysator, welcher über einen Metallgehalt höher als 70 Prozent verfüge, nicht nur hochaktiv, sondern auch bezahlbar.

„Hochaktiv“ bedeutet dabei, dass er über eine sehr hohe Umwandlungsgeschwindigkeit verfügt. „Unser Katalysator erreicht über 90 Prozent von Ruthenium und ist um etwa 20 Prozent leistungsfähiger als unsere Nickelbenchmark“, sagt Behrens. Zudem haben die Forscher eine besondere Herstellungsmethode entwickelt, die eine sehr hohe Metallbeladung erlaubt. Bis zu 74 Prozent des Materials bestehen aus aktiven Metallpartikeln. Diese wechseln sich mit Trägerpartikeln ab, so dass dazwischen Hohlräume im nanoskaligen Bereich entstehen – wie ein poröser, metallischer Nano-Schwamm. Die Struktur ist stabil genug, um die hohen Temperaturen (etwa 600 °C), die bei der Zersetzung von Ammoniak entstehen, auszuhalten.

Bisheriges Ergebnis
Durch die Legierung von Eisen mit Kobalt konnte die Nitrierung von Eisen, die zu einer zu schwachen Bindungsenergie und dadurch zu einer geringeren Aktivität führte, unterdrückt und die Stickstoff-Bindungsenergie zusätzlich so beeinflusst werden, dass sich die Bindungsenergien näher an die Spitze des Aktivitätsvulkans bewegen, was zu einer hochaktiven und katalytischen Leistung führt. Gezeigt werden konnte auch, dass das Legieren von Eisen durch andere Metalle mit schwacher Stickstoffadsorptionsenergie einen einfachen und allgemeinen Ansatz zur Herstellung eines hochaktiven und nitridfreien Katalysators für die Ammoniak-Zersetzungsreaktion bietet.


Prof. Malte Behrens und Dr. Shilong Chen in ihrem Kieler Labor vor einem Teststand für neue Katalysatoren
Quelle: Julia Siekmann, Uni Kiel

Ammoniaksynthese und -zersetzung
Die Herstellung von Ammoniak durch das Haber-Bosch-Verfahren veränderte die Welt, da sie die Produktion von Düngemitteln im industriellen Maßstab ermöglichte. 2021 wurden 235 Mio. Tonnen Ammoniak hergestellt, was es zur volumenstärksten produzierten Chemikalie machte. Diese Produktion könnte in naher Zukunft weiter gesteigert werden, da Ammoniak aufgrund seines hohen Wasserstoffgehalts und seiner Energiedichte sowie der günstigen Infrastruktur für Transport und Speicherung als Träger- und Speichermaterial für regenerativ erzeugten Wasserstoff dazu beitragen könnte, die Klimakrise abzumildern. In diesem Szenario könnte Wasserstoff aus Ammoniak durch dessen Zersetzung freigesetzt werden.

Im Gegensatz zur Ammoniaksynthese hat ihre umgekehrte Reaktion, die Ammoniakzersetzung, keine vergleichbare großindustrielle Anwendung gefunden, sondern wird seit über einem halben Jahrhundert hauptsächlich akademisch eingesetzt, um den Reaktionsmechanismus der Ammoniaksynthese bei Umgebungsdruck an Katalysatoren zu untersuchen, die für die Ammoniaksynthesereaktion entwickelt wurden. Die aktivsten Katalysatoren für diese Synthese sind ruthenium-basierte, aber der kommerzielle Aspekt lässt die weniger aktiven, jedoch weitaus kostengünstigeren Eisenkatalysatoren attraktiver erscheinen. Grund für deren moderate Aktivität ist die Nitrierung. In dem hier vorliegenden AmmoRef-Teilprojekt konnte gezeigt werden, wie die Nitrierung unterdrückt und eine Stickstoffbindungsenergie, ähnlich wie bei Ruthenium, durch eine Legierung des Eisens mit Kobalt erreicht werden kann.

Die derzeitige Herausforderung bestehe darin, den Kobaltanteil zu reduzieren. Dies sei zum einen aus Kostengründen, zum anderen aber auch wegen der aktuellen politischen Rahmenbedingungen, unter denen Kobalt gewonnen wird, geboten. Die Voraussetzungen für ein Upscaling seien bereits da, aber es gelte, Maßnahmen für weitere zu eruieren. Zudem müsse ermittelt werden, was noch zu tun sei, um die Stabilität und Aktivität des Katalysators weiter zu erhöhen. Eine Zugabe von Promotoren, von Stoffen, die die Aktivität eines Katalysators erhöhen, werde erwogen.

Die Synthesebemühungen werden momentan vom 1-Liter- in den 100-Liter-Maßstab überführt. Der Katalysator soll nun weiter untersucht und aus der Grundlagenforschung in die Anwendung übertragen werden. Ziel der Wissenschaftler ist es, einen industriellen Maßstab für den Katalysator zu erreichen.

Autorin: Anette Weingärtner

Goldene Ernte ohne Elektrolyse

Goldene Ernte ohne Elektrolyse

Wasserstoff durch Photokatalyse

Das Start-up Yellow SiC aus Berlin arbeitet an einer innovativen Technologie, die keine Elektrolyseure benötigt, um grünen Wasserstoff zu produzieren. Gelbe HydroSiC-Zellen aus Siliziumkarbid erzeugen den Wasserstoff direkt an ihrer Oberfläche. Sie nutzen dabei ein breiteres Spektrum des Sonnenlichts als andere Solarzellen. Je nach Standort könnte die Erzeugung von „goldenem Wasserstoff“ deutlich billiger als die von grünem Wasserstoff aus Solarstrom werden. So könnten 6 Ct pro kWh, selbst in unseren Breitengraden, erreicht werden.

Die H2-Farbpalette ist bekanntlich schon heute recht umfangreich bis unübersichtlich. Nun kommt mit „goldenem Wasserstoff“ eine weitere Variante hinzu. So nennt jedenfalls Yellow SiC aus Berlin sein zünftiges Produkt. Das Start-up hat eine eigene Technologie entwickelt: Die innovative HydroSiC-Zelle spaltet Wasser in einem einstufigen Prozess in Wasserstoff und Sauerstoff. Bei dieser direkten Photokatalyse (genauer photochemischen Wasserspaltung) dient hochreines Siliziumkarbid (3C-SiC) als Katalysator.

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Das 3C bezieht sich auf die kubische Kristallstruktur. Dieses Halbleitermaterial ist gelb, woraus sich auch der Name des jungen Unternehmens erklärt. Dessen Solarzelle kommt ohne elektrische Kabel aus und besteht nur aus einer von Wasser umgebenen 3C-SiC-Platte, die von einer Seite mit Sonnenlicht bestrahlt wird. Diese Mehrfachsolarzelle nutzt dabei ein breiteres Spektrum des Sonnenlichts als andere Solarzellen – und das erhöht die Effizienz. Einen Elektrolyseur braucht es also nicht. Stattdessen könnten Solarzellen auf dem Dach direkt grünen Wasserstoff erzeugen.

ERSTE PILOTANLAGE IN OSNABRÜCK
Derzeit gibt es verschiedene Prototypen, die zeigen, dass die Photokatalyse mit dem Testmaterial funktioniert. „Im Moment arbeiten wir vor allem an der Verbesserung der Materialeigenschaften“, erklärt Co-Gründer und Geschäftsführer Dr. Christopher Höfener. Für eine Pilotanlage müssen die Elektroden, die derzeit im Labormaßstab hergestellt werden, noch in größeren Mengen produziert werden. „Wir arbeiten nun daran, die Herstellungsprozesse für die Elektroden zu skalieren“, sagt der Physiker und Maschinenbauer.

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Prototypzelle: Die Photokatalyse mit dem Testmaterial funktioniert

Die junge Firma hat hehre Ziele: Schon im Jahr 2025 will Yellow SiC den goldenen Wasserstoff in einer ersten Pilotanlage zur H2-Erzeugung auf dem Gelände eines Papierwerks im niedersächsischen Osnabrück produzieren. „Elektrolyse für die H2-Herstellung ist Vergangenheit“, ist der ehemalige Investmentbanker Höfener überzeugt. Ein zweistufiges Verfahren ist aus seiner Sicht schlicht zu ineffizient. Diese Überzeugung lässt sich auch mit seinem finanziellen Engagement untermauern: Von den mehr als 8 Mio. Euro an eingeworbenen Entwicklungskosten stammt ein wesentlicher Teil aus seinem eigenen Vermögen.

Mitgründer und CTO der Firma Prof. Siegmund Greulich-Weber hat sein Fachwissen zu Siliziumkarbid an der Uni Paderborn erworben. Er arbeitet seit einigen Jahren voll für das Start-up und führt das Entwicklungsteam in Berlin.

Die Kosten pro kg H2 hängen letztendlich von der erreichten Effizienz des Materials ab:

„Im Gegensatz zu Silizium, wo es eine physikalische Grenze für den Wirkungsgrad von circa 33 Prozent gibt, liegt diese Grenze für dotiertes Siliziumkarbid 3C-SiC bei 63 Prozent – und damit erreicht es fast doppelt so viele Prozentpunkte bei der Umwandlung“, sagt Greulich-Weber. Er und sein Team gehen davon aus, dass für diesen sogenannten Solar-to-Hydrogen-Prozess Wirkungsgrade von etwa 25 Prozent erreicht werden können.

WASSERTSOFF FÜR 2 CENT PRO KWH
Die Kosten für herkömmlichen grünen Wasserstoff aus einer Elektrolyse liegen derzeit zwischen 4,5 und 6,7 US-Dollar pro Kilogramm oder bei rund 16 US-Cent pro kWh. Die junge Firma prognostiziert den Preis für ihr Produkt mit 0,75 bis 2 US-Dollar pro kg – je nach Sonneneinstrahlung pro Quadratmeter. Das wäre weniger als ein Drittel der derzeitigen Kosten. Daraus ergeben sich Kosten von rund 6 Ct pro kWh in unseren Breitengraden in Mitteleuropa bzw. 2 Ct pro kWh in Nordafrika. „Umgerechnet auf die Kosten pro kg Wasserstoff sind das 2 Euro bzw. 0,75 Euro“, kalkuliert Höfener.

Der Hauptvorteil der neuen Technologie liegt in den geringeren Kosten und dem geringeren Platzbedarf im Vergleich zu einer Kombination aus Photovoltaik und Elektrolyseverfahren. „Der Kostenvorteil entsteht, weil alles in einem Schritt geschieht“, betont Höfener. So entfallen die hohen Investitionskosten für den Elektrolyseur sowie die Wirkungsgradverluste durch das Elektrolyseverfahren.

Der nächste Schritt für Yellow SiC ist die Demonstration eines Prototyps, der die erreichbare Effizienz auf einer Fläche von einigen Quadratmetern zeigt. Technisch sei dazu vor allem eine weitere Optimierung des Materials nötig. Dazu werden nun die hergestellten Elektroden mit verschiedenen Methoden charakterisiert.

2.000 °C UND HÖCHSTE REINHEIT
Es gibt allerdings noch einige Hürden zu nehmen: Denn die Herstellung des Materials benötigt sehr hohe Temperaturen von rund 2.000 °C – was eine ganze Reihe von technischen Herausforderungen mit sich bringt. Zudem darf der Prozess nur unter höchster Reinheit erfolgen. Genauer: Von einer Million Atome darf nur maximal ein Atom ein Fremdatom sein (1 ppm), so die eigene Vorgabe. Gleichzeitig muss auf die richtige Dotierung und Oberflächenstruktur des Materials geachtet werden.

Das ist ein komplexer Vorgang. „Etwas geringer sind die Herausforderungen, wenn man das Material in der Elektrolyse einsetzt“, vergleicht Höfener. Yellow SiC hat bei den Tests bereits interessante Ergebnisse erzielt: So konnte das Unternehmen Platin und Iridium in der PEM-Elektrolyse ersetzen.

Eine weitere Herausforderung ist die Suche nach Fachkräften, denn das Team soll weiter wachsen. Gebraucht werden vor allem Techniker, Physiker sowie Chemiker, insbesondere mit Erfahrung in den Bereichen PEM/AEM-Elektrolyse und Herstellung von Hochtemperaturkeramik. Alles in allem also sehr spezielle Themen. Berlin-Adlershof, wo das Start-up ansässig ist, bietet mit Partnern aus Industrie und Forschung wie dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) ein hervorragendes Umfeld dafür.


Das Team Berlin

Die Technologie stärkt die dezentrale H2-Produktion und passt somit zur Energiewende und zu Millionen Photovoltaikanlagen auf den Dächern von privaten Eigenheimen. Erste Anwendungen werde es jedoch eher für die chemische Industrie und Stahlwerke geben, meint Höfener. Ende des Jahres wird das 2020 gegründete Unternehmen wieder auf die Suche nach neuen Investoren gehen.

Anfang letzten Jahres investierte bereits Conenergy aus Essen: „Produkt, Geschäftsidee und Management des Unternehmens haben uns sehr überzeugt“, begründet Vorstand Niels Ellwanger die Entscheidung von Conenergy, sich an dem Berliner Unternehmen zu beteiligen. Nun geht es darum, weitere Risikokapitalgeber ins Boot zu holen. Für die neue Pilotanlage müssen etwa 10 Mio. Euro an frischem Geld reinkommen.

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