Feldtest mit 20 Prozent H2 funktioniert

Feldtest mit 20 Prozent H2 funktioniert

In Erftstadt testen derzeit der Versorger GVG Rhein-Erft und der Verteilnetzbetreiber RNG, wie sich die Beimischung von 20 Volumenprozent Wasserstoff im Gasnetz auswirkt. Die Zwischenbilanz des seit Oktober 2022 laufenden Feldtests ist durchweg positiv. Sämtliche angeschlossenen Gasverbrauchseinrichtungen laufen laut TÜV Rheinland zu 100 Prozent störungsfrei. Bürger sowie das angeschlossene Gewerbe konnten über die gesamte Heizperiode hinweg ihre Geräte wie gewohnt nutzen. Verbraucher mussten für das veränderte Gasgemisch nicht umgestellt werden, Auswirkungen auf die Dichtigkeit des Gasnetzes gab es keine.

Bisher ist das deutsche Gasnetz nur für eine Beimischung von 10 Vol.-% Wasserstoff zugelassen. Der Test bestätigt: „Sowohl das Gasnetz als auch die angeschlossenen Gasverbrauchseinrichtungen vertragen eine doppelt so hohe Beimischung an Wasserstoff“, erklärt Projektmanager Reiner Verbert vom TÜV Rheinland. Dieser Test ist deutschlandweit der erste, der in einem L-Gasnetz durchgeführt wird. Der Feldtest soll noch bis Ende Dezember des Jahres laufen. Insgesamt nehmen 100 Haushalte aus den Stadtteilen Niederberg, Borr und Friesheim daran teil.

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Das Gebiet eignet sich besonders gut für diesen für die Energiewende wichtigen Pilotversuch. Denn das rund neun Kilometer lange Netz wurde erst 2007 errichtet – und ist damit technisch auf einem sehr modernen Stand. Mit seinen Hausanschluss- und Verteilleitungen lässt es sich zudem gut überwachen. Sowohl Netztopologie als auch Gerätetechnik der Testhaushalte eignen sich daher besonders für eine repräsentative Ergebnisauswertung, die sich auf andere Gebiete übertragen lässt.

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Elektrolyserechner online

Elektrolyserechner online

Die Technische Hochschule Köln hat einen kostenlosen Online-Rechner programmiert, der den Bau sowie die Planung von Elektrolyseanlagen erleichtern soll. Prof. Peter Stenzel vom Cologne Institute for Renewable Energy erläuterte: „In einer meiner Vorlesungen kam die Frage auf, wie man Planungsbüros oder Industrieunternehmen bei der Auslegung solcher Anlagen unterstützen kann. Studierende und Mitarbeiter des Instituts haben daraufhin den Elektrolyserechner entwickelt, der eine erste Grobauslegung ermöglicht.“

Das Tool zeigt beispielsweise, wie viele Volllaststunden ein geplantes System in Betrieb wäre, wie viel Wasserstoff produziert würde und welche Anwendungsfälle möglich wären. Grundlage für die Berechnungen ist der Strommix für den Betrieb des Elektrolyseurs. Zudem kann angegeben werden, wie groß die Elektrolyseanlage ausfallen soll.

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Stenzel erläuterte weiter: „Um das Ergebnis plastischer zu machen, zeigt unser Tool auch mögliche Anwendungsfälle für die Sektoren Verkehr, Industrie und Gebäude: Wie viele Brennstoffzellenautos oder -busse könnten mit der erzeugten Wasserstoffmenge ein Jahr lang fahren? Wie viele Tonnen Rohstahl könnte man damit produzieren? Wie viele Wohngebäude mit Brennwertkessel könnten ein Jahr lang mit dem Wasserstoff beziehungsweise mit der erzeugten Abwärme beheizt werden?“

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https://elektrolyserechner.web.th-koeln.de/

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Kohleflöze als H2-Speicherstätten

Kohleflöze als H2-Speicherstätten

In den vergangenen Jahren wurden reihenweise Kohleminen stillgelegt. Obwohl dort noch Restmengen dieses fossilen Energieträgers lagern, ist es in vielen Bergbauregionen still geworden. Ein Ansatz der Pennsylvania State University könnte ehemaligen Bergwerkbetreibern jedoch Hoffnung machen, dass ihre Flöze doch noch für etwas gut sind – und zwar für die Einlagerung von Wasserstoff.

„Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass Kohle aus wissenschaftlicher Sicht die erste Wahl für die geologische Speicherung sein könnte. Sie kann mehr aufnehmen als andere Materialien. Viele Menschen halten Kohle für Gestein, aber in Wirklichkeit ist sie ein Polymer. Sie hat einen hohen Kohlenstoffgehalt und unzählige kleine Poren, die sehr viel Gas speichern können. Kohle ist für Wasserstoff wie ein Schwamm“, erklärte Shimin Liu, Wissenschaftler an der Penn State.

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Insgesamt untersuchte das Team von Liu acht Arten von Kohlen aus US-amerikanischen Bergwerken, um herauszufinden, wie viel Wasserstoff sie aufnehmen können. Die Kohlen hätten beachtliche Sorptionseigenschaften gezeigt, allerdings müsse noch untersucht werden, wie ihre Diffusivität und Permeabilität sei – Merkmale, die bestimmen, wie schnell Wasserstoff injiziert und wieder entnommen werden kann.

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Positiver Begleiteffekt wäre, dass ehemalige Flöze ein Second Life bekommen und strukturschwache Bergbauregionen eventuell wiederbelebt werden könnten.

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Wichtiger strategischer Shift

Wichtiger strategischer Shift

Interview mit Lorenz Jung, Sprecher von H2 Mobility Deutschland

Seit Jahren arbeitet H2 Mobility am Auf- und Ausbau der Infrastruktur für Wasserstofftankstellen. Trotz ehrgeiziger Ziele wurde die 100-Stationen-Marke immer noch nicht überschritten. Es werden zwar weitere neue H2-Tankstellen aufgebaut und eingeweiht, aber in gleichem Maße auch alte abgebaut. Sechseinhalb Jahre nach der Gründung vollzog H2 Mobility Deutschland im April 2023 einen Führungswechsel: Nikolas Iwan, der die Gesellschaft von Anbeginn an alleine leitete, wechselte in den Beirat, dessen Vorsitz er im Laufe des Jahres übernehmen soll. Iwan wurde von einem dreiköpfigen Geschäftsführer-Team abgelöst. HZwei sprach mit dem CCO und Sprecher Lorenz Jung über die Gründe für diese Umstrukturierung sowie die weiteren Ziele des Unternehmens.

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HZwei: Herzlichen Glückwunsch nachträglich zu Ihrer Beförderung und Ihrer neuen Position bei der H2 Mobility Deutschland GmbH & Co. KG. Wie fühlt es sich an, jetzt in der ersten Reihe zu stehen?

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Jung: Sehr gut! Man merkt aber auch sehr schnell, dass der Wind dort etwas kräftiger weht.

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HZwei: Sie sind quasi seit der Gründung der H2 Mobility mit dabei und haben sich rasch hochgearbeitet. Anfangs waren Sie die Teamleitung für den Netzaufbau, 2021 wurden Sie Chief Projects Officer (CPO) und 2022 Chief Commercial Officer (CCO). Jetzt sind Sie auch Managing Director und Sprecher des Unternehmens nach außen. Kam die Berufung zum Geschäftsführer überraschend, oder haben Sie quasi darauf hingearbeitet?

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Die Entscheidung von Nikolas Iwan hat uns tatsächlich überrascht. Das Management Team – Frank Fronzke, Martin Jüngel und ich – waren uns aber sehr schnell einig, dass wir die Geschäftsführung gemeinsam übernehmen wollen.

Sie haben vor Ihrer Zeit bei H2 Mobility bei Siemens Energy und Linde gearbeitet. In welcher Weise können Sie Ihre damaligen Erfahrungen in Ihre heutige Arbeit mit einbringen?

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Es hilft mir in der Tat sehr, dass ich viel Vorerfahrung und Kenntnisse sowohl im Anlagenbau, in der Gasindustrie als auch im Stromerzeugungs- und Stromübertragungsbereich habe sammeln können. Denn bei H2 Mobility geht es im Kern nicht nur um das große Thema Verkehrswende, vielmehr ist sie Teil der großen Energietransformation. Es hilft also zu verstehen, wie große Energiemengen transportiert und gelagert werden können und welche Vor- und Nachteile Moleküle bzw. Elektronen haben.

Sie sagten gerade selbst, dass Sie sich die Geschäftsführung teilen: Frank Fronzke kam von Praxair und ist seit 2016 Chief Operation Officer (COO). Martin Jüngel wechselte 2020 von Air Liquide als Chief Financial Officer (CFO) zu H2 Mobility. Beide sind bislang öffentlich noch nicht so richtig in Erscheinung getreten. Was können Sie uns über beide noch berichten?

Ich bin sehr froh und dankbar, die Geschäftsführung mit diesen beiden Kollegen zu teilen. Beide sind in ihren Fachbereichen absolute Vollprofis. Uns drei verbindet vor allem die Leidenschaft, das Thema Wasserstoff in der Mobilität mit unserem Unternehmen zum Erfolg zu führen. Frank Fronzke, unser COO, ist ein genialer Ingenieur. Er hat es mit dem Operations-Team in den letzten Jahren geschafft, die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit unseres Wasserstofftankstellennetzes trotz etlicher Herausforderungen auf ein sehr hohes Niveau zu heben. Dank des nun entstehenden Wettbewerbs wird man das bald erst so richtig wertschätzen können. Frank zeichnet aus, dass er für jedes noch so komplizierte technische Problem mit viel Kreativität, Ehrgeiz und Weitsicht eine Lösung findet.

Martin Jüngel ist als CFO das Mastermind hinter unseren Zahlen. Er verantwortet nicht nur die Unternehmensfinanzen, er ist auch für Buchhaltung, Controlling und IT, Einkauf und öffentliche Fördermittel verantwortlich. Martin kombiniert Überblick und Weitblick und kann dies sehr gut vermitteln. Mit Scharfsinn und Sorgfalt räumt er so alle kaufmännischen Hürden aus dem Weg.

Wie wird Ihre Aufgabenteilung aussehen?

Jeder behält im Prinzip die Verantwortung für seinen bisherigen Aufgabenbereich. Martin übernimmt zusätzlich die Sprecheraufgabe in Richtung unserer Gesellschafter. Bei der bunten und nicht gerade kleinen Runde eine große Aufgabe. Frank konzentriert sich komplett auf die technischen Themen. Daher haben wir dort nun auch die Projektabwicklung angesiedelt. Ich kümmere mich als Sprecher der Geschäftsführung um die Vertretung von H2 Mobility nach außen, bin außerdem für Vertrieb, Kunden, Produkt- und Projektentwicklung sowie Digital Solutions und Personal verantwortlich.

Fronzke, Jung, Iwan, Jüngel (v. l.)

Können Sie uns etwas darüber sagen, welche Rolle Nikolas Iwan zukünftig einnehmen wird? Auf seinem LinkedIn-Profil steht: „in transition“. Ist schon klar, wohin er wechseln wird?

Für uns bleibt er als Chairman of the board erhalten. Da er diese Rolle aber erst offiziell im Sommer antritt, ist „in transition“ eine zutreffende Beschreibung.

Kommen wir von den Personalien zu den Inhalten: Wie ist der aktuelle Stand beim Aufbau einer H2-Betankungsinfrastruktur in Deutschland?

Wie Sie aus der Presse entnehmen können, steigen nun immer mehr Unternehmen in den Markt ein. Ein sehr gutes Zeichen. Bis allerdings aus Ankündigungen auch erste Wasserstofftankstellen werden – also für Kunden zur Verfügung stehen –, braucht es Zeit, wie wir aus Erfahrung wissen.

Warum kommt es da nun schon seit Jahren nicht voran? Werden Sie als Dreier-Team jetzt eine andere Strategie verfolgen als zuletzt? Wenn ja, welche?

Gemessen an der Stückzahl mag dieser Eindruck entstehen. Tatsächlich hat sich aber die Voraussetzung geändert. Als H2 Mobility angetreten ist, hat man sich auf einen H2-Pkw-Markt vorbereitet. Die Idee war, schnell viele, kleine Stationen zu errichten. Nun entwickelt sich der Nutzfahrzeugmarkt wesentlich schneller als erwartet. Größere Fahrzeuge mit größerem Bedarf müssen jetzt an weniger, dafür aber zentraleren und robusteren Stationen teilweise mit einer anderen Technologie versorgt werden. Wir bauen entsprechend nicht einfach das Netz weiter aus, sondern rüsten dort nach, wo H2-Nutzfahrzeuge angekündigt sind. Außerdem sind unsere neuen Stationen mit einer bis zu 15-mal größeren Kapazität eine andere Dimension.

Im Februar 2023 hieß es in Ihrer Pressemeldung, dieser Geschäftsführerwechsel stelle den Abschluss einer grundsätzlichen Neuausrichtung dar. Dazu gehörte unter anderem die Aufnahme des mittlerweile achten Gesellschafters Hy24. Was bedeutete deren Einstieg für H2 Mobility?

Der Abschluss der letzten Finanzierungsrunde und der Beitritt von Hy24 markiert tatsächlich einen wichtigen strategischen Shift: Unser Ziel ist es, unser Wasserstofftankstellennetz wirtschaftlich und damit nachhaltig zu betreiben. Nach den ersten Jahren, in denen es in erster Linie um den Nachweis der technischen Machbarkeit ging, ist das eine andere Ausrichtung. Damit geht eben auch einher, dass wir uns auf absatzstarke Nutzfahrzeugtankstellen mit gasförmigem Wasserstoff konzentrieren. Im Übrigen: Hy24 ist der erste Finanzinvestor, der nur in H2-Projekte investiert. Und dass wir dort als erstes Unternehmen zum Zuge kamen, ist ein großer Vertrauensvorschuss. Es zeigt auch, dass Wasserstoff auch in der Mobilität ein wichtiger Bestandteil der Verkehrs- und Energiewende ist.

Gab es noch weitere Umstrukturierungsmaßnahmen?

Bis auf die oben erwähnten, nein.

Wie sehen Sie die Rolle anderer Akteure, die jetzt ebenfalls verstärkt H2-Tankstellen installieren möchten? Verfolgen Sie weiterhin Ihren bislang kooperativen Ansatz oder sehen Sie GP Joule, Maximator usw. als Konkurrenten?

Wir freuen uns, dass es nun auch andere Unternehmen wagen. Das zeigt, dass nun der Markthochlauf beginnt. Wo es geht, arbeiten wir gerne zusammen. Wettbewerb vergrößert aber auch das Angebot für die Kunden und gibt uns die Chance, uns mit den Produkten der Konkurrenz zu messen. Ich bin sehr gespannt auf die ersten Auswertungen und den direkten Vergleich.

Letzte Frage: Wie groß ist der Anteil von grünem Wasserstoff an Ihren Tankstellen heute und wie wollen Sie bis 2028 hundert Prozent erreichen?

Vorneweg, es ist gut und wichtig, dass es endlich mit der Verabschiedung des Delegated Acts Klarheit darüber gibt, was mit grünem Wasserstoff gemeint ist. Der Anteil an grünem Wasserstoff ist abhängig von den Quellen in der Nähe unserer Wasserstofftankstellen noch sehr unterschiedlich. Bis 2028 ist nicht mehr viel Zeit. Viele der grünen Wasserstoffquellen sind erst im Aufbau. Mit der Nachfrage können wir diesen unterstützen. Es gibt also ein gegenseitiges Interesse, Abnahmeverträge abzuschließen. Da wir unser Netz mittelfristig ausschließlich mit grünem Wasserstoff betreiben wollen, sind wir schon länger an diesem Thema dran. Wir sprechen mit potentiellen, aber auch unseren bestehenden Lieferanten und ersetzen Stück für Stück alte Lieferverträge durch neue. Hier ist der Einkaufspreis teilweise (noch) eine große Herausforderung. Mit dem THG-Quotenhandel wird aber das richtige Werkzeug angesetzt, um die H2-Kosten zu senken.

HZwei: Herzlichen Dank für das Interview.

Hy24
Im März 2022 hat H2 Mobility Deutschland eine Kapitalerhöhung über 110 Mio. Euro durchgeführt, an der sich neben den industriellen Alt-Gesellschaftern Air Liquide, Daimler Truck, Hyundai, Linde, OMV, Shell und TotalEnergies auch Hy24 beteiligte. Hy24 ist ein 50/50-Joint-Venture zwischen Ardian, einem weltweit führenden privaten Investmenthaus, und FiveT Hydrogen, einer Investitionsplattform für sauberen Wasserstoff. Gemeinsam steuern sie 70 Mio. Euro zu der Kapitalerhöhung bei. Das Geld soll für den Bau neuer Wasserstoffstationen verwendet werden. Ziel sind 300 Stationen bis 2030.

Hy24 fungiert als Fondsmanager für den Clean H2 Infra Fund, die – nach eigener Aussage – weltweit größte Investitionsplattform für sauberen Wasserstoff. Eingerichtet wurde dieser Fonds auf Initiative von Air Liquide, TotalEnergies und VINCI Concessions sowie von Plug Power, Chart Industries und Baker Hughes. Außerdem beteiligen sich industrielle Ankerpartner wie LOTTE Chemical oder Snam, Enagás und GRTgaz, finanzielle Ankerinvestoren wie AXA, CCR und JBIC sowie weitere Investoren (Groupe ADP, Ballard, EDF, Schaeffler). Der Fonds strebt ein Volumen von 1,5 Mrd. Euro an.

Pierre-Étienne Franc, CEO von Hy24 und Manager von Clean H2 Infra Fund S.L.P., sagte: „Wasserstoff ist ein entscheidender Bestandteil der ‚Fit-for-55‘-Pläne der Europäischen Union, die durch den jüngsten REPowerEU-Vorschlag noch unterstrichen wurden. Unsere Investition an der Seite von Pionieren unterstützt auch die Bemühungen der Europäischen Kommission, die Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) umzusetzen, um das europäische Wasserstofftankstellennetz maßgeblich auszubauen. Das passt zu unserem Bestreben, als Katalysator einer Wasserstoffwirtschaft in großem Maßstab zu fungieren – und zwar über die gesamte System- und Wertschöpfungskette hinweg, um einen echten Wandel für unseren Planeten zu erreichen.“

Wasserstoff – eine saubere Alternative?

Wasserstoff – eine saubere Alternative?

Allgemeine Innovationstrends entlang der H2-Wertschöpfungskette

Wasserstoff ist das häufigste chemische Element im Universum und birgt seit vielen Jahren das Potenzial, eine bedeutende Rolle bei sauberen Energielösungen einzunehmen. Sein großes Vorkommen und seine sauberen Verbrennungsprodukte würden vermuten lassen, dass Wasserstoff der ideale Kandidat ist, um uns von der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu befreien. Wenn es jedoch darum geht, seine Tauglichkeit als saubere Energiequelle zu bewerten, muss man die gesamte Wertschöpfungskette betrachten. Diese kann in drei Hauptbereiche unterteilt werden: Produktion, Speicherung sowie Verteilung und Endanwendung. Das Europäische Patentamt (EPO) und die Internationale Energieagentur (IEA) haben kürzlich einen Bericht zur Analyse globaler Innovationstrends entlang H2-Wertschöpfungsketten veröffentlicht. Die bestehenden und neuen Technologien, die den einzelnen Phasen der Wertschöpfungskette entsprechen, sind in der folgenden Abbildung zu sehen, die dem EPO/IEA-Bericht entnommen wurde.

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Heute werden rund 95 Prozent des Wasserstoffs aus fossilen Energiequellen über Prozesse wie Erdgasreformierung gewonnen. Dieser Prozess erfordert nicht nur weiterhin fossile Brennstoffe als Rohstoff, sondern auch einen hohen Einsatz von Energie, die meist ebenfalls aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird.

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Produktion

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Die Elektrolyse ist eine alternative Methode zur Wasserstoffproduktion, die keine fossilen Brennstoffe als Rohstoff benötigt, zurzeit jedoch nur einen sehr geringen Anteil der weltweiten Produktion ausmacht (ca. 0,04 % im Jahr 2021). Dieser Prozess nutzt Elektrizität, um Wassermoleküle in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Die Elektrolyse erscheint zwar vielversprechend, jedoch liegt die durchschnittliche Effizienz dieses Prozesses nur bei rund 75 Prozent. Zudem werden für mehr als 99 Prozent der gesamten Wasserstoffproduktion mittels Elektrolyse nicht-erneuerbare Energiequellen genutzt.

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Die globale Trendanalyse von EPO/IEA zeigt auf, dass im Zeitraum von 2011 bis 2020 der größte Teil der wasserstoffbezogenen Patente auf Technologien zur Wasserstoffproduktion entfiel. Technologien, die in Bedenken bezüglich des Klimawandels begründet sind, generierten 2020 nahezu 90 Prozent der Internationalen Patentfamilien (IPF) im Zusammenhang mit Wasserstoffproduktion. Mit einem starken Fokus auf der Dekarbonisierung der Wasserstoffproduktion gab es eine deutliche Zunahme von Patenten in Bezug auf die Elektrolyse und einen deutlichen Rückgang der Patentanmeldungen für die Wasserstoffproduktion aus fossilen Brennstoffen (s. Abb. 2).

IPF-Trends bei Technologien zur Wasserstofferzeugung, 2001 bis 2020

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Durch die hohen Erdgaspreise hat sich das Wirtschaftsklima zugunsten des emissionsarmen Wasserstoffs aus Elektrolyse verlagert, der so für weitere Investitionen interessant geworden ist. Weitere Innovationen werden auch notwendig sein, um eine emissionsarme Wasserstofferzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu ermöglichen. Obwohl zurzeit bereits mehrere Elektrolysetechnologien mit stark unterschiedlicher technischer Reife entwickelt werden, gibt es nach wie vor keinen Konsens über eine bevorzugte Lösung.

Speicherung und Verteilung

Reiner Wasserstoff wird zurzeit als Gas in Pipelines und Tube-Trailern oder in flüssiger Form in Kryobehältern transportiert. Um das Potenzial von Wasserstoff als Brennstoff voll auszuschöpfen, sind effiziente, standardisierte und kostengünstige Methoden für die Speicherung und den Transport zwingend erforderlich.

Bei der Speicherung und beim Transport von Wasserstoff gibt es viele Herausforderungen, zum Beispiel das hohe Gewicht und Volumen der Speichersysteme, Energieverluste in Verbindung mit Kompression und Verflüssigung und die Haltbarkeit von Speichersystemen. Patentanmeldungen im Bereich Wasserstofftransport und -speicherung zeigen einen starken Fokus auf die Infrastruktur zur Unterstützung der Wasserstoffaufnahme (s. Abb. 3).

Patenttrends bei Technologien zu Wasserstoffspeicherung, -verteilung und -umwandlung (IPF, 2001 bis 2020)

Anders als im Bereich der Wasserstoffproduktionstechnologien machen Universitäten und Forschungseinrichtungen nur einen geringen Anteil der Patentanmeldungen für die Speicherung und den Transport von Wasserstoff aus. Dies lässt vermuten, dass dieser Teil der H2-Wertschöpfungskette hauptsächlich auf ausgereiften Technologien mit dem Schwerpunkt auf inkrementeller Innovation basiert. Einige neue Technologien, wie die Nutzung von flüssigen organischen Wasserstoffträgern oder synthetischem Methan, bergen jedoch das Potenzial für einen künftigen breiteren Einsatz.

Neue Anwendungen

Während sich dieser Artikel hauptsächlich auf Wasserstoff als alternativen Brennstoff konzentriert, wird die Wasserstoffnachfrage vor allem von der chemischen Industrie angetrieben, wobei rund 75 Prozent für die Ammoniakproduktion und etwa 25 Prozent für die Methanolproduktion bestimmt sind. Innovationen im Wasserstoffsektor, beschleunigt durch den Wunsch nach sauberer Energie, werden wahrscheinlich zu einer höheren Effizienz der bestehenden H2-Wertschöpfungskette führen und somit die CO2-Emissionen der gesamten Industrie reduzieren.

Neue Wasserstoffanwendungen und Patentanmeldungen sind stark auf den Transport fokussiert. Dabei gibt es seit 2001 mehr IPF für Wasserstoffanwendungen im Automobilbereich als für alle anderen neuen Wasserstoffanwendungen zusammen. Brennstoffzellen scheinen die ausgereifteste Technologie für wasserstoffbetriebene Transportmittel zu sein, was sich bereits in einer gewissen Marktakzeptanz niederschlägt. Alternativen wie H2-Verbrennungsmotoren sind nachweislich leistungsfähig und hinken der Reife der Brennstoffzelltechnologie leicht hinterher.

Wasserstoffbetriebene Lösungen für den Straßen- und Schienenverkehr sind weiter entwickelt als jene für den Lufttransport. Dabei stellen die Skalierbarkeit und Masse an Wasserstoffspeichern weiterhin Herausforderungen im Luftfahrtsektor dar. Die Patentanmeldungen bei Wasserstoffanwendungen zeigen einen starken Fokus auf den Automobilsektor (s. Abb. 4).

Patenttrends bei Wasserstoff-Endanwendungen (IPF, 2001 bis 2020)

Schwierigkeiten bereiten nach wie vor die Wasserstoffspeicherung im Fahrzeug sowie die Umwandlung der chemisch in Wasserstoff gespeicherten Energie in Antriebskraft. Im Automobil- und Luftfahrtsektor dominieren Patentanträge für Antriebssysteme. Insbesondere machen H2-Brennstoffzellen einen beträchtlichen Anteil der Innovationen der letzten zehn Jahre aus. In der Luftfahrt eignen sich Brennstoffzellen voraussichtlich eher für Kurzstreckenflüge. Bei Langstreckenflügen werden die höhere Turbinenleistung und Energiedichte von wasserstoffbasierten Kraftstoffen vermutlich eine höhere Leistung als die Kombination aus Brennstoffzelle und Motor bieten.

Wohin führt der Weg?

Die globale Trendanalyse von EPO/IEA zeigt deutlich, dass Wasserstoff weltweit ein Innovationsschwerpunkt bleibt. Um das Potenzial von Wasserstoff als saubere Energiequelle der Zukunft voll auszuschöpfen, sind Innovationen in der gesamten Wertschöpfungskette erforderlich, die effiziente, kostengünstige und nachhaltige Verfahren von der Produktion bis zur Endanwendung sicherstellen können.

Wir alle setzen darauf, dass Innovatoren die Technologien liefern, die den Weg für Wasserstoff als Energie der Zukunft ebnen. Investitionen in neue Technologien sind für den weiteren kommerziellen Erfolg entscheidend. Mehr als 80 Prozent der in der Spätphase getätigten Investitionen in H2-Start-ups im Zeitraum 2011 bis 2020 gingen in Unternehmen, die einen Patentantrag in Bereichen wie Elektrolyse, Brennstoffzellen oder emissionsarmen Methoden für die Wassererzeugung aus Gas eingereicht haben.

Forresters ist darauf spezialisiert, das geistige Eigentum von Innovatoren, die auf Patente vertrauen, zu schützen, ihre Erfindungen auf den Markt zu bringen und ihnen eine klare Richtung zu geben.

Emissionsfreies Energiesystem eines Fluss- und Küstenschiffes

Emissionsfreies Energiesystem eines Fluss- und Küstenschiffes

H2-Antrieb auf der Coriolis

Global ist die Schifffahrt für etwa drei Prozent aller Kohlenstoffdioxidemissionen verantwortlich. Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation IMO (von engl. International Maritime Organization) hat sich daher zum Ziel gesetzt, diese bis zum Jahr 2050, verglichen mit dem Stand von 2008, mindestens zu halbieren. Für Schiffe werden aufgrund der hohen Leistungsbedarfe und der großen zurückzulegenden Reichweiten vollelektrische Lösungen nur in einigen Anwendungsfällen möglich sein. Wasserstoff und seine Derivate wecken daher bei der maritimen Industrie zunehmendes Interesse aufgrund ihres Potentials, den Emissionsausstoß der Schifffahrt deutlich zu reduzieren. Die Herausforderung ist dabei, Wasserstoff einerseits in sicherer Form und möglichst kompakt an Bord zu speichern und andererseits das Gesamtenergiesystem auf verschiedene Anforderungen abzustimmen und seine Steuerung optimal zu gestalten.

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Derzeit wird bei der Hitzler Werft in Lauenburg das Forschungsschiff Coriolis des Helmholtz-Zentrums Hereon, Geesthacht, gebaut. Das Schiff wird neben einem dieselelektrischen Antriebssystem auch Batterien sowie ein Wasserstoffsystem an Bord verbaut haben. Letzteres hat das Hereon gemeinsam mit dem DLR Institut für Maritime Energiesysteme und dem Ingenieurbüro Technolog, Hamburg, konzeptioniert.

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Wasserstoffsystemlabor H2SL an Bord

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Das H2SL ist als ein über das Schiff verteiltes Wasserstoffsystem geplant. Die Hauptkomponenten sind ein Metallhydridtank (MH-Tank), eine Eigenentwicklung des Hereon, sowie eine Niedertemperatur-PEM-Brennstoffzelle. Dazu kommen noch verschiedene Komponenten der Peripherie, wie beispielsweise eine Bunkerstation für Wasserstoff, ein Tankanschlussraum am Metallhydridtank und zwei Abblasemasten.

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Insbesondere für ein vergleichsweise kleines Schiff wie die Coriolis mit knapp 30 m Länge muss die Anordnung der Komponenten sehr genau geplant werden. Grund hierfür ist unter anderem, dass es für die Verwendung von Wasserstoff an Bord noch keine bindenden Regularien gibt.

Die Definition von Gefahrenzonen sowie die einzuhaltenden Abstände von Be- und Entlüftungen stammen aus dem IGF-Code, welcher in der Schifffahrt den Umgang mit Kraftstoffen mit niedrigem Flammpunkt reguliert und bisher vorrangig für LNG angewendet wird. Hier wird bisher aber noch keine Rücksicht auf die speziellen Eigenschaften von Wasserstoff, wie beispielsweise die wesentlich höhere Flüchtigkeit als bei LNG, genommen. Dies zeigt sich unter anderem bei der Größe und Form der Gefahrenzonen (s. kugelförmige Gefahrenzonen um die Ausbläser und Lufteinlässe). Eine Erweiterung des IGF-Codes auf die Nutzung von Wasserstoff befindet sich derzeit in Arbeit.

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Das Tanksystem, bestehend aus dem eigentlichen Metallhydridtank sowie dem vorgeschriebenen inertisierbaren Tankanschlussraum, wird auf einer 5“-Containergrundplatte aufgebaut und etwa die halbe Höhe haben. Neben dem Gewicht des Metallhydrids selbst bestimmen die stählernen Tankhüllen, Verrohrungen und insbesondere der Druckbehälter des Tankanschlussraums das Gesamtgewicht. Bei einem Gesamtsystemvolumen von rund 4 m3 und einem Gesamtsystemgewicht von etwa 5 Tonnen speichert das Tanksystem circa 30 kg H2.

Damit ist die Brennstoffzelle in der Lage, das Schiff mit etwa 500 kWh grüner Energie zu versorgen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, grüner Wasserstoff kann und darf tatsächlich gebunkert werden – eine Herausforderung in sich, wie erste Sondierungsgespräche mit Wasserstoffproduzenten und Häfen gezeigt haben.

Im Vorfeld der Werftausschreibung wurde der Energiebedarf für die Propulsion bei der SVA Potsdam im Modellversuch ermittelt und auf die Großausführung skaliert. Die Schiffsform der Coriolis ist auf den Betrieb bei niedriger Geschwindigkeit optimiert, weil dies dem vorrangigen Betriebsprofil in der küstennahen Fahrt entspricht (s. Abb. 3).

Aufgrund des geringen Leistungsbedarfes bei Schleichfahrt kann die Brennstoffzelle, welche eine elektrische Nennleistung von etwa 100 kW haben wird, in Kombination mit der Batterie für viele Messkampagnen und in weiteren Betriebszuständen (z. B. Liegezeiten) der Coriolis verwendet werden, ohne dass ein Dieselmotor zugeschaltet werden muss. Zusätzlich zur Propulsion müssen noch die elektrischen Verbraucher an Bord versorgt werden, welche jedoch nur einen Bruchteil der benötigten Antriebsenergie beanspruchen.

Benötigte Propulsionsleistung in Abhängigkeit von der Schiffsgeschwindigkeit

Metallhydridtanks

Die im Folgenden genannten Eigenschaften machen aus Sicht von Hereon die MH-Tanks für eine Reihe von Anwendungen im maritimen Bereich attraktiv:

  • Moderate Beladedrücke von deutlich unter 100 bar bei Betriebstemperaturen von unter 100 °C
  • Kaltstart eines MH-Tanks prinzipiell auch bei Temperaturen unter 0 °C möglich (Hereon EP 3 843 190)
  • Durch die chemische Bindung des Wasserstoffs ist prinzipbedingt keine plötzliche Freisetzung von großen Wasserstoffmengen möglich, was einen signifikanten Sicherheitsgewinn an Bord bedeutet.
  • Die wegen der niedrigen Beladedrücke erlaubte flexible Bauform ermöglicht eine leichte Anpassung an die Schiffsform à eingesparter Bauraum. Insbesondere für kleine Schiffe nehmen heutige Druckwasserstofftanks sehr viel Platz ein, der dem Schiff als wertvoller Ladungsraum verloren geht.
  • Hohes Gewicht kann in bestimmten Anwendungsfällen sogar vorteilhaft sein, z. B. bei Segelschiffen statt des sonst notwendigen „toten“ Ballasts zur Lagestabilisierung.

Forschung im Wasserstoffsystemlabor (H2SL)

Hereon und DLR untersuchen gemeinsam, für welche Schiffstypen die Kombination aus Niedertemperatur-Brennstoffzelle und Metallhydridtank eine sinnvolle Lösung für das Antriebssystem darstellt. Ziel der beiden Forschungsinstitute ist es, ein Leitkonzept zu erstellen, welches eine leichte Adaption und Integration des Konzeptes des Coriolis-Energiesystems auch in andere Schiffe und Schiffstypen ermöglicht.

Zusätzlich zur Option, das Schiff emissionsfrei zu betreiben, bietet das H2SL noch viele weitere Möglichkeiten, innovative Forschungsansätze zu verfolgen. Hereon und DLR planen intensive Forschungsarbeiten anhand des Antriebssystems. Durch den Betrieb des H2SL in realer maritimer Umgebung, die Möglichkeit des Online-Fernzugriffs auf die Betriebsdaten und der sofortigen Anpassung von Steuerungsparametern und damit durch das Studium der Auswirkungen dieser Änderungen erwarten die beiden Einrichtungen wertvolle Erkenntnisse und Echtzeitdaten zu relevanten Forschungsfragen.

Aufsetzend auf den Betriebsdaten wird das DLR einen digitalen Zwilling des Wasserstoffenergiesystems entwickeln, um den Zustand des Systems jederzeit zu erfassen, die Systemsteuerung zu optimieren und Rückkopplungen für den Betrieb abzuleiten.

Darüber hinaus sollen anhand der Daten Betriebsstrategien für das hybride Energiesystem der Coriolis entwickelt werden. Durch die Variation aus verschiedenen Energiequellen (Batterie, Brennstoffzelle und Verbrennungsmotor) gibt es viel Flexibilität hinsichtlich des Betriebes bei verschiedensten Energieverbrauchsszenarios. Ziel ist es, für unterschiedlichste Fahrt- und Lastzustände ein Optimum in Bezug auf Kraftstoffverbrauch und Betriebskosten durch eine intelligente Lastaufteilung zu erreichen.

Der Vorteil einer solchen Untersuchung auf einem Forschungsschiff ist unter anderem, dass die in der Theorie entwickelten Strategien im nächsten Schritt direkt in das Energiemanagementsystem überführt und auf diese Weise zeitnah im Betrieb validiert werden können.

Hybride Energiesysteme finden immer häufiger Einzug auf Schiffen. Die Erkenntnisse aus dem Betrieb der Coriolis werden zukünftig wertvolle Hinweise liefern, die auch auf andere Schiffstypen übertragen werden können und somit einen Beitrag zur Emissionsreduktion des maritimen Sektors leisten.

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