Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

19. Juni 2023

Titelbild: MF Hydra

Bildquelle: Ballard

Ballard Power – Die Ruhe vor dem Sturm

Der Kursrückgang von Ballard Power in den vergangenen Monaten ist der Ungeduld vieler Anleger geschuldet, die das Potential dieses Marktführers in Sachen PEM-BZ vor allem kurzfristig bewerten. Was zählt, ist der langfristige Ausblick auf das Unternehmen.

Aktuelle Quartalszahlen geben den Skeptikern Recht. Ballard selbst ficht dies nicht an, da man unaufgeregt an der Langfriststrategie arbeitet: Aufbau von Produktionskapazitäten, Kooperationen und Pilotprojekte. Dies wird von Kapitalabfluss begleitet wie auch von damit im Zusammenhang stehenden „logischen“ Verlusten. Ballard hat ausreichend Kapital auf der Bank, um die Pläne ohne Druck von außen umsetzen zu können: 864 Mio. US-$ Bargeld auf dem Konto sprechen für sich.

Parallel arbeitet Ballard an der permanenten Optimierung seiner Technologien, seien es die MEA für die Brennstoffzelle, die BZ-Module oder die Stacks für die verschiedenen Anwendungen, um am Markt zu den Topanbietern zu zählen. Wie aber wird die Börse reagieren, wenn die Produktionsstätten in China, Europa, in den USA und Kanada (perspektivisch auch in Indien – s. Cummins mit Tata) mit ihrer Kapazität voll ausgelastet sind und neben einem hohen Umsatzwachstum dann auch einen guten Gewinn versprechen?

China könnte der Joker sein

Ballard-Chef Randy McEwen reist mehrere Wochen durch China, um Vertreter von Behörden, Ministerien, Unternehmen, Kunden, Kommunen und anderen für Ballard wichtigen Playern zu treffen. Da geht es sicherlich darum, zu verstehen, warum Chinas H2-Förderprogramm immer noch nicht verabschiedet worden ist. Die wohl immer noch größte BZ-Stack-Produktionsstätte im Land – von Weichai und Ballard als JV betrieben – ist noch „arbeitslos“.

Dass ein größeres Programm kommen wird, steht für mich außer Frage, da mittlerweile viele Unternehmen und Regionen oder Städte in China in Eigenregie das Thema in mannigfaltiger Form (Kapazitäten für unterschiedliche Elektrolyseure, Stacks, Zulieferteile, BZ-Lkw, H2-Pipelines, -Tankstellen usw.) aufgreifen. Diese erwarten ein hohes Wachstumspotential, welches es zu nutzen gilt. Vielleicht wird China noch 2023 die Welt mit einem H2-Programm überraschen, das den entsprechenden Programmen in den USA, in Europa, in Japan und in anderen Ländern nicht nur entspricht, sondern diese kleiner aussehen lässt?

Was wäre, wenn China auch der Brennstoffzelle im Pkw mit einer Quote einen Schub verschaffte? Bei der Batterie hat China das gemacht – im größten Kfz-Markt der Welt –, und alle im Lande produzierenden Kfz-Konzerne haben sich dem anpassen müssen. Letztendlich hat China der batterieelektrischen Mobilität weltweit die Grundlagen geliefert.

Bis zum Jahr 2030 sollen in China 1 Mio. Fahrzeuge fahren, die mit Wasserstoff betankt werden. Vielleicht wird dieses Ziel dem südkoreanischen angepasst, denn Südkorea will bis 2040 über 6 Mio. Kfz mit Wasserstoff betanken. Für Ballard kann es hier sehr schnell zu einer positiven Wende kommen, was dann auch den Aktienkurs beflügelt.

150 Millionen Kilometer auf dem Tacho

Ballard meldet derweil 150 Mio. gefahrene Kilometer von Nutzfahrzeugen und Bussen – und dies reibungslos. 3.800 Busse fahren weltweit mit Ballard inside. Die Kanadier setzen damit einen Industrie- und Branchenstandard. Man stehe sehr gut da bei der Gesamtbetrachtung Total-Cost-of-Ownership, so der CEO Randy McEwen.

„Wir bei Ballard konstruieren unsere PEM-Brennstoffzellenmotoren für schwere Mobilitätsanwendungen, bei denen Emissionsfreiheit, Zuverlässigkeit und Langlebigkeit die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale für die Gesamtbetriebskosten des Endnutzers sind. Wir setzen weiterhin den Branchenstandard für die PEM-BZ-Leistung in unseren Zielmärkten. Die von FCEVs, die mit unserer Technologie angetrieben werden, zurückgelegte Strecke unterstreicht die Kundenorientierung und das Engagement von Ballard für zuverlässigen Service und hohe Betriebszeiten. Wir erreichen diesen Meilenstein in der Branche zu einer Zeit, in der wir ein wachsendes Kundeninteresse an der Einführung von Wasserstoff-Brennstoffzellen in unseren wichtigsten Mobilitätsbranchen Bus, Lkw, Bahn und Schiff sowie bei Off-Highway- und stationären Stromanwendungen feststellen.“

Randy McEwen, Ballard-Chef

Erstes Quartal hat wenig Aussagekraft

Der Auftragsbestand fällt gut aus: 137,7 Mio. US-$, eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Quartalsumsatz erreichte 13,3 Mio. US-$, was unter den Erwartungen der Analysten lag. Das zweite Halbjahr lässt Gutes erwarten. McEwen sieht eine sehr beschäftigte zweite Jahreshälfte 2023 und ein hervorragendes Jahr 2024.

Im Bussektor kamen drei neue OEMs hinzu, also Unternehmen, die Busse bauen und dabei auf die BZ-Module und das Know-how von Ballard setzen. Van Hool und Solaris sind ja schon länger zufriedene Kunden. Über 500 BZ-Busse stehen in Europa aktuell vor der Auftragsvergabe, von denen sich Ballard einen großen Anteil verspricht. 1.500 Transit-Busse befinden sich derweil im Ausschreibungsprozess – in Europa. Für mich ist dies nur ein Indikator für die Entwicklung, die aber in den kommenden Jahren richtig an Fahrt gewinnt.

Das Gleiche trifft auf Nutzfahrzeuge zu, wo allmählich die großen Lkw-Hersteller neben den batterieelektrischen Lösungen auf Wasserstoff setzen. McEwen sagte dazu: „Der Lkw-Markt befindet sich in einer sehr frühen Phase der Einführung von Brennstoffzellen.“ Hier liefert Ballard die Stacks an verschiedene OEMs wie Quantron, weitere Abnehmer dürften folgen. Im Zugbereich geht es auch langsam los, was sich an steigenden Aufträgen der Ballard-Partner Stadler und Siemens Mobility zeigt. Deren Kunden setzen zunehmend auf einen Mix von batterieelektrischen und wasserstoffbetriebenen Zügen. Ballard ist auch hier gut aufgestellt – oft in Konkurrenz zu Cummins oder Alstom.

First Mode hat den Auftrag für BZ-Module für schwere Minen-Trucks von 30 auf 35 erhöht, wobei es insgesamt wohl um 400 Stück geht (Kunde: Anglo American). Für die Canadian Pacific Rail (CP) wurden bereits Loks mit BZ-Modulen ausgestattet. Hier geht es wohl um größere Aufträge, die im zweiten Halbjahr zu erwarten sind.

Abb. 2: MF Hydra

mf-hydra-web.jpg

Quelle: Ballard

In Norwegen wurde derweil das Schiff MF Hydra in Betrieb genommen. Flüssiger Wasserstoff wird mithilfe von Ballards 200-kW-Modul in Energie gewandelt. Die Fähre für 300 Personen kann damit bis zu 21 Tage unterwegs sein.

Alles aus eigener Tasche

Das Kapitalinvest in Höhe von 37,5 Mio. US-$ im ersten Quartal ging vor allem auf das Konto erhöhter Ausgaben für Forschung und Entwicklung und die Produktentwicklung – bei über 860 Mio. US-$ auf der Bank kein Thema. Interessant ist dabei die Frage eines Analysten, warum sich Ballard ein neues genehmigtes Kapital (also die Möglichkeit, weitere Aktien auszugeben) geben lassen will, denn man verfüge ja über ausreichend Liquidität. Hier handelt es sich nur um die Verlängerung eines auslaufenden Programms oder Anrechts, weitere Aktien ausgeben zu können, so der Tenor. Man werde da auch keinen Gebrauch von machen, so die Antwort.

Ich würde es anders interpretieren: Ballard könnte schnell weitere Aktien ausgeben, wenn sich denn eine Übernahme (Akquisition) eines strategisch interessanten Unternehmens anbietet, und durch diese Aktien bzw. den Gegenwert schnell Eigenkapital generieren, ohne auf das hohe Bargeldpolster zurückgreifen zu müssen. Alles hat zwei Seiten.

Fazit

Ballard mag langweilig wirken und ist im Aktienkurs eine große Enttäuschung. Das Unternehmen hat aber ein sehr gutes Standing und baut seine Internationalisierung auf und aus und positioniert sich so, dass es in der Zukunft große Mengen an Stacks und Modulen für diverse BZ-Märkte herstellen und absetzen und damit Geld verdienen kann. Als Partner diverser OEMs kann Ballard einer Reihe von Unternehmen BZ-Kompetenz und Know-how vermitteln. Diese OEMs brauchen nicht selbst in dieser Richtung zu forschen und zu entwickeln: Man kauft schlüsselfertige Produkte von Ballard und tritt damit in den Wettbewerb mit Unternehmen wie Toyota und führenden Lkw-Herstellern.

Die Karte China ist für alles offen, sollte das Land einem umfassenden H2-Programm zustimmen, denn dann ist Ballard ein großer Gewinner. Neben China sollte Ballard auch auf Indien setzen, sieht man hier doch, wie stark man in H2-Themen denkt (s. Bericht auf S. 58). Ballard hat den ersten dort fahrenden H2-Zug ausgerüstet. Vergleichbar mit dem JV von Cummins und Tata Motors könnte Ballard ein solches mit Ashok Leyland oder Reliance eingehen. Aber das ist nur meine persönliche Sicht. Wer Ballard mittel- bis langfristig sieht, sollte die arg gedrückten Aktienkurse für Neu- und Zukäufe nutzen.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

 

 

Kategorien: 2023 | Aktien | Börse | Europa | Markt | Stock Market
:Schlagworte

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

preloader