Das Branchen-Highlight im Herbst

Das Branchen-Highlight im Herbst

Hydrogen Technology Expo überzeugt vollends

Auch im Herbst 2023 war die Hydrogen Technology Expo wieder die Veranstaltung, auf der man gewesen sein muss. Das dritte Mal in Folge steigerte der britische Veranstalter Trans-Global Events Ltd sowohl die Aussteller- als auch die Besucherzahlen eklatant, weshalb die Messehallen der Hansestadt an der Weser 2024 nicht mehr ausreichen werden. Der Umzug nach Hamburg in diesem Jahr ist somit unausweichlich und war von HZwei schon frühzeitig prophezeit worden (s. HZwei-Heft Jan. 2023).

Der Trend ist unverkennbar: Immer mehr Firmen aus der Maschinenbau-, Elektro- und Chemiebranche drängen auf den Wasserstoffmarkt. Dementsprechend war in den vier Bremer Messehallen eine Vielzahl gänzlich neuer Aussteller zu finden. Unter ihnen zahlreiche unbekannte Namen, aber auch Schwergewichte wie Saudi Aramco, ExxonMobil oder ITM Power.

Nach 180 Ausstellern im ersten und 350 im zweiten Jahr waren es dieses Mal über 550 – 2024 sollen es nochmals mindestens 100 mehr werden. Die Besucherzahlen steigerten sich gegenüber dem Vorjahr von 5.000 auf über 10.000.

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Bewegung in Richtung Massenproduktion

Unternehmen wie der Chemiekonzern Gore hatten sich explizit „diese Tradeshow in Europa ausgesucht“, weil „Europa am weitesten ist“. Nouchine Humbert, Global Marketing Director von W.L. Gore, erklärte gegenüber HZwei: „Das ist ein Markt, wo wir ein starkes Wachstum erwarten.“ Gemeint ist damit insbesondere der Elektrolysesektor, weil im Vergleich Brennstoffzellen „viel mehr Quadratmeter als Elektrolyseure“ brauchen.

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Über ausreichend Produktionskapazitäten verfügt das nordamerikanische Unternehmen – und zwar in Japan. Die dortigen Fertigungsstraßen reichen noch für fünf Jahre, zeigte sich Rainer Enggruber, Leiter des Geschäftsbereichs PEM-Wasser-Elektrolyseprodukte, zuversichtlich. Gigawatt-Ankündigungen seien daher keine Herausforderungen für den Membranhersteller, hieß es selbstsicher.

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Neuartiger Röhrenkatalysator

Eine Neuheit zeigte die Hebmüller Group. Verkaufsleiter Marc Hebmüller stellte den Prototyp des HydroGenMHD (s. Abb. 1) vor, eines H2-Erzeugers von One Scientific aus Johnson City. Die Firma Hebmüller ist europäischer Lizenznehmer des US-amerikanischen Systementwicklers, der diesen kompakten Röhrenkatalysator entwickelt hat, in dessen Magnetohydrodynamik-Kammer Wasserstoff unter Abspaltung von Sauerstoff aus Wasserdampf erzeugt wird.

Marc Hebmüller erläuterte: „Bei dieser innovativen Technologie kommt ein einzigartiges System zum Einsatz, bei dem überhitzter Dampf mit einem Katalysator und intensiven, durch das MHD-Verfahren erzeugten Magnetfeldern in Kontakt gebracht wird. Diese Magnetfelder bewirken eine kontrollierte Plasmadynamik im Ausgangsmaterial, die die Dissoziation der Moleküle in Wasserstoff- und Sauerstoffgas erleichtert.“

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Stack auf Leiterplattenbasis

Ein gänzlich neues Konzept zur Fertigung von Brennstoffzellen präsentierte Bramble Energy: Einen Brennstoffzellen-Stack, der auf Leiterplattentechnologie aufbaut. Das 2017 gegründete britische Unternehmen setzt dabei auf den Kunststoff FR4, der für die erforderliche Stabilität sorgt, und Kupfer als Wärme- sowie Stromleiter. Zwischen zwei Leiterplatten kommt jeweils eine Membran, wodurch gänzlich auf Bipolarplatten verzichtet werden kann. Stattdessen bildet eine Monopolarplatte eine Einzelzelle, wovon dann mehrere gestapelt werden.

Den Technology Readiness Level bezifferte Carsten Pohlmann, Direktor für Geschäftsentwicklung (s. Abb. 2), mit TRL 9, den Preis pro Kilowatt mit 100 US-$. Erste Versuche in einem Renault-Demonstrator sowie mit einem 100-kW-System für einen Doppeldeckerbus laufen bereits.

Die nächste Hydrogen Technology Expo Europe wird am 23. und 24. Oktober 2024 auf dem Messegelände Hamburg stattfinden. Sie überschneidet sich damit um einen Tag mit der WindEnergy.

 

H2Expo wird verschoben

H2Expo wird verschoben

Die negative Meldung – für die einen Akteure – ist, dass die diesjährige H2Expo nicht wie ursprünglich geplant am 28. und 29. Juni 2023 stattfinden wird. Die positive Nachricht – für die anderen Akteure – ist, dass die Hydrogen Technology Expo Europe nach Hamburg ziehen und vom 22. bis 24. Oktober 2024 gemeinsam mit der nächsten H2Expo abgehalten werden wird.

Wirklich überraschend kam diese Meldung nicht (s. HZwei-Heft Jan. 2023), hatte sich doch abgezeichnet, dass es sowohl räumliche als auch zeitliche Kollisionen zwischen der Bremer sowie der Hamburger Wasserstoff-Messe gab. Obwohl die H2Expo eine sehr viel längere Geschichte hat (Start: 2001), ist die Hydrogen Technology Expo innerhalb von zwei Jahren an der Weser durchgestartet. Als Einzelveranstaltung ohne die WindEnergy hätte die Hamburger Messe dagegen keinerlei Chance gehabt.

Deswegen taten sich Hamburg Messe und Congress (HMC) und Trans-Global Events zusammen und verkündeten im Mai 2023, dass die nach Aussage der Briten „weltweit größte Wasserstoffmesse“ Hydrogen Technology Expo Europe 2024 an die Alster umziehen wird. Mike Robinson, CEO von Trans-Global Events, erklärte: „Hamburg ist international als führend im Bereich der erneuerbaren Energien anerkannt und beherbergt viele wichtige Wasserstoffprojekte. Das Fachwissen und die erstklassigen Einrichtungen der Hamburg Messe und Congress werden uns zudem helfen, eine noch wirkungsvollere Veranstaltung für unsere Ausstellenden zu bieten und noch mehr internationale Besuchende anzuziehen.“

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Bernd Aufderheide, Vorsitzender der HMC-Geschäftsführung, sagte. „Die Kooperation ist für uns und die Wasserstoffmetropole Hamburg ein Meilenstein, um neue H2-Technologien und -Verfahren für die energiewirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zukunft auf den Weg zu bringen.“ Weiter hieß es, die H2Expo & Conference werde künftig in die Hydrogen Technology Expo Europe integriert, weshalb die HMC auf die Veranstaltung im Juni 2023 verzichte.

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Parallel wird jährlich zudem die Carbon Capture Technology Expo stattfinden, wo CCUS, CO2-Reduzierung und blauer Wasserstoff thematisiert werden.

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Deutscher Maschinenbau kann Elektrolyse

Deutscher Maschinenbau kann Elektrolyse

So groß war die Hydrogen + Fuel Cells Europe noch nie – auch nicht in den besten Zeiten der Hannover Messe. Mehr als 270 Aussteller präsentierten in der Energy-Halle 13 am Eingang West ihre Produkte, und zahlreiche Besucher tummelten sich an den Ständen, auf den Gängen sowie auf den Foren. Auf dem gesamten Messegelände zeigten mehr als 500 Aussteller H2– und BZ-Technologie, allerdings war es in den anderen Hallen weitaus leerer als auf dem orangefarbigen Teppich von Organisator Tobias Renz. Wasserstoff zählte laut der Deutschen Messe AG neben künstlicher Intelligenz und Energiemanagement in diesem Jahr „zu den Kernthemen der Hannover Messe“ und trug damit wesentlich dazu bei, dass 130.000 in die niedersächsische Metropole kamen.

Die Stimmung war gut und das Interesse groß – sowohl bei den Ausstellern als auch bei den Besuchern. Die Standgrößen der Hydrogen + Fuel Cells Europe reichten zwar bei weitem nicht an die Quadratmeterzahlen auf dem World Hydrogen Summit in Rotterdam oder an frühere Jahre, wo Energieversorger und Windkrafthersteller riesige doppelstöckige Messebauten präsentierten, heran. Aber insgesamt buchten relativ viele bislang unbekannte Unternehmen vom 17. bis zum 21. April eine Präsenz bei Tobias Renz und belegten auch vergleichsweise große Flächen.

Prominente Besucher

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Mehr als 100 politische Delegationen aus mehr als 50 Ländern fanden in diesem Jahr den Weg an die Leine. Neben Bundeskanzler Olaf Scholz, der mit dem indonesischen Präsidenten Joko Widodo die Messe eröffnete, kamen zahlreiche Delegationen aus ganz Europa, Argentinien, Mexiko, Kanada, Japan, China, den USA und Indien. Speziell Europa-Politiker aus Brüssel waren so stark vertreten wie nie zuvor.

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Beeindruckend war, dass viele dieser ranghohen politischen Vertreter auch auf den rund 10.000 m2 (Bruttofläche) der H2– und BZ-Messe erschienen. Bemerkenswert war beispielsweise der Besuch zahlreicher VertreterInnen des SPD-Präsidiums. Neben dem Bundesvorsitzenden Lars Klingbeil und der Parteivorsitzenden Saskia Esken waren auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, die Europa-Abgeordnete Katarina Barley, Generalsekretär Kevin Kühnert, Serpil Midyatli sowie aus der SPD-Fraktion der H2-Verantwortliche Andreas Rimkus vor Ort. Klingbeil betonte gegenüber HZwei, Wasserstoff sei ein „großes Thema einer aktiven Industriepolitik“.

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Bundeskanzler Olaf Scholz kam zwar nur bis in die Halle 12, aber über NOW-Chef Kurt-Christoph von Knobelsdorff ließ er ausrichten: „Wir werden uns noch wundern, wie schnell die Skalierung dann geht, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“ Seitens des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands e. V. hieß es dazu: „Die Hersteller sind bereit, die Technologien sind vorhanden. Was jetzt fehlt, sind die regulatorischen Rahmenbedingungen, die einen investitionssicheren Hochlauf garantieren – so wie beispielsweise das EEG.“

H2Eco Award geht an TH2ECO

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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erschien am zweiten Tag auf dem Messegelände und überreichte unter anderem den H2Eco Award, der zum zweiten Mal gemeinsam vom Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV) e.V. und der Deutsche Messe AG ausgeschrieben worden war. Auf dem Public Forum der Hydrogen + Fuel Cells Europe händigte Habeck den mit 5.000 Euro dotierten Preis an Kilian Fromm von der Green Wind Innovation GmbH & Co. KG aus, und zwar für deren TH2ECO-Projekt, das ab Seite 14 ausführlich vorgestellt wird.

„Als systemischer Bestandteil ist Wasserstoff bei der Sektorenkopplung nicht wegzudenken. […] Insgesamt nimmt das System wieder Fahrt auf. […] Nutzen Sie diese Dynamik. Tut euch zusammen und macht was Cooles daraus. […] Bei Elektrolyseuren sind wir ganz vorne mit dabei. Der deutsche Maschinenbau kann Elektrolyse.“

Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck

Bemerkenswerte Aussagen

Im Laufe der fünf Messetage fielen während der zahlreichen Gespräche, Präsentationen und Podiumsdiskussionen etliche erwähnenswerte Äußerungen. So erklärte Dr. Gerald Linke vom DVGW öffentlich, dass nach seiner Kenntnis die Gasnetze zeitnah H2-ready seien, aber auf der Verbraucherseite noch etliches zu tun sei. Bislang hieß es, dass in zahlreichen Abschnitten nur 2 Vol.-% Wasserstoff im Gasnetz möglich seien – maximal 10 Vol.-%. Einschränkende Faktoren seien sowohl Anwender wie Industrie und Erdgastankstellen, aber auch alte Stahlrohre, so die bisherige Sprechweise. Dass die Gasinfrastruktur als „H2-fähig“ bezeichnet wird, ist neu und bedarf daher noch einer gewissen Konkretisierung.

Eine ähnlich weitreichende Bemerkung machte Kurt-Christoph von Knobelsdorff, indem er durchblicken ließ, dass nicht krampfhaft an einer Energieimportquote von 70 Prozent festgehalten werden müsse. Bislang werden mehr als zwei Drittel des deutschen Energiebedarfs mittels fossiler Energieträger aus dem Ausland herantransportiert. Bislang hieß es, dass auch in einer zukünftigen Wasserstoffwirtschaft weiterhin ähnlich viel Energie importiert werden solle. Wenn sich allerdings der heimische Markt besser als erwartet entwickeln sollte, könnte diese Quote auch niedriger liegen, so der NOW-Geschäftsführer in Hannover.

Direkt davor hatte Dr. Tobias Bischof-Niemz vorgerechnet, dass zwei Drittel des deutschen Primärenergiebedarfs aus erneuerbaren Energien gedeckt werden könnten – die eine Hälfte davon per Elektrizität, die andere per Wasserstoff. Somit müsste nach Aussage des Enertrag-Bereichsleiters nur etwa ein Drittel des Gesamtbedarfs in Form von Wasserstoff importiert werden, was jedoch Dr. Linke – erwartungsgemäß – so nicht stehen lassen wollte.

Bischof-Niemz erläuterte weiterhin, dass es eine „merkliche Diversifizierung“ geben werde und Enertrag „Verbundkraftwerke auflegen“ wird. Etwa 40 bis 60 dieser Verbundkraftwerke könnten bundesweit aufgebaut und über ein Einsammelnetz, in das große Solar- und Windparks einspeisen, miteinander verbunden werden. Betreiber dieser Kraftwerke werden voraussichtlich Projektierer wie Enertrag oder GP Joule sein, aber eventuell auch Energieversorger oder Elektrolyseurhersteller.

Interessante Informationen drangen auch aus den auf EU-Ebene geführten Clean-Room-Gesprächen der Nfz-Industrie nach außen. Demnach wird erwartet, dass 2030 bereits 25 Prozent der Neufahrzeuge Zero-Emission-Vehicles sein werden – ein Viertel davon Fuel-Cell-Electric-Vehicles.

Ein voller Erfolg

Entsprechend positiv fiel das Resümee von Dr. Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Messe AG, auf der Abschlusspressekonferenz aus: „In den Messehallen war die industrielle Transformation live erlebbar.“ Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), konkretisierte: „Klimaschutz und Nachhaltigkeit stehen in der ganzen Welt inzwischen ganz oben auf der Agenda der Industrie. Um die angestrebte Klimaneutralität zu erreichen, braucht es neue, intelligente Technologien und Lösungen für eine ressourcenschonende und effiziente Produktion quer durch alle Lebensbereiche. Gerade hier auf der Hannover Messe haben wir das große Interesse der Kunden an den Lösungen gespürt, die der Maschinen- und Anlagenbau dafür bereitstellt. Deshalb war die Messe für unsere Branche in diesem Jahr ein voller Erfolg.“

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