THG-Quotenhandel für grünen Wasserstoff

THG-Quotenhandel für grünen Wasserstoff

37. BImSchV ermöglicht Zusatzerlöse für erneuerbare Kraftstoffe

Die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) ist ein politisches Klimaschutzinstrument, das in Deutschland eingesetzt wird, um die landesweiten Emissionen im Verkehr zu verringern und erneuerbare Energien in der Mobilität zu fördern. Sie ist die nationale Umsetzung der Vorgaben aus der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie und hat das Ziel, die Mindestanteile an erneuerbaren Energien im Verkehrssektor für das Jahr 2030 und darüber hinaus zu erreichen.

---------- Werbung ----------

Hohe THG-Emissionen im Verkehr sind auf die fossilen Kraftstoffe zurückzuführen. Aus diesem Grund sind Mineralölunternehmen bzw. die Inverkehrbringer fossiler Kraftstoffe dazu verpflichtet, ihre Emissionen um einen bestimmen Prozentsatz zu kompensieren und in emissionsärmere Alternativen zu investieren. Dieser Prozentsatz wird THG-Minderungsquote genannt und beträgt für das Jahr 2024 mindestens 9,25 Prozent. Er erhöht sich kontinuierlich bis 2030 auf einen Wert von 25 Prozent.

---------- Werbung ----------

Zur Erreichung dieser Ziele erlaubt das Bundesimmissionsschutz-Gesetz (BImSchG) bestimmten Erfüllungsoptionen wie beispielsweise Biokraftstoffen, Ladestrom oder strombasiertem Wasserstoff die Anrechenbarkeit über den Quotenhandel und ermöglicht somit attraktive Zusatzerlöse. Quotenverpflichtete Unternehmen vergüten Inverkehrbringern erneuerbarer Kraftstoffe die Emissionseinsparungen, erreichen ihre Ziele und verhindern damit die Zahlung einer Pönale von 600 €/t CO2. Für RFNBO (renewable fuels of non-biological origin) greift insbesondere die 37. BImSchV, für Ladestrom beispielsweise die 38. BImSchV.

---------- Werbung ----------

Erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs
Im März 2024 verabschiedete der Deutsche Bundestag eine Novellierung dieser für RFNBO zuständigen 37. BImSchV. Damit wird die Anrechnung einer großen Bandbreite unterschiedlicher strombasierter Kraftstoffe auf die THG-Quote ermöglicht, darunter auch grüner Wasserstoff. Die neue Verordnung greift allerdings erst für Kraftstoffe, die ab dem 1. Juli 2024 in Verkehr gebracht werden.

---------- Werbung ----------

Die Vorgaben gelten im Wesentlichen für die Produktion von RFNBO und damit unmittelbar für den Produzenten. Quotenberechtigt und damit anspruchsberechtigt für die Quotenerlöse ist allerdings nicht der Produzent, sondern der Inverkehrbringer der RFNBO, welcher in der Regel dem Betreiber der RFNBO-Tankstelle entspricht. Auch der Einsatz von RFNBO in der Raffinerie ist möglich. In diesem Fall gilt die Raffinerie selbst als Inverkehrbringer und ist damit quotenberechtigt.

Quelle: https://www.greentrax.de/blog/gruener-wasserstoff-thg-quote

---------- Werbung ----------

Grundsätzlich müssen zur Anrechnung von grünem Wasserstoff und RFNBO auf die THG-Quote die Strombezugskriterien erfüllt werden, die in der Delegierten Verordnung EU 2023/1184 festgelegt sind, sowie eine THG-Mindesteinsparung von 70 Prozent, berechnet nach den Vorgaben in der zweiten Delegierten Verordnung EU 2023/1185. Zur Nachweisbarkeit dieser Aspekte müssen die Anlagen zur Produktion inklusive möglicher Lieferanten in einem von der EU-Kommission anerkannten Zertifizierungssystem (bspw. REDcert EU oder ISCC EU) zertifiziert werden.

Erst nach erfolgreicher Zertifizierung kann das produzierte RFNBO angerechnet werden – vorausgesetzt, die Mindesteinsparung von 70 Prozent wird eingehalten. Diese Vorgaben gelten im Rahmen der deutschen THG-Quote für RFNBO, eingesetzt im Verkehrssektor, setzen aber ebenso die Standards für RFNBO, eingesetzt in anderen EU-Staaten und in anderen Endverbrauchssektoren (hier allerdings ohne die Möglichkeit von Quotenerlösen).

Nach Anerkennung der Zertifizierungssysteme für RFNBO durch die EU-Kommission können sich die relevanten Marktteilnehmer zertifizieren lassen. Vorher ist es nicht möglich, RFNBO zu produzieren und diese für die THG-Quote zu nutzen. Sogenannte Pre-Zertifizierungen sind zwar möglich und können gegebenenfalls den Zertifizierungsprozess beschleunigen, haben jedoch keine Rechtswirksamkeit in Bezug auf die 37. BImSchV und erlauben auch keine rückwirkende Anerkennung produzierter erneuerbarer Kraftstoffe.

Teilweise erneuerbarer Kraftstoff

Die Strombezugskriterien aus EU 2023/1184 sind eins zu eins in nationales Recht überführt worden und finden sich damit ebenfalls in der 37. BImSchV. Unterschieden werden muss zwischen vollständig und teilweise erneuerbarem Kraftstoff. Vollständig erneuerbarer Kraftstoff muss in der Regel alle Strombezugskriterien erfüllen (s. Abb. 2), inklusive Abschluss eines Green PPA , also eines Stromliefer- und Bezugsvertrages für erneuerbaren Strom, beispielsweise zwischen dem Betreiber eines Windparks und dem Betreiber des Elektrolyseurs. Teilweise erneuerbarer Kraftstoff muss diese Kriterien nicht erfüllen. Demnach muss zunächst geprüft werden, ob der Kraftstoff überhaupt vollständig als RFNBO im Sinne der Verordnung einzustufen ist.

Ein Elektrolyseur könnte beispielsweise Netzstrom beziehen und müsste entsprechend dem durchschnittlichen EE-Anteil lediglich Stromherkunftsnachweise entwerten, ohne die weiteren Strombezugskriterien zu erfüllen (hierbei dürfen jedoch keine biomassebasierten Herkunftsnachweise verwendet werden). In einem solchen Fall würde der durchschnittliche EE-Anteil des konsumierten Stroms in Deutschland (sog. RES-E) zwei Jahre vor dem Produktionsjahr herangezogen werden. Falls der EE-Anteil beispielsweise 50 Prozent betrug, könnten maximal 50 Prozent des so erzeugten Kraftstoffs als RFNBO anerkannt werden.

In der Praxis ist eine Produktion rein über diesen Strombezug in Deutschland jedoch nicht möglich, da der relativ hohe Emissionsfaktor für Netzstrom berücksichtigt und in der Regel die Mindesteinsparung von 70 Prozent verfehlt wird. Die Schlüsselung der Gesamtemissionen auf aus der Produktionsanlage ausgekoppelte Erzeugnisse wie zum Beispiel Wärme und Sauerstoff könnte hier Abhilfe schaffen, genau wie eine anteilige Produktion gemeinsam mit der Produktion von vollständig erneuerbarem Kraftstoff über die Nutzung eines Green PPA.

Eine Schlüsselung der Emissionen kann bei der elektrochemischen Produktion von Wasserstoff, Wärme und Sauerstoff beispielsweise anhand des ökonomischen Wertes der Erzeugnisse erfolgen. Sollten jedoch alle Erzeugnisse einen Energiegehalt aufweisen, müsste die Schlüsselung der Emissionen anhand des energetischen Anteils erfolgen. Hierdurch verbessert sich die THG-Bilanz des Wasserstoffs.


Übersicht der aktuellen Regulatorik

Vollständig erneuerbarer Kraftstoff
Neben teilweise erneuerbarem Kraftstoff kann auch vollständig erneuerbarer Kraftstoff produziert werden. Hierzu müssen je nach Szenario der Strombeschaffung die in Abb. 2 aufgeführten Kriterien erfüllt sein, wodurch sich 100 Prozent des erzeugten Kraftstoffes als RFNBO anrechnen lassen. Bei einer anteiligen Produktion mit Strom, der diese Kriterien nicht erfüllt, hätten wir entsprechend weniger als 100 Prozent (abhängig vom EE-Anteil im Stromnetz des jeweiligen Produktionsstandortes).

Beispiel
Ein Elektrolyseur bezieht seinen Strom zu 70 Prozent via Green PPA (Szenario 2 aus Abb. 2) und zu 30 Prozent via Spotmarkt inklusive Strom-HKN-Entwertung. Bei einem EE-Anteil von 50 Prozent im Netz wären demnach maximal 70 Prozent plus 15 Prozent, also 85 Prozent RFNBO, die restlichen 15 Prozent könnten als Low-Carbon Hydrogen vermarktet werden, sind aber nicht für die THG-Quote zu verwenden. Ob tatsächlich 85 Prozent als RFNBO gelten, entscheidet sich allerdings erst, wenn klar ist, ob für die Gesamtmenge die Mindesteinsparung von 70 Prozent eingehalten wurde.

Zur Berechnung dieser Mindesteinsparung und der THG-Intensitäten der verschiedenen RFNBO gibt die zweite delegierte Verordnung mitsamt Annex (EU 2023/1185) die Methode vor und legt somit auch den Ausgangswert für die Emissionseinsparungen fest, die im Rahmen der deutschen THG-Minderungsquote vermarktet werden können. Die für Deutschland zuständige 37. BImSchV verweist hierbei direkt auf die delegierte Rechtsverordnung.

Mehr Klarheit über die Erlöspotenziale
Grundsätzlich müssen sämtliche Emissionen des kraftstoffspezifischen Lebenszyklus erfasst werden (Well-to-Wheel-Betrachtung). Dies beinhaltet die Emissionen der Einsatzstoffe (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) wie beispielsweise Strom, aufbereitetes Wasser, Stickstoff oder Elektrolyte wie Kaliumhydroxid, die Emissionen durch die Produktion (bspw. Leckagen oder Abfallbehandlung) sowie die Emissionen durch Transport via Diesel-Sattelzug und Verteilung an der Tankstelle. Im Vergleich zu Kraftstoffen für Verbrenner-Fahrzeuge entstehen bei Nutzung keine zusätzlichen THG-Emissionen. Beim Wasserstoff entstehen jedoch bei Transport und Verteilung schnell kritische Mengen an Emissionen, da Diesel-Lkw für den Transport von Wasserstoff derzeit aufgrund rechtlicher Vorgaben noch nicht durch nachhaltige Antriebe ersetzt werden können und die Tankstellen in der Regel kein Green PPA nutzen dürfen, womit der Stromverbrauch für Verdichtungs- und Kühlungsleistungen mit entsprechend schlechtem Emissionsfaktor verrechnet werden muss. Aktuell gibt es noch keine Standardemissionswerte beispielsweise für die Verdichtung und Kühlung an Tankstellen oder für die Produktion über Elektrolyseure mit geringer Kapazität (etwa < 5 MWel).

Vorgaben für Emissionen der Einsatzstoffe
Bei vollständig als erneuerbar anerkanntem Wasserstoff beziehungsweise RFNBO wird der zur Produktion verwendete Strom mit einem Emissionsfaktor von 0 kg CO2/GJ angerechnet. Darüber hinaus werden aber auch Vorgaben für nur teilweise als erneuerbar anerkannten Wasserstoff gemacht. Hierbei wird grundsätzlich die durchschnittliche THG-Intensität von Netzstrom für das jeweilige EU-Mitgliedsland herangezogen, in dem die Erzeugungsanlage für Wasserstoff steht. Da alle RFNBO aber eine THG-Einsparung von mindestens 70 Prozent gegenüber der fossilen Referenz vorweisen müssen, ist aktuell eine Anerkennung mit den relativ schlechten Netzstrom-Werten nur unter bestimmten Bedingungen möglich, wie beispielsweise der Schlüsselung der Emissionen auf etwaige kommerziell genutzte Nebenprodukte wie Wärme und Sauerstoff oder eine anteilige Produktion unter Einhaltung aller Strombezugskriterien (via Green PPA). Neben Strom müssen darüber hinaus alle anderen Einsatzstoffe in die Emissionsberechnung einbezogen werden. Zur Erstellung zertifizierbarer Berechnungsmethoden und zur Bewertung der Nachhaltigkeitskriterien kann auch auf die Expertise spezialisierter Berater zurückgegriffen werden.

Diese so errechnete THG-Intensität des RFNBO (Einsatzstoffe, Produktion, Transport und Verteilung) darf nach Berücksichtigung der Mindesteinsparung maximal 28,2 kg CO2/GJ betragen, um für die THG-Quote anerkannt zu werden. Für den Quotenhandel ist es erforderlich, dass die sogenannte letzte Schnittstelle einen Nachhaltigkeitsnachweis für die jeweiligen produzierten und an Lieferanten übertragenen RFNBO-Mengen ausgibt. Nur die letzte Schnittstelle ist berechtigt, einen solchen Nachweis auszustellen. In der Regel ist dies der Produzent, der den Kraftstoff in der für den Einsatz im Verkehr erforderlichen Qualitätsstufe erzeugt.

Dieser Nachhaltigkeitsnachweis beinhaltet beispielsweise die Bestätigung, dass sämtliche Strombezugskriterien und THG-Vorgaben eingehalten werden. Auch muss die für den jeweiligen Verwendungszweck berechnete THG-Intensität des RFNBO aufgeführt sein. Hierzu greift die letzte Schnittstelle wiederum auf die THG-Intensitäten möglicher vorgelagerter Schnittstellen zurück und ergänzt diese um eigene Emissionen inklusive nachfolgendem Transport und Verteilung.

Voraussetzung zur Ausstellung solcher Nachweise ist das Vorliegen eines gültigen Zertifikats für die Produktionsstätte, das in einem der von der EU-Kommission anerkannten Zertifizierungssysteme ausgestellt sein muss. Nachhaltigkeitsnachweise und Zertifikate müssen zudem zur Nachweisführung in die Unions-Datenbank für RFNBO und ins Register der zuständigen Behörde des Umweltbundesamtes eingestellt werden. Beide Register sind derzeit noch im Aufbau.


Von der THG-Intensität zur THG-Minderungsmenge

Ausgehend von dieser produktionsspezifischen THG-Intensität des RFNBO kann anschließend die THG-Minderungsmenge für die THG-Quote berechnet werden. Die obige Abb. 3 geht von einem THG-Wert von 20 kg CO2/GJ H2 aus, womit sich eine rechnerische Minderungsmenge von fast 28 kg CO2 je kg H2 ergäbe (inkl. Dreifachanrechnung).

Diese Minderungsmenge reduziert sich jedoch mit der Zeit. Steigt die THG-Minderungsquote mit der Zeit an – wie es auch vom Gesetzgeber vorgesehen ist – so sinkt dadurch die Minderungsmenge durch grünen Wasserstoff, da auch dieser Wasserstoff die Reduktionsquote zu erfüllen hat. Abhängig von den erzielbaren Marktpreisen pro Tonne CO2 lassen sich die Zusatzerlöse durch grünen Wasserstoff herleiten: Bei einem Marktpreis von beispielsweise 130 € je Tonne CO2 (No-Cap-Quote) ließen sich damit 2024 Zusatzerlöse von etwa 3,60 € je kg H2 erzielen.

Zur Auszahlung der Quotenerlöse muss in der Regel vorab bei der für die THG-Quote zuständigen Biokraftstoffquotenstelle am Hauptzollamt die Quotenübertragung stattfinden. Spezialisierte Quotendienstleister können hier den Quotenhandel übernehmen, Quotenhandelsverträge zur Verfügung stellen sowie bei der Einhaltung von Formvorschriften und Antragsfristen unterstützen. Auch Handelsmodelle mit Indexpreis oder Festpreis für RFNBO können (auch über mehrere Jahre) nach Bedarf festgelegt werden und ermöglichen so sichere und prognostizierbare Quotenerlöse.

Autor: David Benjamin Pflegler, GT Emission Solutions GmbH, Kleve)

preloader