Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

5. Juni 2015

Titelbild:

Bildquelle:

Brüssel entscheidet sich für Zweifach- statt Vierfachanrechnung

DWV-Diwald-web

Werner Diwald: „Die Regierung ist gefordert, viel mehr über effiziente Fahrzeuge zu reden.“


Während für die Weiterentwicklung der H2- und BZ-Technik emsig in den Laboren und Werkstätten an neuen Katalysatormaterialien oder Fertigungsverfahren gefeilt wird, werden andernorts – ebenso fleißig – Gespräche über die politischen Rahmenbedingungen geführt. So wurde im April 2015 in Brüssel entschieden, dass Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wurde, bei der Raffinierung von Kraftstoffen zukünftig zwar eine Mehrfachanrechnung auf die Biokraftstoffquote erhält, aber „nur“ um den Faktor zwei und nicht – wie vielfach gefordert – um den Faktor vier.
Der Bundesrat hatte bereits am 19. September 2014 über den Gesetzentwurf der Deutschen Bundesregierung zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) diskutiert und damals ausdrücklich begrüßt, dass – wie bereits 2009 geplant – die bisherige Biokraftstoffquote im Verkehrssektor abgeschafft und stattdessen im Jahr 2015 eine Treibhausgasminderungsquote eingeführt wird. Die Länderkammer bezeichnete diesen Schritt als eine deutliche Verbesserung der Klimabilanz von Biokraftstoffen, als Anreiz zur Dekarbonisierung fossiler Kraftstoffe und somit als wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Da in dem vorherigen Gesetzentwurf Power-to-Gas unberücksichtigt geblieben war, hatte der Bundesrat außerdem die Bundesregierung ausdrücklich dazu aufgefordert, Power-to-Gas als eine Methode zur Herstellung von grünem Wasserstoff mit in das Papier aufzunehmen.
Am 13. Oktober 2014 segnete der Deutsche Bundestag daraufhin den Gesetzentwurf mit diesen Änderungen ab. Weiterhin bestätigte die Bundesregierung, dass derartige Kraftstoffe mittel- bis langfristig einen Beitrag zum Klimaschutz bei Kraftstoffen leisten könnten.
Im April 2015 beriet dann das Europäische Parlament über die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) sowie die Kraftstoffqualitätsrichtlinie (FQD) zur Anrechnung verschiedener Kraftstoffe auf die Treibhausgasminderungsquote. Es entschied, dass EU-Mitgliedsstaaten bis 2020 sicherstellen müssen, dass im Transportsektor mindestens zehn Prozent des Energieverbrauchs über erneuerbare Energien abgedeckt werden müssen. Während der Anteil von Biokraftstoffen der ersten Generation auf sieben Prozent begrenzt wird, sollen Biokraftstoffe der zweiten und dritten Generation durch eine Mehrfachanrechnung gefördert werden. Im Falle von Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, entschieden sich die Politiker zwar gegen eine Vierfach-, aber für eine Zweifachanrechnung seines Energieinhaltes auf die Treibhausgasminderungsquote.
Werner Diwald, DWV-Vorsitzender und Sprecher der Initiative performing energy (s. Abb.), sagte dazu: „Bei der beschlossenen zweifachen Anrechnung des grünen Wasserstoffs könnten die Treibhausgase bereits mit drei Gigawatt Elektrolyseleistung um drei Prozent gegenüber dem Referenzwert von Biokraftstoffen der zweiten und dritten Generation gesenkt werden.“ Der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV) hatte im Vorfeld vehement für eine Vierfachanrechnung plädiert. So hatte beispielsweise Dr. Oliver Weinmann, DWV-Vorstandsmitglied und Geschäftsführer von Vattenfall Europe Innovation, während der Hannover Messe moniert: „Bei einer Zweifachanrechnung rechnet sich das gar nicht. Dann kann man es gleich lassen.“ Seitens der Erneuerbare-Energien-Branche hieß es dazu: „Die Vierfachanrechnung ist für diejenigen wichtig, die auf Kraftfahrzeuge setzen.“
Diwald legte weiterhin dar, dass bereits eine zeitlich befristete Dreifachanrechnung ausreichen würde, damit der Kraftstoffpreis zukünftig nicht ansteigt. Bei doppelter Berücksichtigung würde er hingegen um 0,1 bis 0,2 Prozent teurer. Diwald räumte zwar ein, dass diese Mehrfachanrechnung aus Klimasicht in der Tat eine „Schummelei“ sei, weil ja nicht wirklich die mehrfache Menge an Kohlendioxid eingespart wird. Er rechtfertigte diese Maßnahme aber damit, dass beim Einsatz von Wasserstoff am Ende des Energieumwandlungsstrangs mit der Brennstoffzelle ein hocheffizienter Energiewandler zur Verfügung steht, so dass verglichen mit dem Mineralölverbrauch im Verbrennungsmotor insgesamt ein Effizienz- und Umweltgewinn zu verzeichnen sei.
Der DWV-Chef führte weiterhin aus, dass Biokraftstoffe stets auf die Verwendung von Verbrennungsmotoren angewiesen seien. Derartige Motoren hätten aber das Ende der Optimierungsmöglichkeiten fast erreicht, so dass ein Wirkungsgrad von mehr als 21 % kaum erreichbar sei. Brennstoffzellen hingegen böten demgegenüber die Möglichkeit eines „Effizienzsprungs auf 50 %“. Außerdem helfe Wasserstoff, die Abhängigkeit von Erdgas zu reduzieren.
Ob die Entscheidung aus Brüssel tatsächlich das letzte Urteil ist, bleibt vorerst offen. Von verschiedenen Stellen war bereits zu hören, dass eventuell über ein Stufenmodell doch noch eine Besserstellung von Wasserstoff erzielt werden könnte. Als nächster Schritt steht vorerst an, dass die Brüsseler Vorgabe über eine Verordnungsermächtigung in jedem EU-Land auf freiwilliger Basis in nationales Recht umgesetzt wird. Der DWV appellierte daher an den Deutschen Bundestag, diesen Schritt konsequent und zügig zu vollziehen. Bernd Westphal, MdB und Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie, stellte in Aussicht, dass dies in der Bundesrepublik in dieser Legislaturperiode erfolgen wird. Laut EU-Beschluss muss die europäische Vorgabe bis 2017 umgesetzt werden.
Umweltbundesamt: Seitens des Umweltbundesamtes gelten aufbereitetes Biogas und regenerativ erzeugter Strom für Elektrofahrzeuge als „aussichtsreichste Kandidaten, um langfristig einen aus Klimaschutzsicht sinnvollen und mengenmäßig bedeutenden Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung des Verkehrs zu leisten“. Biokraftstoffe der ersten Generation hingegen gelten als ineffizient, während Biokraftstoffe der zweiten Generation (z. B. BtL) weiter erforscht werden sollten. Wasserstoff wird gemäß der UBA-Studie Postfossile Energieversorgungsoptionen für einen treibhausgasneutralen Verkehr als „eine sehr langfristige Option (jenseits 2050)“ bezeichnet.

1 Kommentar

  1. Arno A. Evers

    Dankeschoen.
    Zitat:
    „…Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wurde,
    bei der Raffinierung von Kraftstoffen…“
    Zitatende…
    …Wasserstoff bei der Raffinierung von Kraftstoffen
    ( = zur Entschwefelung bei der Herstellung von Benzin und Diesel aus Rohöl…)
    gibt es ja schon seit 130 Jahren und DAS hat mit Wasserstoff,
    der vielleicht eines Tages eventuell als ggf. zukünftiger Energieträger verwendet werden könnte, so rein gar nichts zu tun!

Einen Kommentar abschicken

preloader