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Beitrag von Monika Rößiger

1. November 2024

Titelbild: Die obertägige Anlage des Gasspeichers von Storengy Deutschland im niedersächsischen Harsefeld

Bildquelle: Monika Rößiger

Viel Speicherpotenzial in Norddeutschland

Der Salzstock als H2-Speicher

Für einen erfolgreichen Markthochlauf von Wasserstoff sind Speicher unverzichtbar. Als solche eignen sich Salzkavernen gut. Die künstlichen Hohlräume, mehr als tausend Meter tief im Salzgestein, befinden sich vor allem im Nordwesten Deutschlands. Bislang werden sie für fossile Ressourcen wie Erdöl und Erdgas genutzt. In Zukunft sollen sie auch zur Einlagerung von Wasserstoff dienen.

Wer sich nach Harsefeld begibt, einer kleinen Gemeinde in Niedersachsen bei Stade, sieht sich von Wiesen, Feldern und mit einer Hecke bewachsenen Erdwällen, dort „Knicks“ genannt, umgeben. Mittendrin betreibt Storengy Deutschland seit 1992 einen Erdgasspeicher. Nun will die Tochter des französischen Netzbetreibers Engie hier einen der ersten Wasserstoffspeicher Deutschlands errichten.

Unter der Erde liegende Salzkavernen haben sich schon lange bewährt, um große Mengen Gas sicher zu speichern, erklärt Gunnar Assmann, Projektleiter Wasserstoffspeicherung bei Storengy. „Kavernenspeicher sind technisch geschaffene Hohlräume im Salzgestein, das eine natürliche und dichte Barriere bildet.“ Deshalb möchte das Unternehmen im Rahmen seines Projektes SaltHy zwei Salzkavernen für die Einlagerung von Wasserstoff, der regional mithilfe von Ökostrom aus Windenergieanlagen an Land oder auf See klimaneutral erzeugt werden kann, errichten.

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Norddeutschland ist für den Aufbau einer Wasserstoffspeicher-Infrastruktur aus mehreren Gründen prädestiniert: Zum einen wegen der Nähe zu On- und Offshore-Windparks sowie den künftigen Verbrauchszentren in der Industrie. Außerdem beherbergt die Region rund 80 Prozent der europäischen Kapazitäten für Salzkavernenspeicher. Und es gibt dort schon viele Gasfernleitungen, die für den Transport von Wasserstoff umgerüstet werden können. Deshalb wird auch der Aufbau des von der EU geplanten Fernleitungsnetzes für Wasserstoff, des sogenannten European Hydrogen Backbones, im Nordwesten Deutschlands beginnen. An dieses Netz soll die erste Kaverne von SaltHy (Storage Alignment with Load and Transport of Hydrogen) durch eine Verbindungsleitung angeschlossen werden.

Wasserstoff für die Stahl- und Chemieindustrie
Zwischen 2030 und 2032 soll in Harsefeld die erste Kaverne in Betrieb gehen. Über den Bau der zweiten Kaverne wird das Unternehmen im Jahr 2028 entscheiden; je nachdem, wie sich der H2-Markt bis dahin entwickelt hat. Diese könnte dann 2034 in Betrieb gehen. Beide sind jeweils für eine Menge von bis zu 7.500 Tonnen Wasserstoff ausgelegt. „Das würde beispielsweise den Bedarf eines regionalen Stahlwerks, das 140 Tonnen Wasserstoff pro Tag benötigt, für rund zwei Monate decken“, erklärt Assmann.

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Das H2-Gas wird am Standort Harsefeld in einer obertägigen Anlage behandelt, bevor es unter Tage eingelagert wird. Der Speicherdruck beträgt je nach Menge über 200 bar. In der Transportleitung ist der Druck mit maximal etwas über 80 bar auf jeden Fall geringer. Deshalb wird das Gas vor der Einspeicherung in der Kompressorstation verdichtet und gekühlt. Bei Bedarf kann der Wasserstoff wieder entnommen, aufbereitet und für den Weitertransport ins Netz eingespeist werden.

Eine Machbarkeitsstudie von Storengy Deutschland kam im Jahr 2022 zu einem positiven Ergebnis, ebenso wie eine Marktabfrage bei Unternehmen im März dieses Jahres. „Viele der angekündigten H2-Projekte, für die eine Anbindung an einen Wasserstoffspeicher relevant sein wird, haben einen hohen Reifegrad und befinden sich in Norddeutschland“, teilt das Unternehmen mit – und sieht den Bedarf an neuen unterirdischen Wasserstoffspeichern in Deutschland bestätigt.

Momentan laufen in Harsefeld Kartierungsarbeiten sowie Vorbereitungen für den Genehmigungsprozess. Die unterirdischen Speicher unterliegen dem Bergrecht und müssen von den entsprechenden Landesbehörden bewilligt werden. Planung, Genehmigungsverfahren, Bau und Betrieb solcher Speicher sind eine komplexe Angelegenheit, erläutert der Verfahrensingenieur Assmann, der selbst seit mehr als 30 Jahren im Energiesektor arbeitet. Der Aufwand sollte also nicht unterschätzt werden. Die ersten Unterlagen möchte Storengy noch in diesem Jahr einreichen.

Die Investitionsentscheidung für den untertägigen Teil des Speichers soll Anfang kommenden Jahres fallen. Angesichts des langen Realisierungszeitraums erfolgen die Investitionen gestaffelt in mehreren Schritten, um das Risiko zu vermindern. Das Unternehmen geht dabei finanziell in Vorleistung, damit der Speicherbedarf für Wasserstoff, der sich aus der Marktumfrage ergeben hat, gedeckt werden kann.

H2-Speicher entlasten Stromnetz
Die Bauarbeiten könnten ab 2026 mit dem Abteufen durch erste Bohrungen beginnen, sagt Assmann. Je nach Größe dauert die Solung einer Kaverne – also die Ausspülung mit Wasser – drei bis fünf Jahre. Hier plant man analog zu den Erdgasspeichern einen ungefähr zylindrischen Hohlraum von gut 200 Metern Höhe und circa 60 bis 70 Metern Durchmesser. Wegen der hohen Leistung beim Ein- und Ausspeichern trügen die Kavernen auch zur Entlastung des Stromnetzes bei.

In der Umgebung von Harsefeld sowie in der Metropolregion Hamburg sind große Industriebetriebe ansässig, die künftig viel Wasserstoff brauchen werden, um ihre Produktionsprozesse zu defossilisieren. Neben der metallverarbeitenden Industrie betrifft das auch die Chemiebranche. Zum Beispiel das Werk von Dow im rund 20 Kilometer entfernten Stade. Als Kooperationspartner wird der global agierende Konzern, der an der Unterelbe einen der größten Produktionsstandorte für Chlorchemie in Europa betreibt, das bei der Aussolung der Kaverne anfallende Salz weiterverarbeiten.

Der Hafen von Stade samt Ammoniak-Terminal macht die Stadt an der Unterelbe zu einem Knotenpunkt für Handel, Logistik und industrielle Entwicklung. Über ihn könnte Wasserstoff beispielsweise in Form von Ammoniak importiert werden. Deshalb wird die Region derzeit als Drehscheibe für grünen H2 ausgebaut.

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Gunnar Assmann, Projektleiter Wasserstoff bei Storengy Deutschland

Politik sollte Zeitplan für Bedarf erstellen
Storengy Deutschland, das hierzulande mit sechs Standorten für Erdgasspeicher einen Marktanteil von acht Prozent hat, plant neben denen in Harsefeld noch weitere Wasserstoffspeicher. Aus geologischer Sicht eignen sich laut Assmann auch die norddeutschen Standorte in Lesum und Peckensen. Was jedoch aus seiner Sicht seitens der Politik noch fehlt, ist ein Zeitplan für zumindest die kommenden zehn Jahre, in dem die jährlichen Bedarfe für Umwidmung und Neubau von Wasserstoffspeichern hinterlegt sind. Bislang sei offen, welche Kapazitäten bis wann für die H2-Speicherung verfügbar sein sollten. Oder wie die Speicher gefördert und der Zugang zu ihnen geregelt werden soll.

In Frankreich, wo das Mutterunternehmen ebenfalls seit Jahrzehnten Erdgasspeicher betreibt, entwickelt Storengy mit Industriepartnern einen großen Speicher-Demonstrator für grünen Wasserstoff. Eine Salzkaverne in Étrez in der Region Auvergne-Rhône-Alpes trägt mit einer Speicherkapazität von 44 Tonnen Wasserstoff nach Angaben des Unternehmens in Verbindung mit Elektrolyse und Anwendungen in der Chemieindustrie und Schwerlastmobilität zum Aufbau des dortigen „Zero Emission Valley“ bei.

Da vorerst nicht auf fossile Energie verzichtet werden kann, können entsprechende Speicher nicht sofort umgerüstet werden. „Wir werden die Versorgung mit Erdgas noch länger über die bestehenden Speicher absichern müssen“, sagt Assmann. Deshalb sei es notwendig, für den entstehenden Wasserstoffmarkt neue Speicher zu bauen. Erst wenn die Speicher mit fossilem Erdgas nicht mehr gebraucht würden, könnten diese bei Bedarf für die Einlagerung grüner Gase fit gemacht werden.

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Betriebsleiter Ralf Possenriede am Standort Harsefeld

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