Per Mausklick in eine H2-Zukunft

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Simulations-Tool zur Förderung der regionalen Beteiligung
Die Beteiligung unterschiedlichster Akteure an gesellschaftspolitischen Transformationsprozessen ist unabdingbar für den Erfolg und die Akzeptanz der entwickelten Lösungen. Je nach Herkunft, Qualifikation und Interessenslagen existieren jedoch unterschiedliche Sichtweisen auf die Problemstellung und mögliche Gestaltungsansätze. Alle Perspektiven frühzeitig in die Entscheidungsprozesse zur Ausgestaltung der regionalen Energiewende einzubinden, erfordert eine Befähigung der regionalen Akteure, die technischen und wirtschaftlichen Potentiale der Wasserstofftechnologien im jeweiligen regionalen Kontext zu erkennen und zu verstehen.

Nicht erst seit der aktuellen Gaskrise wird deutlich, dass sich zentrale Annahmen und Rahmenbedingungen der Energiewende rasch ändern können und sich heute noch attraktiv erscheinende Lösungsansätze morgen als nicht zuverlässig oder wirtschaftlich realisierbar herausstellen. Entscheidungen zu Investitionen in Energieinfrastrukturen mit einem geplanten Betriebszeitraum von 15 bis 20 Jahren müssen diese Unsicherheiten berücksichtigen – umso wichtiger ist es, die Auswirkungen von sich ändernden Rahmenbedingungen abschätzen zu können.

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Aus diesem Gedanken heraus entstand in einer Zusammenarbeit der Spilett new technologies und der Akteure des Kreises Steinfurt im Jahr 2016 die Idee eines Szenarienrechner-Tools für Wasserstoffregionen. Die beteiligten Akteure formulierten erste Ideen, wie regionale Entscheidungsfindungsprozesse unter unsicheren Bedingungen besser unterstützt werden könnten und definierten somit die Anforderungen inhaltlicher und konzeptioneller Art. Schnell wurde klar, dass ein vollständig parametrisierbares Optimierungsmodell erforderlich sein würde, das für die unterschiedlichen Zielgruppen (Experten der Energiewirtschaft, Fachlaien) die Komplexität der Thematik reduziert und gleichzeitig ausreichend detaillierte und belastbare Informationen für die Entscheidungsfindung liefert.

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Im Jahr 2019 konnte die Toyota Mobility Foundation als Sponsor für die Entwicklung des H2-Szenarienrechners gewonnen werden. Unter konzeptioneller Leitung der Spilett new technologies GmbH wurde das Open-Source-basierte Onlinetool im Zeitraum 2019 bis 2022 gemeinsam mit den Modellierern der BBH Consulting AG, den Software-Entwicklern der ENDA GmbH & Co. KG und den Akteuren des energieland2050 im Kreis Steinfurt entwickelt und validiert.

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Funktionsweise des H2-Szenarienrechners

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Der H2-Szenarienrechner ermöglicht regionalen Entscheidungsträgern, in einem ersten Schritt ein kostenoptimiertes H2-Infrastruktursystem durch individuelle Konfigurationen zu identifizieren (regionale Energienachfrage, verfügbare Ressourcen und politische Zielstellungen). Das Ziel ist, die Wasserstoffnachfrage der unterschiedlichen Sektoren unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit und unter gegebenen regionalen Rahmenbedingungen auf stündlicher Basis für ein definiertes Zieljahr zu gewährleisten

Die mit dem Aufbau sowie dem Betrieb des kostenoptimierten Infrastruktursystems verbundenen wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Kosten beziehungsweise Nutzen werden in einem zweiten Schritt detailliert aufgeschlüsselt und dargestellt. Hierbei wurde ein zweistufiger Ansatz gewählt:

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•           Zehn zentrale Kenngrößen geben einen Überblick über die wichtigsten ökonomischen und ökologischen Leistungsparameter des jeweiligen Infrastruktursystems („Systemkennzahlen KPIs“, s. Abb. 2).

•           Nach Leistungsbereichen aufgeschlüsselte Informationen und Kenngrößen (Energie- und Stoffstrombilanzen, Wirtschaftlichkeit, gesellschaftlicher Nutzen) vertiefen das Verständnis.

Die Ergebnisse im Bereich Energie- und Stoffstrombilanzen umfassen jahresbilanzielle und zeitlich aufgeschlüsselte Übersichten zur Wasserstoff- und Stromherkunft sowie zu deren jeweiligem Verbleib. Die Befüllung und Entnahme von Wasserstoff aus den regionalen Speichern werden hierbei ebenso wie der Im- und Export von Strom und Wasserstoff zur Deckung temporärer Engpässe mit angezeigt.

Darüber hinaus werden die benötigten Wassermengen für die Produktion von Wasserstoff via Elektrolyse oder Dampfgasreformierung ausgewiesen, um in Zeiten beziehungsweise in Regionen mit knappen Wasserressourcen keine Nutzungskonkurrenzen entstehen zu lassen. Die bei der H2-Produktion entstehende Abwärme wird ebenfalls stündlich aufgeschlüsselt und dient der Entscheidungsunterstützung bei der Standortfindung von Produktionsanlagen.

Die Ergebnisse im Bereich Wirtschaftlichkeit umfassen Angaben zu betriebswirtschaftlichen Kennzahlen (u. a. Kapitalwert, Rendite, Amortisationsdauer und Umsätze), zu den Wasserstoffgestehungskosten (aufgeschlüsselt nach Investitionskosten, fixen und variablen Betriebskosten, CO2-Kosten sowie Steuern, Umlagen und Abgaben) und zu den Auslastungsgraden der installierten Anlagen (in Volllaststunden je Anlage).

Die Ergebnisse im Bereich gesellschaftlicher Nutzen beinhalten Informationen zur erwarteten direkten regionalen Wertschöpfung aus dem Betrieb des Infrastruktursystems (aufgeschlüsselt in regionale Nettoeinkommen, regionale Gewinne, regionalen Anteil an der Einkommenssteuer und Gewerbesteuer), zur Menge der durch den Einsatz von Wasserstoff eingesparten CO2-Emissionen sowie zu den resultierenden vermiedenen externen Kosten (CO2-Emissionen, NOx-Emissionen des Verkehrssektors).

Zusatzfunktion: Stresstest

Als Ergänzung wurde gemeinsam mit den Steinfurter Akteuren eine „Stresstest-Funktion“ definiert, die es erlaubt, die Auswirkungen von sich ändernden Rahmenbedingungen auf Wirtschaftlichkeit und gesellschaftlichen Nutzen nach Inbetriebnahme der H2-Infrastrukturen zu quantifizieren. Damit können die Nutzer des Szenarienrechners in einem dritten Schritt selbst definieren, welche ökonomischen und ökologischen Konsequenzen sich infolge von Änderungen der regionalen Rahmenbedingungen während der bis zu zwanzig Jahren umfassenden Betriebsphase des H2-Infrastruktursystems ergeben. Außerdem lässt sich dadurch erkennen, welche Handlungsspielräume existieren, die Betriebsergebnisse zu verbessern.

Die Änderungen von Grundannahmen des regionalen Kontextes können einzeln oder in Kombination gewählt werden, ihre jeweiligen Auswirkungen auf die zehn ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Systemkennzahlen (KPIs) werden zur besseren Vergleichbarkeit durch Angabe der prozentualen Änderungen zum Idealwert, dem Ausgangswert, angegeben.

Damit die Akteure in Politik sowie Gesellschaft ein Verständnis darüber entwickeln, wie die Etablierung der regionalen Wasserstoffwirtschaft auch aktiv unterstützt werden kann, enthält der Stresstest auch die Möglichkeit, Gewinnerwartungen zu definieren und anschließend anhand ausgewählter Stellschrauben zu sehen, wohin Entwicklungen gelenkt werden müssen (Zielkosten bzw. Zahlungsbereitschaften). In Abbildung 4 wird exemplarisch für zwei Fragestellungen der Break-even-Fall dargestellt.

Fazit und Ausblick

Der H2-Szenarienrechner wird seit Anfang 2022 in den fünfzehn HyStarter-Regionen des HyLand-Förderprogramms der Bundesregierung eingesetzt und unterstützt dort die regionalen Akteure in der Entscheidungsfindung und Formulierung ihrer jeweiligen Zielsysteme für das Jahr 2030. Im Austausch mit den teilnehmenden Regionen konnten die Eignung und die Aktualität des Tools verifiziert werden. Die von den Steinfurter Akteuren formulierten Fragen an die Wasserstoffwirtschaft wurden von den beteiligten Akteuren der anderen Regionen als vollständig und zielführend bestätigt.

Der gewählte Ansatz der vollständigen Parametrisierung der Eingabewerte ermöglicht es, die aktuelle Energiekrise umfassend abzubilden, indem z. B. die Verfügbarkeit von Erdgas zur Wasserstoffproduktion limitiert und Energiepreise flexibel angepasst werden können. Auch die im Sommer 2022 erlebten Hitzeperioden und Wasserknappheit konnten durch eine Limitierung der Wasserressourcen im Modell abgebildet werden und haben den Akteuren alternative Pfade zur elektrolytischen Wasserstoffproduktion aufgezeigt.

Der H2-Szenarienrechner soll zum Jahresende allen interessierten Regionen zur Verfügung gestellt werden. In der Zwischenzeit können sich interessierte Wasserstoffregionen beim Projektteam melden und einen Probezugang erhalten (szenarienrechner@spilett.com).

Autoren:
Nadine Hölzinger
Spilett n/t GmbH
nadine.hoelzinger@spilett.com

Andy Fuchs
Toyota Mobility Foundation Europe
Andy.Fuchs@toyota-europe.com

Abbildung 1: Ergebnisübersicht – kostenoptimiertes Infrastruktursystem

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Zügiger Aufbau eines H2-Netzes

Damit der grüne Wasserstoff, der beispielswiese aus Kanada und Australien kommt und an den geplanten LNG-Terminals gelöscht wird, in Deutschland verteilt werden kann, ist ein H2-Netz vonnöten. Damit dessen Realisierung zügig umgesetzt werden kann, hat Ende August 2022 die dena ein Impulspapier vorgestellt. Dazu erklärte Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung: „Der schnelle und verlässliche Aufbau eines Wasserstoffnetzes ist unverzichtbare Voraussetzung für den dringend erforderlichen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland.“

Der Vorschlag beruhe darauf, „eine faire Aufteilung der Risiken“ zwischen Netzbetreibern und zukünftigen Netznutzern zu gewährleisten. „Kern des Vorschlags ist eine Absicherung der Investitionen in der Anfangsphase durch ein ‚Amortisationskonto‘ sowie eine politische festgelegte Höhe der Netzentgelte, die für die ersten Nutzer der Netze nicht prohibitiv ist.“ Weiter sagte Kuhlmann, die ersten Nutzer sollten „nicht die vollen Kosten des Wasserstoffnetzes tragen“, weil das so hohe Netzentgelte zur Folge haben könnte, dass die Wirtschaftlichkeit dieser ersten Projekte kaum darstellbar wäre.

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Die Netzbetreiber würden dabei den Auftrag erhalten, dieses sogenannte H2-Startnetz sowohl durch Neubau als auch durch die Umrüstung bestehender Erdgasleitungen zu errichten. Die Netzbetreiber würden beim Aufbau mit Eigenmitteln in Vorleistung gehen, wobei der Staat die Investition absichert, indem er den Netzbetreibern langfristig die Rentabilität der Investition zusichert.

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www.dena.de

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Wertvolle Pionierarbeit mit 350 Heizgeräten

DVGW und Avacon erproben 20-prozentige H2-Beimischung
Seit Jahren hatten die Projektpartner darauf hingearbeitet, am 28. April 2022 war es dann so weit: In der Landesvertretung Sachsen-Anhalts in Berlin präsentierten der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und die E.ON-Tochter Avacon die Ergebnisse ihres Langzeitversuchs, bei dem eine zwanzigprozentige Beimischung von Wasserstoff zum Erdgasnetz getestet wurde. Wie die Projektleiterin Angela Brandes mitteilte, habe das Projekt gezeigt, dass es „technisch möglich ist, Wasserstoff zu einem deutlich höheren Prozentsatz als bislang in den Technischen Regeln des DVGW vorgesehen in ein existierendes Gasnetz einzuspeisen“.

„Wir können den kompletten Energiebedarf Deutschlands mit Wasserstoff in 2045 decken.“ Mit diesem ambitionierten Statement preschte Prof. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW, anlässlich der Ergebnispräsentation voran. Weiter stellte er fest: „Wasserstoff wird entgegen häufig verbreiteter Annahmen in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Dies konnten wir jüngst in einer in unserem Auftrag von Frontier Economics durchgeführten Studie belegen.“

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Linke bezog sich damit auf die Analyse „Nachhaltiger Wärmesektor“, die Frontier Economics Ltd. im April 2022 veröffentlicht hatte (s. Abb. 1). Darin heißt es, dass im Jahr 2030 rund 290 Terawattstunden CO2-armer oder klimaneutraler Wasserstoff zur Verfügung stehen werden. Etwa 60 Prozent davon könnten grüner Wasserstoff aus heimischer Elektrolyse und anderen europäischen Ländern sein – weitaus mehr, als die meisten anderen Nachfrageprognosen bislang ermittelt haben.

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Der DVGW skizziert mit diesen Zahlen ein Szenario, bei dem ausreichend nachhaltig erzeugter Wasserstoff vorhanden ist, was bedeuten würde, dass auch noch für den Wärmebereich genügend H2-Gas vorhanden wäre. Bislang heißt es vielfach, grüner Wasserstoff sei der „Champagner der Zukunft“ und für die thermische Verwertung viel zu schade. Sollte der Gas- und Wasser-Verband Recht behalten, könnten die bisherigen Gasversorger und Vereinsmitglieder einen Großteil ihrer Assets weiterhin nutzen und ihre bislang marktbeherrschende Stellung auch in eine CO2-neutrale Zukunft hinüberretten.

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Entsprechend deutlich formulierte Prof. Linke seine Ziele: „Es darf nicht bei politischen Absichtserklärungen bleiben, die Energieversorgung zu diversifizieren. Es kommt darauf an, das System auf allen Ebenen unter Berücksichtigung der fortschreitenden Elektrifizierung zu entlasten.“ Damit gemeint sein dürfte die Abkehr vom Konzept einer „All-electric-World“ und die Hinwendung zu einem Energieversorgungssystem, bei dem nach wie vor Moleküle eine tragende Rolle spielen. Laut DVGW führt kein Weg an der Nutzung von Wasserstoff im Wärmemarkt vorbei.

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Netzabschnitt ist bis 20 Vol.-% H2-ready

Dass eine Wärmeversorgung mit Wasserstoff funktioniert, hat Avacon gezeigt: In ihrem H2-20-Projekt wurden die bereits im Bestand befindlichen Geräte mit einer für Deutschland typischen Alters- und Gerätemischung ohne technische Austauschmaßnahmen mit Gas, das aus bis zu zwanzig Prozent Wasserstoff bestand, betrieben. Angela Brandes von der der Avacon Netz GmbH erklärte: „In den vergangenen Monaten haben wir schrittweise den Wasserstoffanteil in unserem Gasnetz im Jerichower Land erhöht und bereits erfolgreich 20 Volumenprozent Wasserstoff beigemischt. Dies hat störungsfrei funktioniert.“ Aktuell wird in dem novellierten DVGW-Arbeitsblatt G 260 eine Zumischgrenze von 10 Vol.-% Wasserstoff für große Teile des Bestands als möglich eingestuft, wenn hierzu eine separate Einzelfallprüfung erfolgt ist.

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„Das Projekt hat gezeigt, dass es technisch möglich ist, Wasserstoff zu einem deutlich höheren Prozentsatz als bislang in den Technischen Regeln des DVGW vorgesehen in ein existierendes Gasnetz einzuspeisen.“

Angela Brandes, Projektleiterin H2-20 der Avacon Netz GmbH

Insgesamt beteiligen sich seit Dezember 2021 im Fläming rund 340 Haushalte. Der zentrale Einspeisepunkt für Wasserstoff in den dortigen 35 Kilometer langen Netzabschnitt lag in Schopsdorf, wo über 350 Gasgeräte vor allem zur Wärmeversorgung dienen. Vorweg waren alle Aggregate vom Gas- und Wärme-Institut Essen (GWI) und den beteiligten Gasgeräteherstellern erfasst und überprüft worden. Vier nicht geeignete Geräte wurden durch moderne wasserstofftaugliche Neugeräte ersetzt.

Die H2-Einspeisung wurde in Stufen von 10 über 15 bis auf 20 Prozent angehoben. Insgesamt läuft der Test über die zwei Heizperioden 2021/22 und 2022/23, wobei die 20 Prozent bereits im Frühjahr 2022 erreicht wurden. Eine weitere 20-Prozent-Einspeisephase soll im kommenden Winter über mehrere Wochen folgen.

Um die Haushalts- und Gewerbekunden zu informieren und zu involvieren, wurden Bürgerversammlungen durchgeführt, was sich sehr bewährt habe. Prof. Berthold Vogel vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI), der das Vorhaben wissenschaftlich begleitete, bestätigte die „hohe soziale Akzeptanz in Schopsdorf“, die aber auch erforderlich sei, um derart neue Technologien einzuführen.

Der Landesumweltminister von Sachsen-Anhalt, Prof. Armin Willingmann, der Ende März 2022 Schopsdorf besichtigte, stellte fest: „Im Jerichower Land wird wertvolle Pionierarbeit geleistet, damit künftig klimaneutraler Wasserstoff anstelle von fossilem Erdgas durch die bestehenden Leitungen fließen kann. […] Ich konnte mich davon überzeugen, welche Erfahrungen die Anwohner gemacht haben, und es waren durchweg gute Erfahrungen.“ Dem stimmte Angela Brandes voll zu, indem sie über die eingesetzten Aggregate sagte: „Es sind alle durchgelaufen.“

H2-Datenbank vom DVGW

Währenddessen schreitet die thematische Umorientierung beim DVGW vom fossilen Erdgas zum Wasserstoff weiter voran. So erklärte Linke: „Uns kommt die Pflicht zu, ein Regelwerk für Wasserstoff zu erstellen.“ Der Gas- und Wasserverband ist seit Jahren eine wichtige Zertifizierungsstelle. Diese Funktion will er zukünftig auch im H2-Sektor übernehmen. Aus diesem Grund wurden in den vergangenen Monaten Unmengen an Informationen gesammelt, um eine Datenbank erstellen zu können, in der alle wasserstofffähigen Komponenten aufgelistet werden. Diese Datenbank soll in Kürze veröffentlicht werden.

Politische Rahmenbedingungen

Dem Gebäudesektor kommt bei der Energiewende eine zentrale Rolle zu. Eine große Herausforderung ist insbesondere die Einhaltung der Vorgabe, dass ab 2024 jede neu installierte Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden soll. Aktuell wird rund die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland, etwa 20 Millionen Haushalte, noch mit Gas beheizt.

Von Zukunft Gas, einer Initiative von Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft, hieß es dazu: „Diese Vorgabe stellt Hunderttausende Haushalte vor unlösbare Aufgaben.“ Umso wichtiger sei es für die Branche, so der Verband, dass die H2-Readiness anerkannt und ein H2-ready-Standard für neue Gasanwendungen eingeführt werde. Die Produktion von Wärmepumpen werde zwar ausgebaut, aber es würden zusätzlich 60.000 Handwerker benötigt, um diese installieren zu können, hieß es.

Zudem wurde ein kommunaler Wärmeplan gefordert, damit die Bürger:innen einschätzen können, wann beispielsweise in ihrer Region ein Anschluss an eine Wasserstoffpipeline erfolgen wird. Denn schließlich obliege die Umsetzung der Wärmewende letztlich den Verbraucher:innen.

Die Bundesregierung kündigte indes im Juli 2022 ein Sofortprogramm mit Klimaschutzmaßnahmen für den Gebäudesektor an. Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, erklärte, nach der Sommerpause solle die kommunale Wärmeplanung angegangen werden, damit die Klimaschutzmaßnahmen noch im Herbst verabschiedet werden könnten. Dr. Patrick Graichen, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, sagte: „Die kommunale Wärmeplanung ist wichtig. Die Kommunen, die Stadtwerke, werden die Verantwortung übernehmen.“

Eigentlich war mit dem angekündigten „Sommerpaket“ ein großer Wurf von der Politik angekündigt worden. Mit dem Sofortprogramm für den Gebäudesektor sowie einem weiteren Sofortprogramm für den Verkehrssektor blieb die Bundesregierung aber deutlich hinter den Erwartungen zurück. Der DVGW kritisierte: „Die Annahme, dass reine Gasheizungen nicht mehr einbaubar seien, weil sie die für neue Heizungen ab 2024 vorgeschriebene 65-Prozent-Erneuerbare-Regelung nicht erfüllen könnten, ist schlichtweg falsch. Gasheizungen erfüllen diese Vorgabe, wenn sie entweder mit Biomethan bzw. zukünftig klimaneutralem Wasserstoff oder in Kombination mit weiteren Technologien wie zum Beispiel Solarthermie betrieben werden.“

„Ich würde sagen, der Einbau von neuen Gasheizungen in dieser Situation ist politisch falsch und nicht mehr zu verantworten. Deutschland hat eine höhere Abhängigkeit von Gas, von Öl und von Kohle als andere europäische Länder.“ Daraus ergebe sich die Verpflichtung, sich schnell davon zu befreien.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck

Mittlerweile wurde indes angekündigt, dass neben Wärmepumpen auch andere Aggregate eingesetzt werden dürfen und dass es Übergangsfristen von bis zu drei Jahren geben soll. Diese könnten beispielsweise gelten, wenn im Havariefall kurzfristig keine Wärmepumpen oder Installateure verfügbar sind. Außerdem sollen Hybridgeräte bessergestellt werden. Selbst wenn deren Leistungsanteil nur 30 Prozent beträgt, könnte die 65-Prozent-Erneuerbare-Pflicht als erfüllt gelten. Zudem können grüne Gasheizungen, die mit Biomethan oder grünem Wasserstoff funktionieren, eingesetzt werden.

Umrüstkit für Gasthermen

Bei den Heizungsbauern zeichnet sich indes immer weiter ab, dass in Eigenheimen Wasserstoff in Zukunft in umgebauten Gasthermen genutzt werden soll. Brennstoffzellenheizgeräte, wie sie von Viessmann oder SOLIDpower angeboten werden, dienen eher der Kraftwärmekopplung, da sie aus Erdgas sowohl Strom als auch Wärme erzeugen. Reine Heizmodule, wie heutige erdgasbetriebene Gasbrennwertthermen, sollen zukünftig H2-ready konzipiert werden, damit sie nach dem Austausch des Brenners reinen Wasserstoff nutzen können.

Dr. Rainer Ortmann von der Robert Bosch GmbH erklärte in diesem Zusammenhang gegenüber HZwei: „Wir haben der Politik ein Versprechen gegeben, zusammen mit drei, vier anderen Herstellern, dass die Geräte ab 2025 mit einem Umrüstkit innerhalb einer Stunde umgebaut werden können.“ Dieser Umrüstkit soll dann für wenige Hundert Euro erhältlich sein.

Autor: Sven Geitmann

Abb. 1: Ergebnisse aus dem DVGW-Forschungsprojekt Nachhaltiger Wärmesektor
Quelle: DVGW

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Transite als Treiber für den Osten

H2-Transportbedarf forciert Infrastrukturaufbau
Im Jahr 2045 könnten 54 Terawattstunden (TWh) Wasserstoff in Ostdeutschland fehlen, Jahr für Jahr wohlgemerkt. Wie bei Prognosen üblich, ist das noch von vielen Faktoren wie beispielsweise der genauen H2-Nachfrage in den einzelnen Sektoren abhängig. Aber eines ist klar: Es fehlt an der benötigten H2-Infrastruktur, wenn das Szenario Diversifizierung eintritt. Dann müssen weitere 48 TWh Transitbedarf über Transportleitungen in benachbarte Regionen verteilt werden. Voraussetzung dafür wären zahlreiche Leitungen, die von Erdgas auf Wasserstoff umgerüstet werden, sowie weitere neuinstallierte Pipelines.

Diese Annahme belegt die Studie „Wasserstoffmarkthochlauf in Ostdeutschland bis 2045 – Eine Infrastrukturanalyse anhand der regionalen Erzeugungspotenziale und Bedarfe“. Wissenschaftler des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln, kurz als EWI bekannt, haben diese im Auftrag des Netzbetreibers für Gasfernleitungen Gascade Gastransport verfasst. Das EWI-Team analysiert in der Studie zwei Szenarien zur Entwicklung von Bedarf und Angebot von Wasserstoff in Ostdeutschland: Das Szenario „Diversifizierung“ unterstellt eine größere Rolle des Wasserstoffs bei der Substitution fossiler Energieträger, während das Szenario „Elektrifizierung“ von einer starken Elektrifizierung des Energieverbrauchs ausgeht.

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Das Nord-Süd-Gefälle

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„In Ostdeutschland wird sich voraussichtlich ein Nord-Süd-Gefälle des Wasserstoffbedarfs einstellen“, sagt Dr. Eren Çam. Er leitet den Bereich Energierohstoffe am EWI und hat die Studie zusammen mit drei Kollegen verfasst. Farblich dargestellt, ist das Gefälle durch den blauen und roten Bereich in den Abbildungen 2 und 3 besonders gut sichtbar für das Jahr 2045. „Die regionalen Unterschiede und das steigende Potenzial an H2-Transiten durch den Osten Deutschlands könnten entscheidende Treiber der wachsenden Wasserstoffinfrastruktur werden.“

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Die H2-Bilanzen ergeben zusammen mit dem möglichen Import- und Exportbedarf in Ostdeutschland ein Bild des künftigen Transportbedarfs. Demnach zeigt sich bei einer starken Durchdringung strombasierter Anwendungen lediglich ein Wasserstoffdefizit von 2 TWh im Jahr 2045. Wasserstofftransite wären dann kaum nötig.

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Die H2-Produktion hat großes Potenzial im Osten Deutschlands: Neben der ökostrombasierten H2-Produktion könnten auch die Erdgasreformierung oder die Methanpyrolyse mit Abscheidung anfallender CO2-Emissionen klimaneutrale Alternativen sein. Dadurch würden sich die Regionen bis zum Jahr 2030 zu einem Netto-Exporteur von Wasserstoff entwickeln. Die EWI-Wissenschaftler schätzen das Produktionspotenzial auf jährlich bis zu 366 TWh im Jahr 2045. So würde sich ein noch größerer Bedarf an Pipelines ergeben.

Anreize für Investoren schaffen

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Wie ein künftiges Wasserstoffnetz aussehen sollte, ist gegenwärtig umstritten und hängt entscheidend davon ab, wie sich Angebot und Nachfrage entwickeln. Unter anderem beeinflussen das die Technologie- und Kostenentwicklungen sowie möglichen Förderungsmechanismen. Diese Unsicherheiten machen Investitionen in Wasserstoffnetze risikoreich. Zudem ist die Herstellung von grünem, mit Ökostromanlagen hergestelltem Wasserstoff zurzeit meist unwirtschaftlich.

Die Vorstellungen zu einem möglichen künftigen Netz reichen deshalb von einzelnen Inselnetzen bis hin zu einem flächendeckenden und umfassend vermaschten Netz. Man kann sich das analog zum heutigen Erdgasnetz vorstellen. „Mit der nun beschlossenen sogenannten Opt-in-Regulierung für Betreiber von Wasserstoffnetzen hat der Gesetzgeber einen Schritt unternommen, die Sicherheit für Investitionen zu erhöhen und einen bedarfsgerechten Ausbau künftiger Wasserstoffnetze sicherzustellen“, erklärt Çam. In einer Übergangsphase soll es den Betreibern von Wasserstoffleitungen demnach freigestellt werden, ob sie sich der Netzregulierung unterwerfen oder nicht.

Nutzung von Erdgasleitungen

Siemens Energy, Gascade und Nowega haben in der Studie „Wasserstoffinfrastruktur – tragende Säule der Energiewende” die Umstellung von Ferngasnetzen auf Wasserstoff in der Praxis betrachtet: Entgegen einer oftmals vertretenen Auffassung liege die transportierbare Energiemenge von Wasserstoff nur wenig unter der von Erdgas, heißt es in dem Papier. Fazit: Deshalb habe die Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff auch nur geringe Auswirkungen auf die Kapazität einer Pipeline.

Der obere Heizwert von Erdgas liegt etwa dreimal so hoch wie der von Wasserstoff. Beim Vergleich des Energieflusses zweier Gase durch eine Pipeline spielt jedoch nicht allein das Volumen eine Rolle, sondern die drei Parameter Dichte, Strömungsgeschwindigkeit und Druck, erklären die Autoren. „Da Wasserstoff eine neunmal geringere Dichte und die dreifache Strömungsgeschwindigkeit von Erdgas aufweist, kann in der Pipeline bei gleichem Druck und in der gleichen Zeit fast dreimal so viel Wasserstoff wie Erdgas transportiert werden.“ Die Energiedichte verringert sich demnach kaum. Eine Umrüstung der Erdgasleitungen, um sie für H2 zu nutzen, ist also durchaus sinnvoll.

Das Henne-Ei-Problem

Wer geht zuerst ins Risiko? Derzeit wird versucht, das sogenannte Henne-Ei-Problem über Pilot- und Demonstrationsprojekte aufzulösen, um eine Skalierung der Projekte sowie eine Kostensenkung der Technologie zu erreichen. Im Ergebnis der EWI-Studie zeigt sich, dass das H2-Startnetz im Rahmen der „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) bis 2030 einen Großteil des Transportbedarfs abdeckt und in beiden Szenarien auch benötigt wird.

Mittelfristig reicht die reine Finanzierung von Pilot- und Demonstrationsprojekten allerdings nicht mehr aus, um Wasserstoffangebot und -nachfrage dauerhaft anzureizen und die Kommerzialisierung voranzutreiben, resümieren die EWI-Forscher. Es gilt also, Angebot und Nachfrage zusätzlich zu fördern.

Die Kosten für grünen Wasserstoff, der die Erdgasleitungen künftig befüllen soll, hängen vor allem an zwei Komponenten: den Stromkosten inklusive aller Umlagen und den Investitionskosten für den Elektrolyseur. Die Investitionskosten könnten durch gezielte Fördermaßnahmen, beispielsweise durch Zuschüsse oder zinslose Darlehen, gesenkt werden, erklären die Wissenschaftler. Auch könnten innovative Herstellungsmethoden für Elektrolyseure gefördert werden. Denn durch den Ausbau der Produktionskapazitäten ergeben sich Lern- und Skalierungseffekte, und ein höherer Automatisierungsgrad könnte die Kosten reduzieren.

Contracts for Difference

Auf Seiten der Stromkosten hat der Gesetzgeber ebenfalls erste Schritte unternommen: H2-Produzenten werden unter bestimmten Bedingungen von den Netzentgelten befreit. Auch die EEG-Umlage ist zum 1. Juli 2022 weggefallen – davon profitieren natürlich auch die Betreiber von Elektrolyseuren. Schwieriger ist es bei den Strombezugskosten: Mit den zuletzt stark gestiegenen Börsenstrompreisen wird auch die Wirtschaftlichkeit grünen Wasserstoffs schwieriger.

Langfristig hilft deshalb nur der Ausbau der erneuerbaren Energien. Kurzfristig können auch gezielte Fördermaßnahmen, beispielsweise Differenzverträge (Contracts for Difference), helfen, einen Maximalstrompreis oder einen Abnahmepreis für Wasserstoff für Produzenten abzusichern. Das ist ein durchaus gängiges Mittel in der Marktwirtschaft, um eine neue Technologie aufzubauen.

Zu Beginn ist es deshalb sinnvoll, kleinere Inselnetze in Industriezentren (z. B. im mitteldeutschen Chemiedreieck) oder in Ballungsräumen (z. B. Berlin) aufzubauen, um lokale Nachfrager, Erzeuger und Speicher zu verbinden. Im nächsten Schritt können diese Inselnetze untereinander sowie zu möglichen Importpunkten an der Küste oder zu benachbarten Regionen verbunden werden. Langfristig entsteht dann daraus ein deutschlandweites Netz, das den überregionalen Ausgleich und den grenzüberschreitenden Handel ermöglicht.

Auf der Nachfrageseite kann grüner Wasserstoff potenziell sehr unterschiedlich eingesetzt werden, beispielsweise in Brennstoffzellen-Lkw, -Zügen oder -Bussen, um Treibhausgasemissionen im ÖPNV zu reduzieren, um ein paar Beispiele aus der Mobilität zu nennen.

Welche Regionen profitieren besonders? Zum einen sind es vor allem die industriellen Zentren, z. B. der Chemie- und Stahlindustrie, die eine Transformation hin zu einer klimafreundlichen Produktion vor sich haben. Zum anderen Regionen, in denen Produktionskapazitäten für Elektrolyseure errichtet werden. Nicht zuletzt werden hier neue Arbeitsplätze entstehen und zusätzliche Steuereinnahmen erzielt.

Welche Akteure können die Entwicklung voranbringen?

Beim pipelinebasierten H2-Transport liegt es nahe, dass sich Erdgastransport- und Verteilnetzbetreiber auch als künftige Betreiber eines Wasserstoffnetzes anbieten. Sie verfügen über die Möglichkeit zur Umrüstung bestehender Erdgas- zu Wasserstoffpipelines – auch wenn das hoher Investitionen bedarf. Zudem sind sie geübt im Transport von gasförmigen Energieträgern sowie dem Betrieb regulierter Versorgungsleitungen.

Analysen des EWI belegten zudem, dass Energieversorger eine zentrale Rolle auf der Angebotsseite einnehmen könnten. Denn diese haben einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil: Durch ihre Kernkompetenzen in der Stromerzeugung und im Stromhandel sowie ihre häufig breit gestreuten Erzeugungsportfolios – inklusive Ökostromanlagen – verfügen sie über die nötige Expertise, um die Elektrolyseure mit dem Stromsystem zu koppeln.

Autor: Niels Hendrik Petersen

Abb. 1: Die Verlegung der Europäische Gas-Anbindungsleitung (EUGAL) in Brandenburg: Die Erdgas-Pipeline läuft von der deutschen Ostseeküste bis nach Tschechien.

Quelle: Gascade Gastransport

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Bevor es zu spät ist

Dr. Karl Lauterbach gilt als Gesundheitsexperte, aber er hat auch zu energiepolitischen und gesellschaftlichen Themen viel zu sagen. Anfang 2022 hat der amtierende Bundesgesundheitsminister ein Buch herausgebracht, in dem er sich ausführlich der Klima- und Umweltpolitik widmet und gleich auf der vierten Seite auch auf Wasserstoff zu sprechen kommt.

Als Arzt und Politiker geht er dem Thema nach: „Was uns droht, wenn die Politik nicht mit der Wissenschaft Schritt hält.“ Dafür gewährt er Einblicke in seinen Werdegang und auch in sein Seelenleben. So schildert er beispielsweise, wie ihn sein 20-jähriger Aufenthalt in den USA und seine vielen Reisen geprägt und motiviert haben, die Welt ein Stückchen besser machen zu wollen.

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Lauterbach betrachtet die Weltlage in seinem Buch nicht nur aus Sicht eines Politikers, Wissenschaftlers und Mediziners, sondern auch als Vater einer jugendlichen Tochter, die sich für Fridays-for-Future engagiert. Lauterbachs Analysen sind treffend, ehrlich und nachvollziehbar.

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Sein wichtigstes Anliegen ist dabei, der Wissenschaft mehr Gehör zu verschaffen. Dafür zitiert er auch mal Prof. Hans Joachim Schellnhuber, Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), der bereits frühzeitig verkündete: „Ich sage Ihnen, dass wir unsere Kinder in einen globalen Schulbus hineinschieben, der mit 98-%iger Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt.“

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Er kommt dabei zumindest teilweise seinem Ruf einer Kassandra nach und beschreibt auch, was der Menschheit aus seiner Sicht bevorsteht. Manch einer wird ihm vorwerfen, dies seien reine Schreckensszenarien, aber dafür sind seine Analysen zu gut wissenschaftlich fundiert. Lauterbach gibt wieder, was inzwischen Konsens unter Forschenden ist, und zitiert aus anerkannten Quellen. So weist er darauf hin, dass frühere Klimamodelle noch zu zögerlich waren. Heute wissen wir, dass die Klimakrise schneller voranschreitet als noch vor kurzem berechnet.

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Die 288 Seiten sind ein Rundumschlag, teils mit autobiographischen Inhalten, aber auch mit einem Abriss über die Erdgeschichte – vom Urknall bis heute –, in dem er auch über außerterrestrisches Leben philosophiert. Zudem widmet sich der bekennende Vegetarier ausführlich dem Problem des übermäßigen Fleischkonsums sowie dem Thema Wassermangel. Zum Ende des Buches wird es dann doch ziemlich fatalistisch, aber insgesamt bleibt es eine empfehlenswerte Lektüre.

Lauterbach, Karl; Bevor es zu spät ist, Rowohlt Verlag, ISBN 978-3-7371-0132-5, 2022

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Quelle: Rowohlt

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Wasserstoffatlas vorgestellt

Meldungen

Er soll als Wegweiser dienen, als „hilfreiches Werkzeug“ für Entscheidungsträger. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger präsentierte den Wasserstoffatlas Ende Juli 2022 in Berlin als Hilfsmittel, um „Potenzial, Verbrauch, Kosten und Emissionsminderungen verschiedener Wasserstoffanwendungen“ einschätzen zu können.

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Nach den Worten der Ministerin soll der Atlas sowohl ein klares Bild davon geben, „wo wir stehen“, als auch davon, „was noch zu tun ist“. Stark-Watzinger erklärte: „Wir haben eine Vision: Deutschland zur Wasserstoffrepublik zu machen, um unsere Energieversorgung breiter aufzustellen – sauber und sicher. Und wir werden diese Pläne jetzt in die Tat umsetzen.“

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Weiter sagte sie: „Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu sein, und das wird nur mit der Zukunftsenergie Wasserstoff auch gelingen. Grüner Wasserstoff ist unsere große Chance.“

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Das neue Kompendium, das in Zusammenarbeit mit der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) entstanden ist, soll aufzeigen, welche H2-Potenziale und -Kapazitäten bereits vorhanden sind und welche Möglichkeiten in Zukunft entstehen werden. Welche Anlagen gibt es bereits? Wo sind neue geplant? Wo könnte sich der Einsatz von H2-Technologien lohnen – wo eher nicht? Welche CO2-Einsparungen sind möglich, und wie teuer sind sie? Und wo gibt es Beschäftigungspotenziale?

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Prof. Michael Sterner erklärte: „Wir brauchen erneuerbaren Strom und Wasserstoff sowie dessen Folgeprodukte für unsere Versorgungssicherheit und Klimaneutralität, und zwar in großen Mengen. Wasserstoff ist mitnichten der Champagner der Energiewende, sondern neben erneuerbarem Strom der Haupttreibstoff, um Deutschland klimaneutral zu machen. Wir haben dafür große Potenziale im Land, die wir mit dem Wasserstoffatlas aktivieren wollen.“

Der mit 700.000 Euro geförderte Wasserstoffatlas listet Bestandsdaten von 2012 bis heute auf und soll auch einen Vergleich von Wasserstoff mit fossilen Energieträgern in allen Sektoren und Anwendungen (Strom, Gebäude, Verkehr, Industrie) ermöglichen. Er eignet sich somit als Werkzeug für Projektplaner, Kommunen, Stadtwerke, Investoren und andere Entscheidungsträger. Dabei beschränkt er sich nicht auf Deutschland, sondern schließt auch Kooperationen mit ausländischen Technologiepartnern mit ein.

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www.wasserstoffatlas.de

Abb.: Prof. Michael Sterner und Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger
Quelle: BMBF/Hans-Joachim Rickel

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