Die Integration von Siemens Gamesa wird kein Schnellschuss. Somit werden die anteiligen Verluste noch über mehrere Quartale die Ergebnisse des Mutterkonzerns Siemens Energy belasten, bis Ergebnisse aus der Reorganisation, der Einkaufskraftbündelung (Kostensenkungspotentiale) und anderem in besseren Zahlen ihren Ausdruck finden, so unsere Analyse. Denn letztendlich zählen die Wachstumsimpulse des Gesamtkonzerns, und diese können besser nicht sein, bezieht man sich nur auf den Themenkomplex Wasserstoff.
Interessant ist, dass der Aktienkurs sein Tief verlassen hat und allmählich die Richtung ändert – denn die Börse antizipiert die Zukunft. Der Verlustausweis von 533 Mio. Euro im dritten Quartal (Fiskaljahr) geht somit vor allem noch auf das Konto der defizitären Tochter (minus 446 Mio. Euro), aber auch auf das Konto von Einmaleffekten wie der Beendigung der Aktivitäten in Russland, was anteilsmäßig 200 Mio. Euro gekostet hat. Lieferkettenprobleme und erhöhte Material- und Rohstoffkosten werden den Konzern noch weiter begleiten.
Indes sind die Auftragsbücher prall gefüllt und werden laut anderen Kalkulationsmodellen zu margenträchtigeren Umsätzen führen. Der geplante Personalabbau (2.500 Stellen) wird sich da ebenfalls auswirken. Da können auch viele echte Synergien gehoben werden, wenn es auf See gleich eine Kombination aus Windrädern und Elektrolyse gibt, kostengünstig Wasserstoff produziert werden kann und Siemens Energy als One-Stop-Shopping-Partner für Kunden bereit steht, die an einer Gesamtlösung interessiert sind. Vorstandschef Christian Bruch bezeichnete den Auftragseingang dementsprechend als „fantastisch“. Urteil: Für uns ein klares „Buy on Bad News“.
Kooperation mit Air Liquide
Mit Siemens Energy und Air Liquide verbinden sich zwei Schwergewichte in Sachen Wasserstoff und Elektrolyse und lassen ein Joint Venture entstehen, an dem Air Liquide 25,1 Prozent und Siemens Energy 74,9 Prozent halten wird. Gemeinsam wollen die beiden Konzerne am Standort Berlin eine Produktionsstätte für PEM-Elektrolyseure auf den Weg bringen. Zudem werden gemeinsame Forschungsaktivitäten im Bereich Elektrolyse aufgebaut. Man plant gemeinsame H2-Projekte wie ein 200-MW-Elektrolyseurprojekt in der Normandie, Frankreich. Zusammen will man sich für Finanzierungsunterstützung durch die EU bewerben. Urteil: Solche JV, in denen sich ergänzende Player gemeinsam Projekte entwickeln, wird es im Themenfeld Wasserstoff nun immer mehr geben. Siemens Energy wie auch Air Liquide sind da bestens aufgestellt.
Risikohinweis
Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.
Autor: Sven Jösting, verfasst am 30. August 2022
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