Mikroorganismen sind flexibler als herkömmliche Katalysatoren, und das von ihnen erzeugte Methan ist relativ rein. Zudem sinken die Investitionskosten für Power-to-Gas-Anlagen, wenn Transformatoren und Strom- sowie Gasnetzanschlüsse bereits vorhandener Biogas- und Klärgasanlagen genutzt werden können. Es gibt allerdings noch Forschungsbedarf in diesem Bereich, auch bei der neu gebauten PtG-Anlage von Viessmann, die in Allendorf seit Mitte März 2015 ins öffentliche Gasnetz einspeist.
Die beschauliche hessische Gemeinde Allendorf an der Eder verfügt über einen eigenen Flugplatz. Dort landen aber weder Linien- noch Charterflüge. Für die rund 5.600 Einwohner wurde der Flugplatz auch nicht gebaut, sondern als Firmenflugplatz für die Viessmann-Gruppe, damit der Familienkonzern trotz der ländlichen Lage international angebunden bleibt.
Besuchern der Firmenzentrale fallen als Erstes die zwei großen Biogasanlagen neben der Landebahn, die direkt an der Viessmannstraße stehen, ins Auge. Die drei Schiffscontainer großen Boxen daneben wirken erst mal unscheinbar. Darin befindet sich die Technik der PtG-Anlage (s. Abb.). In dem längeren grauen Container sind die Technik für die Steuerung sowie Mess- und Regeltechnik untergebracht. Der kleine Container dahinter beherbergt Pumpen, die Gasanalytik und ein Temperiersystem. Der PEM-Elektrolyseur steht rechts daneben in der dritten Box. Das eigentliche Geheimnis steckt aber in dem silbernen Druckbehälter mit den vielen Rohren: In diesem Fermenter wird eine neue Technologie der Methanisierung angewendet: Mikroorganismen nehmen den in Flüssigkeit gelösten Wasserstoff sowie das CO2 über die Zellwand auf und verdauen sie zu Methan (CH4). Bei diesem Prozess bleibt nur Wasser übrig.
„Seit 2012 forschen wir im Labor an Mikroorganismen und haben angefangen sie zu selektieren“, berichtet Ulrich Schmack. Er leitet als Geschäftsführer die Viessmann-Tochter Microbenergy, ein Spin-off aus der Firma Schmack Biogas, die 2010 von Viessmann übernommen wurde. Die Biochemiker und Verfahrenstechniker seines Unternehmens entwickelten ihre Selektionsmethode weiter und errichteten nun eine halbkommerzielle Anlage in Allendorf.
Die derzeitige Anlagengröße liegt bei 200 Kilowatt elektrischer Leistung. Das entspricht einer umgewandelten Leistung von 100 Kilowatt Methangas. Diese Leistung soll sukzessive auf 400 kW gesteigert werden. Das ist schon vom Netzbetreiber genehmigt. „Mit dem bisherigen Entwicklungsprozess sind wir sehr zufrieden“, urteilt Schmack. Künftig werde es PtG-Anlagen mit zwei bis fünf Megawatt geben, Anlagen mit noch mehr Leistung eher selten.
In Schwandorf in der Oberpfalz betrieb die Firma die Anlage, die nun nach Allendorf umgesiedelt wurde (s. HZwei-Heft April 2014), bereits als Testsystem. Diese Demonstrationsanlage wurde zunächst im Herbst 2014 in Schwandorf aufgebaut und lief dort bis Ende des Jahres. Ergebnis: Der Testbetrieb zeigte eine Gasqualität mit einem Methangehalt von über 98 % und einem geringen Wasserstoffanteil von weniger als zwei Prozent sowie eine relativ stabile Gasproduktion.
Zudem wird in Schwandorf eine weitere Anlage betrieben, die über einen Faulturm versorgt wird und einen ähnlich hohen Methanwert erzeugt. Ihr Elektrolyseur verfügt über eine Leistung von 30 Normkubikmeter Wasserstoff pro Stunde. Bis zum Ende des Jahres 2015 soll diese Anlage noch am Standort Schwandorf weiterlaufen.
Nach der mittlerweile erfolgten Verlegung der Demonstrationsanlage an den Hauptsitz von Viessmann nach Allendorf gelangt der vor Ort produzierte Wasserstoff, nachdem er durch die Mikroben methanisiert wurde, über die vorhandene Biogaseinspeiseanlage ins Erdgasnetz. Das benötigte CO2 wird entweder aus der Gasaufbereitungsanlage übernommen, oder es wird das Rohbiogas mit dem darin enthaltenen CO2 direkt genutzt. In diesem Fall bereitet die PtG-Anlage auch Rohbiogas auf.
Nach heutiger Schätzung werden die Kosten der biologischen Methanisierung im Jahr 2017 bei 400 Euro pro Kilowatt elektrischer Leistung liegen. Zusätzlich kommen 800 Euro pro kW für den PEM-Elektrolyseur hinzu. Insgesamt also 1.200 Euro pro kW. Eine 2-MW-Anlage käme dann inklusive Elektrolyseur und Anbindung auf 2,4 Mio. Euro. Derzeit liegen die Kosten allerdings noch beim doppelten Wert. „Die Reduzierung der Kosten ergibt sich aus der Skalierung für eine entsprechend größere Anlage“, erklärt Schmack.
Seit 2012 forscht die Firma intensiv an und mit Mikroorganismen, denn die kleinen Helfer haben einige Vorteile aufzuweisen: Sie sind vor allem flexibler als Katalysatoren, die in einem chemisch-katalytischen Verfahren arbeiten. Ein schnelles Rauf- und Runterfahren der Methanproduktion in Sekunden oder wenigen Minuten wäre mit herkömmlichen Katalysatoren nicht möglich. Der Umwandlungsprozess von Wasserstoff zu Methan kann mit Mikroorganismen bei der normalen Betriebstemperatur von 50 bis 60 °C schnell anlaufen oder abgeschaltet werden. Die Mikroben senken ihren Stoffwechsel dann bis auf ein Minimum herab. Die vergleichsweise geringen Temperaturen und Drücke machen diesen Weg der Methanisierung wirtschaftlich interessant.
Genau das braucht die PtG-Technologie, wenn sie ein Partner für die fluktuierende Stromerzeugung aus Sonne und Wind sein will. Der Stadtwerkeverbund Thüga schätzt, dass der entsprechende Speicherbedarf bereits 2020 bei rund 17 Terawattstunden und 2050 bei 50 TWh liegt…
Der komplette Artikel ist nachlesbar in der Oktober-Ausgabe der Zeitschrift HZwei.
Autor: Niels Hendrik Petersen
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