Effiziente Beschichtungsverfahren für BPP

Effiziente Beschichtungsverfahren für BPP

Sowohl in PEMEC (Protonenaustauschmembran-Elektrolyseuren) als auch in PEMFC (-Brennstoffzellen) laufen im Betrieb chemische Prozesse ab, die mittel- und langfristig die Oberfläche der verwendeten Materialien angreifen und zu Korrosion führen. Verschiedene Studien zeigen, dass sich bei BPP aus reinem Edelstahl aufgrund der inneren Korrosionsprozesse die etwa für Pkw-Brennstoffzellen angestrebten Lebensdauern von mindestens 10.000 Betriebsstunden nur schwerlich erreichen lassen. Für Brennstoffzellen für den Schwerlastbereich oder aber für Elektrolyseure im Dauerbetrieb sind noch weitaus längere Lebensdauern gefordert.

Die seit Jahrzehnten für eine Vielzahl von Anwendungen genutzte Technik der PVD-Beschichtung (Physical Vapour Deposition) stellt eine Lösung für diese Problematik dar. „Durch geeignete Beschichtungen der beiden Außenseiten der BPP kann deren Korrosionsverhalten unter Langzeitbetrieb und damit deren Lebensdauer signifikant optimiert werden“, sagt Dr. Andreas Kraft. Laut dem Director of Operations bei PVT Plasma und Vakuum Technik ergeben sich dadurch keine Einbußen in der Leitfähigkeit, sondern sogar Verbesserung hin zu einem angestrebt hohen Leitwert. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Bensheim bei Frankfurt a. M. operiert seit mehr als 35 Jahren im Bereich der ionen- und plasmagestützten PVD-Beschichtung von Werkzeugen und Bauteilen.

Die Beschichtungen, die auf den BPP aufgebracht werden, sind zwar sehr dünn, stellen aber einen entscheidenden Kostenfaktor bei der Herstellung der Platten dar. „Bei einer Platte mit einer Größe von rund 750 cm2 sollten die Kosten für die Beschichtung deutlich unterhalb von 1 Euro pro Platte liegen“, betont Kraft. Eine gleichzeitige Beschichtung beider Seiten einer BPP erfordere deshalb einen hochproduktiven Beschichtungsprozess sowie zuverlässige Beschichtungstechnik. Deshalb sind auch laut dem Werkstoffexperten die in der Werkzeug- und Bauteilbeschichtung meist üblichen Batch-Beschichtungssysteme hinsichtlich ihrer Produktivität unwirtschaftlich und nicht zielführend.

„Für eine derartige Massenproduktion kommen nur sogenannte In-Line-Systeme in Frage, bei denen Substrate mit hohem Durchsatz beidseitig und ohne Rotation beschichtet werden“, betont Kraft. Im Unterschied zu Batch-Systemen handelt es sich hierbei um Mehrkammeranlagen, bei denen die Substrate von Kammer zu Kammer transportiert werden. Die Kammern werden dabei von großen Transferventilen separiert, wodurch räumlich und zeitlich getrennt verschiedene definierte Prozessschritte ablaufen können. Dieser Aufbau ermögliche eine saubere Umgebung mit gleichbleibenden Vakuum- und Prozessbedingungen.

Mit der von PVT entwickelten In-Line-Anlage i-L 4.3500 lassen sich laut Kraft pro Jahr etwa 5 Mio. BPP für Brennstoffzellen mit den Dimensionen von 500 mm x 150 mm beidseitig in gleichbleibender Qualität beschichten. Der Aufbau der Anlage ist als Kombination aus vier kammerförmigen Einzelmodulen realisiert, wodurch gleichzeitig mehrere Positionen an BPP eingeschleust (Atmosphäre à Vakuum), unter gleichbleibenden Vakuumbedingungen beschichtet und schließlich wieder ausgeschleust (Vakuum à Atmosphäre) werden können.

Der PVT-Manager betont, dass die Beschichtungskosten pro Platte (bezogen auf die Brennstoffzellen-BPP) typischerweise deutlich unterhalb von 1 Euro liegen. Abhängig vom verwendeten Prozess und den eingesetzten Beschichtungsmaterialien können die Kosten sogar signifikant geringer ausfallen, so Kraft.

Autor: Michael Nallinger

Effiziente Beschichtungsverfahren für BPP

Schlüsselkomponente mit Optimierungspotenzial

Die Bipolarplatte ist neben der Membran-Elektroden-Einheit und den Dichtungen das am meisten verwendete Bauteil in Brennstoffzellen-Stacks. Deshalb ist es im Gesamtkonzept wichtig, ihre Kosten zu senken. Die Hersteller, egal ob metallischer oder graphitischer Lösungen, setzen einerseits verstärkt auf Automatisierung und Verkettung der Einzelprozesse und andererseits auf eine Optimierung der Produkte selbst, etwa über eine weitere Reduzierung der Blechstärken. Im Blick sind bereits die nächsten Skalierungsschritte mit Stückzahlen von mehreren Millionen Bipolarplatten für über 100.000 Stacks pro Jahr.

In einer PEM-Brennstoffzelle ist die Bipolarplatte (BPP) eine Schlüsselkomponente. Sie macht bis zu 80 Prozent des Stackgewichts und bis zu 65 Prozent des Stackvolumens aus, ist also für die Leistungsdichte enorm wichtig. Gleiches gilt für die Funktion: Die BPP übernimmt die Trennung und Verteilung der Prozessgase sowie die Abfuhr von Produktwasser. Auch die Ableitung des erzeugten Stroms und die homogene Verteilung aller Medien sind essenzielle Aufgaben dieser Komponente.

Bipolarplatten werden hauptsächlich aus metallischen Werkstoffen oder Graphit hergestellt. Die verschiedenen Materialien sind mit unterschiedlichen Eigenschaften und Vorteilen für die Funktionalität der BPP verbunden. Aufgrund nur geringer Effizienzvorteile und fehlender Herstellungsverfahren für wettbewerbsfähige metallische BPP dominierte in der Vergangenheit die Graphitalternative. Insbesondere bei anspruchsvollen Anwendungen haben allerdings die kohlenstoffhaltigen BPP volumetrische und gravimetrische Defizite gegenüber den metallischen Varianten. Außerdem ist Graphit sehr spröde und kann daher leicht brechen. Dennoch werden Graphitplatten häufig in stationären Anwendungen eingesetzt, bei denen das Bauvolumen keinen limitierenden Faktor darstellt.

Was die Kosten betrifft, so sind metallische Platten führend. „Mit dem richtigen Herstellungsverfahren lassen sich die Blechdicken auf bis zu 0,05 mm reduzieren. In diesem Bereich liegt Metall auf einem völlig anderen Preisniveau als Graphit“, betont der Hersteller CellForm. Da für einen einzigen Stack mehrere Hundert Platten verwendet werden, sind die finanziellen Auswirkungen auf die Endanwendung enorm. Als weiteren Vorteil der metallischen Variante betont man bei CellForm den positiven Einfluss auf die Kaltstartfähigkeit der Brennstoffzelle.

Das Unternehmen aus dem baden-württembergischen Baienfurt deckt den gesamten Herstellungsprozess metallischer BPP mit einem mehrstufigen Umformprozess und nachgelagerter Laserverschweißung ab. Firmenvertreter verweisen hierbei auf die „extrem dünnen“ Blechdicken, die eine besondere Herausforderung darstellen: Die Umformung eines solch dünnen Ausgangsblechs und einer so präzisen und anspruchsvollen Geometrie der Kanalstruktur kann aufgrund der physikalischen Beschränkungen schnell zu Rissen führen, die die BPP unbrauchbar machen würden. Hinzu kommen die hohen Qualitätsanforderungen mit geringen Fehlertoleranzen, die in der Serienproduktion mit hohen Stückzahlen gewährleistet sein müssen. „Nur wer diese Anforderung erfüllt, wird sich auf diesem wachsenden und umkämpften Markt behaupten können“, ist man in Baienfurt sicher.

Abb. 2: Bipolarplatte, gefertigt mit passivem Hydroforming (s. Kasten)

Bipolarplatte gefertigt mit passivem Hydroforming.jpg

Quelle: Fraunhofer IWU

Diese Herausforderungen üben laut CellForm einen gewissen Selektionsdruck auf die derzeit in der Entwicklung befindlichen Herstellverfahren aus. „Die Verfahren werden aufgrund physikalischer Restriktionen – wie Wärmeentwicklung – in ihrer Ausbringungsmenge für die zukünftige Großserienproduktion begrenzt sein“, ist der Hersteller überzeugt. Dieses Problem trete bei kleinen Stückzahlen noch nicht in Erscheinung, werde aber in den nächsten Jahren mit steigender Nachfrage immer deutlicher werden.

Die von CellForm selbst entwickelte Technologie lasse sich jedoch leicht skalieren. „In Kombination mit einer Dicke von bis zu 0,05 mm ermöglichen wir Strömungsfelder für die effizientesten Brennstoffzellensysteme“, gibt sich das Unternehmen selbstbewusst. Jedes Teil werde im hochmodernen Maschinenpark in einer vollklimatisierten Anlage gefertigt.

Passives Hydroforming

Dank des sogenannten passiven Hydroformings können jetzt auch Pressen, die ursprünglich nicht für die Hochdruck-Blechumformung (HBU) ausgelegt waren, für die Fertigung von Bipolarplatten eingesetzt werden (s. Abb. 2) – und das ohne Wasserhydraulik und Druckübersetzer. Für dieses Verfahren sind Umformdrücke von rund 200 MPa erforderlich. Die Besonderheit des am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz entwickelten Verfahrens ist dabei das Werkzeugkonzept: Die Bewegung des Verdrängerkolbens beim Schließen der Presse führt zur Komprimierung des im Werkzeug eingeschlossenen Wirkmediums. Dadurch kann ausreichend Druck für die Umformung von BPP erzeugt werden. Werkzeugtechnisch anspruchsvoll ist laut IWU insbesondere die Abdichtung des Wirkmediums zwischen dem umzuformenden Blech und der Befüllplatte.

Drei Sätze gegen die Klimakrise

Drei Sätze gegen die Klimakrise

Die 27. Klimakonferenz COP27 in Ägypten bleibt wie erwartet bisher weit hinter den ohnehin schon niedrigen Erwartungen zurück. 50.000 Personen haben sich in Scharm El-Scheich versammelt und reden, ohne dass bislang konkrete, ambitionierte Vorschläge zu möglichen Maßnahmen gegen die fortschreitende Klimakrise vorgebracht wurden. Umso wichtiger ist es, weiter zu informieren, zu demonstrieren und zu mobilisieren, um noch mehr Menschen auf die Dringlichkeit der aktuellen Lage und die Notwendigkeit des sofortigen aktiven Handelns hinzuweisen. In diesem Sinne fordern die Writers for Future dazu auf, dass sich möglichst viele Menschen laut und wahrnehmbar für mehr Klimagerechtigkeit aussprechen.

Die Writers for Future rufen alle For-Future-Aktivist*innen sowie alle Bürger*innen dazu auf, sich solidarisch an die Seite der Klimagerechtigkeitsbewegung zu stellen und eigene, konkrete Forderungen zu formulieren. Der Zusammenschluss von Autor*innen, Buchhändler*innen, Lektor*innen, Schriftsteller*innen, Verleger*innen und Schreibenden appelliert an alle, die diesen Aufruf lesen, selbst aktiv zu werden.

„Jedwede Aktion, die für mehr Aufmerksamkeit für die Klimakrise sorgt und keine Personen in Gefahr bringt, ist eine gute Aktion“, erklärt Sven Geitmann, Inhaber des Hydrogeit Verlags. „Macht endlich etwas, auch wenn es euch noch so unbedeutend vorkommt. Informiert, streikt, organisiert Aktionen, um aufzurütteln und um den immer noch Zaudernden deutlich zu machen, dass wir nicht mehr viel Zeit haben, um das Pariser 1,5-Grad-Ziel noch einzuhalten.“

Zusammen mit vielen Gleichgesinnten rufen die Writers for Future dazu auf, als Zeichen des aktiven Kampfes gegen die Klimakrise drei kurze Sätze zu vervollständigen und zu teilen:

– Gut, dass es die Fridays for Future gibt, denn sie haben …

– Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um …

– Bis 2030 müssen wir …

„Mit diesen Statements möchten wir drei Sachen erreichen: Erstens wollen wir uns bei den Jugendlichen für ihr großartiges Engagement bedanken und ihnen zeigen, was sie schon alles erreicht haben. Zweitens möchten wir deutlich machen, dass gerade in der jetztigen Phase mit ihren verschiedenen Krisen enorm viel Potential steckt, aktiv unser aller Leben positiv zu verändern. Und drittens wollen wir konkrete Ziele aufzeigen, für die es sich zu kämpfen lohnt,“ erklärt Geitmann.

Mit diesen drei Sätzen können alle, die sich an der Aktion beteiligen, verfahren, wie es ihnen am sinnvollsten erscheint: Sie können über die verschiedenen Social-Media-Kanäle geteilt werden – in Postings oder Statusmeldungen auf Facebook, Instagram, Linkedin, Mastodon, Twitter, WhatsApp, usw. Sie können in Memes verarbeitet oder auch in Videos vorgeführt werden. Welches Medium gewählt wird, ist zweitrangig. Wichtiger ist Ideenreichtum und maximale Reichweite, um möglichst viele Menschen zu informieren, zu sensibilisieren und zu mobilisieren.

w4F ruft dazu auf, die Statements zwecks größerer Sichtbarkeit mit folgenden Hashtags zu versehen: #klimaretten, #Klimakrise, #COP27, #Weltklimakonferenz

Effiziente Beschichtungsverfahren für BPP

Wasserstoff-Wettbewerb zwischen den USA und Deutschland

Wo etabliert sich zuerst eine Wasserstoffwirtschaft? Diese Frage treibt derzeit nicht nur die deutsche Energiebranche um. Nachdem in den USA eine neue Gesetzgebung, der Inflation Reduction Act, sehr attraktive Rahmenbedingungen für den Aufbau einer H2-Industrie geschaffen hat, läuft Deutschland wieder mal Gefahr, auf der Strecke zu bleiben. Die hiesige Wirtschaft spricht sich deswegen gemeinsam mit Verbänden für ein schnelles politisches Handeln aus.

Die Herausforderung ist gewaltig, denn sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene wurden die Zielvorgaben für den Aufbau zukünftiger Elektrolyseurkapazitäten erhöht: Ursprünglich hieß es, in Europa sollen bis 2030 40 GW aufgebaut werden. Seit Mai 2022 lautet das Ziel, die Produktionskapazitäten für Elektrolyseure bis 2025 zu verzehnfachen. In Deutschland sollen nun 10 GW statt nur 5 GW bis 2030 installiert werden. Um allerdings diese Werte auch nur annähernd erreichen zu können (derzeit sind in der EU 3 GW installiert), fehlen konkrete Maßnahmen, wie die erforderliche Hochskalierung gefördert und Anreize für die Investition in eine Wasserstoffwirtschaft geschaffen werden können.

Eine Forderung des Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands e. V., die der Vorstandsvorsitzende Werner Diwald derzeit auf jeder Veranstaltung wiederholt, ist die zeitnahe Umsetzung der 37. BImSchV (37. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes). Der DWV weist seit Monaten darauf hin, dass Industrien global agieren und vornehmlich dort investieren, wo die besten Rahmenbedingungen sind. Solange aber hierzulande weiterhin Unklarheit herrsche (s. RED II, 37. BImSchV), fehle der Wirtschaft die erforderliche Planungssicherheit, um Investitionsentscheidungen tätigen zu können, so Diwald.

Sehr viel mehr Planungssicherheit gibt es mittlerweile in den USA, seit die Biden-Regierung den Inflation Reduction Act ausgerufen hat. Seitdem denken immer mehr europäische Elektrolyseurhersteller laut darüber nach, dort ihre Produktionskapazitäten aufzubauen, also nicht in Deutschland zu investieren. Diwald warnt vor diesem Hintergrund davor, dass bereits in wenigen Wochen Fakten geschaffen werden könnten, so dass dann in Europa Kapazitäten für den Aufbau einer H2-Wirtschaft fehlen würden, weil die Auftragsbücher der Hersteller bereits mit US-amerikanischen Bestellungen gefüllt sein könnten.

Der US-amerikanische Inflation Reduction Act basiere nach Worten des DWV-Chefs auf dem deutschen EEG. Gemäß seinen Ausführungen hätten sich die US-amerikanischen Verantwortlichen genauestens das Erneuerbare-Energien-Gesetz angeguckt und dessen Prinzip für Wasserstoff angepasst. Wie eine deutsche Antwort darauf aussehen könnte, ist derzeit noch offen. Dr. Ingrid Nestle, Leiterin der AG Klimaschutz und Energie in der Grünen-Bundestagsfraktion, erklärte, es dürfe jetzt kein Überbietungswettbewerb angefacht werden.

Die Wirtschaft hofft indessen auf die Überarbeitung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS). Wiederholt hieß es aus verschiedenen Bundesministerien, an einer Neuauflage werde gearbeitet. Ursprüngliches Ziel war, diese zweite Version noch vor der Weihnachtspause präsentieren zu können, allerdings erscheint dies aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, da insbesondere das Bundeswirtschaftsministerium derzeit an mehreren Fronten zu kämpfen hat.

Zur Betonung der Dringlichkeit der aktuellen Situation schickten 30 Unternehmen und Verbände der Energiewirtschaft am 10. November 2022 einen offenen Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. In diesem Schreiben, das der HZwei-Redaktion vorliegt, fordert der DWV im Namen aller Unterzeichner nicht nur einen zeitnahen Beschluss der 37. BImSchV, sondern generell mehr Planungssicherheit. Konkret erklärte Diwald: „Deutschland braucht eine sofortige Antwort auf den Inflation Reduction Act der USA, der den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft mit einer investitionssicheren Betriebsmittelförderung von über 50 Mrd. USD unterstützt. Ohne ein sofortiges aktives Handeln der Bundesregierung droht […] die Verlagerung der Wasserstoffindustrie in die USA.“

Effiziente Beschichtungsverfahren für BPP

Mit einem Big Bang in eine neue Ära

Clean Logistics präsentiert H2-Truck in Stade
Die Präsentationen neuer Wasserstoff-Trucks werden immer spektakulärer: Nachdem bereits im Juni 2022 erst Faun in Bremen und dann Paul Nutzfahrzeuge in Vilshofen jeweils ihren neuen H2-Lkw vorgestellt hatten, zog Clean Logistics am 23. Juni nach. Paul Nutzfahrzeuge hatte in einem Hybrid-Event den PH2P mit viel Dampf und pompöser Musik einfahren lassen. Clean Logistics setzte noch einen drauf und veranstaltete auf dem Gelände des lokalen Flughafens vor 600 geladenen Gästen Wettrennen mit seinem neuen fyuriant.

Das Interesse war groß – sowohl seitens der Wirtschaft bei Spediteuren und Logistikern als auch seitens potentieller Investoren sowie der Medien. Alle wollten den ersten umgerüsteten H2-Truck von Clean Logistics angucken und zusehen, wie er sich bei den Beschleunigungswettfahrten gegenüber einem Diesel-Lkw schlägt. Um es gleich vorwegzunehmen: Bei der Beschleunigungswettfahrt – kommentiert von Formel-1-Moderator Kai Ebel – ließ die schwedische Technik-Influencerin Angelica Larsson mit dem fyuriant ihrer Kontrahentin Janina Martig im Diesel-Truck keine Chance.

Vom HyBatTruck zum fyuriant

Bei hochsommerlichen Temperaturen enthüllten die beiden Clean-Logistics-Gründer Dirk Lehmann und Dirk Graszt, liebevoll als H2D2 bezeichnet, die peppig lackierte wasserstoffbetriebene Zugmaschine. Ihnen zur Seite stand Prof. Klaus Bonhoff vom Bundesverkehrsministerium, ehemals Chef der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologie. Beide Institutionen, BMVD und NOW, hatten das niedersächsische Kleinunternehmen seit 2017 begleitet und somit maßgeblichen Anteil am Zustandekommen dieses Spektakels.

Bonhoff erklärte dabei in offenen Worten, dass man „relativ wenig bisher erreicht“ habe im Fahrzeugbereich. Dann verwies er aber darauf, dass der jetzt vorgestellte H2-Lkw aus dem NIP-Förderprogramm HyBatTruck hervorgegangen sei und dessen Entwicklung mit 3,3 Mio. Euro Fördergeld unterstützt worden sei. 2017 hatte der Logistiker Dirk Graszt erste Gespräche geführt und dann Dirk Lehmann kennengelernt. Lehmann, der eigentlich Schiffbauer ist, hatte sich sofort begeistert gezeigt von der Idee, Langstrecken-Lkw auf Wasserstoffbetrieb umzurüsten. Damals war Lehmann Geschäftsführer der E-Cap Mobility GmbH, die neben maritimen Gefährten auch Straßenfahrzeuge elektrifiziert.

Die beiden Dirks taten sich zusammen und es entstand CL. Seitdem kümmern sie sich um die Umrüstung konventioneller Dieselfahrzeuge auf emissionsfreien H2-Antrieb. Nach Bussen führt das ehemals kleine niedersächsische Unternehmen ab sofort auch schwere Sattelzugmaschinen von 40 Tonnen im Programm.

„Die Nachfrage ist riesengroß“, konstatierte Graszt in Stade. Kein Wunder, denn nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) müssen die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor bis 2030 auf 48 Prozent des Niveaus von 2019 sinken. Das bedeutet, dass von den aktuell bundesweit 340.000 zugelassenen Lastwagen bis dahin rund 240.000 klimaneutral betrieben werden müssen.

„Wir starten mit einem Big Bang in eine neue Ära. […] Wir sind in der Lage, schon heute dem Markt emissionsfreie Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Dank des Umbaus klassischer Dieselfahrzeuge zu emissionsfreien Wasserstofffahrzeugen geschieht dies auch noch sehr ressourcenschonend. So werden wir den Wandel der Mobilität in eine nachhaltige Zukunft zügig vorantreiben.“

Dirk Graszt, CEO Clean Logistics

Neue CI – neues Logo

Bei der Premiere auf dem Flughafen Stade präsentierte sich die Clean Logistics SE in komplett neuem Design – mit neuer Corporate Identity: mit neuem Logo und sehr viel stärker international ausgerichteter Strategie. Lehmann sagte dazu: „Wir integrieren chinesische Technik.“ Der Grund dafür ist naheliegend: „Die sind uns in China sechs bis sieben Jahre voraus. […] Refire produziert vollautomatisch in Serie.“ Diese Komplimente gab Audrey Ma, Vizepräsidentin von Refire, sogleich zurück, indem sie sagte: „Clean Logistics hat Geschichte geschrieben, indem saubere Logistik für die Welt zugänglich gemacht wird.“

Überlänge ist ein Problem

Clean Logistics sieht sich als ein reiner Integrator. Die Komponenten werden zugekauft – seien es die beiden 120 kW leistenden Brennstoffzellen von Refire oder die 43 kg fassenden Wasserstofftanks, die direkt hinter dem Führerhaus übereinandergestapelt sind. Diese ermöglichen zwar eine Reichweite von über 400 km, machen das Fahrzeug gleichzeitig aber auch rund 60 Zentimeter länger.

Diese „Überlänge“ führt dazu, dass von Rechts wegen keine Serienzulassung möglich ist, sondern bislang nur Einzelzulassungen erteilt werden. Gegen diesen Bürokratieaufwand wehrt sich nicht nur Clean Logistics. Denn in Winsen an der Luhe sollen die Produktionskapazitäten massiv ausgeweitet werden. Aus der neuen Produktionshalle (Nutzfläche: 10.000 m2) heraus sollen ab Ende 2023 jährlich bis zu 450 Fahrzeuge den Hof verlassen.

EU-Typengenehmigung
Das Kraftfahrtbundesamt hat der zur Faun-Gruppe gehörenden Marke Eugenius, die in der HZwei-Ausgabe vom Juli 2022 vorgestellt wurde, die EU-Typengenehmigung erteilt, so dass deren Fahrzeuge ohne behördliche Auflagen europaweit für den Straßenverkehr zugelassen sind. Entwicklungsleiter Georg Sandkühler sagte: „Da unsere Typengenehmigung die erste weltweit erteilte für wasserstoffbetriebene Nutzfahrzeuge ist, bedeutet das zugleich, dass diese Art des Antriebs insgesamt einen großen Schritt nach vorne gebracht wurde.“ Die Eugenius-Lkw weisen allerdings auch keine Überlänge auf, weil die H2-Tanks ins Fahrgestell integriert werden.

Ziemlich genau vor einem Jahr hatte Clean Logistics bereits den ersten pyuron, einen auf H2-Antrieb konvertierten Bus, an die Uckermärkische Verkehrsgesellschaft (UVG) übergeben. Seitdem befördert dieser Touristen im unteren Odertal.

Abb. 2: Ein besonderes Highlight hatte bei der Premierenfeier GP Joule zu bieten: André Steinau, Geschäftsführer von GP Joule Hydrogen, verkündete gegenüber HZwei, sein Mutterunternehmen habe gerade 40 Bauplätze für 40 fyuriant reserviert: „Wir werden mit der H2-Produktion, der Errichtung von H2-Tankstellen und dem Angebot von Fahrzeugen endlich das altbekannte Henne-Ei-Problem lösen.“

Abschließend stellte Prof. Klaus Bonhoff fest: „Es kann sich kein Lkw-Hersteller leisten, nicht H2-Trucks zu bauen.“

Paul Nutzfahrzeuge
Die Paul Nutzfahrzeuge GmbH macht es vergleichbar, aber doch ganz anders: Ähnlich wie Clean Logistics setzt Paul auf H2-Trucks. „Wasserstoff wird sich durchsetzen“, ist sich Vertriebsleiter Thomas Kotowski sicher. Bis 200 km – egal welche Tonnage – sei zwar batterieelektrisch effizienter, aber bei größeren Reichweiten kämen für ihn nur Retrofit- oder Brennstoffzellen-Lösungen infrage. Mit Anbietern wie Faun (s. HZwei-Heft Juli 2022) komme man sich aber nicht ins Gehege, da die Bremer mit Enginius eher kommunale Fahrzeuge auf der Kurz- und Mittelstrecke bedienten, Paul aber eher mittelschwere (12 bis 16 t) Lkw im Verteilverkehr anpeile. Insbesondere Paketdienste wie Hermes und DHL seien hier potentielle Ansprechpartner.

„Alles, was Mercedes nicht vom Band baut, bauen wir“, erklärte Kotowski gegenüber HZwei. Als Sonderfahrzeugbauer kümmert sich das Vilshofener Unternehmen sowohl um Oldtimer-Restaurierungen, als eben auch um alternative Antriebe. Angefangen hat Paul 2016 mit einem Werk, in dem jährlich 1.300 Fahrzeuge gebaut werden können. Um der wachsenden Nachfrage nach Sonderanfertigungen Genüge tun zu können, wird derzeit ein zweiter Standort vorbereitet, wodurch die gesamte Produktionskapazität auf 2.700 Fahrzeuge jährlich verdoppelt werden soll. An reinen H2-Trucks sind für 2022 zunächst 22 Exemplare vorgesehen, 2023 rund 150 und 2025 pro Jahr 500. Wohlgemerkt alle an Einzelarbeitsplätzen. „Wir sind eine Manufaktur“, sagt Kotowski – nicht ohne Stolz.

Kooperationspartner Shell steuert dafür die H2-Tankstellen bei. 2023 werden es voraussichtlich acht. Als Technologielieferant steht Maximator parat. Obwohl Shell finanzstark sei, schlage eine H2-Station mit zwei Zapfsäulen mit rund 3 Mio. Euro stark zu Buche, selbst wenn das Druckniveau „nur“ 350 bar betrage, so Kotowski. Aber wenn mehrere H2-Trucks befüllt werden sollten, könne sich die Fördermenge schnell auf 1 t Wasserstoff pro Tag belaufen.

Paul kümmert sich parallel dazu um den Service-Bereich. „Alles, was kaputt geht, wird ausgetauscht“, erklärt der Key Account Manager. Gleichzeitig weist er daraufhin, dass nur geschultes Personal alternativ angetriebene Fahrzeuge anfassen darf – angesichts des Fachkräftemangels durchaus ein Flaschenhals. Zudem sei ein Werkstattumbau mit rund 200.000 Euro kostenintensiv.

Autor: Sven Geitmann

Abb. 1: Fulminanter Auftritt des fyuriant

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