Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Jösting

28. September 2023

Titelbild: Wasserstoff ist populärer als andere Schlagworte

Bildquelle: Google Trends

Wasserstoff ist ein Megatrend

Das Thema Wasserstoff hat es in den vergangenen Jahren aus der Nische auf die große politische Bühne geschafft. Nicht nur in Deutschland und Europa, sondern weltweit wappnet sich die Energiebranche für den Wandel vom fossilen ins erneuerbare Zeitalter.

Während sich einige Regionen nur langsam auf die reale Energiewende vorbereiten, sind viele Länder in Mitteleuropa, aber auch Staaten wie die USA und Japan bereits mittendrin. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben mit dem Inflation Reduction Act (IRA) bereits ein riesiges Finanzpaket auf den Weg gebracht. Dieser Schritt steht in China noch aus. Beim Thema Elektromobilisierung ist die Volksrepublik zwar längst ganz vorne, aber der politische Rahmen für den Einstieg in eine H2-Wirtschaft ist noch in Arbeit (s. HZwei Oktober-Heft, S. 48).

Deutschland hat zwar vor Jahren den Begriff „Energiewende“ geprägt und weltweit zum Inbegriff dieses Transformationsprozesses gemacht. Und mit dem Ausstieg aus Kohle und Kernenergie sowie dem Zurückdrängen von Öl und Gas befindet sich die Bundesrepublik auch auf einem guten Platz, aber führend bei der Bekämpfung der Klimakrise sind wir nicht mehr.

Dabei war Deutschland lange Zeit anderen voraus – sowohl bei der Solar- und bei der Windtechnik als auch bei der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik. Die Hoffnung ist, dass es dieses Mal beim Aufbau einer eigenen H2– und BZ-Wirtschaft besser läuft als im Fall der PV-Industrie.

Vor kurzem bekannte sich nun die Bundesregierung mit der Fortschreibung ihrer Nationalen Wasserstoffstrategie zu dem vor drei Jahren eingeschlagenen Kurs (s. S. 14). Ergänzend bekommt Deutschland jetzt einen Steuerkreis für H2-Normung, um eine „Normungsroadmap Wasserstofftechnologien“ auf den Weg zu bringen (s. S. 6).

Es überrascht daher nicht, dass insbesondere im deutschsprachigen Raum der Begriff „Wasserstoff“ seit einigen Monaten eine besondere Beliebtheit erfährt. Ende 2018 – weit vor dem eigentlichen Markthochlauf – begann das Interesse an Wasserstoff zu wachsen, was sich gut anhand der Google Trends (s. S. 7) ablesen lässt. Die Zahl der Anfragen in der Suchmaschine Google stieg damals beträchtlich und überschritt Anfang 2019 das Niveau von 2004.

Seitdem verzeichnet der US-Konzern immer mehr Suchanfragen nach diesem Schlagwort. Anfang und Mitte 2020 sowie Anfang 2021 überschritt deren Zahl sogar in erheblichem Maße die der Anfragen nach dem Keyword „Photovoltaik“. Über all die Jahre lag „Wasserstoff“ auch fast immer vor „Brennstoffzelle“, „Elektromobilität“ und „Digitalisierung“ (s. Cover-Grafik).

Weltweit sieht es ein bisschen anders aus: Nach dem englischen Wort „hydrogen“ suchten über die gesamten zwei Jahrzehnte vergleichsweise viele UserInnen – weitaus öfter als nach „fuel cell“, „photovoltaic“ oder „digitization“ (Letzteres in jeglicher Schreibweise). Nur „PV“ kommt auf eine ähnliche Beliebtheit.

Diese Trend-Analyse entspricht sicherlich kaum wissenschaftlichen Standards, ist aber dennoch ein durchaus repräsentativer Indikator dafür, wie groß das Interesse an Wasserstoff war und ist. Unser Analyst Sven Jösting, der seit Jahren die börsennotierten H2– und BZ-Unternehmen beobachtet (s. S. 47), spricht bereits seit langem von einem „Megatrend“.

Auf etwaige Unkenrufe, es gebe hier lediglich mal wieder einen H2-Hype, kann somit getrost geantwortet werden: Die Wahrscheinlichkeit ist extrem hoch, dass wir es dieses Mal mit einem regelrechten H2-Boom zu tun haben. Bei dem wir allerdings noch ganz am Anfang stehen.

Denn einen funktionierenden Wasserstoffmarkt haben wir immer noch nicht. Außer wenn wir H2 als Industriegas für konventionelle Anwendungen (Schweißen, Medizin usw.) betrachten. Die Vorbereitungen laufen aber, mit H2Global eine Handelsplattform zu etablieren, an der – ähnlich wie an der Leipziger Strombörse – Wasserstoff in großen Mengen ge- und verkauft werden kann.

Auch einen Markt für Elektrolyseure oder Brennstoffzellen haben wir noch nicht, es sei denn in bislang noch kleinen Stückzahlen und überschaubarer Leistungsgröße. Angesichts der Mengen und Leistungen, die wir perspektivisch benötigen, ist dieser aber zu vernachlässigen. Über aktuelle Verkaufs- und Installationszahlen können wir hoffentlich in der HZwei-Januar-Ausgabe 2024 berichten.

Selbst im Mobilitätssektor sind die Verkaufszahlen noch sehr überschaubar, weshalb von einem ernst zu nehmenden Markthochlauf erst ab 2025 auszugehen ist. Dies betrifft dann allerdings vorerst nur den Nutzfahrzeugsektor, also H2-Lkw und -Busse. H2-Pkw dürften – wenn überhaupt – erst Ende des Jahrzehnts in markanter Menge produziert und abgesetzt werden. Bei Schienenfahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen wird es noch länger dauern.

Die Perspektive ist dennoch klar: Mit der zunehmenden Abkehr von der fossilen Energiewelt werden erneuerbare Energien immer wichtiger. Deswegen benötigen wir sehr viele Solar- und Windkraftanlagen. Um diese großen Mengen an Ökostrom dann in die unterschiedlichen Energiesektoren bringen zu können, ist Wasserstoff unabdingbar.

Das ist sicher eine etwas plakative Beschreibung der Energiewende. Sie zeigt aber, dass Wasserstoff nicht nur ein Megatrend ist, sondern dass es ohne Wasserstoff einfach nicht geht im Energiesektor.

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