Der britische Land- und Baumaschinenhersteller JCB hat im März 2023 die Produktion seines fünfzigsten H2-Verbrennungsmotors bekanntgegeben. Dieser Meilenstein ist Ergebnis der Klimaschutzbemühungen des englischen Unternehmens. Die Motoren befinden sich derzeit noch im Vorserienstadium und werden aktuell für weitere Tests und Entwicklungen verwendet. So wurden einzelne Aggregate bislang in Prototypen eines Baggerladers und eines Teleskopladers demonstriert und in einen Lkw eingebaut. Dass jetzt der fünfzigste Motor fertiggestellt wurde, ist insofern bemerkenswert, als das Unternehmen erst im Jahr 2020 seinen Fokus von Batterien und Brennstoffzellen abgewandt hat.
J.C. Bamford Excavators Limited, auch bekannt als JCB, wurde 1945 von Joseph Cyril Bamford in Staffordshire, England, gegründet. Das Unternehmen befindet sich noch immer in Familienbesitz und wird vom derzeitigen Vorsitzenden Lord Anthony Bamford, dem Sohn des Gründers, geleitet. Das Unternehmen hat sich zu einem der weltweit größten Hersteller von Bau- und Landmaschinen entwickelt und verfügt über 22 Produktionsstätten auf vier Kontinenten.
Im Rahmen seiner Dekarbonisierungsbemühungen investiert JCB 100 Mio. GBP in die Wasserstofftechnologie. Allerdings hatte das Unternehmen ursprünglich gar nicht vor, einen H2-Verbrennungsmotor zu entwickeln. Zunächst lag der Schwerpunkt auf der Effizienzsteigerung des Dieselmotors, um den Kraftstoffverbrauch zu senken und die Vorschriften für Auspuffemissionen zu einzuhalten. Doch die Kunden von JCB wollten mehr.
Elektrifizierung ab 2018
Im Jahr 2018 brachte JCB sein erstes elektrisches Produkt auf den Markt, einen Minibagger, und reagierte damit auf die Nachfrage der Kunden nach einer emissionsfreien Maschine, die in Innenräumen und lärmempfindlichen Stadtgebieten eingesetzt werden kann. Die Technologie wurde auf 14 Modelle ausgeweitet. Tim Burnhope, Chief Innovation and Growth Officer bei JCB, drückt es gegenüber HZwei so aus: „Wir waren etwas naiv und dachten, wir könnten einfach alles mit Batterien ausstatten.“
Während kleine, kompakte Produkte im batterieelektrischen Format gut funktionierten, erfordere die Deckung des Leistungsbedarfs von mittelgroßen und schweren Maschinen bedeutend mehr Kapazität. Dies erhöhe das Gewicht und die Kosten der Maschine drastisch, wobei die Ladedauer die Arbeitszeit verringere. Die Schlussfolgerung: Batterien sind nicht skalierbar. JCB musste das Gewicht, die Kosten und die Ladezeit reduzieren.
Als Ersatz für Diesel wurden daraufhin andere Kraftstoffe in Betracht gezogen, nämlich Biomethan, E-Fuels, Ammoniak und mit Wasserstoff behandeltes Pflanzenöl (HVO). Allerdings hatte jeder Kraftstofftyp auch Nachteile, darunter hohe Kraftstoffkosten, Kohlenstoffgehalt, Toxizität, Geruch und Probleme im Zusammenhang mit der Verwendung von Pflanzen als Kraftstoff und nicht als Nahrungsmittel.
Versuche mit Brennstoffzellen
Die Überlegungen drehten sich um Wasserstoff und – als einzige Technologie, die JCB zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stand – um die Brennstoffzelle. Im Jahr 2019 kam der erste Prototyp eines Brennstoffzellenbaggers auf den Markt, dessen zweite Iteration – ausgestattet mit einer größeren Brennstoffzelle und besseren Batterien – im Jahr 2020 folgte (s. Abb. 1). Die Kosten für die Brennstoffzelle, den DCDC-Wandler und die Leistungsbatterien machten das Antriebssystem jedoch achtmal teurer als einen Dieselmotor.
Burnhope bringt die Schwierigkeiten der Brennstoffzellentechnologie auf den Punkt: „Sie ist zu kompliziert. Sie ist nicht robust genug für unsere Branche.“ Und Robustheit ist in rauen Arbeitsumgebungen wie Steinbrüchen oder Baustellen, wo die Geräte G-Kräften, Asphalt- und Farbdämpfen sowie Staub ausgesetzt sind, von entscheidender Bedeutung.
Ein weiteres Problem war die Verfügbarkeit von Brennstoffzellen. Die beiden Motorenwerke von JCB im Vereinigten Königreich und in Indien stellen jeweils bis zu 250 Motoren pro Tag her, so dass sich die Frage stellte, ob die Brennstoffzellenlieferanten die benötigten Mengen bewältigen würden.
Vorgabe des Vorstandsvorsitzenden
Obwohl JCB davon überzeugt war, dass Wasserstoff der gesuchte emissionsfreie Kraftstoff war, befand sich das Unternehmen in Bezug auf die Brennstoffzellentechnologie an einem Scheideweg. Im Juli 2020 präsentierte das Ingenieurteam seine Ergebnisse dem JCB-Vorsitzenden Lord Bamford, der daraufhin die ehrgeizige Herausforderung ausgab: Bis zu den Winterferien sollte ein Wasserstoffmotor entwickelt werden.
Am 7. Dezember 2020 hatte JCB dann einen mit Wasserstoff betriebenen Motor – den ersten H2-ICE (engl. internal combustion engine = Verbrennungsmotor) der Branche. Bei dessen Entwicklung wurde der Verbrennungsprozess von Grund auf neu konzipiert. 100 Ingenieure waren daran beteiligt, unterstützt von der Universität Aachen in Deutschland.
Vier Schlüsselbereiche wurden untersucht: Wasserstoffmischung, Luftkompression, Funkenzündung und Dampfmanagement. Eine der Herausforderungen beim Übergang von einem flüssigen zu einem gasförmigen Kraftstoff bestand darin, eine gleichmäßige Mischung von Wasserstoff und Luft zu erreichen. Mithilfe der numerischen Strömungsmechanik (CFD) wurde die Vermischung im Zylinder visualisiert. Dabei erkannte das Entwicklungsteam, dass der H2-Verbrennungsprozess in Bezug auf das Luft-Kraftstoff-Verhältnis sehr mager sein kann und nur wenig Wasserstoff benötigt.
Ein weiterer bemerkenswerter Unterschied ist der Druck: Die Dieseleinspritzung erfolgt bei 2.000 bar, während die Wasserstoffeinspritzung bei etwa 10 bar erfolgt. JCB entdeckte auch, dass Wasserstoff bei einer viel niedrigeren Temperatur als andere Kraftstoffe verbrannt werden kann, wobei die genaue Temperatur, die in seinem neuen H2-Verbrennungsmotor verwendet wird, von JCB streng geheim gehalten wird.
Das Ergebnis ist ein Vierzylindermotor mit Saugrohreinspritzung (s. Abb. 2). Er hat genau das gleiche Drehmoment, den gleichen Wirkungsgrad und die gleichen Leistungswerte wie sein Dieselpendant und ist so konzipiert, dass er in bestehenden Maschinen austauschbar ist. Die einzige Änderung an der Maschine selbst besteht darin, dass der Dieseltank durch Wasserstofftanks an der Seite ersetzt wird. Der H2-ICE kann zudem mit bereits verfügbaren Komponenten hergestellt werden. Ein weiterer Vorteil gegenüber Brennstoffzellen ist, dass die Maschine auf der Baustelle repariert werden kann.
H2-ICE von JCB sind bereits in Prototypen von Baggern und Teleskopladern (s. Abb. 1, li. u. re.), die sich von ihren Dieselpendants durch eine neue grün-weiße Lackierung anstelle des traditionellen JCB-Gelbs unterscheiden, im Einsatz. Der Wasserstoffmotor wurde auch in einen 7,5-Tonnen-Lkw von Mercedes eingebaut, um zu zeigen, dass dies möglich ist und dass die Technologie in einem Lastwagen funktioniert.
Was die künftige Produktion betrifft, so konnte Ryan Ballard, Engineering Director for Powertrain bei JCB, bislang keine konkreten Ziele benennen, sagte aber: „Wir sind ehrgeizig.“ Die H2-Testmotoren wurden auf denselben Produktionslinien gebaut wie die Dieselmotoren. Daher sei es möglich, bis zu 250 Wasserstoffmotoren pro Tag zu bauen, aber die Nachfrage sei noch nicht da, hieß es gegenüber H2-international.
Wasserstoff auf dem Vormarsch
Eine Besonderheit in der Bau- und Landwirtschaftsbranche ist bislang die Lieferung von Diesel direkt an die Baustelle mit einem mobilen Tankwagen. JCB hat daher kürzlich eine eigene Wasserstofftankanlage entwickelt (s. Abb. 1, Mitte). Der Tankwagen fasst 100 Kilogramm bei 500 bar. Dies reicht aus, um 16 H2-Bagger zu betanken, in denen der Wasserstoff bei 350 bar gespeichert ist, wobei 1 kg Wasserstoff etwa 3 kg Diesel entspricht. Die Betankungsanlage kann entweder auf der Rückseite einer modifizierten Fastrac-Zugmaschine oder auf einem Anhänger transportiert werden. Die Zapfpistole wird von der Firma WEH geliefert, und die Betankungszeit beträgt nur wenige Minuten.
Was die Bereitstellung des Wasserstoffs betrifft, so wird das JCB-Testgelände von Ryze Hydrogen beliefert, das die Anlieferungen per Tube-Trailer durchführt. Bei einem Besuch der HZwei-Redaktion vor Ort war der verwendete Wasserstoff ein Nebenprodukt eines Chlorherstellungsprozesses, bei dem Salzwasser durch Elektrolyse gespalten wird. Nach Angaben von JCB ist es jedoch das Ziel, zu grünem Wasserstoff überzugehen.
Auf die Frage nach dem Importvertrag, den JCB und Ryze Hydrogen mit dem australischen Unternehmen Fortescue Future Industries (FFI) für 2021 abgeschlossen haben, erklärte Ballard, dass diese Entscheidung auf die Nervosität des Marktes hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Wasserstoffversorgung zurückzuführen sei. Die Einfuhr von Wasserstoff aus Australien werde wahrscheinlich in Form von Ammoniak erfolgen, das wieder in Wasserstoff gespalten werde.
Mit Blick auf die Zukunft bleibt JCB „optimistisch“, was die künftigen Vorschriften für emissionsfreie Fahrzeuge angeht, und verfolgt aufmerksam die Änderungen der Vorschriften für Pkw und insbesondere für Lkw. Die Entwicklungen bei den Lkw-Vorschriften können nach Ansicht von JCB einen Hinweis darauf geben, was später auf Bau- und Landmaschinen zukommen kann.
Familienwerte
Das Interesse an Wasserstoff ist bei JCB eine Familienangelegenheit. Der Sohn des JCB-Vorsitzenden, Jo Bamford, ist Eigentümer des nordirischen Unternehmens Wrightbus, das seit 2016 Brennstoffzellenbusse herstellt. Er ist auch der Gründer von Ryze Hydrogen, das Wasserstofftransport, -vertrieb und -infrastrukturleistungen in Großbritannien anbietet.
Autorin: Nicola Bottrell Hayward
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