Eine uneingeschränkte Wasserstoffproduktion, die nicht an das Angebot erneuerbarer Energien angepasst ist, erhöht signifikant die Stromproduktion fossiler Kraftwerke und damit die CO2-Emissionen. Das ist nicht nur desaströs fürs Klima, wir können uns das in der aktuellen Gasmangellage schlichtweg nicht leisten.
Elektrolyseure leisten insbesondere dann einen wichtigen Beitrag zur Energiewende, wenn ihre Betriebsstunden mit jenen Stunden korrelieren, in denen besonders viel Strom aus erneuerbaren Energien zur Verfügung steht. Daher sollten sie vornehmlich als flexible Optionen im Energiesystem dienen.
Laufen Elektrolyseure hingegen praktisch ununterbrochen, greifen sie dabei zwangsläufig auf den jeweils aktuellen bundesdeutschen Strom-Mix zurück, der noch immer hohe Anteile fossiler Energien enthält. Wenn dann Ökostrom nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht, muss ein konventionelles Kraftwerk für die Wasserstoffproduktion hochgefahren werden, um den Bedarf zu decken, der durch die zusätzliche Nachfrage der Elektrolyseure entsteht.
Wegen der momentan noch knappen Verfügbarkeit erneuerbarer Energien sowie aufgrund gängiger Marktmechanismen kommen zur Deckung solcher Spitzenlasten meist fossile und klimaschädliche Kraftwerke zum Einsatz – insbesondere rasch hochfahrbare Gaskraftwerke. Bei einem uneingeschränkten Betrieb von Elektrolyseuren steigt in der Folge also der Verbrauch von teurem und knappem Erdgas. Verschärft wird dieser Umstand noch zusätzlich, wenn – wie von der Bundesregierung und vielen Industrieakteuren geplant – in steigendem Tempo viele leistungsstarke und inflexible Elektrolyseure in Betrieb gehen, dabei aber der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht Schritt hält. Sinnvoll ist das nicht. Gut fürs Klima schon gar nicht.
Stattdessen sollten Elektrolyseure vornehmlich als flexible Optionen im Stromsystem dienen. Natürlich bringt ein hochflexibler Betrieb Herausforderungen mit sich: Elektrolyseure müssen intelligent nach der Verfügbarkeit von Wind- und Solarstrom gesteuert werden, auch die Peripherie muss diese Flexibilität gewährleisten. Und die Abnahme des Wasserstoffs muss trotz der fluktuierenden Wasserstoffproduktion funktionieren.
Diese Herausforderungen sind aber lösbar, wie Akteure vor allem aus der Ökoenergiewelt beweisen. Sie erfordern jedoch weitere Forschung, Entwicklung und in manchen Bereichen sicher auch Kreativität. Machbar wäre es also. Allerdings gibt es dafür aktuell praktisch keine wirksamen Anreize, so lax wie die Kriterien für die Wasserstoffproduktion derzeit sind.
Solange die Regeln für den Elektrolyseurbetrieb nicht vor allem an maximalem Klimaschutz orientiert sind, müssen sich die Betreiber den genannten Herausforderungen gar nicht erst stellen – und wir werden in Summe auch kaum die für die Energiewende notwendigen Lösungen für ein effizientes, erneuerbares Energiesystem finden.
Die Europäische Kommission muss deshalb von Anfang an einen Rahmen setzen, der die Synchronisation von Wasserstoffproduktion und Erneuerbaren-Dargebot ins Zentrum stellt. Übergangsregelungen können für den Beginn hilfreich sein. Sie dürfen aber keinesfalls den Status quo zementieren. Sie sollten hingegen schon jetzt sicherstellen, dass die Elektrolyseurprojekte, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden, die erforderliche Nutzung hoher und weiter steigender Ökostromanteile gewährleisten.
Für einen schnellen Markthochlauf von klimaverträglicher Wasserstoffproduktion brauchen wir aus den genannten Gründen verbindliche und ambitionierte Grünstromkriterien. Dabei sollte die flexible Betriebsweise von Elektrolyseuren durch eine Begrenzung der Volllaststunden angereizt werden. Diese Begrenzung könnte beispielsweise in Abhängigkeit der Anteile von erneuerbaren Energien im jeweiligen Mitgliedsstaat bestimmt werden. Darüber hinaus sollte die Wasserstoffproduktion durch Elektrolyseure mittels stundenscharfer Zeitgleichheit mit dem Angebot von erneuerbaren Energien in Einklang gebracht werden.
Der zusätzliche und höchst ambitionierte Ausbau der erneuerbaren Energien ist die zentrale Grundlage und Voraussetzung für den Aufbau einer klimafreundlichen Wasserstoffwirtschaft. Deshalb sollten auch alle europäischen Mitgliedsstaaten diesen Erneuerbare-Energien-Ausbau vorantreiben. Da ein Bezug von Strom aus Neuanlagen kurzfristig allerding schwierig zu realisieren ist, sollten für die Wasserstoffproduktion für den Übergang ungeförderte Strommengen eingesetzt werden. Dies sichert zugleich eine gewisse finanzielle Unterstützung der Erneuerbare-Energien-Anlagen durch Elektrolyseure als Abnehmer des Grünstroms, und Altanlagen könnten für die Wasserstoffproduktion genutzt werden.
Der geografische Zusammenhang von Elektrolyseuren und Solar- oder Windkraftanlagen ist hochrelevant. Denn der Betrieb von Elektrolyseuren darf nicht zu einer Verstärkung von Netzengpässen führen. Diese Regelungen auf europäischer Ebene einzuführen, ist aufgrund der starken Unterschiede von Infrastruktur, Regelzonen und Strommarktdesign in den Mitgliedsstaaten schwierig. Hier sollten die einzelnen EU-Staaten selbst aktiv werden und, wo nötig, die Möglichkeit zur weiteren Eingrenzung des geografischen Zusammenhangs nutzen. In Deutschland könnten Elektrolyseure beispielsweise im Redispatch so berücksichtigt werden, dass sie zur Netzengpassbewirtschaftung beitragen und ein Elektrolysestandort entsprechend unter Berücksichtigung von Netzengpassvorkommen gewählt wird.
Mit diesen Kriterien und einem flexiblen Einsatz der Elektrolyse lässt sich Wasserstoff mit geringen Emissionen und gleichzeitig zu geringen Kosten herstellen.
Autorin: Carolin Dähling
Green Planet Energy eG, Hamburg
Carolin.Daehling@green-planet-energy.de
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