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Beitrag von Sven Geitmann

30. Januar 2023

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Netzdienliche Elektrolyse

Wann ist grüner Wasserstoff tatsächlich grün? Das zu definieren ist von entscheidender Bedeutung für den Hochlauf der H2-Wirtschaft in Europa. Und deshalb ist es gut, dass der Delegated Act endlich veröffentlicht werden soll und erstmals eine europäische Definition liefert. Es ist gut – trotz der Defizite, die er aus meiner Sicht aufweist.

Drei Kriterien sind zur Definition von grünem Wasserstoff besonders wichtig:

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1.         Herkunft: Der Strom zur Erzeugung von grünem H2 muss aus Erneuerbare-Energien-Anlagen stammen.

2.         Zeitgleichheit: Die Erzeugung und der Verbrauch des grünen Stroms sollten auf die Viertelstunde genau nachgewiesen werden.

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3.         Regionalität: Die Produktion von grünem H2 darf nicht zu mehr Netzengpässen führen. Dementsprechend müssen Erzeugung des Stroms und Verbrauch in der Elektrolyse vor dem nächsten Netzknotenpunkt liegen, oder Erzeugung und Verbrauch müssen vor dem nächsten Netzengpass stattfinden.

Nur wenn das alles erfüllt ist, ist die Elektrolyse netzdienlich, weil sie nur dann unsere Stromnetze entlastet. Der Delegated Act müsste also so gestaltet sein, dass er die Netzdienlichkeit der Elektrolyse fördert und so den Ausbau der erneuerbaren Energien überall in Europa maximal beschleunigt. Denn das ist die Grundlage sowohl für den Aufbau einer grünen H2-Wirtschaft als auch für die Dekarbonisierung aller Sektoren – und die Einhaltung unserer Klimaziele.

Leider erfüllt der Delegated Act diese Anforderungen nicht an allen Stellen: Die zeitliche Korrelation wird bis April 2028 auf das Vierteljahr gefordert und nicht auf die Viertelstunde, wie heute in jedem Strom-Bilanzkreis. Ab 2028 wird auf die Stunde genau abgerechnet.

Den Ausbau der Erneuerbaren versucht der Delegated Act auch nicht über zwingende Netzdienlichkeit zu gewährleisten, sondern über die sogenannte Zusätzlichkeit, nach der fast nur Strom aus Neuanlagen die Grundlage für grünen Wasserstoff sein darf. So wird beispielsweise der Bezug des grünen Stroms für Elektrolyseanlagen, die bis Ende 2026 in Betrieb genommen werden, aus Post-EEG-Anlagen, zwar nicht vollständig ausgeschlossen, aber die formulierten Ausnahmen beziehen sich nur auf den Strombezug über das Netz. Bei einer Direktbelieferung darf die Stromerzeugungsanlage weiterhin nur 36 Monate vor der Elektrolyse in Betrieb gegangen sein. Dabei wäre eine räumlich nahe Direktbelieferung – auch aus Altanlagen – viel netzdienlicher.

Apropos räumliche Nähe: Die ist laut dem letzten Entwurf des Delegated Act schon dann erfüllt, wenn Elektrolyseur und Stromerzeugungsanlage in derselben Gebotszone liegen. Ich kann also in Nordfriesland den Strom produzieren und in Garmisch-Patenkirchen die Elektrolyse laufen lassen. Das ist sicher nicht netzdienlich.

Warum ist es dennoch gut, dass der Delegated Act bald in Kraft tritt? Weil nur dann, wenn Rechtssicherheit herrscht, Investitionen in die heimische grüne Wasserstoffwirtschaft erfolgen werden.

Der Delegated Act bildet die Grundlage, um über die Generierung von THG-Zertifikaten die Nutzung von grünem Wasserstoff gezielt zu fördern. Dafür muss noch 2022 die nötige Anpassung der Anrechnungsregeln für strombasierte Kraftstoffe in der 37. BImSchV erfolgen. Denn nur wenn die richtigen Anreize geschaffen werden, werden hier in Deutschland und Europa relevante Mengen an grünem Wasserstoff produziert.

Eile ist geboten: Im Rahmen des US-amerikanischen Inflation Reduction Act werden viele Milliarden in den Aufbau der dortigen grünen Wasserstoffwirtschaft investiert. Die Folgen: US-Unternehmen kaufen aktuell Elektrolyseure und dafür benötigte Komponenten auf. Europäische Elektrolyseurhersteller erwägen, die Produktion dorthin zu verlagern, und US-Konzerne beteiligen sich vermehrt an Herstellern aus der EU, um sich Kapazitäten zu sichern.

Für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland und Europa braucht es dringend ebenso starke Anreize. Ansonsten steht Europa nach der Abwanderung der Solar- und Windkraftanlagenindustrie vor dem Wegbrechen des nächsten entscheidenden Pfeilers der Energiewende.

Autor:Ove Petersen
GP Joule, Reußenköge
info@gp-joule.de

Kategorien: 2023 | Allgemein | News
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