Heliocentris war 1995 als Hersteller von Unterrichtsmaterialien gegründet worden. Nach der Übernahme von P21 GmbH im Jahr 2011 diversifizierten die Berliner ihr Tätigkeitsfeld. Seitdem bieten sie Hybridlösungen für die Energieversorgung, insbesondere für die Telekommunikationsbranche, an. Das erklärte Ziel lautet nach wie vor: „Ersatz des Dieselaggregats durch die Brennstoffzelle.“ Zu diesem Zweck ist auch viel Geld in die Elektrolyse investiert worden. 2012 startete eine Kooperation mit der italienischen Firma Acta, die platinfreie Elektrolyseure produziert, so dass mittlerweile Notstromversorgungssysteme sowohl mit H2-Flaschenbündeln als auch mit Elektrolyseur zur Verfügung stehen.
Im vergangenen Jahr fiel jedoch der Kurs der Heliocentris Energy Solutions AG deutlich ab. Unternehmensgründer Dr. Henrik Colell erklärte dies gegenüber HZwei unter anderem mit den verfehlten Wachstumserwartungen einiger Investoren, die sich in 2015 ein Umsatzwachstum über mehr als 17 % versprochen hatten. „Bereits ein einziger Fonds, der dann aus der Aktie aussteigen möchte, kann einen so kleinen Börsenwert wie Heliocentris massiv unter Druck setzen und zu einem solchen Kursrutsch führen“, so der technische Geschäftsführer. Sowohl Ende 2015 als auch im Juni 2016 veräußerte ein Londoner Fonds erst den einen, dann den zweiten Teil seiner Anteile.
Ein weiterer Knackpunkt war, dass die Aktien des Brennstoffzellenherstellers seit Mai 2015 nicht mehr im Entry- sondern im Prime-Standard gehandelt werden, wodurch der Druck seitens der Investoren gestiegen ist. Colell erläuterte: „Der geringere Umsatz basiert vor allem auf Auftragsverzögerungen aus dem Nahen Osten und Asien aufgrund des niedrigen Dieselpreises sowie Unsicherheiten, die nach der Wahl in Myanmar auftraten und dort zu einem Geschäftsstillstand führten“. Außerdem hätten sie sich mit den „irre langen Produktzyklen“ verschätzt, so Colell.
Seit Januar 2016 ist mit Sabine Kauper ein neuer CFO bei Heliocentris, mit dem jetzt einige „Restrukturierungsmaßnahmen“ umgesetzt werden. So wurden in diesem Jahr einige Arbeitskräfte entlassen, nachdem die Firma „zuvor ziemlich schnell auf 200 Mitarbeiter gewachsen“ war. Durch die Konzentration auf weniger Märkte (Länder) soll nun versucht werden, politische Einflussfaktoren zu minimieren. Außerdem soll „der Fokus auf mehr eigene Produkte, in die in den letzten drei Jahren massiv investiert wurde, gelegt werden. Colell erklärte: „Wir sind noch nicht profitabel und mussten deshalb unsere Fixkosten senken.“ 45 Mitarbeiter verließen demzufolge zum 30. Juni 2016 das Unternehmen. Trotz kleiner Mannschaft wollen die Berliner jedoch „weiter wachsen – mit mehr Marge“.
Ein jüngster Teilerfolg war, dass Heliocentris im April 2016 einen Folgeauftrag für die Lieferung von 22 BZ-Netzersatzanlagen zur Notstromversorgung von Standorten des BOS Digitalfunknetzes vermelden konnte. Zudem wurde im zweiten Quartal ein Rahmenkaufvertrag mit einem führenden Netzwerkausrüster Nordeuropas sowie ein weiterer Auftrag für die Hybridisierung von 50 Mobilfunkbasisstationen des Mobilfunknetzes von Etisalat in den Vereinigten Arabischen Emiraten abgeschlossen. Diese Abschlüsse mit einem Umsatzvolumen von insgesamt rund 4 Mio. Euro trugen jedoch bislang nicht dazu bei, den Abwärtstrend des Aktienkurses zu stoppen, so dass Ayad Abul-Ella, der Heliocentris-Vorstandsvorsitzende, während der diesjährigen Hauptversammlung feststellte: „Wir befinden uns in einer kritischen Situation.“ Sein Ziel ist derzeit, „die Firma in eine nachhaltig stabile Situation zu führen“. Dennoch passt Heliocentris seine Prognose für das Geschäftsjahr 2016 Ende August an und halbierte die Höhe der erwarteten Umsatzerlöse, nachdem im Juli noch 20 bis 25 Mio. Euro erwartet worden waren.
Spontaner Wechsel im Aufsichtsrat
Ende Mai 2016 hatte Heliocentris Energy Solutions zudem bekannt gegeben, dass sich mit Oliver Borrmann ein langjähriger Wegbegleiter fortan anderen Aktivitäten zuwenden möchte. Oliver Borrmann, der seit Mai 2006 Vorsitzender des Aufsichtsrats war, sagte: „Nach dem Ausstieg der bmp aus dem Aktionärskreis ist für mich die Zeit gekommen, nach nunmehr gut zehn Jahren den Aufsichtsrat der Heliocentris AG zu verlassen.“ Henrik Colell erklärte, dass bmp seit 1999 Heliocentris unterstützt hat und für einen Venture-Capital-Geber bereits vergleichsweise lange dabeigeblieben sei.
Als Nachfolger Borrmanns wurde zunächst Bernd Brunke vorschlagen, der von 2014 bis 2016 Senior Vice President bei der Hypovereinsbank war. Brunke sollte während der Hauptversammlung am 5. Juli 2016 in den Aufsichtsrat und dann zu dessen Vorsitzendem gewählt werden. Tatsächlich wurde dann aber Klaas de Boer, der bereits seit 2015 als Nachfolger von Oliver Krautscheid dem Aufsichtsrat angehört, für die nächsten vier Jahre in das Gremium gewählt. De Boer ist Geschäftsführer der Entrepreneurs Fund Management Services Ltd. sowie Managing Partner der Entrepreneurs Fund Management LLP. Zum neuen Vorsitzenden wurde Michael Stammler bestimmt, der seit 2008 dem Aufsichtsrat angehört. Der Diplom-Ingenieur und Diplom-Kaufmann war von 2011 an als selbständiger Berater aktiv, bis er im Mai 2013 Präsident des Verwaltungsrates der schweizerischen Taunus Trust Group AG und Geschäftsführer der Taunus Trust GmbH wurde. Zudem ist er stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der bmp Holding.
Mit der Gründung der Home Power Solutions GmbH (HPS) im Dezember 2014 unter der Leitung von Henrik Colell und Zeyad Abul-Ella hat Heliocentris einen möglicherweise profitablen Zweig (Energiemanagement und Brennstoffzelle im Hausenergiebereich) ausgegliedert. Währenddessen bleibt die Weiterbildungssparte (Academia) personalintensiv und nicht sonderlich profitabel, weshalb ihre Zukunft ungewiss ist. Sicher erscheint indes, dass das Unternehmen noch frisches Geld benötigt, bevor es die Gewinnschwelle erreicht.
Vielleicht sollten sich der CEO Gedanken machen sein Gehalt zu reduzieren und aufs Bonus zu verzichten solange die Firma Verluste macht und Mitarbeiter entlässt.
Alles „schön und gut“. Kann es allerdings nicht so sein,
das wir alle an den falschen Produkten
(und vor allem: an den falschen Dienstleistungen) arbeiten?