Wortgewaltig wie immer hat Tesla-CEO Elon Musk Anfang Mai 2016 die Unternehmensziele massiv nach oben gesetzt, indem er die Absatzzahlen der verschiedenen Elektroautos anhob: Statt im Jahr 2020 sollen nun schon im Jahr 2018 über 500.000 eCars (alle Modelle als Gesamtzahl – also Model S, Model X und Model 3) vom Band rollen und 2020 sogar schon 1 Mio. Ob sich diese Prognose so realisieren lässt, kann hinterfragt werden, denn dafür werden wohl noch größere Kapitalsummen notwendig sein, so dass manche Kapitalerhöhung unausweichlich wird. Dabei hat sich Tesla erst kürzlich ein weiteres Mal frisches Kapital besorgt: brutto US-$ 2,3 Mrd. Davon gehen indes US-$ 600 Mio. ab, da Elon Musk – so eine Selbstauskunft – Geld für Steuerzahlungen benötigte. Es wurden von ihm auch „nur“ Optionen ausgeübt, deren Ausübungskurse zum Teil wohl im niedrigen zweistelligen Bereich lagen (ohne Obligo).
Er besitzt aber noch sehr viele weitere, die über US-$ 1 Mrd. an Buchwerten ausmachen. Tesla-Aktien aus eigenem Bestand veräußerte er nicht. Aber auch dieses Manöver hat wieder einen Beigeschmack, da er ja eindeutig Geld aus dem Engagement bei Tesla herauszieht. Die für persönliche Kredite von ihm verpfändeten Aktien sind da noch nicht berücksichtigt.
Mit der Kapitalerhöhung, dem vorher vorhandenen Bargeldbestand (über US-$ 1,4 Mrd.) und den Vorauszahlungen für das Model 3 (bei über 370.000 Vorbestellungen mit je US-$ 1.000 Anzahlung pro Einheit sind dies über US-$ 370 Mio.) hat der Konzern nun erst einmal genug Liquidität an Bord. Somit können vorerst die Kapazitäten den Absatzprognosen des CEOs angeglichen werden beziehungsweise es können Voraussetzungen geschaffen werden, um diese zu schaffen. Die jüngste Kapitelerhöhung wird meines Erachtens nach allerdings nicht die Letzte gewesen sein, denn die Gigafactory wird noch einige Mittel benötigen, wobei es auch möglich ist, dass Tesla die Zellen für die Batterien verstärkt von asiatischen Herstellern bezieht und den Ausbau der Gigafactory (wird demnächst eröffnet) verzögert beziehungsweise langsamer angehen lässt, um Liquidität zu sparen.
Samsung als weitere Zellenlieferant
Eine Reihe von Gerüchten machte die Runde, dass Tesla auch mit Samsung für die Zulieferung von Zellen zusammenarbeiten wolle. Musk konterte dies via Twitter, dass man exklusiv mit Panasonic zusammenarbeiten würde und dass das auch so bleibe. Was hätte er anderes sagen sollen, um nicht den Partner Panasonic zu brüskieren, eventuell sogar die Partnerschaft zu gefährden? Bezogen auf die Energiespeicherprojekte Powerwall und Powerpac kann es aber wohl weitere Partner (Samsung?) geben, so die Meinung in den Foren.
Börse ist zu Recht zurückhaltend
Dass die Börse die Prognosen des Tesla-Chefs nicht so einfach glauben mag, drückt sich im Aktienkurs aus, der von über US-$ 255 auf unter US-$ 210 fiel und erst nach der jüngsten Kapitalerhöhung wieder auf über US-$ 220 anzog. Das könnte auch rein kosmetischer Natur sein, da die Banken und Broker Interesse haben, den Kurs „zu pflegen“. Auch über 400.000 Vorbestellungen für das Model 3 (Doppelbestellungen wurden herausgerechnet, deswegen 370.000 Einheiten) ändern nichts, denn diese sind ja erst einmal nur Kaufabsichten als Option (mit Geld-zurück-Garantie), aber keine konkreten Kaufverträge.
Interessant am Rande: Es gibt Hinweise, dass man diese Optionsgelder für die Rückzahlung von Krediten genutzt haben könnte, die mit Assets von Tesla (Produktionsmittel) besichert waren/sind. Auf jeden Fall so oder so positiv, denn so spart Tesla Zinsen, wenn dies so stimmen sollte – ohne Obligo.
Am Rande: Der heutige Model-3-Käufer in spe muss sich bis Ende 2017 oder eher 2018 gedulden, um sein Fahrzeug zu erhalten, wenn er fest bestellt hat. Die Konkurrenz schläft indes nicht, sollen da doch diverse batteriegetriebene Modelle aller namhaften Pkw-Produzenten mit ansprechender Reichweite bis 2018 und günstiger im Preis auf den Markt kommen. Mein Fazit bleibt, dass es über die Zeit eher zu skeptischeren Tönen kommen wird (Verluste, Kapitalabfluss, Kapitalbedarf, Abgang wichtiger Mitarbeiter), als dass die Börse die Euphorie von Elon Musk weiterhin uneingeschränkt zu teilen bereit wäre und neue Kurshöhen erreichen lässt. US-$ 34 Mrd. Börsenwert beinhalten meines Erachtens bereits alle möglichen positiven Erwartungen.
Risikohinweis
Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und MidCaps, d. h. es handelt sich nicht um Standardwerte und ihre Volatilität ist auch höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz von hier vorgestellten Aktien sein.
Autor: Sven Jösting
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