Die Entwicklungsarbeiten an tiefkaltem Wasserstoff wurden zusammen mit dem H2-Verbrennungsmotor im Jahr 2006 beerdigt, so dachten alle. Nach Jahren der Unklarheit steht jetzt fest, dass BMW doch weiterhin an der Kryogentechnik festhält. Dies belegt die Inbetriebnahme der neuen Zapfsäulen an der Multi-Energie-Tankstelle in München, an denen neben Druckgas auch tiefkaltes H2 getankt werden kann.
Am 16. Juni 2015 hat der bayerische Automobilbauer gemeinsam mit Total und Linde in der Detmoldstraße in München die neue Betankungsstation in Betrieb genommen. Sie ist Teil der Wasserstoffachse Stuttgart-München-Innsbruck-Bozen innerhalb des Cluster Süds des europäischen HyFIVE-Projektes (s. HZwei-Heft Jul. 2015). Nach eigener Aussage betreten die Firmen ebenso wie die ebenfalls beteiligte Clean Energy Partnership (CEP) mit der hier eingesetzten Tanktechnik Neuland, weil dort, direkt gegenüber dem Forschungs- und Innovationszentrum der BMW Group, neben einer 700-bar-Zapfsäule auch eine Zapfsäule für Kryogendruck-H2-Betankungen installiert wurde.
Problematisch bei dieser Technologie ist nach wie vor, dass der stets vorhandene Wärmeeintrag in den Tank zu einem Druckanstieg führt, trotz der sehr guten Isolation. Die dadurch zwangsläufig auftretenden Abdampfverluste, also das Abblasen von H2-Gas, konnten allerdings im vergangenen Jahrzehnt reduziert werden. Konkret heißt es von der BMW Group: „Wir sind optimistisch, hier langfristig Erfolge zu erzielen.“ Angaben über den Namen des Entwicklungspartners wollten die Bayern jedoch nicht machen. In der Vergangenheit hatten sie sowohl mit Linde als auch mit Magna zusammen an Kryogentanks gearbeitet.
Die Entwicklungspartner erhoffen sich von der Kryogentechnik eine größere Reichweite von Brennstoffzellenfahrzeugen, da tiefkalter Wasserstoff eine höhere Speicherdichte als reines Druckgas aufweist. Nach Unternehmensangaben soll die Kryodruck-Tanktechnik verglichen mit der 700-bar-Technik eine um bis zu 50 % höhere H2-Kapazität im Fahrzeugtank ermöglichen. Getestet wird dies in den neuen Testfahrzeugen von BMW (5er Gran Turismo), die bislang als Einzige über einen entsprechenden Kryogentank verfügen. Matthias Klietz, Leiter Forschung Antrieb bei der BMW Group, erklärte: „Mit dieser neuen Wasserstoffmobilität können private wie geschäftliche Nutzer auch über weite Strecken elektrisch und lokal emissionsfrei unterwegs sein, ohne Abstriche bei Komfort, Platzangebot und Betankungszeiten machen zu müssen.“
Auf die Frage seitens HZwei, warum BMW als einziger Automobilhersteller nach wie vor an kryogenem Wasserstoff festhält, antwortete ein Firmensprecher, dass dies eine langfristige Option im Vorentwicklungsstadium sei. Er sagte: „Mittelfristig ist der 700-bar-Standard richtig, aber langfristig arbeiten wir weiter an der Kryodrucktanktechnologie.“
18 von 50 H2-Stationen
Die Station in der Detmoldstraße, die im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) mit 1,4 Mio. Euro gefördert wurde, ist Nummer 18 der insgesamt 50 Wasserstofftankstellen, die nach der ursprünglichen Planung bis Ende 2015 in Deutschland installiert sein sollten.
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