Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

30. Juni 2015

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Alle reden über Elektrofahrzeuge

1. Oktober 2009 – Der aktuelle Hype rund ums Thema Elektromobilität hat dazu geführt, dass derzeit Hinz und Kunz über Elektrofahrzeuge reden. Die Medien sind voll mit Meldungen über Batterietechnik, Hybridfahrzeuge und Stromtankstellen. Aber was ist tatsächlich dran an diesem „Elektro-Boom“? Sind batteriebetriebene Autos wirklich schon so weit entwickelt, dass wir bereits morgen sauber und leise durch die Städte gleiten werden? Oder platzt hier bald die nächste Spekulationsblase? Die HZwei, die als Zeitschrift für Wasserstoff und Brennstoffzellen natürlich auch von dieser Entwicklung betroffen ist, nimmt sich jetzt dieses Themas an und wird zukünftig in einer eigenen Rubrik ausführlich über Elektromobilität berichten.
Der derzeitige Elektromobilitäts-Boom basiert vorrangig auf hoch gesteckten Erwartungen einzelner Interessengruppen, die merklich von einer verstärkten Elektrifizierung des Transportsektors profitieren würden. So kursieren beispielsweise seit Juni 2009 die Ergebnisse einer Analyse in den Medien, die einen gewaltigen Ansturm auf die Elektromobilitätsbranche erwarten lässt. In dieser Studie von Thomas Bauer (?Future Mobility: Die Revolution in der Automobilbranche steht bevor?) ist die Rede von einer ?regelrechten Revolution in der Automobilbranche?. Bauer beruft sich in seiner Betrachtung auf eine renommierte Adresse, indem er schreibt: ?Ab dem Jahr 2015 soll es einer Studie der Fachhochschule Gelsenkirchen zufolge überwiegend nur noch Elektroautos oder Hybridfahrzeuge geben.? Weiter heißt es: ?Der Autosektor und die ihm angeschlossenen Zulieferer, insbesondere aus der Elektronikbranche, sowie Teilbereiche des Energie- und Rohstoffsektors werden überproportional vom Trend zum Elektroauto profitieren.?

Herausgeber dieser Studie ist die Münchner Absolut Asset Managers AG, die nicht einmal zwei Wochen nach dem Erscheinungstermin einen neuen Fonds auflegte: den Absolut Future Mobility Fund, bei dem potentielle Sparer Geld anlegen können, um dadurch am potentiellen Wachstum der E-Mobilitätsbranche teilhaben zu können. Fakt ist jedoch, dass zunächst einmal die Fonds-Manager profitieren würden.

Ähnlich wie die Initiatoren dieses Elektromobilitäts-Fonds wären auch die Stromanbieter Nutznießer einer zunehmenden Elektrifizierung der Transportbranche. Der Energieversorger RWE lancierte unlängst Zahlen, nach denen im Jahr 2020 rund 2,5 Mio. E-Autos auf Deutschlands Straßen rollen sollen. Die seinerzeitige Regierung ging demgegenüber von rund 1 Mio. Elektrofahrzeugen aus. Der Essener Stromkonzern startete zudem im Juli 2009 in Berlin eine Roadshow, um das Thema zu promoten. Mit einem neuen Energiekonzept in der Tasche machte sich RWE im Rahmen einer Werbetour auf den Weg, in insgesamt sieben deutschen Städten ihren Informationsstand, eine so genannte ?Tankstelle der Zukunft?, aufzubauen, um über ihre Ideen zu informieren. Das RWE-Team machte Station in Essen/Dortmund, Düsseldorf, Hamburg, auf der IAA in Frankfurt am Main sowie auf der eCarTec in München und Ende Oktober in Mainz, wo überall auch Stromladestationen installiert wurden beziehungsweise werden. In Berlin stehen mittlerweile 56 RWE-Stationen, in Essen elf. ?Wesentliches Ziel unserer Roadshow ist es, die Menschen umfassend über Elektromobilität zu informieren und hoffentlich auch zu begeistern. Wir wollen zeigen: Elektromobilität ist nicht nur umweltschonend, sondern macht auch Spaß?, sagte Carolin Reichert, die frisch gebackene Geschäftsbereichsleiterin der neuen Elektromobilitätsabteilung bei RWE.

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Auch der Stromversorger Vattenfall Europe zeigt sich in letzter Zeit sehr aktiv in diesem Bereich und baut derzeit 50 öffentlich zugängliche Ladestationen für die 50 elektrisch betriebenen Mini-Cooper, die von Berlinerinnen und Berlinern erprobt werden. Dr. Oliver Weinmann, Projektleiter MINI E von Vattenfall, sagte: ?Wir freuen uns, dass wir mit dem Aufbau der Ladeinfrastruktur die Zukunftsfähigkeit der Elektromobilität entscheidend voranbringen.?

Neben diesen vorrangig von wirtschaftlichen Interessen getriebenen Maßnahmen zur Ankurbelung der Elektromobilität hat es in den vergangenen Monaten auch einen Politikwechsel gegeben. Lange Zeit zeigte sich die Bundesregierung bei diesem Thema sehr zurückhaltend, aber spätestens seit der Nationalen Strategiekonferenz Elektromobilität im November 2008 (s. HZwei Jan. 2009) werden auch von politischer Seite verstärkt konkrete Schritte in eine neue Mobilitätsepoche unternommen. Bei der Verabschiedung des Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität am 19. August 2009 (s. S. 10) hatte die Bundesregierung zunächst sogar in Aussicht gestellt, die ersten kommerziell erhältlichen 100.000 Elektrofahrzeuge mit jeweils 5.000 Euro fördern zu wollen, aber die konkrete Umsetzung der Förderung wurde dann doch der neuen Regierung überlassen. Stattdessen konzentrieren sich aktuelle Maßnahmen auf die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten.

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Werner Korn vom Bundesvorstand des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) kritisierte die große Euphorie: ?Elektromobilität steht derzeit bei Politikern und Unternehmen hoch im Kurs. Doch selbst positive Schätzungen gehen von ein bis zwei Millionen Fahrzeugen im Jahr 2020 aus. Das sind nicht einmal fünf Prozent des Bestandes. Der Rest – fast 50 Millionen PKW – wird weiter mit Benzin oder Diesel unterwegs sein. Das zeigt, dass zur Lösung der akuten Probleme von Klimawandel und Ressourcenschwund Elektroautos in absehbarer Zeit keinen entscheidenden Beitrag leisten können.? Demgegenüber warnte der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer im Gespräch mit ZEIT-Herausgeber Josef Joffe, die deutschen Unternehmen dürften auf dem Weltmarkt nicht den Anschluss verlieren. Die deutsche Automobilbranche sei nicht gut beraten gewesen, ?den Fuß auf der Bremse zu haben.?

Kategorien: 2015-2017 | News
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