Hydrogen Technology Expo Europe ein voller Erfolg

Hydrogen Technology Expo Europe ein voller Erfolg

Die Hansestadt Bremen war im Herbst 2022 der place to be. Solch eine große und lebendige Wasserstoffmesse wie die Hydrogen Technology Expo Europe hat es europaweit bislang noch nicht gegeben. Innerhalb nur eines Jahres konnten die Veranstalter die Ausstellerzahl von 180 auf 350 annähernd verdoppeln. Über 5.000 Besucher erschienen am 19. und 20. Oktober 2022 in den zwei Messehallen – wohlgemerkt fast alles Fachbesucher, die dem Standpersonal zeitweise kaum Atempausen gönnten. Dennoch ist offen, wie es weitergehen wird, denn die räumliche und zeitliche Nähe zur H2Expo in Hamburg lässt eigentlich nur Platz für einen Standort.

Trans-Global Events Ltd. hat einen richtig guten Job gemacht, anders kann man das nicht ausdrücken. Anders als deutsche Landesmessen hat der britische Organisator von Konferenzen und Messen zum passenden Zeitpunkt voll auf Wasserstoff gesetzt und mit einem überzeugenden Konzept, das professionell umgesetzt wurde, viele nationale und internationale Akteure nach Bremen gezogen. Als Teil der HY-5-Initiative, die die fünf norddeutschen Bundesländer vereint, ist die an der Weser gelegene Hansestadt jetzt im Begriff, zu einer wesentlichen Größe in einer zukünftigen Wasserstoffwirtschaft zu werden.

Gegen diese Macht dürfte die H2Expo, die nach bisheriger Planung nächstes Jahr ohne die WindEnergy am 26. und 27. September stattfinden soll, kaum eine Chance haben, sollte die Hydrogen Technology Expo Europe tatsächlich am 27. und 28. September abgehalten werden. Am 11. September soll zudem in Husum die H2.0-Konferenz und vom 13. bis 14. September die f-cell in Stuttgart stattfinden. Ein Zusammenschluss der norddeutschen Veranstaltungen oder eine Terminverschiebung erscheint daher unausweichlich.

Entsprechenden Respekt zollte Kathryn Boyd nicht nur dem Veranstalter, sondern auch der deutschen Bundesregierung für deren schnellen Wechsel zu erneuerbaren Energien in einer so großen Wirtschaftsnation. Dies lege die Latte extrem hoch für andere, so die stellvertretende Handelsbeauftragte für Europa beim DIT (Department for International Trade).

Vom mobilen Laderoboter bis zum Akku-Elektrolyseur-Stack

Auf den fast 15.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche gab es zahlreiche neue Akteure, so wie beispielsweise Devinn. Das tschechische Entwicklungsunternehmen stellte den mobilen Laderoboter H2BOT vor, der mit Wasserstoff betrieben wird und ferngesteuert Elektrofahrzeuge aufladen kann. Der präsentierte Prototyp verfügt über ein Brennstoffzellensystem von Nuvera. Die Ingenieure aus Jablonec nad Nisou sind allerdings offen für weitere Entwicklungspartner und suchen nach Erstkunden, die dabei mithelfen, dass „die Fahrer von Elektroautos nicht mehr zu einer Ladestation fahren, sondern die Ladestation zu ihnen kommt“, so Devinn-Geschäftsführer Luboš Hajský.

Ein weiteres ungewöhnliches Konzept verfolgt die Firma Battolyser Systems aus den Niederlanden: die Kombination einer Batterie mit einem Elektrolyseur in einer Einheit. 2016 zeigte Prof. Fokko Mulders Forschungsgruppe im Labormaßstab, dass ein Nickel-Eisen-Akkumulator bei Überladung auch Wasserstoff erzeugen kann. Eine Referenzanlage sei bereits bei dem Energieversorger Vattenfall im Einsatz und werde jetzt von RWE, das inzwischen den Betriebsstandort übernommen hat, weiterbetrieben. Derweil sei eine zweite Produktgeneration in Arbeit, so dass für Ende 2024 eine Kommerzialisierung angestrebt werde, hieß es in Bremen.

Hydrogen Technology Expo Europe ein voller Erfolg

Könnte Bloom Energy zum Top-Performer der Wasserstoff-Branche werden?

Viele Unternehmen aus dem Wasserstoff- und Brennstoffzellensektor besitzen aufgrund der Prognosen um den Hochlauf dieses Weltmarktes – Goldman Sachs erwartet hier weltweit Jahresumsätze von 1 Billion US-$ in nur wenigen Jahren – ein sehr hohes Wachstumspotential. Einige Unternehmen sind aufgrund ihres Geschäftsmodells und der eigenen Technologien der Konkurrenz einen Schritt voraus und können bereits die Früchte jahrelanger Aufbauarbeit ernten. Ein solches Unternehmen ist die US-amerikanische Bloom Energy.

Bloom sieht sich als Frontrunner beim Bau netzunabhängiger Brennstoffzellenkraftwerke (SOFC), aber auch in der Hochtemperatur-Elektrolyse, die bis zu 40 Prozent effektiver sein soll als die alkalische und PEM-basierte Elektrolyse. Hierbei geht es um den Preis für grünen Wasserstoff wie auch die Effektivität in der Nutzung von Strom in der Elektrolyse. Das Unternehmen setzt aber zudem noch auf neue Märkte wie der Einsatz der Brennstoffzellentechnologien in Schiffen verschiedener Art – vom Kreuzfahrtschiff bis zum Massengutfrachter.

Starke Partner wie die südkoreanische SK-ecoplant/SK Group haben sich beteiligt und bringen gleich Großaufträge mit. Fast 70 Prozent der Aktien befinden sich in der Hand von institutionellen Anlegern wie Vanguard oder BlackRock. Das jährliche Wachstum wird bei über 30 Prozent gesehen. 2022 soll der Umsatz bei über 1,1 Mrd. US-$ liegen. Der Auftragsbestand beträgt bereits über 8 Mrd. US-$. Der Übergang in die Gewinnzone – cash-flow-positiv ist Bloom bereits – wird für die kommenden ein bis zwei Jahre erwartet. Ein paar aktuelle Details über das Unternehmen:

SK ecoplant stockt Beteiligung auf

Ein Zeichen, wie gut diese Kooperation mit SK Ecoplant (Bloom hat Auftrag im Wert von 4,5 Mrd. US-$) verläuft, ist die Ankündigung, dass SK ecoplant die zweite noch ausstehende Rate in Höhe von 311 Mio. US-$ (pro Aktie zahlt man 23,11 US-$; Zufluss im ersten Quartal 2023 erwartet) zu begleichen plant und im Gegenwert weitere Aktien von Bloom beziehen will. Die bereits gehaltenen Bloom-Vorzugsaktien „convertible preferred“ werden in normale Stammaktien gewandelt, so dass am Ende dieser Transaktionen SK ecoplant zwischen 8 und 9 Prozent an Bloom halten wird. Solch einen Großaktionär kann man sich nur wünschen, da dieser neben Eigenkapital auch Aufträge mitbringt und weitere Kundenbeziehungen (GDS in China?) möglich macht. Mit über 670 Mio. US-$ in der Bank (nach der jüngsten KE zu US-$ 26/Aktie) und den 311 Mio. US-$ von SK ecoplant ist Bloom gut mit Liquidität versorgt, um das erwartete Wachstum aus eigener Kraft zu stemmen.

Inflation Reduction Act ist Treibstoff für erhöhtes Wachstum

Der Inflation Reduction Act mit den vielen Förderprogrammen wird sich für Bloom in vielerlei Hinsicht positiv auswirken – von steuerlichen Anreizen bei den Produktionsanlagen bis hin zu Zuschüssen für die Wasserstoffproduktion (bis zu 3 US-$ pro kg H2).

Der Vorstandschef und Gründer K. R. Sridar hat kürzlich bei der Pressekonferenz über die Zahlen des dritten Quartals 2022 einen großen Optimismus für das Unternehmen verbreitet: Die Produktionskapazitäten für die Brennstoffzellenstacks liegen bei 600 MW, für Elektrolysestacks bei 1,3 GW im Jahr. Diese Mengen sollen im Jahr 2023 gar verdoppelt werden. Möglich macht dies die neue Fabrik in Fremont, CA, die ihre Produktion im dritten Quartal aufgenommen hat. Da können mehrere unterschiedliche Stacks gleichermaßen produziert werden und das voll automatisiert.

Schifffahrt

Mit MSC ist Bloom ja bereits konkret wegen Kreuzfahrtschiffen im Geschäft. Die SOFC-Brennstoffzellensystemen gelten dafür als Alleskönner, da sie LNG genauso als Antriebsenergie eines Schiffes nutzbar machen wie auch grünes Ammoniak, grünes Methanol, Wasserstoff u.a. Das macht das Bloom-System so interessant für viele Reedereien. Dies ist unseres Erachtens auch ein großer nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil. Mit Samsung Heavy arbeitet Bloom ebenfalls an Prototypen für Frachter. Ein gigantischer Markt entsteht, da Schiffe dekarbonisiert werden müssen und es strenge Vorgaben gibt.

Das vierte Quartal könnte noch viel besser werden

Der Umsatzsprung um 41 Prozent gegenüber der Vorjahreszahl auf 292 Mio. US-$ kann sich sehen lassen, war aber erwartet worden (70 Prozent im zweiten Halbjahr). Nun kommt hinzu, wonach man 40 Prozent des Jahresumsatzes im laufenden vierten Quartal sieht. Das sind nach unserer Rechnung dann 400 Mio. US-$-plus. Wow! Es sollen nun Minimum 1,1 Mrd. US-$ Umsatz im Gesamtjahr 2022 werden – alles in Linie der Erwartungen – und eher noch ein bisschen mehr.

Urteil: Mit dieser Guidance kann man die Aktie eigentlich nur zukaufen. Vielleicht wird Bloom Energy einmal mehr Wert haben als Wettbewerber wie Plug Power, was bei einem Kurs von 50 US-$ in der Aktien von Bloom (Mein Kursziel 2023/4) der Fall wäre. Ein spannendes Jahr 2023 steht vor der Tür und das laufende vierte Quartal dient als Steilvorlage. Die Zahlen kommen in der ersten Woche im Februar 2023.

Risikohinweis
Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 29. November 2022

Hydrogen Technology Expo Europe ein voller Erfolg

„Werden den Wasserstoff liefern, den Europa braucht“

Die Grundidee ist schon alt: Solarenergie aus der Sahara wird nach Europa exportiert, um die dortigen Energieprobleme zu lösen. Ist dies aber tatsächlich ein gangbarer Weg? Ökologisch betrachtet könnte dieses Projekt sinnvoll sein, weil dadurch fossile Energieressourcen geschont werden, aber ist es auch moralisch vertretbar, oder wäre dies eine neue Art des Kolonialismus? Und wie viel Arbeit und Geld müssten investiert werden und wie hoch sind die Transportverluste?

Bereits im Jahr 1982 spielte der Visionär Ludwig Bölkow mit diesem Gedanken, der dann später von der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH aufgegriffen und um Wasserstoff erweitert wurde. Der Club of Rome übernahm die Idee, und nach der Jahrtausendwende führte das DLR Studien zu diesem Thema durch, auf denen dann später die Gründung von Desertec basierte.

Zunächst wurde die Desertec-Foundation formiert. Unabhängig davon gründete sich am 16. Juli 2009 eine Desertec-Initiative, ein Industriekonsortium aus vorrangig deutschen Firmen. Deren Versuch, im Rahmen von Desertec 1.0 solarthermische Kraftwerke in Nordafrika aufzubauen und Solarenergie per Hochleistungsstromnetz nach Europa zu transportieren, scheiterte jedoch, weil die afrikanischen Länder viel zu wenig involviert wurden.

Desertec 2.0 nahm dann die lokalen Märkte stärker in den Fokus, während das heutige Bündnis von Desertec 3.0 in den MENA-Wüsten nun Wasserstoff für die lokale Bevölkerung sowie für die globalen Märkte vorsieht.

Die Meinungen dazu gehen auseinander: Jorgo Chatzimarkakis forderte vor Jahren dezidiert Wasserstoffleitungen, die das Gas aus Afrika nach Mitteleuropa transportieren, und erklärte: „Wir werden ein Importland von erneuerbaren Energien, aber ein Exportland von Elektrolyseuren sein.“ Demgegenüber sagte Carsten Körnig, erneuerbare Energien in großer Menge zu importieren werde nicht möglich sein, weil auch andere europäischen Länder Bedarfe anmelden würden. Deswegen, so der BSW-Solar-Vorsitzende, solle verstärkt auf inländische Ökostromerzeugung gesetzt werden.

Um etwas mehr über den aktuellen Stand dieses Vorhabens zu erfahren, befragte HZwei Cornelius Matthes, den CEO von Dii Desert Energy.

In den gelben Ländern gibt es schon Projekte, in den grauen nicht. Gelber Wasserstoff wird via Thermolyse aus Müll gewonnen. Das ist speziell für Ägypten (aber auch Oman) relevant.

HZwei: Herr Matthes, Sie sagen in Vorträgen und Veröffentlichungen, dass die Unternehmen aus dem Desertec-Umfeld noch in diesem Jahrzehnt die Wasserstoffmengen liefern können, die Europa benötigt. Das klingt sportlich. Was ist die Grundlage für Ihre Zuversichtlichkeit?

Matthes: Wir kennen die Ankündigungen und Pläne unserer Partner. Dazu gehören Projekte wie Neom Green Hydrogen, das alleine 650 Tonnen Wasserstoff täglich produzieren soll, aber auch weitere Projekte von ACWA Power, Masdar, DEME, Linde oder EDF. Das sind große Unternehmen, deren Trackrecords zeigen, dass sie solche Projekte stemmen können. Rechnet man die Projekte zusammen, die bereits zwischen Ankündigung und der Umsetzungsplanung sind, kommt man auf mehr als die 10 Millionen Tonnen pro Jahr, die Europa bis 2030 importieren möchte. Mit dem Hydrogen Accelerator im Rahmen des REPowerEU-Plans sind die Produktions- und Importziele für Europa ungefähr vervierfacht worden. Das heißt, aus der 2×40-GW-Initiative, die wir Frans Timmermans im April 2020 gemeinsam mit unserem Partner Hydrogen Europe vorstellten, ist eine 2×160-GW-Initiative geworden. Die MENA-Region wird also bis Ende des Jahrzehnts den Wasserstoff liefern können, den Europa braucht.

Die Produktionskapazitäten sind das eine. Damit der grüne Wasserstoff eine Alternative zum fossilen Wasserstoff oder zu anderen Energieträgern wird, muss er aber auch bezahlbar sein.

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Energieautarkie mit Wasserstoff

Die Dekarbonisierung der Energieversorgung ist von essenzieller Bedeutung für das Erreichen der Klimaschutzziele. Nicht zuletzt durch die aktuelle Gasversorgungskrise, ausgelöst durch den Ukraine-Konflikt, ist das Thema Gas- und Wärmeversorgung in den Fokus der breiten Öffentlichkeit gerückt. Kurzfristig werden Maßnahmen zur Energieeinsparung auf allen Ebenen und insbesondere auch für Haushalts- und Gewerbekunden diskutiert. Aber auch strukturelle Änderungen, welche im Rahmen einer Wärmewende hin zu einer klimaneutralen Gebäudeenergieversorgung erforderlich sind, stehen im Fokus der aktuellen Debatte.

In diesem Zusammenhang wird insbesondere die Wärmepumpe als Schlüsseltechnologie für die klimaneutrale Raumwärmeversorgung gesehen. Allerdings wird in dieser Diskussion auch immer wieder grüner Wasserstoff als Lösungsmöglichkeit ins Spiel gebracht.

Neben der klassischen leitungsgebundenen Versorgung, wie sie bislang bei Erdgas der Fall ist, sind in den letzten Jahren zahlreiche Pilotprojekte realisiert worden, in denen eine dezentrale Wasserstoffproduktion und -verwendung zur Wärme- und Stromerzeugung stattfindet. Zentraler Treiber für diese Projekte ist der Wunsch nach einer ganzjährigen, autarken Energieversorgung aus lokalen erneuerbaren Energiequellen. Wegen der aktuell zu beobachtenden Explosion der Energiepreise für Strom, Erdgas und Wärme erhält das Thema eine zusätzliche Brisanz.

Ziel des vorliegenden Artikels ist es daher, einen Überblick über bisher realisierte Beispielprojekte zu geben sowie die aktuelle Anbietersituation für autarke, wasserstoffbasierte Gebäudeenergiesysteme zu beleuchten. Aufgrund der dynamischen Entwicklung in beiden Bereichen erhebt diese Übersicht keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Definition: Energieautarkie

Unter Energieautarkie wird die vollständige Unabhängigkeit von einer externen, oftmals leitungsgebundenen Energieversorgungsinfrastruktur (z. B. Strom, Gas, Wärme) verstanden. Jeglicher Energiebedarf wird lokal (innerhalb der betrachteten Bilanzgrenze; z. B. Gebäude) erzeugt, gespeichert und verbraucht, wobei eine Überschusseinspeisung von erzeugtem Strom und Wärme in eine externe Versorgungsinfrastruktur möglich ist. Bei einem stromautarken System wird lediglich der Strombedarf durch die lokale Erzeugung gedeckt. Eine Netzeinspeisung ist in diesem Fall möglich. Teilautarke Versorgungssysteme erreichen oftmals einen hohen Autarkiegrad, ohne vollständig unabhängig von einer externen Versorgungsinfrastruktur zu sein.

Projektübersicht

Tabelle 1 zeigt eine Auswahl deutscher Projekte, in denen lokal erzeugter Wasserstoff zur Energiespeicherung und Gebäudeenergieversorgung eingesetzt wird. Neben dem erreichten Autarkiegrad unterscheiden sich die Projekte in der Umsetzung und Integration der Wasserstofftechnologien. Einerseits wurden fertige Systemlösungen integriert, die Wasserstofferzeugung, -speicherung und -verwendung in einem Standardprodukt anbieten. Auf diese Systeme wird später genauer eingegangen (s. Tab. 3). Andererseits ist eine individuelle, projektspezifische Auslegung anzutreffen, wo Elektrolyseure, Brennstoffzellen, Speicher und weitere Komponenten von verschiedenen Herstellern und Anbietern durch einen Systemintegrator zu einer Gesamtlösung kombiniert werden. Des Weiteren wird eine Abgrenzung hinsichtlich des Umfangs beziehungsweise der Größe der Projekte vorgenommen. Somit lassen sich diese in Wohnhäuser, Gewerbebetriebe und Quartiere einteilen.

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H2 – und Stromerzeugung mit Hilfe von Mikroorganismen

Mikroorganismen sind vielseitig. Einige von ihnen erzeugen Wasserstoff aus Sonnenlicht oder Biomasse, andere produzieren Strom aus Wasserstoff. Stoffwechselprozesse aus der Urzeit des Lebens können mit ihrer Hilfe zum Bestandteil einer modernen Energiewirtschaft werden.

Blaualgen haben keinen guten Ruf. Wenn sie in Badeseen auftauchen, sorgen ihre giftigen Stoffwechselprodukte für Übelkeit und Atemnot. Doch sie sind die Grundlage allen Lebens auf der Erde. Dabei sind diese besonderen Mikroben eigentlich gar keine Algen, sondern bläuliche Bakterien – heute nennt man sie daher auch Cyanobakterien.

Vor Milliarden von Jahren haben sie die Fähigkeit entwickelt, Sonnenlicht in Energie umzuwandeln und zu speichern. Erst dank dieses Prozesses, der Photosynthese, konnten sich komplexere Lebensformen entwickeln.

Heute versuchen Forschende, die Photosynthese zu nutzen, um umweltfreundlich Wasserstoff zu gewinnen. Dabei setzen sie auf bestimmte Enzyme, sogenannte Hydrogenasen, die aus Blaualgen oder „echten“ Algen stammen können.

Wasserstoff durch Photosynthese

Der Prozess der Photosynthese läuft in mehreren Schritten ab: Im sogenannten Photosystem 1 setzt das Sonnenlicht energiereiche Elektronen frei. Normalerweise würde die Zelle diese nutzen, um in weiteren Schritten Energie in Form von Zuckern einzuspeichern. Das Enzym Hydrogenase kann diese Elektronen abfangen und stattdessen an freie H+-Ionen binden, die überall in der Zelle verfügbar sind. So entsteht auf biologischem Wege Wasserstoff aus Sonnenlicht.

Dieser Prozess ist ein Relikt aus Zeiten, in denen auf der Erde noch völlig andere Bedingungen herrschten. „Man kann diesen Stoffwechsel provozieren, indem man die Algen in einem luftdichten Gefäß auf eine Art Schwefeldiät setzt. Nachdem sie den Sauerstoff verbraucht haben, beginnen sie mit der Produktion von Wasserstoff, der in kleinen Bläschen aufsteigt“, schildert Christina Marx von der Arbeitsgruppe Photobiotechnologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB).

Suche nach dem perfekten Enzym

Auch Kirstin Gutekunst, Professorin für Molekulare Pflanzenphysiologie an der Universität Kassel, betont: „Kein Organismus hat Interesse daran, primär Wasserstoff für die Menschen zu produzieren.“ Will man die Wasserstoffproduktion forcieren, muss man die Hydrogenase daher künstlich mit dem Photosystem I verbinden. Eine wesentliche Herausforderung dabei ist, dass die Hydrogenase empfindlich auf den Sauerstoff reagiert, der ebenfalls bei der Photosynthese während der Wasserspaltung entsteht.

Marx, Gutekunst und andere Forschende suchen deshalb im Labor nach Mikroorganismen, Enzymen und anderen biologischen Bauteilen, die möglichst viel Wasserstoff produzieren und gleichzeitig von Sauerstoff nicht zerstört werden.

Gutekunst leitete 2020 eine Forschungsgruppe der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), der es gelang, den Prozess erstmals in einem lebenden Cyanobakterium ablaufen zu lassen. Der Vorteil dabei ist, dass das Bakterium sich selbst repariert und somit der Prozess stabiler wird. Auch die H2-Ausbeute fiel dabei deutlich höher aus als in früheren Projekten. Allerdings holten die Cyanobakterien die Elektronen nicht nur aus der Wasserspaltung, sondern auch aus Zucker. „Den Zucker muss der Organismus vorher entweder selbst erzeugen oder man muss ihn von außen zuführen. Was wir wollen, ist, den Wasserstoff ausschließlich mit Wasser und Sonnenlicht zu erzeugen“, erklärt Gutekunst.

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Die Wasserstoffproduktion in Rumänien

Während die meisten Länder im Westen Europas längst ihre Strategien zur Wasserstoffgewinnung ausformuliert und veröffentlicht haben, bleibt der südosteuropäische Mitgliedstaat der Europäischen Union diesen Schritt bisher schuldig. Die rumänische Regierung will ihre Wasserstoffstrategie erst im Jahr 2023 bekanntgeben. Die Voraussetzungen für die Erzeugung von CO2-freiem Wasserstoff sind ausgesprochen gut, da Rumänien einen beeindruckend klimafreundlichen Energiemix hat.

Mehr als 30 Prozent des in Rumänien verbrauchten Stroms wurden im Jahr 2021 durch Wasserkraft erzeugt. Fast 20 Prozent der Elektrizitätsproduktion stammen aus Kernkraftwerken. Mit über elf Prozent übernimmt darüber hinaus die Windkraft einen bedeutenden Anteil, der zudem mit enormer Dynamik wächst.

Auch ohne eine entsprechende nationale Strategie wird in Rumänien bislang bereits an der Entwicklung von Wasserstoff gearbeitet. Dabei wird die Infrastruktur von der Drei-Meere-Initiative (3SI – Three Seas Initiative) unterstützt. Die Drei-Meere-Initiative ist seit 2016 in allen Staaten zwischen der Ostsee, dem Schwarzen Meer und der Adria aktiv. Das Ziel ist die gemeinsame Umsetzung von wichtigen Infrastrukturvorhaben, die die Region ökonomisch vernetzen und voranbringen können.

Unter anderem hilft 3SI dem rumänischen Netzbetreiber Hidroelectrica Romania bei der Gründung einer Projektgesellschaft für den Bau von Wasserstoffpipelines. Darüber hinaus arbeitet Hidroelectrica in dem Projekt Green Hydrogen @ Blue Danube mit Österreich zusammen (s. Abb. 1). Im Rahmen dieses von der Europäischen Kommission geförderten IPCEI-Vorhabens (Important Projects of Common European Interest) sollen die Donauanrainerstaaten und Südosteuropa entlang der Donau und in Südosteuropa mit grünem Wasserstoff versorgt werden. Unter anderem sind auch das österreichische Stromunternehmen VERBUND sowie Hydrogenious LOHC Technologies aus Deutschland involviert.

Eine Vielzahl von Einzelinitiativen

Bereits im Jahr 2009 wurden in Rumänien das Nationale Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Kryogen- und Isotopentechnologien Ramnicu Valcea (ICSI) sowie das Nationale Zentrum für Wasserstoff und Brennstoffzellen (CNHPC) gegründet. Sie haben den Auftrag, wasserstoffbasierte Energietechnologien einzuführen, zu entwickeln und zu verbreiten. Die Erfolge dieser Initiativen blieben aber übersichtlich. Bis dato haben die Forscher vom ICSI zwei Elektroauto-Prototypen, die mit Brennstoffzellen angetrieben werden und eine maximale Reichweite von etwa 320 km aufweisen, entwickelt.

Für die ersten 100 MW an Produktionsleistung für grünen Wasserstoff sind 115 Mio. Euro an Fördermitteln vorgesehen. Diese Gelder sind Bestandteil des nationalen Wiederaufbauprogramms Național de Redresare și Reziliență (PNNR). In Rumänien arbeiten die Branchenriesen Hidroelectrica, Romgaz (SNG), OMV Petrom (SNP), Liberty Galați und gleich mehrere Windenergieproduzenten an den Möglichkeiten, grünen Wasserstoff zu produzieren.

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